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Helga Zepp-LaRouche

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Europa wird nur durch Kooperation, nicht Konfrontation bestehen können!

Von Helga Zepp-LaRouche

Während der immer unbeliebtere französische Präsident Macron die Chimäre einer europäischen Armee an die Wand malt, die Europa gegen „China, Rußland und sogar die Vereinigten Staaten von Amerika“ verteidigen soll, sein Finanzminister, Bruno Le Maire, gar davon schwärmt, daß Europa ein „gutes Empire“ sein müsse, und Noch-Bundeskanzlerin Merkel relativ spät in ihrer Karriere entdeckt, daß Europa sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen müsse, ist es immer offensichtlicher, daß das westliche neoliberale System sich gerade in einer Zusammenbruchsphase befindet. Das Establishment des Westens ist völlig abgehoben – es hat nicht die geringsten Antennen für das, was die Menschen bewegt.

Auto- und Lastwagenfahrer, Landwirte, Fischer, Bürgermeister ziehen sich gelbe Westen an und blockieren in Frankreich den Verkehr als Protest gegen Macrons Wirtschaftspolitik im Interesse des Finanzsektors, die es der durchschnittlichen Bevölkerung nicht mehr ermöglicht, für die einfachsten Lebensgrundlagen zu sorgen. Die Gelbe-Westen-Bewegung hat schon auf Belgien übergegriffen, Demonstrationen mit ähnlichen Themen finden in Bulgarien statt. In Griechenland ist die Bevölkerung inzwischen vollkommen desillusioniert über die EU, deren Austeritätspolitik seit 2009 zu einem Einbruch von 42% beim durchschnittlichen Einkommen der Haushalte geführt hat, das sich also in neun Jahren fast halbiert hat!

Die italienische Regierung, die ihren Wahlsieg der Ablehnung der EU-Austeritätspolitik verdankte, setzt auf ein Investitions- und moderates Wachstumsprogramm, das die Neuverschuldung auf 2,4% statt der von der EU-Kommission verlangen 0,8% steigen ließe und damit aber immer noch unter den vom Maastrichter Vertrag definierten 3% bliebe. Inzwischen ist der Ton, den der EU-Finanzkommissar Moscovici gegenüber Italien anschlägt, an Arroganz kaum mehr zu überbieten („Ich bin nicht der Weihnachtsmann“), und in der EZB gibt es Streit darüber, wie weit man mit der Konfrontation gegen Rom gehen kann – ob man riskiert, den Bogen zu überspannen und Italien letztlich zum Austritt aus der Eurozone zu drängen.

Angesichts der in vielen Staaten Europas gärenden Proteste gegen jahrelange Austeritätsprogramme seitens der EU ist Macrons Forderung nach einer verstärkten Integration Europas, nach einer weiteren „Vergemeinschaftung der Entscheidungsbefugnisse“ bezüglich der Außenpolitik, der Migrations- und Entwicklungspolitik, einem wachsenden Teil des Haushalts und sogar der Steuereinnahmen bestens geeignet, die zentrifugalen Kräfte in Europa noch kräftig zu verstärken.

Denn nicht einmal in Deutschland, dem angeblichen Nutznießer der EU-Politik, hat die neoliberale Austeritätspolitik des „Zuchtmeisters“ Schäuble und seines ebenbürtigen Nachfolgers Olaf Scholz etwas Positives eingebracht. Während die Nachsicht gegenüber dem kriminellen Treiben der Cum-Ex-Betrüger offensichtlich erstaunlich weit gespannt war, hatte die Politik der „Schwarzen Null“ für die Bereiche des Gemeinwohls weit weniger angenehme Folgen. Rund 20% der Autobahnen und 40% der Bundesfernstraßen sind in einem sanierungsbedürftigen Zustand, tausende von Brücken sind nicht mehr sicher, viele Schulen und deren sanitäre Einrichtungen sind verkommen, der Pflegenotstand in den Krankenhäusern gefährdet die Gesundheit der Patienten, und in der Altenpflege steuert Deutschland auf eine (vorhersehbare) absolute Kathastrophe zu. Die von Jens Spahn angekündigte Schaffung von 13.000 neuen Pflegestellen ist nicht einmal der berüchtigte Tropfen auf den heißen Stein. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen, Engpässe bei der Energieversorgung, Mangel an Kita-Plätzen und -Personal, Personalmangel bei der Polizei – die „Erfolgsliste“ der Schwarzen Null ließe sich noch um einiges verlängern.

In der EU befinden sich insgesamt 90 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze, mit einer wachsenden Kluft zwischen reich und arm. Der UN-Sonderberichterstatter zu extremer Armut und Menschenrechten, Philip Alston, hat am 16. November einen Bericht zur Armutsituation in Großbritannien veröffentlicht. Danach leben 14 Millionen Menschen dort in Armut, mit steigender Tendenz. In dem Report lautet es u. a.: „Das britische Mitgefühl für jene, die leiden, ist durch einen bestrafenden, kleingeistigen und oftmals herzlosen Ansatz ersetzt worden. Dessen Zweck ist es, Disziplin dort zu erzwingen, wo sie am wenigsten nützt – denjenigen eine rigide Ordnung aufzuzwingen, die kaum dazu in der Lage sind, mit der heutigen Welt klarzukommen, und blinden Gehorsam zu erzwingen, anstatt das Wohlergehen der Menschen am untersten Ende der britischen Gesellschaft zu verbessern.“ Die Kinderarmut liegt bei 40%, sowohl Schüler wie oft auch Lehrer sind auf Essenspenden angewiesen. Arbeitslose und Kranke werden unter Sanktionsandrohungen zur Arbeit gezwungen. In Deutschland hingegen ist „nur“ jedes sechste Kind von der Armut bedroht, dafür aber immer mehr Renter von der Altersarmut. Wer angesichts dieser Auswirkungen der EU-Politik diese als Erfolgsmodell verkaufen will, ist entweder ein Scharlatan oder ein hartgesottener Neoliberaler. Bei allen Unterschieden weisen die ökonomischen Parameter der EU eher Parallelen mit der Endphase des Comecon auf.

Aber nicht nur die EU-Wirtschaftspolitik ist gegen das Gemeinwohl gerichtet, auch die Außenpolitik gefährdet letztlich die Sicherheitsinteressen der europäischen Nationen. Wenn Macron fordert, die Integration der EU verstärken zu müssen, weil es „zu viele Mächte gibt, die uns ausbremsen möchten“ und „unsere offenen Demokratien angreifen“ wollen, dann ist dies schlicht das Malen eines Feindbildes, das die geoplitische Doktrin des europäischen „Empires“ legitimieren soll. Europa braucht den Dialog und die Kooperation mit Rußland, es ist das ureigenste Interesse der europäischen Nationen, mit Chinas Neuer Seidenstraße auf der Basis des gegenseitigen Vorteils zu kooperieren. Und bezüglich Trump gilt das deutsche Sprichwort: „Es schallt so aus dem Wald, wie man hineinruft!“ – man erinnere sich nur an die augenblickliche Fundamentalopposition des europäischen Establishments als Reaktion auf den Wahlsieg Trumps im November 2016.

