Konferenz des Schiller-Instituts, 8.-9. Juli 2023
Am Rande eines neuen Weltkriegs:
Die europäischen Nationen müssen mit dem Globalen Süden kooperieren!
In der Rednerliste finden Sie Links zu den separaten Beiträgen und die Redetranskripte. Die Konferenz wurde hier auf englisch veröffentlicht.
Einen zusammenfassenden Artikel finden Sie hier.
PROGRAMM
SAMSTAG, 8. JULI
10:00-12:30 Uhr – Panel I
Frieden in der Welt durch eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur für jedes einzelne Land – Die unverzichtbare strategische Autonomie der europäischen Länder.
Musikalische Eröffnung: Werner Hartmann: Adagio cantabile aus Beethovens Klaviersonate c-Moll Pathétique
Harley Schlanger (Moderator): Einleitung
– Helga Zepp-LaRouche, Gründerin und Leiterin des Schiller-Instituts: Eröffnungsrede: Laßt einen Garten von Millionen Gärten blühen
Exzellenzen, sehr verehrte Gäste, liebe Freunde des Schiller Instituts!
Welche eine Freude ist es, Menschen von so vielen Nationen hier in Straßburg persönlich begrüßen zu dürfen, nachdem die Umstände uns für über drei Jahre gezwungen haben, unsere Schiller-Konferenzen nur virtuell abzuhalten! Aber wir haben diese Zeit gut genutzt, indem wir so viele neue Kräfte weltweit zusammengebracht haben, damit wir jetzt in diesem entscheidenden Moment der Weltgeschichte zusammen intervenieren können, um ein neues Paradigma für die Zukunft der Menschheit zu schaffen!
Um es gleich vorauszuschicken: Auch wenn sich unser Kontinent in einer existentiellen Krise befindet, wir werden seinen Untergang nicht zulassen, sondern das Beste, was die europäische Kultur hervorgebracht hat und was jetzt hinter den Sprechblasen einer dekadenten Gegenkultur und der Barbarei des Ewig Gestrigen verschüttet ist, lebendig machen und in die Gestaltung des Neuen Paradigmas mit einbringen!
Wir befinden uns zweifellos im gefährlichsten Moment, dem die menschliche Gattung je ausgesetzt war. Denn wir stehen kurz, extrem kurz davor, uns als Gattung auf diesem Planeten auszulöschen, was die Konsequenz eines globalen Nuklearkrieges sein würde. Und im Gegensatz zur Propaganda der transatlantischen Mainstream-Medien ist die Gefahr nicht eine Konsequenz des „unprovozierten Aggressionskrieg Rußlands“ noch des „immer aggressiver auftretenden imperialen Machtanspruchs Chinas“, sondern des skrupellosen Spiels mit dem atomaren Feuer seitens der transatlantischen Kräfte, die mit allen Mitteln versuchen, die unipolare Dominanz über die Welt auszuüben, zu einem Zeitpunkt, wo sich die Welt längstens in eine multipolare Richtung entwickelt hat.
Während die Mainstream-Medien unisono jeden als „Putin-Versteher“ verunglimpfen, der wagt zu denken, daß die Geschichte nicht erst am 24. Februar 2022 begonnen hat und die NATO und die US-Regierung Organisationen finanzieren, die Menschen auf Listen setzen, die lebensgefährlich sind, haben sich die Nationen des Globalen Südens sehr wohl eine unabhängige Sicht der Dinge errungen. Die trotz gegenteiliger Versprechen sechsfach ausgeführte Ostausweitung der NATO über 1000 km an die Grenzen Rußlands heran ließ sich ebensowenig verheimlichen wie die Anstrengungen des Nord-„Atlantischen“ Verteidigungsbündnisses, sich nunmehr im Indopazifischen Raum als Globale NATO auszubreiten. Vor allem aber mit den immer unverhohleneren und arroganteren Appellen, mit denen die Vertreter der „regel-basierten Ordnung“ verlangen, daß sich die ganze Welt ihren Intrigen und neumodischen Ablaß-Händeln, wie einer Carbon-Steuer oder einem CO2-Emissionshandel, unterwerfen soll, mittels derer sie die Existenz eines hoffnungslos bankrotten neoliberalen Finanzsystem wenigstens noch etwas zu verlängern hoffen, haben sie den Rubikon überschritten.
Wir erleben derzeit einen Epochenwechsel, allerdings nicht von der Art, von der Bundeskanzler Scholz am 24. Februar 2022 sprach, der auf die Militarisierung Europas als Protektorat der USA hinausläuft, sondern wir sehen das Ende der 500 Jahre andauernden Kolonialzeit, die die Staaten des Globalen Südens mit der Hilfe Chinas und der Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI) endgültig abzuschütteln entschlossen sind.
So verlangte Präsident Ramaphosa kürzlich in Paris beim Internationalen Finanz-Gipfel, daß die internationale Gemeinschaft die Finanzierung des Inga-Damm zur Verfügung stellen sollte; Zitat: „Laßt uns das verwirklichen, und dann glauben wir Euch, daß Ihr es ernst meint mit den Versprechungen, die Ihr macht… Schätzungsweise würde der Damm 80 Milliarden kosten und mindestens 42 Gigawatt Elektrizität erzeugen, was einen absolut revolutionären Effekt auf die Energieversorgung des gesamten Kontinent und seine Ökonomie hätte.“
Über 30 Nationen haben einen Mitgliedsantrag bei den BRICS gestellt, zu denen dann die bevölkerungsreichsten Staaten der Welt gehören werden. Der hauptsächlich von den USA und Großbritannien ausgehende Versuch, sich von China „abzukoppeln“ oder zu „de-risken“, wie diese alberne Formulierung inzwischen heißt – von China, mit dem alle diese Staaten inzwischen eng verbunden sind -, kann nur zu einem wirtschaftlichen Selbstmord oder zu einer ebenso selbstmörderischen geopolitischen Blockbildung führen, die ebenso die Saat für einen Weltkrieg in sich trüge.
Angesichts dieser tektonischen Machtverschiebung, wie sie höchstens ein oder zweimal in einem Jahrtausend stattfindet, müssen sich die europäischen Nationen, aber auch Amerika, entscheiden, ob sie mit dieser neu entstehenden Weltordnung produktiv kooperieren wollen, oder ob sie mit der NATO, den USA und Großbritannien auf die totale Konfrontation und den Versuch der Unterdrückung der großen Mehrheit der Menschheit zusteuern wollen.
Mit der Entscheidung zwischen diesen beiden Optionen wird zugleich unsere moralische Überlebensfähigkeit getestet: Sind wir als vernunftbegabte Wesen in der Lage, uns gemeinsam mit den Staaten des Globalen Südens eine Ordnung zu geben, die unser aller Zusammenleben garantiert und wie Leibniz es ausdrücken würde, die Glückseligkeit kommender Generationen ermöglicht? Oder sind wir seelenlose menschliche Maschinengewehre, die nur haßerfüllt auf die Vernichtung des vermeintlichen Gegners gerichtet sind?
Die NATO und die Ukraine
Daß dies keine akademische Frage ist, wird nicht zuletzt in vier Tagen bei dem jährlich stattfindenden NATO-Gipfel in Vilnius deutlich werden, zu dem die ungarische Regierung dankenswerter Weise insistiert hat, daß eine Aufnahme der Ukraine in die NATO außer Frage steht, solange der Krieg andauert, was eigentlich selbstevident sein sollte.
Nun gibt es aber aktuelle Stellungnahmen der beiden führenden, regierungsnahen Berliner Denkfabriken, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), die sich zu möglichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine jenseits einer formalen NATO-Mitgliedschaft äußern. Auch wenn es sich dabei nur um Überlegungen von Denkfabriken und nicht unbedingt die Politik der Berliner Regierung handelt, so verdienen diese Papiere dennoch größte Aufmerksamkeit, denn ihre Autoren sind typisch für die sogenannten „Experten“, die nonstop in den Talkshows zu Worte kommen, um die Sichtweise der Bevölkerung auf diese Weise zu beeinflussen.
Nicht nur in Frankreich macht man sich in der letzten Zeit große Sorge über den anscheinend vollständigen Verlust jeglicher Souveränität Deutschlands (um die es noch nie gut bestellt war), wie er in der fehlenden Reaktion der deutschen Regierung auf die Sabotage der Nord-Stream-Pipelines zum Ausdruck kam.
Nun muß man in Betracht ziehen, daß die SWP, die u.a. die Regierung, den Bundestag, EU, NATO und UN berät, auf die Initiative des Bundesnachrichtendienstes (BND) zurückgeht, der bei seiner Gründung unter der Ägide der amerikanischen Besatzungsmacht 1962 Personal aus dem militärischen Nachrichtendienst Fremde Heere Ost, einer Nazi-Organisation, und der Gehlen-Organisation aufnahm. Die SWP hatte zunächst ihren Sitz in Ebenhausen, einem Nachbarort von Pullach, dem Sitz des BND. Die sehr viel größere DGAP mit 2800 Mitgliedern wurde bereits 1955 in Zusammenarbeit mit und nach dem Vorbild des amerikanischen Council on Foreign Relation und des britischen Royal Institute for International Affairs, dem sogenannten „Chatham House“ gegründet.
In einem SWP -Papier vom 29.6.2023 heißt unter dem Titel „Von Ad-hoc-Unterstützung zu langfristigen Sicherheitsgarantien als NATO-Mitglied“, daß es außer einer vollen Aufnahme in die NATO für die Ukraine zwei Optionen gäbe, die Kiew wirklich Sicherheit gewährten. Die erste sei eine „Demilitarisierung“ Rußlands durch eine Reduzierung der Streitkräfte und der Rüstungsindustrie auf ein Maß, das keine „Offensivoperationen“ mehr erlaube. Dies sei nur möglich über „externe Schocks“, eine eindeutige Niederlage der Armee, einen Verzicht der Führung auf ihr „neoimperiales Rollenverständnis“, was einen Regimewechsel erfordere, und die gleichzeitige Denuklearisierung des russischen Militärpotentials.
Die reden vom Dritten Weltkrieg! Rußland ist die größte Nuklearmacht der Welt, es wird sich nicht einfach „denuklearisieren“ lassen. Sie sagen dann, diese Option sei aber „zur Zeit unrealistisch“ – aber alleine, daß man so denkt, ist Wahnsinn.
Die zweite Option bestünde darin, daß die Ukraine selber ein Atomwaffenarsenal aufbaut. Für alle Fälle lieferte die DGAP noch eine weitere Option, die unter dem Stichwort „Igel“ zirkuliert, als Sinnbild für eine so massive Aufrüstung der Ukraine, als Super-Waffenschmiede sozusagen, die alle künftigen Angriffe abschrecken solle. Dazu gehört auch die vom Vorsitzenden des britischen Verteidigungsausschusses, Tobias Ellwood, vorgeschlagene Variante, die die Unterstützung durch eine Koalition der Willigen und eine schlagfertige Einsatztruppe, eine „Joint European Defense Initiative“ (JEDI) vorsieht.
Der deutsche Rheinmetall-Konzern hat schon angekündigt, in der Ukraine eine moderne Panzerfabrik und andere Waffenschmieden zu bauen. Derweil finanzierten die amerikanischen Rüstungsfirmen Grumman, Raytheon und Lockheed Martin Sektempfänge in der ukrainischen Botschaft in Washington, nicht zuletzt wohl um das MoU zu feiern, das der größte Finanzdienstleister der Welt, BlackRock, der eine Vermögensmasse von 10 Billionen Dollar verwaltet, mit der ukrainischen Regierung an Land gezogen hatte, für den gesamten Wiederaufbau der Ukraine.
JEDI soll also nur überbrücken helfen, langfristig sei ein NATO-Beitritt unverzichtbar. Ziel sei es, die Ukraine unwiderruflich in den euro-atlantischen Strukturen zu verankern. Vorrangig sei deshalb, den eigenen Bevölkerungen „Sinn, Zweck und Ziele“ eines ukrainischen Nato-Beitritts proaktiv zu vermitteln und gegen Einrichtungen vorzugehen, die sich als zivilgesellschaftlich ausgeben – Organisationen wie das Schiller-Institut -, aber de facto „vom russischen Staat kontrolliert sind“. Sind wir nicht, für’s Protokoll!
Was für ein Alptraum! Die weitgehend zerstörte Ukraine soll in ein waffenstarrendes Land verwandelt werden, einen „Igel“, der an einen permanenten Goldesel für den Militärisch-Industriellen Komplex auf beiden Seiten des Atlantiks erinnert. Die Ukraine soll zu einem „eingefrorenen“ Konflikt werden, der jederzeit aktiviert werden kann, als permanente Überschreitung der roten Linien Rußlands, das in der Zwischenzeit „ruiniert“ werden soll (Baerbock) oder dauerhaft geschwächt (Austin, RUSI, Stoltenberg etc.).
Keinen einzigen Gedanken an ein Ende des Krieges durch Diplomatie, keine Friedensverhandlungen, keine positive Vision für die ukrainische Bevölkerung, und schon gar nicht eine Friedensordnung für die Welt als Ganze! Welch‘ ein häßlicher, destruktiver Geist präsentiert sich hier, keine menschliche Regung beeinflußt das Denken, kalt wie ein Roboter, der von einem wurmstichigen Algorithmus gelenkt wird!
Dazu paßt, daß die amerikanische Regierung gerade beschlossen hat, Streubomben in der Ukraine einzusetzen, was selbst Frau Baerbock dazu veranlaßte, die USA zu kritisieren – immerhin.
Arroganz macht blind für die Realität
Aber die Arroganz, daß man ja zum Lager der „Guten“ gehört und deshalb ungestraft die furchtbarsten Dinge vorschlagen kann, macht eben auch blind. Die Realität ist ja keineswegs, daß die russische Wirtschaft kollabiert, ganz im Gegenteil. Das Wirtschaftswachstum betrug im Mai 5,4%, während sich Deutschland offiziell in einer Rezession befindet, und gezwungen durch die Sanktionen mußte Rußland zu seinem eigenen Vorteil viele Produktionszweige im eigenen Land aufbauen und den vom Westen abgeschnittenen Handel nach Asien umlenken, wo ohnehin die Musik der Weltwirtschaft spielt. Der transatlantische Finanzsektor hingegen sitzt auf einer Blase von 2 Billiarden $ ausstehender Derivatkontrakte – das ist eine 2 mit 15 Nullen -, die letztlich eine hoffnungslose Verschuldung des Systems bedeuten. Die Zentralbanken wanken in anscheinender Orientierungslosigkeit zwischen quantitative easing (QE) und quantitative tapering (QT) hin und her.
Den Vogel abgeschossen hat aber Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außenpolitik, der auf einem ganz hohen Roß saß, als er in einer Rede in der Europäisch-Diplomatischen Akademie in Brügge kürzlich meinte, Europa sei ein Garten, der größte Teil der restlichen Welt hingegen ein Dschungel, der in diesen Garten eindringen könne.
Mit dieser Sichtweise werden sich weder die z.T. 5000 Jahre alten Kulturvölker Asiens anfreunden können, die zusammen mit den anderen Staaten des Globalen Südens längst dabei sind, eine Neue Weltwirtschaftsordnung aufzubauen – und wo Herr Borrell inzwischen als Humorist gilt, den man aber nicht unbedingt mehr einladen muß, wie gerade von China -, noch die fast 50 Prozent der deutschen Unternehmen, die aufgrund des Mißmanagements der deutschen Regierung und der nicht mehr bezahlbaren Energiepreise fluchtartig das Land verlassen.
Bei Borrells deplaziertem Gartenvergleich wird man an den 10. Auftritt im Zweiten Akt in Schillers Schauspiel Don Carlos erinnert, als der Marquis von Posa, der sich als Weltbürger versteht und die Befreiung Flanderns vom spanischen Joch im Herzen trägt, König Philipp II gegenüber tritt, dem absoluten Herrscher von Spanien, dem Reich, von damals gesagt wurde, daß in ihm „die Sonne nie untergeht“. Philipp sagt hier ganz ähnlich:
„Sehet in meinem Spanien Euch um. Hier blüht des Bürgers Glück in nie bewölktem Frieden; und diese Ruhe gönn ich den Flamändern.“
Und Posa antwortet:
„Die Ruhe eines Kirchhofs,
Und Sie hoffen…den allgemeinen Frühling aufzuhalten,
der die Gestalt der Welt verjüngt? SIE wollen –
Allein in ganz Europa – sich dem Rade
des Weltverhängnisses, das unaufhaltsam
in vollem Laufe rollt, entgegenwerfen?
Sie werden nicht!..“
Die absolute Mehrheit in Deutschland z.B. hat kein Vertrauen mehr in die Regierung, und laut jüngsten Umfragen sind 79% nicht zufrieden mit der Politik der Regierung. Hier in Frankreich haben wir jüngst gesehen, wie es mit dem sozialen Gefüge im „Garten“ bestellt ist.
Keine Mauer könne hoch genug sein, um den Garten zu schützen, meint Borrell? Nun, wir sehen an den Außengrenzen der EU, wie diese Mauern aussehen. Papst Franziskus bezeichnete die Auffanglager für Flüchtlinge in den Anrainerstaaten Europas treffenderweise als KZs, die von hohen, mit NATO-Draht geschützten Mauern umgeben sind, und deren demonstrierte Schrecklichkeit die Menschen davon abhalten soll, sich in kleinen Booten aufs Mittelmeer zu wagen, das längst zu einem grauenhaften Massengrab geworden ist.
Nein Herr Borrell, dieses Europa ist kein Garten. Es ist ein Kontinent, den fähige Politiker wie Charles de Gaulle und Konrad Adenauer aus dem Trümmerhaufen des Zweiten Weltkrieges in eine bessere Zukunft führen wollten, und den eine durch und durch dekadente politische Kaste, die ihre Friedenspflicht ad acta gelegt hat, heute dabei ist, in eine erneute Katastrophe zu führen, die die Schrecken des Zweiten Weltkriegs bei weitem zu übertreffen droht.
Und wenn weite Teile der Welt außerhalb Europas vielleicht an einen Dschungel erinnern, dann deshalb, weil Europa in den vergangenen Jahrhunderten Afrika nicht entwickelt hat, sondern bekannte Familien in der transatlantischen Welt ihre Vermögen auf dem Sklavenhandel aufgebaut, vom Opium-Handel profitiert haben, oder Profit ziehen aus dem modernen Nachfolger des Kolonialismus, der Casino-Wirtschaft, in der die Regeln bestimmt werden in unserer ach so phantastisch organisierten, regelbasierten Ordnung.
Oder vielleicht sind andere Regionen ein Dschungel, weil die transatlantischen Interventionsarmeen darin gehaust haben, wie die NATO 20 Jahre in Afghanistan, eine Zeit, in der nichts aufgebaut wurde, nur um ein Land in Schutt und Asche zu hinterlassen. Oder wie im Irak, der von einem ins Moderne aufsteigenden Land zurückgebombt wurde in das Steinzeitalter, und bei dem Madeleine Albright den Tod von 500.000 irakischen Kindern einen angemessenen Preis für das Recht fand, das Land weiter zu ruinieren. Man könnte die Liste noch um einiges fortsetzen, warum einige Länder dieser Erde keine Gärten sind, Syrien, Jemen, Libyen, Haiti usw.
Der Globale Süden eröffnet einen Ausweg
Doch es gibt einen Ausweg. Die Nationen des Globalen Südens, deren Existenz von der G7 gerade erst entdeckt wurde, nämlich bei ihrem Gipfeltreffen in Hiroshima, und die die überwältigende Mehrheit der Menschheit repräsentieren, sind längst dabei, die Fesseln des modernen Kolonialismus abzuschütteln und eine neue internationale Währung, neue Entwicklungsbanken und ein neues Kreditsystem zu schaffen. Über 30 Staaten haben Mitgliedschaft bei den BRICS-Plus beantragt, die SCO, AU, ASEAN, EAEU, Mercosur und andere Organisation sind dazu übergegangen, ihren Handel in nationalen Währungen abzuwickeln. 151 Staaten arbeiten mit Chinas Belt & Road-Initiative zusammen, die dieses Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feiert und es in diesem Jahrzehnt geschafft hat, daß der Name „Entwicklungsländer“ auf die Staaten des Globalen Südens wieder zutrifft.
Wir müssen in Europa, ja auch in Amerika den ohnehin zum Scheitern verurteilten Versuch aufgeben, den Aufstieg dieser Länder durch eine Abkopplung oder „De-risking“ einzudämmen, sondern wir müssen Konfrontation, die ohnehin nur dem Militärisch-Industriellen Komplex nützt, durch Kooperation ersetzen. Deutschland, Frankreich, Italien, und alle anderen europäischen Nationen müssen Teil des neuen Paradigmas bei den internationalen Beziehungen werden.
Unser Mittelstand, der jetzt unter dem alten Paradigma bankrott geht, kann nicht nur helfen, den Inga-Damm zu bauen, sondern auch das Transaqua-Projekt zu verwirklichen, das zwölf weitere Staaten in Afrika Elektrizität geben würde. Wir können mit China kooperieren, den ganzen Globalen Süden mit einem Schnellbahnsystem ausstatten, Häfen, Wasserwege bauen, Wüsten durch die großangelegte Entsalzung von Meereswasser begrünen, neue Städte bauen.
Ja, und wo wir schon einmal dabei sind, können wir auch unsere eigene Infrastruktur, die marode ist, erneuern, anstatt die Rüstungsindustrie reich und die Bevölkerung arm zu machen, Schulen reparieren, das Gesundheitssystem wieder funktionsfähig machen. Wir können die internationale Kooperation bei dem Fusionsprojekt ITER zu einem Crash-Programm intensivieren, um die kommerzielle Nutzung der Fusionsenergie schneller zu erreichen, und uns die ganze Umweltverschmutzung und Landschaftszerstörung mit diesen unsäglichen Windrädern sparen. Und wir können die Ukraine als Brücke zwischen Mitteleuropa und Rußland als Teil der Neuen Seidenstraße wieder aufbauen.
Europa und Amerika auf diesen Kurs zu bringen: dazu verpflichten wir uns. Und erinnern wir uns, was Posa weiter zu König Phillipp sagt, und was wir den vielen Borrells heute mit Schiller sagen:
„Geben Sie die unnatürliche Vergöttrung auf,
die uns vernichtet!…
Sie wollen pflanzen für die Ewigkeit,
Und säen Tod? Ein so erzwungnes Werk
Wird seines Schöpfers Geist nicht überdauern…
Geben Sie,
Was Sie uns nahmen wieder! Lassen Sie,
Großmütig, wie der Starke, Menschenglück
Aus Ihrem Füllhorn strömen – Geister reifen
In Ihrem Weltgebäude, Geben Sie,
Was Sie uns nahmen, wieder. Werden Sie,
von Millionen Königen, ein König!
Nun, wir brauchen heute keine Könige mehr, aber in Abwandlung on Posas Worten laßt uns sagen:
Laßt einen Garten von Millionen Gärten blühen!
