Von Alexander Hartmann
Am 8. Juli 2023 fand erstmals nach der COVID-Krise wieder eine zweitägige internationale Präsenzkonferenz des Schiller-Instituts statt, in einem historischen Saal in Straßburg, mit 31 Rednern aus 16 Ländern und mehr als 200 Zuhörern. Sie trug den Titel: „Am Rande eines neuen Weltkriegs: Die europäischen Nationen müssen mit dem Globalen Süden kooperieren!“ Das Kolloquium bot eine Gelegenheit für Vertreter von Völkern aller Kontinente, zusammenzukommen, um darüber nachzudenken, wie man eine Zukunft in Frieden und Wohlstand für die ganze Menschheit schaffen kann. Die Diskussionen deckten ein breites Spektrum an wesentlichen wirtschaftlichen, strategischen und kulturellen Themen ab.
Eröffnet wurde die Veranstaltung mit dem berühmten Adagio cantabile aus Beethovens Klaviersonate c-Moll Pathétique, gespielt von Werner Hartmann vom Schiller-Institut. Dann begann die erste Sitzung zum Thema: „Frieden in der Welt durch eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur für jedes einzelne Land“.
Helga Zepp-LaRouche, die Gründerin und Leiterin des Schiller-Instituts, eröffnete die Konferenz mit dem Vortrag „Laßt einen Garten von Millionen Gärten blühen!“. Darin zeigte sie die tragischen Folgen des Zusammenbruchs der transatlantischen „regelbasierten Ordnung“ auf, die verzweifelt versuche, ihre Hegemonie aufrechtzuerhalten. Dem stehen die aufstrebenden Nationen des Globalen Südens gegenüber, die sich aus jahrhundertelanger kolonialer Knechtschaft befreien und ihr Recht auf wirtschaftliche Entwicklung einfordern.
Obwohl wir uns angesichts der Gefahr eines thermonuklearen Krieges „im gefährlichsten Moment befinden, den die menschliche Gattung je erlebt hat“, gebe es dennoch Hoffnung! Gäben die arroganten westlichen Staatsführungen ihr selbstmörderisches Streben nach Weltherrschaft auf und schlössen sie sich mit den Nationen des Globalen Südens zu einer neuen Epoche der Entwicklung zusammen, bestünde die Möglichkeit, ein wunderbares neues Paradigma für die Zukunft der Menschheit zu schaffen. Zepp-LaRouche betonte: „Wir werden das Beste, was die europäische Kultur hervorgebracht hat, wiederbeleben … und wir werden es in die Gestaltung des Neuen Paradigmas einbringen!“
Der chinesische Botschafter in Frankreich, Lu Shaye, sprach über „Chinas Rolle für Frieden und Entwicklung“. Es vollzögen sich Veränderungen wie seit hundert Jahren nicht mehr, und der Krieg in der Ukraine sei für alle friedliebenden Menschen auf der Welt ein Grund zur Sorge. In der Weltpolitik gebe es zwei gegensätzliche Auffassungen – diejenigen, die für Friedensgespräche und eine für alle Seiten gewinnbringende Zusammenarbeit sind, und auf der anderen Seite diejenigen, die auf Krieg und Konfrontation setzen und den USA und der NATO in ihrer Fixierung darauf folgen, Rußland in die Enge zu treiben und China im indopazifischen Raum einzukreisen. Europa müsse sich entscheiden, ob es weiterhin ein Schlachtfeld sein und unter dem Schlagwort „De-Risking“ die Zusammenarbeit mit China bremsen will, oder ob es die chinesischen Vorschläge für Kooperation auf der Grundlage von Respekt, Souveränität und Engagement für eine echte Entwicklung unterstützt. Es gebe enorme Möglichkeiten für solche Kooperation in der Gürtel- und Straßen-Initiative, der Globalen Sicherheits-Initiative und der Globalen Zivilisations-Initiative, so der chinesische Botschafter.
Ilia Subbotin, Gesandter-Botschaftsrat an der russischen Botschaft in Frankreich, beantwortete die Frage: „Was will Rußland in seinen Beziehungen zu Europa wirklich – Frieden oder Krieg?“ Er gab einen Überblick über die konstruktiven Vorschläge, die Rußland in den 23 Jahren seines diplomatischen Dienstes gemacht hat – von Gorbatschows Rede in Straßburg im Juni 1989 über Putins Münchner Rede im Februar 2007 bis hin zu Putins Vorschlag vom Oktober 2021. Nichts davon habe der Westen akzeptiert, stattdessen gab es den NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999, den Maidan-Putsch in Kiew 2014 und die aktive Vorbereitung eines Krieges auf ukrainischer Seite 2021. Europa habe die Minsker Vereinbarungen nicht ernstgenommen, sondern nur als Trick benutzt, um der Ukraine bei der Aufrüstung gegen Rußland zu helfen. Die Existenz des Schiller-Instituts sei ein Hoffnungsschimmer, ebenso wie die zahlreichen Friedensinitiativen in der Welt, und es bestehe die Hoffnung, daß Rußland alle Herausforderungen meistern werde, so wie es seit 1812 alle Herausforderungen seiner Existenz gemeistert habe, so Subbotin. (Wir dokumentieren diese ersten drei Vorträge in dieser Ausgabe.)