Es sollte nachdenklich stimmen, daß alle EU-Mitgliedstaaten, die von der EU-Kommission und den Mainstream-Medien attackiert werden, wie Italien, Griechenland, Ungarn und einige mehr, sowohl für eine Beendigung der Rußland-Sanktionen als auch für eine Kooperation mit Chinas Seidenstraßen-Initiative eintreten und auch keine Berührungsängste gegenüber Trump empfinden. In der Tat täte der unvoreingenommene Zeitgenosse (gibt es den noch?) gut daran, die wichtigsten der von Macron implizierten „Mächte“ neu zu analysieren und zu bewerten.

Interessant in diesem Zusammenhang sind jüngste Artikel in der New York Times vom 18. November und in Le Monde, die in starkem Gegensatz zu den hysterischen Anti-China-Kampagnen der westlichen Denkfabriken eine realistischere Neubewertung Chinas publizierten.

Einer von fünf Artikeln in der NYT vom Autor Philip Pan mit der Überschrift „Die Regeln Chinas“ beschreibt die Enttäuschung des Westens darüber, daß China trotz der wirtschaftlichen Öffnung weder das westliche demokratische Modell übernommen habe noch unter seiner „autoritativen Herrschaftsform“ zusammengebrochen sei. Statt dessen habe China eine Erfolgsgeschichte von 40 Jahren ununterbrochenem Wirtschaftswachstum, habe heute die größte Anzahl von Hausbesitzern, Internetnutzern und Universitätsabsolventen, und die Armutsrate sei unter 1 Prozent gefallen. In einem weiteren Artikel mit der Überschrift „Der amerikanische Traum lebt. In China“ fragt der Autor den Leser, in welchem Land wohl ein 18jähriger, der in Armut aufgewachsen sei, die besseren Aussichten auf eine hoffnungsvolle Zukunft habe. In der Vergangenheit wäre die Antwort schnell „der amerikanische Jugendliche“ gewesen, aber heute überträfen die Zukunftschancen in China die in den USA bei weitem. Zwar sei China immer noch insgesamt ärmer als die USA, habe aber die beeindruckendste Führung in Bezug auf den wertvollsten ökonomischen Indikator übernommen: Optimismus.

China hat in den letzten 40 Jahren 800 Millionen Menschen aus der Armut befreit, eine wohlhabende Mittelklasse von 300 Millionen geschaffen, und es hat das Ziel, jegliche Armut bis 2020 überwunden zu haben. Genau hier liegt der wesentliche Grund für die Attraktivität des chinesischen Wirtschaftsmodells, in dessen Nachahmung vor allem die Nationen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas die nie dagewesene Chance sehen, ihren eigenen Mangel an Entwicklung zu überwinden.

Präsident Xi Jinping hielt die Eröffnungsrede beim CEO-APEC-Gipfel in Papua-Neuguinea und stellte dort die uns alle betreffende entscheidende Frage: „Die Menschheit ist wieder an einer Wegkreuzung angelangt. Welche Richtung sollen wir wählen? Kooperation oder Konfrontation? Offenheit oder die eigene Tür schließen? Win-Win-Fortschritt oder ein Nullsummenspiel? Die Interessen aller Staaten und sogar die Zukunft der ganzen Menschheit hängen von der Wahl ab, die wir treffen.“

Die EU hegt seit langem imperiale Phantasien, wie der ehemalige Berater von Lady Ashton und Toni Blair, Robert Cooper, offen schrieb, der es gerne gesehen hätte, wenn die Ostausweitung der EU (und der NATO) niemals eine Begrenzung gefunden hätte. Wenn wir es erlauben, heute, wo das neoliberale Modell klar gescheitert ist, den Weg der Konfrontation zu gehen, kann dies nur in eine Katastrophe führen.

Wir sollten ohne Eigendünkel die Gründe erforschen, warum das chinesische Modell so viel erfolgreicher ist, und werden dann u.a. feststellen, daß China Friedrich List und dem von ihm so bezeichneten „amerikanischen Modell“ sehr viel näher ist als Brüssel. Wir müssen die Kasino-Wirtschaft abschaffen, das Glass-Steagall-Trennbankensystem einführen und zu einem Kreditsystem zurückkehren, wie es die KfW zur Zeit des deutschen Wirtschaftswunders war, und dann mit China, Rußland und anderen Staaten bei den weltweiten Projekten der Neuen Seidenstraße kooperieren.


Webcast mit Helga Zepp-LaRouche – 28. November 2018

 

0:55 Ukraine und NATO provozieren gegen Russisch-Amerkanische Annäherung

6:48 „Integrity Initiative“ – Bundestag muss mögliche Einmischung britischer Geheimdienste untersuchen

11:15 Größter Skandal der US-Geschichte – Robert Muellers Staatsstreich gegen Präsident Trump

17:46 Trump-Xi Treffen in Argentinien könnte Handelsstreit beenden

22:40 Das unaufhaltsame Fortschreiten der Neuen Seidenstraße

29:43 Klassische Renaissance statt grüner Dekadenz und Dekarbonisierung


Webcast mit Helga Zepp-LaRouche – 21. November 2018

 


Webcast mit Helga Zepp-LaRouche – 14. November 2018

 


Die tiefe moralische Krise des Westens, oder warum wir eine Renaissance der klassischen Kultur brauchen!