– H.E.M. Lu Shaye, Botschafter der VR China in Frankreich: „Chinas Rolle für Frieden und Entwicklung“
Chinas Rolle für Frieden und Entwicklung
Von S.E. Botschafter Lu Shaye
Lu Shaye ist Botschafter der Volksrepublik China in Frankreich. Auf der Straßburger Konferenz des Schiller-Instituts sagte am 8. Juli 2023 folgendes (Übersetzung aus dem Französischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)
Frau Präsidentin Helga Zepp-LaRouche, meine Damen und Herren,
zunächst möchte ich dem Schiller-Institut dafür danken, daß es mich nach Straßburg, der „zweiten Hauptstadt Europas“, eingeladen hat, um meine Gedanken zur internationalen Lage mit Ihnen zu teilen.
Gegenwärtig vollziehen sich in einem rasanten Tempo Veränderungen, wie wir sie seit einem Jahrhundert nicht mehr gesehen haben, die unsere Welt, unsere Zeit und unsere Geschichte in nie dagewesener Weise umgestalten. Der anhaltende Konflikt auf dem europäischen Kontinent erregt weltweite Aufmerksamkeit. Mehr als ein Jahr nach Beginn des russisch-ukrainischen Konflikts stellt sich die Frage: Wie wird er ausgehen? Die Antwort auf diese Frage suchen nicht nur die am Konflikt beteiligten Länder und die europäischen Länder, sondern auch friedliebende Menschen auf der ganzen Welt mit großem Interesse.
Je nach den Positionen und Interessen der verschiedenen Parteien gibt es zwei diametral entgegengesetzte Optionen: Die erste besteht darin, die Feindseligkeiten so lange fortzusetzen, bis eine Seite über die andere siegt; die zweite besteht darin, Friedensgespräche zu fördern, um eine für beide Kontrahenten annehmbare Lösung zu finden.
Die Welt ist also in zwei Lager gespalten: das Lager der Kriegsbefürworter, angeführt von den Vereinigten Staaten, die unter dem Deckmantel der Verteidigung der Gerechtigkeit den Krieg verlängern, indem sie ständig Waffen und andere Formen der militärischen Unterstützung an die Ukraine liefern, und die Gruppe der Friedensbefürworter, die sich aktiv an der Pendeldiplomatie zugunsten von Versöhnungs- und Friedensgesprächen beteiligt.
Der russisch-ukrainische Konflikt wirft ein Schlaglicht auf zwei Denkweisen in der heutigen Welt, bei der zwei strategische Optionen gegeneinander stehen: die der Konfrontation und des Konflikts gegenüber der des Dialogs und der Zusammenarbeit beziehungsweise die des Nullsummenspiels gegen die des gegenseitigen Nutzens und der Win-Win-Strategie.
Darüber hinaus ist der Konflikt zwischen Rußland und der Ukraine selbst die katastrophale Folge von Amerikas Fixierung auf die Logik der Blockkonfrontation nach dem Ende des Kalten Krieges, die sich in der fortgesetzten Osterweiterung der NATO widerspiegelt, um Rußlands strategischen Raum einzuschränken und es in die Enge zu treiben.
Und heute versuchen die USA, einen „neuen Kalten Krieg“ gegen China zu führen. An der politischen Front kleben sie anderen Ländern ideologische Etiketten auf, nennen China eine „autoritäre Diktatur“ und versammeln „Werteverbündete“ unter dem Banner der „Verteidigung der Demokratie“, um einen „neuen Kreuzzug“ gegen China zu starten. An der militärischen und sicherheitspolitischen Front sind die USA damit beschäftigt, „kleine Clans“ zu schaffen: von bilateralen Militärbündnissen bis zur trilateralen Partnerschaft (AUKUS), vom vierseitigen Dialog (Quad) bis zur Five-Eyes-Allianz sowie der „indo-pazifischen Version der NATO“.1 Im Bereich von Wirtschaft, Handel und Technologie projizieren die USA ihr eigenes Modell auf China, indem sie davon ausgehen, daß jede Großmacht Hegemonie ausübt, und bauen „kleine Höfe, die von hohen Mauern umgeben sind“, und sie versuchen, Lieferketten zu entkoppeln und zu unterbrechen, um umfassend, sektorübergreifend, intensiv und kontinuierlich gegen Chinas High-Tech-Unternehmen und kritische Industrien wie die Halbleiterindustrie vorzugehen.
Die europäischen Länder werden gezwungen, sich für eine Seite zu entscheiden. In der russisch-ukrainischen Frage, von der Beteiligung an den Sanktionen bis zur aktuellen Entsendung von Kampfjets und der Ausbildung von Piloten, wird Europa von Tag zu Tag stärker in den Konflikt verwickelt, während die Aussichten auf eine Wiederaufnahme des Dialogs mit Rußland und den Wiederaufbau einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur immer geringer werden.
Was die Beziehungen zu China betrifft, so werfen die Vereinigten Staaten China bewußt mit Rußland in einen Topf und spielen mit dem falschen Narrativ „heute die Ukraine, morgen Taiwan“, um antichinesischen Haß in Europa zu schüren und die europäisch-chinesischen Beziehungen zu vergiften.
Vor diesem Hintergrund ist es erwähnenswert, daß einige europäische Länder ein stärkeres Engagement für strategische Autonomie zeigen und sich weigern, sich zwischen China und den USA für eine Seite zu entscheiden. Sie betonen die Notwendigkeit, ihre strategische und wirtschaftliche Souveränität auf der Grundlage ihrer eigenen Interessen zu verteidigen, Kanäle für den Dialog aufrechtzuerhalten und eine Rolle als ausgleichende Kraft zwischen China und den Vereinigten Staaten zu spielen.
Die Entwicklungsländer weigern sich ebenfalls weitgehend, in die logischen Stereotypen und diskursiven Fallen der Blockpolitik und der Konfrontation der Lager zu verfallen. Sie lehnen die blinde Welle der Verurteilung und Sanktionen gegen Rußland ab und verfolgen eine Politik der Freundschaft mit China. Frieden und Zusammenarbeit bleiben das Bestreben der Völker und der allgemeine Trend.
Gleichzeitig sind Verwirrung und Unruhe auf allen Seiten noch lange nicht vorbei. Einige Länder, die eine Eskalation der Konfrontation und einen „eventuellen Krieg“ zwischen China und den USA vorhersehen, setzen geopolitisch auf beide Seiten, und wirtschaftlich errichten sie Handelsschranken und praktizieren Investitionsscreening, Industrieverlagerung und Blockierung kritischer Technologien gegenüber China, wobei sie auf „Abhängigkeitsreduzierung“ und „De-Risking“ bestehen.
Chinas Initiativen
In einer turbulenten Welt bleibt China so klarsichtig und entschlossen wie eh und je. Vor zehn Jahren hat Präsident Xi Jinping auf innovative Weise die Vision einer Zukunftsgemeinschaft der Menschheit und die Gürtel- und Straßeninitiative vorgestellt, und seit 2021 präsentierte er nacheinander die Globale Entwicklungsinitiative, die Globale Sicherheitsinitiative und die Globale Zivilisationsinitiative. Dies sind chinesische Vorschläge zur Lösung globaler Entwicklungsprobleme, zur Bewältigung internationaler Sicherheitsherausforderungen und zur Förderung der gegenseitigen Befruchtung zwischen den Zivilisationen.
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Allein kommt man schneller voran, gemeinsam kommt man weiter.“ Wer die Interessen anderer ignoriert, kommt nicht weit, wer sich nur auf seine eigene Stärke verlassen will, indem er andere ausschaltet, lebt in einer Illusion, und wer nur daran denkt, die Entwicklung anderer zu blockieren, wird seine eigenen Probleme nicht grundlegend lösen können.
Bei der Vorstellung der Globalen Entwicklungsinitiative plädiert China für Solidarität und Zusammenarbeit. Die Initiative, die auf eine rasche Umsetzung der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung abzielt, nennt acht Schlüsselbereiche der Zusammenarbeit, darunter Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Entwicklungsfinanzierung und die digitale Wirtschaft. Sie wird von über hundert Ländern sowie den Vereinten Nationen und anderen internationalen und regionalen Organisationen unterstützt, da sie den umfassenden gemeinsamen Interessen der internationalen Gemeinschaft entspricht.
Dank der gemeinsamen Anstrengungen aller Beteiligten kann die Globale Entwicklungsinitiative sehr gut umgesetzt werden, und es wurden bereits zahlreiche Ergebnisse erzielt, die den verschiedenen Völkern zugute kommen; zum Beispiel Mechanismen wie die „Sonderaktion zur Förderung der Nahrungsmittelproduktion“, die Globale Allianz für die Entwicklung der technischen und beruflichen Bildung, das International Kooperationsnetzwerk von NGOs zur Armutsreduzierung, die China-Afrika-Allianz für Armutsreduzierung, das Zentrum für die Kooperation Chinas und der pazifischen Inselstaaten für Klimaaktion und das Zentrum für die Förderung der globalen Entwicklung. Mehr als hundert konkrete Kooperationsprojekte stehen auf der Projektliste der Initiative, sie kommen fast 40 Entwicklungsländern zugute und bieten mehr als 20.000 Ausbildungsplätze im Rahmen von 1000 Projekten zum Kapazitätsaufbau. China hat den ersten wissenschaftlichen Satelliten der Welt gestartet, der der Agenda 2030 gewidmet ist, teilt seine Daten mit dem Rest der Welt und stellt den Vereinten Nationen mehrere Datenprodukte zur Verfügung.
Im Rahmen der Gürtel- und Straßen-Initiative wurden mehr als 3000 Kooperationsprojekte unterzeichnet, die Investitionen in Höhe von fast 1000 Milliarden US-Dollar generierten, 420.000 Arbeitsplätze schufen und fast 40 Millionen Menschen aus der Armut halfen. Die Fakten beweisen, daß die Welt keine „Entkopplung“ oder „unterbrochene Lieferketten“ braucht, sondern eine offene, integrative Zusammenarbeit, von der alle Seiten profitieren. China ist bereit, die Entwicklungschancen mit Europa und anderen Ländern auf der ganzen Welt weiter zu teilen, um den gemeinsamen Wohlstand zu fördern.
Die chinesische Nation ist seit der Antike dem Primat des Friedens und der Eintracht zwischen allen Staaten verpflichtet und hat keine Gene für Aggression oder Hegemonie im Blut; im Gegenteil, sie hat immer Frieden, Harmonie und Eintracht angestrebt. Angesichts einer sich tiefgreifend verändernden internationalen Landschaft und komplexer sicherheitspolitischer Herausforderungen setzt sich China für ein gemeinsames, integriertes, kooperatives und nachhaltiges Sicherheitskonzept ein und verfolgt einen neuen sicherheitspolitischen Weg, der auf Dialog statt Konfrontation, Partnerschaft statt Allianz und Win-Win-Situation statt Nullsummenspiel basiert.
Im Februar dieses Jahres veröffentlichte China das Konzeptpapier zur Globalen Sicherheitsinitiative, in dem 20 Prioritäten für die Zusammenarbeit aufgelistet sind, darunter die entschlossene Unterstützung der zentralen Rolle der Vereinten Nationen bei der Sicherheitssteuerung, die Förderung von Konsultationen und gesunder Interaktion zwischen den Großmächten, die aktive Förderung der friedlichen Lösung brennender Fragen durch Dialog, die wirksame Bewältigung konventioneller und unkonventioneller Sicherheitsherausforderungen, die kontinuierliche Stärkung des weltweiten Systems der Sicherheitssteuerung und der Kapazitätsentwicklung.
Was die Frage der chinesisch-amerikanischen Beziehungen betrifft, so haben wir weder die Absicht, die Vereinigten Staaten herauszufordern oder zu verdrängen, noch zu neuen Vereinigten Staaten zu werden, noch einen „neuen Kalten Krieg“ der Blockkonfrontation zu führen. Kürzlich betonte der chinesische Präsident Xi Jinping beim Empfang des US-Außenministers Antony Blinken, daß „die ganze Welt stabile chinesisch-amerikanische Beziehungen braucht“, und daß er „zuversichtlich ist, daß die beiden Großmächte alle Schwierigkeiten überwinden können, um den richtigen Weg zu finden, um in gegenseitigem Respekt, friedlicher Koexistenz und Win-Win-Kooperation miteinander auszukommen“, um „die chinesisch-amerikanischen Beziehungen zu stabilisieren und zu verbessern“.
Was die Beziehungen zwischen China und der EU betrifft, so haben China und Europa keinen grundlegenden Interessenkonflikt. Im Gegenteil, wir profitieren beide von der Entwicklung des jeweils anderen, beide befürworten strategische Autonomie und Multilateralismus, und wir haben einen breiten Konsens in globalen Fragen wie dem Kampf gegen den Klimawandel. China und Europa sollten das gegenseitige Vertrauen stärken, Zweifel durch eine fruchtbare Zusammenarbeit ausräumen und Hand in Hand arbeiten, um der Welt Stabilität, Sicherheit und positive Energie zu verleihen.
Was die Ukraine betrifft, so hat China in dem Dokument mit dem Titel Chinas Position zur politischen Lösung der Ukraine-Krise, das im Februar dieses Jahres veröffentlicht wurde, 12 Punkte vorgeschlagen, darunter die Achtung der Souveränität aller Länder, die Ablehnung der Mentalität des Kalten Krieges, die Einstellung der Feindseligkeiten und die Aufnahme von Friedensgesprächen. Diese Vorschläge tragen den Anliegen aller Parteien Rechnung und können den größten gemeinsamen Nenner für Verhandlungen bilden.
China bemüht sich auch konkret um gute Dienste, um Versöhnung und Friedensgespräche zu fördern. Wir sind davon überzeugt, daß es in einem bewaffneten Konflikt keinen Gewinner gibt und daß Dialog und Verhandlungen der einzig gangbare Weg aus der Krise sind. Wir hoffen, daß die EU mit uns zusammenarbeiten wird, um die frühestmögliche Aufnahme von Verhandlungen zwischen Rußland und der Ukraine zu fördern, damit der Frieden auf dem europäischen Kontinent so schnell wie möglich wiederhergestellt werden kann.
Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Das Geheimnis eines guten Gerichts ist, daß man weiß, wie man die Aromen kombiniert.“ Die Schönheit unserer Welt liegt in der gegenseitigen Bereicherung der Zivilisationen. China ist gegen den Schwarz-Weiß-Dualismus und die Unterscheidung zwischen überlegenen und unterlegenen Zivilisationen. Mit der Globalen Zivilisationsinitiative treten wir für die Achtung der Vielfalt der Zivilisationen, die Förderung der gemeinsamen Werte der Menschheit, das Engagement für die Weitergabe und Innovation der Zivilisationen und die Stärkung des interkulturellen Austauschs und der Zusammenarbeit ein. Wir respektieren alle Zivilisationen in ihren Unterschieden und unterstützen ihr Recht auf Entwicklung. Wir sind davon überzeugt, daß die einzelnen Länder ihre eigenen Entwicklungswege und institutionellen Modelle finden können, die an ihre nationalen Bedingungen angepaßt sind, und daß durch menschlichen und kulturellen Austausch und Zusammenarbeit die Strahlkraft aller Zivilisationen eine großartige Symphonie des Glanzes hervorbringen wird.
Meine Damen und Herren! Die Menschheit ist eine Schicksalsgemeinschaft, die gute wie schlechte Zeiten teilt. Mehr denn je sind die Nationen miteinander verbunden und voneinander abhängig, und mehr denn je sind sie aufgerufen, zusammenzuarbeiten, um Herausforderungen zu bewältigen und Fortschritte zu erzielen.
Europa war der Hauptkriegsschauplatz der beiden Weltkriege und ist der Schauplatz des aktuellen Konflikts. Europa sollte daher über eine direktere Erfahrung und ein tieferes Verständnis für die Bedeutung von Frieden und Entwicklung verfügen. Da wir an einem kritischen neuen Scheideweg in der Geschichte stehen, hoffe ich, daß Europas weitsichtige Führer tiefgreifende Überlegungen anstellen, aktiv ihren Teil dazu beitragen und ihre Weisheit und Stärke einbringen werden, um ihre jeweiligen Länder und die gesamte Menschheit zu einer richtigen Entscheidung zu führen.
Anmerkung:
1. AUKUS = Australien, Großbritannien und USA, Quad = USA, Australien, Japan und Indien, Five-Eyes-Allianz = USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland.
– H.E.M. Ilia Subbotin, Gesandter-Botschaftsrat der Botschaft der Russischen Föderation in Frankreich: „Was will Rußland wirklich in seinen Beziehungen zu Europa – Frieden oder Krieg?“
Was Rußland wirklich will in seinen Beziehungen zu Europa – Frieden oder Krieg?
Von S.E. Ilia Subbotin
Ilia Subbotin ist Gesandter-Botschaftsrat an der Botschaft der Russischen Föderation in Frankreich. Vor der Straßburger Konferenz hielt er am 8. Juli den folgenden Vortrag. (Übersetzung aus dem Englischen.)
Sehr geehrte Teilnehmer der heutigen internationalen Konferenz, die vom Schiller-Institut veranstaltet wird, sehr geehrte Frau Zepp-LaRouche, sehr geehrter Herr Cheminade, liebe Freunde:
Ich betone bewußt das Wort Freunde, weil ich wirklich hoffe, daß ich heute vormittag vor Menschen spreche, die mindestens bereit sind, zuzuhören und die keine vorgefertigte Meinung der internationalen Realität haben, wie sie von den westlichen Mainstream-Medien verbreitet wird.
Aus dem, was ich in offen zugänglichen Quellen über das Schiller-Institut und seinen Gründer Lyndon LaRouche finden konnte, schließe ich, daß dieses Publikum kritisch denken und seine eigenen Schlüsse ziehen kann.
Das Thema des heutigen Panels lautet „Frieden in der Welt durch eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur für jedes Land“. Ich werde Ihnen eine Sichtweise vorstellen, die auf der offiziellen Positionierung meines Landes und auf meiner eigenen Erfahrung basiert, die 23 Jahre im diplomatischen Dienst umfaßt.
Ich erinnere mich noch lebhaft an die ersten Kontakte zu US-amerikanischen Oberstufenschülern 1990-91 während der letzten Jahre der Existenz der Sowjetunion. Damals gab es ein Programm namens „Freundschafts-Karawane“, welches jungen Amerikanern den Besuch sowjetischer Schulen ermöglichte, sie wohnten dann mehrere Tage bei russischen Familien. Nach Jahrzehnten des Kalten Krieges war das eine Brise frischen Windes. Wir waren begeistert, neue Freunde zu finden. Die Zukunft erschien strahlend und fantastisch.
Im Juli 1989 besuchte der damalige Staatschef der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, Straßburg und sprach vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (Parliamentary Assembly of the Council of Europe, PACE). In dieser historischen Rede stellte er die Idee vom „Gemeinsamen Haus Europa“ vor und rief dazu auf, „das geopolitische Gleichgewicht durch ein Gleichgewicht der Interessen“ zu ersetzen, um damit den weiten Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok zu schaffen. Hierin sehe ich die Verbindung zu Helgas „Zehn Prinzipien einer zukünftigen Welt“.
Das war der Wendepunkt russischer Außenpolitik. 30 Jahre lang sparte mein Land keine Anstrengung, um einen gemeinsamen humanitären, rechtlichen und wirtschaftlichen Raum zu erschaffen, der Groß-Europa einbeziehen sollte. Rußlands Mitgliedschaft im Europarat ab 1996 bis März 2022 war der sichtbarste Beweis dieses Kurses.
Bevor ich meine Nachzeichnung der europäischen Integration fortsetze, erlauben Sie mir, Ihre Aufmerksamkeit auf einen Umstand zu lenken, der entscheidend für das Verständnis der weiteren Entwicklungen ist. Nach dem gescheiterten Staatsstreich im August 1991 wurde die Sowjetunion im Dezember desselben Jahres friedlich aufgelöst.
Lassen Sie mich die beiden unterschiedlichen Versionen dessen hervorheben, was damals passierte: Die amerikanische Führung (namentlich Präsident Bush Senior) begann bereits im Wahlkampf 1992 vom „Sieg“ im Kalten Krieg und den Kollaps der Sowjetunion wegen dieses „Sieges“ zu sprechen. Für uns in der ehemaligen Sowjetunion sah die Wahrnehmung der Ereignisse total anders aus. Wir hatten nie den Eindruck, den Kalten Krieg verloren zu haben. Tatsächlich war es unser Präsident gewesen, der ihn beendet hatte.
Die Auflösung der UdSSR wurde zu einer Art „Kollateralschaden“ des gigantischen Wandels russischer Politik. Und glauben Sie mir, als das passierte, verstand so gut wie niemand, was genau passierte. Die meisten Völker in den früheren Sowjetrepubliken, mit Ausnahme der Balten und Georgien, wollten weiter zusammenleben. Und ich kann mich noch sehr gut an das Gefühl während der ersten Monate von 1992 erinnern, daß bald eine Art neue Union dieser Republiken entstehen würde. Die Realität stellte sich allerdings unglücklicherweise anders heraus: eine schwere Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Kriminalität, interethnische Konflikte in einer Reihe post-sowjetischer Republiken.
Trotz all dieser Schwierigkeiten war Rußland weiterhin fest davon überzeugt, ein Teil der westlichen Welt zu werden. 1996 traten wir dem Europäischen Rat mit seinem Gerichtshof für Menschenrechte und vielen anderen Institutionen und Instrumenten bei. 2002 wurde der NATO-Rußland-Rat gegründet. Von 2003 an kamen wir mit der Europäischen Union darin überein, daß vier gemeinsame Räume geschaffen werden sollten, die wirtschaftliche Fragen, Fragen von Freiheit, Sicherheit und Justiz, äußere Sicherheit, sowie schließlich Forschung und Bildung einschließen sollten.
Mittlerweise hatte ich im Jahr 2000 die Abschlußprüfungen an der MGIMO-Universität – der bekannten russischen Diplomaten-Hochschule – absolviert und wurde auf meinen ersten diplomatischen Posten nach Chile berufen.
An dieser Stelle würde ich gerne noch ein weiteres persönliches Erlebnis aus den späten 90ern darstellen. Im Frühjahr 1999 machte ich meinen Master in internationalen Beziehungen in Madrid in Spanien. Ich lebte damals in einer Gemeinschaftsunterkunft mit anderen Studenten, u.a. einem Yankee-Boy, der Stephen hieß. Wir kamen ganz gut miteinander aus – bis die NATO begann, Jugoslawien zu bombardieren.