Der nächste Redner, der Autor und Journalist Mrutyuanjai Mishra aus Indien, behandelte „Indiens Rolle als Friedensvermittler in diesen kritischen Zeiten“ und ging auf die überholte Auffassung ein, es gäbe so etwas wie die Erste Welt, die Zweite Welt und die Dritte Welt. Es gebe zwar noch den alten Block der westlichen Länder, aber eine viel größere Rolle spielten zunehmend die blockfreien Staaten, und Indien habe die wichtige Funktion, sich als großes Land als Vermittler zwischen dem Westen und dem Süden anzubieten. Allein die Kaufkraft der BRICS-Staaten übersteige bereits die der G7-Staaten, und die BRICS hätten eine Agenda für Stabilität, Entwicklung und Armutsbekämpfung für zwei Drittel des Globus, im Gegensatz zur westlichen „Agenda des Chaos“. Europa müsse endlich begreifen, daß seine eigenen, selbstgemachten Probleme nicht die Probleme der Welt sind, sondern daß es die Probleme der Welt auch als seine eigenen betrachten sollte.
Michele Geraci, ehemaliger Unterstaatssekretär im italienischen Entwicklungsministerium, sprach als nächstes über die strategisch wichtige Absichtserklärung (MOU), die Italien 2019 mit China über die BRI-Kooperation unterzeichnete – und die in anderen westlichen Ländern sofort angegriffen wurde. Italien war zwar das einzige G7-Land, das ein solches MOU mit China schloß, aber bei weitem nicht das einzige Land der G20, der EU oder der NATO, und die Hysterie der G7 war keineswegs repräsentativ für die Meinung vieler anderer Länder. Die italienische Absichtserklärung biete eine Zusammenarbeit mit China auf der Grundlage von Standards an, die von beiden Seiten akzeptiert wurden und für das übrige Europa ein Vorbild sein könnten, wenn es das akzeptieren würde. Geraci betonte auch die Bedeutung der Zusammenarbeit mit China für die Entwicklung Afrikas, das sei eine „Win-Win-Situation für alle drei Seiten“.
Oberst a.D. Hans-Joachim Lemke, Redakteur von Kompass, Zeitschrift für Traditionspflege der Nationalen Volksarmee der DDR, präsentierte „Friedensgedanken aus der Sicht eines Ostdeutschen“. Ostdeutsche wünschten eine Lösung der Ukraine-Frage durch Gespräche, so auch führende Generäle und Offiziere der ehemaligen DDR-Armee 2015 in einem öffentlichen „Aufruf zum Frieden“, der keine einseitigen Verurteilungen Rußlands zuläßt, sondern auf der Verpflichtung zur Friedenssicherung beruht. Chinas 12-Punkte-Friedensvorschlag zur Lösung dieses Konflikts sei wichtig, sagte Lemke. Er basiere auf den Grundsätzen des gegenseitigen Respekts, der Zusammenarbeit und der Sicherheitsinteressen jedes Landes sowie auf der Schaffung einer Globalen Plattform für den Dialog. Das könne gelingen, wenn der Wille dazu vorhanden ist. Der Westfälische Friede von 1648 habe gezeigt, daß selbst nach einem barbarischen Krieg ein konstruktiver Neubeginn möglich ist.
Oberst a.D. Alain Corvez, ehemaliger Berater des französischen Innenministeriums und Berater für internationale Angelegenheiten, schloß die Vortragsrunde ab. Die Geopolitiker der USA, erläuterte Corvez, sähen in der Zusammenarbeit Westeuropas mit seinen Nachbarn im Osten und in Asien eine Bedrohung für ihr eigenes Bestreben, die Welt zu beherrschen, weshalb sie nie eine konstruktive Antwort auf die russischen Vorschläge zur Beilegung von Interessenkonflikten gegeben hätten. Leider müsse man damit rechnen, daß die ungebremsten Waffenlieferungen in die Ukraine und die Eskalation des Konflikts bis zu den US-Wahlen 2024 andauern werden, was uns näher an die nukleare Schwelle und deren Überschreiten bringe. Ein nuklearer Austausch wäre jedoch nicht auf das Gebiet Europas beschränkt, wie manche in den USA sich einbilden. Die vernünftige Welt müsse sich mobilisieren, um einen Atomkrieg zu verhindern, und während die USA derzeit alle Friedensvorschläge ablehnen, müsse sich Europa mit Lateinamerika, Afrika und Asien für den Frieden verbünden.