Anläßlich des 259. Geburtstags von Friedrich Schiller:

Von Helga Zepp-LaRouche

Es ist typisch für das kurzsichtige Denken unserer Zeit, daß sich der BDI zwar derzeit darüber sorgt, daß es einen „Systemwettbewerb“ zwischen „unserem Modell der offenen Markwirtschaft und Chinas staatlich gelenkter Wirtschaft“ gebe, daß die Chancen des wirtschaftlichen Austauschs zwar genutzt, die Abhängigkeiten vom chinesischen Markt aber verringert werden sollten, daß selbst die mittelfristigen Wettbewerbschancen jedoch vollkommen ignoriert werden. Und diese haben offensichtlich nicht zuletzt mit den menschlichen Eigenschaften der künftigen Arbeitskräfte zu tun, also der heutigen Kinder und Jugendlichen. Der Westen befindet sich von diesem Standpunkt betrachtet in einer tiefen kulturellen Krise, die gerade das Resultat jener „westlichen Werte“ ist, die uns angeblich anderen Kulturkreisen so absolut überlegen machen sollen.
13 Tote und viele Verletzte bei einer Schießerei in einer Bar in Thousand Oaks in Kalifornien, in der Ian David Long, ein Veteran des US Marine Corps, Amok lief, sind nur das jüngste Beispiel in einem endlosen Alptraum in den USA, der so gut wie täglich eine Fortsetzung findet. 2015 gab es 209 Massenschießereien, 2017 bereits 346, und dieses Jahr schon über 300 – inzwischen gibt es schon Personen, die knapp zwei solcher Horrorsituationen entkommen sind.
Die liberalen Medien sind schnell bei der Hand, die vermeintlich Verantwortlichen zu finden: die National Rifle Association (NRA), und der zweite Zusatz zur amerikanischen Verfassung, nämlich das Recht, Waffen zu tragen. Aber diese Erklärung trägt nicht all den anderen Ausdrucksformen der Verrohung Rechnung, vor allem bei immer jüngeren Kindern. Beispielhaft sei hier nur der Fall eines 15jährigen in Florida erwähnt, der seine Mutter erwürgte, weil ihm ihre Kritik an seinen Schulnoten mißfiel, um sie dann in einer Schubkarre zu einem Lieferwagen zu fahren, mit dem er sie zu einer Kirche in der Nähe fuhr und dort unter einer Feuerstelle begrub. Mit Hilfe zweier Freunde inszenierte er dann einen Einbruch und machte laut seinen eigenen Worten einen „Grammy-gewinnenden Anruf an 911“, die allgemeine Notrufnummer in den USA.
Sogenannte „Roheitsdelikte“ finden nicht nur auf der anderen Seite des Atlantiks statt, in Berlin wurde kürzlich ein Zehnjähriger von einem anderen Zehnjährigen nach Vorankündigung auf einer Klassenfahrt vergewaltigt. Zwei Elfjährige hielten das Opfer fest, zwei unbeteiligte Schüler sahen zu.
Natürlich gab es schon immer schockierende Fälle kriminellen Verhaltens, aber niemand kann bestreiten, daß der durchweg ungehinderte Zugang selbst junger Kinder zu allen Formen der Gewalt und Pornographie im Internet bei dem gleichzeitigen Fehlen einer Erziehung, die ihnen ein inneres moralisches Urteilsvermögen vermitteln würde, zu einer katastrophalen Verrohung geführt hat.
Die Folge ist ein völlig verkommenes Menschenbild, insbesondere von Frauen und von Sexualität. Nimmt man noch die Fälle hinzu, in denen exzessives Videospielen zu einem mehr oder minder autistischen sozialen Verhalten geführt hat, dann ergibt sich für einen nicht geringen Anteil der nächsten Generationen eine sehr negative Perspektive bezüglich ihres kreativen Potentials.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) gab soeben „angesichts der Verrohung der Umgangsformen und aktueller Ereignisse wie jüngst in Chemnitz“ eine Forsa-Umfrage in Auftrag, wie es um die Sicht von Eltern und Lehrern bezüglich der Werteerziehung in Deutschland bestellt sei. Über 90 Prozent beider Gruppen betonten, daß diese ihnen sehr wichtig sei, daß es aber bei der Umsetzung hapere. Andere Umfragen ergaben, daß die Gewalt gegen Lehrer ein erschreckendes Ausmaß angenommen habe. Lehrer würden zunehmend beschimpft, bedroht und attackiert, Ergebnisse der Umfragen ergaben, „daß der Ton in der Gesellschaft rauher wird, die Sprache verroht, Konflikte öfter und schneller eskalieren, Autoritäten nicht mehr anerkannt werden“. Es handele sich um ein „gesamtgesellschaftliches Phänomen“ und gehe keineswegs vorrangig von Menschen mit Migrationshintergrund aus.
Ob es sich um Veteranen handelt, die nach Kriegseinsätzen im Nahen Osten an Posttraumatischem Streßsyndrom leiden – in den USA begeht alle 65 Minuten einer dieser Veteranen Selbstmord -, oder um die virtuelle Erfahrung der Gewalt bei Videospielen oder sogenannter Unterhaltung, in beiden Fällen wird die Hemmschwelle gegenüber Gewalt bis hin zum Töten eines anderen Menschen auf gefährliche Weise heruntergesetzt. Und obwohl dieser Trend seit langem offensichtlich ist, wird in einer Gesellschaft, die so viel auf ihre „liberalen Werte“ hält – sprich: „Alles ist erlaubt“ – nichts unternommen, um diesem Absturz in die grenzenlose Dekadenz Einhalt zu gebieten.
Im völligen Kontrast dazu hat die chinesische Regierung kürzlich Hip-Hop-Musik und banale Quiz-Shows verboten, da die Schlagertexte ein degradierendes Frauenbild vermittelten und die Shows die Kreativität der Zuschauer verhinderten. Noch wichtiger: Präsident Xi Jinping betonte vor kurzem in einem Brief an acht Professoren der Zentralen Akademie der Schönen Künste (CAFA) die außerordentliche Bedeutung der ästhetischen Erziehung für das gesunde Wachstum der Jugend Chinas, sowohl in physischer als auch geistiger Hinsicht. Die ästhetische Erziehung spiele eine entscheidende Rolle in der Entwicklung eines schöneren Geistes, sie erfülle die Studenten mit Liebe und fördere das Schaffen großer Kunstwerke.
In China geht die Bedeutung der ästhetischen Erziehung auf Konfuzius zurück, aber auch in der modernen Geschichte widmeten sich bedeutende Gelehrte und Erzieher der Anwendung dieser Methode mit dem Ziel der moralischen Veredlung der Schüler und Studenten.
Einer der Begründer der modernen Ästhetik, Wang Gouwei, ein Gelehrter am Qinghua-Institut für chinesische Studien, verschrieb sich der Erforschung des Elends der Menschen, das seiner Erkenntnis nach von der Begierde komme. Die Begehrlichkeit mache die Menschen unglücklich, sie treibe sie dazu an, Dinge haben zu wollen, was zu zwanghaften Verhalten führen könne, und beim Verlust der angestrebten Objekte zum innerlichen Unglücklichsein und zu äußerlichen sozialen Übeln führe. Ob es einen Weg gebe, diese Begehrlichkeit zu besiegen? Ja, sagt Wang Guowei, das sei die Schönheit.
Zu einer ähnlichen Ansicht war schon der ehemalige Präsident der Peking Universität, Cai Yuanpei, gekommen, der in einem Aufsatz vom 10. Mai 1919 schrieb: „Ich glaube, daß die Wurzel der Probleme unseres Landes in der Kurzsichtigkeit von so vielen Leuten liegt, die schnellen Erfolg oder schnelles Geld ohne irgendeine höhere moralische Denkweise haben wollen. Die einzige Medizin ist die ästhetische Erziehung.“
In der gleichen philosophischen Tradition schrieb Zhu Guangqian in seiner Schrift: „Ästhetik erklärt“, daß die Probleme der Gesellschaft darin lägen, daß die Herzen der meisten Menschen schlecht seien. Um die Herzen der Menschen zu reinigen, müsse man den Geist und die Seele kultivieren, höhere und reinere Ziele setzen, als nur reich werden oder schöne Kleider oder eine hohe Regierungsposition haben zu wollen. Um den Geist einer Person zu läutern, müsse man zuerst ihr Leben verschönern.
Dieser Aufgabe ist das gesamte Werk Friedrich Schillers gewidmet; der Veredlung des Menschen durch die ästhetische Erziehung. Aber vor allem in seinen Ästhetischen Briefen, die er als Reaktion auf die absolute Verrohung der Französischen Revolution durch den Terror der Jakobiner geschrieben hatte, beschäftigte er sich mit der Frage, woher die Veredlung der Menschen kommen könne, wenn die Regierungen korrupt und die Massen verroht seien. Einzig und allein die große klassische Kunst sei dazu in der Lage, weil sie den unfehlbaren Schlüssel zu den höchsten Regungen der menschlichen Seele besitze und das höchste Ideal der Menschlichkeit überhaupt aufstellen könne. In der Vorrede zur „Braut von Messina“ führte Schiller aus, daß die große klassische Kunst in der menschlichen Seele eine Kraft wecke, die auch bleibe, wenn das Erleben des Kunstwerks bereits abgeschlossen ist.
Wenn der Westen mit seiner Kultur des „Alles ist erlaubt“ so weitermacht, dann ist schon jetzt klar, wer den „Systemwettbewerb“, von dem der BDI spricht, gewinnen wird. Denn China tut enorm viel, um die 5000 Jahre alte Kultur möglichst vielen Bürgern nahe zu bringen, und Xi Jinping setzt sich persönlich für die Verbreitung der konfuzianischen Philosophie in alle Poren der Gesellschaft ein.
Wir im Westen haben in jedem Fall ein riesiges Problem, weil wir seit dem durch den Kongreß für Kulturelle Freiheit, die Frankfurter Schule und die 68er bewirkten Paradigma- Wandel bereits mehrere Generation hatten, die sich bewußt gegen die Ideale unserer klassisch- humanistischen Tradition gerichtet haben. Trotzdem wird es nur möglich sein, die kulturelle und moralische Krise zu überwinden, wenn wir zu den Idealen von Nikolaus von Kues, Leibniz, Lessing, Schiller und von Humboldt, Bach und Beethoven – um nur einige zu nennen – zurückkehren und diese einschließlich der großen Werke der klassischen Kunst an die gegenwärtige und die kommenden Generationen vermitteln.
Sie, lieber Leser, können den 259. Geburtstag von Friedrich Schiller nicht besser feiern, als sich dem Schiller-Institut anzuschließen.
zepp-larouche@eir.de