Das ist für mich ein weiterer Wendepunkt der europäischen Geschichte der letzten 30 Jahre. Rußland wird heute vorgeworfen, es bringe wieder den Krieg nach Europa. Als ob die Aggression gegen Jugoslawien nie stattgefunden hätte! In der Nacht, als russische Fallschirmjäger die Kontrolle über den Flughafen von Pristina übernahmen, kam es zu Handgreiflichkeiten mit meinem amerikanischen Zimmernachbarn. Er fing an und rief dabei etwas über „russische Schweine“. Die USA waren vielleicht erfolgreich in Jugoslawien, aber nicht in dem Madrider Wohnheim…
In Hinsicht auf die Beziehungen zwischen dem Westen und Rußland ist die Kosovo-Krise bekannt durch die Umkehr des Flugzeugs von Ministerpräsident Primakow über dem Atlantik (am 24. März 1999) und der damit beginnenden Wende der russischen Außenpolitik. Allerdings brauchte mein Land, wie wir heute wissen, weitere 20 Jahre dazu, um diese Wende zu vollenden. Der frühere Ministerpräsident und Außenminister Primakow war ein wahrer Verfechter des Konzepts einer multipolaren Welt. In seinen aktiven Jahren in der Politik setzte er sich für ein multipolares System ein, das nun vor unseren Augen zur Realität wird.
2007 wurde ich zum ersten Mal nach Straßburg versetzt, zur ständigen Vertretung Rußlands beim Europäischen Rat (ER). Seitdem habe ich in unterschiedlichen Funktionen mit der ER-Akte zu tun. Am 10. Februar 2007 hielt Präsident Putin seine historische Münchner Rede. Er sprach über die Unteilbarkeit der Sicherheit, über das Scheitern der unipolaren Welt (vielleicht war das seinerzeit zu früh, aber vom heutigen Standpunkt betrachtet war dies die richtige Schlußfolgerung), über die exzessive Gewaltanwendung seitens der USA und der NATO…
Im Rückblick auf die Ereignisse Ende der 80er Jahre betonte Präsident Putin: „Der Fall der Berliner Mauer wurde möglich durch die historische Wahl des russischen Volkes, sich für Demokratie, Freiheit, Offenheit und ehrliche Partnerschaft mit allen Mitgliedern der europäischen Familie zu entscheiden.“ Und natürlich setzte er sich für ein ausgewogeneres System der Sicherheit ein (Punkt 1 von Helgas Prinzipien – internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur als Partnerschaft zwischen souveränen Nationalstaaten).
Wurde mein Präsident in München gehört? Nach den Ereignissen zu schließen, die darauf folgten, sicherlich nicht. Im August 2008 ließ der georgische Staatsführer Saakaschwili Zivilisten und russische Blauhelmsoldaten in Zchinwali (Südossetien) angreifen. Zusammen mit meinen Kollegen verbrachte ich lange Stunden mit Diskussionen im Minister-Komitee damit, das Offensichtliche zu beweisen – daß die Attacke von der georgischen Seite kam. Eine internationale Untersuchungskommission unter Vorsitz der Schweizer Botschafterin Heidi Tagliavini kam zu derselben Schlußfolgerung. Allerdings konnte keine dieser Schlußfolgerungen verhindern, daß ein bewaffneter Konflikt zwischen der russischen Armee und US-amerikanisch trainierten und ausgestatteten georgischen Kampfverbänden stattfand. Glücklicherweise dauerte der Krieg nur ein paar Tage an und wurde, wie wir heute sehen können, zu einem ziemlich guten Impfstoff für die georgische Gesellschaft und Führung gegen jeden zukünftigen Versuch, einen bewaffneten Konflikt mit Rußland zu beginnen.
2009 feierten wir das 60. Jubiläum des Europäischen Rates. Ex-Präsident Gorbatschow wurde eingeladen, zu diesem feierlichen Anlaß die Hauptrede zu halten. Bei dieser Gelegenheit hatte ich das Glück, drei Tage mit dem Mann zu verbringen, der die Geschichte verändert hat. Er wird in meinem Land oft als zu pro-europäisch eingeschätzt, aber erlauben Sie mir, einige Schlüssel-Botschaften seiner Rede von 2009 zu zitieren: „Europa hat die Schlüsselfrage immer noch nicht beantwortet, nämlich die Schaffung einer soliden Basis für den Frieden durch eine neue Sicherheitsarchitektur.“ Das sagte Präsident Gorbatschow, nicht Putin, 2009… Ein weiteres Zitat: „Die Wurzeln der tatsächlichen Probleme liegen in der falschen Einschätzung der Ereignisse im Zusammenhang mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch der Sowjetunion.“
Entschuldigen Sie bitte den langen Ausflug in die Zeitgeschichte, aber ich bin fest davon überzeugt, daß wir die heutige Realität nur dann verstehen können, wenn wir einen klaren Blick darauf werfen, was gestern passiert ist.
2012-15 arbeitete ich als abgeordneter politischer Berater des Brüsseler Büros des Europäischen Rates. Das war eine einzigartige Gelegenheit, die „Brüsseler Blase“ kennenzulernen. Darüber hinaus war es eine Periode, in der die Grundzüge der gegenwärtigen Ukrainekrise geschaffen wurden.
Sie werden sich vielleicht daran erinnern, daß die EU und die Ukraine damals über ein Assoziierungsabkommen mit einer Freihandelszone verhandelten, welches mit der bereits bestehenden Freihandelszone zwischen Rußland und der Ukraine in Widerspruch geraten würde. Mein enger Kollege und Freund war unter den Top-Unterhändlern auf unserer Seite der EU-Rußland-Gespräche, um einen Weg aus der Sackgasse herauszufinden. Seiner Aussage nach gab es auf der EU-Seite keine Bereitschaft, in diesen Gesprächen zu einer für beide Seiten vorteilhaften Übereinstimmung zu kommen. Als Präsident Janukowitsch es ablehnte, das Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen, wurde dies dazu benutzt, den Maidan-Putsch zu entfachen, der zu dem Bürgerkrieg in der Ukraine führte. Und wiederum wurden wir Zeuge des Unwillens der westlichen Führungen, das Minsker Abkommen umzusetzen, das die offenen Feindseligkeiten zwischen 2015 und 2022 stoppte.
Inzwischen haben wir alle die Geständnisse von Herrn Hollande und Frau Merkel gehört, daß sie keinerlei Absicht hatten, das Minsk-Paket umzusetzen, und das einzige Ziel dieses Deals darin bestand, der Ukraine mehr Zeit zu geben, sich wieder zu bewaffnen und die Rebellen-Regionen mit Gewalt zu erobern.
Was war die Absicht der russischen Führung? Für mich ist die Antwort darauf ziemlich klar. Mein Präsident, unterstützt von der politischen Klasse, wollte einen ernstgemeinten Friedensvertrag, natürlich unter angemessenen Bedingungen, deren Schlüssel die Anerkennung von Rußlands maßgeblicher Rolle bei der Bereitstellung von Sicherheit in Europa darstellt. Die Jungs in Washington sahen offenbar keine derartige Rolle für mein Land vor. Zu einem großen Teil erklärt dies, warum wir uns immer noch im offenen Konflikt befinden.
Lassen Sie mich auf 2017 zurückkommen. Ich übernahm den Posten des Vizedirektors im Außenministerium Rußlands, verantwortlich für den Bereich Europäischer Rat. Am meisten Kopfschmerzen bereitete mir die institutionelle Krise. Die russische Delegation im PACE war ihrer wichtigsten Rechte beraubt, weshalb meine Vorgesetzten entschieden, die Zahlung unseres Beitrags zum Budget des Europäischen Rates zu stoppen, bis diese Rechte vollumfänglich wiederhergestellt werden. Im Sommer 2019 waren wir in enger Zusammenarbeit mit dem Generalsekretär Jagland und dem vernünftigen Teil der Mitglieder des PACE in der Lage, dieses Problem zu lösen. Die russische Delegation kehrte mit ihren vollen Rechten in die Versammlung zurück. Der russische Beitrag zum ER-Budget wurde vollständig bezahlt. Wäre all dies möglich ohne das ernsthafte Verlangen meines Präsidenten und unserer politischen Klasse, daß Rußland Teil des größeren Europa bleibt? Definitiv nicht! Zudem hatten wir das Glück, in diesem historischen Moment die verantwortliche und unabhängige Führung im ER (Jagland) zu haben.
Was passierte dann? Rußland erkannte, daß die Vereinigten Staaten in der Ukraine das schlimmste Szenario vorbereiteten. Wir unternahmen die letzte Anstrengung – die „diplomatische Offensive“ im Dezember 2021 und Januar 2022. Es kam so, daß ich diese Ereignisse persönlich mit zwei Hauptgesandten Rußlands diskutieren konnte – Vizeminister Rjabkow (er arbeitete mit den USA) und Vizeminister Gruschko (er kümmerte sich um die NATO-Seite). Die parallele Schlußfolgerung beider angesehener Kollegen war: Es gab keine Bereitschaft von Seiten der USA und NATO, irgendeinen Kompromiß mit Rußland zu suchen.
Unter diesen Umständen wurde die Militärische Spezialoperation der gerechte und alternativlose Schritt, um Rußlands Sicherheit zu garantieren und russische Menschen zu schützen, denen das Kiewer Regime ihre Sprache, Religion, Kultur und Werte vorenthalten wollte.
Was war die Reaktion des Westens? Haß und das Mantra, die einzige Lösung sei eine „strategische Niederlage Rußlands auf dem Schlachtfeld“. Und keine Anstrengung wird unterlassen, um dieses Ziel zu erreichen – laut offen zugänglichen Quellen wurden bereits mehr als 150 Mrd. Dollar für die Bewaffnung der Ukraine ausgegeben. Übrigens hat die G20 vor ein paar Jahren beschlossen, 100 Mrd. Dollar zusammenzutragen, um den Entwicklungsländern bei der grünen Wende zu helfen, und diese Zusage wurde nie umgesetzt!
Lassen Sie mich betonen, daß es nicht Rußland war, welches die Beziehungen mit Europa abbrach (dies war auch exakt der Fall bei unserem Rückzug aus dem Europäischen Rat). Der Bruch kam auf Initiative der westlichen Staaten (der zweite Teil des Titels unserer Sitzung – „Die unverzichtbare strategische Autonomie der europäischen Länder“). Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich behaupte, daß derzeit keinerlei derartige Autonomie besteht und daß die europäische politische Klasse beinahe vollständig von den USA kontrolliert wird.
Kann diese Situation verändert werden? Ich hoffe es, und die Tatsache, daß eine Organisation wie das Schiller-Institut existiert, bestärkt diese Hoffnung.
Die multipolare Welt ist am Entstehen. Das ist eine Tatsache, mit der man leben muß. Es gibt neue wirtschaftliche Wachstumszentren – China, Indien, Brasilien, Türkei, die Golfstaaten. Ihre Finanzkraft und ihr politischer Einfluß gehen mit dem wirtschaftlichen Erfolg Hand in Hand einher. Der Anteil der G7 am Welt-BIP ist bereits kleiner als jener der BRICS.
Der Hegemon, der seine Dominanz verliert, reagiert bösartig, durch die Ingangsetzung interner Konflikte und Kriege zwischen Brudernationen, wie denjenigen im ehemaligen Jugoslawien und der Sowjetunion. Wird Washington den Lauf der Geschichte aufhalten? Ich denke nicht. Ich bin mir sicher, daß die meisten Politiker im Westen dies verstehen. Die offene Frage ist: Wann wird Europa – vor allem Deutschland und Frankreich – aufwachen und sich von den Fesseln US-amerikanischer Kontrolle befreien? Sobald und wenn dies geschieht, wird Rußland zu einem für alle Seiten vorteilhaften Dialog unter Gleichen bereit sein, auf der Basis unserer fundamentalen Interessen; wir wollen keine Selbstisolation.
– Mrutyuanjai Mishra, Autor und Journalist, Indien: „Indiens Rolle als Friedensvermittler in diesen kritischen Zeiten“
„Indiens Rolle als Friedensvermittler in diesen kritischen Zeiten“
UT: Kann Indien eine konstruktive Rolle bei der Schaffung von Frieden und der Verringerung der Kluft zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden spielen?
Von Mrutyuanjai Mishra
Mrutyuanjai Mishra ist Autor und Journalist aus Indien. (Übersetzung nach dem englischen Redemanuskript.)
Wir alle haben gelernt, den Begriff „Länder der Ersten Welt“ zu verwenden, der aus dem französischen anthropologischen Denken abgeleitet wurde und auf der Unterteilung der Gesellschaft in drei vorherrschende Schichten beruht, nämlich den Adel, den Klerus und die Bourgeoisie. Indien, das Land, aus dem ich stamme, wurde lange Zeit als „Dritte-Welt-Land“ bezeichnet, weil es während des Kalten Krieges nicht mit den kapitalistischen NATO-Ländern und auch nicht direkt mit dem kommunistischen Sowjetblock verbündet war. Die Länder des Sowjetblocks wurden als Länder der „Zweiten Welt“ bezeichnet.
Seltsamerweise hat Indien erfolgreich mit beiden Blöcken zusammengearbeitet und sich einen unabhängigen Ansatz in seiner Außenpolitik bewahrt. Als kritisches Denken im 21. Jahrhundert entscheidend wurde, wurde der Begriff „Dritte Welt“ obsolet, da es als neokolonialistisch angesehen wurde, von den so genannten rückständigen Ländern zu erwarten, daß sie sich modernisieren und liberalisieren und wie die Länder der „Ersten Welt“ werden, die durch die 31 Mitglieder und bald 32 Mitglieder vertreten werden, wenn Schweden in etwa einem Monat dem NATO-Bündnis beitritt.
Wir müssen uns also an den Begriff „Globaler Süden“ gewöhnen, der für die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt, Indien und China, und die meisten armen Länder der südlichen Hemisphäre steht. Indien und China liegen nicht unbedingt in der südlichen Hemisphäre, aber die meisten der armen Länder der Welt und der Länder mit mittlerem Einkommen in Asien, Lateinamerika und Afrika liegen in der „südlichen Hemisphäre“.
Die Kaufkraft des globalen Südens nimmt zu, und die sogenannten BRICS-Länder machen heute einen erheblichen Teil der Weltwirtschaft aus, während der Anteil der so genannten „Ersten Welt“ an der Weltwirtschaft allmählich abnimmt. Eine neue Weltordnung ist im Entstehen begriffen.
Es gibt Kräfte in der Welt, die einen friedlichen Aufstieg des globalen Südens nicht sehen wollen und dem Planeten ständig einen Kriegszustand aufzwingen wollen, der den armen Süden dazu zwingt, einen größeren Teil seiner Ressourcen in den Verteidigungssektor zu stecken und oft eine destabilisierte Nachbarschaft erleben muß. Auch wenn Indien ein solides Wirtschaftswachstum erlebt, ist es von Ländern umgeben, die in wirtschaftlicher Hinsicht unterdurchschnittlich abschneiden. Beispiele hierfür sind Pakistan und Sri Lanka.
Aber allmählich werden wir sehen, daß der Globale Süden versuchen wird, seinen Einfluß geltend zu machen, und wenn er organisiert und klug ist, wird er in der Lage sein, eine Agenda der politischen Stabilität und der Entwicklung aller seiner Bürger auf der globalen Bühne aufzustellen.
Nehmen wir ein aktuelles Beispiel: Trotz des ständigen Drucks der westlichen Länder leben zwei Drittel der Weltbevölkerung immer noch in Ländern, die neutral sind oder Rußland im Krieg in der Ukraine direkt unterstützen. Sie machen sich mehr Sorgen um Fragen der Armut und der Ernährungssicherheit und wollen den Lebensstandard für ihre Millionen von Bürgern verbessern.
Der von den USA und der Europäischen Union geführte Block, zu dem alle NATO-Länder gehören, repräsentiert etwa 36% der Weltbevölkerung, und sie sind sich in erster Linie einig und konsequent in ihrer militärischen Unterstützung für die Ukraine und haben Wirtschaftssanktionen gegen Rußland beschlossen.
Inzwischen lebt fast ein Drittel der Weltbevölkerung in einem Land, das sich bisher neutral verhalten hat. Angeführt von Indien werden diese blockfreien Staaten – darunter Brasilien, Saudi-Arabien, Südafrika und die Vereinigten Arabischen Emirate – alles daran setzen, sich nicht auf eine Seite zu schlagen und politische und wirtschaftliche Instabilität zu verhindern.
Prognosen zufolge werden bis 2030 drei der vier größten Volkswirtschaften – in der Reihenfolge China, Indien, die Vereinigten Staaten und Indonesien – im Globalen Süden liegen. Schon jetzt übertrifft das BIP der vom Globalen Süden dominierten BRICS-Staaten – Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika – in Bezug auf die Kaufkraft, das der Gruppe der Sieben (G-7) des Globalen Nordens.
Dr. Jaishankar, der indische Minister für auswärtige Angelegenheiten, sagte kürzlich: „Europa muß aus der Denkweise herauswachsen, daß seine Probleme die Probleme der Welt sind, aber die Probleme der Welt nicht die Probleme Europas sind.“
Die deutlichen Worte Jaishankars fielen in eine Zeit, in der die europäischen Länder hartnäckig versuchten, Indien zu einer harten Haltung gegenüber dem russischen Einmarsch in der Ukraine zu bewegen.
Sehen wir uns einige Fakten an. Ein Drittel der Frauen in Indien sind immer noch Analphabeten, und obwohl Millionen von Indern und Chinesen die Armut überwunden haben, kann noch viel getan werden, um den Lebensstandard von Millionen anderer Menschen sowohl in Indien als auch in China und im übrigen globalen Süden zu verbessern. Daher brauchen wir eine neue Vision von einer Welt ohne Kriege und einer Welt, in der Kooperation anstelle von Wettbewerb zu einer tragenden Säule der sozialen Interaktion wird.
Wer weiß, wenn es die ständige NATO-Erweiterung und die Einkreisung Rußlands nicht gegeben hätte, hätten wir wahrscheinlich auch Frieden in Europa gehabt. Anstatt immer mehr Länder in ein privilegiertes Militärbündnis einzubinden, könnten wir ein Bündnis für wirtschaftliche Stabilität und friedliches Wachstum schaffen. Diese Agenda braucht jetzt weltweite Aufmerksamkeit.
– Michele Geraci, Ehemaliger Unterstaatssekretär, Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung – Republik Italien; Ritter der Republik Italien; Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Nottingham, Ningbo; Honorarprofessor an der Universität Peking, School of Economics; außerordentlicher Professor für Finanzen an der New York University, Shanghai; En-ROADS-Klimabotschafter – Climate Interactive/MIT, Italien
Lieber Gürtel und Straße als eine Straße der Panzer
Von Michele Geraci
Michele Geraci, ehemaliger Staatssekretär im italienischen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Professor für praktische Wirtschaftspolitik an der Nottingham University in Ningbo, Ehrenprofessor an der School of Economics der Beijing University, außerordentlicher Professor für Finanzen der New York University in Shanghai sowie En-ROADS-Klimabotschafter von Climate Interactive/MIT in Italien, hielt in der Straßburger Konferenz des Schiller-Instituts am 8. Juli den folgenden Vortrag (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften von der Redaktion hinzugefügt.)
Hallo, ich bin sehr froh, hier zu sein. Ich möchte mich bei Helga für die sehr freundliche Einladung bedanken. Ich freue mich, hier bei netten Freunden zu sein.
Ich möchte Ihnen einen kleinen Überblick über die Geschehnisse rund um die Gürtel- und Straßen-Initiative (Belt and Road Initiative, BRI) geben und Ihnen hoffentlich einen etwas anderen Blickwinkel darauf geben, warum Italien der BRI beigetreten ist, zu der Kritik, die wir erhalten haben, und warum ich denke, daß die BRI meiner Meinung nach tatsächlich ein Weg ist, um der Welt Frieden zu bringen.
Ich bin einerseits Professor an verschiedenen Universitäten. Ich habe das Glück, in China in Shanghai für eine amerikanische Universität, die New York University, und in einer anderen Universität, Ningbo, für eine britische Universität zu arbeiten, wenn ich in China bin. Ich hatte auch das Glück und die Ehre, mit Präsident Modi, Präsident Xi und mit Präsident Putin, Lawrow und anderen zusammenzukommen. Ich bin also halb Politiker und halb Wirtschaftswissenschaftler.
Ich komme jetzt zu den praktischen Dingen. Ich möchte das Bild von mir und Präsident Xi zeigen (Abb. 1). Das war bei der Unterzeichnung des BRI-Memorandums durch Italien im März 2019 in Rom.
Um eine Vorstellung davon zu vermitteln, wie wichtig die Beziehungen zwischen Italien und China sind und wie wichtig die Unterzeichnung dieser Absichtserklärung ist, erzähle ich Ihnen, was mit meinen Freunden in Rom und in der italienischen Regierung passiert. Ich sage es sehr diplomatisch: Nicht jeder versteht die Bedeutung von Gürtel und Straße. Sie verstehen, was ich meine.
Als Zeichen der Freundschaft kam Xi Jinping auch in meine Heimatstadt Palermo auf Sizilien. Wir verbrachten also einen Tag in Rom und einen Tag in Palermo als Touristen, zusammen mit der First Lady.
Während des Treffens sagte er höflich, dies sei eine sehr schöne Stadt, er hoffe, daß viele chinesische Touristen nach Sizilien kommen werden, es sei ein schöner Ort, er mag den Strand, seine Frau mag die Oper, wir gingen ins Theater und so weiter.
Kurz danach, einige Wochen später, unterzeichneten wir eine Vereinbarung mit einem der größten Reisebüros in China, Ctrip, mit der Idee, die Zahl der Flüge zwischen Italien und China zu erhöhen. Mein Traum war ein Direktflug von Wenzhou nach Palermo, denn 90% der Chinesen, die in Italien leben, kommen aus dieser Stadt in China. Und im Gegenzug Touristen, die nach China reisen.
Die Bedeutung dieses Ereignisses liegt in einer Wirtschaft in China, wo der Staat sehr präsent ist und die Aktivitäten der Unternehmen lenkt. Als Präsident Xi sagte, dies sei ein schöner Ort und er hoffe, daß viele chinesische Touristen kommen werden, erhielt ich sofort einen Anruf von Ctrip, damit sie uns sagten, was wir wissen müssen und tun müssen, um mehr Chinesen nach Italien und Sizilien zu bringen. „Laßt uns mit den Fluggesellschaften, mit den Hotels usw. reden.“ Es gab also sofort eine Kaskade positiver Impulse, und darüber hinaus wurde das Image Italiens in den Köpfen der chinesischen Verbraucher sofort auf ein höheres Niveau gehoben.
Heftige Kritik
Nach der Unterzeichnung der Absichtserklärung zur BRI wurden wir jedoch heftig kritisiert, und das ist auch in Ordnung so, denn es ist unsere Aufgabe, zu analysieren und dann Entscheidungen zu treffen, nachdem wir die Analyse durchgeführt haben – und nicht vorher, wie es jetzt in der EU geschieht.
Eine der ersten Kritiken war: „Oh, ihr seid das erste G7-Land in der EU, das die Absichtserklärung unterzeichnet, und das ist schlecht!“
Darauf habe ich geantwortet, daß wir nicht das erste G20-Land sind, das diese Vereinbarung unterzeichnet, nicht einmal das einzige NATO-Mitglied, das der Vereinbarung beigetreten ist, und nicht das einzige EU-Land, das der Vereinbarung beigetreten ist.