Mit dem Globalen Süden zusammenarbeiten
„Warum es im strategischen Interesse der europäischen Nationen ist, mit dem Globalen Süden zusammenzuarbeiten“, lautete das Thema des zweiten Konferenzabschnitts.
Jacques Cheminade, Präsident der Partei Solidarité & Progrès und mehrfacher Präsidentschaftskandidat in Frankreich, eröffnete die Runde mit dem Vortrag „Der Aufstieg des Globalen Südens gegen geopolitische Blöcke“. Die Länder des Globalen Südens hätten klar erkannt, daß der „Liberalismus“ des Washingtoner Konsenses nicht mehr gilt, sobald es darum geht, mit öffentlichen Geldern den Besitz der Finanzoligarchie zu retten oder willkürlich Vermögenswerte von Staaten zu beschlagnahmen, die sich ihr widersetzen. Sie hätten begriffen, daß der ihnen zugefügte Schaden, der Abbau ihrer sozialen Dienste und öffentlichen Sektoren, nicht aus Versehen oder Unachtsamkeit erfolgte, sondern mit dem bewußten Ziel, sie auszubeuten. Sie wüßten, daß sie Opfer einer manipulierten Wirtschaft sind, wo der Dollar militarisiert und als Waffe auf sie gerichtet ist.
Um einen künftigen Krieg zwischen den Blöcken zu vermeiden, betonte Cheminade, „müssen wir die wirtschaftliche, politische und kulturelle Ausrichtung aller Länder der atlantischen Welt ändern. Indem wir unseren Menschen begreiflich machen, daß sie in unseren Staaten den gleichen Schaden erleiden wie die Länder des Globalen Südens, aus dem diese sich zu befreien versuchen.“
Julio Miguel De Vido, ehemaliger argentinischer Bundesminister für Planung, öffentliche Investitionen und Dienstleistungen in den Regierungen von Nestor Kirchner und Cristina Fernández de Kirchner, sprach zum Thema „Planung für Integration und Wachstum mit den BRICS: inmitten von Risiken einen Kurs finden“. Erstens müsse der Globale Süden gemeinsame Positionen in Bezug auf das politische und wirtschaftliche Funktionieren der Welt festlegen, um ein Gegengewicht zu einer G7 zu schaffen, deren Länder sich aufgrund der Unterwerfung unter das Diktat der multilateralen Kreditinstitute offenbar in einer politischen und wirtschaftlichen Krise befinden. Zweitens müsse der Globale Süden dringend die gemeinsamen Schwachstellen der Volkswirtschaften des Globalen Südens anpacken. Kurzfristig müsse die BRICS als Plattform den Mitgliedsländern dabei helfen, ihre Schulden bei den multilateralen Kreditinstituten zu begleichen, indem sie das Wachstum jedes Landes, die Schaffung produktiver Arbeitsplätze und die Verbesserung der Lebensbedingungen unterstützt. Langfristig müsse man neue Finanzierungsmechanismen außerhalb dieser Institutionen und der Mandate der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten schaffen.
Dr. Doğu Perinçek, Vorsitzender der türkischen Vatan-Partei, übermittelte eine Videobotschaft an die Konferenz, „Die entscheidende Bedeutung der Allianz zwischen der Türkei, Rußland, dem Iran und China an der Schwelle zur eurasischen Ära“. Er erläuterte darin den Inhalt einer Erklärung seiner Partei, in der er unter anderem die konstruktive Arbeit Chinas für den Frieden begrüßte.
