Einladung zur zweitägigen Konferenz des Schiller-Instituts:
Ohne die Entwicklung aller Nationen kann es keinen dauerhaften Frieden auf dem Planeten geben
Bürger der Welt, vereinigt euch!
Was: Fünfte internationale Konferenz des Schiller-Instituts „Stoppt die Atomkriegsgefahr jetzt!“
Wann: 15. April 2023, 15.00-23.00 Uhr (MESZ) und 16. April 2023, 15.00-21.00 Uhr (MESZ)
Wo: YouTube. Die spanische, französische und deutsche Übersetzung findet auf der Zoomplattform statt. Hierfür ist eine Anmeldung erforderlich.
Die Live-Ausstrahlung im englischen Original finden Sie hier.
Die deutsche Simultanübersetzung wird in Kürze auf dieser Seite veröffentlicht.
Samstag, 15. April 2023
PANEL 1: 15:00 Uhr (MESZ):
Die wachsende Gefahr eines Dritten Weltkriegs unterstreicht die Notwendigkeit einer neuen Sicherheitsarchitektur
Begrüßung und Moderation: Dennis Speed, Schiller-Institut (USA)
Die Sorge, daß die gegenwärtige geopolitische Konfrontation zwischen den USA, Großbritannien und der NATO auf der einen Seite und Rußland und China auf der anderen Seite zu einer Eskalation in einen globalen, möglicherweise nuklearen Krieg führen könnte, wächst und ist groß. In Reaktion darauf ist eine Vielzahl von Friedensplänen für den Ukraine-Krieg entworfen worden, darunter von dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, dem brasilianischen Präsidenten Lula da Silva, dem türkischen Präsidenten Recep Erdoğan und von Papst Franziskus. Es ist vordringlich, die Geopolitik rasch zu überwinden und zu einer neuen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur überzugehen, die den Interessen aller Länder der Erde gerecht wird.
Helga Zepp-LaRouche (Deutschland), Gründerin, Schiller-Institut: „Großartige Aussichten für die Entwicklung der Globalen Mehrheit„
Frieden durch Kooperation mit der Globalen Mehrheit
Von Helga Zepp-LaRouche
Liebe Freunde des Schiller-Instituts in aller Welt, wo immer Sie auch sein mögen! Wir haben uns hier via Internet versammelt, vereint durch die aufrichtige Verpflichtung, Optionen zu entwickeln und aufzuzeigen, wie die Menschheit die existentiellen Gefahren der eskalierenden geopolitischen Konfrontation zwischen dem „Westen“ und insbesondere Rußland und China überwinden kann, die im schlimmsten Fall schon sehr kurzfristig zu einem globalen Atomkrieg und damit zur Vernichtung der gesamten Menschheit und allen Lebens auf der Erde in einem darauf folgenden nuklearen Winter führen könnte.
Doch obwohl diese Gefahr sehr akut ist, gibt es gleichzeitig Grund, äußerst froh und optimistisch zu sein, weil wir die Geburt einer neuen Ära in der Geschichte der Menschheit erleben – einen epochalen Wandel, bei dem die Überreste der alten kolonialen Ordnung, in der Milliarden Menschen zu Armut, Hunger und Unterentwicklung verurteilt waren, durch eine neue Weltwirtschaftsordnung abgelöst werden, die in den kommenden Jahren Bedingungen schaffen wird, unter denen jedes neugeborene Kind die Chance hat, sein Potential voll zu entfalten, ein kreativer Mensch zu werden und zum weiteren Fortschritt der Menschheit beizutragen. Wir haben also das große Privileg, in einem der spannendsten Momente der Geschichte zu leben!
Lassen Sie mich mit einer wirklich bahnbrechenden Entwicklung beginnen. Der brasilianische Präsident Lula da Silva verkündete am Donnerstag in Shanghai bei der Amtseinführung der ehemaligen Präsidentin Dilma Rousseff als Leiterin der Neuen Entwicklungsbank (NDB), daß diese Bank der BRICS nun ihre ursprüngliche Aufgabe erfüllen wird, den Ländern des Globalen Südens umfangreiche Kredite zu gewähren, frei von den Fesseln der Auflagen, die den Schwellenländern von den traditionellen Institutionen – dem IWF – auferlegt wurden. Angesichts der Größe der Bevölkerung und des Gewichts der Volkswirtschaften der BRICS-Plus-Länder würde diese Bank mit globaler Reichweite alle Voraussetzungen erfüllen, um die „Großbank des Globalen Südens“ zu werden. Zum Ziel der neuen Entwicklungsbank sagte er:
„Es ist nicht hinnehmbar, daß auf einem Planeten, der genügend Nahrungsmittel für die gesamte Menschheit produziert, Hunderte Millionen Männer, Frauen und Kinder nichts zu essen haben. Es ist nicht hinnehmbar, daß die Verantwortungslosigkeit und Gier einer kleinen Minderheit das Überleben des Planeten und der gesamten Menschheit gefährdet…“
Die Internationale Entwicklungsbank
Genau das war die Motivation hinter dem Vorschlag für die Internationale Entwicklungsbank (IDB), den mein verstorbener Mann Lyndon LaRouche 1975 machte, nachdem er von Feiern der Baath-Partei aus dem Irak zurückgekommen war, wo er viele Führungspersönlichkeiten des Entwicklungssektors getroffen hatte. Mitglieder der LaRouche-Organisation warben ein ganzes Jahr lang in allen Ländern der Bewegung der Blockfreien Staaten für diese IDB, und dieses Konzept wurde 1976 in ihrer Schlußresolution, die eine gerechte Neue Weltwirtschaftsordnung forderte, auf ihrer Konferenz in Colombo auf Sri Lanka praktisch angenommen.
Aber damals ging die globale Oligarchie dazu über, alle Anführer der Blockfreien Bewegung zu destabilisieren – Frau Gandhi, Frau Bandaranaike, Zulfikar Ali Bhutto und viele andere. Erst viele Kämpfe und 48 Jahre später wird dieses Konzept einer Internationalen Entwicklungsbank von einer Gruppe von Ländern umgesetzt, die stark genug sind, es gegen die Finanzinstitutionen zu verteidigen, die jede derartige Bemühung als „Systemkonkurrenz“ betrachten, die eingedämmt oder zerschlagen werden muß.
Heute findet ein Epochenwandel statt, nach einer historischen Periode von etwa 600 Jahren, seit in Europa mit dem Frankreich Ludwigs XI. und den Schriften des Nikolaus von Kues, der als erster das Konzept des repräsentativen Regierungssystems formulierte, die ersten souveränen Nationalstaaten entstanden, die zum ersten Mal dem Gemeinwohl verpflichtet waren und mit der bis dahin herrschenden Tradition brachen, daß der Staat nur zum Schutz der Privilegien der oligarchischen Elite existierte.
Die verschiedenen Reiche, die bis zum 15. Jahrhundert die einzige Herrschaftsform waren und seit der Antike ununterbrochen bestanden – das mesopotamische, das persische, das römische, das byzantinische, das osmanische, das venezianische, das anglo-holländische und das britische Imperium, um nur einige zu nennen -, schützten immer nur die Interessen des Adels und seiner Mitläufer an der Macht, und versuchten, die Mehrheit der Bevölkerung als Sklaven oder so rückständig wie möglich zu halten, um leichter über sie herrschen zu können. Das koloniale System der Ausbeutung der Ressourcen der unterworfenen Länder, der Sklavenhandel, das eigentliche System des Freihandels als Mittel zur Kontrolle der Preise und der Handelsbedingungen, all das war ein Auswuchs des Systems der Imperien.
Und wie Präsident Sukarno und Präsident Nehru auf der Konferenz von Bandung betonten, besteht der Kolonialismus in modernen Formen fort. Er besteht weiter in der Verweigerung zu Krediten für die Entwicklung durch das Finanzsystem, die Konditionalitäten, die Schuldenfallen der Weltbank und des IWF, die John Perkins in seinem Buch Bekenntnisse eines Economic Hit Man so treffend beschrieben hat, oder in Form der weltweiten Kontrolle über die Lebensmittel, vom Saatgut über die Anpflanzung, die Ernte und die Verarbeitung bis hin zum Verkauf an den Kunden durch ein halbes Dutzend riesiger Lebensmittelkartelle.
Und dieses System endet jetzt! Die Neue Entwicklungsbank verspricht, ein entscheidendes Element des neuen Paradigmas zu werden, das durch die Zusammenarbeit der BRICS-Plus entsteht, für die laut dem russischen Außenminister Lawrow bereits 24 weitere Länder des Globalen Südens ihre Mitgliedschaft beantragt haben und die nun ein deutlich größeres BIP als die G7-Länder repräsentieren und mit Sicherheit die große Mehrheit der Weltbevölkerung darstellen.
Eine neue internationale Währung
Ein weiterer Aspekt des neuen Systems ist die neue internationale Währung, die nicht auf Geldwerten, sondern auf Gold und anderen Rohstoffen basiert und derzeit von einer Kombination von Ländern des Globalen Südens geschaffen wird. Diese neue Währung entsteht als ein Akt der Selbstverteidigung gegen eine ganze Reihe von Maßnahmen der bisher maßgeblichen Finanzinstitute: die rücksichtslose Geldschöpfung von Billionen von Dollar, Euro, Pfund und Yen, die sogenannte „Quantitative Lockerung“ nach dem Systemkollaps von 2008, die Nutzung des Dollars als Waffe durch die Beschlagnahmung ausländischer Vermögenswerte Rußlands, Afghanistans und anderer, die brutalen Sanktionen gegen so viele Länder mit dem Ziel, Regimewechsel herbeizuführen, indem man die Bevölkerung der betroffenen Länder aushungert und zum Aufstand zwingt. Diese neue Währung spiegelt auch Lyndon LaRouches Ideen wider, die er in einem berühmten Artikel vom 18. Juli 2000, „Warenkorb statt Währungskorb: Handel unabhängig vom Wechselkurs“ dargelegt hat.1
Trennbankendebatte in der Schweiz
Auch in einem Land, das nicht zum Globalen Süden gehört, aber ebenfalls vom gleichen Geldsystem der Profitmaximierung für wenige betroffen ist, regt sich Widerstand gegen die verheerenden Folgen des anhaltenden Zusammenbruchs des transatlantischen Finanzsystems – nämlich in der Schweiz. Nach dem Beinahe-Zusammenbruch der Credit Suisse, den gescheiterten Rettungsversuchen mit 50 Milliarden Schweizer Franken und der erzwungenen Übernahme durch die UBS sitzt die Schweiz nun auf dem Vulkan einer monströsen „systemrelevanten“ Bank, einer aufgeblähten UBS, die potentiell die gesamte Schweizer Wirtschaft ruinieren kann und deren Derivatgeschäfte mit entsprechenden Gegenparteien eine tickende Zeitbombe für das gesamte Finanzsystem darstellen. Daher ist im Nationalrat ein heftiger Kampf um die Einführung eines Trennbankengesetzes entbrannt, weil sich ein Großteil der Schweizer Bevölkerung immer noch als Bürger eines souveränen Staates fühlt.
Warum also ist der Westen nicht glücklich, wenn ein neues System entsteht, das ein Rettungsboot für alle sein könnte? Wenn man zum Beispiel den Mainstream-Medien in Deutschland oder der US-Regierung zuhört, ist die große Kontroverse unserer Zeit der Kampf zwischen „Demokratien“, die natürlich „gut“ sind, und „Autokratien“, die offensichtlich „schlecht“ sind. Für sie ist Rußland paranoid, wenn es meint, daß die inzwischen sechs NATO-Osterweiterungen, nicht um „einen Zentimeter“, sondern um tausend Kilometer bis hin zu mehr als 1300 km seiner Grenzen, eine Bedrohung darstellen könnten, weil die Vereinigten Staaten mit ihrem Militärbudget von über 800 Milliarden Dollar, mehr als die nächsten neun Länder zusammen und die NATO keiner Fliege etwas antun würden.
In dieser Berichterstattung zeigen sie ein erstaunliches Maß an Amnesie in Bezug auf die verschiedenen Interventionskriege in Südwestasien, die Millionen von Opfern gefordert haben. Und ganz sicher wollen sie nicht erwarten, daß der Durchschnittsbürger sich eingehender mit den Auswirkungen der offiziellen US-Militärdoktrin befaßt, die einen nuklearen Präventivschlag zuläßt – der nonchalanten Haltung, mit der die Länder Europas zum Schlachtfeld eines hypothetischen „begrenzten Atomkriegs“ werden.
Oder überlegen Sie, warum Daniel Ellsberg kürzlich an die Pläne von John Foster Dulles im Jahr 1958 erinnerte, im Falle eines militärischen Konflikts um Taiwan Atomwaffen einzusetzen, wobei er sich auf eine Studie der Rand Corporation – „Die Krise in der Straße von Taiwan – eine dokumentierte Geschichte“ – bezog, um dann an heutige Whistleblower zu appellieren, über Debatten im Pentagon über den Einsatz von Atomwaffen in China zu berichten. China, über das die meisten Menschen so gut wie nichts wissen, ist laut Denkfabriken und Medien in letzter Zeit „aggressiver“ geworden und will durch Investitionen die Welt erobern.
Im öffentlichen Diskurs im Westen geht es nicht mehr um die historische Wahrheit, die durch Nachforschungen und sokratischen Dialog ans Licht gebracht werden kann, sondern um die Kontrolle über das „Narrativ“, das dann zu einer Glaubensstruktur wird.
Ein sehr bemerkenswertes Beispiel aus jüngster Zeit: Als Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, kürzlich die Forderung des französischen Präsidenten Macron unterstützte, die Europäer müßten ihre eigenen Interessen verteidigen und dürften sich nicht als Vasallen der USA in den Konflikt zwischen den USA und China um Taiwan hineinziehen lassen, konterte der führende SPD-Abgeordnete Michael Roth: „Ich sehe keine blinde Gefolgschaft in Europa. Ich sehe hingegen in Washington ein Höchstmaß an Verantwortungsbewußtsein für Frieden und Stabilität in Europa.“
Es ist jedoch nicht klar, ob er damit die möglicherweise letzten Momente des Friedens nach dem Druck der USA auf Deutschland meinte, immer mehr schwere Waffen in die Ukraine zu schicken, bevor die ganze Situation zu einem Weltkrieg eskaliert, oder ob er die „Stabilität“ in Europa meinte, nachdem die gesamte europäische politische Klasse nach Seymour Hershs glaubwürdiger Analyse darüber, wer die Nord-Stream-Pipelines gesprengt hat, den Mund gehalten hat.
Vergessen ist offensichtlich die scharfe Rüge von Helmut Schmidt gegen den Unilateralismus der Bush-Administration, als er in der Zeit schrieb: „Europa braucht keinen Vormund“ und den Einfluß von Robert Kagan, Richard Perle, Zbigniew Brzezinski und Paul Wolfowitz anprangerte. Es ist unklar, ob die Apologeten der „guten Demokratien“ einfach nur gute Schüler des ehemaligen CIA-Chefs Pompeo sind, der sich öffentlich damit brüstete, daß sie „ganze Trainingskurse“ hatten, in denen ihnen beigebracht wurde, wie man lügt, betrügt und stiehlt, oder ob sie sich selbst schon so lange indoktriniert haben, daß sie jetzt ihre eigene Propaganda glauben.
Das „Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert“
Jeder, der ernsthaft die Zeitgeschichte studiert, wird feststellen, daß der Kern des gegenwärtigen Konflikts zwischen dem Westen und Rußland, China und dem Globalen Süden die sogenannte Wolfowitz-Doktrin des Projekts für ein neues amerikanisches Jahrhundert (PNAC) ist, die für die USA das Recht auf eine unipolare Welt auf der Grundlage der anglo-amerikanischen Sonderbeziehung beansprucht, in der es keiner Nation oder Gruppe von Nationen erlaubt sein soll, die USA in Bezug auf politische, wirtschaftliche oder militärische Macht zu überholen.
Das war die Glaubensstruktur all jener anglophilen US-Präsidenten und Strategen, die davon überzeugt waren, daß es eine „endgültige Teilung Chinas“ geben müsse, um den „arischen Stamm“ zu erhalten, wie Churchill es 1902 in einem Interview formulierte; oder daß Rußland „besiegt“, „geschwächt“ und in zehn Einheiten aufgeteilt werden müsse, wie kürzlich Mitglieder westlicher Regierungen erklärten. Es war auch durchweg die Glaubensstruktur hinter Kissingers berüchtigtem Papier NSSM-200, in dem es im wesentlichen hieß, daß die Rohstoffe der Länder des Globalen Südens aus strategischem Interesse den Vereinigten Staaten gehören. Sie stand hinter Madeleine Albrights Formulierung, der Tod von 500.000 irakischen Kindern sei „die Sache wert“, und hinter Obamas Beharren, es gehe nicht an, daß alle Afrikaner ein Haus und ein Auto haben, weil sonst „der Planet überkocht“.
Die große Mehrheit der Länder der Welt kann erkennen, daß der Anspruch der „regelbasierten Ordnung“, die Protagonisten des „Guten“ zu sein, die in einem „Garten“ leben, während alle anderen irgendwie im „Dschungel“ dahinvegetieren, immer mehr bröckelt. Unter diesen Umständen würde eine „Abkopplung“ – nicht nur von China, sondern auch von dem entstehenden neuen Wirtschaftssystem – nicht nur den Untergang des Westens im Chaos bedeuten, sondern höchstwahrscheinlich auch die Eskalation in einen Atomkrieg.
Mit der Globalen Mehrheit zusammenarbeiten
Es muß uns daher gelingen, mit allen Mitteln einen bedeutenden Teil der Menschen in den Vereinigten Staaten und den europäischen Ländern davon zu überzeugen, über die Bedeutung des historischen Wandels nachzudenken, in dem wir uns gerade befinden. Dies ist nicht der Zeitpunkt, um in der Welt herumzurennen und Druck auf die Länder Afrikas, Lateinamerikas oder Asiens auszuüben, damit sie mit Rußland und China brechen, was sie ohnehin nicht tun werden.
Wenn wir diese Teile der Bevölkerung in Europa und den Vereinigten Staaten rechtzeitig dafür mobilisieren können, zu erkennen, daß es in unserem besten Interesse ist, mit den BRICS-Plus, der SCO, ASEAN, der Afrikanischen Union und anderen Organisationen der globalen Mehrheit zusammenzuarbeiten, dann wird die menschliche Gattung in eine glänzende neue Ära eintreten, in der wir uns endlich auf die großen Aufgaben der Menschheit konzentrieren können: auf die Schaffung von Frieden durch Entwicklung, auf die Überwindung der Armut für jeden Menschen auf dem Planeten, auf die allgemeine Bildung für jedes neugeborene Kind, auf die Schaffung von Energie- und Rohstoffsicherheit durch wissenschaftliche Durchbrüche, durch die Zusammenarbeit in der internationalen Raumfahrt, durch die Erkenntnis, daß wir die schöpferische Gattung im Universum sind.
Ich rufe alle Teilnehmer dieser Konferenz auf, mit uns zusammenzuarbeiten, möglichst viele Nationen zu ermutigen, eine internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur auf die Tagesordnung zu setzen, die alle Konflikte löst, indem sie eine gerechte Weltwirtschaftsordnung schafft und indem sie eine neue Renaissance im Dialog der besten Traditionen aller Kulturen schafft, damit sich die Menschheit endlich menschlich verhält.
Und lassen Sie mich meinem verstorbenen Ehemann Lyndon LaRouche ein großes „Danke!“ und den Beifall aller guten Menschen auf diesem Planeten aussprechen für das, was er zu den heutigen Chancen der Menschheit beigetragen hat! Ich danke Ihnen.
(Aus dem Englischen übersetzt, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)
Anmerkung:
1. Englisch https://larouchepub.com/eiw/public/2000/eirv27n30-20000804/eirv27n30-20000804_004-on_a_basket_of_hard_commodities-lar.pdf, Deutsch in Neue Solidarität, Nr. 33 und 34/2000
Connie Rahakundini Bakrie (Indonesien), Dozentin, strategische Analystin, „Vier Fundamente um die Welt neu aufzubauen“.
Vier Grundlagen, um die Welt neu aufzubauen
Von Connie Rahakundini Bakrie
Connie Rahakundini Bakrie aus Indonesien ist Dozentin und strategische Analystin. In der Internetkonferenz am 15. April hielt sie den folgenden Vortrag. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)
In meinem heutigen Vortrag geht es um die Neue Weltordnung und ihre vierfachen Grundlagen. Ich vertrete dabei den Standpunkt der Dynamik der gemeinsamen Entwicklung, hin zur Verwirklichung eines echten Gleichgewichts der Kräfte in der Weltwirtschaft und in der globalen Sicherheit.
Warum sage ich das so? Weil ich überzeugt bin, daß die Zeit gekommen ist für die mehr als sechs Milliarden Menschen, die außerhalb des Westens leben.
66% von ihnen stehen Rußland positiv gegenüber, auch im Rußland-Ukraine-Krieg, und 70% stehen China positiv gegenüber, trotz der Taiwan-Frage, die in letzter Zeit aufgetaucht ist. Und bei denen, die Rußland positiv gegenüberstehen, sind es in Südostasien 75%, im frankophonen Afrika 68% und in Südostasien 62%. Die öffentliche Meinung über Rußland bleibt auch positiv in Indonesien – meinem Land -, in Saudi-Arabien, Malaysia, Indien, Pakistan und Vietnam. Die Umfrage zu diesem Thema hat die Universität Cambridge durchgeführt.
Es gibt fünf Gründe, warum die Lage so ist:
– Erstens glaubt der Globale Süden nicht, daß der Westen seine Probleme versteht oder mitfühlt.
– Der zweite Grund ist, daß die Geschichte eine Rolle spielt – also: wer hat während des Kolonialismus und nach der Unabhängigkeit wo gestanden?
– Und der dritte Punkt ist der Krieg in der Ukraine, bei dem es aus Sicht des Globalen Südens hauptsächlich um die Zukunft Europas geht, nicht um die der ganzen Welt.
– Und das vierte Stichwort ist eine Wirtschaft, die nicht mehr amerikanisch dominiert oder westlich geführt ist, weil der Globale Süden andere Optionen hat.
– Und das letzte ist schließlich die „regelbasierte internationale Ordnung“, der es an Glaubwürdigkeit mangelt und an der es immer weniger Interesse gibt.
Die Haltung „Globaler Norden über alles“ ist zum Problem geworden.
Viele im Globalen Süden sehen es so, daß der Westen bzw. der Globale Norden seit Jahrzehnten mit der Welt umspringt, wie er will, ohne Rücksicht auf andere.
So wurde einfach mutwillig in einige Länder ohne Genehmigung des UN-Sicherheitsrats einmarschiert. Dazu gehören das ehemalige Jugoslawien, Irak, Afghanistan, Libyen und Syrien. Diese Völker wurden unterdrückt, und nach welchen Regeln wurden diese Länder eigentlich angegriffen oder verwüstet? Waren diese Kriege provoziert oder vielleicht sogar unprovoziert?
Wir sehen, daß Julian Assange im Gefängnis dahinvegetiert und Ed Snowden im Exil ist, nur weil sie den Mut (oder die Kühnheit) haben, die Wahrheit über diese Dinge aufzudecken. Und der jüngste Fall ist die Anklage des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Präsident Putin.
Man muß wissen, daß der Rest der Welt all dies ganz anders sieht.
Ich würde sagen, die vierfache Grundlage, von der ich sprach, ist eigentlich ein New Deal. Und dies hier sind die vier Elemente:
Das erste sind die BRICS.
Das zweite ist die neue Blockfreie Bewegung.
Das dritte Element ist die Wahl von Trump zum US-Präsidenten.
Und das letzte ist das „neue Rußland“.
BRICS und die neue Blockfreie Bewegung
Warum ist die Blockfreie Bewegung wichtig für das Machtgleichgewicht zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden? Weil der Kampf der Blockfreien für Gleichheit immer noch relevant ist, solange es immer noch ein so große Gefälle zwischen Nationen gibt.
Die Bipolarität der Welt war nach dem Kalten Krieg nicht weg, es gibt immer noch ein großes wirtschaftliches Gefälle zwischen einer Milliarde Menschen und mehr als sieben Milliarden Menschen.
Die Blockfreie Bewegung ist auch von Bedeutung für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens, indem sie eine aktivere Rolle spielt, um ihre Gründungsprinzipien und Ziele zu verwirklichen, vor allem ein echtes Gleichgewicht einer friedlichen und wohlhabenden Welt.
Die Blockfreie Bewegung ist als internationale Bewegung immer noch sehr relevant wegen ihrer Prinzipien, vor allem da die Welt von der Supermacht danach eingeteilt wird, wer in der „Koalition der Willigen“ ist und wer die „Koalition der Unwilligen“ bildet. Das ist etwas, was die Blockfreie Bewegung stärker machen kann.
Das nächste Element sind die BRICS. Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative zeigt uns zusammen mit der Initiative der neuen Blockfreien Bewegung den Weg hin zum Aufbau eines realen Instruments für Handel, Finanzen, Technologie, Industrie, Währung und Investitionen, und nicht zuletzt die Vision einer „Bruderschaft des Globalen Südens“. Ich denke, daß die BRICS-Bewegung sich nicht mehr nach Norden, sondern eher nach Süden orientiert. Und wenn wir heute Rußland betrachten, glaube ich, daß Rußland sich jetzt dem Süden zuwendet und nicht mehr dem Norden zuordnet.
Und Trump schließlich ist die einzige Antwort, damit Amerika sich mehr auf eine nach innen gerichtete Strategie konzentriert, anstatt auf die nach außen gerichtete.
Die UNO verbessern
Die Blockfreie Bewegung ist also wichtig für die Aufrechterhaltung des Machtgleichgewichts zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Denn sie hat eine bedeutende Rolle dabei, die UNO zu stärken, zu verändern oder zu verbessern, damit die Vereinten Nationen als Friedensplattform erhalten bleiben. Und ich denke, wir brauchen die Blockfreie Bewegung, um die Schwäche der UNO zu beheben, wenn ich das einmal so sagen darf.
Dann wird die neue Blockfreie Bewegung zu einem integralen Bestandteil einer relevanten Außenpolitik, hauptsächlich, um weitere Formen von „Kontrolle und Diktat“ des Globalen Nordens gegenüber den Ländern des Globalen Südens zu verhindern.
Und die Blockfreie Bewegung muß in der Lage sein, als Katalysator zu fungieren, um die Zusammenarbeit des Globalen Südens voranzutreiben, die Konnektivität zu beschleunigen und die Entwicklung zu beschleunigen, um eine gleichberechtigte, faire und ausgewogene Welt zu schaffen.
Hier spreche ich auch von einem „neuen Rußland“ und wie dieses neue Rußland die Globalisierung schwächen kann.
Erstens muß Präsident Putin betonen, daß das neue Rußland seine Beziehungen zum Globalen Süden weiter ausbauen wird, und zwar durch die Globale Entwicklungsinitiative und die Globale Sicherheitsinitiative für Nichtkriegerische Militäroperationen (military operations other than war, MOOTW), was wirklich wichtig ist.
Zweitens: Da die Globalisierung schwächer wird, sollten die Freiheiten Ziele werden, die von den gewöhnlichen, normalen Bürgern verfolgt werden. Dazu müssen wir die Bürger aufklären.
Und drittens und letztens könnte es das wichtigste Zeichen eines politischen Erwachens von Rußland sein, wenn es Vorreiter beim Schutz der individuellen Rechte wird. Ich denke, dies kann eine Anregung für Rußland sein, entsprechend zu handeln.
Und nochmals, was Präsident Trump betrifft, so denke ich, daß wir die Trump-for-President-Bewegung brauchen, weil Amerika damit versuchen wird, „wieder groß zu sein“, was bedeutet, daß sie sich mehr auf eine nach innen gerichtete Haltung konzentrieren werden, anstatt auf eine nach außen gerichtete Haltung und die Kontrolle über den Großteil der Welt.
Sicherheit ohne Krieg
Der letzte Punkt ist die neue Blockfreie Bewegung in Bezug auf Rußland und die globale strategische Tiefe.
Wenn Rußland und die Nationen des Globalen Südens in ihrer strategischen Tiefe in Bezug auf Wirtschaft, Handel, Ressourcen und Technologie weiter aufholen, müssen einige Richtlinien und natürlich speziell der rechtliche Rahmen für Nichtkriegerische Militäroperationen (MOOTW) erweitert werden, damit sich die Streitkräfte der blockfreien Länder an neue Situationen vor Ort anpassen können.
Die objektiven Fakten vor Ort deuten nicht darauf hin, daß die Zerstörung, die gegenwärtig Europa verheert, in der unmittelbaren Zukunft (bis 2025) auf Ostasien und Südostasien übergreift und es ruiniert. Dazu denke ich, Amerika muß aufhören, Ärger um Taiwan und um Süd- und Ostasien zu machen.
Nichtkriegerische Militäroperationen im Globalen Süden müssen auf zehn Initiativen zurückgehen; wir müssen den Ländern helfen in Bezug auf 1. Souveränität, 2. territoriale Integrität, 3. Bekämpfung von „Staatsterrorismus“, 4. Aufrechterhaltung der Stabilität, 5. Sicherheitsoperationen, 6. humanitäre Hilfe, 7. Unterstützung der Umweltsicherheit, 8. Katastrophenhilfe, 9. Rettung und Hilfe im Globalen Süden sowie 10. friedenserhaltende Operationen im Globalen Süden. Auch hier sollte gelten: mehr für den Globalen Süden als für die internationale Ebene.
Für diese MOOTW des Globalen Südens braucht es eine Art gemeinsame Doktrin. Dieses MOOTW-Konzept wird festlegen, wie das neue Rußland, China und die neuen Blockfreien Staaten militärische Aktivitäten oder Küstenschutz im Rahmen von Missionen zum Schutz der Nationen des Globalen Südens durchführen werden, um Souveränität und territoriale Integrität zu schützen. Entlang umstrittener Landgrenzen sowie im See- und Luftraum müssen wir eine „Gemeinsame Doktrin des neuen Rußland, Chinas und der neuen Blockfreie Bewegung für Nichtkriegerische Militäroperationen“ entwickeln.
Ich denke, das ist es, was ich bei dieser Gelegenheit ansprechen kann. Ich freue mich auf die Diskussion darüber. Ich danke Ihnen.
Prof. Wen Yi (China), Makroökonom, ehemaliger führender Experte bei der Federal Reserve Bank der Vereinigten Staaten, „Das Geheimnis von Chinas wirtschaftlichem Erfolg“
Das Geheimnis des wirtschaftlichen Erfolgs von China
Von Prof. Wen Yi
Prof. Wen Yi ist Volkswirtschaftler und war Forschungsleiter bei der Federal Reserve Bank der Vereinigten Staaten.
Vielen Dank, daß Sie mich zu dieser wunderbaren Konferenz eingeladen haben. Zunächst einmal wurde ich sehr kurzfristig eingeladen, so daß ich Ihnen keine PowerPoint-Präsentation vorlegen kann, aber ich möchte etwas über das Wesen oder das Geheimnis von Chinas schneller Entwicklung sagen. Denn ich denke, daß die Erfahrungen Chinas sehr wichtig sind, um sie mit anderen Entwicklungsländern zu teilen. Leider war die gesamte konventionelle, westliche Wirtschaftstheorie bisher nicht in der Lage, eine schlüssige Erklärung für den rasanten Aufstieg Chinas zu liefern, und auch nicht in der Lage, eine gute Erklärung für die britische industrielle Revolution zu liefern.
Meiner Meinung nach sind beide Phänomene eng miteinander verbunden. Wenn wir die wirtschaftliche Entwicklung Chinas nicht erklären können, dann gibt es keine Hoffnung, daß wir auch die industrielle Revolution erklären können, die sich vor etwa 250 Jahren in Großbritannien ereignete, und umgekehrt gibt es keine gute Theorie, um die industrielle Revolution zu erklären. Das ist der Grund, warum die Menschen die Entwicklung Chinas immer noch nicht sehr gut verstehen können.
Ich werde hier also auf etwas eingehen, das sich von der herkömmlichen Wirtschaftstheorie unterscheidet. Lassen Sie mich zunächst drei oberflächliche Unterschiede zwischen dem chinesischen Modell und dem westlichen kapitalistischen Entwicklungsmodell nennen. Danach werde ich versuchen, auf die grundlegende Logik dahinter einzugehen.
Wenn man den Aufstieg Chinas oder die Entwicklung Chinas mit der Entwicklung Europas oder des Westens vergleicht, ist der große Unterschied natürlich das Ausmaß. Bis heute, nach fast 250 Jahren industrieller Revolution, die von Großbritannien ausging, leben nur weniger als 15% der Weltbevölkerung in industrialisierten Gesellschaften. Mehr als 85% der Weltbevölkerung sind immer noch nicht industrialisiert. Das ist eine sehr unglückliche Situation. Wenn es China gelingen würde, seinen Industrialisierungsprozeß abzuschließen, würden allein dadurch weitere 20% der Weltbevölkerung zu dieser Gruppe von Menschen hinzukommen, die in einer industrialisierten Gesellschaft leben. Das ist also der erste Punkt.
Zweitens verlief der Industrialisierungsprozeß in China trotz vieler Schwierigkeiten sehr schnell, sehr schnell. Wenn wir also die Wirtschaftsreform von Deng Xiaoping als Ausgangspunkt nehmen, und vernünftigerweise sollten wir mit der Gründung der Volksrepublik China beginnen – das sind immer noch nur 70 Jahre. Und doch haben die westlichen Mächte mehrere hundert Jahre für ihre Entwicklung gebraucht, die schließlich zur Industrialisierung führte. Selbst nachdem Großbritannien die industrielle Revolution in Gang gesetzt hatte, brauchte der Westen noch 250 Jahre, um diese Phase abzuschließen. Was die Geschwindigkeit angeht, ist das also auch sehr dramatisch.
Und nicht zuletzt unterscheidet sich die chinesische Art der Industrialisierung stark von der westlichen Art der Industrialisierung. Sie ist sehr friedlich, zumindest bis jetzt. Wir wissen, daß die westliche Industrialisierung sehr schmerzhaft und voller Kriege war. Deshalb nennen wir den westlichen Kapitalismus auch den Kriegskapitalismus.
Das sind also drei, sagen wir, oberflächliche Merkmale, aber die zugrundeliegende wirtschaftliche Logik ist doch sehr ähnlich. Darauf möchte ich hinweisen und deshalb die chinesische Erfahrung sowie die britische industrielle Revolution beleuchten und daraus einige Lehren für die Entwicklungsländer ziehen, denn wie der Titel dieser Konferenz sagt, können wir ohne die Entwicklung oder Industrialisierung aller Nationen keinen dauerhaften Frieden haben. Ich denke, das ist eine sehr tiefgründige Botschaft.
Massenproduktion braucht einen Massenmarkt
Betrachten wir also rückblickend die Erfahrungen Chinas. Das Geheimrezept der industriellen Revolution, wie ich es nenne, weist folgende Merkmale auf.
Erstens: Die Armut hat ihre Wurzeln in der Unfähigkeit zur Massenproduktion von Gütern, von Kleidung über Unterkünfte bis hin zu Autos, einfach alles. Diese mangelnde Fähigkeit zur Massenproduktion ist also der Hauptgrund für Armut. Um Dinge in Massen zu produzieren, denken wir normalerweise an Technologie. Aber heute ist die Technologie nicht das eigentliche Problem. Was wir vergessen haben, ist, daß wir einen Massenmarkt oder einen einheitlichen Markt brauchen, damit die Massenproduktionstechnologie rentabel ist und von jeder Nation – insbesondere vom privaten Sektor – übernommen werden kann. Ohne einen Massenmarkt kann alles, was in großen Mengen produziert wird, nicht verkauft werden, und deshalb kann man auch keinen Gewinn erzielen.
Wir haben die Erfahrung mit der Sozialplanung gemacht, die versucht hat, die Massenproduktion durchzusetzen, ohne sich auf den Markt zu verlassen. Aber diese Art von Methode war im Grunde nicht in der Lage, mit dem Kapitalismus zu konkurrieren, weil sie Verluste machte. Deshalb muß die Massenproduktion durch den Massenmarkt unterstützt werden.
In dieser Hinsicht sind wir nicht über die traditionelle Wirtschaftstheorie hinausgegangen, denn Adam Smith selbst hat darauf hingewiesen, daß die Industrialisierung der Arbeitsteilung durch die Größe des Marktes begrenzt wird. Ohne einen Markt kann man nicht hoffen, eine Arbeitsteilung einzuführen, weil das zu Verlusten führen wird. Diesen Teil kennen wir also.
Was wir aber nicht wissen, worauf Adam Smith nie hingewiesen hat und was uns die herkömmliche Wirtschaftstheorie nicht lehrt, ist Folgendes: Der Markt selbst ist ein grundlegendes öffentliches Gut. Kein einzelner Bauer ist in der Lage, ihn zu produzieren, also kann diese Art von öffentlichen Gütern nur mit Hilfe des Staates geschaffen werden.
Und der Markt hat drei Säulen: Die erste Säule ist die politische Stabilität; die zweite Säule ist das soziale Vertrauen; die dritte Säule ist die Infrastruktur. Ohne sie gibt es keinen Markt.