Ich erzähle Ihnen das, weil das Ganze etwas seltsam ist: Es gibt 13 oder 14 Länder, die an der BRI beteiligt sind und in der NATO wie auch in der EU und natürlich in der G20 sind. Aber worauf bezogen sich die Kritiker? Sie bezogen sich darauf, daß Italien das einzige solche Land in der G7 ist, die neben der G20, der EU und der NATO meiner Meinung nach die Organisation mit der geringsten Bedeutung ist – weil sie keinen rechtlichen Rahmen hat, weniger wichtig als die G20, die integrativ ist, weniger wichtig als die NATO, die Kriege führt, oder die EU, die Politik macht.
Die Behauptung, man dürfe nicht mit den Vereinigten Staaten verbündet sein oder mit der EU zusammenhängen oder man müsse unsere westlichen Werte opfern, um an der BRI teilzunehmen, halte ich für völligen Unsinn. Denn sie wird durch die Tatsache widerlegt, daß es weitere 13 Länder gibt, die sowohl in der NATO sind und verbündet sind, aber auch an der BRI teilnehmen.
Die andere Kritik war, Italien würde in die Schuldenfalle tappen. Ich habe 30 Jahre lang Finanz- und Wirtschaftswissenschaften studiert, und von daher weiß ich – das ist eine Analyse, die wir zuvor durchgeführt haben -, daß Schuldenfallen nicht in den G7-Ländern auftreten, den „Zwei-Billionen-Dollar-Volkswirtschaften“. Eine Schuldenfalle kann in Ländern wie Sri Lanka oder Malaysia auftreten, wo das Niveau der Kreditvergabe und das Niveau der Auslandsverschuldung im Verhältnis zum BIP gegenüber einem einzelnen Kreditgeber – das kann China sein, der IWF oder die Weltbank – hoch ist.
Aber im Falle Italiens, auch ein G7-Land, mit einer Wirtschaftsleistung von zwei Billionen Dollar, sind wir selbst dann, wenn China 10, 20, 30, 50 Milliarden investiert hätte, weit davon entfernt, auch nur in annähernd an die Schwelle einer Schuldenfalle zu kommen.
Die Kritiker haben also Probleme, die andere Länder hatten, aus Gründen, die mit der Art und Weise zusammenhängen, wie dort intern gewirtschaftet wurde, wie z.B. Sri Lanka, aufgegriffen und diese Probleme auf größere Volkswirtschaften übertragen. Das ist ein logischer Fehler.
Aber das ist das Narrativ, an das man sich gewöhnen muß. Denn die Argumente sehen anfangs vernünftig aus, aber dann werden sie extrapoliert und werden unlogisch, so wie bei der Schuldenfalle.
Einer der Kritikpunkte an der EU war auch, Italien würde alle seine Häfen an China verkaufen. Das ist erstens rechtlich gar nicht möglich, denn in Italien kann man Häfen nicht verkaufen, sie sind keine Aktiengesellschaften, anders als z.B. Piräus in Griechenland oder ein Terminal im Hamburger Hafen, das tatsächlich zu 25% an COSCO verkauft wurde.
Es ist also rechtlich unmöglich. Und zudem vergessen die Kritiker, daß China Investitionen in Griechenland hat, in Ägypten, Israel, Frankreich – Le Havre, Marseille –, Spanien – Bilbao, Valencia –, in Marokko, in Belgien Zeebrugge, in Holland Rotterdam, in Hamburg, im Vereinigten Königreich und auf Malta, im Grunde überall.
Warum sollte Italien das einzige Land sein, das den Strom von Containern nicht zu seinen eigenen Häfen im Mittelmeer leiten kann? Denn seien wir ehrlich, die europäischen Häfen konkurrieren untereinander. Eine Ladung, ein Container, der aus China oder einem anderen asiatischen Land kommt und den Suezkanal passiert, hat zwei einfache Möglichkeiten: Entweder er landet in einem Mittelmeerhafen, z.B. in Griechenland oder Italien, südlichen Häfen, die dem Suezkanal am nächsten liegen. Oder sie fahren weiter an Gibraltar vorbei in die Nordsee.
Insofern verstehe ich vollkommen, warum die deutsche, die französische und die niederländische Regierung gegen uns waren. Denn sie wußten, ein Container mehr im Hafen von Triest oder Genua bedeutet einen Container weniger in Rotterdam. Es ist ein Nullsummenspiel, man kann zwar kooperieren, um den Gesamtwert zu erhöhen, aber kurzfristig, im partiellen Gleichgewicht, ist es ein Nullsummenspiel, und wir konkurrieren miteinander, genau wie beim Exportwettbewerb. Eine Flasche französischer Wein mehr, die nach China geht, bedeutet eine Flasche italienischen Wein weniger, die nach China exportiert wird.
Warum Italien der BRI beigetreten ist
Ich habe Ihnen von der NATO und den anderen Ländern erzählt. Nun aber zu dem Grund, warum wir uns so entschieden haben: Der besteht darin, daß wir im speziellen Fall Italiens eine große, aber sehr zersplitterte Wirtschaft sind, die aus sehr kleinen Unternehmen besteht, aus vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) mit vielleicht 5, 6, 9, 10 oder 15 Mitarbeitern. Es gab etwa vier Millionen davon, zumindest vor COVID, jetzt immer noch mehr als 3 Millionen.
Diese KMU sind also nicht Siemens, Airbus, BASF, VW, Air France, Carrefour. Sie brauchen die Hilfe der Regierung, sie brauchen einen Schutzschirm, der sie über das Risiko informiert, in den chinesischen Markt einzutreten, der in der Tat sehr schwierig und komplex ist, weil sich die Zugangsregeln ständig ändern, und weil es nicht einfach ist, mit den großen, staatlichen chinesischen Unternehmen zu konkurrieren, und weil es ein kulturelles und Sprachproblem gibt.
Deshalb haben wir und ich persönlich Italien in die BRI hineingeführt, um meinen Unternehmen solchen Schutz zu bieten. Ich weiß, daß es riskant ist, in China Geschäfte zu machen, ich weiß, daß die Leute Angst haben, ich weiß, daß es viele Erfolgsgeschichten, aber auch viele Mißerfolge gibt. Und meine Pflicht als Regierungsmitglied war es, das Geschäftsrisiko zu senken und die Möglichkeit zu erhöhen, Geld zu verdienen.
Eine weitere Kritik war irgendwie lustig, bitte lachen Sie nicht: „Wenn Italien die Vereinbarung unterzeichnet, bedeutet das, daß die italienische Regierung kommunistisch wird!“ Nun, das ist natürlich nicht so. Das Memorandum besagt nicht, daß die italienische Regierung kommunistisch werden soll. So oder so, die Menschen können ihre Ansichten haben. Aber im Wortlaut dieses Abkommens, das wir ausgehandelt haben – ich habe viel persönlich mit meinem Kollegen in China verhandelt –, finden sich Formulierungen, die unseren „europäischen“ Werten sehr nahe kommen: Klimaschutz, Arbeitsschutz usw. So haben wir China gewissermaßen auf den „westlichen“ Stil gebracht, indem wir erfolgreich mit China verhandelt und uns auf diese Begriffe geeinigt haben.
Italiens BRI-Vereinbarung als Modell
In meinem Traumszenario war diese Absichtserklärung zur Gürtel-und-Straßen-Initiative, die Italien unterzeichnet hat, nicht der letzte Schritt, sondern der erste Schritt einer umfassenden Strategie, die ich im Sinn hatte, um sicherzustellen, daß Italien nur das erste G7-Land sein würde. Es gibt weitere 15 europäische BRI-Länder, aber ich wollte diese Absichtserklärung auch allen anderen Partnern zur Verfügung stellen – Deutschland, Frankreich –, damit auch sie von den Bemühungen und den mühsamen Verhandlungen profitieren konnten, die ich geführt habe, um sicherzustellen, daß China diese Dinge in die Absichtserklärung einbringt und sie auch auf EU-Ebene umsetzen kann.
Ich bin sogar nach Washington gereist und sagte dem US-Kollegen im Handelsministerium halb im Scherz und halb im Ernst – man weiß ja nie, ob man Glück hat: „Ihr solltet auch der BRI beitreten – schließlich gibt es ein Abkommen der ersten Phase, und wenn ihr eine zweite Phase wollt, dann könnt ihr das im Rahmen der BRI tun. In Asien und Afrika ist genug Platz für alle.“
Ich hatte nicht das Glück, daß die gesamte EU die Absichtserklärung unterzeichnet hat, aber zwei wichtige Länder haben sich Italien angeschlossen: die Schweiz und Luxemburg. Unterschiedliche Länder, unterschiedliche Volkswirtschaften, aber es hat politisch geholfen, daß ein Gründungsmitglied der EU, Luxemburg, und eine „offene liberale Demokratie“ wie die Schweiz die Absichtserklärung unterzeichnet haben. Das bot uns etwas politische Unterstützung.
Vor vier Jahren wußten wir noch nicht, daß die Migrationskrise von Afrika nach Europa ein Problem ist, bei dem es nicht nur um hunderttausend Migranten geht, die jetzt in Italien ankommen. Es geht auch nicht darum, wie wir diese Migranten unter Deutschland, Frankreich und den anderen Ländern aufteilen. Das Migrationsproblem besteht darin, daß sich z.B. die Bevölkerung Nigerias bis zum Ende des Jahrhunderts auf 400 Millionen verdoppeln wird, und die ganz Afrikas auf fast 3,8 Milliarden, so daß die einzige Lösung für uns Ökonomen darin besteht, Afrika wirtschaftliche und soziale Stabilität zu verschaffen.
Man muß es nicht mögen, mit wem man Geschäfte macht. Wir wissen, daß China, wie jedes Land, seine eigenen Interessen hat. China ist nicht der Weihnachtsmann, genausowenig wie Italien oder Amerika. Sie engagieren sich nicht in Afrika, um selbstlos zu helfen, sondern weil sie verstanden haben, daß man eine doppelte Grundlage braucht, wenn man einem Land dabei hilft, sich wirtschaftlich zu entwickeln: Einerseits tut man es aus ethischen Gründen, aber man muß auch Geld verdienen, sonst geht der ethische Aspekt sehr schnell verloren. Und das ist der Grund, warum China so klug ist, in Afrika zu investieren, mit einem Gesamtvolumen von 425 Milliarden Dollar an ausländischen Direktinvestitionen in Afrika.
Ich versuche jetzt, meiner Ministerpräsidentin Georgia Meloni und anderen in der Regierung zu erklären: „Georgia, wenn Sie die Migrationskrise wirklich lösen wollen, müssen Sie weiter mit China in Afrika zusammenarbeiten.“ Ich denke, es ist eine Kombination von Dingen, schließlich ist nichts perfekt auf der Welt. Aber ich stelle mir vor, wie Italien und vielleicht – hier komme ich auf meinen Traum zurück – mehr europäische Länder wie Frankreich und Deutschland mit China kooperieren. China bringt Geld mit, Fachwissen im Bauwesen, in der Infrastruktur und sogar bei der Migration vom Land in die Stadt. Chinas wirtschaftlicher Erfolg beruht auf drei Säulen: Migration, Infrastruktur und Verkehr für die Entwicklung. Wir unsererseits bringen ein wenig das Image des „Guten“ in Afrika mit, wir gleichen es aus, und ich denke, das könnte für beide Seiten ein erfolgreiches Spiel sein.
Ein praktisches Beispiel
Ich schließe mit einem praktischen Beispiel, denn ich bin kein Wirtschaftswissenschaftler bloß auf dem Papier, sondern versuche, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen: Ich möchte Ihnen eine Reise zeigen, die ich letzte Woche zu einem realen BRI-Projekt unternommen habe. Es ging mit dem Zug von Shanghai zur Grenze zwischen China und Laos, dann zur Grenze zwischen Laos und Thailand und dann von der Grenze hinunter nach Bangkok. Ich habe also mit eigenen Augen gesehen, welche Vorteile die Entwicklung der Infrastruktur von Gürtel und Straße tatsächlich mit sich bringt.
Mit der Bahn von Shanghai nach Bangkok und zurück
Nach der Eröffnung der neuen, mit chinesischer Hilfe gebauten Eisenbahnstrecke durch Laos fuhr Michele Geraci die 3500 km lange Strecke mit der Bahn von Shanghai nach Bangkok. Seine mit dem Smartphone aufgenommenen Videos ermöglichen einen Vergleich der unterschiedlichen Standards.(Geraci zeigte dann ein kurzes Video, einen Vergleich zwischen dem thailändischen Zug ohne Klimaanlage und mit alten Sitzen von Bangkok bis zur Grenze zwischen Thailand und Laos und dem neuen, hochmodernen und komfortablen Belt-and-Road-Zug mit Klimaanlage und Computer-Ladevorrichtungen sowie sehr großen, modernen, sauberen und sicheren Bahnhöfen, siehe nebenstehenden Kasten.)
Von Shanghai bis zur Grenze mit Laos bei Kunming sind es 2400 km. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt dort 240 km/h, es sind etwa neun Stunden.
Wenn man in Thailand von der laotischen Grenze nach Bangkok fährt, fühlt man sich 50 Jahre zurückversetzt. Der Zug fährt 50 km/h, für 500 km braucht er zehn Stunden, es gibt keine Klimaanlage, es ist heiß.
Und dazwischen gibt es diese Magie: Da ist Laos, ein landeingeschlossenes Land, das sonst von der Entwicklung vergessen würde, dessen Pro-Kopf-BIP in der Größenordnung zwischen ein paar hundert und tausend Dollar pro Kopf liegt. Jetzt gibt es diesen Zug, der von China nach Thailand fährt und dabei Laos durchquert. Die Geschwindigkeit ist dort nicht so hoch wie die in China, nicht bis zu 300 km/h, sondern etwa die Hälfte, 150 km/h, durchschnittlich 120 km/h. Das ist die Hälfte dessen, was China bereits erreicht hat, aber das Doppelte dessen, was Thailand heute erreicht.
Und ich habe gesehen, daß der Ausbau der Infrastruktur jetzt Touristen aus China nach Laos bringt, mich eingeschlossen, mehr Entwicklung in der lokalen Wirtschaft, mehr Exporte, weil der Zug auch für den Transport von Waren nach China genutzt werden kann.
Das ist es, was ich zu tun versuche: eine Analyse aus theoretischer Sicht durchzuführen, um Fragen zu beantworten, anstatt das den Akademikern und der Regierung zu überlassen, damit wir den politischen Entscheidungsträgern Zahlen auf den Tisch legen können. Sie verstehen sonst nicht, was vor sich geht.
Ich möchte Helga (Zepp-LaRouche) und andere hier einladen, einige Exkursionen zu organisieren, an denen alle Interessierten, Unternehmen und Regierungen in Europa, teilnehmen können. Denn wir können zwar all diese Analysen auf dem Papier machen und sagen, daß die BRI gut ist. Aber glauben Sie mir, wenn man dorthin geht, sieht man selbst, wie die Menschen glücklich sind, es verändert völlig die Gesellschaft und die Art, wie die Menschen leben. Es ist nicht nur die „Hardware“, die Infrastruktur, sondern auch die „Software“: Das Denken ändert sich, der Lebensstandard und die Art, wie die Menschen ihre Aktivitäten ausführen, ändert sich. Das kann man nur verstehen, wenn man es selbst erlebt.
Das ist eine Initiative, die ich ins Leben gerufen habe: Reisen, die von europäischen Regierungen, Medien, Denkfabriken, Universitäten, allen Schichten unserer Gesellschaften organisiert werden, um in diese BRI-Länder zu reisen, um zu sehen, was dort wirklich passiert.
Und hier ende ich mit einem Slogan – erlauben Sie mir das, schließlich bin ich auch Politiker: Lieber Gürtel und Straße als eine Straße der Panzer. Und in diesen Zeiten von Krieg und Zerstörung brauchen wir wirklich Frieden, und ich wünsche unserem russischen Freund, daß er sich unserer Gemeinschaft in einer friedlichen Welt wieder anschließt.
– Dr. Hans-Joachim Lemke, Oberst (a.D.), Redakteur Kompass, Zeitschrift des Verbandes zur Pflege der Traditionen der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR: „Friedensgedanken aus der Sicht eines Ostdeutschen“
Friedensgedanken aus der Sicht eines Ostdeutschen
Von Oberst a.D. Dr. Hans-Joachim Lemke
Dr. Lemke ist Redakteur von Kompass, der Zeitschrift des Verbandes zur Pflege der Traditionen der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR.
Sehr geehrte Teilnehmer dieser in der heutigen Zeit so nötigen Beratung.
Ausgangspunkt meiner Gedanken zu diesem Thema sind die Grundthesen der Konferenz des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden mit den Grundaussagen: Frieden mit Rußland – Dialog statt Waffen – Friedensinitiativen nur überparteilich erfolgreich.
Wir erleben in diesen Tagen das Ende der „regelbasierte Ordnung“, einer „Werte basierenden Außenpolitik“, „regelbasierten unipolaren Weltordnung“, bei der Vertreter des Westens, insbesondere der NATO-Staaten, dem „Rest der Welt“ vorschreiben wollen, wie sie zu leben, sich zu organisieren haben, wer ihr Freund sein darf und wer natürlich ihr Feind ist.
Begleitet wird diese Politik von Wirtschafts-, Finanz- und Medienkriegen, rechtswidrigen Sanktionen und Falschinformationen, dem Verhängen von Maulkörben für jeden, der anderes äußern will. Die Medien sind im vorauseilenden Gehorsam gegenüber dieser Politik „beispielgebend“.
Wie viele andere in Ostdeutschland hatte ich die Möglichkeit, in Rußland mit meiner Familie zu leben, dort zu studieren und zu promovieren. Acht Jahre waren eine lange Zeit, zumal wenn man nicht isoliert in einer Blase wohnt, sondern mitten in einem Moskauer Wohngebiet, um die Menschen, ihr Denken und ihre Gefühle kennenzulernen und zu begreifen, was sie bewegt.
Durch das Leben in der DDR geprägt, lehnt auch heute die Mehrheit der ostdeutschen Bevölkerung Waffenlieferungen in die Ukraine ab und fordert diplomatische Lösungen. Der Ministerpräsident Sachsens, Michael Kretschmer, ist einer der wenigen Politiker in Deutschland, der lautstark eine veränderte Politik gegenüber Rußland verlangt und als Lösung des Konfliktes und als ersten Schritt dabei das „Einfrieren des Konfliktes“ fordert.
Diese Haltung wird auch von vielen Militärangehörigen der ehemaligen DDR geteilt. So sind führende Generäle und Offiziere der DDR-Armee bereits 2015 im Zusammenhang mit dem 70. Jahrestag der Zerschlagung des Faschismus mit dem „Aufruf Soldaten für den Frieden“ an die Öffentlichkeit getreten. Erst neulich haben erneut zwei Generäle der ehemaligen NVA, Manfred Grätz und Sebald Daum, mit einem offenen Brief zu ihrer Überzeugung von der Notwendigkeit, den Frieden zu sichern und dabei keine einseitigen Verurteilungen Rußlands zuzulassen, für Aufsehen gesorgt.
Wie könnte eine neue Sicherheitspolitik unter diesem Aspekt aussehen?
Viele Konzepte liegen dazu auf dem Tisch, ein Ringen um Lösungsansätze hat eingesetzt, das gar nicht nötig wäre, wäre die Vereinbarung zwischen der Ukraine und Rußland vom März/April 2022 umgesetzt und nicht durch das Eingreifen von Boris Johnson, dem damaligen Premierminister Großbritanniens, im Auftrag der NATO-Führung verhindert worden.
Aus meiner Sicht sind folgende Ansätze besonders vielversprechend, die bereits neben anderen Punkten am 22. November 2022 von Helga Zepp-LaRouche dargelegt wurden:
1. Partnerschaft souveräner Nationalstaaten,
2. Umgestaltung des Finanzsystems,
3. Beendigung des Blocksystems in der Weltpolitik und Militärpolitik, wenn wir politische, wirtschaftliche und militärische Aspekte gebündelt sehen.
Der Konflikt in und um die Ukraine erweist sich aus meiner Sicht dabei immer mehr als Katalysator eines Prozesses der Abkehr der früher spöttisch „Dritte Welt“ genannten Staaten und Nationen vom Diktat der westlichen Industrieländer und ihren militärischen, finanziellen und politischen Armen – wie Weltbank, Weltwährungsfonds, NATO, EU, etc.
Der Versuch, Rußland von der Weltbühne zu verdrängen oder es zumindestens handlungsunfähig zu machen, um Potential für die Auseinandersetzung mit dem neuen Feind – China – frei zu machen, wird uns wahrscheinlich noch einige Zeit beschäftigen, weil damit auch der Kessel des US-amerikanischen Wahlkampfes angeheizt wird.
Mit Sorge sehe ich, daß unter der neuen Mannschaft in Berlin die Bundesrepublik Deutschland sich immer mehr als Kriegspartei etabliert. Waffenlieferungen, Geld, militärische Ausbildung sind davon nur ein Teil. Nach der Unterstützung des Überfalls der NATO auf Jugoslawien, der Heraustrennung des Kosovo aus dem Staatsverbund Serbiens, haben die gleichen Politiker den nächsten Schritt der Eskalation getan.
Man kann Rußland und der russischen Führung vieles im Zusammenhang mit den militärischen Aktivitäten in der Ukraine und besonders im Donbaß vorwerfen, aber nicht, daß darüber nicht offen gesprochen wurde. Nach dem Putsch auf dem Maidan, dem offenen Ausbruch der Russophobie der staatlichen ukrainischen Einrichtungen, warnte Rußland mehrmals, daß militärische Aktionen der ukrainischen Streitkräfte gegen die beiden selbsternannten „Volksrepubliken“ bevorstehen würden, und daß man gezwungen sei, zu reagieren. Das Völkerrecht verurteilt einen präventiv geführten Angriffskrieg, das Völkerrecht kennt aber auch einen „präemptiv“ geführten Angriffskrieg, dieser ist den OECD-Beobachtern dann tatsächlich auch gemeldet worden, die sich ja an der Konfliktlinie Ukraine – abtrünnige Landesteile befanden. Dort hatten ja von 2014 bis 2021 14.000 Einwohner des Donbaß ihr Leben durch den Einsatz der ukrainischen Armee verloren und die Ukraine hatte bis zu 300.000 Mann zusammengezogen, um diese „Volksrepubliken“ zu liquidieren. Ein Thema, das in unseren Medien nicht gerade ausgewälzt wurde.
Unter diesem Aspekt der Verhärtung der Positionen der Ukrainer und Rußlands ist es interessant, sich die Vorschläge der Volksrepublik China anzusehen.