Patricia Lalonde, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments und assoziierte Forscherin am Institut Prospective et Sécurité en Europe (IPSE), Frankreich, sprach über „Syrien, Gründe zur Hoffnung“. Sie war gerade von einer Reise nach Damaskus und in die umliegende Region zurückgekehrt, die von der Französisch-Syrischen Vereinigung organisiert worden war. Sieben Jahre lang habe sich Syrien unter seinem Präsidenten Baschar al-Assad einem Angriffskrieg widersetzt, der von den drei westlichen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates inszeniert wurde. Das syrische Volk sei in der Tat unglaublich widerstandsfähig und stolz darauf, Widerstand geleistet und gewonnen zu haben. „Jetzt ist Damaskus komplett wieder aufgebaut: die Umayyaden-Moschee, die Kirchen, das Museum von Damaskus – und auch Palmyra. Syrien hat die Kontrolle über sein Schicksal zurückgewonnen.“ Während die Länder der Arabischen Liga und China beim Wiederaufbau des Landes helfen, wolle die Europäische Union sicherstellen, daß humanitäre Hilfe nicht über die syrische Regierung läuft, und ihre Absprachen mit der islamistischen HTC (Hayat Tahir al Sham) in der Provinz Idlib fortsetzen. Die Sanktionen, die seit Beginn des Krieges gegen Syrien verhängt wurden und die sogar trotz des Erdbebens fortbestehen, hätten sehr negative Auswirkungen für die syrische Bevölkerung.
Dora Muanda, Lehrerin und Biologin aus der Demokratischen Republik Kongo, sprach zum Thema „Die Menschheit und Afrika brauchen Wissenschaft“. Sie sprach über ihre Arbeit mit der „Wissenschafts- und Technologie-Woche Kinshasa“, einem Wissenschaftsfestival, an dem inzwischen 60.000 Kinder an Experimenten teilgenommen haben, um komplexe Prinzipien mit einfachen Ideen zu verstehen. Schulklassen werden zu Experimenten eingeladen, die sich beispielsweise mit der Funktionsweise der Galaxien befassen. Kinder werden ermutigt, ein lokales Problem zu finden, das mit Hilfe der Wissenschaft gelöst werden kann, und diese werden mit landesweit verbreiteten Postern präsentiert. Wissenschaftler aus ihren Labors herauszuholen, Menschen zu treffen und Familien mit der Wissenschaft vertraut zu machen, sei wesentlich, um das Interesse der Politiker an der Finanzierung der Wissenschaft zu wecken und der Nation Kraft für ihre Entwicklung zu geben.
Hervé Machenaud, ehemaliger Exekutivdirektor (für Technik und Erzeugung)
des französischen Stromversorgers EDF, sprach über „Die Geschichte der Beziehungen zwischen Frankreich und China am Beispiel der Kernenergie“. Dies sei das vielleicht beste Kooperationsprojekt der internationalen Industriegeschichte. Die Zusammenarbeit begann Anfang der 1980er Jahre, als Frankreich von China ausgewählt wurde, um das Land beim Start seines Atomprogramms zu unterstützen. Diese Zusammenarbeit zwischen den Betreibern der 56 französischen Reaktoren und der 36 chinesischen Reaktoren der gleichen Technologie wird heute fortgesetzt. Die industrielle Allianz zwischen Frankreich, das über die weltweit größte Betriebserfahrung verfügt, und China, das das größte Atomprogramm der Geschichte aufbaut, sei ein Gewinn für beide Länder und darüber hinaus für die Sicherheit und den Fortschritt der Kernenergie weltweit.
Alain Gachet, französischer Wasserspezialist, Präsident von Radar Technologies International (RTI) und Erfinder des Watex-Verfahrens (Water Exploration) zur Ortung von Grundwasserleitern per Satellit, übermittelte eine Videobotschaft zum Thema „Wasser für Frieden und Entwicklung“. Gachet hat nach langjähriger Erfahrung in der Öl- und Wasserexploration ein Instrument entwickelt, um mit Hilfe der Fernerkundung durch Satelliten Grundwasser zu finden. Sein Unternehmen hat 250 Bohrungen im Tschad und 1700 Bohrungen im Sudan vorbereitet, und in Kenia wurde der gesamte Turkana-Aquifer mit 250 Milliarden Kubikmetern entdeckt. Seit seiner Erfindung 2004 wird das Verfahren zur Erkundung von trinkbaren und erneuerbaren Grundwasserressourcen eingesetzt. Weltweit wurden dabei fast 2700 Brunnen gebohrt, die Erfolgsquote der Satellitenerkundung sei 98%.
Friedensbewegung weltweit über Parteigrenzen hinweg
Harley Schlanger, der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrats des Schiller-Instituts in den USA, hielt die Grundsatzrede des dritten Konferenzabschnitts. Zu Beginn seines Vortrags spielte er die ersten vier Minuten der „Friedensrede“ von Präsident John F. Kennedy vom 10. Juni 1963 an der American University ab.1 Anschließend gab Schlanger einen kurzen Überblick über die Geschichte von Kennedys Präsidentschaft als ein ständiges Ringen mit den Kriegstreibern innerhalb und außerhalb seiner Regierung. Eine ebenso große Herausforderung sei es gewesen, die Massengehirnwäsche der amerikanischen Bevölkerung zu überwinden, die glaubte, „lieber tot als rot“ zu sein. All seine Bemühungen endeten leider am 22. November 1963, als der Präsident in Dallas, Texas, ermordet wurde. Danach gab Schlanger einen kurzen Überblick über die antiimperialistische Geschichte der Vereinigten Staaten, von den amerikanischen Gründervätern bis zu Franklin D. Roosevelt und Lyndon LaRouche. Er kontrastierte diese antiimperialistische Tradition mit den heutigen Verteidigern der „regelbasierten Ordnung“ wie dem glücklosen Außenminister Antony Blinken.