Der Markt besteht also aus öffentlichen Gütern, die kollektiv geschaffen werden müssen, insbesondere von der Regierung. Wir wissen auch, daß die Infrastruktur wichtig ist, aber wir wissen noch nicht, wie sehr sie den Markt prägt. Zum Beispiel bestimmt sie direkt die Form, die Raum-Zeit-Form des Marktes, und sie bestimmt den Fluß, die Richtung, das Volumen und die Geschwindigkeit des Warenflusses. Doch die Infrastruktur selbst ist bekanntlich ein öffentliches Gut, und sie ist neben politischer Stabilität und sozialem Vertrauen eine der Säulen, die einen Markt stützen.
Der neue Imperialismus ignoriert also völlig die politische Stabilität als Pfeiler des Marktes, er ignoriert völlig das soziale Vertrauen als Pfeiler des Marktes. Und natürlich wissen sie auch nicht, wie man Infrastrukturen aufbaut, denn dafür braucht man Geld.
Wir müssen also über Adam Smith hinausgehen und erkennen, daß der Markt für die Unterstützung der Massenproduktion von grundlegender Bedeutung ist, aber der Markt ist ein öffentliches Gut, das nur mit Hilfe des Staates geschaffen werden kann.
Während der gemeinsamen Reformen in den 1980er und 90er Jahren sagte der Washington Consensus den Entwicklungsländern, die Regierung müsse sich einfach zurückziehen und den Staat kollabieren lassen, dann werde sich der Markt hoffentlich von selbst entwickeln.
Das ist falsch, wenn Sie an die Geschichte Europas denken. Die britische Regierung, die niederländische Regierung, die deutsche Regierung, die französische Regierung, die US-Regierung und die japanische Regierung haben alle dazu beigetragen, den Markt für ihre eigenen Unternehmen zu fördern.
Der Markt muß Schritt für Schritt geschaffen werden
Ein weiterer Grundsatz ist, daß der Markt zur Unterstützung von Industrien nicht durch einen einzigen großen Schub oder eine Schocktherapie geschaffen werden kann. Er kann nur nach und nach geschaffen werden, Schritt für Schritt, denn der Markt hat Strukturen.
Die primitivste Art von Markt, mit der man in jeder Agrargesellschaft beginnen kann, ist der sogenannte protoindustrielle Markt, der Handwerker und kleine, winzige Unternehmen unterstützt. Diese Phase ist wesentlich, insbesondere für Länder wie Afrika und China in den 1980er Jahren. Normalerweise versuchen die Länder, wichtige Phasen zu überspringen, um die Industrialisierung voranzutreiben, und überspringen daher frühere Phasen, um den Markt zu entwickeln und Industrien zu gründen. Letztendlich geraten sie in eine Finanzkrise. Die Erfahrungen in Lateinamerika, sei es in Brasilien, Argentinien, Chile und vielen anderen Ländern, zeigen dies anschaulich. Das ist also der falsche Weg, um einen Markt zu schaffen. Man muß bescheiden sein und einen Markt von Grund auf und Schritt für Schritt aufbauen.
Schauen Sie sich die chinesischen Erfahrungen in den 1980er Jahren an, als Deng Xiaoping die Wirtschaftsreform einleitete. Zuallererst sorgte er für politische Stabilität, denn er wußte, daß man ohne politische Stabilität kein ausländisches Kapital anziehen und keine Wirtschaft haben konnte. Gleichzeitig wollte er, daß die gesamte Regierung, nicht nur die Zentralregierung, sondern auch die lokalen Regierungen, die Wirtschaft unterstützen und im Wesentlichen einen Markt schaffen. Aber Deng Xiaoping war sehr bescheiden, sein Ziel war nur, bis zum Jahr 2000 ein Pro-Kopf-Einkommen von 200 oder 500 Dollar pro Person zu erreichen.
Dieses bescheidene Ziel erwies sich als richtig. Wenn man sich nicht in die Industrialisierung stürzt und gleich versucht, Schwerindustrien aufzubauen, wird das scheitern, weil die Schwerindustrie eine Leichtindustrie benötigt, um ihre Marktnachfrage zu schaffen. Die Leichtindustrie, wenn wir eine Massenproduktionstechnologie einsetzen wollen, benötigt eine Protoindustrie, um den Markt zu schaffen. Chinas Erfahrung begann in den ländlichen Gebieten mit den sogenannten Dorf-Stadt-Firmen. Sie waren sehr primitiv, in sehr kleinem Maßstab, aber sehr wichtig. Millionen, ja Milliarden von Menschen waren an diesem Prozeß beteiligt, der schließlich den Markt schuf…
Wenn ich also die Entwicklung des Marktes genauer beschreiben möchte, wie ein Markt in einem sequentiellen Prozeß geschaffen wird, unterteile ich ihn in drei Phasen. In der ersten Phase, vor allem in armen Ländern wie Afrika, wird ein Markt geschaffen, um eine Proto-Industrie zu unterstützen, die sehr primitiv, aber sehr wichtig ist. Sie zieht die gesamte bäuerliche Bevölkerung in die Produktion.
Ist der Markt erst einmal gut entwickelt, vor allem mit einem Liefernetzwerk – den kleinen Läden -, dann kann man die Massenproduktion von Leichtindustrien wie der Textilindustrie unterstützen. Die Textilproduktion ist eine sehr wichtige Etappe für den Aufstieg eines Landes.
Sobald die Industrialisierung der Leichtindustrie abgeschlossen ist, entsteht ein enormer Bedarf an Transportmitteln und Maschinen, was wiederum den Startschuß für die schwerindustrielle Revolution, die Schwerindustrie, gibt. Das ist dann die dritte Stufe. Und erst wenn die Schwerindustrialisierung abgeschlossen ist, verwendet man Kapital, um Kapital zu produzieren, man verwendet Maschinen, um Maschinen zu produzieren. Jetzt wird die Produktivität so hoch sein, daß man die Landmaschinen sehr billig machen kann, und die Bauern werden sie kaufen können. Erst dann wird die Modernisierung der Landwirtschaft möglich.
Viele Länder haben in der falschen Reihenfolge begonnen. Sie beginnen mit der Schwerindustrialisierung, beginnen mit der Finanzreform – das ist völlig falsch. Sie haben die falsche Reihenfolge gewählt. So kann man keine Märkte schaffen, vor allem nicht für den industriellen Markt.
Erst wenn die Produktivität der arbeitenden Bevölkerung so hoch ist, die Lohnquote so hoch ist, daß die Arbeitskräfte knapp werden und das Kapital so billig und reichlich vorhanden ist, dann kann die Gesellschaft in einen Wohlfahrtsstaat übergehen. Sie können also Wohlfahrt unterstützen.
Wohlfahrt hat zwei Aspekte: Der erste ist die wirtschaftliche Wohlfahrt, wie Renten, Arbeitslosenversicherung, kostenlose Bildung, kostenlose medizinische Versorgung. Der andere Aspekt ist die politische Wohlfahrt: Menschenrechte und andere Dinge. Aber ohne die wirtschaftliche Grundlage werden Sie scheitern, wenn Sie zu früh mit dem Wohlfahrtsstaat beginnen. Ihre Wirtschaft ist nicht in der Lage, ihn zu tragen.
Ich denke, das faßt die chinesische Erfahrung zusammen, und diese Erfahrung folgt der gleichen wirtschaftlichen Logik wie die britische industrielle Revolution, die amerikanische industrielle Revolution und die japanische industrielle Revolution. Wenn wir also heute versuchen, Entwicklungsländern bei der Entwicklung ihrer Wirtschaft zu helfen, müssen wir daraus Lehren ziehen, anstatt ihnen nur mit modernen Industrien zu helfen, weil ihre Wirtschaft nicht in der Lage ist, dies zu unterstützen. Der Markt wird nicht auf diese Weise geschaffen, er kann nur nach und nach entstehen. Ich denke, das ist im Wesentlichen mein Punkt.
Aber wenn man sich die europäische Geschichte anschaut, haben die Regierungen eine sehr wichtige Rolle bei der Schaffung eines Marktes gespielt, insbesondere eines globalen Marktes. Ohne die Schaffung des Weltmarktes durch die Kolonisierung, durch die große Reise, hätte es die industrielle Revolution nie gegeben.
Aber natürlich hat uns Chinas Erfahrung gezeigt, daß wir Märkte auch auf friedliche Weise schaffen können, ohne den Kriegskapitalismus westlicher Prägung zu wiederholen. Das ist eine der wichtigsten Lehren, die China anderen Entwicklungsländern anbieten kann. Der Staat, die Regierung, auf zentraler und lokaler Ebene, muß eine sehr wichtige Rolle spielen, um der eigenen Wirtschaft zu helfen, einen Markt für die eigene Wirtschaft zu schaffen.
Ich denke, das ist das Ende meines Vortrags. Vielen Dank, daß Sie mir zugehört haben.
Kurze Diskussion
Botschafter Igor Romantschenko (Rußland), Botschafter der Russischen Föderation in Peru, „Grüße an die Konferenz“ und Kosmonaut Sergei Nikolajewitsch Rjasanski (Rußland): „Grüße an die Konferenz“
Bemerkungen von Botschafter Igor Romantschenko
Botschafter der Russischen Föderation in Peru
15. April 2023
Sehr geehrte Leitung des Schiller-Instituts, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Helga Zepp-LaRouche! Sehr geehrte Damen und Herren.
Zunächst möchte ich den substantiellen Beitrag des Schiller-Instituts zu den gemeinsamen Bemühungen um ein neues Paradigma der Weltentwicklung anstelle des überholten unipolaren Modells der Beziehungen zwischen den Staaten würdigen.
Die Menschheit befindet sich heute in einer Ära revolutionärer Veränderungen, in der die nationale Identität regionaler Machtzentren ebenso wächst wie in der Ära der Entkolonialisierung.
Als Reaktion darauf versuchen einige an Vorherrschaft gewöhnte Akteure der internationalen Beziehungen, Konkurrenten auf militärisch-politischem und wirtschaftlichem Gebiet auszuschalten und das unipolare und praktisch neokoloniale Modell der Welt unter dem Slogan einer „regelbasierten Ordnung“ wiederzubeleben, das sie für ihre eigenen Bedürfnisse erfunden haben.
Ich bin davon überzeugt, daß wahre Demokratie in einer multipolaren Weltordnung die Freiheit jeder Nation einschließt, ihren eigenen Entwicklungsweg und ihr eigenes sozio-politisches System zu wählen und die Vorteile der Zivilisation auf gleicher Basis zu nutzen.
In dieser Woche, am 12. April, feierte die ganze Welt den Welttag der Kosmonautik. An diesem Tag im Jahr 1961 unternahm unser Landsmann Juri Gagarin den ersten bemannten Raumflug und leitete damit die Ära der Weltraumforschung ein. Wir haben den russischen Kosmonauten Sergej Rjasanskij gebeten, ein Grußwort für Ihre Konferenz zu sprechen.
****************
Grußbotschaft des Kosmonauten Sergej Rjasanskij, Russische Föderation
Liebe Freunde: Ich bin der Kosmonaut Sergej Rjasanskij. Ich möchte Sie alle zum Weltkosmonautentag beglückwünschen. Wenn Sie auf der Internationalen Raumstation arbeiten, werden Sie nicht müde, die Schönheit unseres Planeten zu genießen. Lassen Sie uns alle gemeinsam diese Schönheit bewahren und vermehren. Ich möchte allen kosmisches Glück und natürlich kosmische Gesundheit wünschen.
Grußbotschaft von Generalleutnant a.D. Manfred Grätz und Generalmajor a.D. Sebald Daum (ehemals NVA)
Werte Friedensfreunde und Teilnehmer der Konferenz!
Wir, Generalleutnant a.D. Manfred Grätz und Generalmajor a.D. Sebald Daum der ehemaligen Nationalen Volksarmee der DDR, begrüßen die Teilnehmer der Konferenz des Schiller-Instituts, wünschen der Konferenz einen guten Verlauf und möchten auf diesem Wege mit unserer Grußadresse unsere Zustimmung zu dem Anliegen der Konferenz übermitteln.
Mit unseren Protesten gegen die verstärkte Lieferung von schwerem Kriegsgerät an die Ukraine, durch die BRD und andere Nato-Staaten, die wir Ende Januar 2023 öffentlich machten, haben wir unsere tiefe Sorge über die große Gefahr der Ausweitung des Krieges auf Europa und die Welt aufmerksam gemacht. Je mehr die NATO-Staaten Waffen an die Ukraine liefern, umso größer wird die Gefahr der Ausweitung des Krieges, wird das Sterben in der Ukraine verlängert. Wir haben damit auch unsere Entrüstung zum Ausdruck gebracht, über die immer offensichtlich werdende Absicht, Russland zu zerstören und auch die Volksrepublik China in einen Krieg hineinzuziehen.
Die Ursachen für diese äußerst gefährliche Entwicklung sehen wir in erster Linie in der Politik Amerikas und deren „Willigen“, in der Welt allein zu bestimmen, nach eigenem Ermessen anderen Ländern und Staaten vorzuschreiben, welche Politik sie für ihre Völker durchzuführen haben. Dabei spielt das Völkerrecht nur eine Rolle, wenn es amerikanischen Interessen dient. Sicherheitsinteressen gelten nur für sie und gegebene Versprechen gelten nur so lange, wie sie zum Vorteil der Staaten mit der „regelbasierten Ordnung“ sind. Gegen solche Regeln müssen wir uns entschiedener wehren, denn Sicherheitsinteressen eines jeden Staates, insbesondere die der Russischen Föderation und Chinas, sind berechtigte Forderungen dieser Völker entsprechend dem Völkerrecht.
Und wir möchten auch nochmal daran erinnern, nicht Russland hat seine Truppen an den Grenzen der USA und Europas, nicht China rüstet militärische Stützpunkte an den Stränden der USA auf, sondern die USA und die NATO stehen mit ihrer militärischen Macht an den Grenzen Russlands, rüsten Taiwan gegen China auf und gefährden so die Sicherheit Russlands und Chinas. Zusätzlich werden mit immer mehr Sanktionen ein Wirtschafts- und Finanzkrieg gegen Russland und China entfacht. All das geht einher mit einer Hass- und Kriegspropaganda, die an unselige Zeiten deutscher Politik erinnert. Es gibt hierbei immer nur einen Schuldigen und dass ist das russische Volk und vor allem ihr Präsident. So wird ein Volk auf den Krieg vorbereitet.
Immer mehr begreifen die Völker und Staaten der Welt, insbesondere in Asien, Afrika, Lateinamerika und auch in Europa, dass diese unipolare Weltpolitik der USA gegen den Frieden in der Welt gerichtet ist und die Kriegsgefahr in sich birgt. So erkennen immer mehr Völker und Staaten, dass eine multipolare Politik Chinas und Russlands zu mehr Sicherheit, gegenseitigem Vorteil und zum Frieden führt. Die Achtung der souveränen Gleichheit aller Staaten, der Verzicht auf Androhung und Anwendung von Gewalt, sind die Prinzipien, die wir fordern, zu denen wir wieder zurückkehren müssen.
Deshalb glauben wir, dass auch verantwortungsvolle Militärs, denen die Schrecken des Krieges wohl bekannt sind, die die Gefahr solcher Politik erkennen, nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht haben, sich gegen solch eine Kriegspolitik zu stellen und ein Ende des Wettrüstens zu fordern. Mit immer mehr Waffen schafft man keinen Frieden.
Deshalb rufen wir alle friedliebenden Menschen auf, sich unserem Protest gegen den Krieg und für einen gerechten Frieden anzuschließen. In der großen Gefahr, in der sich aktuell unsere Völker befinden, haben wir keine Zeit mehr, uns über parteipolitische Differenzen und unterschiedliche gesellschaftspolitische Orientierungen zu streiten. Stattdessen müssen wir uns auf das konzentrieren, was uns eint, den Frieden in der Welt und insbesondere den Frieden mit Russland, denn nur mit Russland wird es Frieden in Europa geben.
Wir beide haben als Kinder die Schrecken des Krieges erlebt und möchten auch deshalb, dass die Zukunft unserer Kinder und Enkel in Frieden gesichert ist. Die Erhaltung menschlichen Lebens auf unserer Erde erfordern, dass die Völker und Staaten nicht einer Politik westlicher „regelbasierter Ordnung“ zum Opfer fallen, sondern sich einer friedlichen multipolaren Politik zu wenden.
Deshalb erheben wir noch deutlicher unsere Stimme, um die Kriegsspirale zu stoppen, protestieren wir gegen die Unterstützung der NATO -Staaten zur Verlängerung des Krieges in der Ukraine und gegen alle Kriege. Fordern wir ein Ende dieses Kriegskurses durch einen sich überlebten NATO-Kriegspakt. Unterstützen wir durch unsere Stimme und Tat die friedliche Lösung aller strittigen Fragen in einer multipolaren Welt.
Scott Ritter (USA), ehemaliger UN-Waffeninspekteur im Irak: „Atomwaffen, Demokratie und der Tiefe Staat“
Atomwaffen, Demokratie und der Tiefe Staat
Von Scott Ritter
Der als Whistleblower bekannt gewordene ehemalige UN-Waffeninspekteur Scott Ritter hielt in der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 15. April den folgenden Vortrag. (Übersetzung aus dem Englischen.)
Vielen Dank, daß Sie mich eingeladen haben. Es mag wie eine seltsame Kombination klingen: „Atomwaffen, Demokratie und der Tiefe Staat“. Ich beschäftige mich schon seit 1987/88 mit Rüstungskontrolle, als Ronald Reagan und Michail Gorbatschow den Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen (INF) unterzeichneten, mit dem ein Rüstungskontrollregime begann, das nicht nur die Zunahme der Atomwaffen begrenzte, sondern sogar ganze Kategorien von Atomwaffen abschaffte.
Damals erschien die Rüstungskontrolle als ein Teil der Regierungspolitik. Die meisten Amerikaner waren sich gar nicht bewußt darüber, wieviele verschiedene Institutionen, Behörden, Abteilungen und Personal an diesen behördenübergreifenden Bemühungen beteiligt waren, damit dieser Vertrag Wirklichkeit wurde.
Aber wenn Sie so denken – und ich dachte das damals auch, obwohl ich selbst aktiv daran beteiligt war -, dann haben Sie sich geirrt. Denn man muß sich vor Augen führen, was im Juni 1982 im Vorfeld dieser erfolgreichen Umsetzung der Rüstungskontrolle passiert ist.
1982 waren die Abrüstungsverhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion praktisch eingefroren, sie redeten einfach nicht miteinander. Die ganze Welt sah, wie sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Sowjetunion anfingen, Kategorien von Kernwaffen zu stationieren, die den Frieden und die Sicherheit in Europa und damit auch weltweit bedrohten.
Aber am 22. Juni 1982 geschah etwas Erstaunliches: Eine Million Amerikaner versammelten sich im Central Park von New York City und gaben der US-Regierung ein klares Signal, daß wir, das Volk der Vereinigten Staaten von Amerika, mit diesem Zustand nicht zufrieden waren; daß wir nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle forderten. Ausgerechnet ein so konservativer Präsident wie Ronald Reagan – der die Sowjetunion vehement verurteilte und sie wiederholt als das „Reich des Bösen“ bezeichnete -, dieser Präsident erhielt den nötigen politischen Freiraum, um die Notwendigkeit der Rüstungskontrolle in Betracht zu ziehen. Dies führte zu einer Wiederaufnahme der Gespräche, einer Wiederaufnahme des Dialogs und, wie ich bereits sagte, zur Unterzeichnung und Umsetzung des Vertrags über nukleare Mittelstreckenwaffen und später des Vertrags über die Reduzierung strategischer Waffen (START).
Die Doktrin des „präventiven Atomkriegs“
Wir befinden uns heute in einer Situation, in der die Rüstungskontrolle so gut wie tot ist. Wie 1982 haben wir eine Situation, in der die Vereinigten Staaten und Rußland einfach nicht miteinander reden; es gibt keine Verhandlungen. Das letzte Überbleibsel der Rüstungskontrolle, der neue START-Vertrag, läuft im Februar 2026 aus. Wenn er nicht durch einen neuen Rüstungskontrollvertrag ersetzt wird, bedeutet das, daß die Vereinigten Staaten und Rußland in ein sehr gefährliches nukleares Wettrüsten ohne jeglichen Kontrollmechanismus verwickelt sein werden.
Wie kommen wir aus dieser Situation heraus? Die meisten Amerikaner glauben, daß wir darauf warten müssen, daß die US-Regierung zur Vernunft kommt und das Richtige tut. Aber die amerikanische Regierung ist nicht mehr die gleiche wie in den 1980er Jahren.
Damals, in den 1980er Jahren, gab es den sogenannten „Inter-Agency-Prozeß“, d.h. einen Prozeß, bei dem sich die verschiedenen Ministerien und Behörden der US-Regierung in politischen Fragen der nationalen Sicherheit miteinander abstimmten. Sie taten dies jedoch unter der Leitung des Präsidenten der Vereinigten Staaten, über seinen Nationalen Sicherheitsberater und den Nationalen Sicherheitsrat. So konnte das amerikanische Volk diesen Prozeß beeinflussen, indem es dem Präsidenten signalisierte, daß wir eine Änderung brauchen, daß wir eine Änderung fordern. Der Präsident hörte darauf, und er ordnete den behördenübergreifenden Prozeß an, um die Bedingungen für eine erfolgreiche Rüstungskontrolle zu schaffen.
Heute haben wir einen Präsidenten, Joe Biden, der im Wahlkampf für das Konzept der „sole purpose doctrine“ (Doktrin des alleinigen Zwecks) geworben hat, d.h. daß Amerikas Atomwaffenarsenal einzig und allein dazu dienen soll, andere Länder, die über Atomwaffen verfügen, von einem Angriff auf die Vereinigten Staaten abzuschrecken. Wenn diese Abschreckung fehlschlägt, würde ein außerordentlicher Strafschlag erfolgen, der so schrecklich wäre, daß hoffentlich niemand versucht, die Vereinigten Staaten mit Atomwaffen anzugreifen.
Früher hatten wir das unter der Bezeichnung „Mutually Assured Destruction“ (garantierte gegenseitige Zerstörung).
Aber das haben wir nicht mehr. Die Vereinigten Staaten haben jetzt eine Politik, die auf der Vorstellung beruht, daß die Vereinigten Staaten nukleare Präventivschläge aus nichtnuklearen Anlässen durchführen können. Kurz gesagt, wann immer die Vereinigten Staaten es für nötig halten, Atomwaffen einzusetzen, können wir sie vom Standpunkt der Doktrin einsetzen.
Das ist eine außerordentlich gefährliche Situation. Und Joe Biden hat sie richtig als solche erkannt. Um ehrlich zu sein, hatte das auch Barack Obama vor ihm, der diese präemptive nukleare Strategie von George W. Bush erbte. Aber Barack Obama war acht Jahre lang nicht in der Lage, das nukleare Establishment, den behördenübergreifenden Prozeß, dazu zu bringen, einen angemessenen Weg zu finden, um von der Präemption zum alleinigen Zweck überzugehen. Joe Biden, als Oberbefehlshaber, wollte das tun.
Im Dezember letzten Jahres habe ich an einer Art Erinnerungstreffen von Unterhändlern, Implementierern und Waffeninspektoren teilgenommen, die mit dem Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen zu tun hatten. Wir hatten einen Gast bei diesem Treffen, ein hochrangiges Mitglied der Biden-Administration, das für Rüstungskontrolle zuständig ist. Dieser Person wurde die Frage gestellt: „Wie kann es sein, daß der Oberbefehlshaber – die mächtigste Exekutive, der Mann, der dafür verantwortlich ist – diese Politik nicht umsetzen kann? Er hat gesagt, daß er es das tun will, warum ist es nicht passiert?“
Die Antwort war, die „Inter-Agency“ sei dazu noch nicht bereit.
Das ist eine erstaunliche Aussage, denn es war nicht die Rede von einem behördenübergreifenden Prozeß, bei dem sich die Abteilungen untereinander abstimmen; er sprach von der Inter-Agency wie von einer eigenen Institution, einem eigenen Wesen. Wer von uns amerikanischen Bürgern hat für diese Inter-Agency gestimmt? Wer hat diese Inter-Agency ausgewählt? Wie ist diese zwischenbehördliche Einrichtung entstanden, und warum darf sie ein Vorhaben blockieren, das von einer Person vorgegeben wird, die vom amerikanischen Volk gewählt wurde?
Das ist die Gefahr; das ist der Tiefe Staat. Die Inter-Agency, wie sie derzeit besteht, ist die lebende Manifestation dessen, was die Leute den „Tiefen Staat“ nennen: ein nicht gewähltes Gremium von Bürokraten, Experten und Technokraten, dessen einziger Zweck es ist, einen Mechanismus in Bezug auf die nationale Sicherheit zu schaffen, um die politische Macht zu erhalten. Sie sind mächtiger als der Präsident der Vereinigten Staaten.
Wir müssen also wieder auf die Frage der Demokratie zurückkommen. Wie kommen wir, das Volk, aus dieser Situation heraus? Denn wir haben gesehen, wenn wir einfach dasitzen und darauf warten, daß die Regierung das Richtige tut, daß dann selbst ein Präsident, der durch demokratische Prozesse gewählt wurde und der im Wahlkampf gesagt hat, daß er die Doktrin der Präventivschläge ändern will, dazu nicht in der Lage war. Er wurde durch diesen nicht gewählten Klüngel, der sich „Inter-Agency“ nennt, blockiert.
Den Tiefen Staat besiegen
Wenn wir die Inter-Agency nicht wählen, wie können wir sie dann ändern? Die Antwort ist, wir müssen deutlich machen, daß wir diese Inter-Agency nicht akzeptieren!
Wie können wir das tun? Ich möchte die Menschen nur daran erinnern, was im Juni 1982 geschah, als eine Million Amerikaner auf die Straße gingen und deutlich machten, daß sie nichts weniger als eine konzertierte Aktion zur nuklearen Abrüstung und Rüstungskontrolle tolerieren würden. Das müssen wir wieder tun, und die Wahl 2024 wird, glaube ich, als eine der wichtigsten Wahlen nicht nur in der amerikanischen, sondern in der Weltgeschichte in die Geschichte eingehen. Denn sollten wir es nicht schaffen, eine Führungspersönlichkeit einzusetzen, die nicht nur an die Rüstungskontrolle glaubt, sondern auch bereit ist, die Kontrollmechanismen des Tiefen Staates zu umgehen, dann befürchte ich, daß es in fünf Jahren gar nicht mehr möglich sein wird, einen solchen Dialog, ein solches Art Seminar wie hier zu haben. Und warum? Weil die meisten von uns nicht mehr hier sein werden, weil es einen Atomkonflikt geben wird! Wir befinden uns am Rande eines nuklearen Abgrunds, den wir selbst geschaffen haben.
Der Atomwaffeneinsatz wird von Doktrinen bestimmt, die von nuklearer Präemption sprechen. Die Russen sind so frustriert und besorgt über diese amerikanische Strategie, daß man im russischen Establishment darüber nachdenkt, die eigene Doktrin zu ändern und die Präemption einzubeziehen. Wir sehen es an den Nordkoreanern, die von einem nuklearen Präventivschlag sprechen – warum? Alle sind besorgt über die Vereinigten Staaten von Amerika; alle sind besorgt über die amerikanische Nuklearstrategie und die unverantwortlichen Worte und Taten der amerikanischen politischen Führung und des nicht gewählten Tiefen Staats. Wenn wir dasitzen und nichts tun, sind wir auf dem Weg in die Katastrophe.
Sie wissen, daß die Gruppe amerikanischer Atomwissenschaftler – das Bulletin of the Atomic Scientists – eine sogenannte Atomuhr erstellt. Sie haben die Uhr kürzlich auf 90 Sekunden gestellt. Ich denke, das ist irreführend; das impliziert, daß wir Zeit haben. Wir haben aber keine Zeit. Der tatsächliche Stand der Atomuhr ist eine halbe Sekunde vor zwölf, weniger als das. Es braucht nur einen Klick und alles ist vorbei. Alles ist so positioniert, daß es jeden Moment klick machen kann. Ein Fehler, eine Fehlkalkulation, eine Fehleinschätzung und die Atomwaffen werden eingesetzt. Und wenn sie einmal abgefeuert sind, dann gibt es keinen begrenzten Atomschlag mehr. Es wird zu einem totalen nuklearen Konflikt kommen, und wir werden alle sterben. Das ist die Realität der Situation, mit der wir, das amerikanische Volk und alle Menschen auf der Welt, heute konfrontiert sind.
Kurz gesagt, wenn Sie die nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle nicht zum wichtigsten Ziel machen, dann liegen Sie falsch. Alles andere ist auch wichtig, das bestreite ich nicht. Aber nichts anderes ist noch wichtig, wenn es die Welt nicht gibt. Das einzige, was die Welt morgen zerstören kann, sind Atomwaffen in den Händen der Vereinigten Staaten.
Wir sollten uns also alle für die Stärkung des amerikanischen Volkes einsetzen, damit wir diesem Konzept der Demokratie wieder eine Stimme geben und unsere gewählten Vertreter in die Schranken weisen können, um so diesem nicht gewählten Tiefen Staat oder der „Inter-Agency“ ein Ende zu setzen. Ich danke Ihnen vielmals.
Adolfo Pérez Esquivel (Argentinien), Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger (1980): Grußbotschaft an die Konferenz
Botschaft an die Konferenz von Adolfo Pérez Esquivel, Friedensnobelpreisträger 1980, vorgestellt von Juan Carrero aus Spanien
Guten Tag! Mein Name ist Juan Carrero, Präsident der Stiftung S’Olivar mit Sitz auf Mallorca. Mir wird heute eine doppelte Ehre zuteil. Zum einen habe ich die Ehre, eine Botschaft von Adolfo Pérez Esquivel zu übermitteln, der nicht nur seit einem halben Jahrhundert unser lieber Weggefährte und Lehrer in der Bewegung für Gewaltlosigkeit, sondern auch internationaler Präsident von SERPAJ, dem Servicio Paz y Justicia, ist, der die Völker auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens begleitet.Seine wertvollen Bemühungen in Lateinamerika wurden 1980 zu Recht mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt; damals herrschten noch andere Zeiten im Nobel-Institut und im norwegischen Parlament. Seitdem ist Esquivels Großzügigkeit nur noch gewachsen. Es gibt kein globales Anliegen, dem er gleichgültig gegenübersteht. Neben vielen anderen internationalen Engagements hat er uns bei unseren Bemühungen um Frieden, Gerechtigkeit, Wahrheit und Versöhnung in Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo, dem Schauplatz der größten Massaker seit dem Zweiten Weltkrieg, stets tatkräftig unterstützt.Um unsere Bemühungen zu unterstützen, schlug er mich sogar mehrere Jahre lang für den Friedensnobelpreis vor, und so wurde ich mit seiner Hilfe der spanische Kandidat mit der größten Unterstützung aller Zeiten: von der einstimmigen Unterstützung durch das spanische Parlament bis zur Unterstützung durch Tausende von Institutionen, Persönlichkeiten und Organisationen.Zusammen mit Lanza del Vasto, dem direkten Schüler Mahatma Gandhis in Europa, war Adolfo für meine Frau Susana und mich das Bindeglied, das uns für alle Zeiten untrennbar mit Mahatma Gandhi und Dr. Martin Luther King verbindet. Uns sind beide eine stets lebendige Präsenz, die uns immer tief bewegt und in unserem Leben auf überraschende und wirksame Weise gegenwärtig ist.Meine zweite Ehre ist, wie gesagt, Adolfos Botschaft einem so wichtigen Ereignis wie der heutigen Konferenz des Schiller-Instituts zu übermitteln. Hier ist also die Botschaft von Adolfo [Pérez Esquivel] zur Unterstützung dieser Konferenz – eine Botschaft, die er durch mich an Sie alle übermitteln will:
„Ich sende eine Umarmung des Friedens und der Güte, Juan, die die Welt in diesen Zeiten der Unsicherheit so sehr braucht. Eine Welt, die alles tun muß, um einen weiteren Krieg, diesmal einen Atomkrieg, zu vermeiden.Was ich zu dieser Konferenz des Schiller-Instituts beitragen kann, ist mein Aufruf an die Vereinten Nationen, mutig aufzustehen und die Völker der Welt zum Widerstand aufzurufen, um dem Krieg ein Ende zu setzen und nicht länger eine Marionette der Großmächte zu sein.Die Welt steht am Rande des Wahnsinns, weil die Machthaber ihre eigenen politischen, wirtschaftlichen und strategischen Vorherrschaftsinteressen über das Leben stellen. Wir befinden uns an einem Wendepunkt, an dem dramatische und entscheidende Veränderungen in der Welt stattfinden, die einen hohen Preis in Form von Menschenleben, Hunger, Krankheiten und der Zerstörung von Mutter Erde fordern.Es gibt zahlreiche Appelle, Frieden zu schaffen: von der Stimme von Papst Franziskus über die Apelle von Persönlichkeiten und Regierungen bis hin zum Aufschrei der Menschen. Wir schließen uns täglich diesen Forderungen nach Frieden an. Wir müssen eine politische, aber vor allem eine humanitäre Lösung finden, um die zahlreichen Kriege zu beenden, die in der Welt geführt werden. Über viele dieser Kriege wird geschwiegen, wie z. B. über die Kriege in Israel und Palästina, in Armenien und in verschiedenen afrikanischen Ländern.Was den für die gesamte Menschheit so gefährlichen Krieg in der Ukraine betrifft, so gibt es mehrere Vorschläge, wie ein konstruktiver Dialog zustande kommen und der Krieg beendet werden kann. Aber leider wollen die Kriegsherren nichts davon hören, und sie fahren fort, ihre Waffen- und Geldlieferungen an die Ukraine zu erhöhen und den Konflikt anzuheizen. Es handelt sich um einen Krieg, der von Großmächten wie den Vereinigten Staaten und der NATO sowie von strategischen und politischen Interessen provoziert wird, die ihre weltweite Hegemonie sichern wollen.Die Welt ist im Wandel, und wenn wir überleben und unseren Planeten Erde, unser gemeinsames Haus, retten wollen, brauchen wir einen neuen Sozialpakt des Zusammenlebens zwischen den Menschen und Mutter Erde. Um dies zu erreichen, muß das Gleichgewicht wiederhergestellt werden, das heute nicht mehr besteht und die Menschheit der sozialen Gewalt unterwirft. Die Besonnenheit, die Beziehungen zwischen den Völkern und die Spiritualität sind verloren gegangen. Wir stehen vor der Verbannung Gottes, seinem Exil.Die Vereinten Nationen sind eine echolose Kammer, die von den Vereinigten Staaten geleitet wird. Und die OAS ist eine koloniale Organisation. Europa hat seine Stimme verloren und ist zu einer kolonialen Enklave der Vereinigten Staaten geworden.Um eine Verhandlungslösung für die Kriege zu finden, ist es notwendig und dringend, daß Religionen, Kirchen, Tempel, Moscheen, Synagogen und Klöster zu Gebets- und Aktionstagen aufrufen. Gewerkschaften und soziale Organisationen sollten Aktionen vorschlagen. Die UNESCO, Pädagogen, Wissenschaftler und Kommunikationsfachleute müssen sich an der Rebellion des Gewissens gegen den Krieg beteiligen und Frieden fordern. Wir alle müssen unsere Stimmen und Aktionen mit denen anderer verbinden, die den gleichen Weg gehen, bevor es zu spät ist.Wir müssen uns an die Vergangenheit erinnern, um die Gegenwart zu erleuchten. Hiroshima und Nagasaki gehören nicht der Vergangenheit an. Die Menschheit leidet noch immer unter den Schrecken der Konzentrationslager, dem Holocaust und den Massakern.Die Mächte drohen mit dem Einsatz von Atomwaffen. Was können wir tun? Denen zurufen, die nicht hören wollen? Schreien, wo die Telefone und alle Verbindungen unterbrochen sind? Sie hören nur auf sich selbst.Aber wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren, daß eine andere Welt möglich ist, wenn wir unsere Anstrengungen und unseren Willen zum Frieden vereinen. Nicht Frieden als bloße Abwesenheit von Kriegen und Konflikten, sondern als Frucht der Gerechtigkeit in brüderlichen Beziehungen zwischen Menschen und Nationen.Um den Krieg zu beenden, ist eine Rebellion der Völker notwendig. Die am Krieg beteiligten Regierungen haben andere Ziele und Kriterien, um ihre Herrschaftsmacht zu stärken. Soweit es um ihre persönlichen Interessen geht, zählen die Menschen nicht. Wir müssen zu einem weltweiten Tag der Rebellion aufrufen und ein Ende der Kriege fordern, damit die Waffen zu Pflugscharen umgewandelt werden, wie der Prophet Jesaja vor Tausenden von Jahren verkündet hat.Die Vereinten Nationen müssen sich gegen den herrschenden Totalitarismus auflehnen und eine Generalversammlung der Völker einberufen, die den Frieden wollen. Sie müssen den Kriegen und der Heuchelei der Herrschenden ein Ende setzen. Sie müssen ihre eigene Präambel umsetzen: „Wir, die Völker der Welt, wollen den Frieden“.
Retten wir das Leben auf dem Planeten, unserem gemeinsamen Zuhause. Wir können nicht länger nur zuschauen; wir müssen eine Rebellion der Werte und des Geistes starten, um diese Realität zu verändern, die die gesamte Menschheit überwältigt.