Bei allen in ihnen enthaltenen Höflichkeiten des verbalen Ausdrucks lassen die am 24. Februar dieses Jahres publizierten 12 Punkte sich wie folgt zusammenfassen:
1. Keine zweierlei Standards im internationalen Recht anwenden,
2. Beachtung der Sicherheitsinteressen jedes einzelnen Landes,
3. Beendigung der Kampfhandlungen und Rückkehr zum Dialog,
4. Die Weltgemeinschaft soll dazu eine Plattform für Dialoge schaffen,
5. Beendigung der Sanktionspolitik des Westens.
Daß aus chinesischer Sicht dazu auch die Gewährleistung der Sicherheit der Kernwaffen und ihrer Trägermittel gehört, versteht sich von allein.
Positiv ist zu bewerten, daß aus dem Kreis der BRICS-Staaten Initiativen kommen, den Konflikt um die Ukraine diplomatisch lösen zu wollen, auch andere Staaten suchen nach Lösungen, wie die Konferenz in Kopenhagen vor wenigen Tagen zeigte. Vertreter westlicher Staaten, aber auch aus China, Indien, Brasilien und Südafrika, Teilnehmer der BRICS-Vereinbarungen, haben hier auf diplomatische Lösungen, beruhend auf grundlegenden Kompromissen, gedrängt, wie zu hören war.
Dabei wurde deutlich auf die Sicherheitsinteressen Rußlands verwiesen.
Dem vorausgegangen war die Studie „Avoiding a Long War“ der Rand-Corporation, in der die Ukraine dringend aufgefordert wurde, mit Rußland zu verhandeln. Dabei sehen auch die Amerikaner keine andere Möglichkeit einer Friedenslösung, als den russischen Truppen und damit der Russischen Föderation die Territorien zu überlassen, die sie bereits besitzt. Interessant ist für uns ja auch die Tatsache, daß sogar die Biden-Administration von diesen 20% ukrainischen Territoriums als Tribut für einen Frieden sprach, bevor dieser Vorschlag blitzartig wieder aus den Massenmedien verschwand.
Der dort enthaltene Gedanken eines Waffenstillstandes paßt natürlich einigen nicht in den Kram, da er ein „Einfrieren“ des Konfliktes eine Demarkationslinie à la der zwischen Nord- und Südkorea bedeutet und der Frieden damit ein De-facto-Zustand würde, bei dem man nichts verdient.
Auf russischer Seite bedeutet das auf andere Weise, sich von den Gedanken des „Brudervolkes“, des Panslawismus zu trennen und die Realitäten einer veränderten Welt vor ihrer Haustür anzuerkennen. Kritisch und wahrscheinlich nicht verhandelbar scheint mir für die Russische Föderation und ihre Führung die Frage der Bündnisneutralität der Ukraine und ihrer Nichtzugehörigkeit zu NATO zu sein.
Da alle Regimewechsel-Konzepte in Bezug auf Rußland und Präsident Putin nicht aufzugehen scheinen, wird man wohl mit ihm verhandeln müssen, wie die Südafrikaner gerade erst meiner Außenministerin verständlich gemacht haben.
Die unterschiedliche Position der Vertreter des Globalen Südens hängt vor allem davon ab, daß sie diesen Konflikt als etwas betrachten, das durch die Osterweiterung der NATO, die Einmischung des Westens in den Rußland-Ukraine-Konflikt, entstanden ist, ein Problem, das nur diplomatisch und nicht durch immer neue Waffen gelöst werden kann.
Wie könnte eine Lösung aus meiner Sicht aussehen? Ich will drei Punkte benennen:
1. Schaffung einer Waffenstillstandslinie, nach dem Muster der Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea oder vergleichbar mit der Situation an der innerdeutschen Grenze bis zur Wiedervereinigung. Keiner anerkennt diese Grenze völkerrechtlich, alle respektieren sie aber!
2. Die Krim und alle gegenwärtig besetzten Gebiete verbleiben bei der Russischen Föderation, die sich aber von allen Panslawischen Illusionen verabschiedet und den Bestand der Ukraine als Staat garantiert, im Verbund mit anderen Ländern.
3. Die Ukraine bestimmt ihre gesellschaftlichen Strukturen autonom, ohne Druck von außen, wird kein NATO-Mitglied, bleibt aber vor der Gefahr der Zerschlagung zu einer „Restukraine“ bewahrt. Ich denke hier an die Gedankenspiele in polnischen, slowakischen, ungarischen und rumänischen Amtsstuben, unter dem Vorwand des Schutzes ihrer Bürger sich territorial an der Restukraine zu bedienen. Auch das müßte international durch Verträge mit den Anrainerstaaten abgesichert werden.
Sagen Sie bitte nicht: Das geht ja nun gar nicht! Es geht, wie uns die Geschichte belehrt.
Nach 30 Jahren blutigem Krieg aller Mächte – Jeder gegen Jeden – wurde 1648 der Westfälische Frieden besiegelt durch einen diplomatischen Trick. Der Kaiser schloß einen Friedensvertrag mit Frankreich, zugleich einen mit Schweden, beide Dokumente wurden aber als ein gültiger Vertrag von den drei Vertragsparteien dann als ein Dokument unterzeichnet.
Zur Wahrheit gehört aber auch, daß er nur zustande kam unter zwei in der Diplomatie neuen Bedingungen:
1. Verzicht auf die Aufrechnung aller Kriegsverbrechen, die alle beteiligten Seiten begangen hatten, und
2. Anerkennung der Souveränität, der Unabhängigkeit jeden Staates.
Vielleicht sollten unsere Diplomaten und Politiker mal wieder in das Lehrbuch der Geschichte sehen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
– Alain Corvez, Oberst (a.D.), Berater für internationale Angelegenheiten, ehemaliger Berater des französischen Innenministeriums, Frankreich; „Werden die USA nach ihrem militärischen Scheitern gegen Rußland in der Ukraine die atomare Schwelle überschreiten?“
Werden die USA nach ihrem militärischen Scheitern gegen Rußland in der Ukraine die atomare Schwelle überschreiten?
Von Alain Corvez
Oberst a.D. Alain Corvez ist Berater für internationale Angelegenheiten und ehemaliger Berater des französischen Innenministeriums.
Präambel
Mit der Einladung der anderen G7-Länder (Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten) in die Märtyrerstadt Hiroshima vom 19. bis 21. Mai 2023 wollte Japan die Aufmerksamkeit der Welt auf die nukleare Bedrohung lenken, die durch den Krieg in der Ukraine noch verschärft wurde. Diese historische Initiative folgte auf den ehrgeizigen Plan zur nuklearen Abrüstung, den Japan auf der Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags (NVV) im August 2022 vorgestellt hatte. Aber die schließlich von der G7 verabschiedete Erklärung zur Nichtverbreitung von Kernwaffen und zur nuklearen Abrüstung enthält keine neuen Initiativen, sondern bekräftigt lediglich abgedroschene Dogmen.
Allerdings bekräftigt sie die von den fünf NVV-Atomwaffenstaaten im Januar 2022 abgegebene Erklärung, daß „ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf“.
Alles in allem hat der Gipfel ein endloses Kommuniqué hervorgebracht, das die übliche Heuchelei der von den USA angeführten westlichen Mächte illustriert, die zwar Friedenserklärungen abgeben, aber Kriege entfesseln, um Länder zu zerstören, die sich ihren Vorstellungen nicht unterwerfen.
Der Krieg der NATO gegen Rußland in der Ukraine
Heute will dieser Westen auf dem Territorium der unglücklichen Ukraine Rußland zerstören oder demontieren und damit eine enge Zusammenarbeit zwischen Westeuropa und seinem großen europäischen und asiatischen Nachbarn, in der die Amerikaner eine Bedrohung ihrer Vorherrschaft auf dem Kontinent sehen, verhindern. Wie Youssef Hindi in seinem jüngsten Buch erklärt, erreicht die tragische Blindheit der Europäer, die sich weigern, „Amerikas Krieg gegen Europa“ zu sehen, ein unerhörtes Ausmaß an Heuchelei und sogar Absurdität.
Rußland hatte wiederholt darauf hingewiesen, daß es nicht länger mit der ständigen Bedrohung durch strategische US-Atomraketen leben könne, die nur wenige Kilometer von seinen Grenzen entfernt stationiert sind, und daß es Maßnahmen ergreifen werde, um diese Situation zu ändern. In den Jahren 2020 und 2021 vervielfachte Rußland seine Vorschläge an den Westen, diese Bedrohung zu beseitigen, und als es keine Antwort erhielt, schlug es schließlich im Dezember 2021, als seine Geduld am Ende war, den Vereinigten Staaten und der NATO den Entwurf eines strategischen Vertrags vor, in dem sich beide Seiten verpflichten würden, die jeweils andere Seite nicht mit strategischen Atomwaffen zu bedrohen, die in einem Nachbarland installiert sind. (Eine Anspielung auf die Kubakrise von 1962 zwischen Kennedy und Chruschtschow.)
Wieder erhielt Rußland keine Antwort, und es kündigte am 20. Januar 2022 an, daß es technisch-militärische Maßnahmen ergreifen müsse, um die Bedrohung zu beseitigen, über die die NATO nicht zu diskutieren bereit sei.
Das ist es, was Rußland in der Ukraine tut, wo die Vereinigten Staaten und ihre blinden Verbündeten einer mächtigen Atommacht gegenüberstehen, die sich auf diese Konfrontation vorbereitet hat und vor Ort zeigt, daß der Westen nicht siegen kann, selbst auf Kosten der „letzten Ukrainer“, die zu Tausenden auf dem Schlachtfeld dezimiert werden. Die Weigerung der Amerikaner, diese Realität anzuerkennen, ist wirklich unrecht, denn sie führen dort mörderische Operationen durch und sabotieren alle Versuche einer Verhandlungslösung des Konflikts, die von der Türkei, Israel, China und Afrika vorgeschlagen wurden.
Die Eskalation der Waffenlieferungen läßt vermuten, daß die Vereinigten Staaten, die diesen makabren Tanz anführen, damit nicht vor den US-Wahlen 2024 aufhören werden, was uns näher an die nukleare Schwelle bringt, wo sie nur noch aus Angst vor der Zerstörung ihres Landes und des restlichen Planeten aufhören können.
Die tragische Konfrontation findet weit weg vom amerikanischen Kontinent statt, wo sie sich sicher fühlen, und bisher wurden nur ein paar Söldner getötet. Man könnte meinen, daß das Überschreiten der atomaren Schwelle nur den europäischen Kontinent betreffen würde. Aber das ist nicht der Fall. Diese tödliche Waffe führt ebenso wie ihr physischer Prozeß faktisch zu einer Spirale der Zerstörungskraft, die nicht mehr umkehrbar ist.
Es hat eine Reihe von Initiativen gegeben, um den Konflikt zu beenden, indem die Aufnahme von Verhandlungen vorgeschlagen wurde – darunter der Vorschlag von Helga Zepp-LaRouche, den Vatikan als unparteiischen Vermittler zu unterstützen. Die spirituelle Autorität des Papstes in der Welt kann die Nationen der Welt dazu bringen, sich auf einen Ansatz zu einigen, der darauf abzielt, in diesen Konflikt, der global geworden ist, etwas Menschlichkeit zu bringen. Diese Initiative ist ebenso ungehört verhallt wie diejenige Chinas oder jüngst diejenige der Afrikaner, die vom südafrikanischen Präsidenten vorgestellt wurde. Denn die Vereinigten Staaten verfolgen ihren verrückten Traum, die Welt weiterhin zu beherrschen und den Dollar als Weltwährung zu erhalten.
Eine neue Geometrie der Machtbeziehungen
Die Welt organisiert sich jedoch zunehmend, um eine neue Geometrie der Machtbeziehungen aufzubauen, wie eine internationale Konferenz in Teheran am 10. und 11. Mai gezeigt hat, an der Vertreter aus über 40 Ländern teilnahmen. Die multipolare Welt, die sich herausbildet, respektiert die nationale Souveränität der Staaten und kann eine freie Zusammenarbeit zwischen ihnen aufbauen, jenseits jeglicher Blockideologie, was sie nicht daran hindert, Vereinbarungen zu treffen, die auf gegenseitigen Interessen beruhen, wie die
– chinesische Gürtel- und Straßen-Initiative, die 2013 von Präsident Xi Jinping in Kasachstan ins Leben gerufen wurde;
– die BRICS (Brasilien, Rußland, Indien, China, Südafrika), ein Bündnis von Schwellenländern, deren Beitrag zum weltweiten BIP mit 31,5% heute größer ist als jener der G7, 30,7% (seit dem Beginn des Ukraine-Krieges sind 25 neue Länder BRICS-Beitrittskandidaten geworden);
– die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), die auch strategische Aspekte hat;
– und die Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU), um nur die wichtigsten zu nennen.
In diesen Organisationen behalten die Nationen ihre volle Souveränität, im Gegensatz zur Europäischen Union, die zu einer Organisation geworden ist, die von Brüssel aus von nicht gewählten Technokraten gelenkt wird und vom Willen der Bevölkerung abgekoppelt ist.
Der größte Teil der Welt, gemessen an der Fläche, der Bevölkerung und den Energieressourcen, organisiert sich gegen die westliche Führung der Welt.
In dieser tektonischen Bewegung zur Neugestaltung der Welt könnte Europa eine herausragende Rolle spielen, aber es schließt sich selbst aus, indem es sich freiwillig dem Imperium der Vereinigten Staaten unterwirft, wie es der französische Schriftsteller Etienne de La Boétie in seinem „Diskurs über die freiwillige Knechtschaft“ aus dem 16. Jahrhundert beschreibt. Als Wiege einer der größten Zivilisationen der Welt wurde Europa aufgrund seiner christlichen Grundlagen zu einem Leuchtturm der Spiritualität, der philosophischen Aufklärung, der Wissenschaft und der Technologie. Malraux erklärte, daß diese Zivilisation, „die größte, die die Menschheit je gekannt hat, auf christlicher Transzendenz aufgebaut war“, sich nun aber in materialistischer Technologie aufgelöst hat.
Ist eine Wiederbelebung Europas möglich?
Dazu müssen die Nationen ihre Souveränität zurückgewinnen, die der einzige legitime Ausdruck des Willens ihrer Völker ist, das Fundament, auf dem sie im Laufe der Jahrhunderte aufgebaut wurden, angeführt von inspirierten und emblematischen Führern, die sie zum Erfolg geführt haben. Diese souveränen Staaten könnten sich dann organisieren, um mit ihrem riesigen östlichen Nachbarn, der so reich an Ressourcen ist, zusammenzuarbeiten, was ihnen auch eine Öffnung gegenüber Asien und insbesondere China bieten würde.
Aber die geopolitische Logik ist nicht das Vorrecht der Europäischen Union, die von den Vereinigten Staaten künstlich geschaffen wurde, um zunächst ein antisowjetisches und dann ein antirussisches Glacis auf dem Kontinent zu sein, dessen erklärtes Ziel es ist, die Nationen in ein seelenloses technokratisches Ganzes aufzulösen. Sie kann nicht der Akteur dieses Aufschwungs sein, im Gegenteil, sie ist sein eigentliches Hindernis. Der US-Dollar und der Materialismus eroberten die vom Zweiten Weltkrieg verwüsteten Westeuropäer, die in den Vereinigten Staaten den Meister der Weltfreiheit und des wirtschaftlichen Wohlstands sahen, unter dessen Vormundschaft sie sich gerne stellten, und nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Kommunismus übte er auf „die Länder Osteuropas“ die gleiche Faszination aus.
Jetzt hat die falsche amerikanische Kultur mit ihren sozialen Perversionen, die die Familie, das kulturelle Fundament der Gesellschaft, zerstören, den gesamten Kontinent erobert.
Die Bemühungen von Präsident Macron, eine Wende herbeizuführen, wie kürzlich in Beijing, sind zwar lobenswert, aber zum Scheitern verurteilt. Die europäischen Nationen müssen das Wesen ihrer Souveränität wiederentdecken, die sie nicht daran hindert, sich auf Projekte von gemeinsamem Interesse zu einigen – ganz im Gegenteil.
Es liegt im Interesse der europäischen Nationen und speziell Frankreichs, sich mit den großen Nationen der Welt auf der Grundlage gegenseitiger Interessen abzustimmen und zusammenzuarbeiten, angefangen mit Rußland, dessen Energieressourcen für Europa unverzichtbar sind, und mit China, das zur Werkstatt der Welt geworden ist und eine wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit anbietet, die vernünftig abgewogen werden muß. Europa sollte sich den Vereinigten Staaten nicht in dem Krieg anschließen, den die USA gegen China planen, einem Krieg, der nicht der unsere ist und der unseren Interessen schaden würde.
Gerade Frankreich hat wichtige Interessen im indopazifischen Raum, und wir müssen mit China über eine gerechte Verteilung unserer Einflüsse verhandeln und sogar an gemeinsamen Projekten in der Region arbeiten. China ist dazu bereit, aber nicht die EU. Deshalb hat Präsident Xi Jinping Präsident Macron eingeladen und Ursula van der Leyen, deren Anwesenheit er neben dem französischen Präsidenten hatte akzeptieren müssen, mit traditioneller chinesischer Finesse und Delikatesse gezeigt, daß er nicht an der EU interessiert ist.
Dank unserer zahlreichen Hochseeterritorien und der damit verbundenen Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) verfügen wir Franzosen mit über 11 Millionen km2 über das größte maritime Gebiet der Welt, noch vor den Vereinigten Staaten, und wir müssen über eine Marine verfügen, die in der Lage ist, unsere Souveränität über dieses riesige Gebiet durchzusetzen. Wir müssen uns also mit China einigen, um die Grenzen unserer wirtschaftlichen Interessen in den Zonen festzulegen, in denen es legitimerweise von unserer Nachbarschaft betroffen ist. Es hat keinen Sinn, unsere Fregatten ins Chinesische Meer und in die Straße von Taiwan zu schicken, wo wir nichts zu beanspruchen haben, außer China unnötig zu provozieren, um den Vereinigten Staaten zu gefallen, die ihrerseits hinter unserem Rücken verfahren, wie bei Antony Blinkens Äußerungen in Peking. Die brutale Aufkündigung unserer industriellen und strategischen Abkommen mit Australien im Sommer 2021, ohne Absprache, zugunsten eines strategischen AUKUS-Abkommens zwischen dem Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten und Australien, sollte uns vor Augen geführt haben, daß ein souveränes Frankreich solchen „Verbündeten“ nicht das geringste Vertrauen entgegenbringen kann.
Verlassen wir uns nicht darauf, daß die EU unsere Übersee-Interessen verteidigt, die bei den Antipoden bedroht sind.
Schlußfolgerung
Das Zentrum der Welt verlagert sich unaufhaltsam nach Osten, und die aufstrebenden Mächte des Ostens, Afrikas und Lateinamerikas organisieren sich, um ihre internationalen Beziehungen auszubalancieren in einer Welt, in der die Vereinigten Staaten, obwohl sie weiter eine Großmacht sind und zweifellos bleiben werden, nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Vorherrschaft durchzusetzen, sondern die Interessen aller Seiten respektieren müssen. Es ist nun klar, daß die Mehrheit der Weltbevölkerung – ob sichtbar oder im Verborgenen – Rußland in seinem Kampf gegen die NATO unterstützt, und daß Nationen, die unter der gleichen Feindseligkeit leiden wie Rußland, wie insbesondere China, Iran, Syrien und Jemen, die Konsequenzen aus dieser Schwächung ziehen, ebenso wie diejenigen, die die Seiten gewechselt haben, wie Saudi-Arabien und mehrere BRICS-Länder, wobei Indien und die Türkei beide Seiten zu ihrem Vorteil ausspielen, aber mit Rußland freundschaftlich verkehren.
Die Welt strebt nach Frieden, auch wenn die Streitigkeiten zwischen den Nationen nicht verschwinden werden, sondern durch Diplomatie und gegenseitige Achtung der Interessen der Konfliktparteien beigelegt werden müssen. Die brutalen Kriege der Vereinigten Staaten, die bereits viele Länder verwüstet haben und die Welt weiterhin mit ihren 800 Militärstützpunkten bedrohen, müssen aufhören. Der jüngste Konflikt, den sie in der Ukraine gegen Rußland provoziert haben – indem sie es seit 1997 über die NATO-Stationierungen belogen und 2014 mit den falschen Minsker Vereinbarungen erneut belogen haben, mit dem erklärten Ziel, es zu zerstören oder zumindest zu schwächen, auf jeden Fall aber von Westeuropa abzuschneiden -, läßt darauf schließen, daß sie, wenn sie an der militärischen Front nicht gewinnen können, einen Atomkonflikt provozieren wollen, von dem sie fälschlicherweise glauben, daß sie ihn auf den europäischen Kontinent beschränken können. Wie ich bereits sagte, führt der Einsatz von taktischen Atomwaffen automatisch zu einem thermonuklearen Konflikt, der den Planeten zerstören würde.
In einer offiziellen Verlautbarung hatte Putin, der das Risiko dieser Eskalation kennt, als Antwort auf die amerikanischen Erklärungen über den möglichen Ersteinsatz taktischer Atomwaffen gesagt, er wäge diese Bedrohung ab, und auch Rußland könne taktische Atomwaffen einsetzen, über die es in größerer Zahl als der Westen verfüge, er sehe aber keine Notwendigkeit, dies als erster zu tun, und er präzisierte, Atomwaffen seien nur die ultimative Waffe für den Fall, wenn die Existenz des Landes bedroht ist. Westliche Journalisten haben seine Worte, obwohl sie klar waren, absichtlich verzerrt.
Die vernünftige Welt muß sich mobilisieren, um einen Atomkrieg zu verhindern, der automatisch global wäre. Alle Friedensinitiativen sind bisher von den Vereinigten Staaten abgelehnt worden. Ja, die europäischen Länder müssen sich mit Lateinamerika, Afrika und Asien zusammentun, um diesem Konflikt ein Ende zu setzen, indem sie seine Ursachen bekämpfen. Das ist die Zukunft der Welt.
In diesem Zusammenhang scheint die moralische und geistliche Autorität des Papstes, wie von Helga Zepp-LaRouche vorgeschlagen, der beste Vektor zu sein, um diese Friedensbewegung der internationalen Gemeinschaft zu fördern und zu unterstützen.
12:30 Uhr – Mittagspause
14:00-16:00 Uhr – Panel II
Warum es im strategischen Interesse der europäischen Nationen ist, mit dem globalen Süden zusammenzuarbeiten
MODERATOR: Elke Fimmen
– Jacques Cheminade, Präsident Solidarite & Progres: „Der Aufstieg des globalen Südens gegen geopolitische Blöcke“
Der Aufstieg des Globalen Südens gegen geopolitische Blöcke
Von Jacques Cheminade
Jacques Cheminade ist Präsident der Partei Solidarité & Progrès und kandidierte dreimal für das Präsidentenamt in Frankreich. (Übersetzung aus dem Französischen.)