S.E. Donald Ramotar, ehemaliger Präsident von Guyana (2011-15), ehemaliger Parlamentsabgeordneter (1992-2011), Generalsekretär der People‘s Progressive Party (PPP) und Gewerkschaftler, sprach zum Thema „Die Menschen der Welt müssen ihre Stimme erheben“. Der wahre Grund für den Ukraine-Krieg sei das Bestreben der mit der NATO verbündeten imperialistischen Staaten, jedes Land zu vernichten, das sich weigert, ihrem Diktat zu folgen. Die Beziehungen der USA zum Globalen Süden beruhten auf einer neokolonialen Sichtweise. Sogar innerhalb der NATO seien die Beziehungen nicht auf Augenhöhe, er habe den Eindruck, daß die europäischen Regierungen zulassen, daß ihre Länder halbe Kolonien der Vereinigten Staaten werden. Nun sehe man eine neue Entschlossenheit des Globalen Südens. Die Interessen des Globalen Südens und der Menschen in Europa stimmten überein. „Wir müssen unsere Stimmen hören lassen. Wir müssen mobilisieren und unseren Kampf organisieren und ihm einen Fokus geben. Das ist heute dringend notwendig.“
Diane Sare, Kandidatin für den US-Senat im Bundesstaat New York, forderte in ihrem Vortrag: „Macht die Vereinigten Staaten zu einer Kraft für das Gute“. Sie erinnerte daran, daß Lyndon LaRouche 1976 mit seinem Vorschlag für eine „Internationale Entwicklungsbank“ einen Weg für eine neue Ordnung aufgezeigt hat, in der jedes Land die Möglichkeit hätte, seine volle Unabhängigkeit zu erlangen. Es gebe eine starke Dynamik unter vielen großen Nationen, die sich in verschiedenen Gruppen zusammenschließen, wie den BRICS, der SCO, der Eurasischen Wirtschaftsunion oder der Afrikanischen Union. Die große Gefahr bestehe darin, daß der wahnhafte Westen glaube, er könne sechs Milliarden Menschen erpressen und bedrohen. Sie betonte: „Wir müssen uns also mäßigen. Wir müssen uns an bestimmte grundlegende universelle Prinzipien erinnern, damit wir im Einklang … mit dem Universum handeln können, das unsere Stimmen verstärken wird.“
Hussein Askary, Vizepräsident des schwedischen Belt and Road Institute (BRIX) und Südwestasien-Koordinator des Schiller-Instituts, sprach über „Die revolutionären Veränderungen in Südwestasien“.Er verwies auf die von China vermittelte Annäherung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran nach 20 Jahre langen Konflikten und erinnerte an eine Rede Lyndon LaRouches vor dem Zayed Center in Abu Dhabi vor 20 Jahren, wo er den arabischen Nationen geraten hatte, ihren Ölreichtum zum Aufbau industrieller Volkswirtschaften zu nutzen. „Zwischen diesen beiden Bildern liegen 20 Jahre, in denen Westasien und die Welt unzählige Entwicklungschancen, Millionen von Menschenleben und Billionen von Dollar vergeudet haben.“ Doch nun gebe es die Chance, den Wirtschaftsaufbau endlich zu beginnen: „Es ist besser, heute einen Baum zu pflanzen, als sich über die verpaßten Chancen der letzten 20 Jahre zu grämen.“
Alessia Ruggieri, italienische Gewerkschafterin, und Mitglied der Internationalen Koalition für den Frieden, sprach über das Thema „Italien und der Krieg: ein wichtiges Referendum, um die Waffenlieferungen an die Ukraine zu stoppen“. Sie berichtete über die Initiative, in Italien 500.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gegen die Waffenlieferungen zu sammeln.