RIA Novosti berichtet über den Besuch von Helga Zepp-LaRouche in Moskau

Die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti hat in mehreren Beiträgen, die von anderen Medien übernommen bzw. zitiert wurden, über den Besuch von Helga Zepp-LaRouche in Moskau berichtet.
Trump könnte das Verhältnis zu Rußland verbessern, meint Experte

Moskau, 24. Oktober – RIA Nachrichten. Die Gründerin der Forschungs-NGO, Schiller-Institut in den USA, Helga Zepp-LaRouche, meint, daß US-Präsident Donald Trump das Verhältnis zu Moskau bei den Treffen mit Rußlands Präsident Wladimir Putin in Paris und dem G-20 Gipfel in Argentinien verbessern könnte.

„Im November findet das Treffen der Präsidenten Putin und Trump in Paris statt, danach ist der G-20 Gipfel in Argentinien geplant. Wenn Präsident Trump sich von der Verschwörung, die rund um ihn reift, „befreit“, dann kann er zu seinen Versprechungen, die er vor der Wahl 2016 gemacht hatte, zurückkehren [über die Verbesserung der Beziehungen zu Rußland – von der Redaktion zugefügt]“, hat sie [Frau Zepp-LaRouche] gegenüber Journalisten berichtet.

Wenn Trump seine Versprechen wahr mache und die Beziehungen zu Rußland als auch zu China zu bessern suche, dann wird es „Früchte tragen, es findet eine bedeutenden Belebung der Weltkonjunktur statt und danach kann man eine neue Epoche erwarten“.

Rußland schätzt die Aussichten auf Verhandlungen zwischen Trump und Putin, die am 11. November in Paris stattfinden sollen, positiv ein, wie die Vorsitzende des Föderationsrats, Walentina Matwienko, schon zuvor betont hatte. Sie erwartet, daß dort die neuen Perspektiven einer amerikanisch-russischen Kooperation geplant werden.

Der G-20 Gipfel findet vom 30. November bis zum 1. Dezember in Buenos Aires statt.

Amerikanische Expertin vermutet Einmischung von Großbritannien in US-Wahlen

Moskau, 24. Oktober – RIA Novosti. Es ist möglich, daß sich der britische Geheimdienst in die US-Wahl im Jahr 2016 eingemischt hat, meint Helga Zepp-LaRouche, Gründerin des Schiller-Instituts, einer in den USA beheimateten Forschungs-NGO.

Ihr zufolge, könnten sich Mitarbeiter des damaligen Präsidententeams von Barak Obama und des britischen MI6 in die USA-Wahl eingemischt haben.

„Der Grund dafür lag daran, daß Donald Trump 2016 im Rahmen seiner Wahlkampagne versprochen hatte, das Verhältnis zu Rußland zu verbessern. Die Briten aber wollten dies nicht, weil sie daran eine Gefahr für ihre [internationale] Position gesehen haben. Wenn die USA und Rußland kooperiert hätten, hätten sie [die Briten] ihre Manipulationen nicht mehr ausführen können. In diesem Zusammenhang sind die Skripal-Affäre und das syrische Chemiewaffen-Dossier entstanden“, berichtete sie gegenüber Journalisten.

Wenn die Einmischung der Briten bewiesen wird, dann werde das, so ihre Einschätzung, zum größten Skandal in der Geschichte der USA. „Dieser Skandal wird größer als der Watergate-Skandal, derzeit der größte Skandal in der amerikanischen Geschichte. Die Zwischenwahl wird es zeigen.“ – sagte sie.