Wir sind hier in Straßburg versammelt angesichts der Gefahr eines Weltenbrandes, der Gefahr, daß „die Menschheit sich eines Tages in einer monströsen Zerstörung selbst vernichten wird“. Heute erleben wir die ersten Anzeichen eines solchen Brandes in Europa und insbesondere in meinem Heimatland Frankreich.
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Razvan Orendovici (Flickr/cc-by-sa 2.0)
Das 1844 geschaffene Straßburger Gutenberg-Denkmal.
(Gutenberg_Denkmal-Strasbourg)
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Gerade in solch tragischen Momenten ist es wichtig, die Hoffnung wiederherzustellen. Deshalb möchte ich Ihnen zunächst die vier Flachreliefs am Sockel der Gutenberg-Statue zeigen (siehe Abbildung), die nur wenige Gehminuten von hier entfernt (in Straßburg) steht. Dieses 1844 geschaffene Werk trägt den Impetus der sozialen Emanzipation für alle Völker der Welt in sich. Sie werden Europa, Asien, Afrika und Amerika sehen, überall werden wir unserem Anteil an der Menschheit gerecht. Sie werden Schiller und Franklin finden, Konfuzius und Râm Mohan Roy, Erasmus von Rotterdam, Mahmud II. und Abbé Grègoire. Râm Mohan Roys politischer und geistiger Erbe war die aus dem indischen Bengalen stammende Familie Tagore, und im 20. Jahrhundert ist Rabîndranâth Tagore der vollendetste Ausdruck dieses Erbes. Xi Jinping zitierte in seiner Rede auf dem 23. Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) am 4. Juli „den großen indischen Dichter Rabîndranâth Tagore: ,Der Ozean der Gefahr, des Zweifels und der Verleugnung, der die kleine Insel der Gewißheit des Menschen umgibt, fordert ihn heraus, das Unbekannte zu wagen. Wir müssen dem Ruf unserer Zeit zum Handeln folgen.‘“
Inmitten des Sturms, hier und jetzt, ist dies der Aufruf, den wir von den Ländern des Globalen Südens und Ostens hören. An dem 23. SOZ-Gipfel nahmen Modi, Xi Jinping und Putin, Vertreter ostasiatischer Länder, Pakistan und das neue SOZ-Mitglied Iran per Videokonferenz teil. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die Sicherheit, die Achtung der nationalen Souveränität und der Wunsch, den Handel schrittweise in nationalen Währungen statt in Dollar abzuwickeln.
Insgesamt waren Vertreter von über 40% der Weltbevölkerung anwesend. Nimmt man die Mitglieder der BRICS+ hinzu, so handelt es sich um mehr als 66% der Weltbevölkerung und, gemessen am Sozialprodukt in Kaufkraftparität, praktisch um den gleichen Prozentsatz in Bezug auf die Produktion von Sachgütern. Offensichtlich sind die westlichen Länder proportional in der Minderheit. Dieses Umkippen der Welt ist kein partielles oder vorübergehendes Phänomen, sondern eine globale Entwicklung.
Es ist eine Frage von Leben und Tod – der Kampf zwischen der malthusianischen, herrschsüchtigen Finanzoligarchie, die unsere westlichen Länder besetzt hält, und denjenigen, die überzeugt sind, daß die menschliche Gattung ein Recht auf Entwicklung hat, das von Lazare Carnot proklamierte Recht, „alle Individuen der menschlichen Gattung zur Würde des Menschen zu erheben“.
Die Länder des Globalen Südens haben klar erkannt, daß das Dumping von Falschgeld durch die Zentralbanken der G7-Staaten zur Anhäufung von fiktivem Kapital in Form von Schulden und Finanztiteln geführt hat, zum Nachteil ihrer Völker und Produzenten. Sie haben verstanden, daß dieser Neoliberalismus, der mit militärischen Mitteln und physischen Drohungen organisiert und geschützt wird, sie in die Falle der ständigen Verschuldung lockt.
Sie haben begriffen, daß der „Liberalismus“ des Washingtoner Konsenses, der ihnen die Freiheit der Finanzfüchse in ihren immer kleineren Ställen auferlegt, nicht mehr gilt, sobald es notwendig ist, öffentliche Gelder abzuzweigen, um die Besitztümer der Finanzoligarchie zu retten oder willkürlich die Vermögenswerte derjenigen einzufrieren, die sich ihr widersetzen.
Sie haben begriffen, daß der ihnen zugefügte Schaden, der Abbau ihrer sozialen Dienste und öffentlichen Sektoren, nicht aus Versehen oder Unachtsamkeit erfolgte, sondern mit dem bewußten Ziel, sie auszubeuten.
Sie haben verstanden, daß sie Opfer einer manipulierten Wirtschaft sind, in der der Dollar militarisiert und als Kriegswaffe auf sie gerichtet ist.
Daher ist es nicht verwunderlich, daß sie besorgt sind, und Wladimir Putin auf dem St. Petersburger Forum, das gerade vom 14. bis 17. Juni stattfand, sagt: „Heute werden rund 90% des Handels innerhalb der Mitgliedsländer der Eurasischen Wirtschaftsunion in Rubel abgewickelt, und 86% des Handels mit China wird in Rubel und Yuan abgewickelt. Das bedeutet, daß das schädliche neokoloniale internationale System nicht mehr existiert.“
Es sollte nicht überraschen, daß ihnen das russisch-chinesische Bündnis, das am 4. Februar 2022 eingeweiht wurde, als positive Option und als Chance erscheint, der transatlantischen Zwangsjacke zu entkommen. Und wenn Xi Jinping von der „gemeinsamen Zukunft der Menschheit“ spricht, sehen sie, daß China, ohne ihnen mehr oder weniger heuchlerische Moralpredigten zu halten, Brücken, Eisenbahnen, Dämme oder Häfen baut, und sehen so, daß den Worten Taten folgen. Selbst wenn das Erreichte unvollkommen ist, ist es für sie besser, etwas zu haben als das „westliche“ Fast-Nichts.
In diesem Sinne wandten sich der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa, der brasilianische Präsident Lula und der chinesische Premier Li Qiang auf dem Gipfel für einen Neuen globalen Finanzpakt, der am 22. Juni 2023 in Paris stattfand, jeweils an Emmanuel Macron und kritisierten die bestehenden Finanzinstitutionen und die Überreste der Bretton-Woods-Ordnung. Lula zerriß seine vorbereitete Rede, verurteilte die „Ungleichheiten“ in der Führung der internationalen Finanzinstitutionen und forderte eine neue Ordnung, die „den Bestrebungen der Welt entspricht“.
Diese Länder des Globalen Südens, so wird uns gesagt, seien nicht vereint und hätten kein gemeinsames Projekt. Zweifellos, aber sie haben eine gemeinsame Ablehnung. Sie haben verstanden, daß die westlichen Regierungen der Entwicklung Chinas mißtrauisch gegenüberstehen, weil sie in geopolitischen Kategorien von Freund und Feind denken und diejenigen fürchten, die ihre Privilegien in Frage stellen. Bei der wachsenden Zahl internationaler Treffen, über die die westlichen Medien so wenig berichten, werden Verbindungen außerhalb des Dollarsystems organisiert, das nicht einmal mehr eine amerikanische Währung ist, sondern das einer Finanzoligarchie, die über eine Marktwirtschaft ohne Markt herrscht. Das Schiller-Institut begrüßt diese Entwicklung als einen grundlegenden Schritt auf dem Weg zum Frieden durch gemeinsame Entwicklung.
Für diejenigen unter Ihnen, die es nicht wissen, weil es von der Art ist, über die westliche Medien nicht berichten, erklärte der russische Wirtschaftswissenschaftler Sergej Glasjew, Integrationsminister der Eurasischen Wirtschaftsunion, der jetzt die Umsetzung der Entdollarisierung organisiert, am 8. September 2022: „Es sind die von Lyndon LaRouche verfochtenen Prinzipien der physischen Ökonomie, die heute das chinesische Wirtschaftswunder untermauern und die Grundlage der indischen Wirtschaftsentwicklungspolitik bilden.“
Für diejenigen, die es nicht wissen: Helga Zepp-LaRouche, Präsidentin und Gründerin des Internationalen Schiller-Instituts, ist Lyndon LaRouches Ehefrau. Das bedeutet, daß der lange Kampf, den wir geführt haben und weiter führen, im Namen von LaRouches Konzept einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik geführt wird: die Erhöhung des Potentials für eine relative wirtschaftliche Dichte, eine begrüßenswerte Politik, die im Prinzip antimalthusianisch ist. LaRouches Konzept, das auf der menschlichen Fähigkeit beruht, neue physikalische Prinzipien zu erkennen, die angewandt werden in Form von Technologien, die mit weniger physischem Aufwand mehr produzieren, geht hinaus über die kurzfristigen Erscheinungen jener „Sinnesorgane, denen die Fähigkeit zu denken fehlt und die sich von äußeren Dingen besessen machen lassen“, wie Mencius, der geistige Erbe des Konfuzius, betont. Er fügt hinzu: „Solange wir beginnen, das Große zu bauen, wird die Kleinheit in uns nicht überwiegen.“
Das setzt natürlich die langfristige Vision voraus, die uns heute in unserer „Welt des Geldes“, der Währung und des unmittelbaren Scheins fehlt. Hören wir auf Tagore in seiner Religion des Menschen, vor oder vielleicht auch nach seinem Dialog mit Einstein: „Von allen Geschöpfen lebt nur der Mensch in einer grenzenlosen Zukunft. Unsere Gegenwart ist nur ein Teil von ihr. Ideen, die noch nicht geboren sind, Gedanken, die noch nicht geformt sind, regen unsere Vorstellungskraft mit einer Beharrlichkeit an, die sie für unsere Intelligenz noch realer macht als die Dinge um uns herum.“
Vor diesem Hintergrund haben sieben afrikanische Länder ihre Delegation von Vermittlern im Ukraine-Konflikt zusammengestellt. „Wir sind nicht als Bittsteller hier, wir werden nicht den einen oder anderen Kriegsteilnehmer um einen Gefallen bitten“, erklärte Cyril Ramaphosa, „wir wollen wichtige Akteure auf der Weltbühne sein.“
Der „Süden“ mischt sich also direkt und unabhängig in die Angelegenheiten des „Nordens“ ein, außerhalb der NATO. Unter der Schirmherrschaft Chinas erneuern Saudi-Arabien und der Iran ihre diplomatischen Beziehungen, am 26. und 27. Juli findet in St. Petersburg ein afrikanisch-russisches Gipfeltreffen statt, Indien verwendet chinesische Yuan und sogar VAE-Dirham, um Öl von Rußland zu kaufen, und selbst [der französische Ölkonzern] Total schließt einen Vertrag zwischen den Emiraten und China ebenfalls in Yuan ab. Emmanuel Macron bemüht sich um eine Einladung zum 15. BRICS-Gipfel, der vom 22. bis 24. August in Johannesburg stattfinden wird, aber das Mitgliedsland Rußland ist der Meinung, daß er dort als „Anhänger der NATO-Linie“ nichts zu suchen hat.
Der Aufstieg des Globalen Südens ist eine Chance für den Frieden
Die Welt verändert sich und wird multilateral. Die führenden Politiker des Westens werden sich dieser Tatsache langsam bewußt. Von ihnen ist kein Schritt in Richtung Frieden in der Welt zu erwarten, denn seine Grundlagen zu akzeptieren, hieße der Vorherrschaft der Oligarchie, der sie dienen, ein Ende zu setzen. Es ist also der Aufstieg des Globalen Südens, der eine Chance für den Frieden außerhalb der Logik der Blöcke bietet.
Wir haben gesehen, wie sich dies entwickelt, und wie notwendig es für uns Europäer ist, diesen Aufstieg zu verfolgen und seine Ursachen zu verstehen. Aber das ist natürlich nicht genug. Wir müssen unsere eigene nationale Souveränität und Unabhängigkeit wiederentdecken, gestärkt durch dieses Beispiel. Dies ist das erste der Zehn Prinzipien, die die Präsidentin des Schiller-Instituts für unsere Überlegungen vorschlägt. Es erfordert nicht nur einen Richtungswechsel in der Politik unserer Länder, sondern auch einen Wandel in uns selbst.
Frankreich, ja sogar die europäischen Länder allein können die Richtung einer Welt nicht ändern, die sich unter Bergen von Falschgeld und immer zerstörerischeren Waffen selbst zerstört. Wir müssen uns auf diesen planetarischen Süden stützen, damit wir nicht länger die Lieblinge einer tragischen Fratze bleiben und eine „Kriegswirtschaft“ uns erst zum Krieg führt – ein Krieg, der die nukleare Schwelle unserer Selbstzerstörung überschreiten wird, wenn wir die Wurzeln, die zu ihm führen, nicht ausrotten.
Das bedeutet, daß wir gemeinsam die neue Architektur des Friedens durch gegenseitige Sicherheit und Entwicklung definieren müssen, die die Länder des Globalen Südens zu Recht fordern. Das ist eine Kraft, ohne die wir angesichts der ineinandergreifenden Produktions- und Wertschöpfungsketten der heutigen westlichen Länder die Richtung nicht ändern können. Diese Stimme sollte mein Land [Frankreich] zusammen mit China, der SCO und den BRICS in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen tragen! Wir haben weniger Ausreden als andere, denn wir sind das einzige Land in Westeuropa, das keine amerikanischen Stützpunkte hat und noch einige Zeit über eine unabhängige militärische und zivile Nuklearindustrie verfügen wird.
Um einen künftigen Krieg zwischen den Blöcken zu vermeiden, selbst wenn wir der gegenwärtigen Bedrohung entgehen, müssen wir die wirtschaftliche, politische und kulturelle Ausrichtung aller Länder der atlantischen Welt ändern: indem wir unseren Völkern begreiflich machen, daß sie in unseren Staaten den gleichen Schaden erleiden wie den, aus dem die Länder des Globalen Südens sich zu befreien versuchen.
Weltbürger, vereinigt euch! Dies setzt jedoch voraus, daß wir uns bemühen, unsere Neugier und unsere Vorstellungskraft anzuregen, um das Unbekannte zu erforschen, ohne die Faszination von Gewalt oder Unterwerfung: die Fähigkeit eines jeden Bürgers, dem kollektiven Interesse Vorrang vor dem persönlichen Interesse einzuräumen, damit die Fortschritte im Weltwissen, die Ausdruck unserer Souveränität sind, zu einer höheren Ebene führen können, auf der das Zusammenfallen von Gegensätzen zur Auflösung der Dissonanzen wird.
Das ist es, was ich dachte, als ich, hin und her gerissen zwischen der französischen und der argentinischen Kultur, in meiner Kindheit auf das [Sternbild] Kreuz des Südens blickte, um ein Jenseits zu finden, das beide umfaßt, ohne eine von beiden zu verraten.
Laßt uns das Unbekannte wagen, damit die Schönheit der Welt nicht zerstört wird!
– Julio Miguel de Vido, ehemaliger Minister für Bundesplanung, öffentliche Investitionen und Dienstleistungen (2003-2015) während der Regierungen von Nestor und Cristina Kirchner, Argentinien: „Planung für Integration, Zusammenarbeit und Wachstum mit den BRICS: Fehltritte und Risiken“
Planung für Integration, Zusammenarbeit und Wachstum mit den BRICS:
Fehler und Risiken
Von Julio Miguel de Vido
Julio de Vido war Bundesminister für Planung, öffentliche Investitionen und Dienstleistungen (2003-2015) in Argentinien in den Regierungen von Nestor und Cristina Kirchner.
Ich möchte meinen Vortrag mit dem Titel „Planung für Integration, Zusammenarbeit und Wachstum mit den BRICS: Fehltritte und Risiken“ beginnen, indem ich zunächst dem Schiller-Institut, Helga Zepp-LaRouche und Dennis Small für die Ehre danke, zu dieser Konferenz eingeladen worden zu sein.
Ich habe mir einige Gedanken gemacht über das Arbeitspapier von Dennis Small und Mary Jane Freeman mit dem Titel „Einige grundlegende Lehren von Lyndon LaRouche für den Übergang zu einem neuen Weltfinanzsystem“.1 Hier ist mein Beitrag zu diesen Überlegungen.
Das Verschwinden des globalen Finanzsystems, wie wir es heute kennen, hängt vom Erfolg der BRICS ab, die als Möglichkeit gedacht sind, eine Plattform für die interkontinentale Integration von Volkswirtschaften zu schaffen, die paradoxerweise als Vorteil große natürliche Ressourcenreserven und eine entscheidende Rolle in der globalen Versorgungskette (Energie, Nahrungsmittel, Wasser und Artenvielfalt) haben; und als Nachteil, daß sie real oder potentiell sehr mächtige Volkswirtschaften zusammenbringen, aber sehr ungleiche. Ein einfacher Blick auf die soziale Landschaft vieler dieser Länder liefert den Beweis für diese Asymmetrien.
Daher bin ich der Ansicht, daß es neben der Agenda, ehrlich zu sein und zum Krieg zwischen der Ukraine und Rußland Stellung zu beziehen, und der Agenda der Vorherrschaft selbst, die die Abhängigkeit vom Weltfinanzsystem (dank Organisationen wie der NATO) aufrechterhält, notwendig ist, diese Plattform für die Integration, die die BRICS darstellen, mit Blick auf und unter Berücksichtigung der souveränen Ansichten dieser Länder aufzubauen und ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit, zu Handelsbeziehungen und Definitionen in außenpolitischen Fragen, die damit einhergehen, zu verbinden.
Wir befinden uns heute in einem „empfindlichen Gleichgewicht“.
Es gibt viele unter uns, die der Notwendigkeit einer neuen Art der Beteiligung an den Institutionen der Global Governance zustimmen, insbesondere unter den Ländern, die eine gemeinsame Geschichte des Kampfes gegen Imperialismus, Kolonialismus, Ausbeutung und Unterentwicklung teilen. Aber es gibt viele Fehltritte und Risiken, wenn die Außenpolitik und die Eingliederungsstrategien in ihrer Charakterisierung nicht klar und unberechenbar sind. Darüber hinaus müssen die Vereinbarungen und Verpflichtungen zur Vertretung des sogenannten „Globalen Südens“ innerhalb der einzelnen Länder – derjenigen, die heute die BRICS bilden, und derjenigen, die wie Argentinien diesem Block beitreten wollen – ausgewogen und fest sein.
Der historische Moment und der Kontext sollten uns heute ermutigen.
Dennis Small schreibt: „Die einzige Möglichkeit, den Konflikt von Argentinien, Brasilien und den BRICS mit dem IWF dauerhaft zu lösen, besteht darin, Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative in der Region aktiv voranzutreiben. „Die Bagger müssen loslegen“ und mit dem Bau des langerwarteten Biozeanischen Eisenbahnkorridors quer durch den Kontinent beginnen, und das auf der Grundlage milliardenschwerer Kreditlinien, die nicht in Dollar ausgestellt sind.“
Ich möchte hier daran erinnern, daß Argentinien, Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Paraguay, Uruguay und Venezuela – damals unter der Führung von Néstor Kirchner, Evo Morales, Lula da Silva, Rafael Correa, Nicanor Duarte Frutos, Tabaré Vázquez und Hugo Chávez – im Jahr 2007 die Gründungsurkunde der Banco del Sur (Bank des Südens) unterzeichnet haben, deren Ziel es ist, die wirtschaftliche und soziale Integration der Mitgliedsländer der UNASUR (Union Südamerikanischer Nationen) zu entwickeln, zu fördern und zu unterstützen.
Die Gründung dieser Bank des Südens war Teil der gemeinsamen Verpflichtung, eine neue regionale Finanzarchitektur zu schaffen. Es war eine Möglichkeit, zu verhindern, daß nationale Ersparnisse in höher entwickelte Volkswirtschaften abfließen, anstatt in regionale Projekte investiert zu werden. In gewisser Weise war es für uns ein erster Schritt, um aus der damaligen Finanz- und Handelsglobalisierung auszusteigen und um Investitionen wiederzubeleben, Asymmetrien zu korrigieren und eine integrierende Infrastruktur zu entwickeln. Kurz gesagt: Das Ziel war es, die Verwundbarkeit unserer Region gegenüber dem Ausland zu mildern.
Leider müssen wir heute feststellen, daß der regionale Block UNASUR gescheitert ist. Der nicht kooperative technisch-administrative Überbau in den ersten Jahren des Bestehens von UNASUR hat mit seinem Zögern die Tür für eine Neuordnung der Kräfte geöffnet, die sich bis 2011 aufgrund der politischen Veränderungen in der Region auf den Integrationsprozeß und natürlich auf das Projekt der Bank auswirkte.
Die Bemühungen und der politische Wille vieler von uns, die über Erfahrungen in der Regierungsverwaltung verfügen, die Hegemonie der USA zu brechen und sich voll und ganz auf den Multilateralismus und eine Veränderung der internationalen Ordnung einzulassen, müssen darauf abzielen:
Erstens: Definieren, was wir unter dem Globalen Süden verstehen. Ich halte es für notwendig, das Thema anzusprechen. Heute kennen wir das Potenzial der G7, deren Anteil an der Weltbevölkerung gering ist (10%) und deren wirtschaftliche Größe 31% des weltweiten BIP beträgt. Wir kennen das Potenzial der BRICS, die einen hohen Bevölkerungsanteil (40% der Weltbevölkerung) und eine wirtschaftliche Größe von 24% (gemessen am Welt-BIP) aufweisen. Die offene Frage ist, wie ihr geopolitisches Gewicht einzuschätzen ist, um gemeinsame Positionen in Bezug auf das Funktionieren der Weltpolitik und der Weltwirtschaft festzulegen, um zu der G7, die heute die Industrieländer umfaßt, durch die BRICS, die sich aus Ländern zusammensetzt, die sich aufgrund der Unterwerfung unter die „Vorschriften“ der multilateralen Kreditinstitute in einer politischen und wirtschaftlichen Krise zu befinden scheinen, ein Gegengewicht zu schaffen.
Zweitens: Dringend die gemeinsamen Schwachstellen der Volkswirtschaften des globalen Südens angehen. Wir haben gesehen, daß die sogenannte Agenda 2030, die die Vereinten Nationen als Teil der Weltordnung auferlegt haben, in diesen Ländern als Fehlschlag gewertet wird. Ich spreche von Armut, Ungleichheit und Klimawandel. Wie in der Agenda dargestellt, wurde die „nachhaltige Entwicklung“ übertrieben. Infolgedessen und um ein Beispiel zu nennen: Der Extraktivismus als grundlegendes Instrument für die Konzentration von Reichtum, der die Entwicklung einschränkt, und auch für den Export natürlicher Ressourcen, der in meinem Land ein Weg ist, Dollar zu erhalten, um die Schulden beim IWF zu bezahlen, sind eindeutig sehr gefährliche Handlungsweisen unter Mißachtung der nachhaltigen Entwicklung (ökologisch und sozial).