Juan, Sie haben meine ganze Solidarität und Unterstützung bei dieser gemeinsamen Herausforderung, zusammen mit so vielen Brüdern und Schwestern in der Welt Frieden zu schaffen. Ich wünsche allen Teilnehmern der Konferenz viel Kraft und Hoffnung. Ich verbinde meine Stimme mit der der gesamten Menschheit.“
Adolfo Pérez Esquivel — Buenos Aires, 11. April 2023.
Wolfgang Effenberger (Deutschland), Autor, „Pax americana“(2004) & „Die unterschätzte Macht Von Geo- bis Biopolitik Oligarchen transformieren die Welt“ (2022).
Von Wolfgang Effenberger
Wolfgang Effenberger ist Publizist und Autor der Bücher „Pax Americana“ (2004) und „Die unterschätzte Macht von Geopolitik bis Biopolitik – Oligarchen transformieren die Welt“ (2022). In der Internetkonferenz des Schiller-Instituts hielt am 15. April hielt er den folgenden Vortrag.
Vielen Dank für die Einladung zur Veranstaltung des Schiller-Instituts „Stoppt die Atomkriegsgefahr jetzt!“ Dank an alle, die an dieser Konferenz teilnehmen.
Liebe Friedensbewegte, in wenigen Tagen jährt sich zum 77. Mal die historische Begegnung von amerikanischen und sowjetischen Soldaten in Torgau. Das Bild vom „Handschlag von Torgau“ auf der zerstörten Elbbrücke ging um die Welt; es stand damals als Zeichen für das bevorstehende Kriegsende und die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft und hat mich schon als Schüler sehr bewegt.
Heute wird mit dem Bild symbolisch das Ende des Zweiten Weltkriegs sowie die Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verbunden; es vereint Erinnerung und Gedenken mit der Mahnung, den Frieden zu bewahren.
Leider war die vor 78 Jahren mit dem Bild verbundene Hoffnung nur ein Trugbild. Denn während sich hier in Torgau amerikanische wie russische Soldaten an dem aufziehenden Frieden begeisterten, arbeiteten britische Generalstabsoffiziere bereits an dem von Winston Churchill in Auftrag gegebenen Kriegsplan „Operation Unthinkable“, der die damalige Sowjetunion zurückwerfen und ein unabhängiges Polen wiederherstellen sollte. Angriffstermin mit über 100 Divisionen, darunter auch Wehrmachtsverbände, die man nicht in die Kriegsgefangenschaft überführt hatte, war der 1. Juli 1945: Keine 10 Wochen nach dem Handschlag.
Zu diesem Angriff kam es nicht, da Stalin rechtzeitig ultimativ forderte, die neben dem britischen Hauptquartier in Flensburg-Mürwik einquartierte deutsche Nachfolgeregierung unter Dönitz zu verhaften und die deutschen Soldaten in die Gefangenschaft zu überführen. Das geschah dann auch am 23. Mai 1945.1
Anfang September 1945 beauftragte US-Präsident Harry S. Truman General Eisenhower mit der „Operation TOTALITY“. Mit 20 bis 30 Atombomben sollten 20 sowjetische Industriestädte auf einen Schlag vernichtet werden. Derartige Pläne wurden ständig verfeinert.
Am 15. Mai 1947 verkündete Truman seine Doktrin zur Eindämmung der weiteren Ausdehnung der Sowjetunion.
Am 6. Juni 1947 folgte der Marshallplan. Er hatte das Ziel, Westeuropa gegen den Ostblock zu stärken und der noch vom Krieg überhitzten amerikanischen Wirtschaft Absatzmärkte zu öffnen. Mit der Annahme der Hilfe mußten die Länder ihre finanzpolitische Souveränität an Washington abtreten – der Beginn der ökonomischen Kolonisierung Europas, die übrigens gar nicht viel kostete (zwischen 1948 und 1952 flossen nur ca. 15 Mrd. US-Dollar).
Am 26. Juli 1947 wurde der „National Security Act“ für die militärische Durchdringung der Welt verabschiedet, eines der wichtigsten Gesetze in der US-amerikanischen Nachkriegsgeschichte. Er ist bis heute die Grundlage weltweiter amerikanischer Militärmacht. Es ging darum, Europa für den Krieg gegen die Sowjetunion tauglich zu machen.
Am 4. April 1949 wurde die NATO offiziell als Verteidigungsbündnis gegen die Sowjetunion gegründet. Der erste Generalsekretär der NATO und Chefplaner von Unthinkable, Lord Ismay, formulierte salopp die wirkliche Aufgabe der NATO, nämlich „die Russen draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten zu halten“.2 Im Bündnisvertrag wurde festgehalten, daß wirtschaftlicher Wiederaufbau und wirtschaftliche Stabilität wichtige Elemente der Sicherheit seien – daher der Marshallplan.
Ab 1991 trat dann ein osteuropäisches Land nach dem anderen der NATO bei; in der Erwartung finanzieller und wirtschaftlicher Hilfe. Und als der gewählte Staatschef der Ukraine Janukowitsch die militärisch-politische Zusammenarbeit mit der EU (und damit mit der NATO) nicht unterschrieb, wurde kurzerhand weggeputscht.
Am 4. April 2023, auf den Tag genau 74 Jahre nach der Gründung der NATO und mitten in dem Konflikt, den Janukowitsch vorausgesehen hatte, wurde Finnland mit großem Pomp in die NATO aufgenommen.
Am gleichen Tag titelte die US-Militärzeitschrift Stars and Stripes „Mit dem Beitritt Finnlands zur US-geführten Allianz verdoppelt die NATO ihre Landgrenze zu Russland“.3 Die Ostflanke der NATO wurde durch den Beitritt Finnlands zum 31. Mitglied gestärkt, das damit seine militärische Schlagkraft in der arktischen Region erhöht hat, wo die Verbündeten nach eigener Aussage nun besser in der Lage sind, weitere russische Aggressionen abzuwehren. Der Beitritt Finnlands, das über eines der größten Artilleriearsenale in Europa und eine wehrpflichtige Bodentruppe verfügt, die im Krisenfall bis zu einer Million Reservisten aufbieten kann, beendet die jahrzehntelange militärische Blockfreiheit des nordischen Staates.
Am 19. Dezember 1949 verabschiedeten die USA den Kriegsplan „Dropshot“, mit dem 1957 die Sowjetunion angegriffen werden sollte, um die neue Supermacht samt ihrer aggressiven Agenda und ihren Weltmachtambitionen in Schach zu halten.
Zum Vergleich:
Im Zweiten Weltkrieg starben annähernd ca. 1 Million US-Soldaten, während die Sowjetunion weit über 20 Millionen Kriegstote zu beklagen hatte.4 Die USA blieben von Zerstörungen verschont, die Fabrikschornsteine rauchten, unvorstellbare Gewinne wurden eingefahren. Große Teile der Sowjetunion hatte der Krieg dagegen zerstört und die Industrie nachhaltig beschädigt.
In der „Grundannahme“ von „Dropshot“ heißt es wörtlich: „Am oder um den 1. Januar 1957 ist den Vereinigten Staaten durch einen Aggressionsakt der UdSSR und/oder ihrer Satelliten ein Krieg aufgezwungen worden.“5 Daraufhin sollten 300 Atombomben und 29.000 hochexplosive Bomben auf 200 Ziele in einhundert Städten abgeworfen werden, um 85 Prozent der industriellen Kapazität der Sowjetunion mit einem einzigen Schlag zu vernichten. Der Zeitpunkt war zweifellos auf den ursprünglich geplanten Abschlußtermin der Remilitarisierung Westdeutschlands abgestimmt. Als dann jedoch 1957 der fiepsende Sputnik seine Kreise um die Erde zog, mußten die Kriegsplanungen überarbeitet werden.
Mit der „National Security Decision Directive 54“ (NSDD-54) vom 2. September 1982 wurde ein Instrument geschaffen, mit dem der gesamte Sowjetblock subversiv untergraben werden konnte. Ein Staat nach dem anderen wurde mit dem Versprechen amerikanischer Unterstützung zur Ablösung von der Sowjetunion veranlaßt. Neben destruktiven Operationen („Unterminierung der Militärkapazitäten des Warschauer Pakts“) wurden ökonomische Anreize geschaffen, vor allem die Aussicht auf Kredite und kulturell-wissenschaftlichen Austausch.6
Als Weiterentwicklung und Ergänzung dienen die Langzeitstrategiepapiere TRADOC 525-5 von 1994 und 525-3-1 („Win in a Complex World 2020-2040“) von 2014.
Gezielt wurden Rußland und China als bedrohliche Feinde aufgebaut, um die militärische Schutzmacht USA durch die NATO und durch verschiedene asiatische Verteidigungsbündnisse zu etablieren.7 Schon 1945 hatte der US-Philosoph James Burnham orakelt, die USA seien dazu berufen, „in der Auseinandersetzung mit den anderen Supermächten die Weltmacht zu erringen“.8
Anfang August 2017 äußerte sich der Publizist und ehemalige stellvertretende Finanzminister unter US-Präsident Ronald Reagan, Paul Craig Roberts, bestürzt über die drohende Kriegsgefahr: „Zwei Jahrzehnte lang haben die Regime von Clinton, George W. Bush und Obama den russischen Bären mit Stöcken, Steinen und bösen Worten beworfen. Die USA haben ein Sicherheitsabkommen nach dem anderen gebrochen und aufgekündigt und die Bedrohung Rußlands durch die Durchführung von Kriegsspielen an Rußlands Grenzen, die Inszenierung eines Staatsstreichs in der Ukraine, einer Provinz, die seit Jahrhunderten zu Rußland gehört, und durch einen kontinuierlichen Strom falscher Anschuldigungen gegen Rußland noch verstärkt“.9
Als Reaktion auf diese unverantwortliche, gedankenlose und rücksichtslose – und von den Medien ignorierte – Politik gegenüber Rußland seien die russischen Militärplaner zu dem Schluß gekommen, daß Washington einen atomaren Überraschungsangriff auf Rußland vorbereitet.
„Dies ist das alarmierendste Ereignis meines Lebens“, so Roberts. Jetzt, „da Washingtons kriminelle Verrückte Rußland davon überzeugt haben, daß es in Washingtons Kriegspläne eingebunden ist, hat Rußland keine andere Wahl, als sich auf einen Erstschlag vorzubereiten“.10
Angesichts der derzeitigen Lage in der Ostukraine sieht es so aus, als habe sich Rußland nicht rechtzeitig gerüstet, die vom Westen unterstützte Ukraine dagegen sehr wohl.
Was Angela Merkel am 7. Dezember in einem ZEIT-Interview erklärt hatte, wurde jetzt auch von Francois Hollande, dem Präsidenten von Frankreich zwischen 2012 und 2017 bestätigt. „Das Minsk-Abkommen war nur eine Täuschung, um der Ukraine mehr Zeit zu verschaffen, sich auf den Krieg mit Russland vorzubereiten.“11
Der Kreml sieht inzwischen in den Minsker Vereinbarungen ein Täuschungsmanöver. In einem Gespräch mit Rossija-Moderator Pawel Sarubin erklärte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow am 9. April 2023, daß dadurch die Situation nur verschärft und die Militäroperation näher gebracht habe: „Ja, das mit den Minsker Vereinbarungen war ein „Hütchenspiel“ . Wir wurden getäuscht, und das hat die Situation eskalieren lassen“.12
Wie wird es weitergehen? Vermutlich mit weiteren Provokationen und Anschlägen, die Rußland angelastet werden.
Wie kann einer derart heuchlerischen imperialen Politik Einhalt geboten werden? Die UN ist dazu anscheinend nicht in der Lage. So muß die Welt – Völkerbund 1919 und UN 1945 waren aus dem Denken des Krieges entstanden – endlich zu einer Gemeinschaft finden, die im Geist des Friedens entsteht13 und in der Lage ist, jede friedensfeindliche Politik zu sanktionieren.
In den Handreichungen des US-Kongresses vom 15. November 2022 wird aus der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie vom 27. Oktober 2022 zitiert:
„Die Vereinigten Staaten sind eine globale Macht mit globalen Interessen. Wir sind in jeder Region stärker, weil wir uns auch in den anderen Regionen engagieren. Wenn eine Region im Chaos versinkt oder von einer feindlichen Macht beherrscht wird, wirkt sich dies nachteilig auf unsere Interessen in den anderen Regionen aus.“
Weiter heißt es im Kongreßpapier:
„…die politischen Entscheidungsträger der USA verfolgen das Ziel,
das Entstehen regionaler Hegemonen in Eurasien zu verhindern… die militärischen Operationen der USA im Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie zahlreiche militärische Operationen der USA und alltägliche Operationen seit dem Zweiten Weltkrieg …haben offenbar zu einem nicht geringen Teil zur Unterstützung dieses Ziels beigetragen.“14
Seit über einem Jahrhundert geht es vor allem darum, den Reichtum einer Gruppe von Tycoons in der Londoner City und an der Wall Street zu mehren. Ein Blick auf die aktuellen Finanzströme bestätigt das. So scheinen die Finanzeliten in den USA und in Großbritannien wenig Interesse an einer Beilegung des Ukraine-Konflikts zu haben.
Heute möchten uns die gleichen Kreise in einen Dritten Weltkrieg führen. Es wäre äußerst tragisch, wenn Thomas Manns Appell an die Europäischen Hörer 1953 ungehört verhallen würde. Er hatte im amerikanischen Exil die Neigung der USA erkannt, „Europa als ökonomische Kolonie, militärische Basis, Glacis im zukünftigen Atom-Kreuzzug gegen Rußland zu behandeln, als ein zwar antiquarisch interessantes und bereisenswertes Stück Erde, um dessen vollständigen Ruin man sich aber den Teufel scheren wird, wenn es den Kampf um die Weltherrschaft gilt.“
Nach dem US-amerikanischen Völkerrechtler und ehemaligen UN-Beamten Alfred de Zayas – er war von Mai 2012 bis April 2018 unabhängiger Experte des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung – braucht es eine starke Botschaft aus der Zivilbevölkerung und/oder der BRICS-Staaten, sonst dauert der Krieg endlos oder mündet im Armageddon.15
Der Globus darf nicht länger Spielball einer verantwortungslosen Finanzoligarchie sein, die den Boden für eine rücksichtslose Ausbeutung bereitet.“16
Werfen wir das unheilvolle Narrativ „hier das Gute, dort das Böse“ in den Mülleimer der Geschichte!
Ächten wir den Krieg! Und vor allem:
Wagen wir mehr Menschlichkeit!
Anmerkungen:
1. Antony Beevor: Der Zweite Weltkrieg. 1. Auflage. München 2014, S. 866 f.
2. https://internationalepolitik.de/de/nordatlantische-allianz
3. https://www.stripes.com/theaters/europe/2023-04-04/nato-finland-blinken-9700526.html
4. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1184660/umfrage/amerikanische-verluste-waehrend-des-zweiten-weltkrieges/
5. Diese Dokumente wurden später freigegeben und unter dem Namen Dropshot: The American Plan for World War III Against Russia in 1957 (ISBN 0-8037-2148-X) veröffentlicht.
6. https://irp.fas.org/offdocs/nsdd/nsdd-54.pdf
7. Bereits im Herbst 1945 sah der Plan mit Namen TOTALITY (JIC 329/1) einen Atomangriff auf die Sowjetunion mit 20 bis 30 Atombomben vor. Details in Kaku/Axelrod 1987, S. 30–31.
8. Zitiert wie www.dradio.de/dkultur/sendungen/kalenderblatt/439652/
9. Trump’s Choices. Russian Military has Concluded that Washington is preparing a surprise Nuclear Attack on Russia, https://www.globalresearch.ca/trumps-choices-russian-military-has-concluded-that-washington-is-preparing-a-surprise-nuclear-attack-on-russia/5602202
10. Ebenda.
11. https://tkp.at/2023/01/02/nach-merkel-auch-hollande-minsk-abkommen-sollte-ukraine-nur-zeit-verschaffen/
12. https://news.feed-reader.net/24918-rossija.html
13. Wolfgang Effenberger: Reformvorschlag der G4-Staaten (Brasilien, Deutschland, Indien und Japan) in Bezug auf eine Erweiterung des Sicherheitsrats vor dem Hintergrund der geopolitischen Interessen der USA
14. https://sgp.fas.org/crs/natsec/IF10485.pdf
15. https://www.counterpunch.org/2023/02/15/hersh-the-us-and-the-sabotage-of-the-nordstream-pipelines/
16. Sowohl in der Ukraine als auch in Serbien arbeitete Freedom House eng mit lokalen Gruppen zusammen, die für friedliche demokratische Revolutionen verantwortlich waren Zitiert aus http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13484 (Original unter http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=249, abgerufen am 18. Mai 2008, nicht mehr im Netz). Das überparteiliche Freedom House wurde am 10. November 1941 – einen Monat vor Kriegseintritt der USA – von Eleanor Roosevelt, Frau des demokratischen Präsidenten Franklin Roosevelt, und dem republikanischen Kandidaten von 1940, Wendell Willkie, gegründet. Als Ursache gibt Freedom House die zu dieser Zeit hoch im Kurs stehenden isolationistischen Tendenzen an. Zunächst sollte der Nazismus, das totalitäre Böse in Deutschland, abgewehrt werden. Mit Kriegsende wurde der Kampf gegen das totalitäre Böse in der Sowjetunion aufgenommen, wobei Freedom House aggressiv den McCarthyism unterstützte. Auf der anderen Seite setzte sich Freedom House für den Marshall-Plan und die Nato ein. Nach Beendigung des Kalten Krieges bemühte man sich vor allem um die „fragile democracies“ im ehemaligen Ostblock. Seit 2001 konnten Büros in der Ukraine, Polen, Ungarn, Bosnien, Serbien, Jordanien, Mexiko und einer Vielzahl von Ländern in Zentralasien eröffnet werden.
Dr. Alexander Bobrow (Rußland), Dekan der Schule für Regierungs- und Auswärtige Angelegenheiten der MGIMO Universität (Moskauer Staatsinstitut für Internationale Beziehungen): „Die neue Sicherheitsarchitektur im Spiegel von Rußlands außenpolitischem Konzept 2023“.
Die neue Sicherheitsarchitektur im Spiegel von Rußlands Außenpolitischem Konzept 2023
Von Dr. Alexander Bobrow
Dr. Alexander Bobrow ist Dekan der Schule für Regierungs- und Auswärtige Angelegenheiten der MGIMO Universität (Moskauer Staatsinstitut für Internationale Beziehungen), Übersetzung aus dem Englischen.
Vielen Dank, daß Sie mich eingeladen haben. Ich möchte mein Thema vorstellen und es dabei vermeiden, die Gedanken zu wiederholen, die von den brillanten Vorrednern geäußert wurden, nicht nur in Bezug auf den aktuellen Stand der Beziehungen zwischen dem Westen und Rußland, sondern auch in Bezug auf alles, was mit der Entstehung der multipolaren Welt zu tun hat, die wir derzeit erleben und die nicht nur eine Idee von irgend jemandem ist, sondern eine objektive Tendenz, die eine Gruppe von Ländern – insbesondere der Westen, die Vereinigten Staaten von Amerika, die Europäische Union – zu ignorieren versucht.
Ich habe mich nur deshalb für dieses Thema entschieden, weil vor etwa zwei Wochen das neue Außenpolitische Konzept Rußlands vorgestellt wurde, ein strategisches Dokument, das die wichtigsten Vorstellungen der russischen Staatsführung über die Rolle unseres Landes in den internationalen Beziehungen zum Ausdruck bringt.1 Und man könnte dieses Dokument auch als einen gewissen Spiegel für das Drehbuch des Kremls im allgemeinen verwenden.
Es ist nicht das erste Mal, daß die russische Führung ein solches Dokument veröffentlicht. Es gab bereits 2016 und 2008, also ganz zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Ausgaben davon, aber dies ist das allererste strategische Dokument, das bestimmte Fragen beantwortet.
Die erste wäre: Was ist Rußlands Vorstellung von der modernen Welt?
Wir wissen ja, daß unser Präsident Wladimir Putin oder Außenminister Sergej Lawrow seit Anfang der 2000er Jahre die Idee einer multipolaren Welt vertreten. Aber dies ist das erste Mal, daß diese Idee nicht nur in der Grundvorstellung, sondern auch in den Einzelheiten dieses Dokuments Gestalt annimmt. Wir versuchen zu zeigen, daß diese multipolare Welt nicht nur aus einzelnen Ländern als Zivilisationen bestehen muß – die Vereinigten Staaten von Amerika, Rußland, China oder Indien -, sondern auch aus Regionen, die durch eine Reihe von multilateralen Abkommen und Organisationen vertreten sein könnten. Denn natürlich wird Lateinamerika nicht von einem Land vertreten, sondern von einer Gruppe von Ländern. Das gleiche gilt für Afrika: Kein Land gilt als Alleinvertreter dieser Region, aber die afrikanischen Länder als Gruppe haben jedes Recht, ihre Meinung zu äußern.
Das strategische Dokument ist auch ein sehr guter Ausdruck der russischen Diplomatie.
Als Dozent für Diplomatie stelle ich fest, daß wir derzeit eine Krise der Diplomatie und der diplomatischen Grundsätze im allgemeinen erleben. Es gibt verschiedene Beispiele für einseitige Aktionen der Vereinigten Staaten von Amerika oder ihrer europäischen Verbündeten, insbesondere wenn sie die Beschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen umgehen, wie wir es in Jugoslawien gesehen haben, im Irak und in Libyen, wo diese Operation, die das Gaddafi-Regime stürzte, durch die Hintertür lief.
Ich denke, diese Klarheit dieses wichtigen außenpolitischen Konzepts ist auch sehr wichtig, um Moskaus Logik in Bezug auf die Zukunft der verschiedenen bilateralen und multilateralen Beziehungen zu verstehen. So sieht man zum Beispiel in dem Kapitel über die regionalen Prioritäten der russischen Außenpolitik, daß Rußland derzeit den Beziehungen zu den GUS-Ländern, zu China und Indien, zu afrikanischen oder nahöstlichen Ländern Vorrang vor unseren bilateralen Beziehungen zu Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika einräumt.
Das ist zum ersten Mal so in unserer postsowjetischen Geschichte, würde ich sagen, denn jahrzehntelang, ja sogar jahrhundertelang, war die russische Außenpolitik ziemlich eurozentrisch. Unsere Denkweise war in Abhängigkeit von den Tendenzen und Ereignissen in der euro-atlantischen Region geprägt. Jetzt versuchen wir, unsere Aufmerksamkeit auf neue Gravitationszentren zu lenken, in Asien, im Nahen Osten, in Afrika, in Lateinamerika und im Globalen Süden ganz allgemein, was auch insgesamt für die Entstehung dieser neuen multipolaren Welt sehr wichtig ist.
Ich freue mich auf unsere Fragen und Antworten, die gleich im Anschluß folgen werden, und ich möchte Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen und daher ohne weiteres dem nächsten Redner das Wort erteilen. Vielen Dank, daß ich heute hier sein darf.
Anmerkung:
1. Englische Fassung: https://mid.ru/en/foreign_policy/fundamental_documents/1860586/
Oberstleutnant a.D. Ralph Bosshard (Schweiz), Schweizer Streitkräfte; Berater, militärstrategische Angelegenheiten, „Der Ukrainekrieg ist ein Indikator und Beschleuniger des westlichen Untergangs“.
Oberstleutnant a.D. Ralph Bosshard, Schweizer Streitkräfte; Berater, militärstrategische Angelegenheiten
„Der Ukrainekrieg ist ein Indikator und Beschleuniger des westlichen Untergangs“.
Der andauernde Krieg in der Ukraine ist wahrscheinlich ein Indikator und zugleich ein Beschleuniger für den Niedergang des Westens. Die politische Bedeutung Westeuropas schrumpft. Wir sehen das daran, daß der Globale Süden rebelliert und es sich leisten kann, z.B. in der UN-Generalversammlung nicht nach den Wünschen des Westens zu stimmen.
Die abnehmende wirtschaftliche Bedeutung des Westens läßt sich daran ablesen, daß es dem Westen in neun Jahren ständig verschärfter Sanktionen nicht gelungen ist, Rußland zu einer Änderung seines Verhaltens zu zwingen. Heute sind die Sanktionen nur noch ein Teil der Bemühungen, Rußland zu schaden; sie dienen keinem positiven Ziel mehr. Auch der Westen zeigt sich uneinig, und der Biden-Administration gelingt es kaum, ihre Verbündeten und Freunde zu vereinen, indem sie Angst vor Rußland schürt.
Die Uneinigkeit zeigt sich nicht nur in Europa, sondern auch im Fernen Osten in Form der Unstimmigkeiten zwischen Frankreich und den AUKUS-Ländern. Der Besuch Macrons in China hat auch grundlegende Differenzen innerhalb des westlichen Blocks offenbart. Macrons Thesen zur strategischen Unabhängigkeit Europas fanden möglicherweise deshalb so viel Aufmerksamkeit, weil dies einer der wenigen Bereiche war, in denen zwischen Macron und Xi Jinping Einigkeit herrschte. Die Worte des chinesischen Staatschefs über eine multipolare Welt waren wahrscheinlich Balsam auf Macrons Wunden.
Verschiedene europäische Länder verfolgen ihre eigenen geopolitischen Ambitionen: Polen will sein Intermarium-Konzept aus den 1920er Jahren umsetzen und vielleicht sogar das mittelalterliche Großfürstentum Litauen wiederherstellen. Frankreich möchte weiterhin die Rolle der Grande Nation in der Welt spielen, Italien träumt von seinem erweiterten Mittelmeerraum, der sich vom Golf von Genua bis zum Asowschen Meer und dem Indischen Ozean erstreckt, und andere europäische Länder verfolgen eine nationalistische Politik. Und sie alle wollen die Ressourcen von ganz Europa für ihre Zwecke nutzen.
Das gilt auch für die Ukraine, wo Nationalisten versuchen, die Ressourcen der NATO zu nutzen, um ihrem Haß auf Rußland freien Lauf zu lassen und Gebiete zurückzuerobern, deren Bewohner nie Ukrainer sein wollten. Jeden Tag drückt der Westen all jenen Waffen in die Hand, die bereit sind, Rußland zu bekämpfen. Das hat nichts mehr mit der Sicherheit der Ukraine zu tun. Vielmehr wird das Land jeden Tag noch mehr verwüstet. Aber die NATO versucht mit ihren Waffenlieferungen ihr Verlierer-Image aufzupolieren, das ihr besonders nach der Kabul-Katastrophe im August 2021 anhaftet. Die NATO ist nicht mehr ein Instrument zur Gewährleistung der Sicherheit ihrer Mitgliedsländer, sondern ein sicherer Hafen, von dem aus diese Länder ihre geopolitischen Ambitionen verfolgen können.
Dies alles sind ungünstige Voraussetzungen für die angestrebte Schaffung einer überregionalen Sicherheitsorganisation, die Schurkenstaaten mit einseitigen Aktionen weltweit bestraft, ohne auf entsprechende Mandate des UN-Sicherheitsrates zu warten. Mit seinen unilateralen Aktionen im Irak, im ehemaligen Jugoslawien, in Afghanistan und anderswo hat der Westen selbst wichtige Organisationen und Mechanismen zur Konfliktprävention und -lösung beschädigt. Alle westlichen Staaten haben dazu beigetragen; ich selbst habe den Mißbrauch des sogenannten Wiener Dokuments für sicherheits- und vertrauensbildende Maßnahmen durch die USA und auch Deutschland erlebt, als ich für die OSZE in Wien arbeitete. Und in ihrem messianischen Sendungsbewußtsein üben die NATO-Staaten nun Druck auf neutrale Akteure aus und schwächen auch die letzten potentiellen Brückenbauer in Europa. Es sieht fast so aus, als wolle der Westen den Dritten Weltkrieg um jeden Preis.
Die Jahre des Kalten Krieges waren geprägt von der direkten Konfrontation zwischen den Blöcken in einer der am dichtesten besiedelten Regionen der Welt, nämlich Mitteleuropa, und von der ständigen Bedrohung durch einen Atomkrieg. Der Fall der Berliner Mauer setzte diesem unangenehmen Zustand ein Ende. Heute findet die direkte Konfrontation an einer viel längeren Grenze statt, vom Nordkap bis zum Schwarzen Meer, und wir spielen mit Atomwaffen. Im Gegensatz zum Westen glaubten und glauben die Sowjetunion und heute Rußland, daß ein Atomkrieg nicht auf eine Weltregion beschränkt werden kann, sondern unweigerlich global werden muß. Ich hoffe, niemand wird so dumm sein und versuchen, herauszufinden, ob das stimmt.
Inzwischen schrumpft auch die militärische Bedeutung des Westens. Die Tatsache, daß die Ukraine trotz massiver Militärhilfe aus dem Westen keine entscheidenden Erfolge erzielen konnte und daß verschiedene afrikanische Länder lieber die Wagner-Gruppe anheuern, als westliche Truppen ins Land zu lassen, spricht Bände. Die Weltmeere und der Luftraum stehen nicht mehr unter der uneingeschränkten Kontrolle der USA, die nicht mehr unangefochtener Marktführer in der Waffentechnik sind. Nach dem Ende des Kalten Krieges herrschte der Glaube an die totale militärische Dominanz des Westens vor. Dieser Glaube manifestierte sich in der Luftkriegsdoktrin von Colonel John Warden mit seinen fünf Ringen, in der Konzeption des Ship-to-Objective-Manövers der US Navy und des Marine Corps, im Prompt Global Strike Programm und anderen. Wir sind so überzeugt von unserem Good-Guy-Status, daß wir nicht in der Lage sind zu verstehen, daß andere Länder uns als Bedrohung betrachten könnten.
Ein russischer Witz lautet „сила есть – ума не надо“, was so viel bedeutet wie „Man muß nicht klug sein, um Macht zu haben“. Genau so verhält sich der Westen heute. Die Streitkräfte des Westens müssen an die abnehmende politische und wirtschaftliche Bedeutung des Westens angepaßt werden, sonst werden sie nur zum hilflosen Ausdruck einer hoch militarisierten Außenpolitik, die Argumentationsstärke durch Waffeneffektivität ersetzt.
Die Politiker des Westens wissen das natürlich, wehren sich aber gegen die Erkenntnis, daß die Macht ihrer Länder schrumpft. Sie alle sagen sich „Das sehe ich nicht so“ und versuchen, den Zeitpunkt der nächsten militärischen Katastrophe hinauszuschieben. Und sie sind alle bereit, militärische Gewalt anzuwenden, um dies zu verhindern. Wenn der Westen nicht zur Vernunft kommt, wird er zu einem Gefahrenherd in der Welt werden. Die Selbstgerechtigkeit des Westens wird zum Problem.
Dies ist eine kurze Zusammenfassung der Gründe, warum ich denke, daß ein neues System globaler Sicherheit notwendig ist. Auf einzelne Elemente davon oder auf die Grundzüge eines solchen Systems können wir im weiteren Verlauf der Diskussion noch ausführlicher eingehen.
Michael von der Schulenburg (Deutschland), ehemaliger UN/OSZE Diplomat: „Der Krieg in der Ukraine und unsere Verpflichtung zum Frieden“
Der Krieg in der Ukraine und unsere Verpflichtung zum Frieden
Der Krieg in der Ukraine geht nun in ein zweites Jahr – ohne daß auch nur der Versuch einer diplomatischen Lösung unternommen wurde. Anstelle von Friedensgespräche haben sich die Kriegs- und Konfliktparteien weiter in einer gefährlichen militärischen Eskalationsspirale unter Einsatz immer schwerere Waffensysteme verfangen. Als wären sie noch den Denkmustern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verhaftet, sollen nun militärische Großoffensiven die Lösung bringen.
Das wird die Ukraine nur weiter zerstören. Aber eine noch gefährlichere Konsequenz ist, daß am Ausgang solcher Offensiven das Prestige der zwei größten Nuklearmächte der Welt – USA und Rußland – hängt. Damit steigt das Risiko einer direkten Konfrontation zwischen diesen Nuklearmächten, die über etwa rund 90% aller Atomwaffen der Welt verfügen…
In der Präambel der UN-Charta heißt es: „die Völker der Vereinten Nationen, (sind) fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat…“
Leider scheint dieser Appell der UN-Charta heute vergessen. Das liegt vor allem daran, daß die eigentlichen Schutzmächte (und UN-Gründungsmitglieder) der UN-Charta, die USA, Großbritannien, Frankreich und nun auch Rußland, die Prinzipien der UN-Charta kontinuierlich erodiert, ja sie wiederholt gänzlich ignoriert haben. Das ist ihnen als permanente Mitglieder des UN-Sicherheitsrates mit Vetorecht möglich. Im Krieg in der Ukraine sind nun diese vier Schutz- und Vetomächte zu Konfliktparteien geworden. Damit tragen sie gegenüber der Menschheit die vorrangige Verantwortung für diesen Krieg…
Der Ernst des sich aufschaukelnden Konflikts über die Ausweitung der NATO an die Grenzen Rußlands, die nun zum Krieg geführt hat, war allen Beteiligten mindestens seit 1994 klar. Rußland hat wiederholt davor gewarnt, daß mit den Aufnahmen der Ukraine und Georgiens in die NATO seine elementaren Sicherheitsinteressen verletzt und damit eine rote Linie überschritten würde. Damit handelt es sich um einen klassischen Konflikt, wie er oft vorkommt.
Der UN-Charta entsprechend hätte dieser Konflikt diplomatisch gelöst werden müssen – und wohl auch können. Dies ist aber nicht geschehen, weder um einen Krieg zu verhindern, noch um einen friedlichen Ausgang des einmal begonnenen Krieges zu erreichen. Auch darin besteht ein Bruch der UN-Charta.
Dennoch wurde der NATO-Beitritt der Ukraine vor allem seitens der USA systematisch weiterverfolgt und Rußlands Bedenken einfach übergangen. Das verlief nicht ohne Provokationen. Dabei schreckte der Westen nicht einmal davor zurück, im Jahr 2014 den gewaltsamen Umsturz eines rechtmäßig gewählten (OSZE) Präsidenten zu unterstützen, um so eine für einen NATO-Beitritt genehme Regierung in der Ukraine einzusetzen. Nach Angaben von Victoria Nuland, heute stellvertretende Außenministerin der USA, hatte die USA diesen Umsturz mit 5 Milliarden Dollar finanziert; in Wirklichkeit aber dürfte es ein noch wesentlich höherer Betrag gewesen sein. Auch dies war eine grobe Verletzung der Souveränität eines UN-Mitglieds und damit ein Bruch der UN-Charta.
Nach den kürzlich gemachten Aussagen von Angela Merkel und Francois Holland zu den Minsk I- und Minsk II-Abkommen stellt sich auch die Frage, ob diese seitens des Westens überhaupt in ‚good faith‘ verhandelt wurden oder nur dem Ziel dienten, Zeit für die militärische Aufrüstung der Ukraine zu schaffen. Da diese Abkommen durch den Beschluß des UN-Sicherheitsrates rechtsbindend wurden, wäre das eine schockierende Travestie jeden internationalen Rechtes….
Auch nach dem Ausbruch des Krieges wurden alle unternommenen Friedensbemühungen von der NATO, insbesondere von den USA und Großbritannien, torpediert. In der ersten Märzwoche 2022 bereits bemühte sich der damalige Premierminister Israels, Naftali Bennet, um einen Waffenstillstand zwischen Rußland und der Ukraine. Nach seinen kürzlich gemachten Aussagen hatten Rußland und die Ukraine großes Interesse an einem schnellen Ende des Krieges. Laut Bennet war durch Konzessionen Rußlands ein Waffenstillstand „in greifbare Nähe“ gerückt. Dazu kam es aber nicht, denn „sie (die USA und Großbritannien) haben einen Waffenstillstand blockiert, und ich dachte, sie hätten unrecht“, so Bennet weiter…
Die Entscheidung, den Krieg fortzusetzen, hat nun zu einer weitgehenden Zerstörung der Ukraine, zu unermeßlichem Leid für die Menschen dort und zum Verlust großer Teile des ukrainischen Territoriums geführt. Die Verhandlungsposition der Ukraine wäre heute viel schlechter als im März 2022. Dies mag Zelenskys derzeitige Haltung erklären, alles auf einen totalen Sieg über Rußland zu setzen. Doch selbst wenn dies überhaupt möglich wäre, würde ein solcher Sieg enorme menschliche Kosten verursachen und könnte die völlige Zerstörung der Ukraine zur Folge haben. Präsident Zelensky und die meisten seiner Mitstreiter müssen inzwischen erkannt haben, daß sie im März/April nicht auf ihre neuen Freunde aus dem Westen hätten hören dürfen. Weil sie im März eine Verhandlungslösung abgelehnt haben, zahlen die Ukrainer nun mit ihrem Blut für einen Krieg, der den strategischen Interessen der NATO dient. Es könnte nicht das letzte Mal sein, daß sich die Ukrainer verraten fühlen…
Der Krieg in der Ukraine hat die Welt näher an eine nukleare Katastrophe gebracht als irgendein anderer Konflikt seit dem Ende des Kalten Krieges – vielleicht sogar seit dem Ende der beiden Weltkriege. Das sollte uns allen schmerzlich bewußt gemacht haben, wie wichtig, ja unersetzlich die UN-Charta auch heute noch ist. Um den Weltfrieden zu erhalten, bleibt uns nur der Weg über eine freiwillige Einigung zwischen Staaten, Konflikte friedlich zu lösen.