Die Untersuchungen zur angeblichen russischen Einmischung in die US-Wahl und zu den vermuteten Beziehungen von Trump zu Rußland, die sowohl vom Weißen Haus als auch vom Kreml widerlegt wurden, werden vom unabhängigen Staatsanwalt Robert Müller und den beiden Häusern des Kongresses geführt. Herr Dmitrij Peskov, Pressesprecher des russischen Präsidenten, nennt diese Beschuldigungen „absolut unbegründet“.


WEBCAST MIT HELGA ZEPP-LAROUCHE – 7. NOVEMBER 2018


Wir Schlafwandler: Haben wir daraus gelernt, wie es zum Ersten Weltkrieg kam?

Von Helga Zepp-LaRouche

Nur fünf Tage nach der richtungsweisenden Kongreßwahl in den USA, die maßgeblich über die Weichenstellung für Krieg oder Frieden entscheiden wird, treffen sich die Präsidenten Trump und Putin anläßlich des Jahrestages der Beendigung des Ersten Weltkriegs in Paris. Dort wird es u.a. um die einseitige Aufkündigung des INF-Vertrags durch die USA gehen, und hoffentlich auch darum, wie diese beiden führenden Nationen trotz der extrem angespannten internationalen Lage sicherstellen können, daß der Menschheit ein dritter – diesmal die Menschheit auslöschender – Weltkrieg erspart bleiben wird.

Bei meiner kürzlichen Reise nach Moskau hatte ich in mehreren Gesprächen mit Repräsentanten führender Institutionen Gelegenheit, einen Eindruck aus erster Hand zu erhalten, wie die strategische Lage aus dem russischen Blickwinkel aussieht. Die russische Führung hat ganz klar die Schlußfolgerungen aus den diversen Schritten des Westens und der NATO gezogen – der Ausweitung der NATO an die Grenzen Rußlands, dem Aufbau des Raketenabwehrsystems in Rumänien und Polen, das innerhalb kürzester Zeit in ein offensives System verwandelt werden kann, der Aufkündigung des ABM- und jetzt des INF-Vertrages, sowie der verschiedenen „Narrativen“, die Rußland als Feindbild und Putin als Dämon porträtieren -, daß ein großer Krieg nicht ausgeschlossen werden kann.

Tage später, am 26. Oktober betonte der stellvertretende Direktor für Nichtverbreitung und Abrüstung des russischen Außenministeriums, Andrej Belussow, vor der UN in New York: „Die USA haben hier kürzlich auf diesem Treffen gesagt, daß Rußland den Krieg vorbereitet. Ja, Rußland bereitet sich auf Krieg vor, ich habe es bestätigt. Wir bereiten uns darauf vor, unsere Heimat, unsere territoriale Integrität, unsere Prinzipien, unsere Werte, unser Volk zu verteidigen – wir bereiten uns auf einen solchen Krieg vor… Rußland bereitet sich auf Krieg vor, und die USA bereitet einen Krieg vor. Warum würden sich die USA sonst aus dem (INF-) Vertrag zurückziehen, ihr nukleares Potential aufbauen und eine neue Nuklear-Doktrin erlassen?“

Am 31. Oktober veröffentlichte Michail Chodarenok, Militärkommentator für Gazeta.ru, in RT.com unter dem Titel: „Nuklearkrieg: Hypothetische Szenarien & Rußlands Schlag-Optionen“ eine ernüchternde Darstellung des technischen Ablaufs, wenn es zum Ernstfall kommen sollte. Er betonte, daß es keinen finanziellen, territorialen oder ideologischen Konflikt zwischen den USA und Rußland gebe, der zu einem massiven nuklearen Schlagabtausch führen könne, aber dann fuhr Chodarenok fort, im Detail die Abfolge von Entscheidungen, kodierten Abläufen, versiegelten Befehlen bis zum Start des Nuklear-Arsenals zu beschreiben. In dem Moment, in dem ein massiver Angriff von Interkontinentalraketen von US-Territorien und U-Booten aus registriert wird, werden die Ziele in Rußland und die Flugzeit berechnet. Die russische Führung beschließt „launch on warning“ (Abschuß nach Warnung), und in 7-9 Minuten erfolgt der massive Gegenschlag mit strategischen Nuklearwaffen vom russischen Territorium und benachbarten Gewässern.

Das Worst-Case-Szenario sei die Ausschaltung der politischen und militärischen Führung und die sich daraus ergebende Unmöglichkeit, die notwendigen Befehle zu erteilen. In diesem Fall werde das Perimeter-System bzw. sein moderner Namensvetter aktiviert, ein ursprünglich während des Kalten Krieges entwickeltes installiertes Atomwaffen-Führungssystem, mit dem ein allumfassender Gegenschlag automatisch ausgelöst würde. Chodarenok unterstreicht abschließend, daß alle Optionen des Einsatzes von Nuklearwaffen eine Katastrophe für die beteiligten Parteien und andere Nationen auf der ganzen Welt bedeuteten. Der nukleare Winter würde kurze Zeit nach dem nuklearen Schlagabtausch einsetzen und das Leben der wenigen bedrohen, die das nukleare Armageddon überlebt hätten.

Chodarenok weist damit auf die aktuelle Gültigkeit dieses Mechanismus hin, dessen Existenz während des Kalten Kriegs zum Allgemeinwissen gehörte, das aber in der Zwischenzeit der Phantasie eines „gewinnbaren taktischen Nuklearkriegs“ Platz gemacht hat.

Ganz so, als handele es sich um ein selbstverständliches Konversationsthema, äußerte der bisherige Kommandant der US-Truppen in Europa, Lt. Gen. (ret.) Ben Hodges, soeben auf dem Sicherheits-Forum in Warschau, daß die Wahrscheinlichkeit eines Krieges mit China in 15 Jahren sehr hoch sei. Auf Nachfragen seitens der US-Webseite Daily Beast erläuterte Hodges, seine Absicht sei es gewesen, den Europäern klar zu machen, daß bei einem gleichzeitigen Krieg mit Rußland und China der größere Teil des US-Arsenals im Pazifik eingesetzt würde.

Angesichts der Häufung solcher kriegslüsterner Äußerungen seitens diverser – vor allem amerikanischer und britischer – Militärs, sowie zahlreichen Provokationen wie z.B. dem gegenwärtig stattfindenden NATO-Manöver „Trident Juncture“, das den Überfall auf ein NATO-Mitglied durch „ein Land“ simuliert, ist es höchste Zeit, sich ins Bewußtsein zu rücken, daß jeglicher Einsatz von Atomwaffen den „Doomsday-Mechanismus“ in Gang setzen würde. Es sei hier nur auf die Argumentation des US-Militäranalysten Ted Postol verwiesen, warum es in der Natur der Sache des Nuklearkrieges liege, daß es im Ernstfall zum Einsatz aller Waffen komme.