Diese Anerkennung der Realität innerhalb der Länder sollte die Plattform sein, von der aus die BRICS auf den globalen wirtschaftlichen Aufschwung hinarbeiten, den wir von dort aus anführen wollen, um diese aufstrebenden Volkswirtschaften auf den Weg der Entwicklung und der Selbstversorgung zu bringen. Zusammen mit der Art von Vorschlägen, die in diesem Forum analysiert werden, wird uns dies die Definition einer Neuen Weltordnung ermöglichen.
Ein solcher Vorschlag lautet – um Small und Freeman zu zitieren, wenn sie die Notwendigkeit einer neuen Währung aufzeigen:
„In der neuen Währung müssen produktive Kredite ausgegeben werden, um große Entwicklungsprojekte in und zwischen den teilnehmenden Ländern zu finanzieren, wobei der Schwerpunkt auf Wissenschaft und fortgeschrittenen Technologien liegen muß, um die physischen Volkswirtschaften schnell anzukurbeln und damit die einzig mögliche solide Grundlage für den Wert und die Stabilität der neuen Währung zu schaffen.“
Vor diesem Hintergrund müssen wir eine neue internationale Ordnung ins Leben rufen, die wirklich inklusiv, gerecht, fair und nachhaltig ist; die es ermöglicht, Reformen in den Bereichen Energie, Verkehr und Infrastruktur zu vereinbaren und zu planen, die größtmöglichen Investitionen der BRICS in die Volkswirtschaften ihrer Partnerländer zu tätigen, um das Wachstum der lokalen Industrie in jedem von ihnen zu ermöglichen, sowie eine echte Verbesserung der Indikatoren der Leitlinien der Agenda 2030 und eine kontinuierliche Verbesserung des Außenhandels und des Marktzugangs.
Kurzfristig muß die BRICS-Plattform den Mitgliedsländern dabei helfen, ihre Schulden bei den multilateralen Kreditinstituten zu begleichen, indem sie das Wachstum jedes einzelnen Landes, die Schaffung echter Arbeitsplätze und die Verbesserung der Lebensbedingungen ihrer Einwohner unterstützt; und langfristig müssen neue Finanzierungsmechanismen außerhalb dieser Institutionen und der Mandate der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten geschaffen werden.
Meines Erachtens ist dies der Weg, um die neue Weltwirtschaftsagenda auf den Weg zu bringen, so daß das Weltfinanzsystem, wie wir es heute kennen, verschwindet und die BRICS ein Gegengewicht in der globalen Geopolitik unter den Bedingungen des Respekts des Westens für den sogenannten „Globalen Süden“ schaffen können.
Ich danke Ihnen.
Anmerkung
1. Siehe „Einige grundlegende Lehren von Lyndon LaRouche für den Übergang zu einem neuen Weltfinanzsystem“, Neue Solidarität 28/2023.
– Dr. Doğu Perinçek, Vorsitzender der Vatan-Partei, Türkiye: „Die entscheidende Bedeutung der
Allianz zwischen der Türkei, Russland, dem Iran und China am Rande des Eintritts in die eurasische Ära „
– Patricia Lalonde, ehemalige Abgeordnete des Europäischen Parlaments, assoziierte Forscherin am Institut Prospective et Sécurité en Europe (IPSE): „Syrien, Grund zur Hoffnung“
Syrien, Grund zur Hoffnung…
Von Patricia Lalonde
Patricia Lalonde ist ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments, Vizepräsidentin von Geopragma und Forscherin am Institut Prospective et Sécurité en Europe (IPSE).
Seit sieben Jahren steht das syrische Volk hinter seinem Präsidenten Baschar el Assad und sieht sich einem Angriffskrieg gegenüber, der von den drei westlichen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats inszeniert und von einer Koalition unterstützt wird, die sich „Freunde Syriens“ nennt (120 Mitglieder im Jahr 2001, ein Dutzend im April 2012).
Es war ein uneingestandenes, aber voll und ganz akzeptiertes Bündnis mit den Islamisten. 400.000 mehr oder weniger gemäßigte Dschihadisten strömten aus allen Ecken herbei, um als „Stellvertreter“ des Westens an diesem „heiligen Krieg“ teilzunehmen… All das natürlich im Namen der „Menschenrechte“ im Gefolge des Arabischen Frühlings, der im Wahn des „Regimewechsels“ Demokratie bringen sollte…
Die syrische Armee hat viereinhalb Jahre lang tapfer durchgehalten, natürlich mit Hilfe ihrer regionalen Verbündeten und der von der syrischen Regierung geforderten Intervention Rußlands, die die Situation umkehrte und im September 2015 den Beginn des Rückzugs dieser islamistischen bewaffneten Banden markierte.
Das Jahr 2018 sollte den politischen und militärischen Sieg von Baschar el Assad markieren.
Diese unglaubliche Niederlage des Westens gegen die syrische Armee hat dazu geführt, daß sich das syrische Volk hinter seinen Präsidenten gestellt hat.
Ich bin gerade von einer Reise nach Damaskus und Umgebung zurückgekehrt, die von der Vereinigung France Syria organisiert wurde und bei der wir mit zivilen und religiösen Behörden, Diplomaten, dem Kulturminister, humanitären Helfern und Journalisten zusammengetroffen sind. Alles, was wir gesehen und gehört haben, erregte bei uns einerseits Empörung über das Leid des syrischen Volkes, andererseits volle Bewunderung für dieses stolze Volk.
Das syrische Volk ist in der Tat unglaublich widerstandsfähig und stolz darauf, Widerstand geleistet und gesiegt zu haben. Die Männer und Frauen, die wir treffen konnten, waren alle von höchster Qualität und Kompetenz und haben offen ihre Meinung gesagt.
Wir waren beeindruckt von ihrer religiösen Toleranz. Denn das syrische Volk hat gelitten: 500.000 Tote, zwei Millionen Verwundete und Krüppel, sechs Millionen Vertriebene, die auf die Straße geworfen wurden. Und natürlich nicht zu vergessen die Opfer des Erdbebens vom Januar dieses Jahres.
Damaskus wurde komplett wieder aufgebaut: die Umayyaden-Moschee, die Kirchen, das Damaskus-Museum – alles wurde neu gestaltet und läßt uns den Terror vergessen, den die von den Islamisten gejagten Christen erlebt haben.
Diese armen Nonnen, die mehrere Monate lang von Daesh (ISIS) entführt worden waren und sich in Maloola trafen, waren Zeugen davon. Die Stadt ist sauber. In den Straßen machen viele Generatoren den Stromausfall wett.
Syrien ist wieder der Herr seines Schicksals.
Italien und Griechenland haben ihre Botschaften wieder eröffnet, und mit Deutschland und Spanien sind Gespräche im Gange. Es ist zu hoffen, daß Frankreich diesem Beispiel folgen wird, denn der Weg nach Damaskus könnte für unsere künftigen Beziehungen zum Nahen Osten unverzichtbar und notwendig werden. Die Wiederaufnahme des Landes in die Arabische Liga, trotz des anfänglichen Widerwillens einiger Länder wie Katar, markiert den Beginn einer neuen Ära für Syrien, ob es dem Westen gefällt oder nicht.
Die Europäische Union, ein schlechter Verlierer, zuckte zusammen, und unsere französische Außenministerin Catherine Colonna wagte es, eine Erklärung abzugeben, in der sie die Entscheidung anprangerte… aber niemand schenkte ihr noch Beachtung. Das historische Abkommen zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Saudi-Arabien unter der Schirmherrschaft Pekings war ein weiterer Schock für den Westen.
Seitdem haben sich die Ereignisse überschlagen: Unmittelbar danach wurde eine chinesische Delegation in Damaskus empfangen, um über den Wiederaufbau zu sprechen; im Oman wurden Geheimverhandlungen zwischen Syrern und Amerikanern aufgenommen, ein Beweis für die Verwirrung der Amerikaner und ihre Angst, im Nahen Osten abgelöst zu werden. Der Abzug der ausländischen und vor allem der amerikanischen Truppen steht zweifellos im Mittelpunkt der Verhandlungen.
Iran, Rußland und die Arabische Liga drängen der Region nun ihre Agenda auf. Auch im benachbarten Libanon überschlagen sich die Ereignisse. Die Hisbollah, mit der man inzwischen rechnen muß, verhandelt mit Saudi-Arabien über die Unterstützung für die Wahl von Sleiman Franjie, einem Kandidaten für die bevorstehenden Wahlen, der sich für eine dringend benötigte Aussöhnung mit dem syrischen Regime einsetzt.
Der französische Präsident war zunächst dafür, aber es scheint, daß er unter Druck geraten ist. Und die Entsendung unseres ehemaligen Außenministers Jean-Yves Le Drian dürfte die Lage auch nicht gerade erleichtern. Aber ohne die Wahl eines neuen Präsidenten im Libanon abzuwarten, versuchen Damaskus und Beirut die Probleme zu lösen.
Der Beweis dafür ist das Treffen zwischen dem für syrische Vertriebene zuständigen Minister und seinem libanesischen Amtskollegen, der für Flüchtlinge zuständig ist, in Damaskus. Sie einigten sich darauf, zu versuchen, die durch syrische Flüchtlinge verursachte schwere Krise in Libanon zu überwinden. Es wurde vereinbart, eine erste Welle von 180.000 Flüchtlingen so schnell wie möglich zurückzuführen.
Die Europäische Union hatte sich unnachgiebig bemüht, die Rückkehr der Syrer in ihr Heimatland zu verhindern, und es vorgezogen, ihnen im Libanon Hilfe zu leisten.
Während die Länder der Arabischen Liga und China beim Wiederaufbau des Landes helfen werden, geht die Europäische Union zögernd vor, um sicherzustellen, daß die humanitäre Hilfe nicht über das syrische Regime läuft, und zieht es vor, ihren „Deal“ mit der islamistischen HTC (Hayat Tahir al Sham) in der Provinz Idlib fortzusetzen.
Der UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Martin Griffith, der (nebenbei bemerkt) auch Sonderbeauftragter für den Jemen war, als der unter einer der schlimmsten humanitären Krisen litt, kämpft bei der UNO dafür, daß diese Hilfe über die Türkei in den Nordwesten Syriens gelangt, ohne über die Behörden in Damaskus zu laufen. Dabei leben die meisten
Syrer in den Regionen, für die diese zuständig ist, und brauchen Hilfe.
„Humanitäre“ Heuchelei!
Die Sanktionen, die seit Beginn des Krieges gegen Syrien verhängt wurden und trotz des Erdbebens fortbestehen, wirken sich auf die syrische Bevölkerung aus. China fordert eine Verstärkung der humanitären Hilfe und die Aufhebung der illegalen Sanktionen gegen Syrien. Wir hatten Gelegenheit, in Damaskus einen jungen Amerikaner zu treffen, der Leiter einer NRO ist, deren Ziel es ist, die Sanktionen zu umgehen und das Geld direkt an die syrischen Behörden weiterzuleiten.
Einige Länder, wie Italien und Griechenland, haben sich nicht an die europäischen Anweisungen gehalten.
Archäologen stehen bereit, um dieses unglaubliche Erbe wieder zum Leben zu erwecken. Palmyra wurde wiederaufgebaut. Eine Delegation australischer Bischöfe besucht derzeit Gotteshäuser und archäologische Stätten in Aleppo.
Es ist zu befürchten, daß die europäischen Länder in ihrer Haltung zu Syrien gespalten sein werden, während gute Beziehungen zu Syrien das Tor zu den Beziehungen zum Nahen Osten und zum Globalen Süden sind.
Von Frankreich hoffen wir, daß es sich plötzlich der Fehler bewußt wird, die es gemacht hat, und der Zeit, die es verschwendet hat. Die syrischen Offiziellen, die wir getroffen haben, waren sich einig: Sie wollen keine Rache für unsere Zurückweisung.
Das syrische Volk will, daß die Tortur ein Ende hat; es will sein Land wieder aufbauen.
Einige europäische Länder sowie Länder der arabischen Welt eröffnen wieder ihre Vertretungen in Damaskus und richten Kooperationsbudgets ein, während Frankreich nur noch einen französischen Vertreter für Syrien hat.
Wir dürfen uns nicht taub und blind stellen, wenn sich im regionalen Umfeld des Landes alles verändert hat.
Die internationale Gemeinschaft hat sich in zwei Gruppen von Feinden gespalten, die sich gegenseitig „ausspähen“ und sich in einer globalen Konfrontation miteinander messen: der Westen, dominant und selbstbewußt, eine sehr kleine Minderheit, und auf der anderen Seite der Rest des Planeten, die große Mehrheit der Völkergemeinschaft, die versucht, ihren rechtmäßigen Platz einzunehmen.
Syrien hat sich einen Platz im Feld der Sieger erobert und wird sich für den Wiederaufbau in erster Linie an sie wenden, aber auch an die reuigen arabischen Länder und einige europäische Länder, die ihre Beziehungen nicht abgebrochen haben: die Tschechische Republik, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Zypern, Italien und Griechenland.
Frankreichs Beziehungen zu Damaskus und zum Nahen Osten könnten uns davor bewahren, im Lager der Arroganz zu verharren, in einer Zeit, in der die Welt mehr denn je Bescheidenheit und Solidarität braucht, um die zahlreichen Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus der weltweiten Armut und den durch den Klimawandel verursachten Umwälzungen ergeben.
Die Zeit läuft ab, und Syrien, das nach dem Ersten Weltkrieg, als das Osmanische Reich zerfiel, unter französischem Mandat stand, ist im Begriff, zum Dreh- und Angelpunkt des Nahen Ostens und der arabischen Welt zu werden. Es wird endlich in der Lage sein, seinen Platz im Herzen der Geschichte einzunehmen. Lassen wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen, uns wieder mit ihr zu verbinden.
– Dora Muanda, Lehrerin, Biologin, wissenschaftliche Leiterin der Kinshasa Science and Technology Week, Demokratische Republik Kongo: „Die Menschheit und Afrika brauchen die Wissenschaft“
Die Menschheit und Afrika brauchen die Wissenschaft
Von Dora Muanda
Dora Muanda ist Lehrerin und Biologin sowie wissenschaftliche Leiterin der Kinshasa Science and Technology Week in der Demokratischen Republik Kongo.
Die Menschheit braucht Afrika, Afrika braucht die Wissenschaft, und ich möchte hinzufügen: die Wissenschaft braucht Frauen.
Nicht, daß es in Afrika keine Wissenschaft gäbe; nicht, daß es keine Frauen in der Wissenschaft gäbe. Aber in beiden Fällen gibt es nicht genug von ihnen, und in beiden Fällen mangelt es an Sichtbarkeit. Der Beweis ist, daß weniger als ein Prozent aller wissenschaftlichen Produktionen und Veröffentlichungen weltweit aus afrikanischen Ländern stammen.
Aber die Gesundheits-, Umwelt- und Klimakrise zeigen deutlich, wie komplex und miteinander verbunden die Herausforderungen sind. Unabhängig davon, wie groß die Herausforderung für die Menschheit ist, brauchen wir alle Perspektiven möglicher Lösungen. Auf die Erfahrung, das Wissen und das Know-how des südlichen Teils des Planeten zu verzichten, ist ein Luxus, den wir uns einfach nicht mehr leisten können, wenn wir nachhaltige Lösungen schaffen wollen, in der sich alle Menschen entwickeln können. Wenn wir die Vision haben, die sich hinter dem Wort „Entwicklung“ verbirgt, müssen wir erkennen, daß Wissenschaft und Technologie nach wie vor ein mächtiger Hebel für den Aufstieg einer Nation sind. Im Jahr 2023 wird sich jede Nation, die ihre Technologien nicht beherrscht, selbst ins Bein schießen.
Was kann man konkret tun, insbesondere, wenn man zu der dreifachen Minderheit gehört, nämlich Afrikanerin, Schwarze und Wissenschaftlerin zu sein?
Mein Name ist Dora Muanda, und ich leite die Wissenschafts- und Technologiewoche in der Demokratischen Republik Kongo. Dies hier (Abb. 1) ist das Logo der Veranstaltung.
Wir haben diese Veranstaltung zusammen mit meiner Kollegin Raissa Malu gegründet, einer der wenigen kongolesischen Physikerinnen. Wir beschlossen, die Wissenschafts- und Technologiewoche der DRK ins Leben zu rufen, weil wir von dort kommen. Wir trafen uns in Belgien, wo ich aufgewachsen bin. Ich wurde im Kongo geboren und kehre für das Wissenschaftsfestival regelmäßig dorthin zurück.
Die Idee wurde aus einer simplen Beobachtung heraus geboren: Wissenschaftsunterricht im Kongo ist auf allen Ebenen immer noch überwiegend vortragsbasiert. Daher mußten wir einen Weg finden, die Schüler zum Hantieren und Experimentieren zu bringen. Hier sind ein paar Bilder, wie wir das in Kinshasa tun (Abb. 2, 3).
Das Ziel der Wissenschaftswoche ist es, eine wissenschaftliche Kultur unter der kongolesischen Jugend zu schaffen und den Abstand zu den Welten der Wissenschaft, der akademischen Welt und der Unternehmen zu überbrücken.
Das Format eines Wissenschaftsfestivals ist ganz praktisch angelegt, weil es nicht nur diejenigen erreicht, die noch zur Schule gehen. Die Lehrer können ihre Schüler mitbringen, und wir versorgen sie mit Materialien. Wir bringen sie dazu, Experimente zu machen, und wir beschäftigen uns nicht nur mit Wissenschaft.
Um ehrlich zu sein. Wissenschaftler werden oft dafür kritisiert, daß sie nicht wissen, wie sie ihre Arbeit vermitteln können. Deshalb bringen wir ihnen einerseits bei, wie man wissenschaftliche Experimente aufbaut, doch dann müssen sie ein wissenschaftliches Poster erstellen und in der Lage sein, ein komplexes Prinzip auf einfache Weise und in kurzer Zeit zu erklären – und das für verschiedene Zielgruppen, denn wir haben Kinder und Jugendliche vom Kindergarten bis zur Universität, die das Wissenschaftsdorf besuchen. Die Schüler, die wir ausbilden, müssen also mehr können als nur an Experimenten zu hantieren, sie müssen auch an ihren „weichen Fähigkeiten“ (Soft Skills) in der Kommunikation arbeiten.
Die Idee dieses Wissenschaftsfestivals ist es, das schulische Lernen und die Qualität des Unterrichts zu stärken. Und zweitens war es für uns wichtig, einen Raum zu schaffen, in dem Wissenschaftler aus ihren Labors herauskommen und über ihre Arbeit sprechen können. Denn solange kongolesische Wissenschaftler, von denen es einige gibt, nicht kommunizieren und veröffentlichen, können wir nicht wissen und verstehen, daß es sie gibt und was sie tun.
Es ist sehr kompliziert, staatliche Fördermittel für Forschung und Innovation zu erhalten, wenn Wissenschaftler keine Räume, keine „Fenster“ haben, um den Bürgern und Politikern zu kommunizieren, was sie tun, und wenn es keine Möglichkeiten gibt, Brücken zur Wirtschaft zu bauen, wird es für die Politik noch schwieriger, stark in diese Bereiche zu investieren.
Es war daher sehr wichtig für uns, einen Raum für Experimente für Schüler und deren Lehrer und gleichzeitig einen Raum für Kommunikation und Information für unsere Wissenschaftler anzubieten.
In den zehn Jahren unserer Tätigkeit haben wir fast 60.000 Besucher empfangen. Diese Zahlen konnten wir erreichen, weil wir mit dem Ministerium für Primar-, Sekundar- und Technische Bildung sowie mit dem kongolesischen Forschungsministerium zusammenarbeiten. Auf diese Weise können sie die Schulen so organisieren, daß sie zu festgelegten Stunden zum Wissenschaftsdorf kommen, sodaß wir den Besucherstrom reibungslos steuern können.
Unser Modell sieht vor, daß wir jedes Jahr eine Gruppe von mindestens 50 Studenten ausbilden, und während der Veranstaltung bilden diese von uns ausgebildeten Studenten ihrerseits die Gastschüler aus. Denn wir glauben an unser Label „Teaching by doing“ (Lehren, indem man es tut). Wir glauben, daß wir mehr bewirken können, wenn die Schüler und Schülerinnen, die mit ihren Lehrern und Lehrerinnen ins Wissenschaftsdorf kommen, selbst sehen, daß es Kinder aus ihrer Generation sind, Schüler und Schülerinnen wie sie, die Wissenschaft betreiben, sie meistern und Spaß daran haben. Das entmystifiziert die Vorstellung, Wissenschaft sei etwas weit Entferntes und Elitäres. Jeder kann Zugang zu ihr haben. Und es hilft dabei, „Vorbilder“ zu schaffen. Man kann nicht werden, was man nicht visualisieren kann. Wenn man ins Internet geht, sieht man, daß die meisten Videos von Wissenschaftlern von Weißen stammen, es gibt mehr weiße Männer, die Wissenschaft erklären, als Frauen. Schwarze Frauen, die auf YouTube Wissenschaft erklären, sind eine Seltenheit. Es ist also wichtig, diese Vorbilder zu schaffen, damit unsere Kinder sehen können, daß die Wissenschaft eine Gemeinschaft ist, zu der sie Zugang haben. Sie können dazugehören, sie haben ein Recht darauf.
Fernsehen und Radio
Apropos Repräsentativität: Während der COVID-Pandemie mußten wir unser Modell überdenken. Wir konnten keine Wissenschaftswoche in Anwesenheit veranstalten, deshalb produzierten wir populärwissenschaftliche Videos, um weiter wissenschaftliche Inhalte zu verbreiten. Also produzierten wir diese Videoclips und stellten sie auf unseren Youtube-Kanal,1 um die Sichtbarkeit schwarzer Forscher im Internet zu erhöhen.
Als es soweit war, stellten wir fest, daß ein weiteres Problem darin bestand, daß man eine Internetverbindung braucht, um diese Videos auf Youtube anzusehen – und Internetanschlüsse sind sehr teuer. Um dieses Problem zu umgehen, haben wir uns wieder mit dem Bildungsministerium zusammengetan, damit unsere Clips tagsüber im Fernsehen ausgestrahlt wurden, wenn die Schüler zu Hause waren.
Als wir das organisiert hatten, stellten wir fest, daß es auch nicht unbedingt in jedem Haus einen Fernseher gab. Wir konnten also ein bestimmtes Milieu nicht erreichen. Von da an versuchten wir, Unterricht in Form von Podcasts zu produzieren. Das waren kleine Wissenschaftsgeschichten, die im Radio gesendet wurden. Denn in jeder Gemeinde, selbst in der ärmsten, gibt es mindestens ein Radio. So konnten wir auch die schwächsten Gemeinschaften mit wissenschaftlichen Sendungen erreichen.
Die wichtigsten Zahlen:
- Wir haben rund 60.000 Besucher empfangen.
- Wir haben 400 Studenten ausgebildet. Das sind die Zahlen vom letzten Jahr. Im April fand gerade unsere zehnte Veranstaltungsrunde statt. Der Bericht ist noch nicht online, wird aber in Kürze erscheinen, die Zahlen sind also inzwischen noch höher.