Die Fackel für eine friedliche, auf Zusammenarbeit gerichtete Weltordnung muß nun von anderen Ländern getragen werden, von Ländern wie Brasilien, Argentinien und Mexiko in Lateinamerika; von Indien, China und Indonesien in Asien; von Südafrika, Nigeria und Äthiopien in Afrika und Ägypten und Saudi-Arabien im Mittleren Osten. Indem diese Länder eine stärkere Verantwortung für den Weltfrieden übernehmen, würde ein weiterer Schritt hin zu einer multipolaren und gleichberechtigten Welt gegangen. Was eignet sich da besser als eine Friedensordnung, die auf der UN-Charta und dem Prinzip „der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder“ aufgebaut ist!
Diskussion
PANEL 2: 19:00 Uhr (MESZ):
Die „globale Mehrheit“ und die internationale Friedensbewegung kämpfen für das gleiche Ziel
Moderator: Stephan Ossenkopp, Schiller-Institut (Deutschland)
Die Nationen des „Globalen Südens“, die in letzter Zeit treffend als „Globale Mehrheit“ bezeichnet werden, verwahren sich gegen die weitere Ausplünderung ihrer Nationen und die Untergrabung ihrer Souveränität durch die sogenannte „regelbasierte Ordnung“. Sie sind entschlossen, dem Kolonialismus ein für allemal ein Ende zu setzen. Die aufkommende Friedensbewegung in Europa und den Vereinigten Staaten will ebenfalls trennende Ideologien beiseite schieben und muß sich mit dem gleichen grundlegenden Problem auseinandersetzen: daß das kollabierende transatlantische Finanzsystem die treibende Kraft zum Krieg ist.
Diane Sare (USA), LaRouche-Kandidatin für den US-Senat in New York 2024, Hauptrede.
Kein sterbender Tümpel, sondern ein mächtiger Fluß
Diane Sare eröffnete den zweiten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 15. April mit dem folgenden Vortrag.
Diane Sare tritt im US-Bundesstaat New York als unabhängige „LaRouche-Kandidatin“ zur Wahl 2024 für den US-Senat an. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden hinzugefügt.)
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich auf einer flachen Ebene, die von Hügeln umgeben ist und in der kleine Rinnsale einfließen, die sich am tiefsten Punkt zu einem Tümpel – einer Art Teich – sammeln, der keine Quelle und keinen tieferen Punkt hat, an dem das Wasser austreten könnte. Auf ein paar Regentage folgen Wochen, in denen es fast nicht regnet, aber die Sonne heizt die große, eher flache Pfütze auf. Nach einiger Zeit beginnen Grünalgen zu wachsen, und Tiere trinken das Wasser und sterben in der Nähe, wodurch ein schrecklicher Geruch entsteht, und Fliegen schwirren umher.
Scott Ritter würde das als Kumbaya bezeichnen (siehe Neue Solidarität 18/23). Es ist eine Friedens-„Bewegung“ ohne Bewegung, ohne Ziel. All die kleinen Wasserströme fließen am tiefsten Punkt zusammen, bleiben dort und stinken. „Wir legen alle unsere Differenzen beiseite und freuen uns, daß wir uns gemeinsam an den Händen halten und uns im stinkenden, faulenden Schlamm suhlen.“
Lyndon LaRouche wußte, daß Frieden nicht statisch ist, er ist kein fixer Zustand.
Stellen Sie sich nun ein anderes Bild vor:
Diesmal befinden wir uns in einem Tal, und viele Bäche strömen aus verschiedenen Richtungen die Berghänge oder träge Hügel hinunter vermehrt durch Regenfälle, aber das Tal bildet ein Flußbett, das in ein anderes Tal mündet, das noch etwas tiefer liegt, und wieder in ein weiteres, bis der nun mächtige Strom den Ozean erreicht.
Zunächst einmal wird sich dieser Fluß nicht mit toten Dingen füllen. Es kommt immer wieder neues Wasser hinzu und sorgt für subtile Veränderungen, die viele Formen von Leben nähren. Dieser Fluß kann eine Turbine antreiben, die genug Strom erzeugt, um eine neue Stadt oder sogar eine halbe Nation zu versorgen. Vielleicht können Schleusen und eine Reihe von Dämmen gebaut werden, die den Fluß nicht nur zu einer großen Energiequelle, sondern auch zur Schiffahrt geeignet machen.
Dieser mächtige Strom ist das, was wir werden müssen, um die Menschheit zu einer höheren Stufe der Existenz zu führen.
Das alte System zerstört sich selbst
Zum Glück für uns müssen wir nicht die Aufgabe übernehmen, das alte System zu zerstören. Es bricht unter seiner eigenen Last zusammen, darüber werden Sie morgen in der Vormittagssitzung mehr hören. Was ich besprechen möchte, sind die physikalischen Parameter, mit denen wir messen können, ob wir uns in die richtige Richtung bewegen, wie Herr LaRouche in dem kurzen Clip gezeigt hat, mit dem wir diese Sitzung begonnen haben.
Die menschliche Entwicklung muß die Gesetze der Schöpfung des Universums widerspiegeln. Im Widerspruch zu Greta Thunberg, König Charles und Al Gore geht das Universum nicht zu Ende. Es wird nicht von einem Gesetz der Entropie beherrscht. Betrachtet man die Entwicklung der Biosphäre, so sind die Lebensformen immer komplexer geworden, von den Pflanzen über die Tiere und Säugetiere bis hin zum Menschen – und das ist keine lineare Entwicklung, sondern die Sprünge von einer Phase zur nächsten geschehen wie durch ein Wunder. Selbst nach einem Aussterbeereignis, wie dem Tod der Dinosaurier und 99% aller lebenden Arten, entstanden neue Arten, die weiter entwickelt waren. Wir wissen nicht wie, man kann das „fehlende Glied“, von dem Bertrand Russell und ein KI-Nerd sprechen würden, nicht finden.
Mit dem Menschen haben wir eine neue Gattung mit zwei einzigartigen Eigenschaften: kreativer Verstand und freier Wille. Wir alle spüren zwar den Sog von Gewohnheiten und Instinkten, wir können uns aber auch dafür entscheiden, diese niederen Motive zugunsten höherer zu ignorieren. Wir sind uns bewußt, daß unser sterbliches Leben in der menschlichen Geschichte kurz ist, und noch kürzer in der galaktischen Geschichte, aber jeder von uns ist erstaunlicherweise einzigartig und in der Lage, eine prinzipielle Entdeckung zu machen, die das Leben unserer Spezies auf Jahrtausende in der Zukunft verändern wird.
Wer auch immer es war, der als erster das Feuer benutzte, er hat den Lauf der menschlichen Existenz verändert. Ich wähle dieses Beispiel, obwohl es noch andere gibt, wie das Rad, denn eine andere Art, Feuer zu betrachten, ist als Energie.
Bevor wir Energie nutzbar machten, später in Form von Elektrizität, war der Pro-Kopf-Energieverbrauch sehr gering im Vergleich zu dem, was er heute in einer entwickelten industriellen Wirtschaft ist. Ich will damit sagen, daß es natürlich ist, daß die Menschen von einer Generation zur nächsten immer mehr Energie pro Kopf produzieren und verbrauchen. Und es ist nicht nur natürlich, sondern auch notwendig.
Es ist auch notwendig, um eine wachsende Bevölkerung zu haben. Es gibt einfach keine Möglichkeit, mehr Energie zu verbrauchen und zu produzieren, als mit einer größeren Arbeitsteilung. Alexander Hamilton hat dieses Prinzip bereits sehr gut verstanden und es in seiner Abhandlung über die Manufakturen ausgearbeitet.
Die Technik wird immer komplexer werden, und es wird immer weniger körperliche Arbeit geben, sondern immer mehr Denkarbeit, begleitet von sehr präzisen Fähigkeiten. Wir werden also mehr Ingenieure und Wissenschaftler brauchen, mehr spezialisierte Landwirte – und natürlich bessere Musiker und Künstler, um den Verstand unserer Generationen von Genies zu beflügeln. Es kann sein, daß künftig einige Menschen bis zum Alter von fast 30 Jahren studieren müssen. Das bedeutet, daß die Menschen länger leben und für einen größeren Teil ihres Lebens gesünder sein müssen.
Wir messen dies mit etwas, das Lyndon LaRouche die „potentielle relative Bevölkerungsdichte“ nannte. Grob ausgedrückt: Wie viele Menschen könnten bei höchstmöglichem Lebensstandard pro Quadratkilometer überleben? Ich denke, Sie können sich vorstellen, warum die Kernkraft als Plattform für die Gesellschaft der Holzkohleverbrennung weit überlegen wäre.
Wir brauchen eine Gesellschaft, die die bahnbrechenden Entdeckungen jedes individuellen schöpferischen Genies würdigt und fähig ist, sie zu übernehmen. Das ist die Rolle des Nationalstaates. Eine Regierung muß die Kreativität ihrer Bürger schützen.
Was bedeutet das? Helga umreißt es, und es ist auch schon in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung enthalten.
Helga Zepp-LaRouches „Zehn Prinzipien“
Unter diesem Gesichtspunkt sollten Sie noch einmal über die Zehn Prinzipien nachdenken, die Helga im vergangenen Dezember für uns formuliert hat. Ich werde sie leicht abkürzen.
Erstens: Vollkommen souveräne Nationalstaaten auf der Grundlage der Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz und der UN-Charta.
Zweitens: Linderung der Armut in allen Ländern der Erde,
Drittens: Die Lebenserwartung aller Menschen muß soweit wie möglich verlängert werden, indem in jedem Land der Erde moderne Gesundheitssysteme geschaffen werden.
Viertens: Zugang zu allgemeiner Bildung für jedes Kind und jeden Erwachsenen.
Fünftens: Das internationale Finanzsystem muß so umgestaltet werden, daß es produktive Kredite zur Erreichung dieser Ziele bereitstellen kann. Ein Bezugspunkt kann das ursprüngliche Bretton-Woods-System sein, wie es von Franklin D. Roosevelt geplant war, aber wegen seines frühen Todes nie umgesetzt wurde, ein anderer die von Lyndon LaRouche vorgeschlagenen Vier Gesetze.
Sechstens: Die neue Wirtschaftsordnung muß darauf ausgerichtet sein, die Voraussetzungen für moderne Industrie und Landwirtschaft zu schaffen: moderne Infrastruktur und Transportkorridore.
Siebtens: Die neue globale Sicherheitsarchitektur muß das Konzept der Geopolitik abschaffen, indem sie die Aufteilung der Welt in Blöcke beendet. Die Sicherheitsbelange jeder souveränen Nation müssen berücksichtigt werden. Atomwaffen und andere Massenvernichtungswaffen müssen abgeschafft werden, auch durch den Einsatz höherer Technologien, wie LaRouches Konzept der Laserabwehr gegen Atomraketen.
– Die letzten drei Prinzipien lassen nicht abkürzen, deshalb lese ich sie vollständig vor:
Achtens: Früher konnte eine Zivilisation an einem Ende der Welt untergehen, und der Rest der Welt erfuhr es erst Jahre später, weil die Entfernungen zu groß und die Reisezeiten zu lang waren. Heute sitzt die ganze Menschheit aufgrund von Atomwaffen, Pandemien, Internet und anderen globalen Wechselwirkungen zum ersten Mal in einem Boot. Daher kann eine Lösung für die existentielle Bedrohung der Menschheit nicht über sekundäre oder partielle Vereinbarungen gefunden werden, sondern die Lösung muß auf der Ebene des höheren Einen gefunden werden, das mächtiger ist als die Vielen. Sie erfordert das Denken auf der Ebene der Coincidentia Oppositorum des Nikolaus von Kues.
Neuntens: Um die Konflikte zu überwinden, die aus den Differenzen erwachsen, mit denen die Imperien die Kontrolle über ihre Untertanen aufrechterhalten haben, muß die wirtschaftliche, soziale und politische Ordnung mit der Gesetzmäßigkeit des physischen Universums in Einklang gebracht werden. In der europäischen Philosophie wurde dies als das Sein im Einklang mit dem Naturrecht diskutiert, in der indischen Philosophie als Kosmologie, und in anderen Kulturen lassen sich entsprechende Begriffe finden. Moderne Wissenschaften wie Weltraumwissenschaft, Biophysik oder Kernfusionsforschung werden das Wissen der Menschheit über diese Gesetzmäßigkeit kontinuierlich erweitern. Eine ähnliche Übereinstimmung findet sich in den großen Werken der klassischen Kunst in verschiedenen Kulturen.
Zentens: Grundannahme des neuen Paradigmas ist, daß der Mensch grundsätzlich gut ist und fähig ist, die Kreativität seines Geistes und die Schönheit seiner Seele unendlich zu vervollkommnen; und daß er die am weitesten entwickelte geologische Kraft im Universum ist, was beweist, daß die Gesetzmäßigkeit des Geistes und die des physischen Universums in Übereinstimmung und Kohäsion stehen und daß alles Böse das Ergebnis eines Mangels an Entwicklung ist und daher überwunden werden kann.
Nullwachstum und Frieden sind unvereinbar
Diese dringende Notwendigkeit des Wachstums des Energieverbrauchs und der Bevölkerung, die ein natürlicher Prozeß des Universums ist, ist der Grund, warum die Umweltbewegung als Anti-Wachstums-Bewegung – d.h. eine Bewegung zur Reduzierung der Bevölkerung und des Energieverbrauchs – mit dem Weltfrieden unvereinbar ist. Tatsächlich wäre eine wachstumsfeindliche Haltung eine Garantie für ewigen Krieg und letztlich die endgültige Auslöschung der menschlichen Gattung.
Wenn man sich anschaut, was China und Rußland in den Ländern, mit denen sie zusammenarbeiten, aufbauen – unter anderem Kernkraftwerke, moderne Häfen und Eisenbahnen –, dann sieht man, warum sie die Fähigkeit haben, Frieden zu schaffen. Genau das war früher einmal die Selbstverpflichtung der Vereinigten Staaten, was John Quincy Adams und später die Präsidenten Lincoln, Grant, Garfield und McKinley, Franklin D. Roosevelt und John F. Kennedy sehr deutlich zum Ausdruck brachten. Es ist kein Zufall, daß auf vier dieser sieben Attentate verübt wurden.
Wir in den Vereinigten Staaten sind dafür verantwortlich, unserer Republik dieses Erbe zurückzugeben, und unsere europäischen Freunde werden in ihrer eigenen Geschichte ähnliche Tendenzen finden, bis zurück zu Jeanne d’Arc und insbesondere zu Leibniz. Das ist notwendig, wenn wir wieder Teil der menschlichen Zivilisation werden wollen.
Aber die Menschheit muß auch nach vorne blicken – auf einen Durchbruch in der Fusionsenergie und auf die Errichtung einer industriellen Basis auf dem Mond und vielleicht einer bemannten Kolonie auf dem Mars. Die Entwicklung des Universums ist der Ozean, in den unser mächtiger Fluß fließt.
Ich danke Ihnen.
S.E. Donald Ramotar (Guyana), ehemaliger Präsident von Guyana.
Ich danke Ihnen sehr. Zunächst einmal möchte ich alle Teilnehmer grüßen.
Wir leben in sehr gefährlichen Zeiten. Unsere Welt erlebt viele Konflikte, von denen der ernsthafteste und gefährlichste die Situation in Europa und der russisch-ukrainische Konflikt ist. Wir sollten nicht vergessen, dass die beiden Weltkriege des letzten Jahrhunderts beide in Europa ihren Anfang nahmen. Andererseits zeichnen sich auf der internationalen Bühne die Konturen eines tiefgreifenden Wandels ab. Die Kräfteverhältnisse ändern sich und geben Anlass zur Hoffnung, dass eine bessere und gerechtere Welt entstehen kann. Wie bereits erwähnt, stellt der Ukraine-Konflikt eine große Gefahr für die Menschheit dar. Denn vier mit Atomwaffen ausgerüstete Länder sind an dieser Militäroperation beteiligt. Das Tragische daran ist, dass er vermeidbar gewesen wäre, wenn der Grundsatz der gleichen Sicherheit der Nationen in Bezug auf Russland gewahrt und respektiert worden wäre.
Die Tatsache, dass sie andauert und eskaliert, liegt in der Natur des Imperialismus begründet; das Streben der führenden imperialistischen Mächte nach totaler Vorherrschaft ist der Kern dieser Krise. Der Hauptkampf in unserer heutigen Welt hat viele Ähnlichkeiten mit den antikolonialen Kämpfen des letzten Jahrhunderts. Die Form hat sich in vielerlei Hinsicht geändert; jetzt haben wir eine kollektive Kolonialmacht in Form der NATO-Staaten unter Führung der Vereinigten Staaten. Ihr Hauptziel ist es, den Rest der Welt ihrer Macht zu unterwerfen. Sie wollen die Ausbeutung der Mehrheit der Völker der Welt fortsetzen und die Massen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas arm und machtlos halten.
Der Krieg wurde Russland aufgezwungen, weil der Imperialismus entschlossen ist, keinen Staat zu haben, der seine militärischen Kernkapazitäten herausfordern kann. Auch wenn Russland heute selbst ein kapitalistischer Staat ist, ist seine Geschichte weiterhin ein Schreckgespenst für die kollektiven Kolonialisten. Die Angst vor Sozialismus und Kommunismus ist in den Köpfen der westlichen herrschenden Klasse noch immer präsent. Deshalb haben sie alle ihre Versprechen gegenüber Russland in Bezug auf seine Sicherheit gebrochen. Das ist der Hauptgrund für ihre Ablehnung der russischen Freundschafts- und Kooperationsangebote, die in den 1990er Jahren und zu Beginn dieses Jahrhunderts gemacht wurden. Es ist auch klar, dass die aggressivsten Elemente in der NATO-Allianz jeden Versuch, den Konflikt zu beenden, sabotiert haben. Stattdessen verschärfen sie die Gefahren, indem sie die Ukraine weiterhin mit den modernsten Waffen versorgen, um den Krieg in Gang zu halten. Die Hoffnung ist, Russland zu erschöpfen. Der US-Imperialismus will sicherstellen, dass Russland nie wieder seine Hegemonie in Frage stellen kann.
Dieser Konflikt dient auch als Vorwand für einen weiteren Aggressionsplan gegen die Sicherheit Russlands. Ich spreche hier von Finnlands Beitritt zum NATO-Bündnis. Die Propagandalinie, die der Westen verfolgt, lautet, Putin habe mit seiner Militäroperation in der Ukraine das Gegenteil von dem bekommen, was er erwartet hat. Das ist unzutreffend. Dieser seit langem bestehende Plan wurde vom finnischen Präsidenten selbst in seiner Beitrittsrede zur NATO offengelegt. Er erklärte, die NATO habe seit langem darauf hingewirkt, dass Finnland seinen Neutralitätsstatus aufgibt. Er sagte – ich zitiere: „Als Partner haben wir uns bereits seit langem an den Aktivitäten der NATO beteiligt.“ Er bestätigte weiter, dass die Beitrittszeremonie nur eine Formalität war, als er sagte: „Seit Jahren haben wir unsere NATO-Kompatibilität entwickelt.“ Dies ist ein Eingeständnis, dass es sich nicht um eine plötzliche Entscheidung handelt, sondern um eine, die von langer Hand geplant war und auf einen geeigneten Vorwand wartete, um sie auszuführen.
Jetzt zu sagen, Russland habe sich das selbst zuzuschreiben, obwohl es Finnland nie bedroht hat, ist eine faustdicke Lüge. In diesem Jahr wird dieser Krieg nicht nur auf dem Schlachtfeld ausgetragen. Die NATO-Mächte hatten wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland vorbereitet, lange bevor überhaupt ein Schuss gefallen war. Erinnern Sie sich an die Arroganz der USA, als ihr Präsident ankündigte, dass Russland mit der „Mutter aller Sanktionen“ konfrontiert werden würde und dass „der Rubel verschrottet werden würde“. In diesem Fall sah sich Russland mit den wirtschaftlichen Angriffen der USA und ihrer NATO-Verbündeten konfrontiert. Diese Maßnahmen sind nicht wie geplant ausgefallen. Sie haben sich sogar als Bumerang erwiesen, aber darauf komme ich gleich zurück.
Die Situation im Russland-Ukraine-Konflikt hat eine weitere Eigenschaft des Westens offenbart. Sie hat gezeigt, dass die Vereinigten Staaten wirklich nur Lippenbekenntnisse zu den globalen Umweltbedingungen ablegen. Ihre Gier und ihr Wunsch nach Vorherrschaft sind viel stärker als ihre Sorge um die globale Umwelt. Wie sonst lässt sich die Zerstörung der Nord Stream-Pipelines erklären? Dies war ein Sabotageakt gegen die gesamte Menschheit. Ungezählte Millionen Tonnen von Treibhausgasen wurden vorsätzlich in unsere Atmosphäre freigesetzt. Das Gerede über den Schutz unserer Umwelt, das aus den USA, Großbritannien, Dänemark und anderen Ländern kommt, klingt zu diesem Zeitpunkt besonders hohl. Dies war ein Angriff auf all diejenigen, die versuchen, die internationale Umweltzerstörung aufzuhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne die großen Gefahren, denen wir ausgesetzt sind, herunterspielen zu wollen, gestatten Sie mir die Bemerkung, dass sich die Umrisse einer gerechteren und faireren Welt abzeichnen. Die massiven Wirtschaftssanktionen haben vielen Ländern vor Augen geführt, wie verletzlich sie sind und dass solche Maßnahmen gegen jedes Land verhängt werden können, das versucht, seine Souveränität zu behaupten. Aus diesem Grund suchen viele Länder jetzt den Schulterschluss mit den BRICS. Damit wollen sie ihre eigene Wirtschaft schützen. Die Sanktionen gegen Russland und andere Länder haben diese Länder gezwungen, nach Alternativen für den internationalen Handel und das internationale Finanzwesen zu suchen. Schon jetzt ist zu beobachten, dass der Yuan, die chinesische Währung, im Welthandel an Bedeutung gewinnt. China hat sich als zuverlässiger Partner für die Entwicklungsländer erwiesen. Es hat sich das Vertrauen großer Teile der Welt erworben. Die Möglichkeit, dass eine neue Handelswährung entsteht, scheint sehr groß zu sein. Diese Entwicklungen werden sicherlich einen großen Beitrag zur Demokratisierung der internationalen Wirtschaft leisten. Sie sind eine große Hoffnung für die armen Länder in Asien, Afrika und Lateinamerika. Ich glaube, dass die Versuche, die Spannungen im Nahen Osten zu lösen, darauf zurückzuführen sind, dass viele Länder zunehmend erkennen, wie anfällig sie für imperialistische Machenschaften sind. Dies ist eine höchst begrüßenswerte Entwicklung. Hoffentlich kann dies dazu beitragen, die demokratischen Kräfte in Israel zu stärken und den Tag näher zu bringen, an dem das palästinensische Volk mit den Worten von Martin Luther King, Jr. sagen kann: „Wir sind endlich frei.“
Es gibt noch eine weitere wichtige Aufgabe, die vor uns liegt und für die wir die Solidarität unserer Völker brauchen. Es geht darum, die internationalen Institutionen zu schützen. Seit dem Konflikt in der Ukraine haben wir gesehen, wie der Westen internationale Institutionen für seine eigenen Zwecke missbraucht hat. Arme und weniger arme Länder wurden unter Druck gesetzt, in den Vereinten Nationen und anderen internationalen Gremien in einer bestimmten Weise abzustimmen. Dies hat ein lächerliches Ausmaß erreicht, als der Internationale Strafgerichtshof Anklage gegen den russischen Präsidenten erhob. Der angebliche Grund dafür ist die Verschleppung von Kindern aus einem Kriegsgebiet. Dies ist eine sehr gefährliche Provokation durch unsere internationalen Institutionen. In der gleichen Zeitwurde nichts gegen diejenigen unternommen, die in den Irak einmarschiert sind, die Muammar Qaddafi in Libyen ermordet haben, die dieses Land zerstört und die Gräueltaten in Afghanistan begangen haben. Dennoch wurde niemand von diesen internationalen Gremien angeklagt oder auch nur getadelt. Diese Handlungen dienen nur dazu, die internationalen Institutionen zu diskreditieren. Wir müssen die internationalen Gremien auffordern, unabhängig zu handeln und sich nicht dem Druck der Vereinigten Staaten und der NATO-Staaten zu beugen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Weg, der vor uns liegt, ist einerseits voller großer Versprechungen für eine bessere Zukunft, andererseits aber auch noch sehr gefährlich für die gesamte Menschheit. Die Demokratisierung der internationalen Wirtschaft, die gerade erst beginnt, wird kein reibungsloser Prozess sein. Wir müssen damit rechnen, dass der Imperialismus dies nicht auf die leichte Schulter nehmen wird. Ich glaube, dass er seine Anstrengungen verdoppeln wird, um fortschrittliche Regierungen zu untergraben. Sie werden auf Regimewechsel zurückgreifen, wo sie können. Sie sind bereit, Länder zu unterwandern und die Schwächen von Staaten auszunutzen, die sich ihrem Diktat widersetzen. Deshalb möchte ich vorschlagen, dass unsere erste Aufgabe darin besteht, zu versuchen, den gefährlichen Konflikten in Europa ein Ende zu setzen. Wir brauchen Frieden, um viele dieser Probleme zu lösen. Wir brauchen Frieden, um die sozioökonomischen und ökologischen Probleme zu lösen. In dieser Hinsicht haben wir einige sehr wichtige Vorschläge auf dem Tisch, und wir müssen sie weltweit bekannt machen. Es handelt sich um Vorschläge des Papstes, der den Vatikan als Ort für Friedensverhandlungen angeboten hat. Wir haben den Friedensvorschlag der Volksrepublik China. Das sind sehr wichtige Vorschläge. Der Vorschlag des [brasilianischen] Präsidenten Lula und unser eigener Vorschlag der Zehn Prinzipien von Helga, worin sie die Frage der menschlichen Entwicklung und des dauerhaften Friedens miteinander verbunden hat. Das muss noch mehr betont werden, denn ohne Entwicklung gibt es keinen dauerhaften Frieden.
Alle diese Prinzipien sind wichtig und haben gemeinsame Merkmale. Deshalb sollten wir sie immer wieder hervorheben und darauf drängen, dass Friedensgespräche jetzt beginnen. Dies wäre der erste Schritt zu einem dauerhaften Frieden in unserer Welt.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Georgy Toloraya (Rußland), Stellv. Direktor des Russischen Nationalkomitees für BRICS-Forschung, “Die sich ausweitende Rolle der BRICS+ bei der Gestaltung einer besseren Welt“
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Zunächst möchte ich Frau Zepp-LaRouche vom Schiller-Institut meine tiefe Dankbarkeit dafür ausdrücken, dass sie mich eingeladen hat, auf einer so bedeutenden Konferenz zu sprechen. Natürlich ist es eine Herausforderung, über ein mehr praktisches Thema zu sprechen, nachdem so bedeutende Redner eine sehr weitsichtige Vision der Aufgaben und Ziele der neuen Weltordnung gegeben haben. Ich möchte jedoch über praktischere Dinge sprechen und dabei die BRICS als ein Instrument betrachten, das meiner Meinung nach entscheidend sein kann, um echte praktische Veränderungen in der Weltordnung und der Global Governance herbeizuführen.
BRICS ist eine neue Art von nationaler Organisation, und eigentlich ist es noch keine Organisation, sondern ein nationales Bündnis. Es handelt sich nicht einfach um eine Organisation von Ländern, auch nicht von großen Ländern, sondern um eine Organisation oder ein Bündnis von Zivilisationen. Es ist also tatsächlich ein Bündnis, das die ältesten Zivilisationen der Welt zusammenbringt, die viel stabiler und langfristiger sind als Nationalstaaten. Und genau so würde eine neue Struktur der neuen Machtzentren in der Welt aussehen.
Wir sprechen von einer multipolaren Welt, wobei ich das Wort multipolar eigentlich nicht mag, denn bei polar unterscheiden wir zwischen Norden und Süden, es gibt verschiedene Machtzentren, die sowohl in der Größe als auch in ihrer Stärke unterschiedlich sein können. Wie auch immer, die Frage ist, wie man die Interessen aller von ihnen in Einklang bringen kann, wie man wieder verschiedene Machtzentren und verschiedene Nationen unterscheiden kann und wie man Gleichheit und Gerechtigkeit in die Weltordnung bringen kann, die ihr jetzt fehlt.
Denn eine unipolare Welt oder eine Welt, die vom westlichen System und den westlichen Staaten dominiert wird, ganz zu schweigen von der politischen und militärischen Dominanz der NATO mit den USA an der Spitze, ist weit davon entfernt, gerecht zu sein, und immer mehr Länder im Süden und Osten verstehen das. Deshalb können die BRICS eine Plattform sein, um ein neues Paradigma für die Weltordnung zu entwickeln, und zwar ein neues Paradigma für die gesellschaftliche Entwicklung.
Wir haben die letzten Jahrzehnte unter dem Konzept des mehr oder weniger liberalen Kapitalismus gelebt, und die kommunistische Doktrin, die Versuche, den Sozialismus aufzubauen, sind gescheitert. Eigentlich gibt es deshalb keine Alternative für das Paradigma der gesellschaftlichen Entwicklung für eine neue Zivilisation, für diese neue Gruppe von Schwellenländern und eigentlich für die Zivilisation. Eine der Ideen, die BRICS verfolgen könnte, ist also die Schaffung einer Plattform für die Zusammenarbeit zwischen den – wie ich sie nenne – weisen Männern und Frauen dieser Länder und den westlichen Ländern, um ein solches Paradigma zu schaffen, eine Art kollektiven gemeinsamen Markt, um neue Ideen und neue Konzepte zu präsentieren, wie die Gesellschaft und die internationale Ordnung funktionieren sollten.
Die zweite Funktion ist die einer Dialogplattform, denn es gibt klare Widersprüche zwischen dem kollektiven Westen und anderen Teilen der Welt, vor allem im Fall von Russland. Im Falle Russlands ist der Krieg in der Ukraine eine Art Stellvertreterkrieg Russlands gegen den kollektiven Westen, was ein sehr tragisches Ergebnis ist. Und genau das ist das Ergebnis des fehlenden Dialogs und der Unfähigkeit, die bestehenden und wachsenden Konflikte auf friedliche, diplomatische und demokratische Weise zu lösen.
Mehr noch, auch zwischen dem kollektiven Westen und China bahnen sich größere Konflikte an. Und wenn es zu einem offenen Konflikt käme, wäre das eine noch größere Gefahr für die Welt, für die Gemeinschaft als Ganzes. Um das zu vermeiden, gibt es meiner Meinung nach nur einen Weg: Diplomatie, Kompromisse und eine Art von Dialog. Und die BRICS können eine Plattform für einen solchen Dialog sein, um dem Westen eine kollektive Sicht auf die globale Entwicklung und die internationale Ordnung zu präsentieren. Mit der Macht dieser fünf Zivilisationen und anderer Länder und souveräner Nationen, die sie unterstützen, denke ich, dass der Westen nicht in der Lage sein wird, diesen Vorschlag zu ignorieren.
Und hier kommt das Konzept von BRICS Plus ins Spiel. BRICS selbst ist eine sehr amorphe, lose Organisation. Sie hat kein Sekretariat, sie ist nicht institutionalisiert und basiert auf Konsens. Und es ist nicht einfach, innerhalb der BRICS Entscheidungen zu treffen, da sie seit über 15 Jahren in diesem Prozess unter sich sind. Ich kann sagen, dass es immer der kleinste Nenner ist, den wir haben, wenn wir zu einer Entscheidung oder Lösung kommen.
Und es ist natürlich ein offenes Geheimnis, dass bestimmte Länder und Kräfte versuchen, die BRICS zu untergraben. Große souveräne Länder und Zivilisationen können sich meist nicht auf gutmütige Art und Weise einigen, denn es gibt immer Widersprüche. Und diese Widersprüche werden vom Westen künstlich angeheizt. Ein Beispiel dafür sind die Bemühungen des Westens, die Beziehungen zwischen Indien und China zu untergraben, die durchaus ihre Probleme haben. Aber jetzt versucht der Westen, insbesondere die USA, Indien in seinen Orbit zu bringen, indem das Konzept des Indopazifiks gefördert und versucht wird, eine Art asiatisches Bündnis gegen China und auch Russland zu schaffen. Doch Indien versucht, sich in den BRICS-Prozess einzubringen. Dies ist nur ein Beispiel. Natürlich gibt es noch viele weitere, und es ist wichtig, dass die BRICS-Länder ihre Einheit bewahren und einen engen Dialog pflegen.
Dieser Dialog ist inzwischen sehr vielschichtig. Wir haben mehr als 150 ständige Dialogkanäle auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Bereichen, von Industrie und Handel über Finanzen und Sicherheit bis hin zu Bildung, Technologie und Medizin und so weiter und so fort. Dennoch mangelt es an Institutionalisierung, Koordination und institutionellem Gedächtnis, wenn man so will. Mein zweiter Gedanke ist, dass eine gewisse Institutionalisierung der BRICS für die Entwicklung dieses internationalen Phänomens zu einem brauchbaren Instrument zur Veränderung der internationalen Ordnung unerlässlich ist.
Und das Thema BRICS Plus ist eng damit verbunden, denn schon bei nur fünf Ländern, fünf Nationen, ist es nicht so einfach, sich auf alles zu einigen. Was wäre, wenn BRICS erweitert würde? Was wäre, wenn neue Länder hinzukämen? Das könnte zu Chaos führen. Das könnte zu einer wirklich unüberschaubaren Allianz führen, die sich in Widersprüche verwickelt. Deshalb denke ich, dass es zum jetzigen Zeitpunkt notwendig ist, anstatt die BRICS zu erweitern, mehrere, ich würde sagen, konzentrische Kreise zu schaffen, Kreise, die die verschiedenen Beziehungen der Länder des Südens und des Ostens mit den BRICS-Mitgliedern und den BRICS selbst umfassen.
Im ersten Teil des heutigen Treffens erwähnte Dr. Bobrow das neue außenpolitische Konzept Russlands und hob die Rolle der regionalen Organisationen und Regionen für die russische Außenpolitik hervor. Das ist genau das, was wir als Integration von Integrationen bezeichnen, d.h., dass die BRICS versuchen, nicht nur Beziehungen zu einzelnen Ländern aufzubauen, sondern auch zu regionalen Organisationen wie z.B. den lateinamerikanischen oder afrikanischen, der ASEAN oder anderen regionalen Organisationen. Ich denke, dass diese konzentrischen Kreise die BRICS umfassen sollten, fünf Länder als Kern, dann eine Reihe von Ländern, die Beobachter dieses Prozesses sind, die an vielen BRICS-Projekten auf einer selektiven Basis teilnehmen und volle Rechte in diesen Projekten genießen, aber nicht die volle Mitgliedschaft.
Und dann gibt es noch einen weiteren Bereich, einen größeren Kreis von Dialogpartnern oder Freunden der BRICS, die sich an den Projekten und Bereichen beteiligen, die für sie interessant sind, und sie so Erfahrungen sammeln und mit den BRICS zusammenarbeiten können. Durch die Entwicklung dieses Prozesses können wir die BRICS in einiger Zeit in eine echte Plattform verwandeln, die demokratisch die Ansichten und Interessen der globalen Mehrheit der Länder zum Ausdruck bringt, die heute eine Entwicklungswelt in verschiedenen Entwicklungsstadien bilden.
Und diese Plattform sollte nicht unbedingt feindselig gegenüber dem Westen und der bestehenden globalen Regierungsstruktur sein, die vom Westen dominiert wird. Dies ist eine Plattform, um Lösungen zu finden, um Kompromisse zu finden, denn natürlich wissen wir alle, dass die Interessen der westlichen Länder, die rechtlichen Interessen, ebenfalls respektiert werden sollten. Sie sollten berücksichtigt werden, aber nur rechtliche und nachvollziehbare Interessen, nicht die Interessen der Ausbeutung oder unverdienter Gewinne aus Finanzspekulationen.
Deshalb ist Russland der Meinung, dass die BRICS einer der wichtigsten Bereiche seiner außenpolitischen Aktivitäten ist. Und das vor allem auch im Finanzbereich, und es gibt starke Signale, die von vielen Ländern ausgehen. Zum Beispiel hat die kürzliche Ernennung von Dilma Rousseff zur Präsidentin der neuen Entwicklungsbank eine starke politische Symbolik. Und es ist wichtig, ein neues Finanzsystem zu finden, das eine internationale Währung verwendet, die auf den nationalen Währungen der BRICS-Staaten basiert, oder vielleicht eine gemeinsame Währung. Russland wird im nächsten Jahr, dem Jahr 2024, den BRICS-Vorsitz einnehmen, und wir hoffen, dass wir bis dahin einige neue Ideen in die von mir beschriebene Richtung einbringen können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herman (Mentong) Tiu Laurel (Philippinen), „Der Kampf der LaRouche-Bewegung gegen die Remilitarisierung der Philippinen“.
Die LaRouche-Bewegung im Kampf gegen die Re-Militarisierung der Philippinen
Von Herman (Mentong) Tiu Laurel
Herman „Ka Mentong” Tiu Laurel ist ein philippinischer Radio- und Fernsehkommentator.