Jens Jørgen Nielsen, dänischer Historiker und Autor, ehemaliger Moskau-Korrespondent der Zeitung Politiken und Vertreter des Russisch-Dänischen Dialogs, beklagte in seinem Vortrag „Das Fehlen einer Strategie der westlichen Länder zur Vermeidung eines Atomkriegs“. Die binäre Einteilung der Welt in rein Gut und rein Böse, gepaart mit starken Emotionen und einem Mangel an konkretem Wissen über die komplexe Lage in der Ukraine und Rußland, mache Verhandlungen und Kompromisse unmöglich und verhindere jeglichen Kontakt mit der Gegenpartei. Das ebne letztlich den Weg für eine mögliche gegenseitige Zerstörung. Nielsen formulierte vier Anforderungen an eine neue europäische Politik: 1. Sie muß auf der Realität basieren, anstatt auf absolutistischen, vereinfachenden Schwarz-Weiß-Narrativen. 2. Sie sollte in der Lage sein, nationale Interessen zu definieren. Das Wohl der Menschen, einschließlich der Wirtschaft, des Gemeinwohls und der Sicherheit, muß oberste Priorität haben. 3. Die EU-Länder müssen ihre überlegenes Gehabe aufgeben und sich mit anderen Zivilisationen auseinandersetzen, unter anderem in Asien, Afrika und dem Nahen Osten. 4. Die EU-Länder sollten einsehen, daß ein bedingungsloses Bekenntnis zur US-Außenpolitik eine Sackgasse ist. Die EU habe ein grundsätzliches Interesse daran, insbesondere mit Rußland – aber auch mit anderen nichtwestlichen Ländern – auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten.
Dr. Matthias Werner, Präsident des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden e.V., übermittelte auch im Namen von Generalleutnant a.D. Manfred Grätz und Generalmajor a.D. Sebald Daum – die sich in Offenen Briefen gegen den Krieg in der Ukraine und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine geäußert haben – eine Grußbotschaft, in der sie der Konferenz „von Herzen viel Erfolg“ wünschten.
Zum Abschluß des Tages: klassische Schönheit
Den Abschluß des ersten Tages bildete ein sehr schönes klassisches Konzert. Viele Teilnehmer kommentierten, daß das eine erhebende Abwechslung zu der täglichen, wahnsinnigen Häßlichkeit der Musik der „zeitgenössischen Kultur“ war.
Die beiden Künstlerinnen waren die albanische Pianistin Dhurata Lazo und die schwedische Sopranistin Leena Malkki. Lazo begann mit vier Kompositionen für Klavier solo, einer Romanze des albanischen Komponisten Tonin Harapi (1926-1992) und drei Stücken von Frédéric Chopin: Mazurka op. 67, Scherzo op. 31 und Andante spianato et grande polonaise brillante op. 22. Anschließend begleitete sie Malkki bei Vokalkompositionen: eine Arie aus Mozarts Oper La Clemenza di Tito; Schuberts Lieder Nacht und Trӓume und Auf dem Wasser zu singen; sowie Verdis „Ave Maria“ aus Otello und „Pace, pace mio Dio“ aus La Forza del Destino.
Die schöpferischen Fähigkeiten eines jeden Menschen freisetzen
Die vierte Sitzung am Sonntagmorgen trug den Titel „Eine Kultur, die die kreativen Fähigkeiten jedes Menschen emanzipiert und ausbaut. Ein Dialog zwischen Kulturen und Zivilisationen“. Das Hauptthema des Panels war, daß die Anhebung des kulturellen Niveaus und der Dialog zwischen den Kulturen von entscheidender Bedeutung sind, um die gegenwärtige Weltkrise zu lösen und eine glänzende Zukunft für die gesamte Menschheit zu schaffen.
Der Europäische Chor des Schiller-Instituts eröffnete das Kulturpanel mit drei Liedern: Die Gedanken sind frei, Arirang (die inoffizielle gesamtkoreanische Hymne) und das Negro Spiritual Soon I Will Be Done with the Troubles of the World.
Prof. Luc Reychler, emeritierter Professor für internationale Beziehungen an der Universität Löwen und ehemaliger Direktor des Zentrums für Friedensforschung und strategische Studien (CPRS), stellte die Frage: „Was würde Erasmus zum Frieden in der Ukraine sagen?“ Reychler präsentierte eine Analyse des aktuellen Krieges in Europa und stellte Überlegungen an, wie der große niederländische Renaissance-Philosoph Desiderius Erasmus (1466-1536) darauf reagieren würde; dabei stützte er sich auf dessen Schriften wie Das Lob der Torheit und Die Klage des Friedens. Erasmus würde die Rechtfertigungen für den Krieg in der Ukraine kritisieren und sie lächerlich machen. „Er würde sich auch mit der Propaganda auf beiden Seiten auseinandersetzen. Vor allem aber würde er auf die Dummheit des Krieges und die Hybris und Mittelmäßigkeit der Kriegstreiber hinweisen“ und diese beim Namen nennen. „Nur weise Menschen schaffen nachhaltigen Frieden.“
Liliana Gorini, Vorsitzende von Movisol, der LaRouche-Bewegung in Italien, übermittelte die Botschaft „Pacem in Terris und die Zivilisation der Liebe“, und zitierte darin den Komponisten Giuseppe Verdi und Papst Johannes XXIII., dessen Enzyklika Pacem in Terris (Friede auf Erden) von 1963 der Schlüssel zum Friedensprozeß zwischen Kennedy in Amerika und Chruschtschow in der Sowjetunion war.