Der hundertste Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs, dessen Vorgeschichte mit der Entlassung Bismarcks begann, der ein Vierteljahrhundert britisch inspirierter geopolitischer Manipulationen folgten – von der Entente Cordiale, über die Triple Entente, den Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05 bis hin zu den Balkankriegen -, bis schließlich der Schuß von Sarajewo nur noch der beliebige Auslöser war, sollte ein guter Anlaß sein, sich zu vergewärtigen, wie leicht die Menschheit auf einem vorbereiteten Schachbrett in die Katastrophe „schlafwandelt“. Keiner der Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkriegs konnte dessen Verlauf voraussehen, aber insbesondere für die deutschen und französischen Soldaten, die sich vier Jahre lang in sinnlosen Grabenkämpfen abschlachteten, bedeutete dieser Krieg die totale Entwurzelung einer ganzen Generation. Der Boden für die Machtergreifung der Nationalsozialisten und den Zweiten Weltkrieg war bereitet.

In Rußland ist die Erfahrung des „Großen Vaterländischen Krieges“, der 27 Millionen Russen das Leben gekostet hat, absolut präsent – auch bei den jüngeren Generationen. Im Westen hingegen ist die Haltung der Vertreter der Generation, die den Zweiten Weltkrieg noch bewußt erlebt haben, und den Nachkriegsgenerationen sehr verschieden. Für viele jüngere Menschen ist die Idee von Krieg bestenfalls ebenso virtuell wie ihre Videospiele. Andernfalls wäre kaum nachzuvollziehen, wie realitätsfern bezüglich der Konsequenzen das selbstgemachte Narrativ über Rußland und Putin in einem geradezu pathologischen „Gruppendenken“ im westlichen Establishment nachgebetet wird.

In Rußland hingegen sieht die absolute Mehrheit der Bevölkerung trotz des jüngsten Unmuts über die Heraufsetzung des Rentenalters in Putin den nationalen Retter, der das Land aus der furchtbaren Dekade der Jelzin-Ära befreit hat. Vom Westen weitgehend vergessen, im russischen Bewußtsein aber voll und ganz präsent, ist die vom Weltwährungsfonds induzierte Schocktherapie, mittels derer Jeffrey Sachs die industriellen Kapazitäten Rußlands von 1991-94 auf nur noch 30% reduzierte. Der daraus resultierende Kollaps der demographischen Kurve – pro Jahr schrumpfte die russische Bevölkerung um eine Million Menschen – wurde von der Bevölkerung als Genozid erlebt.

Putin hingegen wird als der Präsident gesehen, der die Macht der Oligarchen zumindest politisch eingedämmt hat und der die Pläne des Westens, Rußland vom Status einer Supermacht zu sowjetischen Zeiten in ein Rohstoff-exportierendes Dritte-Welt-Land zu reduzieren, zunichte gemacht hat. In Rußland wird Putin dafür geliebt und verehrt, für das geopolitische Establishment des Westen, das schon geglaubt hatte, sich die Kontrolle über Rußlands enorme Rohstoffvorkommen unter den Nagel gerissen zu haben, liegt hier der wahre Grund für die Dämonisierung Putins.

Laut einer kürzlichen Umfrage der Military Times unter aktiven Soldaten und Offizieren der US-Streitkräfte sind 46%, also fast die Hälfte, davon überzeugt, daß ihr Land 2019 in einen großen militärischen Konflikt mit Rußland hineingezogen wird. Wie Oberst a.D. Rolf Bergmeier, ehemaliger Oberst im Generalstab und stellvertretender Abteilungsleiter „Planung und Leitung“ in der NATO, in einer Kritik des NATO-Manövers Trident Juncture, das er als unnötige Provokation bezeichnete, noch einmal daran erinnerte: Bei der gegenwärtigen NATO-Strategie sei Deutschland in einem Krieg zwischen Ost und West das nukleare Schlachtfeld.

Für die damaligen Präsidenten Reagan und Gorbatschow, die 1987 den INF-Vertrag unterzeichneten, war klar, daß ein nuklearer Krieg nicht gewonnen werden kann. Mit der angedrohten Aufkündigung des INF-Vertrages durch die USA könnten wir sehr schnell in eine Situation geraten, die Parallelen zur Mittelstreckenraketenkrise zu Beginn der 1980er Jahre aufweist, in der Hunderttausende auf die Straßen gingen, weil ihnen bewußt war, daß Deutschland in einem Ost-West-Krieg ausgelöscht würde. Heute ist die Gesamtlage weitaus gefährlicher: Schlafwandeln wir diesmal in den Dritten Weltkrieg?

Wir sollten den Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs zum Anlaß für die Erkenntnis nehmen, daß wir die Geopolitik überwinden und durch ein neues Paradigma der Idee der einen Menschheit ersetzen müssen. Das Konzept des chinesischen Präsidenten von der Schicksalsgemeinschaft für die eine Zukunft der Menschheit, die der Initiative der Neuen Seidenstraße zugrunde liegt, beschreibt dieses neue Paradigma als eine völlig neue Form der internationalen Beziehungen durch eine Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil. Wenn wir irgend etwas aus den Tragödien des 20. Jahrhunderts gelernt haben, dann müssen wir lernen, über die Menschheit ganz anders zu denken.

zepp-larouche@eir.de


Webcast mit Helga Zepp-LaRouche – 31. Oktober 2018


Eine Zukunftsgemeinschaft der Menschheit: Chinas strategische Perspektive bis 2050

Die Präsidentin des Schiller-Instituts hielt den folgenden Vortrag am 24. Oktober 2018 in Moskau bei einer Konferenz zum Thema „China, die chinesische Zivilisation und die Welt: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, die vom Institut für Fernoststudien der Russischen Akademie der Wissenschaften und vom Akademischen Rat für umfassende Studien des zeitgenössischen China veranstaltet wurde.

Die große Frage, mit der sich alle denkenden Menschen auf diesem Planeten befassen sollten, ist im wesentlichen die gleiche, die schon in der jungen amerikanischen Republik heiß debattiert wurde, so wie es die „Föderalistenartikel“ (Federalist Papers) berichten, nämlich ob die menschliche Gesellschaft fähig ist, eine effiziente Form der Selbstregierung zu finden – nur daß es diesmal nicht nur eine Nation betrifft, sondern die gesamte Menschheit: die Notwendigkeit eines neuen Paradigmas in der Weltordnung.