Ich grüße unsere Freunde, Genossen und Kollegen in der LaRouche-Bewegung in Amerika und alle Anhänger, Unterstützer und Mitglieder der LaRouche-Bewegung auf der ganzen Welt. Vielen Dank an Mike Billington für die Einladung, eine kurze Botschaft für die Konferenz des Schiller-Instituts am 15. und 16. April zu überbringen.
Ich habe fast 30 Jahre lang mit der LaRouche-Bewegung zu tun gehabt. Ich wurde schon in den 90er Jahren inspiriert, als ich noch ein recht junger Mensch war. Ich bin jetzt 71 Jahre alt, aber seit der Begegnung und dem Engagement mit der LaRouche-Bewegung in den 90er Jahren bin ich ihrer Vision stets auf der Spur geblieben. Ich erinnere mich an meinen Besuch bei der verstorbenen Gail Billington und an die Teilnahme an der LaRouche-Konferenz in Leesburg/Virginia – im Jahr 1997, wenn ich mich nicht irre. Ich erinnere mich sehr deutlich daran, daß es das Jahr war, in dem Prinzessin Diana bei dem Unfall starb, der vielleicht gar kein Unfall war, und zwar genau an dem Tag, als ich von Gail Billington empfangen wurde und neben ihr in ihrem Auto fuhr und im Radio die Nachricht von Prinzessin Dianas Tod hörte. Das ist nun schon so lange her.
Die Welt hat sich natürlich nicht völlig verändert, aber sie verändert sich heute sehr dramatisch, gegenüber der sehr, sehr unipolaren Welt von damals in den 90er Jahren, nur etwa fünf oder sechs Jahre nach dem Fall der Sowjetunion und nur ein oder zwei Jahre, nachdem PNAC, das Project for a New American Century, von den Neocons und den Straussianern in den USA formuliert wurde.
All das habe ich von der LaRouche-Bewegung gelernt. Spulen wir nun vor zu heute und dem Marsch der Geschichte in Richtung einer multipolaren Welt, in Richtung der Seidenstraßen-Vision von Lyndon LaRouche und Helga LaRouche, die mit Chinas Gürtel- und Straßeninitiative und der Zusammenarbeit von Rußland, China und den BRICS-Ländern für diese schöne neue multipolare Welt Wirklichkeit wird. Wir sehen alle die unumkehrbaren Trends, mit dem Wachstum der BRICS+, mit dem Frieden zwischen dem Iran und Saudi-Arabien und dem möglichen Wunder des Friedens zwischen Rußland und der Ukraine, wenn die Ukraine es schafft, in einem glücklichen Moment in den kommenden Wochen und Monaten ihre Unabhängigkeit zu behaupten.
Die Kontroverse auf den Philippinen
Wir stehen also vor einer besseren Welt. Aber wir stehen auch vor einer sehr gefährlichen Zeit für die Welt und für die Menschheit. Leider leiden wir hier auf den Philippinen darunter.
Der Marsch der Geschichte hin zu einer multipolaren Welt, einer Welt des ewigen Friedens, die wir alle anstreben, erlitt eine Kehrtwende mit dem Verrat des gegenwärtigen Präsidenten der Republik der Philippinen, dessen Namen ich nicht nennen möchte, weil ich damit ein Schimpfwort sagen würde. Denn es war ein klarer Verrat am Erbe seines Vaters, Präsident Marcos senior, oder genauer Präsident Edralin Marcos senior, der die Zeit der US-Militärbasen im Lande erfolgreich verkürzte, indem er die Laufzeit der Abkommen von 99 Jahren auf 25 Jahre verkürzte und sie, wenn ich mich nicht irre, bereits 1992 ausliefen.
Das war das Jahr, in dem Subic Bay von den US-amerikanischen Streitkräften geräumt wurde, die Clark Air Base wurde von den amerikanischen Streitkräften geräumt. Und die amerikanischen Streitkräfte waren froh darüber, denn es war nur ein Jahr, nachdem der Vulkan Pinatubo explodiert war und alle amerikanischen Stützpunkte mit Asche bedeckt hatte. Das war ein Problem, dem man aus dem Weg gehen wollte. Daher waren sie sehr froh, abzureisen.
Doch jetzt, da sich der globale Wettbewerb der Großmächte wieder verschärft hat und die USA versuchen, ihre Hegemonie wiederherzustellen, sind diese Stützpunkte bei diesen Kräften sehr begehrt. Wir dachten, es wäre endgültig, weil es bereits 1992 abgelehnt wurde. Allerdings begann die Wiederaufnahme der Bemühungen, mit diesen Militärbasen auf die Philippinen zurückzukommen, 2011 mit Obamas „Schwenk nach Asien“, als er versprach, 60% der amerikanischen Streitkräfte nach Asien zu verlegen. Das löste natürlich hier in Asien intensive Aktivitäten aus, um die US-Basen und die US-Streitkräfte fernzuhalten, und auch Chinas Beschleunigung seiner eigenen Verteidigungsprogramme.
Eines der Ergebnisse war die Kontroverse um die eigentlich unbedeutende Frage der Gebietsansprüche verschiedener Länder im Südchinesischen Meer, die dann zu ständigen Spannungen und Konflikten in der Region führte, welche von China und den ASEAN-Ländern durch Dialog und Verhandlungen erfolgreich gelöst wurden. Sie formulierten eine Erklärung über das Verhalten der Vertragsparteien (DOC) und bereiteten sich darauf vor, einen Verhaltenskodex, den COC, auszuarbeiten – eine Verhaltenserklärung bis hin zu den gegenwärtigen und abschließenden Gesprächen über den Verhaltenskodex in der Frage des Südchinesischen Meeres.
Alles war glücklich gelöst, bis diese neue Regierung [auf den Philippinen] antrat, die mit dem Versprechen gewann, externe Kräfte aus den regionalen Fragen herauszuhalten, dieses Versprechen aber nicht einlöste. Es war nur einen Monat nach einem sehr erfolgreichen und herzlichen Besuch in China bei Präsident Xi Jinping Anfang Januar dieses Jahres, dem ersten Auslandsbesuch dieses Präsidenten, dem China die Ehre erwies, ihn zu empfangen.
Doch nun stehen wir vor einem Kampf auf den Philippinen, und diese neue Regierung sieht sich mit einer ernsten politischen Krise konfrontiert, die sie selbst verschuldet hat. Die amerikanischen Kriegsfanatiker drängen auf eine Ausweitung der US-Militärstützpunkte und der Präsenz im Land und haben damit Erfolg. Es sind vier zusätzliche Stützpunkte, von denen zwei oder drei direkt auf die Insel Taiwan der Volksrepublik China orientiert sind, wo bewußt Spannungen geschürt werden.
Deshalb gibt es sehr viel, was wir jetzt tun. Ich muß in die Provinz Cagayan fliegen, den nördlichsten Zipfel des Landes, wo einer der großen Stützpunkte mit beziehungsweise von den Amerikanern gebaut wird. Wir organisieren dort Aktionen für die Bevölkerung. Natürlich gibt es da verschiedene politische Richtungen, die sich organisieren – wir führen Verhandlungen über die Einheit und den Zusammenhalt all dieser Kräfte. Es gibt für uns also sehr viel zu tun, um den nächsten Ukraine-Krieg in Asien zu verhindern.
Ich denke, wir haben große Unterstützung. Es gibt zwei Gouverneure dieser Provinzen im Norden, die sich offen und sehr lautstark gegen diese Stützpunkte aussprechen, und wir hoffen, daß wir das erreichen können, was Okinawa erreicht hat, nämlich die Bemühungen um die Militarisierung dieser Provinzen einzudämmen.
Es gibt hier sehr viel zu tun. Ich glaube, ich habe die fünf Minuten, die den Rednern für diese Konferenz des Schiller-Instituts zugestanden wurden, schon ausgeschöpft. Ich arbeite hier auf den Philippinen mit der LaRouche-Bewegung zusammen, mit den jungen und nicht mehr ganz so jungen Mitgliedern der LaRouche-Bewegung hier. Wir sind dankbar für ihre Hilfe und ihre Unterstützung.
Ich muß noch erwähnen, daß die LaRouche-Bewegung auf den Philippinen gerade einen ihrer führenden Köpfe verloren hat, Butch Valdes, den ich heute würdigen will, und ich möchte alle daran erinnern, daß wir Butch Valdes und seiner Familie eine Menge dafür zu danken haben, daß er die LaRouche-Bewegung auf den Philippinen fast 40 Jahre lang geführt hat.
Vielleicht habe ich etwas Zeit, Leesburg/Virginia wieder zu besuchen, nachdem die COVID 19-Warnungen aufgehoben sind, und meine persönlichen Beziehungen zu unseren Freunden und Genossen in der LaRouche-Bewegung in den Vereinigten Staaten zu erneuern und Ihre so aktiven Leute wie Harley Schlanger und andere zu treffen. Ich danke Ihnen sehr für diese Gelegenheit und werde die Konferenz so gut wie möglich verfolgen. Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen eine gute Konferenz.
George Mutalemwa(Tansania), Afrika Friedens- und Entwicklungsnetzwerk.
Grüße vom Netzwerk für Frieden und Entwicklung in Afrika
Von George Mutalemwa
Grüße vom Afrikanischen Netzwerk für Frieden und Entwicklung. Ich bin George Mutalemwa in Mwanza, Tansania. In der Tat kann es ohne die Entwicklung aller Nationen keinen dauerhaften Frieden auf der Erde geben. Deshalb schließen wir uns Ihren Bemühungen an, die Welt durch das Programm Global Peace Studies for Sustainable Development in Africa zum Besseren zu verändern. Herzlichen Glückwunsch an das internationale Schiller-Institut für die Organisation dieser wichtigen Konferenz. Wir wünschen Ihnen fruchtbare Beratungen. Wir danken Ihnen.
Nick Brana (USA), Vorsitzender, People’s Party.
Die größte Krise, die die Menschheit je erlebt hat
Von Nick Brana
Nick Brana ist Vorsitzender der People’s Party in den Vereinigten Staaten.
Hallo, mein Name ist Nick Brana, ich bin der nationale Vorsitzende der People’s Party und Organisator der „Rage against the War Machine“-Kundgebung. Es ist gut, hier unter Freunden und Verbündeten zu sein, die für Frieden, Zusammenarbeit, Wohlstand, Entwicklung und eine neue globale Sicherheitsarchitektur kämpfen, unter Menschen aus der ganzen Welt, die auf der Konferenz sprechen. Und ich bin heute hier, weil die Menschheit mit der größten Krise konfrontiert ist, die wir je erlebt haben.
Die erste ist die geopolitische Krise, in der die Vereinigten Staaten, die NATO und Europa gegen den Osten, China und Rußland in der Ukraine in einem Krieg stehen, der an einen Atomkrieg grenzt.
Die zweite ist der drohende Zusammenbruch des globalen und insbesondere des US-amerikanischen Finanz- und Währungssystems. Die BRICS-Länder bauen ein alternatives Währungssystem auf und haben ein alternatives Entwicklungsmodell, das die Länder nicht so ausbeutet, wie es das schuldenbasierte Entwicklungsmodell der USA tut. Und das zieht Länder des Globalen Südens, der Globalen Mehrheit, rund um die Welt an, um eine neue multipolare Welt zu schaffen. Der Dollar wird wahrscheinlich zusammenbrechen und seine Macht verlieren, da die BRICS eine alternative Währung schaffen.
Die dritte Krise ist die Verschmelzung von Unternehmens- und Staatsmacht: Dies geschieht weltweit, insbesondere aber in den Vereinigten Staaten. Dies führt natürlich zu massiver Armut, Ungleichheit, Entbehrungen und auch zu autoritären Regierungen, die ihr Volk zunehmend nicht mehr vertreten und die Demokratie als ein Ideal betrachten, das sie nicht wirklich verkörpern.
Die vierte Krise ist der sich exponentiell beschleunigende technologische Fortschritt. Mächtige Fortschritte in den Bereichen Automatisierung, Fusionsenergie, allgegenwärtiges Computing, fahrerloser Transport, virtuelle Realität, Quantencomputer, Blockchain, Kryptowährung, Nanotechnologie, programmierbare Materie, Weltraumforschung und viele andere Technologien werden unsere Welt grundlegend umgestalten, und zwar auf einer Zeitskala von Monaten und Jahren, nicht von Jahrzehnten und Jahrhunderten. Die Technologie schreitet exponentiell schneller voran als je zuvor, und sie wird dies auch weiterhin tun und sich vielleicht sogar noch beschleunigen.
Der fünfte Punkt ist eine sich abzeichnende Dystopie wie in Schöne Neue Welt und 1984: Der Konzernstaat baut rasch eine totalitäre, dystopische Regierung und ein dystopisches System, eine Gesellschaft, auf, die abweichende Meinungen dauerhaft auslöschen könnte, wenn wir sie nicht rechtzeitig bekämpfen und aufhalten. Sie setzen Technologien wie Massenüberwachung, Zensur, einschließlich Online-Zensur und die Manipulation von Suchmaschinen und sozialen Medien als Waffen ein, Medienpropaganda der Konzerne, digitale Zentralbankwährungen und verfallende Währungen, die beschleunigt werden, und die Ausschaltung medizinischer Freiheit, neben anderen Themen.
Wenn man dies alles kombiniert, entsteht die Architektur eines Totalitarismus der Massenkontrolle, die sogar Dinge wie direkte Bewußtseinskontroll-Technologien wie Neuralink und das Metaverse mißbraucht, was durch Unternehmen und Regierungen eingesetzt wird, die nicht am menschlichen Wohlergehen oder Frieden oder Zusammenarbeit oder Überfluß orientiert sind, sondern eher an Profit und Konflikten und Macht und Herrschaft über die gesamte Menschheit.
Sechstens: Das existentielle Risiko steigt ins Unermeßliche: Wir sind nicht nur mit dem Risiko von Atomwaffen konfrontiert, sondern mit dem sich exponentiell beschleunigenden Risiko von Waffen, die noch tödlicher und gefährlicher sind als Atomwaffen. Gentechnisch hergestellte Superviren sind eine davon, COVID, selbst Teile der US-Regierung wie das FBI und das Energieministerium geben zu, daß COVID höchstwahrscheinlich aus einem Labor stammt, und in der Tat von Fauci, dem NIH, in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium entwickelt wurde. Künstlich hergestellte Viren können nicht nur von Regierungen, sondern zunehmend auch von Unternehmen, nichtstaatlichen Akteuren und vielleicht sogar von Universitätslabors entwickelt werden, und wir sind nicht in der Lage, Viren zu bekämpfen, die ein derartiges Zerstörungspotential besitzen. COVID hatte eine Sterblichkeit von 1% und es hat bereits die Weltwirtschaft destabilisiert; es bedrohte die globalen Versorgungsketten, die Just-in-Time-Lieferungen. Und am Wuhan Institute of Virology wurden sogar Viren mit einer Sterblichkeitsrate von 35% entwickelt, die genauso übertragbar sind wie COVID. Wenn so etwas an die Öffentlichkeit käme, würden die Gesundheitssysteme, die Energiesysteme sowie die Lebensmittel- und Wassersysteme auf der ganzen Welt zusammenbrechen.
Es gibt auch künstliche Intelligenz, die extrem schnell voranschreitet und von denjenigen, die sie kontrollieren, zu einer Waffe gemacht wird. Das ist im Moment eine winzige Gruppe von Unternehmen – Microsoft, Open AI, Google DeepMind, vielleicht IBM, Vidoo –, die zu einer Waffe gegen die Menschen auf der Welt werden und auch als Profitinstrumente eingesetzt werden, ohne Schutzmaßnahmen und ohne Regulierung. Und die letztendlich völlig autonom werden und unabhängig von menschlichen Wünschen handeln und vielleicht sogar die Menschheit zerstören könnten. Ich denke, das werden sie wahrscheinlich tun, wenn wir jetzt keine Schutzmaßnahmen einführen.
Wir haben auch die Möglichkeit, Asteroiden umzulenken und die Infrastruktur zu hacken. Dies führt zu einer Art apokalyptischer Zukunft, die nur Science-Fiction-Autoren wie William Gibson vorhersehen konnten.
Gleichzeitig bieten sich uns aber auch neue Möglichkeiten: Die globale und wirtschaftliche Ordnung bricht weltweit zusammen, und das gibt uns die Chance, sie auf der Grundlage von Zusammenarbeit und gemeinsamem Wohlstand neu zu gestalten, im Gegensatz zu Wettbewerb, Knappheit und Krieg. Es gibt uns die Chance, als Menschheit Krieg und Imperium für immer abzuschaffen, einer der größten Übergänge in der Geschichte der Menschheit.
Um dies zu erreichen, brauchen wir eine stärkere internationale Zusammenarbeit, wie sie diese Konferenz darstellt, und wir brauchen starke internationale Institutionen, die tatsächlich den Menschen dienen und gleichzeitig die Autonomie ihrer Mitgliedsstaaten wahren. Es bedarf also grundlegender Veränderungen bei den Vereinten Nationen, wenn dies das Gremium sein soll, und ich denke, daß sie die größte Hoffnung haben, das Gremium zu werden, das dies repräsentiert und uns hilft, existentielle Risiken wie den Atomkrieg zu entschärfen.
Um dies zu erreichen, haben wir große Vorteile, die wir noch nie zuvor hatten: Die Linke und die Rechte schließen sich gegen den Konzernstaat zusammen, wie die Kundgebung „Rage against the War Machine“ gezeigt hat. Das Internet hat uns revolutionäre Organisationsmittel an die Hand gegeben, und überall auf der Welt entstehen neue politische Parteien, darunter in Frankreich, Deutschland, Italien, Mexiko, Chile und vielen anderen Ländern. Sie ersetzen die etablierten Parteien, insbesondere die etablierten neoliberalen Parteien, die diese Länder jahrzehntelang dominiert haben.
Die Menschen auf der ganzen Welt wollen im Grunde die gleichen Dinge: Sie wollen gutes Essen, sauberes Wasser, ein Zuhause, Gesundheitsfürsorge, Bildung, eine sinnvolle Arbeit, Zeit mit ihrer Familie und ihren Freunden, Zeit für ein erfülltes, sinnvolles Leben und die Gewißheit, daß sie einen sicheren Ruhestand haben und im Alter gut versorgt sind. Mit der Technologie, die uns heute zur Verfügung steht, den Ressourcen, die wir weltweit haben, und der Willenskraft von Menschen wie denen, die auf dieser Konferenz gesprochen haben und zusehen, sind wir in der Lage, eine neue globale Entwicklungs- und Sicherheitsarchitektur zu schaffen, die es uns ermöglicht, den Krieg abzuschaffen, die Knappheit zu beseitigen, den Imperialismus abzuschaffen, die Risiken der Technologie, insbesondere die existentiellen Risiken, zu bewältigen und gleichzeitig die Vorteile der Technologie zu nutzen.
Und wenn uns das gelingt, können wir eine Welt der Zusammenarbeit, des Überflusses und des Friedens schaffen, die alles übertrifft, was man sich vielleicht noch vor ein paar Jahren vorstellen konnte.
Ich danke Ihnen also für Ihre Teilnahme, ich danke Ihnen dafür, daß Sie mich als Vertreter der Volkspartei und als ihren nationalen Vorsitzenden eingeladen haben, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit allen, die hier sind, um auf diesem Fundament, das wir legen, aufzubauen und diese Welt des Friedens und des Überflusses zu schaffen.
Angela McArdle (USA), Vorsitzende des Libertarian National Committees
Die Menschlichkeit des anderen finden
Von Angela McArdle
Angela McArdle ist Vorsitzende des Libertären Nationalkomitees (Vorstand der Libertarian Party) in den USA. (Übersetzung aus dem Englischen.)
Guten Tag oder guten Morgen, Schiller-Institut. Vielen Dank, daß Sie mich eingeladen haben. Ich möchte nur noch einmal betonen, wie sehr ich es schätze, eine Beziehung zu Ihnen allen aufzubauen und zu pflegen. Ich bin so dankbar für die Möglichkeit, Brücken außerhalb der Libertarian Party zu bauen und Menschen zu treffen, die gleichgesinnt sind und denen der Frieden und die Zukunft dieser Welt, die wir gemeinsam bewohnen, am Herzen liegt.
Ich setze mich intensiv dafür ein, eine friedliche Zukunft für uns zu finden. Vor kurzem habe ich an einem unglaublichen Projekt gearbeitet, zusammen mit Nick Brana von der People’s Party und Diane Sare, und wahrscheinlich vielen von Ihnen, und José Vega, dem ich auch dankbar bin, weil er weiter mit uns zusammenarbeitet, um Menschen, die keinen Frieden für unsere Welt wollen, zur Rede zu stellen.
Das war eine große Anti-Kriegs-Kundgebung [am 19. Februar in Washington]. Dabei habe ich gelernt: wenn man Frieden erreichen und zusammenarbeiten will, eine gemeinsame Basis finden und zusammenwachsen, dann muß man es wirklich wollen. Ich konnte mit anderen zusammenarbeiten, die das auch wollten. Sie wollen Frieden. Wir alle teilen eine Leidenschaft für dieses Thema, und ich denke, wenn wir einen Rahmen dafür finden wollen, wie wir uns in dieser Welt zurechtfinden und eine friedliche Zukunft erreichen können, dann müssen wir als erstes andere Menschen finden, die das wirklich wollen.
Darüber hinaus müssen wir anfangen, eine gemeinsame Basis zu finden. Ich hätte nie gewußt, daß ich diese großartigen Beziehungen aufbauen kann, wenn ich nicht zuerst mit Leuten wie Nick Brana eine gemeinsame Basis gesucht hätte.
Der nächste Schritt besteht darin, die Menschlichkeit des anderen zu finden, und das ist in dieser Welt, in der es so viele Unterschiede gibt, so schwierig. Die Medien, die sozialen Medien und die aktuellen Trends sind gegen uns, sie machen uns zu „Stammesmitgliedern“ und verleiten uns dazu, Unterschiede zwischen uns zu suchen und diese Dinge in den Vordergrund zu stellen. Wir müssen uns gegenseitig menschlich machen. Ich denke, je menschlicher wir die andere Seite sehen, desto eher finden wir eine gemeinsame Basis.
So können wir die Suche nach friedlichen Lösungen beginnen. Ich bin begeistert, daß das Schiller-Institut daran interessiert ist, einen Dialog zu eröffnen und ein Gespräch über friedliche Lösungen zu führen, denn das ist eine der schwierigsten Fragen: Wo soll man anfangen, nicht wahr?
Beginnen Sie damit, nach Dingen zu suchen, die bereits funktioniert haben. Die Ablehnung des Atomkriegs ist ein wirklich wichtiger Punkt. Ich glaube, ein weiterer Punkt, der immer wieder übersehen wird, ist die Vermeidung zerstörerischer Kräfte. Wir wollen sie nicht einsetzen, wenn wir versuchen, eine gemeinsame Basis zu finden. Eine gemeinsame Basis muß sich organisch entwickeln. Man kann niemanden dazu zwingen, etwas mit dir gemeinsam zu haben.
Eine Sache, die mir wirklich am Herzen liegt, ist der freie Handel für den Frieden. Wenn Waren keine Grenzen überschreiten, werden es Soldaten tun. Wenn Sie sich in die Wirtschaftsforschung stürzen und versuchen, wirtschaftliche Ideen und Wege zur Herstellung von Einheit zu finden, möchte ich Sie alle ermutigen, über Freihandel nachzudenken und Menschen, Individuen, über Systeme zu stellen. Die Menschen werden immer einen Weg finden, die zentrale Planung zu umgehen, denn die Menschen sind kreativ, die Menschen sind wirklich wunderbar, und ich glaube an den Einfallsreichtum der Menschheit und daran, daß unsere Ideen immer wieder neue Wege gehen werden. Freie Märkte haben Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt aus der Armut befreit, und ich denke, ein weltweites System der freien Marktwirtschaft wäre wirklich unglaublich.
Eines der Dinge, die wir in letzter Zeit in den Vereinigten Staaten erlebt haben, sind Zölle. Zölle gibt es immer in Kriegszeiten, denn sie sind eine wirtschaftliche Kriegsführung. Ich möchte jeden dazu ermutigen, das zu bedenken, wenn Sie über wirtschaftliche Lösungen für die Situation, in der wir uns befinden, nachdenken. Wenn die Menschen wirtschaftliche Freiheit haben, sind sie viel glücklicher, und es geht ihnen überall auf der Welt gut.
Ich weiß, daß wir hier in den Vereinigten Staaten dazu neigen, wirtschaftliche Freiheit mit Korporatismus und riesigen Konzernen zu verwechseln. Das ist meiner Meinung nach keine wirtschaftliche Freiheit. Wenn ich an wirtschaftliche Freiheit denke, denke ich an Menschen in Entwicklungsländern, die Unternehmer werden, die ihre Familien aus der Armut befreien, die Zugang zu sauberem Wasser haben, die ihre Kinder zur Schule schicken können. Das sind die Dinge, an die ich glaube; Dinge, die unter der Herrschaft eines Atomkriegs und einer tyrannischen Weltregierung nicht möglich wären.
Ich hoffe also, daß Sie an diesem Wochenende einen schönen Kongreß, eine schöne Konferenz haben werden. Vielen Dank, daß Sie mich eingeladen haben. Ich hoffe, daß Sie Ihre Suche nach der Einheit fortsetzen und weiter neue und wunderbare Menschen treffen werden. Und denken Sie daran, daß das Gefühl der Freiheit, des Respekts und des Aufstiegs für den einzelnen immer Vorrang haben muß, denn ich denke, das sind wichtige Dinge, die wir erreichen sollten. Ich weiß, daß Sie an wirtschaftlicher Sicherheit interessiert sind. Sobald wir den Menschen helfen, wirtschaftliche Sicherheit zu erlangen, werden viele Barrieren fallen, und wir werden viele glückliche Menschen auf der ganzen Welt sehen. Und glückliche Menschen erklären sich nicht gegenseitig den Krieg.
Vielen Dank für die Einladung, und ich wünsche Ihnen eine großartige Konferenz.
Jack Gilroy (USA), Pax Christi, New York State/ Pax Christi International; Vorstandsmitglied, New York Veteranen für Frieden.
Die Händler des Todes überwinden
Von Jack Gilroy
Jack Gilroy ist ein langjähriges führendes Mitglied von Pax Christi New York State und Pax Christi International, sowie Vorstandsmitglied der New York Veterans for Peace.
Hallo, mein Name ist Jack Gilroy, ich bin Friedensaktivist im Staate New York, USA. Ich wurde von Diane Sare angesprochen, die für den Senat der Vereinigten Staaten kandidiert – für den Senatssitz, den derzeit Senatorin Kirsten Gillibrand innehat, eine Frau, deren Ehemann früher Eigentümer von British Aeronautical Engineering (BAE) war. Sie verkaufte seine Aktien, damit sie in den USA eine Agentin der Todeshändler werden konnte, denn sie hat jedes Jahr für mehr Waffen gestimmt. Für diesen obszönen Militärhaushalt hat auch ihr Ko-Senator Charles Schumer aus New York jahrein, jahraus gestimmt, der zufällig der Anführer des größten internationalen „Clubs“ des US-Senats ist.
Diane fragte mich, ob ich etwas über die wachsende Friedensbewegung in den Vereinigten Staaten sagen könnte. Ich muß sagen, daß ich nicht glaube, daß die Zahl der Mitstreiter in den Vereinigten Staaten massiv wächst – das heißt, daß die Massen nicht auf die Straße gehen. Was jedoch zu wachsen scheint, sind Organisationen. Kürzlich, am 18. März 2023, sind in Washington, DC, einige Tausend Menschen aus dem ganzen Land zusammengekommen, um zu demonstrieren, und sie repräsentierten 200 verschiedene Friedensorganisationen. Deshalb glaube ich schon, daß es eine Zunahme gibt. Wenn die Menschen verfolgen, was im Internet geschieht, wird dies an der Anzahl von Zeitschriften und Organisationen für Frieden und Gerechtigkeit deutlich.
Der Papst selbst hatte sich bereits 2015 in einer gemeinsamen Sitzung des US-Kongresses zu diesem Thema geäußert. Der Papst sagte, die Rüstungsindustrie sei in Blut getränkt. Wir wollen deshalb den Bischof und die anderen einladen, damit sie vom 10. bis 13. November vor dem internationalen Tribunal, dem Internationalen Tribunal der Händler des Todes, aussagen. Das wird international eine interessante Zeit sein, in der die Menschen nicht nur die eigentlichen Händler des Todes sehen werden, sondern auch ihre stillen Helfer – diejenigen, die sich weigern, den Mund aufzumachen, oder diejenigen, die mitmachen, diejenigen, die auf die eine oder andere Weise kooperieren.
In den Vereinigten Staaten hat übrigens jeder im ganzen Land die Möglichkeit, gegen die Händler des Todes zu demonstrieren: Man braucht nur ins Internet zu gehen, und schon findet man, wo sich eine Rüstungsfabrik in der Nähe des eigenen Wohnorts befindet, oder zumindest ein Zulieferer.
In den Vereinigten Staaten gibt es 435 Kongreßbezirke. Und es gibt 50 Bundesstaaten. In jedem Staat gibt es militärische Auftragnehmer und Zulieferer. Und nicht nur das, sondern in jedem Kongreßbezirk – 435 Kongreßbezirke – gibt es Zulieferer und Auftragnehmer. Diese sind so allgegenwärtig, daß Leute wie Joan Roelofs ein Buch geschrieben haben, das erst kürzlich veröffentlicht wurde; Sie sollten es sich vielleicht online ansehen. Es heißt The Trillion Dollar Silencer (Der Billionen-Dollar-Schalldämpfer).
Wir haben bereits die Billionen Dollar erwähnt, die für die Händler des Todes ausgegeben werden, für das gesamte Militärsystem, aber Sie sollten nachlesen, was die Professorin Roelofs zu sagen hat, daß es so allgegenwärtig ist und so geschickt vom Militär und den Händlern des Todes organisiert wird, daß sie überall sind. Sie sind in den Klassenzimmern, mit dem Junior Reserveoffizier-Ausbildungskorps; sie sind im Militär. Die Armee, die Luftwaffe, die Marine und die Marines treten in den High Schools im ganzen Land auf und versuchen, die Leute dazu zu bringen, sich freiwillig zu melden. Das Militär wird als heilige Kuh dargestellt; sie sind unsere Helden, sie retten uns vor Bedrohungen aus dem Ausland. Dies sind sehr die Händler des Todes.
Was wir wirklich brauchen, ist, daß all diese religiösen und nicht-religiösen Organisationen, die die Friedensbewegung ausmachen, zusammenkommen. Die Friedensbewegung könnte sich vervielfachen, wenn man zum Beispiel den 10. Juni 1963 nutzen würde, der in ein paar Monaten bevorsteht. Der 10. Juni 1963 ist ein Brennpunkt; warum der 10. Juni? Weil John F. Kennedy am 10. Juni 1963, also in diesem Jahr vor 60 Jahren, eine Rede hielt, die Professor Jeffrey Sachs von der Columbia University, der als einer der besten Akademiker der Vereinigten Staaten gilt, für die wahrscheinlich wichtigste Friedensrede hält, die jemals von einem Präsidenten der Vereinigten Staaten gehalten wurde.
JFK rief dazu auf, mit den Rüstungsgeschäften aufzuhören und das zu tun, was sein Vorgänger, General Eisenhower, bei seinem Ausscheiden aus dem Amt sagte. Eisenhower sagte: „Hütet euch vor dem militärisch-industriellen Komplex“, wohl wissend, daß der militärisch-industrielle Komplex bereits die Kontrolle hatte.
Dennoch sagte Kennedy, daß er diesen Komplex auflösen würde. In dieser Rede sagte er, wir werden ihn auflösen, wir werden zur Entspannung aufrufen, wir werden mit den Russen zusammenarbeiten, so wie wir uns während der Kubakrise eingesetzt haben, um den Wahnsinn zu stoppen. Wir werden nicht nur die Produktion von Atomwaffen stoppen, sondern sie auch eliminieren und schließlich abrüsten und über Verhandlungen sprechen.
Der 10. Juni 2023, der 60. Jahrestag dieser Rede, wäre wichtig.
Persönlich glaube ich nach der Lektüre der Dokumente – insbesondere was James Douglass in seinem Buch JFK and the Unspeakable zusammengestellt hat –, daß die Händler des Todes mit Hilfe der CIA und des FBI John Kennedy ermordet haben. Es scheint absolute Beweise dafür zu geben.
Aber wie auch immer, wir schlagen dieses Datum vor, um eine Konsolidierung von Menschen zu erreichen, die in religiösen Organisationen zusammengeschlossen sind. Die Methodisten-Föderation zum Beispiel, der Rat der Kirchen, Pax Christi USA, und jüdische Gruppen, muslimische, buddhistische und hinduistische Gruppen können sich mit Christen und anderen zusammenschließen, um ein moralisches Konzept zu finden, das sie vorantreiben. Aber die größte Moral scheint manchmal bei denen zu liegen, die keinen Glauben haben, bei Atheisten und anderen, die sich sehr für die Gesundheit und das Gute in der menschlichen Natur einsetzen. Wir müssen uns mit ihnen zusammenschließen; es muß eine Kombination, eine Solidarität, ein Zusammenkommen von Menschen aller Glaubensrichtungen geben, um das Hauptproblem der Händler des Todes zu bekämpfen.
Wir bitten Sie also inständig, sich nicht von der Vorstellung leiten zu lassen, wir befänden uns im Jahr 1939 und es gebe ein Chamberlain-Problem. Dem ist nicht so. Wir schreiben das Jahr 2023. 1939 gab es keine Atomwaffen; das ist jetzt nicht der Fall. Wir müssen handeln; wir können wirklich nicht länger warten.
Michel Cibot (Frankreich) „Bürgermeister für Frieden”.
Was man auf kommunaler Ebene für den Frieden tun kann
Von Michel Cibot,
Bürgermeister für den Frieden, Frankreich
Das Schiller-Institut lädt uns ein, gemeinsam über ein komplexes Thema nachzudenken: nämlich… „daß Frieden ohne die wirtschaftliche und soziale Entwicklung aller Nationen nicht möglich ist“.
Das Ziel ist klar, aber wie kann man es erreichen? Das Thema ist nicht neu, und es ist klar, daß die erhoffte Entwicklung, insbesondere durch die Ziele der nachhaltigen Entwicklung, die von den Staaten im Rahmen der Vereinten Nationen angestrebt werden, nicht ausreichend verbreitet ist. Es geht zu langsam voran!
Es gibt viele Wege, die es zu erkunden gilt, um voranzukommen. Ich für meinen Teil habe mich dem lokalen Bereich zugewandt. Ich habe 32 Jahre meines Berufslebens in den Dienst der Gebietskörperschaften gestellt, und zwar als Generaldirektor für Dienstleistungen. Zusammen mit einer Gruppe französischer Städte habe ich die Gründung des französischen Zweigs des weltweiten Netzwerks „Bürgermeister für den Frieden“ initiiert, das von den Städten Hiroshima und Nagasaki durch deren Bürgermeister ins Leben gerufen und angeregt wurde.
Dieser französische Zweig besteht seit 1999 unter dem Akronym „AFCDRP“ (Association Française des Communes, Départements et Regions for Peace). Außerdem habe ich mehrere Jahre lang an der Arbeit der französischen UNESCO-Kommission teilgenommen, insbesondere am Dossier Frieden.
Das Leben hat mich auch mehrmals nach Japan geführt, wo ich das ungeheure Ereignis der Vernichtung zweier Städte und ihrer Bevölkerung durch Atomwaffen in wenigen Minuten nacherleben konnte. Ich spreche hier als „Hiroshima Overseas Partner“.
Ende November 2019 besuchte Papst Franziskus Hiroshima und Nagasaki. Er sagte, warum der Vatikan den Vertrag über das Verbot von Atomwaffen unterzeichnet hat. Ich teile seine Forderung nach einem Verbot von Atomwaffen voll und ganz. Diese Waffen, die neu in der Geschichte der Menschheit sind, haben die Besonderheit, die Erde zu verseuchen und zu verschmutzen und so die Gegenwart und die Zukunft zu zerstören. Diese Frage der Atomwaffen ist in diesen Tagen, in denen von neuen Bedrohungen an den Grenzen Europas und Asiens die Rede ist, von wesentlicher Bedeutung.
Seit den Werken von Carl Sagan und Richard Turco wissen wir auch um die Risiken eines nuklearen Winters, der durch eine Reihe von Atomexplosionen ausgelöst wird und die Erde für menschliches Leben untauglich machen könnte. Ist das nicht die ultimative Gewalt des Krieges?
Ich möchte die Aufmerksamkeit auf zwei Elemente lenken: Der Beitrag der lokalen Institutionen und Initiativen zur Entwicklung der Nationen und ihre internationale Rolle. Ich werde keine Rezepte geben. Ich schlage nur vor, daß wir anfangen, über diese Themen zu diskutieren!
1. Territoriale Institutionen (Gemeinden, Departements, Regionen) oder deren Äquivalente gibt es überall, und überall tragen sie, wenn ihr Wirken nicht durch Kriege oder zu große Armut behindert wird, zum guten Leben der menschlichen Gemeinschaften bei, wie z.B. die Gewinnung von Trinkwasser, die Einrichtung von sanitären Anlagen und Elektrizität, der Bau von Schulen für Kinder und die Organisation von Infrastrukturen für die Ernährung der Bevölkerung. Diese territorialen Institutionen werden nicht immer geschätzt oder sind gar nicht bekannt, doch ihre Leiter sind kompetente Menschen vor Ort.