Maurizio Abbate, Vorsitzender des italienischen ENAC (Nationales Institut für kulturelle Aktivitäten), konstatierte: „Kultur ist der Schlüssel zum Frieden“. Wenn die Europäische Union Waffenlieferungen als „Werkzeuge für den Frieden“ bezeichne, sei ein Beispiel für den kulturellen und moralischen Niedergang von Institutionen und Medien. Es müsse eine neue soziale und kulturelle Renaissance eingeleitet werden. Dazu sei ein neues Paradigma für unsere westlichen Gemeinschaften dringend erforderlich, welches das materielle Prinzip der Wirtschaft als Herzstück der Gesellschaft aufgibt und den Menschen mit seiner materiellen und geistigen Komplexität wieder in den Mittelpunkt stellt.
Tatjana Zdanoka, Mitglied des Europäischen Parlaments der Partei Russische Union Lettlands, berichtete „Über die Dämonisierung der russischen Kultur“ in Lettland. Sie beschrieb die zunehmenden Maßnahmen zur Unterdrückung der Sprache und der Bürgerrechte der großen russischsprachigen Minderheit in Lettland, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine eskalieren. Unterschriften werden gesammelt für eine Petition für die Ausweisung angeblich „illoyaler Bürger“ und den Entzug ihrer lettischen Staatsbürgerschaft sowie für eine Petition für ein Verbot ihrer Partei, der Lettisch-Russischen Union, die sich für die Rechte der russischsprachigen Minderheit einsetzt. Denkmäler zur Erinnerung an die Befreiung Lettlands vom Faschismus werden abgerissen und Schulunterricht in russischer Sprache wird abgeschafft, obwohl rund 25% der lettischen Staatsbürger Russisch sprechen. Sie zitierte Yehudi Menuhin: „Entweder wird Europa zum Europa der Kulturen, oder Europa wird sterben.“
Liz Augustat, Präsidentin der Organisation Frieden durch Kultur e.V., Deutschland, sprach über den „Weltfrieden auf der Grundlage universeller Ethik“. Sie stellte die Arbeit ihrer Organisation vor, deren Hauptziel darin besteht, Brücken zwischen Ethnien, Ländern, Religionen, Traditionen und unterschiedlichen Weltanschauungen zu bauen, wofür sie u.a. Konferenzen organisiert. Sie forderte die Einrichtung von Ethikräten, u.a. international auf der Ebene der Vereinten Nationen, um „Einheit in Vielfalt und universelle ethische Prinzipien wie Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit, Gleichheit, Freiheit, Gemeinschaft, Philanthropie usw.“ zu verkünden.
Wissenschaft contra Klima-Hysterie
Die Abschlußsitzung der Konferenz trug den Titel „Wissenschaftliche Ökologie und Bewertung klimatischer Herausforderungen – Die Beseitigung von Armut und Hunger in der Welt hat Priorität.“ In mehreren Vorträgen wurde die malthusianische Ideologie hinter der gesamten Klimadebatte offengelegt.
Christian Lévêque ist emeritierter Forschungsdirektor des französischen Entwicklungsforschungsinstituts IRD, Ehrenpräsident der Landwirtschaftsakademie Frankreichs und Autor eines kritischen Buchs zur Ökologie („Das doppelte Gesicht der Biodiversität: Die Natur ist kein Garten Eden“). Er entlarvte das etablierte militante Umweltnetzwerk von NGOs wie dem WWF als eine vom Westen dominierte Bewegung, die insbesondere den Globalen Süden dazu verlocken soll, 30% der Landwirtschaft stillzulegen, um angeblich die Artenvielfalt und die Natur zu schützen. Diese gefährliche Politik basiere auf einer falschen Vorstellung von der guten Natur und dem bösen Menschen, während die Natur in Wirklichkeit grausam gegenüber Tieren und Menschen sei, daher sei auch die Verehrung für die Muttergöttin Gaia, wie der „Tag der Mutter Erde“ der Vereinten Nationen, falsch.