Die Spannungen in einer von zahlreichen Krisen geplagten Welt scheinen auf einen Bruchpunkt hinzustreben: die Gefahr eines neuen, diesmal systemischen Finanzkrachs des transatlantischen Finanzsystems, eine beispiellose Polarisierung in den USA um den laufenden Putschversuch gegen den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Operationen unter falscher Flagge, Goebbels-ähnliche Täuschungsoperationen gegen ganze Völker, Drogenepidemien, die eine neue Form von Opiumkriegen sind, die globale Migrationskrise, Terrorismus und Nazismus, eine Zunahme der Zentrifugalkräfte in der Europäischen Union, das Wiederaufkommen aggressiver, geopolitisch motivierter Bemühungen, eine Ordnung zu erhalten, die schon gar nicht mehr besteht – um nur einige der Herausforderungen aufzuzählen. Die Welt ist in Unordnung.

Wie realistisch ist angesichts einer so komplexen und scheinbar völlig gespaltenen Welt die Perspektive, die beim 19. Nationalkongreß der Chinesischen Kommunistischen Partei vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping dargelegt wurde, wo er für China das Ziel definierte, bis zum Jahr 2050 „ein starkes, demokratisches, kulturell fortgeschrittenes, harmonisches und schönes“, vollständig modernisiertes Land zu werden, und an einer Stelle sogar davon sprach, eine „schöne Welt“ aufzubauen, an der alle Nationen teilhaben?

Wenn man die oben aufgezählten Krisen und Herausforderungen als unzusammenhängende Einzelprobleme betrachtet, dann landet man in einer „schlechten Unendlichkeit“, in der viele davon unlösbar erscheinen. Wenn man jedoch erkennt, daß alle diese Probleme gemeinsame Züge haben, daß sie nämlich Derivate des alten Paradigmas einer untergehenden Epoche sind, dann kann man die Lösung finden, indem man sich an den Prinzipien der neuen Epoche orientiert.

Es gibt zwei „spielentscheidende“ Fragen für die nahe Zukunft, die völlig entgegengesetzte Wege in die Zukunft eröffnen. Die erste betrifft den monumentalen Machtkampf, der sich derzeit in den Vereinigten Staaten abspielt; entweder hat dort der Putschversuch gegen Präsident Trump Erfolg und er wird auf die eine oder andere Weise aus dem Amt gedrängt, oder aber die Mauschelei der Geheimdienstchefs der Regierung Obama mit den britischen Geheimdiensten GCHQ und MI-6 bei der Orchestrierung des „Russiagate“ gegen Trump – um zu verhindern, daß er seine Absicht realisiert, die Beziehungen zu Rußland auf eine gute Basis zu stellen -, führt zu Strafverfahren gegen ihre Betreiber. Sollten die Demokraten bei der Kongreßwahl die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen, dann werden sie versuchen, die laufenden Ermittlungen im Kongreß zu begraben, und die Konfrontationspolitik, die wir in den Sanktionen gegen Rußland und im Handelskrieg gegen China und der jüngsten Rede von US-Vizepräsident Pence sehen, wird sofort eskaliert werden. Wenn Trump jedoch seine Position festigen kann, dann besteht trotz all der kriegerischen Töne, die jetzt aus den USA kommen, das Potential, daß er in der zweiten Hälfte seiner ersten Amtszeit die Beziehungen zu Rußland verbessert und zu seiner ursprünglichen, positiven Haltung gegenüber China zurückkehrt.

Die zweite, damit zusammenhängende, spielentscheidende Frage ist eine Perspektive für einen Ausweg aus der „Thukydides-Falle“, dem scheinbaren Konflikt zwischen der Macht, die die Welt bisher dominiert hat, den USA, und der aufstrebenden Macht, China, indem man eine Lösung definiert, die weit über die bilaterale Situation zwischen den beiden hinausreichend die existentiellen Gefahren für alle Nationen anpackt und so das Niveau der Diskussion und des Denkens auf eine höhere Ebene anhebt.

Was mein Ehemann Lyndon LaRouche schon vor einigen Jahren vorgeschlagen hat, gilt immer noch: Die vier mächtigsten Nationen der Welt, die USA, Rußland, China und Indien – unterstützt von anderen, wie Japan, Südkorea und anderen – müssen kurzfristig ein Neues Bretton-Woods-System schaffen, um die potentiell verheerenden Konsequenzen eines unkontrollierten Finanzkrachs zu vermeiden. Dieses neue internationale Kreditsystem muß die Fehler des alten Bretton-Woods-System korrigieren, das nicht so verwirklicht wurde, wie es Präsident Franklin Delano Roosevelt beabsichtigt hatte, sondern durch den Einfluß von Churchill und Truman stark verwässert wurde. Es muß die uneingeschränkte Souveränität aller Nationalstaaten garantieren, die sich daran beteiligen, und es muß ihren die Möglichkeit verschaffen, zum gemeinsamen Nutzen aller, uneingeschränkt an den Vorteilen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts teilzuhaben.
Der Hauptaspekt dieses Neuen Bretton-Woods-Systems muß eine grundlegende Änderung in den monetären, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen den dominierenden Mächten und den sogenannten Entwicklungsländern sein. Wenn die Ungerechtigkeiten, die als Folge des modernen Kolonialismus weiterbestehen, nicht zunehmend beseitigt werden, dann kann es weder Frieden geben, noch können Herausforderungen wie die Migrationskrise oder der Terrorismus überwunden werden.

Das Grundkonzept eines solchen neuen Kredit- und Wirtschaftssystems existiert im Prinzip bereits in Präsident Xi Jinpings Gürtel- und Straßen-Strategie (Belt & Road Initiative, BRI). In den fünf Jahren ihrer Existenz hat sie bereits unter den rund hundert teilnehmenden Nationen eine beispiellose Dynamik von Hoffnung und Optimismus entfaltet, und angesichts der gewaltigen Fortschritte, die sie in der kurzen Zeit bereits gemacht hat, ist offensichtlich, daß Präsident Xi Jinpings Ziel, bis 2050 eine „schöne Welt“ für die ganze Menschheit zu schaffen, absolut erreichbar ist.