Im Jahr 2000 hat die UNESCO ein Manifest für eine Kultur des Friedens veröffentlicht, das eine Reihe von pädagogischen Instrumenten zur Bereicherung der Lehrpläne und zur Förderung lokaler Programme für eine Kultur des Friedens (PLACP) enthält. Die Akteure dieser Einrichtungen kennen die Probleme und finden Lösungen.
Die Geschichte zeigt, daß, wenn der Krieg alles zerstört, Männer und Frauen vor Ort die Herausforderungen des täglichen Lebens annehmen, um den Menschen zu helfen, sie zu ernähren und zu versorgen, auch wenn es keine Institutionen mehr gibt.
In Hiroshima konnte ich einen der wenigen Ärzte treffen, die die Atomexplosion und die Umweltzerstörung überlebt haben. Durch den allgemeinen und sofortigen Zusammenbruch von allem beraubt und selbst der Radioaktivität ausgesetzt, widmete er seine ganze Energie dem Versuch, die Verwundeten zu retten, die Überlebenden zu versorgen und das Gesundheitssystem neu aufzubauen. Er überlebte und kümmerte sich für den Rest seines Lebens um die verstrahlten Patienten!
Das Netz der Gedenkstädte, das in Frankreich vor allem durch die Stadt Dünkirchen angeregt wurde, kann uns Beispiele für die Rückkehr zum öffentlichen Leben dank der Initiative der Bürger nach den Kriegszerstörungen liefern.
2. Die internationale Dimension: Lokale Institutionen sind auch in der Lage, sich auf der Ebene der fünf Kontinente zu organisieren. Dies war nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Städtepartnerschaften und dem Weltverband der Partnerstädte der Fall, aus dem Vereinigte Städte und die VSLG (Vereinigte Städte und lokale Gebietskörperschaften) hervorgingen. Damals ging es darum, die Bürgerbeziehungen durch Programme für Jugendbegegnungen, Kultur und Tourismus zu vervielfachen.
Das Netzwerk „Bürgermeister für den Frieden“ konzentriert sich seinerseits auf den Frieden und die nukleare Abrüstung durch eine bessere Kenntnis der nuklearen Schäden, Bildungsinitiativen, die wichtige Erinnerungsarbeit, die sich mit den Auswirkungen der Atomwaffen auf die Menschen beschäftigt, einschließlich der Auswirkungen der Bedrohung selbst, der prä- und posttraumatischen Probleme, des Unwohlseins, das durch diese Bedrohung hervorgerufen wird und das wir heute „Öko-Angst“ nennen…
Mehr als 8.000 Gemeinden in 166 Ländern sind Teil dieses Netzwerks, wobei sie sich je nach Ereignis und Land unterschiedlich stark engagieren. Ihr bevorzugter Bereich ist zweifellos die humanitäre Hilfe, die Erste Hilfe, die Aufnahme von Flüchtlingen usw.
In Frankreich schlägt die AFCDRP den Gemeinden vor, lokale Aktionsprogramme für eine Kultur des Friedens zu erstellen, die auf ihrer täglichen Arbeit basieren. Eine Animation mit japanischen Origami kann ein schönes Projekt sein.
Ein europäischer Zweig dieses Netzwerks ist im Entstehen begriffen. Die jüngsten Gesundheits-, Sozial- und Wirtschaftskrisen haben die Entwicklung dieser Aktionen verzögert. Die Schließung der Grenzen erleichtert den Austausch nicht. Zögern Sie nicht, diese Fragen mit Ihren lokalen Mandatsträgern zu besprechen.
Diskussion
Sonntag, 16. April 2023
PANEL 3: 15:00 Uhr (MESZ):
Schluß mit der Kasinowirtschaft, bevor es zu spät ist.
Moderator: Claudio Celani, Strategic Alert (Italien)
Der systemische Zusammenbruch des transatlantischen Finanzsystems zerstört die physische Wirtschaft ganzer Nationen und treibt die Welt in den Krieg. Es wird erneut über die Notwendigkeit diskutiert, das internationale Finanzsystem einer Glass-Steagall-Konkurssanierung zu unterziehen, um die Kasinowirtschaft zu beenden, sowie über die Notwendigkeit von Lyndon LaRouches Vier Gesetzen. Alle Nationen der Welt müssen wieder zu den Prinzipien der physischen Ökonomie anstelle monetaristischer Werte zurückkehren. Ein Kernbereich dabei ist der Agrarsektor, der in die Lage versetzt werden muß, den Nahrungsmittelbedarf der gesamten Weltbevölkerung zu decken. Ein Manifest von Landwirten aus der ganzen Welt ist in Vorbereitung und wird während dieses Panels diskutiert werden.
Video der Pressekonferenz von Lyndon and Helga LaRouche in der russischen Staatsduma, (2001).
Diese Krise … könnte die beste Sache sein
UT: Ausschnitte aus der Moskauer Pressekonferenz von Lyndon und Helga LaRouche mit dem russischen Ökonomen Sergej Glasjew, damals Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses der russischen Staatsduma, am 28. Juni 2001.
Dieses Spiel kann nicht unbegrenzt fortgesetzt werden
Sergei Glazyev: Meine Damen und Herren, zunächst möchte ich Sie zu den parlamentarischen Anhörungen einladen, die wir morgen zum selben Thema durchführen werden. An den Anhörungen werden neben den hier Anwesenden auch prominente Wissenschaftler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie Vertreter unserer wissenschaftlichen Institute teilnehmen. Es wird eine eingehende Diskussion sein, und ich möchte Sie darauf aufmerksam machen.
Seit einigen Jahren befindet sich das Weltfinanzsystem in einer Krise. Jeder erinnert sich an die Krise von 1997, die globale Krise, die in Südostasien begann und dann 1998 Rußland erfaßte. Seitdem ist die finanzielle Situation in der Welt noch instabiler geworden, und diese Instabilität wird von ganz objektiven Problemen und Gesetzen bestimmt.
Zuallererst gibt es ein ungeheures Ausmaß an Finanzspekulationen, die durch die Weigerung der Federal Reserve, den Dollar in Gold umzutauschen, und die gleichzeitige Umwandlung des Dollars in die Weltreservewährung möglich wurden. Seit 1971 gab es eine ungehemmte Expansion der US-Währung auf den Finanzmärkten, und die eng mit dem Federal Reserve System verbundenen Mega-Spekulanten nutzen diese „weichen“ – wie wir sie nennen – Haushaltszwänge aus, d.h. die Möglichkeit einer unendlichen Kreditausweitung, um Superprofite aus der Finanzspekulation zu ziehen.
Und in den letzten Jahren haben sich alle Arten von Finanzpyramiden entwickelt; Beispiele dafür haben wir in Rußland deutlich gesehen, aber sie sind von globalem Ausmaß und treten weltweit auf. Dieser Zustand der Instabilität, der durch die ungebremste Expansion der US-Währung auf den Weltmärkten verursacht wird, führt dazu, daß man die heutige Weltwirtschaft, insbesondere den Finanzsektor, als „Seifenblasen“-Wirtschaft bezeichnen kann. Das heißt, es handelt sich um eine Art künstlich gestützter Finanzspekulation, die von den großen Finanzunternehmen betrieben wird und deren Ziel entweder einfach die Erzielung von Superprofiten aus einer Veränderung der Wirtschaftslage oder die Erzielung von Superprofiten aus der Destabilisierung der nationalen Finanzsysteme sein kann…
Aber dieses Spiel kann nicht unbegrenzt fortgesetzt werden, und wir sehen heute, daß die Wellen der Selbstzerstörung, die unweigerlich aus dieser Art von Wirtschaftssystem entstehen, sozusagen ihr Zentrum erreicht haben – die Wirtschaft der Vereinigten Staaten.
Im vergangenen Jahr gab es mehrere schwere Krisen in den US-Finanzmärkten, von denen jede einzelne, wäre sie vor 10 Jahren geschehen, für große Aufregung und endlose Diskussionen in der Presse gesorgt hätte. Leider sind wir heute schon so sehr an Turbulenzen im Finanzsystem gewöhnt, daß wir nicht einmal mehr auf Verluste achten, die auf Billionen von Dollar geschätzt werden. Die Finanzkrise ist also in ihre dauerhafte Phase eingetreten. Sie hat eine Tendenz zur Vertiefung. Viele gelehrte Fachleute, insbesondere Herr LaRouche, den wir zur Teilnahme an der parlamentarischen Anhörung eingeladen haben, zeigen in ihren Arbeiten, daß der Zusammenbruch dieses Systems der Finanzspekulation unvermeidlich ist.
Wir haben es also mit einer objektiven Realität zu tun. Unter den Bedingungen der Liberalisierung und Offenheit der russischen Wirtschaft müssen wir uns gegen die für Rußland ungünstigen Auswirkungen der Finanzkrise schützen.
Rußland: ein unverzichtbares Bindeglied zwischen Europa und Asien
Lyndon LaRouche: Kein neues Währungssystem kann ohne einen entsprechenden wirtschaftspolitischen Motor funktionieren – langfristige Ziele. Alle großen wirtschaftlichen Entwicklungsziele haben mindestens ein Vierteljahrhundert gebraucht, um sich zu verwirklichen.
Die größte Chance der Welt für einen wirtschaftlichen Aufschwung der Welt liegt heute in Eurasien. Ein Beispiel: Süd- und Zentralasien, oder Süd- und Nordasien, sind heute im wesentlichen Wüsten. Sie sind bewohnt, aber sie sind nicht entwickelt. Für Rußland und für Zentralasien ist die Entwicklung Zentralasiens und sogar der Tundra-Region Nordasiens entscheidend für die Zukunft.
Um diese Ressourcen zu erschließen, müssen wir zunächst über die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur verfügen, um sie effizient ausbeuten zu können. Westeuropa verfügt zwar über ein wirtschaftliches Potential, ist aber derzeit bankrott; es kann in seinem derzeitigen Zustand nicht überleben.
Die größte Konzentration der Weltbevölkerung befindet sich in Zentral-, Ost- und Südasien. Es gibt dort einigen technologischen Fortschritt – China und Indien haben Fortschritte gemacht, aber diese Technologie reicht nicht aus, um die Bedürfnisse dieser gesamten Region zu befriedigen. Das weitere Überleben der westeuropäischen Volkswirtschaften hängt davon ab, ob es gelingt, diese Märkte für Hochtechnologie in Asien zu erschließen.
Für die nächsten 25 Jahre stellt Eurasien als Kontinent das größte Wachstumspotential für die Welt insgesamt dar. Aus diesem Grund ist Rußland als einzige wirklich eurasische Nation das notwendige und unverzichtbare Bindeglied zwischen der global erweiterten europäischen Zivilisation als Ganzes und Ost-, Süd- und Südostasien. Ohne diese koordinierende Rolle Rußlands wäre die Art der Verwirklichung, die ich als notwendig erachte, nicht möglich.
Um die Sicherheit in Eurasien zu gewährleisten, damit die Unsicherheit nicht die Möglichkeit der wirtschaftlichen Entwicklung zunichte macht, müssen wir auch einen Dialog der Kulturen führen, wie der iranische Präsident Chatami in einer kürzlich in Berlin gehaltenen Rede vorgeschlagen hat. Wenn man sich Asien anschaut, dann ist Rußland zum Teil eine europäische Kultur, auch wenn es eine eurasische Nation ist. Der größte Teil der Welt, wie z.B. Amerika, wird von einer global ausgedehnten europäischen Kultur beherrscht…
Der Punkt ist also, man muß sich der Gefahr, der Bedrohung durch religiöse und ähnliche Formen ethnischer Kriege als Störung des Potentials für zukünftigen Frieden und wirtschaftliche Sicherheit in Eurasien bewußt sein. Und deshalb müssen wir den Vorschlag akzeptieren, den der iranische Präsident Chatami bei seinem jüngsten Besuch in Berlin gemacht hat: Wir müssen verstehen, daß wir, um wirtschaftliche Sicherheit zu erreichen, Sicherheit durch einen Dialog der Kulturen erreichen müssen, der verhindert, daß Dinge wie Religionskriege die vor uns liegenden Möglichkeiten zerstören.
Und nun zum letzten Punkt: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß dieser großartige Wiederaufbau der Weltwirtschaft Erfolg hat? Die jüngste Vereinbarung von Präsident Putin in Schanghai, eine neue Beratergruppe zu bilden, ist ein wichtiger Schritt in die von mir aufgezeigte Richtung. Es ist nicht der letzte Schritt, aber es ist ein wichtiger Schritt, der an das anknüpft, was Primakow als Premierminister auf den Weg gebracht hat: die Idee einer Dreiecksbeziehung Rußland-China-Indien, um die Nationen in Eurasien zusammenzubringen. Das ist ein erster Schritt. Die Gespräche zwischen dem russischen Präsidenten und der deutschen Regierung und deutschen Kreisen sind ein weiterer Aspekt des gleichen eurasischen Potentials.
Und jetzt kommt der letzte Haken: Welche Rolle spielen die Vereinigten Staaten bei all dem? Der neue Präsident [George W. Bush] ist eine Katastrophe. Allerdings gibt es einige Verbesserungen, seit er Präsident ist: Die Demokraten haben den Senat übernommen; eine beträchtliche Anzahl von Republikanern ist in Aufruhr; jede Politik, die der Präsident vorgeschlagen hat, ist bereits gescheitert. Die Kluft zwischen den Vereinigten Staaten und Europa vertieft sich immer mehr. Viele von uns in den Vereinigten Staaten, die politischen Einfluß haben, sind sehr besorgt über diese Situation, und wir gewinnen an Boden. Wir können also unser Ziel erreichen, aber das wird nur durch eine Reihe von Krisen geschehen.
Alles, was ich sagen kann, ist, daß die Situation aus meiner Sicht klar ist; die Alternative ist klar; und was wir tun müssen, ist klar. Wir müssen uns selbst darüber im Klaren sein, was wir tun müssen: Dann, denke ich, könnten wir Erfolg haben. Ich danke Ihnen. …
Helga Zepp-LaRouche: Da ich deutsche Staatsbürgerin bin, möchte ich noch hinzufügen, warum es im fundamentalen Eigeninteresse Deutschlands liegt, nicht nur mit Rußland, sondern mit allen Ländern der Eurasischen Landbrücke zusammenzuarbeiten. Die Situation der deutschen Wirtschaft und des Finanzsystems ist nicht weniger dramatisch als die von Herrn Glasjew für Rußland oder von Herrn LaRouche für die ganze Welt beschriebene Lage. Der faktische Bankrott der Hauptstadt Berlin und der Bankrott der Berliner Bankgesellschaft und der fünf beteiligten Banken ist eigentlich der Zustand aller deutschen Banken.
Derzeit liegt die Inflationsrate in Deutschland bei 3,6%. Laut Bundesverfassungsgericht darf die Inflation bei der Euro-Einführung nur 3% betragen. Es könnte also sehr bald zu Verfassungsklagen kommen, um die Einführung des Euro zu verhindern. Zumal hinter den Kulissen in Regierungs- und Finanzkreisen Panik herrscht, daß zu den mehreren hundert Milliarden D-Mark in den Zentralbanken noch rund 200 Milliarden D-Mark in bar vorhanden sind, was voraussichtlich zu einem totalen Chaos bei der Umstellung führen wird. Deutschland wird also im zweiten, dritten und vierten Quartal dieses Jahres von einer Kombination aus zunehmender Hyperinflationstendenz, Depression und Chaos bei der Euro-Umstellung betroffen sein.
In diesem Chaos wird der Euro möglicherweise nicht zustande kommen, was für das Überleben Deutschlands und Westeuropas das Beste wäre, was passieren könnte. Die Beibehaltung souveräner nationaler Währungen im Rahmen wirtschaftlicher Zusammenarbeit der eurasischen Landbrücke dient nicht nur den Interessen Deutschlands, sondern denen aller europäischen Länder.
Deutschland ist wirtschaftlich auf die Ausweitung der Exportmärkte angewiesen. Die Globalisierung hat die traditionellen Exportmärkte Deutschlands zerstört: Afrika liegt im Sterben, Lateinamerika ist dabei, den Weg Afrikas zu gehen, und viele Regionen der Welt stürzen in die Katastrophe. Die Zusammenarbeit Deutschlands mit Eurasien, mit der Entwicklung der Eurasischen Landbrücke, ist ein wirtschaftliches Eigeninteresse Deutschlands. Auf einer tieferen Ebene liegt es im Sicherheitsinteresse Deutschlands, denn wir in Deutschland erinnern uns sehr gut an den Zusammenhang zwischen Depression und Krieg. Wären die 1931 bestehenden Pläne zur Überwindung der Depression, die es in Deutschland um Dr. Walter Lautenbach und die Friedrich-List-Gesellschaft gab, umgesetzt worden, hätte die Machtergreifung der Nationalsozialisten verhindert werden können.
Heute besteht an vielen Orten die Gefahr von Kriegen, im Nahen Osten, in Afrika, in vielen anderen Regionen der Welt, und ich denke, es bedarf heute einer Vision aller Länder Eurasiens, gemeinsam eine friedliche Ordnung zu erreichen und nicht in den Krieg zu verfallen.
Deshalb arbeite ich daran, alle positiven Kräfte in Deutschland und anderen europäischen Ländern dafür zu gewinnen, in den kommenden Monaten Teil eines solchen Bündnisses für ein neues Finanzsystem und eine Eurasische Landbrücke als Eckpfeiler für ein globales Wiederaufbauprogramm zu werden. Ich danke Ihnen.
Dennis Small (USA), Executive Intelligence Review (USA): „Die fehlende Zutat: LaRouches Prinzip der Physischen Ökonomie.“
Die fehlende Zutat:
LaRouches Prinzipien der physischen Ökonomie
Von Dennis Small
Dennis Small ist Ibero-Amerika-Redakteur und Mitglied der Redaktionsleitung des Executive Intelligence Review. Er eröffnete mit dem folgenden Vortrag am 16. April den dritten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts. (Übersetzung aus dem Englischen, die Zwischenüberschriften wurden hinzugefügt.
Guten Morgen und guten Nachmittag. In der historischen Pressekonferenz, die Lyndon LaRouche am 28. Juni 2001 gab, einen Tag bevor er und Helga Zepp-LaRouche vor dem Wirtschaftsausschuß der russischen Duma aussagten, sagte er in der Erklärung, die Sie soeben gehört haben, gleich zu Beginn folgendes, und ich möchte Ihnen diesen Satz noch einmal vorlesen. Er sagte: „Kein neues Währungssystem kann ohne entsprechende wirtschaftspolitische Impulse und langfristige Ziele funktionieren.“
Ich wiederhole das, weil das eigentlich der Ausgangspunkt für die Diskussion in diesem Panel ist. Schon am nächsten Tag kam LaRouche in seinen Duma-Bemerkungen neben dem Zusammenbruch des transatlantischen Finanzsystems auf die gleiche zentrale Frage zurück: Was gibt einem Wirtschaftssystem und seiner Währung einen Wert? Ich zitiere:
„Die Neuordnung des Weltwährungs- und Finanzsystems muß auf einer großangelegten, langfristigen Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Infrastruktur innerhalb und zwischen den Nationen beruhen, wobei der Schwerpunkt auf den angenommenen Zielen des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts liegen muß. Dreh- und Angelpunkt für das weltweite Wirtschaftswachstum sollte ein neues System der transkontinentalen Zusammenarbeit zwischen den souveränen Nationalstaaten des eurasischen Kontinents sein, … aber die ganze Welt wird davon profitieren, wenn sie sich als Partner an diesen Bemühungen beteiligt.“
Etwa 21 Jahre später, am 12. September 2022, schickte derselbe Dr. Sergej Glasjew, der bekannte und bedeutende russische Wirtschaftswissenschaftler, der damals Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses der Duma war, eine Botschaft an Helga Zepp-LaRouche zum 100. Geburtstag von Lyndon LaRouche. Eines der wichtigen Dinge, die er darin sagte, war folgendes, ich zitiere:
„In praktisch allen großen Ländern der Welt, die sich heute erfolgreich entwickeln – vor allem in Indien und China – gibt es Anhänger von LaRouche. Sie haben seine Gedanken und Ideen benutzt, um ihre Wirtschaftswunder zu schaffen. Es sind die Prinzipien der Physikalischen Ökonomie, die LaRouche vertritt, die heute dem chinesischen Wirtschaftswunder zugrunde liegen und die auch die Grundlage der indischen Wirtschaftsentwicklungspolitik sind. Die Anhänger von LaRouche in diesen Ländern üben einen fruchtbaren, sehr positiven und konstruktiven Einfluß auf die Gestaltung der Wirtschaftspolitik in diesen führenden Nationen des neuen Weltwirtschaftsparadigmas aus.“
Derivate und der Kollaps
Ich möchte Ihnen heute drei Punkte in dem Fall darlegen, den ich Ihnen heute vorstellen möchte.
– Erstens: Wir befinden uns mitten in einem Zusammenbruch des transatlantischen Finanzsystems, der unaufhaltsam, unumkehrbar, dröhnend und gefährlich ist.
– Zweitens: Es gibt bereits eine Lawine von Rufen und Aktionen zur Entdollarisierung, d.h. zur Abspaltung ganzer Nationen von dem spekulativen globalen System, das von der Londoner City und der Wall Street betrieben wird, die den Dollar für ihre Zwecke nutzen. Diese Bestrebungen zur Entdollarisierung sind bereits in vollem Gange, und ich würde sagen, daß dies zum jetzigen Zeitpunkt eine beschlossene Sache ist. Das wird nicht aufhören.
– Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, und das ist wirklich die Schlüsselfrage, auf die ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, ist, daß wir uns mit der Frage auseinandersetzen müssen, was die Grundlage dieses neuen Systems ist, das im Entstehen begriffen ist. Was ist die eigentliche Quelle des Wertes? Wie legen wir die Paritäten, die Wechselkurse zwischen den Währungen fest? Wie stellen wir sicher, daß sie nicht an Wert verlieren? Wie stellen wir sicher, daß sie nicht selbst zu Spekulationsinstrumenten werden?
Der entscheidende Punkt, der in vielen Diskussionen fehlt, selbst bei denen, die unbedingt vorankommen wollen, sind LaRouches Prinzipien der physischen Ökonomie. Das ist das zentrale Thema, auf das ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte.
Zunächst zur Frage des Zusammenbruchs: Wir haben es international nicht mit einem Schuldenproblem zu tun, sondern mit einem Derivateproblem. Wir haben es mit einer globalen Finanzblase von etwa 2 Billionen Dollar zu tun – und noch einmal für diejenigen unter Ihnen, die nicht genau wissen, wie groß eine Billion ist: Es ist eine 2 gefolgt von 15 Nullen. Und diese Blase basiert auf der Schuldenblase der Aktien, der Anleihen, der Verschuldung der Nationen, der Einzelpersonen usw. Es ist diese Derivatblase, die 2008 geplatzt ist, und die sogenannte „Lösung“, die von den Genies an der Wall Street und in der Londoner City angeboten wurde, lautete: „Füttern wir einfach die Blase und machen sie größer. Das sollte ganz gut funktionieren.“ Und hier sind wir nun, 30 Billionen Dollar der quantitativen Lockerung und anderer lustiger Geldschöpfung später, und die Weltblase ist dabei zu platzen.
Zuerst haben sie das Gaspedal durchgedrückt, um diese Finanzblase weiter zu beschleunigen. Dann, vor etwa einem Jahr, als sie sahen, daß dies wirklich völlig außer Kontrolle geraten würde, beschlossen sie: „Nun, versuchen wir, die Bremsen zu betätigen.“ Sie haben die Zinssätze auf 4,5 bis 5 % angehoben, und das wiederum hat zu dem geführt, was wir eben just erlebt haben, nämlich den Konkurs einiger mittlerer und großer Banken auf internationaler Ebene. Wir hatten die Krise der Silicon Valley Bank, die in Konkurs ging. Sie wurde gerettet, indem die Fed weit über die gesetzlichen Grenzen hinaus – nämlich 250.000 Dollar – einsprang und sagte: „Nein, wir retten alle. Es ist alles in Ordnung, macht euch keine Sorgen.“ Dabei handelte es sich um eine Bank, die sich an umfangreichen Spekulationen beteiligt hatte, insbesondere in der Technologieblase.
Dann hatten wir den Fall der Credit Suisse, einer der größten Schweizer Banken, die eine große Menge an Derivaten in ihren Büchern hatte. Sie ging völlig bankrott. Sie wurde von der Schweizerischen Nationalbank mit etwa 270 Mrd. Dollar an Rettungsgeldern gerettet. Das wiederum wurde von der Federal Reserve gestoppt, die allen europäischen Zentralbanken Swap-Linien zur Verfügung stellte, so wie wir es 2008 getan hatten, um das System zu retten. Dann wurde sie auf Anweisung der Schweizer und anderer Zentralbanken von der schweizerischen UBS übernommen, wodurch eine riesige, völlig bankrotte Bank entstand.
Diese Angelegenheit der Credit Suisse macht deutlich, was das eigentliche Problem ist. Und wie ich schon sagte, geht es um Derivate. Betrachtet man die vier größten Banken in den Vereinigten Staaten in Bezug auf ihre Derivatbestände, so stellt man fest, daß sie 173 Billionen Dollar an Derivaten besitzen, gegenüber 8 Billionen Dollar an Vermögenswerten.
—–
EIR
Abb. 1: Vermögenswerte und Derivaterisiken amerikanischer und chinesischer Banken (in Billionen $).
—–
Wenn wir uns nun die Vermögenswerte der Bank als einen Hund und die Derivate als einen Floh oder eine Zecke an diesem Hund vorstellen (Abbildung 1, linke Seite), dann sprechen wir von einem Verhältnis von 22 zu 1. Wenn Sie einen 22 Pfund schweren oder einen 20 Pfund schweren Hund haben, dann haben Sie es mit einer 400 Pfund schweren Zecke zu tun. Armer Hund, nicht wahr?
Sehen Sie sich zum Vergleich einmal die Situation in China an (Abbildung 1, rechte Seite). Die Situation in China ist ganz anders. Die vier größten Banken dort haben 19 Billionen Dollar an Vermögenswerten, aber nur 7 Billionen Dollar an Derivaten. Das ist zwar immer noch zu viel, aber die Situation ist noch lange nicht außer Kontrolle geraten.
Glass-Steagall und Entdollarisierung
Diese Tatsache ist jedem auf der Welt bekannt, der die Augen offen genug hat, um sie zu sehen, und dem es wichtig genug ist, sie zu sehen. Ein Land nach dem anderen erkennt dies an, und es findet ein Prozeß der Entdollarisierung statt, bei dem die Menschen sagen: „Wir sehen, daß die Titanic sinkt. Wir wollen nicht mit ihr untergehen.“
Ich denke, daß dies aus drei Gründen geschieht.
Erstens sehen sie, wie ich schon sagte, daß die Titanic untergeht, und sie wollen nicht mit ihr untergehen.
Zweitens sehen sie, daß die gegen Rußland verhängten Sanktionen Rußland nicht zerstört haben. Wie ein hochrangiger brasilianischer Beamter kürzlich sagte: „Wer hat Angst vor dem großen bösen Wolf“, was die Frage des Umgangs mit China usw. betrifft. Rußland ist nicht untergegangen; sogar die Option, Rußland aus dem SWIFT-System auszuschließen, hat nicht die erwartete Wirkung gezeigt.
Aber die andere Sache, die vor sich geht, ist, daß es eine gewisse Führung gibt. Xi Jinping, Putin, die Staats- und Regierungschefs von Brasilien, Saudi-Arabien, der Türkei, Indonesien und anderen Ländern haben Ideen vorgestellt, die eindeutig in Richtung einer stärkeren Rolle der lokalen Währungen, der Nicht-Dollar-Währungen, gehen. Erstens durch Swaps, d.h. Swaps von Bank zu Bank, um Kreditlinien zu erhalten, zweitens durch den Handel, der zum Beispiel auf Yuan lautet. Und dann die Einrichtung umfassender Clearinghouse-Operationen, die nicht nur den Handel, sondern auch Investitionen in den jeweiligen Volkswirtschaften ermöglichen werden.
—–
EIR
Abb. 2: Der chinesische Yüan wird zu einer globalen Währung
—–
Wenn Sie einen Blick auf diese Karte (Abbildung 2) werfen, werden Sie feststellen, daß die Zahl der beteiligten Länder, die den Yuan auf die eine oder andere Weise nutzen, auf über 30 geschätzt wird, und das ist weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Erde. Dies ist also ein Prozeß, der sich sehr schnell ausbreitet.
Nun haben sich viele Menschen in den Vereinigten Staaten auf ihr hohes Roß gesetzt und gesagt: „Das ist schrecklich, das ist ein Angriff auf uns. Das ist die Abschaffung des Dollars; ihr greift uns an. Wir müssen das stoppen. China muß gestoppt werden; Rußland muß gestoppt werden; Brasilien muß gestoppt werden; sie alle müssen gestoppt werden.“
Das ist Unsinn, denn Tatsache ist, daß auch die Vereinigten Staaten ihren Dollar entdollarisieren sollten. Wenn wir mit diesem Dollar den Wall-Street-Dollar meinen, den Dollar der Londoner City, dann ist damit nicht der Dollar gemeint, der einst der Greenback oder die nationale Währung der Vereinigten Staaten war, um die nationale wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen, sondern ein krebsartiges, spekulatives Tier, das unser Dollarsystem übernommen hat; und es hat uns unter die Kontrolle der City of London und der Wall Street gebracht. Auch wir müssen uns vom Wall-Street-Dollar befreien.
Dieser Prozeß hat in den Vereinigten Staaten einen ganz bestimmten Namen und eine ganz bestimmte Geschichte. Man nennt ihn Franklin Delano Roosevelts Glass-Steagall-Prinzip. Denn das Glass-Steagall-Prinzip ist nichts anderes als die Ent-Wall-Street-Dollarisierung; es ist eine vollständige Trennung zwischen dem spekulativen Dollar unter der Kontrolle der City of London und der Wall Street, nicht der Bevölkerung der Vereinigten Staaten. Das auf der einen Seite und auf der anderen Seite das kommerzielle, produktive Bankwesen, in dem der Dollar wieder zur Währung der Vereinigten Staaten werden kann.
Die Frage ist nun, und das ist das Thema, dem ich meine Aufmerksamkeit schenken möchte: Wie können wir dem einen Wert geben? Wie stellen wir sicher, daß die neue Währung, die entwickelt wird – sei es der Yuan oder, was wahrscheinlicher ist, eine gemeinsame Währung der BRICS-Staaten, die aus dem bevorstehenden Gipfeltreffen der BRICS-Staaten im August in Südafrika hervorgehen wird, weil ich glaube, daß sich die Inder mit dieser Währung wohler fühlen würden als mit dem chinesischen Yuan: was immer es sein wird, der entscheidende Punkt ist nicht die Währung, sondern die Politik, die ihr Wert verleiht.
„Handel ohne Währung“
Lyndon LaRouche hat sich mit diesem Thema in einer Studie eingehend beschäftigt, die ich Ihnen als absolut grundlegend empfehlen möchte. Sie heißt „Handel ohne Währung“.1 In diesem Dokument geht LaRouche ausführlich auf dieses Thema ein.
Lassen Sie mich einleitend von einem persönlichen Gespräch berichten, das ich einmal mit Lyndon LaRouche hatte und das mir wirklich die Augen geöffnet hat. Ich sprach mit ihm über die Frage, wie man Paritäten zwischen den Vereinigten Staaten und anderen Währungen auf einer nützlichen produktiven Basis herstellen kann. Ich hatte mich zum Beispiel mit dem mexikanischen Peso etwas eingehender beschäftigt und ein Bild von Warenkörben mit Konsum- und Produktionsgütern, Infrastrukturgütern und so weiter erstellt. Ich sprach das Thema mit LaRouche an und begann es zu diskutieren. Ich war noch nicht sehr weit in meiner Frage gekommen, als er sagte:
„Vergiß es! Es spielt keine Rolle! Legen wir einfach eine bestimmte Parität fest, die uns vernünftig erscheint, denn diese feste Parität, dieser feste Wechselkurs wird die Einführung einer Politik der Investitionen, der Hochtechnologie und des wissenschaftlichen Fortschritts ermöglichen, was das einzige ist, was jeder Währung einen Wert verleiht. Und dann, und nur dann, haben wir die Grundlage, um tatsächlich darüber zu sprechen, wie hoch eine Parität sein sollte. Man darf es nicht mit Mathematik angehen, sondern mit physischer Ökonomie.“
Hören wir uns nun an, was LaRouche selbst in diesem außergewöhnlichen Dokument zu sagen hatte. Ich denke, das ist wichtig, denn wenn man sich die Situation in China anschaut, dann ist die Stärke des Yuan die Stärke der chinesischen Wirtschaft. Die Befreiung von 850 Millionen Menschen aus der Armut, der Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken, der wissenschaftliche Fortschritt und so weiter.
—–
EIR
Abb 3: Anteil der BRICS-Plus an der physischen Wirtschaft (in % der Welt)
—–
Wenn Sie sich den BRICS-Ländern zuwenden, wie Sie in der Grafik auf Ihrem Bildschirm sehen können, gibt es in den BRICS+-Ländern – den fünf BRICS-Ländern und weiteren neun oder so, für die wir Berechnungen angestellt haben – eine echte realwirtschaftliche Basis für physische wirtschaftliche Parameter, die sehr ermutigend sind (Abbildung 3). Mit 51% der Bevölkerung produzieren diese Länder 53% des Weizens, 77% der Kohle und 73% des Stahls. Sie haben einen sehr geringen Anteil an der Aktienmarktbewertung, was eine gute Sache ist. Aber das ist nicht der Wert, das ist die Plattform, von der aus der Wert abheben kann. Es ist eine ermutigende Plattform, aber die Rakete, die abheben muß, ist die Steigerung der Produktivität der physischen Wirtschaft; die Steigerung der Produktivkräfte der Arbeit.
LaRouche stellt diese Frage gleich zu Beginn seines Dokuments. Er sagt:
„Was stellt den dauerhaften Wert dar, den man einer mittel- und langfristigen Kapitalbildung im Gütersektor sinnvoll zugrunde legen kann? … Wenn gerade zweifelsfrei bewiesen wurde, daß man dauerhafte wirtschaftliche Werte nicht von Geldmengen ableiten kann, wo liegt dann eine meßbare Bewertung wirtschaftlicher Aktivitäten?“
Und dann wirft er die eigentliche Frage der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte auf, die, wie er selbst sagt, sein großer Durchbruch und seine Entdeckung in der Wirtschaftswissenschaft ist. Er sagt Folgendes:
„Die grundlegende Berechnung, die in jeder vernünftigen wirtschaftlichen Untersuchung angewendet werden muß, bezeichnet man am besten als die potentielle relative Bevölkerungsdichte der Volkswirtschaft als ganzer. Die Messung, die aus diesem Standard gewonnen wird, beschreibt die Anstiegsrate oder das Absinken dieses Potentials. Dieses Maß bestimmt, was wir als Ausdruck eines zugrundeliegenden Begriffs wirtschaftlichen Wachstum verstehen sollten.“
Nun gut, was verursacht dann die Zunahme der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte? LaRouche gibt die folgende Antwort:
„In der Wissenschaft der physikalischen Ökonomie, wie sie in den entsprechenden Arbeiten von Gottfried Wilhelm Leibniz zwischen 1671 und 1716 erstmals definiert wurde, besteht die Unterscheidung des Menschen von allen anderen Lebewesen darin, daß nur die Menschheit ihre potentielle relative Bevölkerungsdichte – ihre Macht – willentlich erhöhen kann. Dieser Willensakt bei der Erhöhung der Macht des Menschen über das Universum drückt sich in der Entdeckung nachweisbarer universeller physikalischer Prinzipien aus.“
Wie kann nun der tatsächliche Wert von Währungen und Tauschmitteln unter diesem Konzept der physischen Ökonomie – LaRouches Prinzipien – festgelegt werden? Er sagt:
„Einen Güter-Warenkorb, wie ich ihn hier umrissen habe, muß man also als gemeinsame Verpflichtung verstehen, Gutes zu tun. Es geht demnach bei der Wirtschaft nicht darum, welchen Preis man einer Ware im einzelnen gibt, sondern um den guten Willen, der sich in der Methode ausdrückt, sich auf einen vernünftig geschätzten fairen Preis zu einigen. Mit dieser Grundlage wird ein vernünftiger Preis für eine Einheit des Güter-Warenkorbes auch in der Praxis der richtige Preis sein.“
Worauf will LaRouche hier hinaus? Daß der Mensch als Gattung in einzigartiger Weise mit Kreativität ausgestattet ist, um universelle physikalische Prinzipien des Universums in seinem Schöpfungsprozeß zu entdecken, und daß der Mensch durch die Entdeckung dieser Prinzipien zu diesem Entwicklungsprozeß des Universums beiträgt. Diese Kreativität, dieser freie Wille, sich kreativ zu betätigen, ist auch die Grundlage der Moral. Das Gute ist die moralische Entscheidung, so zu handeln, daß die potentielle relative Bevölkerungsdichte unserer gesamten Spezies überall in allen Ländern zum gegenseitigen Nutzen verbessert wird. Es ist also dieser Standpunkt, dieser Standpunkt der Philosophie, dieser Standpunkt der physischen Ökonomie, der die einzige Grundlage ist, auf der wir diskutieren können, wie wir tatsächlich eine neue Wirtschafts- und Entwicklungsarchitektur aufbauen können.