- Jedes Jahr haben wir 17 Ausbilder, die wir im Vorfeld schulen und die uns dann bei der Betreuung der Schüler helfen, die an der Wissenschaftswoche teilnehmen.
Wir haben etwa hundert Aussteller eingeladen. Mit anderen Worten: Unternehmer, Leute, die in Kinshasa ihr eigenes Geschäft haben, aber manchmal weiß niemand davon. Es mag seltsam klingen, aber wenn man hier (in Europa) etwas braucht, kann man es in die Google-Suchmaschine eingeben. In Kinshasa gibt es absolut alles, nur weiß niemand, wo! Es ist Mundpropaganda, entweder man weiß es oder nicht, aber es ist nicht so einfach, alles zu finden, was man sucht. Das Wissenschaftsfestival bietet daher ein Fenster zum Privatsektor.
Wir haben internationale Redner eingeladen, um unsere Wissenschaftler mit Wissenschaftlern aus anderen Ländern ins Gespräch zu bringen, und wir haben drei landesweite Wettbewerbe organisiert. Die Idee ist, die Kreativität unserer Schüler, unserer Kinder, unserer Jugend zu fördern, indem wir sie dazu bringen, Wissenschaft und Technologie zu nutzen.
Der erste Wettbewerb, den wir veranstaltet haben, war ein wissenschaftlicher Posterwettbewerb. Alle Provinzen des Kongo wurden aufgefordert, ein wissenschaftliches Poster zu erstellen. Sie konnten sich mit einem lokalen Problem befassen, einem Problem, das sie in ihrer Umgebung sahen, z.B. Bodernerosion oder Plastik oder die Bewirtschaftung des Kivu-Sees, und eine Lösung vorschlagen und diese in Form eines wissenschaftlichen Posters aufschreiben. Sie mußten ihre Ideen begründen, und wir hatten Banken als Sponsoren, so daß wir die Ideen der jungen Leute zu einem lokalen Problem und die Lösungen, die sie dafür finden wollten, unterstützen konnten. Das ist ein Beispiel für einen von uns organisierten Wettbewerb (Abbildung 4).
In diesem Jahr haben zwölf der 26 Provinzen teilgenommen. In diesen zwölf Provinzen erklärten sich die jungen Leute bereit, in ihren Gemeinden wissenschaftliche Aktivitäten zu organisieren. Da wir uns nicht vervielfältigen können, organisieren wir das von Kinshasa aus. So schaffen wir eine Gemeinschaft junger Menschen, die in ihren eigenen Gemeinden die Wissenschaft verbreiten und die wissenschaftliche Kultur fördern (Abbildung 5).
Junge Menschen für die Wissenschaft zu begeistern, bedeutet, daß wir die Chance haben, innovationsfähige Bürger hervorzubringen. Wer wäre besser geeignet als Afrikaner und generell Einheimische, um innovative Lösungen für die Probleme zu finden, mit denen sie als erste konfrontiert werden?
Wenn wir wollen, daß die Demokratische Republik Kongo eines Tages eine Rolle auf der Weltbühne spielt, dann wird das nicht zufällig geschehen. Es ist eine Aufgabe, die wir als Gesellschaft, als Nation, mit einer langfristigen Vision organisieren müssen. Es ist ein Plan, der bewußt erstellt werden muß, durch den öffentlichen Sektor, den privaten Sektor und natürlich auf politischer Ebene.
Die Menschheit braucht Afrika, und damit meine ich nicht nur den afrikanischen Kontinent mit seinen Bodenschätzen. Die Menschheit braucht Afrika: Ich spreche von den Afrikanern. Die Menschheit braucht die Afrikaner und ihre Perspektiven für die globalen Herausforderungen.
Die Afrikaner müssen durch Bildung, Wissenschaft und Technologie in sich selbst investieren, und verzeihen Sie, wenn ich darauf bestehe – die Wissenschaft braucht die Perspektiven der Frauen – damit die Welt von morgen nicht weiter für die nördliche Hälfte gerechter ist als für die südliche, sondern gerecht für die ganze Menschheit auf der ganzen Erde.
Eine Hausaufgabe
Ich bin Lehrerin, und ich verlasse Sie nicht ohne eine kleine Hausaufgabe. Die erste Zelle der Menschheit sind Ihre Familien. Wenn Sie Großeltern sind und manchmal Probleme mit irgend etwas haben, das einen Bildschirm oder ein Paßwort hat, dann rufen Sie nicht einfach nur Ihren Enkel, damit er kommt und das Problem löst, wenn es geht – beziehen Sie auch Ihre Enkelin mit ein! Denn wenn Sie sich nur an die Jungen wenden, um Probleme mit Routern, Wifi, Tablets usw. zu beheben, sendet das unbewußt die Botschaft an die Mädchen, daß sie für diese Gemeinschaft technikbegeisterter Forscher „nicht geeignet“ sind. Zögern Sie also nicht, Ihre Töchter und Enkelinnen einzubeziehen, wenn es um kleine technische Probleme geht.
Wenn Sie Eltern von Kindern im schulpflichtigen Alter sind, die oft Hausaufgaben, Recherchen und Präsentationen machen müssen, zögern Sie nicht, sie zu ermutigen, aus ihrer Komfortzone herauszutreten. Haben Sie schon einmal daran gedacht, eine afrikanische Persönlichkeit vorzustellen? Eine afrikanische Forscherin oder einen afrikanischen Forscher? Das ist eine Übung, die ich gerne in meinen Klassen durchführe, die in Belgien oft buntgemischt sind, und jedes Mal, wenn ich sie zum Beispiel auffordere, eine Arbeit über einen Wissenschaftler aus dem Land ihrer Eltern anzufertigen, bekomme ich immer die gleiche Antwort: „Madame, in meinem Land gibt es keine Wissenschaft.“ Was für eine traurige Aussage!
Der Weg, die Sichtweise der Welt zu ändern, besteht also darin, unsere Kinder zu ermutigen, ein wenig über die wissenschaftlichen Inhalte hinauszublicken, die sie in der Schule lernen. Das ist eine Pflicht, die beginnt, sobald man nach Hause kommt.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Anmerkung
– Herve Machenaud, ehemaliger Exekutivdirektor der EDF-Gruppe (Technik und Erzeugung) und ehemaliger Direktor der Niederlassung Asien-Pazifik, Frankreich: „Die Geschichte der französisch-chinesischen Zusammenarbeit am Beispiel der Kernenergie“
Französisch-chinesische Zusammenarbeit für den Frieden:
das Beispiel der Kernkraft
Von Hervé Machenaud
Hervé Machenaud war Produktionsleiter des französischen Stromversorgers Électricité de France (EDF). Er übermittelte die folgende Videobotschaft. (Übersetzung aus dem Französischen).
Sehr geehrter Herr Botschafter, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
ich bin besonders erfreut und dankbar, vom Schiller-Institut eingeladen worden zu sein, um über ein Projekt zu sprechen, das ich, bei aller Objektivität, für eines oder sogar das beste Kooperationsprojekt der internationalen Industriegeschichte halte. Ich spreche von der Zusammenarbeit zwischen Frankreich und China auf dem Gebiet der zivilen Kernkraft.
In den frühen 1980er Jahren wurde Frankreich von China ausgewählt, um dem Land beim Start seines Atomprogramms zu helfen. Der 1986 unterzeichnete Vertrag über den Bau des Daya-Bay-Kraftwerks war ein Pakt des Vertrauens zwischen Frankreich und China, zwischen EDF und GNPJVC, der zu diesem Zweck gegründeten Guangdong Nuclear Corporation.
Ein Pakt des Vertrauens, denn neben der Ausbildung dutzender chinesischer Ingenieure, die nach Frankreich kamen, um in den EDF-Kraftwerken zu arbeiten, hat China die EDF gebeten, das Projekt zu leiten und seinen erfolgreichen Abschluß zu garantieren. Ich bin stolz darauf, der erste technische Leiter des chinesischen Unternehmens gewesen zu sein.
Ein Pakt des Vertrauens, denn sehr schnell wurden die etwa hundert hochqualifizierten chinesischen Ingenieure, die unsere Praktiken beobachten, überwachen und hinterfragen sollten, auf ihren Wunsch hin in die Ingenieurteams von EDF integriert. Wir waren nicht mehr unter Beobachtung, sondern Partner, ein wirklich integriertes Team.
Ein Pakt des Vertrauens, denn wenn die EDF nach zehn Jahren Betrieb des Kraftwerks Gravelines, der Referenzanlage von Daya, Nachrüstungen vorgenommen hat, bietet sie der GNPJVC ohne zu zögern an, die 110 Modifikationen zu übernehmen – die unschätzbare Frucht des in Hunderten von Jahren erworbenen Know-hows. China wird diese Geste zu schätzen wissen.
Als weiteren Akt des Vertrauens hat GNPJVC kurz vor der Inbetriebnahme von Daya Bay die EDF gebeten, die Verantwortung für die ersten Betriebsjahre zu übernehmen. EDF schickte daraufhin etwa sechzig Mitarbeiter, um die Anlage in Betrieb zu nehmen und die chinesischen Teams zu schulen, die innerhalb weniger Jahre die Leitung ihrer Anlage übernehmen sollten.
1995, gerade als Daya Bay in Betrieb ging, bestellte die CGNPC eine zweite Anlage nach französischem Vorbild am selben Standort. Die EDF sollte technische Hilfe leisten und französische Unternehmen sollten als Zulieferer auftreten, aber Ling Ao wird ein chinesisches Kraftwerk sein, das unter chinesischer Verantwortung von chinesischen Unternehmen gebaut wird. China hat seine Autonomie in diesem Bereich erlangt.
Dies wird einer engen Zusammenarbeit zwischen französischen und chinesischen Betreibern nicht im Wege stehen: Erfahrungsaustausch, Ersatzteile, Unterstützung bei Zwischenfällen… Daya Bay und Ling Ao nehmen an Leistungswettbewerben für französische Kraftwerke teil und gewinnen häufig den ersten Preis. Diese Zusammenarbeit zwischen den Betreibern der 56 französischen Reaktoren und der 36 chinesischen Reaktoren der gleichen Technologie wird noch heute fortgesetzt.
Im Jahr 2007 lud CGN Frankreich ein, zwei EPR-Reaktoren am Standort Taishan zu bauen, und die EDF sollte weitere Investitionen vornehmen. Diese in der Geschichte Chinas einzigartige Vereinbarung wurde für die fünfzigjährige Lebensdauer der Anlage unterzeichnet.
Der nächste Schritt war 2013 die Verpflichtung von CGN gegenüber EDF, zwei EPRs in Hinkley Point im Vereinigten Königreich zu bauen und zu betreiben, mit der Aussicht, zwei weitere Anlagen in Sizewell und zwei HPRs, das chinesische Hualong-Modell, in Bradwell zu bauen.
Diese Zusammenarbeit wird ein Jahrhundert dauern.
Die Partnerschaft zwischen Frankreich und China gipfelte in der Reise von Premier Li Keqiang nach Frankreich Ende Juni 2015, bei der die gemeinsame Erklärung zur Vertiefung der französisch-chinesischen Zusammenarbeit im Bereich der zivilen Kernenergie bekräftigt wurde. Sie sieht eine umfassende Zusammenarbeit „vom Bergbau bis zur Wiederaufbereitung“ in allen Betriebsbereichen, die Konzeption neuer Mittel- und Hochleistungsreaktoren, deren Bau in China, Frankreich und Drittländern, die Vereinigung von Industriellen aus beiden Ländern und den Bau einer Wiederaufbereitungsanlage in China vor. Alle französischen Unternehmen, angefangen mit AREVA und Alstom, und die rund hundert Mitglieder des Verbandes Partenariat France Chine Electricité (PFCE) sind an diesem Abkommen beteiligt, das immense Perspektiven eröffnet.
Das gegenseitige Vertrauen hat seinen Höhepunkt erreicht.
Die industrielle Allianz zwischen Frankreich, das über die weltweit größte Betriebserfahrung mit KKWs verfügt, und China, das das größte Atomprogramm der Geschichte aufbauen wird, ist ein Gewinn für beide Länder und darüber hinaus für die Sicherheit und den Fortschritt der Atomenergie weltweit.
Diese historische Partnerschaft ist das Ergebnis der Arbeit von Männern und Frauen, die auf ein gemeinsames Projekt gesetzt und sich gegenseitig ihr Vertrauen geschenkt haben. Heute sind sie durch freundschaftliche Bande verbunden.
In einem so strategischen Bereich wie der Kernenergie ist eine solche Partnerschaft ein Grundstein für die Zusammenarbeit und den Frieden zwischen Völkern und Nationen.
Und wenn diese Zusammenarbeit heute unter dem Einfluss verschiedener negativer Einflüsse etwas geschwächt ist, so hoffen wir, dass sie wiederbelebt wird. Ihre Grundlagen sind nach wie vor intakt, und sie ist sicherlich nicht nur im gegenseitigen Interesse unserer beiden Länder, sondern auch ein Beitrag zu Fortschritt und Frieden in der Welt.
– Alain Gachet, Wasserspezialist, Präsident von Radar Technologies International (RTI), Erfinder des Watex-Verfahrens (Water Exploration) zur Lokalisierung von Grundwasserleitern per Satellit: „Wasser für Frieden und Entwicklung“
Panel III
Die Friedensbewegung weltweit über Parteigrenzen hinweg. Der besondere Fall der Vereinigten Staaten. Die Rolle des Vatikans und des globalen Südens
MODERATOR: Claudio Celani
– Harley Schlanger, Stellv. Ratsvorsitzender des Schiller-Instituts, USA: „Kennedys Vision des Friedens“
– S. E. M. Donald Ramotar, ehemaliger Präsident von Guyana (2011-2015), ehemaliger Parlamentsabgeordneter (1992-2011) und Generalsekretär der People’s Progressive Party (PPP), Gewerkschaftler: „Die Menschen der Welt müssen ihre Stimme erheben“
– Diane Sare, Kandidatin für den US-Senat, USA: „Macht die Vereinigten Staaten zu einer Kraft für das Gute“
– Hussein Askary, Vizepräsident BRIX Instittut und Südwestasien-Koordinator Schiller-Institut, Schweden: „Die revolutionären Veränderungen in Südwestasien“
– Alessia Ruggieri, Gewerkschafterin, Mitglied der Internationalen Koalition für den Frieden, Italien: „Italien und der Krieg: ein wichtiges Referendum, um die Waffenlieferungen an die Ukraine zu stoppen“
– Jens Jørgen Nielsen, Historiker, Autor, ehemaliger Moskau-Korrespondent von Politiken, Vertreter des russisch-dänischen Dialogs, Dänemark: „Das Fehlen einer Strategie der westlichen Länder zur Vermeidung eines Atomkriegs“
– Dr. Matthias Werner, Präsident des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden e.V.: Grußbotschaft
Aus zeitlichen Gründen wurde eine gekürzte Fassung der Grußbotschaft verlesen. Hier finden Sie den vollständigen Text.
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen des Präsidiums des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden e.V. übermittele ich an die Teilnehmer der Konferenz des Schiller-Instituts in Straßburg herzliche Grüße.
Ich spreche auch im Namen von Generalleutnant a.D. Manfred Grätz und Generalmajor a.D. Sebald Daum, führende Militärs des ersten deutschen Friedensstaates, der DDR, die sich in Briefen zum Krieg in der Ukraine und zu Waffenlieferungen an die Ukraine geäußert haben. Sie baten ausdrücklich darum den Anwesenden dieser heutigen hochkarätigen Zusammenkunft mitzuteilen, sie stehen mehr denn je zu ihrem in den Briefen geäußerten Standpunkt und wünschen von Herzen der Konferenz viel Erfolg.
Der Krieg in der Ukraine begann für die meisten Politiker der „westlichen Wertegemeinschaft“ am 24. Februar 2022. Mit dieser Sichtweise kann und soll nach dem Willen der USA kein Weg zum Frieden gefunden werden, Russland soll mit den Worten der deutschen Außenministerin „ruiniert“ werden und die USA will bis zum letzten Ukrainer kämpfen. Diese Entwicklung wurde langfristig, systematisch und aktiv von außen verfolgt, geplant und gelenkt.
In einem Strategiepapier des Pentagon stand bereits 1992 kurz nach dem Zerfall der Sowjetunion: „Unser erstes Ziel ist, den (Wieder-)Aufstieg eines neuen Rivalen zu verhüten, sei es auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion oder sonst wo, der eine Bedrohung der Größenordnung darstellt, wie früher die Sowjetunion. … Wir müssen versuchen zu verhüten, dass irgendeine feindliche Macht eine Region dominiert, deren Ressourcen – unter gefestigter Kontrolle – ausreichen würden, eine Weltmachtposition zu schaffen. Solche Regionen sind Westeuropa, Ostasien, das Gebiet der früheren Sowjetunion und Südwestasien.“
Damit keine Irrtümer aufkommen, Russland in Europa und China in Asien werden durch die kriegslüsterne Meute der imperialistischen Hauptkräfte der USA und ihrer Vasallen in der NATO zum Hauptfeind stilisiert.
Die USA und die EU-Mächte betrieben eine Politik der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine, förderten die faschistischen Bandera-Gruppen und betrieben die Politik der Osterweiterung der NATO direkt bis an die russischen Grenzen. Ihr erklärtes Ziel ist Regime-Change in Russland. Dazu wurde in aller Öffentlichkeit ein Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland durch intensive Aufrüstung der Ukraine vorbereitet.
Es wurde schließlich ein Kulminationspunkt erreicht, an dem die Existenz Russlands in aktueller Gestalt akut gefährdet ist.
Die Vorgänge werden durch die Ideologen des Wertewestens isoliert und gewollt einseitig dargestellt, betrachtet, damit entstellt. Es wird unterschlagen, dass die Auseinandersetzungen in der Ukraine Bestandteil der aktuellen geopolitischen – aber auch der sozialen und ökonomischen weltweiten Prozesse sind.
Es wird ein Bild vermittelt, wonach die USA und diejenigen, die sich ihnen beugen, die Guten sind. Alle anderen sind die Bösen. Und Russland sowie die VR China sind die Inkarnation des Teufels!
Dieses Bild wurde von bezahlten Denkfabriken und NGOs auf Bestellung erarbeitet und wird von den Medien massenhaft verbreitet.
Zu den Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine haben wir unsere Meinung geäußert.
Deshalb fordern wir:
• Verständigung, Frieden und gegenseitige vorteilhafte Zusammenarbeit mit Russland und zwischen allen Völkern und Staaten
• Wir fordern die Anerkennung der Legitimität der Sicherheitsinteressen Russlands, weil das mit den Interessen der anderen Staaten und Völker übereinstimmt und dazu beiträgt, günstige Bedingungen für Frieden, Sicherheit und gleichberechtigte Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil zu schaffen
• Von der deutschen Regierung fordern wir eine Politik, die diesem humanistischen Anliegen dient und die Verwirklichung der hegemonialen Ziele der USA vereitelt
• Stopp und Rückbau der wortbrüchigen NATO-Osterweiterung
• Beendigung der Militarisierung der Länder Osteuropas
• Lasst uns ein gemeinsames Programm der Friedenswilligen in Deutschland und e i n Aktionsprogramm zu seiner Verwirklichung erarbeiten und umsetzen! Nie wieder Faschismus nie wieder Krieg
• Alles zu tun gegen imperialistische Machtpolitik und jede Form von faschistischen Tendenzen in der Politik.
Selbstverständlich ist die Beteiligung und Mitwirkung des OKV an all den Initiativen, die zur Friedenssicherung allerorten und zur Gegenwehr gegen neoliberalen Sozialabbau in Europa organisiert und durchgeführt werden.
Ich wünsche der Konferenz einen guten Verlauf. Mögen ihre Ergebnisse ein weiterer Schritt in Richtung Frieden und Verständigung zwischen den Völkern sein.
Präsident des OKV
Dr. Matthias Werner
19.30 Uhr – Konzert
SONNTAG, 9. JULI
Musikalische Einführung
10:00-12:00 Uhr Panel IV
Eine Kultur, die die schöpferischen Fähigkeiten eines jeden Menschen emanzipiert und erweitert. Ein Dialog zwischen den Kulturen und Zivilisationen
MODERATOR: Karel Vereycken
-Musikalische Einleitung: Die Gedanken sind frei, Arirang (koreanisches Volkslied, Satz: Werner Hartmann), Soon Ah Will Be Done (African-American Spiritual)
– Prof. Luc Reychler, (PhD Harvard, 1976), emeritierter Professor für internationale Beziehungen an der Universität Löwen und ehemaliger Direktor des Zentrums für Friedensforschung und strategische Studien (CPRS), Belgien: „Europäische humanistische Werte versus Kriegskultur, Was würde Erasmus zum Frieden in der Ukraine sagen?“
– Liliana Gorini, Präsidentin von Movisol, Italien: „Pacem in Terris und die Zivilisation der Liebe“
– Maurizio Abbate, Italien, Nationales Institut für kulturelle Aktivitäten, angeschlossen an das Kulturministerium, Italien: „Kultur, der Schlüssel zum Frieden“
– Tatjana Zdanoka, Europaabgeordnete, Mitglied der Russischen Union Lettlands, Lettland: „Über die Dämonisierung der russischen Kultur“
– Liz Augustat, Erste Vizepräsidentin der Internationalen Vereinigung „Frieden durch Kultur. Europa“, Österreich: „Weltfrieden auf der Grundlage gemeinsamer Ethik und Werte“
12.00 Uhr – Mittagspause
14.00-16.00 Uhr – Panel V:
Wissenschaftliche Ökologie und Bewertung der klimatischen Herausforderung. Die Beseitigung von Armut und Hunger in der Welt ist die Priorität
MODERATOR: Stefan Ossenkopp
– Christian Lévêque, emeritierter Forschungsdirektor am Institut de recherche pour le développement (IRD) und Spezialist für aquatische Ökosysteme. Ehrenpräsident der Académie d’agriculture de France und Mitglied der Académie des sciences d’Outre-mer, Frankreich: „Die wissenschaftliche Ökologie wird durch magisches Denken instrumentalisiert“
– Dr.-Ing. Hans-Bernd Pillkahn, Ingenieur, Geschäftsführer von PROASSORT, Metallurgie, Deutschland: „Die EU-Klimapolitik: Eine Katastrophe für die energieintensive Produktion“
– Frank Bornschein, Stadtrat Schwedt/Oder, Beauftragter für Frieden-Freiheit-Souveränität: „Deindustrialisierung – nicht Zufall sondern Absicht. Das Beispiel des PCK Schwedt“
– Prof. Alberto Prestininzi, Geologe, Universität Sapienza in Rom, Direktor des Forschungszentrums CERI: „Klima: zwischen Notfall und Wissen“
– Prof. Carl-Otto Weiss, Berater des Europäischen Klima- und Energieinstituts und ehemaliger Präsident der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, Deutschland: „Wie die Sonnenzyklen das Klima der Erde bestimmen“