Das neue Geflecht der internationalen Beziehungen, das für das neue Paradigma gebraucht wird, wird bereits aufgebaut. Die Integration der Belt & Road-Initiative, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die Eurasische Wirtschaftsunion und die Organisationen des Globalen Südens schreiten mit Erfolg voran und schaffen bereits völlig neue strategische Bündnisse zum gegenseitigen Vorteil aller Beteiligten. Der „Geist der Neuen Seidenstraße“ hat bereits die meisten Länder Asiens und Lateinamerikas erfaßt, er bietet zum erstenmal seit Jahrhunderten Hoffnung für Afrika, das Präsident Xi als den Kontinent mit dem größten Entwicklungspotential bezeichnet und dem Präsident Putin versprochen hat, ihn „durch das Bereitstellen von Kerntechnik zu erleuchten“. Viele sprechen inzwischen von Afrika als dem „neuen China mit afrikanischem Charakter“! Und trotz des Widerstrebens der Europäischen Union und der gegenwärtigen Berliner Regierung wächst die Zahl der Länder in Europa, die sich in die Neue Seidenstraße integrieren wollen, wie die 16+1-Länder, Spanien, Portugal, die Schweiz, Holland und Belgien, und allen voran Österreich und Italien.

Die größte und unvermeidbare Herausforderung wird jedoch sein, eine Lösung zu finden, die die Vereinigten Staaten mit einschließt. Angesichts des gegenwärtigen Ausmaßes der Militarisierung der USA, sowohl hinsichtlich der Streitkräfte als auch der Bewaffnung der einheimischen Bevölkerung, wäre die Chance, daß die Vereinigten Staaten zerfallen oder sich so friedlich aus einer alternativen Weltordnung ausschließen lassen wie beim Ende der Sowjetunion, mehr oder weniger null. Die von Präsident Putin am 1. März angekündigte Militärpolitik bezüglich der russischen Rüstungsforschung und des strategischen Bündnisses zwischen Rußland und China zeigt, daß Rußland und China sich hierüber im klaren sind. Wenn man der Thukydides-Falle entkommen will, dann muß also eine Lösung gefunden werden, welche die Vereinigten Staaten auf einer höheren Ebene der Organisation der Weltordnung einschließt.

Die gemeinsame politische Plattform, die angeboten wird, muß aus der Sicht konzipiert werden, die Nikolaus von Kues als eine völlig neue Form des Denkens definierte, nämlich seine berühmte Coincidentia Oppositorum – das Eine, das einer höheren Ordnung der Realität angehört als das Viele. Das ist in Präsident Xi Jinpings Konzept der „Zukunftsgemeinschaft der Menschheit“ bereits impliziert.

Anstatt an die Frage eines neuen Geflechts der Beziehungen zwischen den Nationen der Welt vom Status quo aus heranzugehen, muß uns die Vision, wie die Menschheit in 50 oder hundert Jahren erwachsen werden soll, eine Reihe konkreter politischer Vorschläge für die Zusammenarbeit liefern. Bis dahin wird der wissenschaftlichen Theorie Wladimir Wernadskijs zufolge die Noosphäre ihre Herrschaft über die Biosphäre qualitativ ausgeweitet haben, und neue Generationen von Wissenschaftlern und klassischen Künstlern werden ausgehend von der Suche nach neuen Prinzipien der Natur und der Kunst miteinander kommunizieren.

Wie der deutsche Raketenforscher und Weltraumvisionär Krafft Ehricke ausgeführt hat, ist die Ausweitung der Infrastruktur zunächst in den erdnahen Weltraum, als Voraussetzung für die interstellare Raumfahrt, der nächste Schritt in der Evolution der menschlichen Gattung. Wie die Zusammenarbeit auf der Internationalen Weltraumstation ISS und die bahnbrechenden Entdeckungen des Weltraumteleskops Hubble zeigen, verändert die Betonung der Menschheit als raumfahrende Spezies grundlegend die Identität aller beteiligten Astronauten, Ingenieure und Wissenschaftler. Und die Vorstellung, daß wir in einem erdgebundenen System leben, in dem entgegengesetzte geopolitische Interessen um begrenzte Ressourcen streiten müssen, wird abgelöst durch die Vorstellung, daß die Menschheit gerade erst begonnen hat, ihre ersten Babyschritte in ein Universum hinein zu tun, in dem es schätzungsweise zwei Billionen Galaxien gibt.

Das chinesische Weltraumprogramm wird schon bald eine weitere beispiellose „Spielwende“ bringen, indem es die Welt in eine neue wissenschaftliche und industrielle Revolution führt. Zu den laufenden Chang’e-Mondmissionen gehört auch ein ehrgeiziges Programm, Helium-3 vom Mond zu holen, um es als Treibstoff für die kontrollierte Kernfusion auf der Erde zu verwenden. Wenn die Menschheit die Kernfusion beherrscht, dann werden wir auf absehbare Zukunft Energie- und Rohstoffsicherheit für die gesamte Menschheit haben.

In die gleiche Richtung geht die Chandrayaan-2-Mission der Indischen Weltraumforschungs-Organisation (ISRO), die auf der Mondoberfläche nach Spuren von Wasser und Helium-3 suchen wird. Präsident Trump hat die bemannte Raumfahrt, die Rückkehr zum Mond und Missionen zum Mars und „weiter entfernten Welten“ wieder zur nationalen Mission erklärt. Von diesen und ähnlichen Missionen anderer Weltraumnationen werden nicht nur die jeweiligen Länder, sondern die gesamte Menschheit profitieren. Die Weltraumwissenschaft wird alle Aspekte des Lebens auf der Erde verändern, wenn wir die Technik und die Methoden, mit denen wir die „Wüsten“ auf der Erde bewohnbar machen – wie bei der geplanten russischen Stadt Umka in der Arktis -, auch nutzen, um Siedlungen auf dem Mond zu schaffen. Weltraumtechnologien werden den Zugang zu moderner medizinischer Versorgung an allen Orten der Erde vollkommen revolutionieren, die Landwirtschaft wird von vielen Aspekten der Weltraumforschung profitieren. Die Kombination einer Fusionsökonomie und der Industrialisierung des Mondes als nächste Schritte eines unbegrenzten Prozesses der voranschreitenden menschlichen Beherrschung der Gesetze des Universums wird eine völlig neue Wirtschaftsplattform schaffen, in dem Sinne, wie Lyndon LaRouche es definiert hat.
Wenn die vielen notleidenden Menschen auf der Welt – ob sie nun als Flüchtlinge vor den Folgen von Armut und Krieg fliehen oder ob sie mit ansehen müssen, wie die Gesellschaft zerfällt, mit zunehmender Gewalt, Alkoholismus, Drogenmißbrauch, Depressionen oder anderen Ausdrucksformen der Verzweiflung -, wenn sie von dem unmittelbaren Potential für einen Durchbruch in eine neue Ära der Menschheit erfahren, dann würde der Geist der Neuen Seidenstraße sie erfassen und zu einem Leuchtturm der Hoffnung für alle werden.

Das ordnende Prinzip für die heutige, gespaltene Welt kann zur Grundlage einer gemeinsamen Führung der Präsidenten von China, Rußland, Indien und der Vereinigten Staaten werden.


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