Wie im Fall von Riemanns Habilitationsschrift, in der er feststellte, daß es notwendig sei, von der Mathematik zur Physik überzugehen, um das Problem zu verstehen, müssen wir, wenn wir verstehen wollen, was eine neue Architektur bedeutet, von den rein finanziellen und monetären Überlegungen zur physischen Ökonomie übergehen, zu Lyndon LaRouches Wissenschaft der physischen Ökonomie. Ich danke Ihnen vielmals.
Anmerkung:
1. https://archive.schillerinstitute.com/economy/nbw/nbw_trade_without_cur.html, dt. unter dem Titel „Warenkorb statt Währungskorb“ in Neue Solidarität 33 und 34/2000.
Kongreßabgeordneter Benjamin Robles (Mexiko); „Der Kampf für Nahrungsmittel, der Kampf für eine neue Weltordnung“.
Der Kampf um die Nahrung ist ein Kampf für eine neue Weltordnung
Von Benjamin Robles
Benjamin Robles ist Abgeordneter des Mexikanischen Kongresses und Präsident des Nationalen Kollegiums der Ökonomen Mexikos. In der Internetkonferenz des Schiller-Instituts hielt er am 16. April den folgenden Vortrag. (Übersetzung aus dem Spanischen.)
Ich danke Ihnen. Guten Morgen, hier in Mexiko, und guten Tag an alle meine Freunde, die online zugeschaltet sind, Freunde aus der ganzen Welt! Weltbürger, vereinigt euch!
Wenn Sie mir gestatten, möchte ich zu Beginn meiner Ausführungen den Aufruf vom 16. November letzten Jahres, 2022, an alle Gesetzgeber, Präsidenten von Nationen und Staatsoberhäupter der Welt wiederholen, sich dem Aufruf des Schiller-Instituts anzuschließen, die Gefahr einer nuklearen Konfrontation anzuprangern und zu beenden.
Seitdem wurde durch die Identifizierung der Ursprünge dieser Gefahr mehr Klarheit darüber erlangt, warum die Friedensbemühungen vervielfacht werden müssen, und es wurden die ersten Aktivitäten für das in Gang gesetzt, was man eine neue Ordnung für Frieden und Fortschritt der Völker nennen könnte.
Wir, die wir von Mexiko aus diese Aktionen verfolgen, sind mit den Ergebnissen ehrlich zufrieden. Aber wir müssen auch feststellen, daß die Atomkriegsgefahr und nun auch die Nahrungsmittelkatastrophe nicht gebannt sind, was uns zwingt, unser Tempo zu beschleunigen.
Deshalb möchte ich Sie alle über die Geschehnisse in meinem Land und die ersten Aktivitäten der Koordinierung mit den lateinamerikanischen Ländern informieren. Ich möchte Sie darüber informieren, daß ich vor einigen Tagen dem mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador in einem ausführlichen und respektvollen Schreiben dazu gratuliert habe, daß er einen persönlichen Dialog mit den Präsidenten der Karibik und Lateinamerikas eingeleitet hat, um ausgehend von den Ländern Lateinamerikas nach Wegen zur Lösung des Inflationsproblems in verschiedenen Ländern der Welt zu suchen.
Worauf beziehe ich mich dabei konkret? Auf zwei Dinge: auf die Probleme der zu geringen Produktion und Versorgung mit Nahrungsmitteln; und auf die Notwendigkeit eines gerechten Finanzsystems, eines demokratischen, integrativen und solidarischen Finanzsystems, das dieses und viele andere Probleme lösen kann.
Ich habe diese Glückwünsche in meiner Eigenschaft als Präsident des Nationalen Kollegiums der Ökonomen Mexikos ausgesprochen. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß wir mexikanischen Wirtschaftswissenschaftler bereits zum 1. Januar des Vorjahres, also 2022, ähnliche Maßnahmen vorgeschlagen hatten. Wir haben zahlreiche Briefe an Präsident López Obrador und an den Finanzminister unseres Landes geschickt, in denen wir Ideen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation vorstellten – diesen ungewöhnlichen Preisanstieg, der in vielen Teilen der Welt auftrat, als die Wirtschaft wieder zu wachsen begann, nachdem sie aufgrund der Pandemie stagniert hatte.
Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen ein wenig von der jüngsten Geschichte des Kampfes um Nahrungsmittel für das Überleben erzähle, der sich hier in Mexiko abspielt, denn sie spiegelt den Gedanken wider, liebe Freunde, daß wir eine weltweite Perspektive brauchen, um dieses Problem zu lösen.
Im Januar 2022 schlugen wir mexikanischen Ökonomen dem Präsidenten López Obrador einen kurzfristigen Anti-Inflationsplan vor, der neun Punkte enthielt, und zwar zu einer Zeit, als die Erzeugerpreise, wie ich schon sagte, noch recht stabil waren. Nur wenige glaubten damals, daß es zu einer Inflationsspirale kommen würde, aber wie wir vorausgesagt hatten, begannen die Preise schon bald, innerhalb von drei Monaten, plötzlich zu steigen. Die Regierung leitete eine Eindämmungsstrategie ein, die darin bestand, den Benzinpreis zu subventionieren und eine Vereinbarung mit den Unternehmern zu treffen, die Preise für Lebensmittel und andere grundlegende Konsumgüter einzufrieren. Wenig später beschloß die Regierung angesichts der drohenden Knappheit, die Grenzen für den Handel weiter zu öffnen und die Zölle auf eine Reihe weiterer Waren zu senken.
Aber die Inflation ließ nicht viel nach, sie machte kaum eine Pause, und die Möglichkeit eines Wachstums blieb in der Schwebe. Außerdem geschah all dies, während die Zinssätze aggressiv angehoben wurden. Die Zentralbanker der Welt haben diesen geldpolitischen Weg eingeschlagen und die Zinsen deutlich erhöht. Unter diesen Umständen rief Präsident López Obrador am 5. April die lateinamerikanischen Nationen dazu auf, ein Bündnis für die Nahrungsmittelproduktion und für eine neue Weltfinanzordnung einzugehen.
Weltweite Neuordnung notwendig
Aber ich möchte etwas hinzufügen, meine Freunde. Dies scheint mir zwar ein ausgezeichneter Schritt zu sein, aber es gibt andere Teile der Erde, wo die Situation der Nahrungsmittelarmut noch schlimmer ist, und deshalb ist eine weltweite Neuordnung dringend notwendig. Ich möchte sagen, daß ich als Wirtschaftswissenschaftler weiß, wie wichtig es ist, die wachsende Inflation der Lebensmittelpreise auf der ganzen Welt zu analysieren, und auch, daß wir etwas tun müssen, um dieser Herausforderung zu begegnen. Und deshalb schlage ich vor, daß wir gemeinsam einige Aktionen und Maßnahmen in Erwägung ziehen, so zum Beispiel:
- Schaffung einer internationalen Allianz zur Bekämpfung der weltweiten Lebensmittelpreisinflation.
- Festlegung gemeinsamer Ziele und Rahmenbedingungen, um sicherzustellen, daß alle Nationen an einem Strang ziehen.
- Durchführung detaillierter Studien und Analysen zum besseren Verständnis der Ursachen für die Inflation der Lebensmittelpreise.
- Entwicklung einer makroökonomischen Politik, die die wirtschaftliche Stabilität fördert und die Inflation eindämmt.
- Auflegung von Programmen zur Förderung der Entwicklung der Landwirtschaft in den Regionen mit den höchsten Inflationsraten.
- Förderung von Investitionen in die landwirtschaftliche Infrastruktur und Technologie, um die Produktivität zu steigern und die Kosten zu senken.
- Einführung von Maßnahmen zur Preiskontrolle, um zu gewährleisten, daß die Verbraucher Zugang zu Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen haben.
- Entwicklung eines Systems zur Überwachung der Lebensmittelpreise, um Preiserhöhungen rasch zu erkennen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
- Einrichtung von Kommunikationskanälen mit Kleinerzeugern und Landwirten, um ihre Probleme und Bedürfnisse zu verstehen und neue Vorschläge in dieser Hinsicht zu machen.
- Förderung des fairen Handels, um sicherzustellen, daß die Erzeuger für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden.
- Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung von Landwirten, die aufgrund von externen Faktoren wie dem Klimawandel Verluste erleiden.
- Einführung von Maßnahmen zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung und zur Steigerung der Effizienz in der Lieferkette.
- Entwicklung von finanziellen Bildungs- und Ausbildungsprogrammen für Erzeuger und für Personen, die für die Verteilung von Lebensmitteln zuständig sind.
- Förderung des Einsatzes von IT- und Kommunikationstechnologien zur Verbesserung der Effizienz der Versorgungskette.
- Einrichtung sozialer Sicherheitsnetze für diejenigen, die von der Lebensmittelpreisinflation am stärksten betroffen sind. Und, natürlich,
- Förderung von Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Dies sind einige der Maßnahmen, die ich zur Diskussion stelle, so daß wir sie in naher Zukunft erörtern und bereichern können. Es sollte eine akademische, vor allem wirtschaftswissenschaftliche Diskussion sein, damit wir dazu beitragen können, das weltweite Phänomen des ungewöhnlichen Preisanstiegs nach der COVID-19-Pandemie, das wir erleben, zu bewältigen.
Ich möchte nun meine Ausführungen nicht länger ausdehnen. Ich grüße Sie, liebe Freunde aus aller Welt, und verabschiede mich mit der Anregung, daß diese Konferenz eine Erklärung an die lateinamerikanischen Präsidenten abgeben könnte, an die Gremien, die am 5. und 6. Mai in Mexiko zusammenkommen werden, um diese Strategische Allianz der lateinamerikanischen Länder gegen die Inflation weiter zu konkretisieren. Meines Erachtens könnte es sich sogar lohnen, darüber zu diskutieren, ob Delegierte von uns bei diesem Gipfel anwesend sein können oder nicht.
Und so verabschiede ich mich mit dem Satz, den ich hier in meinem Land oft benutze: Der Kampf wird weitergehen – jawohl, er wird weitergehen –, bis sich die Dinge ändern! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und herzliche Grüße.
Bob Baker (USA) und andere, internationale Landwirtebewegung ( Dr. Jaap Hanekamp (Niederlande) Chemiker, Professor, University College Roosevelt; „Schluß mit dem Stickstoff-‚Scientismus‘-Schrecken; Nahrungsmittel produzieren“; Philippe Grégoire (Frankreich) Präsident der Nationalen Bewegung der Rinderzüchter aus unseren Regionen: „Zusammenarbeit, nicht Wettbewerb für die Entwicklung jedes Landes“; Bill Bullard (USA) CEO von R-CALF USA „Wir Lebensmittelproduzenten stehen zusammen“; James „Jim“ Moore (USA) Ehemaliger Präsident der Alaska Trollers Association: „Anti-Monopol-Zusammenarbeit, plus Wissenschaft und Moral bedeuten Nahrung für alle“.)
Im Rahmen des dritten Konferenzabschnitts wurden die folgenden fünf Videobeiträge von Rednern aus den USA, den Niederlanden und Frankreich zur Lage der Nahrungsmittelproduzenten gezeigt.
Bob Baker, Landwirtekommission des Schiller-Instituts
Hallo, ich bin Bob Baker von der Landwirtekommission des Schiller-Instituts. Ich grüße Sie alle. Letzten Monat konnte ich persönlich die Unterstützung der amerikanischen Landwirte und Viehzüchter für die Massenprotestkundgebung der niederländischen Landwirte, Fischer und vieler anderer Demonstranten in Den Haag übermitteln. Die niederländische Regierung hatte verfügt, ihre Arbeiten stark einzuschränken, mit der Begründung, daß die Stickstoffemissionen aus der Lebensmittelproduktion die Erde ruinieren.
Im März hatte ich dann die Möglichkeit, während der Woche nationaler Proteste in Deutschland persönlich mit führenden Landwirten zusammenzutreffen. Sie veranstalteten Lagerfeuer, Traktorenkorsos, Kundgebungen und Bootsaktionen. Die Regierung hatte ihnen befohlen, weniger Chemikalien zu verwenden; sie hatte den Fischern vorgeschrieben, andere Netze zu benutzen; weniger Landnutzung; weniger Fleischtiere zu halten und so weiter, mit der Behauptung, die Nahrungsmittelproduktion sei schädlich.
Das gleiche gilt für viele andere Orte, von den Traktoren, die in diesem Winter in Paris auf den Straßen waren, bis zu den Viehzüchtern auf ihren Pferden in Madrid. Auf dem amerikanischen Kontinent spielt der Lebensmittelhandel verrückt. In Mexiko, der Heimat des Mais, wird gesagt: „Ihr müßt euren Mais aus den USA beziehen.“ Den US-Viehzüchtern wird gesagt: „Rindfleisch muß aus Afrika und Südamerika importiert werden.“ Die US-Viehzüchter kämpfen für das Recht auf wahrheitsgemäße US-Verpackungsetiketten auf dem Fleisch, auf denen das Herkunftsland des importierten Fleisches angegeben ist. Sie kämpfen gegen staatliche Ohrmarken an jedem ihrer Tiere, die sie kontrollieren und abschaffen sollen.
In der Zwischenzeit hungern Millionen von Menschen. Ganze Nationen wurden daran gehindert, überhaupt landwirtschaftliche Produktivität und Technologie zu entwickeln.
Aus dem Gesamtbild stechen drei Punkte hervor, was wir tun müssen, um diese Situation zu beenden:
– Erstens darf es keine Kürzungen der Nahrungsmittelproduktion geben, nirgendwo. Dies ist notwendig, während Vorkehrungen für ein neues, der Produktion dienendes Kreditsystem getroffen werden. Es hat ein finanzieller und logistischer Zusammenbruch begonnen, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Wir müssen dies zum Anlaß nehmen, ein neues System einzuführen, wie wir es noch nie gesehen haben – das richtige System.
– Zweitens muß damit aufgehört werden, eine Nation gegen eine andere bei der Nahrungsmittelproduktion und -versorgung auszuspielen. Alle Nationen haben das Recht auf Selbstbestimmung ihrer eigenen nationalen Interessen in der Nahrungsmittelproduktion und im Handel.
– Drittens muß der Zugang zu wissenschaftlicher Nahrungsmittelproduktion überall so schnell wie möglich erfolgen. Das bedeutet Infrastruktur, Lagerung, Transport, Forschung und Entwicklung und vieles mehr für jedes Land der Welt.
Ich rufe Landwirte, Viehzüchter, Fischer, Wissenschaftler und alle anderen auf, sich zusammenzuschließen. Wir haben zusammen mit dem Schiller-Institut eine Agrarkommission ins Leben gerufen, in der führende Landwirte aus der ganzen Welt zusammenarbeiten. Die Lebensmittelproduzenten haben die moralische Autorität und Verantwortung, in dieser Krise die Führung zu übernehmen. Es gibt kein gemeinsameres Interesse der gesamten Menschheit als unsere tägliche Nahrung. Bitte kontaktieren Sie mich; ich möchte mit Ihnen zusammenarbeiten. Ich danke Ihnen vielmals.
Professor Jaap Hanekamp, Niederlande
Hallo, mein Name ist Jaap Hanekamp. Ich bin der Autor des Artikels über die Stickstoffkrise in den Niederlanden, der im Magazin EIR, aber auch in meinem Blog jaaphanekamp.com veröffentlicht wurde. Von Beruf bin ich Chemiker, aber ich habe vor acht Jahren auch eine Dissertation in Theologie und Philosophie über Utopie geschrieben.
Ich sehe die Stickstoffkrise als eine utopische Entwicklung in den Niederlanden und im Ausland. In dieser utopischen Entwicklung spielt die Wissenschaft als Szientismus eine Schlüsselrolle. Szientismus ist nichts anderes als der Glaube, daß nur die wissenschaftliche Forschung wirkliches Wissen liefert. Dies ist natürlich eine inkohärente Position, die jedoch von der sogenannten „Expertokratie“ vertreten wird, die eine wichtige Rolle bei der Politikgestaltung in der Welt spielt.
Ich habe diese Entwicklung in meiner Dissertation vor acht Jahren kritisiert, aber auch heute in meinem Blogpost. Ich glaube, daß diese Kritik in der Welt immer mehr an Bedeutung gewinnt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen viel Freude bei Ihrer Konferenz.
Philippe Grégoire, Landwirt in Frankreich
Hallo an alle. Herzlich willkommen. Ich möchte etwas über die Landwirtschaft sagen, und um zusammenzufassen, was ich zu sagen habe, werde ich nicht mit der aktuellen Situation beginnen – die jeder kennt – sondern mit dem Vorschlag, daß es für mich am einfachsten ist, mich von der Charta von Havanna vom 24. März 1948 inspirieren zu lassen; einer Charta, die weder das neoliberale, extrem liberale amerikanische System, das die Industrien und die Landwirte zerstörte, noch das russische Modell anerkennen wollte, das sowjetische System, das den Landwirten das Land und ihr Recht auf Eigentum wegnahm und das gescheitert ist. Die Charta von Havanna, um die es sich handelt, werde ich kurz erläutern, und dann werde ich den Link in diese Sendung einfügen, damit die Leute sie nachlesen können.
Grundsätzlich war sie völlig gegen den Freihandel, gegen das, was heute die Welthandelsorganisation ist. Sie schlug einen Ansatz vor, der sich sehr von dem derzeitigen System unterscheidet, nämlich die Entwicklung jedes Landes auf der Grundlage von Zusammenarbeit und nicht von Wettbewerb.
Dies sind die wichtigsten Punkte, die in der Charta von Havanna vorgeschlagen werden:
Das Gleichgewicht der Zahlungsbilanz – niemand sollte ein Haushaltsungleichgewicht haben. Dies ist sehr wichtig, wenn man das derzeitige Ungleichgewicht betrachtet. Zum Beispiel durch den Euro, durch die Zielvorgaben für Defizite, die zum Beispiel zwischen Italien und Deutschland sehr groß sind.
Der zweite Punkt ist die Zusammenarbeit zu priorisieren; die Mitgliedstaaten werden in Bezug auf die sozio-ökonomische Gesundheit im Rahmen eines Vorschlags zur Annahme von Arbeitsnormen, die ehrlich und gerecht auf jedem Kontinent sind, mit den Vereinten Nationen kooperieren; wenn nicht, kann der Austausch nicht ehrlich sein.
Dann ist die Kapitalkontrolle sehr wichtig. Die Mitgliedsstaaten sollten alle Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, daß Investitionen im Ausland als Interventionsinstrumente eingesetzt werden. Grünes Licht für staatliche Interventionen, um keinen Scheinwettbewerb zu organisieren. Präferenzabkommen sind in einem kooperativen Rahmen möglich; Subventionen sind unter bestimmten Umständen erlaubt. Das Verbot des Dumpings von Produkten, die mögliche Beschränkung von Produktionsmengen; Überproduktion kann unter bestimmten Umständen beseitigt werden, und die Produktion von Grundnahrungsmitteln sollte als eine besondere Kategorie betrachtet werden.
Daher können die Staaten die Preise und den Handel unabhängig von den Preisen auf den internationalen Märkten stabilisieren, um die Einfuhr von illoyalen Importen zu vermeiden. Es ist einfach keine Dumping-Politik erlaubt; wir akzeptieren nicht das Prinzip des niedrigsten Bieters von Ricardo.
Ich bin der Meinung, daß wir den Gesamtrahmen der Charta von Havanna anheben und verbessern können. Sie gibt den Bauern heute ein Wirtschaftsmodell an die Hand.
Von den 1940er bis zu den 1980er Jahren hat es eine starke Umstrukturierung der landwirtschaftlichen Arbeit gegeben. Zwischen den 1980er Jahren und 2000 wurden die Produktionsmittel von Genossenschaften und privaten Unternehmen übernommen. Seit 2000 haben wir eine sehr schnelle, vollständige finanzielle Übernahme, die von multinationalen Unternehmen und Verbänden kontrolliert wird.
Die Landwirtschaft hätte nie industrialisiert werden dürfen, denn jetzt hat der Sektor einen anderen Charakter. Es gibt jetzt das, was man das Monopol der Produktionsfaktoren nennt. Wir arbeiten mit lebenden Tieren, nicht wie Politiker, die ihr Mäntelchen nach dem Wind hängen. Wir arbeiten mit dem Klima; wir bauen Pflanzen an, die erst sechs bis neun Monate später geerntet werden. Wir können kein Agrarmodell industrialisieren. Wir müssen uns um das Monopol der Produktionsfaktoren kümmern.
Dann verschlimmert die aktuelle Politik den Freihandel noch mit Lügen. Man erzählt uns, daß Macron nach China gefahren ist, daß wir Verträge für den Export von Milch oder Schweinefleisch bekommen haben. Das ist keine gute Sache. Jedes Mal, wenn so etwas gemacht wird, stellen wir fest, daß am Ende nicht die Erzeuger reich werden oder den Gewinn bekommen, sondern nur die großen Unternehmen.
Es geht wirklich darum, das Einkommen der Erzeuger zu erhöhen. Die Produktionsmengen sind vorhanden; wir müssen aufhören, sie zu verschwenden. Im gegenwärtigen System werden etwa 30% aller produzierten Güter verschwendet. Es geht also nicht um die Mengen, wir müssen sie nur rationeller gestalten. Wir müssen die Flächen bewässern, die es brauchen, und keine absoluten Projekte durchführen, wie wir sie heute in Frankreich sehen.
Der letzte Punkt ist die Aufmerksamkeit. Wir sind in den letzten 40 Jahren von einer Landwirtschaftspresse manipuliert worden, die Lügen verbreitet, die uns sagen, daß jeder Landwirt immer größer werden muß, um uns als kleine Soldaten in der Armee des Agrobusiness zu manipulieren.
Achten Sie auf die Botschaft. Uns wird gesagt, daß wir die Grünen angreifen sollen. Wir sollten natürlich das Essen von Insekten und synthetischem Fleisch angreifen. Dies wird von einigen Leuten vorangetrieben, und die Grünen treiben unrealistische und gefährliche Projekte voran. Wir werden manipuliert, um Spaltungen unter uns zu erzeugen.
Das wahre Problem sind nicht die Grünen, das wahre Problem sind die Löhne der Landwirte. Das wirkliche Problem sind nicht die Grünen, die unrealistische Projekte haben, die von den wirklichen Problemen ablenken. Das ist alles eine Ablenkung von der Debatte. Also, liebe Landwirte, verschwenden Sie nicht Ihre Zeit, das ist nicht die Debatte.
Ich danke Ihnen für diesen kurzen Beitrag. Ich möchte nur noch eines hinzufügen, nämlich die Frage der Währung in Frankreich, des Euro. Der Euro ist eine Währung, die für den Agrarhandel nicht funktionieren kann, denn er ist eine Waffe für Exporte und Importe, nichts anderes.
Schlußfolgerung: Die Charta von Havanna ist die Grundlage, um die Landwirte am Leben zu erhalten, und wir müssen die Preise und Produktionsmengen in jedem Land von unabhängigen Personen verwalten, unabhängig von Gewerkschaften und politischen Parteien. Ich danke Ihnen.
Bill Billard, Vorsitzender von R-CALF USA
Hallo, ich bin Bill Bullard, Vorsitzender von R-CALF USA, mit etwa 5.000 rinderproduzierenden Mitgliedern in fast allen Bundesstaaten unserer Union. Wir sind die größte reine Rinderhandelsorganisation in den Vereinigten Staaten.
Wir haben die mutigen und effektiven Bemühungen unserer europäischen Kollegen beobachtet, den Landwirten und Viehzüchtern angesichts eines finsteren globalen Komplotts, ihnen alles zu rauben, und die kämpfen dafür, ihre Freiheit zurückzubekommen. Sie werden erfolgreich sein, was es ihnen ermöglichen wird, sich wieder dem zu widmen, was sie am besten können: sichere, gesunde und erschwingliche Lebensmittel im Überfluß zu produzieren.
Es ist eine tragische Ironie, daß Landwirte und Viehzüchter für das Recht kämpfen müssen, die von allen benötigten Lebensmittel zu produzieren. Und wir wissen die Bereitschaft unserer europäischen Kollegen, dies zu tun, sehr zu schätzen.
Jim Moore, Berufsfischer aus Alaska
Guten Morgen! Ich bin Jim Moore. Ich bin Berufsfischer. Ich lebe im Südosten Alaskas. Ich bin sehr dankbar, daß ich eingeladen wurde, einen kleinen Teil dieser wunderbaren Konferenz mitzugestalten. Wir wollen eine schöne Zukunft für unsere Kinder, und wir wären dazu in der Lage – aber wir müssen handeln.
Ich habe vorhin über eine ironische Sache nachgedacht, nämlich daß in einer Welt, in der Millionen von Menschen verhungern – und das sollte bei unserem Stand der Technik und des Fortschritts niemals der Fall sein -, eine Tätigkeit in einer nahrungsmittelproduzierenden Branche wie der unseren oder in der Landwirtschaft ein ziemlich sicherer Job sein sollte. Aber das ist nicht der Fall. Wir kämpfen um unser Überleben, ironischerweise.
Die größte Bedrohung für unsere Fischereiindustrie im Südosten Alaskas – ich arbeite überwiegend als Angler, als Langleiner, ein Schleppangler ist jemand, der Haken durch das Wasser zieht und die Fische zum Anbeißen bringt. Die Zielfischart ist der Lachs. Dieser Industriezweig, von dem wahrscheinlich 1500 Familien leben, steht vor dem Aus. Sie soll zerstört werden, und zwar durch eine Klage, die von einer extremen westlichen Umweltgruppe, einer radikalen Umweltschutzgruppe, ausgeht.
Wie können sie das tun? Es übersteigt die Vorstellungskraft eines jeden, daß sie mit dieser Klage, die sie gewinnen, soweit kommen können.
Das Problem rührt daher, daß wir in den 1970er Jahren Gesetze hatten, das Gesetz über bedrohte Arten, das Umweltschutzgesetz und all diese Dinge. Wir hielten das damals für eine wirklich gute Idee, und es gab einige gute Absichten, aber es wurde zu einer Waffe. Sie wird heute dazu benutzt, die Industrie und kritische Infrastrukturen lahmzulegen.
Das ist das Problem, auf das ich hinweisen möchte, daß wir etwas tun müssen. Denn ein als Waffe eingesetztes Umweltschutzgesetz stellt nicht nur eine unmittelbare Bedrohung dar, indem es die Lebensmittelproduktion unterbricht, sondern wenn die schweren Mängel in der Gesetzgebung jetzt nicht behoben werden, wird die landesweite Modernisierung der Infrastruktur, die notwendig ist, um die Wirtschaft auf eine solide Grundlage zu stellen, so gut wie unmöglich sein.
Wir brauchen diese Infrastruktur, um in der Lage zu sein – nun, Sie wissen ja, Frieden ist gleichbedeutend mit Entwicklung, und wir können uns in dieser Situation nicht entwickeln. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die großen Projekte der Vergangenheit unserer Nation, wie die Tennesse Valley Authority oder die Four Corners Rural Electrification oder die Transkontinentale Eisenbahn, jemals unter der Zwangsjacke dieser hyperprotektionistischen Nullwachstumsgesetze in ihrer jetzigen Form hätten stattfinden könnten. Wäre es jetzt nicht an der Zeit, einige Änderungen vorzunehmen?
Julio De Vido (Argentinien), ehemaliger Minister für Planung und öffentliche Investitionen, ehemaliger Kongreßabgeordneter, „Die Zukunft fordert uns heraus: Anpassungsfähigkeit oder echte Transformation“
Die Zukunft fordert uns heraus: „Belastbarkeit“ oder echte Transformation?
Von Julio De Vido
Julio De Vido war argentinischer Minister für Planung und öffentliche Investitionen und Kongreßabgeordneter. (Übersetzung aus dem Spanischen.)
Ich möchte dem Schiller-Institut und insbesondere Helga Zepp-LaRouche und Dennis Small für die Möglichkeit danken, heute an dieser Versammlung teilzunehmen und Ihnen in diesem Video einige kurze Gedanken mit auf den Weg zu geben.
Der Titel meines Vortrags geht zurück auf eine Aussage von Dennis Small in seinem Wochenbericht vom 7. April sowie auf einen Vorschlag der geschäftsführenden Direktorin des IWF, Kristalina Georgieva, und den Bericht des IWF für die derzeit stattfindenden „Frühjahrskonferenzen“, deren vorgebliche Botschaft es ist, die wirtschaftliche Belastbarkeit zu stärken und das Wachstum zu stimulieren.
Diese beiden Thesen lassen sich natürlich nicht miteinander verbinden. Ein Festhalten am Kurs der multilateralen Kreditorganisationen, die versuchen, die Finanzierung für bereits verschuldete Länder wie Argentinien auszuweiten, indem sie überarbeitete Verschuldungsziele und neue Instrumente vorschlagen, um die Anpassungsmechanismen stets auf die Erwartungen der von ihnen unterstützten Investoren auszurichten, kann nicht der Weg zu einer Lösung sein.
Wir alle wissen, daß der Begriff Belastbarkeit oder Resilienz aus verschiedenen Bereichen wie Psychologie, psychische Gesundheit, Soziologie, Pädagogik usw. stammt. Er bezieht sich auf eine Realität voller Ungewißheiten, auf die Lebenslinien von Menschen, die traumatische Situationen von beträchtlicher Dauer und Intensität durchlebt haben, solche Aggressionen erfolgreich überwunden haben und durch diese Pfeile und Schleudern in Bezug auf Reife und Wachstum gestärkt worden sind.
Die falsche Vorstellung des IWF, die Schuldnerländer hätten die Schrumpfung der regionalen Volkswirtschaften aufgrund steigender globaler Kosten erlitten oder erduldet, kann niemals eine Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum oder soziale Gerechtigkeit sein und wird auch nicht die Auswirkungen auf die schwachen Bevölkerungsgruppen mildern. Im Gegenteil, unsere Völker haben sich tolerant verhalten und unsere Regierungen haben sich bisher gehorsam an die Vorgaben des IWF gehalten.
Das Rezept hätte statt dessen lauten müssen: vorbeugen, erkennen und rechtzeitig eingreifen, zusammen mit der sogenannten Wachstumsförderung, um den Zustand von sozialer Entrechtung, Risiko und Verwundbarkeit in Bezug auf ihre Rechte zu korrigieren, was in diesem Zusammenhang an erster Stelle stehen sollte, anstatt mehr Druck für „Anpassungen“ auf die Schuldnerländer auszuüben.
Mit solchen Werturteilen wird eine unkritische Anpassung der Schuldnerländer angestrebt, etwas, was für uns bereits ein selbstverständlicher Teil unserer Existenz ist, wie es beispielsweise in den 90er Jahren geschah, als nach dem Drehbuch des Washingtoner Konsenses bestimmte Regionen als „nicht lebensfähig“ eingestuft wurden.
Die Welthegemonie der wichtigsten Industrienationen des 20. Jahrhunderts, der Vereinigten Staaten und ihrer europäischen Partner, hat die Kontrolle über die Weltwirtschaftsordnung behalten, indem man die Herrschaft der mächtigsten Institutionen über die kommerziellen, politischen und finanziellen Beziehungen der übrigen Welt aufrechterhalten hat.
Dieser hegemoniale Prozeß, der durch das Bretton-Woods-System mit der Schaffung von Institutionen wie IWF, Weltbank (ursprünglich Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung), GATT und seiner gesamten Palette an Handels- und Zollstandards (nach dem Ende der ITO 1947 und der Eingliederung in die WTO im Jahr 1995) eingeleitet und durch den „Washingtoner Konsens“ und das Ende des Kalten Krieges noch verschärft wurde, kann politische und wirtschaftliche Beziehungen nur unter dem Aspekt der Herrschaft begreifen.
Das überholte System der multilateralen Kreditinstitutionen erdrückt immer noch die Länder, insbesondere die Entwicklungsländer, und steht mit seinen hegemonialen Ansprüchen nach wie vor im Widerspruch zu verschiedenen Teilen der Welt. Um Doktrinen aufzugeben, die in jedem internationalen Abkommen enthalten sind, brauchen wir eine Revision und einen Drehpunktwechsel für die globale Integration – nicht nur im Hinblick auf die Einbindung ausländischer Investitionen in unsere Volkswirtschaften, sondern auch auf die Mobilisierung unserer Märkte, und vor allem auf die Fähigkeit der Regierungen der Länder dieser Region, der ich angehöre, in diesem neuen Weltszenario zu manövrieren. Denn es ist klar, daß diese Veränderungen in der Weltwirtschaft uns neue Wachstumsmöglichkeiten bieten.
Ich habe bereits in früheren Beiträgen darauf hingewiesen, daß die „grüne“ Produktion und die erneuerbaren Energien, die auch heute noch als „Notwendigkeit“ angepriesen werden, nicht die erwarteten Ergebnisse in Bezug auf den Handel und die Warenausfuhr gebracht haben und sich weiterhin auf den Handel mit Rohstoffen konzentrieren, was zu einem Rückgang der Industrialisierungstendenzen in unserer Region geführt hat und Finanzströme in Steuerparadiese gelenkt hat.
Diese neuen „neokolonialen Imperative“ kann man heute in den Putschen in Bolivien, Peru und der Situation um das Volk der Mapuche in Argentinien sehen, erleben und dokumentieren, wo das eindeutige Ziel darin besteht, Konflikte zu bewaffnen und zu finanzieren, institutionelle Handlungsunfähigkeit in unserer Region und unseren Ländern zu provozieren und einen Prozeß des Zerfalls und des Verlusts der Kontrolle über unsere natürlichen Ressourcen anzuheizen.
Ich habe an dieser Stelle und bei anderen Gelegenheiten vorgeschlagen, daß transformative Maßnahmen, wie wir sie in Argentinien von 2003 bis 2012 umgesetzt haben, mit einer schrittweisen Entdollarisierung unserer Volkswirtschaften einhergehen müssen, damit die Grundausgaben, die Kapitalausgaben, die Ausgaben für wesentliche öffentliche Dienstleistungen und die Warenkosten im allgemeinen, die beim heutigen Lohngefälle eine wichtige Rolle spielen, unsere Währung widerspiegeln können. Solange das nicht geschieht, gibt es keine Chance auf politische Stabilität und klare Spielregeln. Und das wird nicht durch Förderung der „Belastbarkeit“ erreicht, sondern vielmehr, wie Dennis Small in seinem Wochenbericht vom 7. April hervorhob, als er vorschlug, Titel 14 der neuen außenpolitischen Erklärung der Russischen Föderation zur Kenntnis zu nehmen, nämlich die Verteidigung des Rechts auf Existenz und der Freiheit zur Entwicklung, und zu diesem Zweck eindeutig alle verfügbaren Mittel zu nutzen.
Wie Dennis in Bezug auf den Fall der Credit Suisse betonte, steht die Souveränität eines Landes auf dem Spiel, wenn es sich dem Finanzkasino unterwirft.
Das Streben nach Transaktionen in lokalen Währungen sollte das Gebot der Stunde sein, und sie sollten auf der Grundlage einer Bewertung der natürlichen Ressourcen eines jeden Landes, die die physische Wirtschaft eines souveränen Staates ausmachen, erfolgen.
Meines Erachtens ist die Entdollarisierung der regionalen Volkswirtschaften die einzige Möglichkeit, die von den Vereinigten Staaten aufgezwungene „unipolare Welt“ zu beenden. Auf dem Weg dahin spielen die internationale Zusammenarbeit im Rahmen der Neuen Seidenstraße und die Stärkung der BRICS eine große Rolle und kann viel zu einer solchen Auflösung der Blöcke beitragen.
Die BRICS und die Entwicklungsländer müssen ihre eigene Finanzarena entwickeln, ihre eigenen Kreditmechanismen schaffen und versuchen, die Welt auf Multilateralismus und eine umfassende Reform der lateinamerikanischen Wirtschaftsinfrastruktur auszurichten; dies wird eine stärkere regionale Integration und Süd-Süd-Kooperation fördern, wo der Zustand der unausgewogenen Produktionsstrukturen zum Maßstab und Ausgangspunkt einer neuen Realität wird, die wir für die Herausforderung einer transformativen Zukunft leben und gestalten müssen.
Marcos de Oliveira (Brasilien), Herausgeber, Monitor Mercantil, „Brasilien ist zurück“
Brasilien ist zurück!
Von Marcos de Oliveira
Marcos de Oliveira ist Herausgeber der brasilianischen Wirtschaftszeitung Monitor Mercantil. (Übersetzung aus dem Englischen.)
Ich grüße alle Teilnehmer der Konferenz und danke dem Schiller-Institut für die Einladung zur Teilnahme an diesem wichtigen Treffen.
Die Welt befindet sich in einer angespannten und intensiven Phase. Die Weltordnung, die auf dem Dollar und der Vorherrschaft des Finanzkapitalismus mit der Dominanz des anglo-amerikanischen Imperiums aufbaut, wird von neuen und alten Akteuren in Frage gestellt. Noch wichtiger ist, daß diese Ordnung unter ihren eigenen Widersprüchen zusammenbricht.
Bei einem kürzlichen Besuch in Rußland betonte der chinesische Präsident Xi Jinping, daß wir Veränderungen erleben, wie wir sie seit hundert Jahren nicht mehr gesehen haben. „Und wir treiben diese Veränderungen gemeinsam voran“, sagte Xi zu Putin.