Der nächste Redner, Dr.-Ing. Hans-Bernd Pillkahn, Manager des Metallurgieunternehmens PROASSORT, kritisierte die Klimapolitik der Europäischen Union als eine einzige große Katastrophe, die insbesondere in Deutschland der energieintensiven Industrieproduktion die Grundlage entziehe, so daß Aluminium-, Kupfer- und Chemieunternehmen zur Abwanderung gezwungen werden. Das Problem sei, daß die EU sich nicht um dokumentierte Fakten schere, sondern falsche Kausalzusammenhänge konstruiere. So gebe es in seiner Heimatregion in Deutschland etwa genauso viele Störche wie Neugeborene. „Aber gibt es einen kausalen Zusammenhang? Nicht einmal ein Grünen-Wähler würde es wagen, das zu behaupten.“
Es folgte Frank Bornschein, Stadtrat von Schwedt/Oder, einem wichtigen petrochemischen Industriestandort im Nordosten Deutschlands, der auch Koordinator der lokalen Aktionsgruppe „Frieden-Freiheit-Souveränität“ ist. Die Sanktionen gegen russisches Rohöl, das seit 1965 von der Raffinerie PCK importiert und verarbeitet wurde, hätten nichts mit der Ukraine zu tun, das Ziel habe man schon lange vor Ausbruch des Ukraine-Krieges im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung festgehalten. Schon die Vorgängerregierung habe 2019 ihre Absicht verkündet, die fossilen Brennstoffe bis 2030 auf 40% und bis 2050 auf 10% im Vergleich zum Niveau von 2018 zu reduzieren.
Insgesamt hätten die energieintensiven Industrien im Jahr 2020 bereits 55.000 ihrer 800.000 Beschäftigten verloren, die Deindustrialisierung hat begonnen. Die Produktion von PCK wurde auf 55% der Kapazität reduziert, während die Gewinnschwelle bei 70% liegt. Dagegen werde die örtliche Aktionsgruppe Schwedt weiter kämpfen, Ende August werde es dort ein Friedensfest geben, kündigte Bornschein an.
Prof. Alberto Prestininzi, Geologe an der Universität Sapienza in Rom und Direktor des Forschungszentrums CERI sowie Mitglied von CLINTEL (Climate Intelligence), einer internationalen Stiftung für wissenschaftliche Klimaforschung mit 1500 Mitgliedern, sprach über das Thema „Klima: Zwischen Notstand und Wissen“. Echte Klimaforscher stützten ihre Schlußfolgerungen auf Fakten, die in realen Maßstationen gesammelt wurden, die Daten liefern. Dagegen basiere die heutige Klimapolitik gewöhnlich auf Extrapolationen von Ökonomen, die sich nicht auf reale Daten stützen und von nie bewiesenen Annahmen ausgehen. Keine dieser Annahmen spiegele reale Daten wider, diese zeigen eine andere Realität: Es gebe keinen Klimanotstand. All dies hätten er und seine italienischen Kollegen bei CLINTEL in einem Buch dokumentiert, das international verbreitet wird.
Der letzte Redner der Sitzung war Prof. Carl-Otto Weiss, ehemaliger Präsident der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. In seinem Vortrag „Wie Sonnenzyklen das Klima der Erde bestimmen“ warf er den Autoren der „klima-alarmistischen“ Publikationen vor, sie hätten nicht die Aufgabe erfüllt, die sie eigentlich gehabt hätten, nämlich eine fundierte Analyse der Entwicklung der Klimabedingungen durchzuführen. So sei es eine bekannte, aber weithin ignorierte Tatsache, daß die letzten 2000 Jahre der Klimageschichte wechselnde, jeweils etwa 200-300 Jahre lange Warm- und Kaltperioden aufweisen, wobei das Muster, das sie zeigen, für die Zeiträume vor wie auch nach der Industrialisierung identisch ist. Das hätte man leicht herausfinden können, wenn die angeblichen Klimaspezialisten die Fourier-Analyse praktiziert hätten, was sie jedoch nicht taten. Es gebe keinen einzigen Beweis dafür, daß CO₂ die globale Erwärmung verursacht hat, aber viele eindeutige Beweise dafür, daß das Klima von solaren Zyklen gesteuert wird. Der riesige Magnetfeldgenerator der Sonne habe massive Auswirkungen, wie sie die vergleichsweise winzige Aktivität der Menschheit definitiv nicht verursachen könnte, so Weiss. Sämtliche anderen Interpretationen seien nur plumpe Propaganda.
Zum Abschluß der Konferenz rief Helga Zepp-LaRouche alle Teilnehmer auf, das Schiller-Institut und seine Arbeit aktiv zu unterstützen.
Anmerkung:
1. https://www.youtube.com/watch?v=fA_kjj2c0Qc