„Die Krise besteht gerade darin, daß das Alte stirbt und das Neue nicht geboren werden kann; in diesem Interregnum zeigen sich die verschiedensten Krankheitssymptome“, schrieb Antonio Gramsci.
Lassen Sie uns ein wenig über die Rolle Brasiliens und seinen Beitrag zur Entwicklung der Welt auf ein neues Niveau sprechen.
Zunächst ist es wichtig, sich die jüngsten politischen Entwicklungen in Brasilien vor Augen zu führen. Seit Lula zum ersten Mal gewählt wurde und 2003 sein Amt antrat – und obwohl er nie radikale Veränderungen in der wirtschaftlichen und politischen Führung durchgesetzt hat -, leidet er unter einer Kampagne der Destabilisierung.
2005 machten die Konzernmedien auf den sogenannten „Mensalão“ aufmerksam, eine monatliche Zahlung an die Parlamentarier zur Genehmigung von Regierungsprojekten.
Die Angriffe verschärften sich in der zweiten Amtszeit, die 2007 begann und von Fortschritten in der Wirtschaftspolitik als Reaktion auf die Finanzkrise 2007/2008 geprägt war. Unter der Nachfolgerin Dilma Rousseff im Präsidentenamt fanden die Aktionstage vom Juni 2013 statt, eine Art „Farbrevolution“, gefolgt von der Operation Lava Jato, einem Angriff mit mehreren Zielen, der größtenteils in den Vereinigten Staaten geplant wurde.
Die Folge dieser Angriffe war der Putsch gegen Dilma Anfang 2016. Von da an kam es zu Rückschlägen in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Arbeit und soziale Rechte. Die Autonomie der Zentralbank wurde genehmigt, wodurch die Wirtschaftspolitik vor Änderungen an der Wahlurne geschützt wurde.
Es waren also 20 Jahre der Angriffe. Lulas Sieg 2022 und sein Amtsantritt 2023 finden in einem anderen Kontext statt, mit weniger Unterstützung und weniger Handlungsspielraum. Er muß sich mit steuerlichen und finanziellen Zwängen auseinandersetzen, mit einem feindlich gesinnten Kongreß – in dem der Sprecher eine enge Verbindung zu den spekulativsten Bankern hat – und mit einem Putschversuch am 8. Januar.
Letztere Tatsache ist bemerkenswert, denn sie eröffnet einerseits die Möglichkeit, gegen die Kräfte des Systems zu kämpfen, die bei den Wahlen besiegt wurden, andererseits ist sie ein Damoklesschwert über dem Haupt der Regierung. Die Eskalation der Handlungen gegen die gewählte Regierung trägt die Handschrift der USA, ebenso wie der Rückzug des brasilianischen Militärs bei der Unterstützung des Putsches – ein Rückzug, der in Anbetracht der Position der US-Regierung erfolgte.
Die Partnerschaft mit China
Lula wird von innen und außen unter Druck gesetzt. Angesichts dessen und der Ereignisse in der Welt erscheint die Suche nach einer internationalen Lösung als eine grundlegende Alternative für die neu vereidigte Regierung. Ebenso wird die Rückkehr Brasiliens auf die Weltbühne begrüßt, aber auch von den Oppositionspolen, die sich gebildet haben, angefochten.
Man beachte, daß Lula als erstes in die Vereinigten Staaten reiste, ein politisches Engagement mit geringem wirtschaftlichem Nutzen, und dann nach China. Die Reise in das Land von Xi Jinping mußte aufgrund von Lulas gesundheitlichen Problemen verschoben werden. Die neue Agenda, die in kürzester Zeit aufgestellt wurde, zeigt jedoch, welche Bedeutung beide Länder dem Treffen beimessen.
Für Brasilien ist die Partnerschaft mit China sowohl eine Chance als auch eine Notwendigkeit. Sie ermöglicht politische Vorteile und öffnet die Tür für Investitionen, die zur Überwindung interner Zwänge notwendig sind, wozu Lula weder die Kraft noch den Willen zu haben scheint. Wenn die Investitionen in der von der Regierung erwarteten Höhe und Form erfolgen, könnten sie die Werte verdoppeln, die die Regierung Lula in vier Jahren zu investieren hat.
Lula sagte: „Ich möchte, daß die Chinesen verstehen, daß ihre Investitionen hier hochwillkommen sind. Aber nicht, um unsere Unternehmen zu kaufen… Was wir brauchen, ist nicht der Verkauf der Vermögenswerte, die wir haben, sondern der Aufbau neuer Vermögenswerte. Das ist es, wovon ich meine Freunde in China überzeugen möchte.“
Die Partnerschaft mit China ist strategisch, wirtschaftlich und technologisch. Zu den bereits unterzeichneten oder noch umzusetzenden Abkommen gehören Landwirtschaft, erneuerbare Energien, 6G, Internet, Telekommunikation und die Unterstützung brasilianischer Start-ups in China.
Noch wichtiger ist, daß die Reise das Bekenntnis Brasiliens zur Gürtel- und Straßeninitiative (Belt and Road Initiative, BRI) markieren soll, die China erwartet, wenn es zu Investitionen beitragen will.
Für die Chinesen ist Brasilien aufgrund seiner Führungsrolle in Lateinamerika von strategischer Bedeutung. Im Jahr 2022 investierte China 8,4 Milliarden US-Dollar in Europa, 4,7 Milliarden Dollar in den USA und zwischen 7 und 10 Milliarden Dollar in Lateinamerika. Allein Brasilien hatte 2021 5,9 Milliarden Dollar von den Chinesen erhalten. Der chinesische Präsident Xi Jinping hat Lateinamerika seit seinem Amtsantritt im Jahr 2013 bereits elf Mal besucht. Zwischen 2000 und 2022 ist der Handel zwischen China und Lateinamerika um das 26-fache gestiegen.
Um den Einfluß des Dollars zurückzudrängen, wurde im März ein Abkommen zwischen der brasilianischen und der chinesischen Regierung bekanntgegeben, das es Exporteuren ermöglicht, Geschäfte ohne die amerikanische Währung zu tätigen. Die Bocom BBM Bank – ein traditionelles brasilianisches Finanzinstitut, in dem starke chinesische Banken das Sagen haben – wurde als erstes Finanzinstitut in Lateinamerika in das grenzüberschreitende Interbank-Zahlungssystem CIPS aufgenommen.
Laut einem Bericht der Zentralbank von Ende 2022 hat der Yuan den Euro überholt und ist nun die zweitwichtigste Währung in den internationalen Reserven Brasiliens. Der Yuan macht 5,37% der Gesamtreserven aus und übertrifft damit den Anteil des Euro, der 4,74% beträgt. Der Dollar dominiert weiterhin und macht 80,42% aus.
Noch wichtiger ist die Einigkeit der BRICS-Staaten. Obwohl die Idee einer digitalen Währung für Transaktionen der Länder des Blocks noch in den Kinderschuhen steckt und Rußland mehr Interesse zeigt als andere Länder, stellen die BRICS eine wichtige wirtschaftliche und geopolitische Kraft dar, die sich dem US/NATO-Block entgegenstellt. Auf seiner Reise nach China betonte Lula die Bedeutung einer Alternative zum Dollar für den Handelsaustausch zwischen den BRICS-Staaten.
Die Russische Akademie arbeitet an einem Entwurf für ein internationales Abkommen zur Einführung einer neuen Weltwährung für Finanzabrechnungen, die auf modernen Technologien wie Blockchain basiert und mit den nationalen Währungen der teilnehmenden Länder und den handelbaren Gütern, die deren Wert bestimmen, verbunden ist. Ein ähnliches Konzept wurde kürzlich in einem Artikel des brasilianischen Finanzministers Fernando Haddad und der Nummer zwei im Ministerium, Gabriel Galipolo, vorgestellt.
Ein schwieriger Übergang
Der von den Vereinigten Staaten angeführte Block wird der Belagerung des Dollars nicht tatenlos zusehen. Die herrschende Elite in den Kernländern versucht, Veränderungen zu verhindern und andere Länder nicht in die „falsche“ Richtung laufen zu lassen. Brasilien wurde im Mai erneut zur Teilnahme am G7-Treffen in Japan eingeladen (das letzte Mal war es 2009, während der zweiten Lula-Regierung).
Wie eingangs erwähnt, werden die USA in Brasilien immer in der Lage sein, Drohungen auszusprechen, die die Lula-Regierung in die Enge treiben.
In der sich abzeichnenden neuen Weltordnung muß Brasilien seine Politik der Blockfreiheit beibehalten und versuchen, die globalen Widersprüche zu nutzen. Für David Deccache, Wirtschaftswissenschaftler an einer brasilianischen Bundesuniversität (UFF) und parlamentarischer Berater, garantiert das Abkommen mit China eine Diversifizierung des geopolitischen Risikos für Brasilien, da es nicht mehr nur ein, sondern zwei optionale Systeme für seine Operationen hat. Somit ist Brasilien nicht mehr vollständig der Hegemonie des Dollars unterworfen.
Der republikanische US-Senator aus Florida, Marco Rubio, hat gewarnt, die Annäherung zwischen Brasilien und China sei ein weiteres Zeichen für die „Entdollarisierung“ der Welt. Der Niedergang des Dollars und die Suche nach Alternativen sind größtenteils auf die US-Sanktionen gegen Rußland zurückzuführen, in deren Rahmen russische Guthaben in Höhe von rund 300 Milliarden Dollar von westlichen Banken eingefroren wurden.
Die USA sind in der Vergangenheit gegen Länder in den Krieg gezogen, die die Hegemonie des Dollars in Frage stellten, wie z.B. der Irak und Libyen. Gegenwärtig führen sie über die Ukraine einen Krieg gegen Rußland, mit Zielen, die über die Bestrafung für die Infragestellung des Dollars hinausgehen, insbesondere will man die Vorherrschaft über Westeuropa erhalten.
Präsident Lula hat auf der Weltbühne den Vorschlag unterbreitet, eine Gruppe für den Frieden zu bilden, und er wird bei Xi Jinping auf diesem Thema bestehen. Es ist schwierig, das umzusetzen, aber es ist eine der wenigen Initiativen der blockfreien Länder, um einen Ausweg aus dem Krieg in der Ukraine zu finden.
Die Gegner der multipolaren Welt reagieren. Der japanische Premierminister reiste in die Ukraine. Im Abschlußkommuniqué betonten Fumio Kishida und Selenskyj „die Untrennbarkeit der euro-atlantischen und indo-pazifischen Sicherheit“ und „die Bedeutung von Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan“.
In der Peripherie, insbesondere in Asien, bildet sich eine neue Weltwirtschaftsordnung heraus, deren Hauptziel die Steigerung des öffentlichen Wohlstands ist. China wächst seit über 30 Jahren dreimal schneller als die US-Wirtschaft. China, Indien und Indochina sind ein Gebiet, das bereits mehr produziert als die USA und die Europäische Union.
Das nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene Finanzsystem sorgte dafür, daß das privilegierte Zentrum auf Kosten der Mehrheit der Welt finanziert wurde. Heute ist dieses Finanzsystem am Zusammenbrechen. Ein Übergang wird nicht einfach sein. Wir sprechen hier von Hunderten von Billionen Dollar an Schrottpapieren. Wir sprechen auch über die schwere Verarmung der US-Bevölkerung. Situationen wie diese haben in der Vergangenheit zu Kriegen geführt.
Die internationale Verwendung des Dollars ist der letzte Pfeiler des US-Imperialismus. Zu Beginn dieser Erklärung erinnerte ich an die Aussage von Xi Jinping gegenüber Putin, daß wir Veränderungen erleben, wie wir sie seit hundert Jahren nicht mehr erlebt haben. Vor einhundert Jahren lebten wir in einer Zeit zwischen zwei Weltkriegen und erlebten das Ende des britischen Kolonialismus. Wird es uns gelingen, einen weiteren Weltkrieg zu vermeiden? Ich hoffe es!
Ich danke Ihnen allen.
Pedro Páez (Ecuador); ehemaliger Minister für Wirtschaft (2007-2008), „Drei Grundpfeiler der Alternative zum bankrotten System der Finanzspekulation“.
Drei Grundpfeiler der Alternative zum bankrotten System der Finanzspekulation
Von Pedro Páez
Pedro Paez war Minister für Wirtschaft (2007-08) in Ecuador. (Übersetzung aus dem Spanischen.)
Herzliche Grüße und Dank an diejenigen, die mich freundlicherweise zu dieser Veranstaltung eingeladen haben, und meine Glückwünsche, denn es sollte mehr Initiativen wie diese aus den unterschiedlichsten wirtschaftlichen und politischen Perspektiven und an den verschiedensten geographischen Orten geben.
Die Weltlage ist sehr fragil. Wir befinden uns inmitten einer strukturellen Krise der kapitalistischen Überproduktion, die bereits ein Problem damit hatte, ihr gigantisches Produktionspotential zu bewältigen. Der Kapitalismus ist zum Gefangenen seines eigenen produktiven Erfolgs geworden und überschwemmt die Welt mit Waren, die zu billig sind für die Profitraten, die von den großen Monopolen verlangt werden.
Darüber hinaus hat der Weg, den die anglo-amerikanische Achse, die anglo-amerikanische Hegemonie auf der Flucht vor diesen Profitproblemen eingeschlagen hat, zu einer sich selbst verstärkenden, parasitären Aufblähung des Spekulationssystems geführt, das sich auf ein globales Finanznetz stützt, dessen Zentrum im ehemaligen britischen Empire liegt, mit zwei gigantischen Zentren in der City of London und der Wall Street. Die Aussichten auf ein Fortbestehen dieses Systems sind angesichts der räuberischen und äußerst kriminalitätsanfälligen Weise, wie derartige Finanzgeschäfte betrieben werden, sehr, sehr schlecht.
Ähnliche Perioden des Kapitalismus mit diesen Überproduktionskrisen öffneten die Türen für den Ersten und Zweiten Weltkrieg im Rahmen eines imperialen Machtkampfs, der Millionen von Toten forderte. Jetzt ist die Situation noch schlimmer geworden, nicht nur wegen der Existenz von Massenvernichtungswaffen mit einer in der Geschichte beispiellosen Zerstörungskraft, sondern auch, weil diese parasitäre Aufblähung des Finanzsystems die Grundlagen des Zusammenlebens und der westlichen Zivilisation, selbst aus kapitalistischer Sicht, untergraben hat. Die Entwicklung der Finanzderivate des Schattenbankwesens, der Schattenhaushalte und der Offshore-Steuerparadiese hat die grundlegenden Elemente der Organisation und des Zusammenhalts der Nationalstaaten zerstört und auch die Grundprinzipien des Privateigentums und sogar der doppelten Buchführung beschädigt. Die Art und Weise, wie Finanzderivate funktionieren, führt zu einer inhärenten Destabilisierung in einem wachsenden Schneeballsystem, das keine Chance hat, aufrechterhalten zu werden.
Aus diesem Grund kann die Agenda der imperialen Mächte für unsere Völker nur auf Destabilisierung, Chaos und Krieg ausgerichtet sein. Deshalb ist es für die Schaffung eines dauerhaften Friedens, eines nachhaltigen Friedens gerade jetzt erforderlich, verschiedene Möglichkeiten zur Finanzierung dessen zu schaffen, was wir als Demokratisierung des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts bezeichnen könnten. Der kontinuierliche technologische Fortschritt seit den 1960er Jahren ist zum Fluch für die Rentabilität bestimmter Monopole geworden, aber dieser Fortschritt bietet die materielle Grundlage für den Aufbau eines anderen Modells der Menschheit, eines anderen Systems des Zusammenlebens aller Völker der Welt, einer neuen Form der Zivilisation, die andere Strömungen nicht nur des religiösen, sondern auch des philosophischen und politischen Denkens trägt, die die Brüderlichkeit der Menschen auf eine höhere Ebene heben.
Eine andere Art von Menschheitsgeschichte ist möglich, die von den Peripherien und vom Zentrum aus, von jeder Region aus geschaffen werden kann, als Voraussetzung für die Fähigkeit, einen echten Fortschritt in der Infrastruktur und die Entwicklung menschlicher Talente zu finanzieren, die diesen technologischen Fortschritt für alle Völker möglich machen können.
Dies wird genau dadurch möglich, indem die Finanzarchitektur verändert wird, die die angloamerikanische Spekulationsoligarchie mit der Zerstörung des Bretton-Woods-Systems 1971 eingeführt hat – durch ihre neoliberale Politik, durch Deregulierung und durch die neue Fähigkeit dieser Finanzinnovationen, die Welt der Produktion, die Welt des Lebens zu ersticken.
Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, neue Kapazitäten auf der Grundlage von Währungs- und Finanzvereinbarungen und regionalen Blöcken zu schaffen, um Initiativen sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors, der Großunternehmen und anderer Formen der organisierten Produktion zu fördern und zu unterstützen, damit die Menschen ihre Fähigkeit entwickeln können, nicht nur ihre eigene Wirtschaft und die ihrer Gemeinschaft zu verteidigen, sondern auch nach besseren Lebensbedingungen zu streben.
Drei Säulen
Drei Säulen sind grundlegend. Der Ansatz, den wir hier in Lateinamerika seit mehr als 15 Jahren verfolgen, hat sich als tragfähig erwiesen, sowohl im Zusammenhang mit den politischen Niederlagen, die sich hier in Südamerika ereignet haben, als auch vor allem durch die Erfahrungen mit den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und den digitalen Währungen und den neuen Fortschritten in der Informatik.
Wesentlich ist eine andere Art von Währung, die nicht auf Spekulation, nicht auf Ausbeutung, nicht auf imperialen Mechanismen basiert, wie sie vom Weltmonopol des Dollars – mit seinen exorbitanten Privilegien, mit seinen Auslandsschuldenfallen – eingesetzt werden. Dazu gehören aber auch andere Mächte wie Frankreich mit seiner Herrschaft über einen großen Teil des französischsprachigen Afrikas, mit seinen kolonialen Mechanismen im ehemaligen Indochina. All dies muß überwunden werden, um eine andere Art von Währung zu schaffen, die nicht nur ein Mechanismus ist, um zwischen den Völkern zu kommunizieren, sondern auch um die Arbeit und den Reichtum der verschiedenen Nationen anzuerkennen.
Eine andere Art von internationalem Handel ist jetzt möglich, gerade durch den Einsatz regionaler Mechanismen, von Clearingstellen für Zahlungen, die es uns erlauben, die Kohärenz zwischen Produktion und Konsum in nahegelegenen geographischen Gebieten wiederherzustellen und damit die Grundlage für den Frieden zu schaffen, um die militärisch-industriellen Komplexe der imperialen Länder davon abzuhalten, von Chaos und Haß zwischen den Völkern zu profitieren.
Die produktive Zusammenarbeit bei der sozialen und geographischen Integration wird neue Bedingungen für die produktive Entwicklung schaffen. Deshalb ist eine neuartige Bank für eine andere Entwicklung unerläßlich, wie sie hier in Lateinamerika mit der Bank des Südens vorgeschlagen wurde und wie sie jetzt mit der BRICS-Bank, der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank und anderen Initiativen Realität ist, die die Möglichkeiten einer multipolaren Welt aufzeigen, in der die Demokratisierung des technologischen Fortschritts Wirklichkeit wird.
Und schließlich ist es von entscheidender Bedeutung, eine Alternative, eine Reihe, ein Netzwerk von Alternativen aufzubauen, um der Erpressungsmacht des Internationalen Währungsfonds mit seinen Konditionalitäten und Stabilisierungsprogrammen und seinen Mechanismen zur Kartellierung des Zugangs zu internationalen Finanzierungsmechanismen, insbesondere für den globalen Süden, entgegenzuwirken.
Hinzu kommt die Schaffung verschiedener Arten von Stabilisierungs- und Verteidigungsfonds für die Länder, um der Volatilität und Wildheit zu begegnen, mit der die internationalen Märkte unsere Volkswirtschaften beeinflussen, was sich in einigen Fällen durch die Sanktionssysteme des atlantischen Bündnisses – explizit oder nicht – zu wahren Wirtschaftskriegen gegen jede Opposition, jede Alternative entwickelt, die einen souveränen Prozeß in unseren Ländern aufbauen will.
Die drei Säulen sind also folgende:
– eine neue Art von Bank für eine neue Art von Entwicklung;
– neue Arten von Stabilisierungs- und Schutzfonds für unsere Volkswirtschaften gegen den Einsatz von Währung und Finanzen als Waffe, die die anglo-amerikanischen Mächte perfektioniert haben;
– und ein neues Währungskonzept, das auf monetären Vereinbarungen von Clearing-Häusern für regionale Zahlungen basiert, die zu einem weltweiten Clearing-House-System zusammengeschlossen werden können, das auch verhindern könnte, daß eine andere Art von einseitiger, unipolarer Hegemonie entsteht, wie sie mit Bretton Woods etabliert wurde, und welches statt dessen die Türen für ein multipolares Management öffnen würde.
Diese drei Säulen wären die Grundlage für den Aufbau eines neuen Friedens, den Aufbau einer neuen Zivilisation.
Ich danke Ihnen vielmals.
Diogène Senny (Kongo); Generalsekretär der Panafrikanischen Liga – UMOJA; „Streichung der Schulden, um eine afrikanischen Renaissance zu schaffen“.
Streicht die Schulden für eine Renaissance Afrikas!
Von Diogène Senny, Generalsekretär der Panafrikanischen Liga UMOJA
Liebe Redner, liebe Teilnehmer, liebe Gäste, im Namen unserer Organisation danke ich dem Schiller-Institut für die Einladung, aus dem Kongo an diesem Moment der Reflexion und des Austauschs teilzunehmen. Ich möchte auch allen Rednern für die Qualität ihrer Beiträge danken, bevor ich das Wort ergreife.
Unser Beitrag trägt den Titel „Alternativen zu anrüchigen und illegitimen afrikanischen Schulden“. Nach einer kurzen historischen Erinnerung an die Ursprünge der verhängnisvollen Schulden, die das Schicksal der afrikanischen Völker plagen, werden wir dann die richtig-falschen Lösungen der internationalen Mächte betrachten, um schließlich zu den Alternativen zu den anrüchigen und illegitimen Schulden zu kommen.
Kurze historische Erinnerung an die Ursprünge der Verschuldung
Die afrikanischen Schulden haben ihren Ursprung in den Mechanismen der Herrschaft und Ausbeutung, die im wesentlichen von den ehemaligen Kolonialmächten unter Komplizenschaft einer afrikanischen Minderheitselite entwickelt wurden.
Tatsächlich standen die ehemaligen Kolonialmächte an der Wende zur afrikanischen Unabhängigkeit in den 1960er Jahren vor zwei großen Herausforderungen – die Kontrolle über die ehemaligen Kolonien zu behalten, indem sie den Aufstieg patriotischer panafrikanischer Persönlichkeiten mit allen Mitteln verhinderten, und gleichzeitig mit Unterstützung der Vereinigten Staaten zu verhindern, daß die Sowjetunion Verbündete in Afrika hat und somit Zugang zu Mineralien und anderen strategischen Ressourcen erhält.
Nachdem trotz einiger Ausnahmen nominell mit dem Osten verbündeter Länder diese beiden Herausforderungen gemeistert waren – u.a. mit der symbolträchtigen Ermordung von Patrice Lumumba 1961 und seiner Ersetzung durch Joseph-Désiré Mobutu -, waren die Bedingungen für die massive und anrüchige Verschuldung Afrikas erfüllt. Und wie jeder weiß, verfügte der Westen dank dreier historischer Phänomene über enorme finanzielle Mittel, um seine Übernahme Afrikas zu erreichen:
1. Die Privatbanken und das Eurodollar-Phänomen – gekennzeichnet durch ein massives Abwälzen amerikanischer Dollarkredite, die nach dem Marshallplan in die Vereinigten Staaten hätten zurücklaufen müssen, auf Afrika, begünstigt durch selbstgefällige, gleichgeschaltete und habgierige Regime, zum Nachteil ihrer Bevölkerung.
2. Der Ölschock von 1973 und das Phänomen der Petrodollars – gekennzeichnet durch eine plötzliche Vervierfachung der Ölpreise, deren Einnahmen in westlichen Banken deponiert wurden. So kamen zu den Eurodollars noch die Öldollars hinzu, die nach Afrika fließen, natürlich mit der Komplizenschaft der selbstgefälligen und habgierigen afrikanischen Regime.
3. Die bilaterale Verschuldung und das Phänomen der gebundenen Entwicklungshilfe – hierbei handelt es sich um eine Art indirekte Subventionierung großer westlicher Unternehmen, deren Gewinne von der afrikanischen Bevölkerung bezahlt werden. Es ging darum, Absatzmärkte für Waren zu finden, die im Westen aufgrund des Kaufkraftverlustes am Ende der „30 Glorreichen Jahre“ [der Nachkriegsjahrzehnte] keine Abnehmer mehr fanden.
Nach den nominellen Unabhängigkeiten wurde die „schlüsselfertige Entwicklung“, die der Westen Afrika auferlegte, begleitet, gefördert und gestaltet von Horden von Söldnern, die man „technische Helfer“ nannte. Diese hervorragend bezahlten „technischen Attentäter“ besetzten die afrikanischen Präsidentschaften und Kabinette wie Entwicklungs-Zauberer. Angesichts des Zustands Afrikas spricht ihr massives Versagen, wie jedermann sieht, für sich selbst. Wir ersparen Ihnen die Litanei all der richtig-falschen Lösungen in den 60 Jahren seit der Unabhängigkeit und wollen stellvertretend nur zwei davon aus den letzten beiden Jahrzehnten nennen:
1. Die Chirac-Steuer auf Flugtickets. Worum geht es dabei? Im Kampf gegen AIDS, Malaria und Tuberkulose – drei Pandemien, denen weltweit und besonders in Afrika Millionen zum Opfer fallen – griff Jacques Chirac 2006 in Begleitung des UN-Generalsekretärs Kofi Annan einen Vorschlag der französischen „Vereinigung für die Besteuerung von Finanztransaktionen und Bürgeraktionen“ (ATTAC) auf, jedes Flugticket zwischen 1 und 40 Euro zu besteuern. Dieser Beitrag sollte 200 Millionen Euro pro Jahr einbringen. Es genügt ein Blick auf die Tragödien, die diese drei Pandemien 2023, also 17 Jahre später, verursachen sollten, um den offensichtlichen Mißerfolg dieser Maßnahme zu erkennen.
2. Öffentlich-private Partnerschaften: Im Mai 2021 versammelte Emmanuel Macron 21 afrikanische Staatschefs und Leiter der wichtigsten internationalen Finanz- und Handelsorganisationen, um auf den Schock zu reagieren, den COVID-19 für die afrikanischen Volkswirtschaften bedeutete. Der französische Präsident kündigte eine Art „afrikanischen New Deal“ an. Eines der Mittel der Wahl für diese Initiative sind Öffentlich-Private Partnerschaften, also Vereinbarungen, mit denen die Finanzierung und Verwaltung öffentlicher Dienstleistungen privaten Anbietern anvertraut wird.
Obwohl man diese in Europa für minderwertig erklärt – so der Europäische Rechnungshof, der darin „keine wirtschaftlich tragfähige Option für die Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur“ sieht, und der Rechnungshof in Frankreich, der die Kosten und „finanzielle Untragbarkeit“ kritisierte, weshalb Emmanuel Macrons Regierung sie aufgab -, werden ÖPPs in afrikanischen Ländern weiter massiv gefördert, auch von Frankreich über die Französische Entwicklungsagentur (AFD).
Warum wird etwas, was man in Europa und Frankreich für minderwertig erklärt, in Afrika gefördert, wo die Regierungen ganze Ministerien für diese berühmten Öffentlich-Privaten Partnerschaften schaffen?
Alternativen zu den anrüchigen und illegitimen Schulden
So paradox es auch erscheinen mag, die Frage der Schulden und damit der Entwicklung ist in erster Linie eine grundsätzlich politische Frage. Wir werden hier nicht alle Alternativen zu den anrüchigen und illegitimen Schulden aufzählen, aber wir wollen einige Beispiele nennen, wenn auch nur für das frankophone Afrika und speziell die Länder der Franc-Zone:
1. Schluß mit der Unterstützung von Diktaturen: Wie wir gerade angedeutet haben, ist die Frage der Verschuldung in der Tat eine grundsätzlich politische Frage. Diktatorische politische Regime, die alles andere als aufgeklärt sind, erhalten ihre Macht, indem sie den Reichtum des Landes veräußern und so der öffentlichen Politik eine ausreichende Finanzierung vorenthalten. Als Folge davon wird der Rückgriff auf illegitime Schulden, ohne Kontrolle durch demokratische Institutionen, zur Regel.
2. Kampf gegen Steuerparadiese: In den Enthüllungen der Panamas Papers, die im Mai 2018 von der investigativen Webseite Mondafrique veröffentlicht wurden, tauchen allein sechs Kongolesen auf (fünf Mitglieder des Politbüros und Zentralkomitees der Kongolesischen Arbeiterpartei und ein Mitarbeiter des Staatschefs), die auf Offshore-Konten rund 5500 Milliarden CFA-Francs [ca. 8,4 Mrd.€] halten, das entspricht 68% der 8130 Milliarden Schulden des Kongo und 79% des BIP zum 31. Dezember 2021. Und man sollte erwähnen, daß das noch nicht das gesamte Vermögen ist, das diese kongolesischen Persönlichkeiten angehäuft haben.
3. Rückgabe der Währungssouveränität: Es ist angebracht, den ehemaligen französischen Kolonien die Währungssouveränität zurückzugeben, indem der CFA-Franc abgeschafft wird. Die angebliche „Abschaffung“ des CFA-Franc (nur für die acht Mitgliedstaaten der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion UEMOA), die von Frankreichs Nationalversammlung und Senat im Januar 2021 beschlossen wurde, hat die afrikanische Öffentlichkeit nicht überzeugt.
Darüber hinaus wurde mit der Umbenennung in ECO versucht, die Bevölkerung glauben zu machen, die beiden von den Afrikanern am meisten angeprangerten Bestimmungen seien abgeschafft – nämlich die französische Vertretung in den Entscheidungsgremien und dem Betriebskonto -, doch auch das nicht überzeugend.
Zusammengefaßt: Es gibt zahlreiche Alternativen zu den böswilligen und illegitimen Schulden. Wir hätten auch über Bürgerbeteiligung (Citizen Audit) sprechen können, ein Instrument der staatlichen Souveränität. So oder so werden im gegenwärtigen, von Souveränitätsansprüchen geprägten Kontext zweifellos alle Aspekte der Souveränität der afrikanischen Völker betroffen sein, die Schulden eingeschlossen. Schließlich sind die afrikanischen Schulden eine eminent politische Frage!
Ich danke Ihnen.
Dr. Mohammad A. Toor (Pakistan-USA), Vorstandsvorsitzender des Pakistanisch-Amerikanischen Kongresses, „Die Welt braucht das Entwicklungsmodel der BRI“
Simon Miller (USA); LaRouche Jugendbewegung: „Der Great Stone Industriepark in Belarus und die Belt and Road Initiative (BRI)“.
„Der Große Stein in der neuen Seidenstraße“
Von Simon Miller, LaRouche-Jugendbewegung
Im Februar 1984, nach der Rückkehr von einem Besuch in mehreren Sonderwirtschaftszonen, äußerte sich Generalsekretär Deng Xiaoping wie folgt über die Sonderwirtschaftszone Shenzhen: „Ich war während meines Aufenthalts beeindruckt von der Prosperität der Sonderwirtschaftszone Shenzhen. Das Tempo der Bauarbeiten dort ist rasant. Es dauert nicht lange, ein hohes Gebäude zu errichten; die Arbeiter stellen ein Stockwerk in ein paar Tagen fertig.“
Es besteht kein Zweifel, daß die unübertroffene Effizienz und Integration, die in den Sonderwirtschaftszonen zu finden sind, entscheidend zu Chinas Erfolg in der wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen haben. Aber wie Generalsekretär Xi Jinping sagte: „Eine einzige Blume macht noch keinen Frühling, aber hundert Blumen in voller Blüte bringen den Frühling in den Garten.“
Mit dieser Absicht, den Frühling in die vielen Gärten der Welt zu bringen, hat China seine Politik ausgeweitet und auf der ganzen Welt Sonderwirtschaftszonen als Orte der multilateralen Zusammenarbeit eröffnet, in denen die Entwicklung erblühen kann.
Eine dieser Zonen, der Great Stone Industrial Park in der Nähe von Minsk, Weißrußland, hat bereits begonnen, kräftig zu blühen. Xi Jinping hat Great Stone wiederholt als „Perle der neuen Seidenstraße“ bezeichnet, und der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hat den Park für seine „besonderen finanziellen Bedingungen, die entwickelte Infrastruktur, die Logistik und die geographische Lage“ gelobt. Außerdem erklärte Lukaschenko: „Der Park bietet große Vorteile. Wir haben diesen Park mit dem Ziel eingerichtet, Spitzentechnologien ins Land zu holen. Wir werden unsere Leute darin unterrichten, mit diesen Technologien zu arbeiten. Und die Erfahrungen des Parks in industriellen Bereichen werden Belarus zugute kommen.“
Die Planungen für ein Industrie-Joint-Venture zwischen China und Weißrußland begannen 2010 nach dem Vorbild des Industrieparks in Suzhou, und 2015 wurde mit dem Bau des Parks in Great Stone begonnen. Bis 2018 zahlten die acht dort ansässigen Unternehmen 17 Millionen US-Dollar an jährlichen Steuern und schufen nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums 5.000 neue Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe in Belarus. Inzwischen sind über 100 Unternehmen im Park tätig, die eine Vielzahl von Produkten herstellen, von Hightech-Chips und Telekommunikation bis hin zu Automobilteilen und Arzneimitteln.
Der größte Anreiz für den Industriepark Großer Stein ist sicherlich sein Zugang zu einer einzigartigen Infrastruktur durch die Belt and Road Initiative. Die Initiative besteht aus sechs Wirtschaftskorridoren, von denen einer als Neue Eurasische Landbrücke bekannt ist. Weißrußland befindet sich an einem entscheidenden Punkt dieser Landbrücke und fungiert als „Brückenkopf“ (um Lukaschenkos eigene Worte zu verwenden), der viele Länder miteinander verbindet, darunter auch diejenigen, an die es grenzt (Rußland, Ukraine, Litauen, Lettland und Polen). Daher gibt es eine Fülle neuer Infrastrukturen, einschließlich der Eisenbahn und anderer Transportmittel, die für die Verteilung der vielen Früchte der blühenden Blume des „Großen Steins“ genutzt werden.
Der Great-Stone-Industriepark ist ein erstaunliches Beispiel, das studiert werden sollte. Wir können uns von diesem Projekt inspirieren lassen, und zwar nicht nur in Bezug auf effiziente Produktion oder Verteilung – verstehen Sie mich nicht falsch, beides ist dort in großem Masse vorhanden -, sondern auch als Beispiel für die Art von Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen, die für die Entwicklung der gesamten Welt notwendig sein wird. Die Handelsrouten der alten Seidenstraße werden nicht nur deshalb so geschätzt, weil sie eine Brutstätte des wirtschaftlichen Austauschs waren, sondern auch wegen des technologischen, künstlerischen und kulturellen Austauschs, den sie ebenfalls förderten.
In einer Rede, die Xi Jinping im März 2014 in Berlin hielt, zitierte er Gottfried Leibniz, den Begründer der physikalischen Ökonomie, mit den Worten: „Nur das Teilen unserer Talente wird die Lampe der Weisheit entzünden.“ Was wir in Great Stone oder in Suzhou oder Shenzhen sehen, ist die gemeinsame Nutzung von Talenten, Wissen und Technologie. Und bald werden wir hoffentlich sehen, daß dieses Teilen mehr und mehr geschieht.
Diskussion
PANEL 4: 18.30 Uhr (MESZ)
Die notwendigen philosophischen Grundlagen für das neue Paradigma
Moderator: Helga Zepp-LaRouche, Schiller-Institut (Deutschland)
Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, hat im vergangenen November zehn Prinzipien als Grundlage für eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur vorgeschlagen. Dazu gehört die Notwendigkeit, die realwirtschaftlichen Aktivitäten des Menschen mit den Gesetzen des physikalischen Universums in Einklang zu bringen. Auch müssen wir uns mit den philosophischen Grundfragen des Menschenbildes befassen, der Idee, daß der Mensch von Natur aus gut ist und daß alles Böse das Ergebnis mangelnder Entwicklung ist – und deshalb beseitigt werden kann.
Jacques Cheminade (Frankreich), Präsident, Solidarité et Progrès, ehemaliger französischer Präsientschaftskandidat: „Die Macht menschlicher Arbeit in einer Zeit des epochalen Wandels“
Die Macht menschlicher Arbeit in einer Zeit des epochalen Wandels
Von Jacques Cheminade
Jacques Cheminade ist Präsident der Partei Solidarité et Progrès und ehemaliger Präsidentschaftskandidat in Frankreich. (Übersetzung aus dem Englischen.)
Die Macht menschlicher Arbeit zu mobilisieren, ist unsere unmittelbare Aufgabe, um eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur für uns alle zu schaffen. Sowohl die Nationen der globalen Mehrheit der Welt als auch die Völker des westlichen Teils der Welt streben nach der existentiellen, unmittelbaren Notwendigkeit, voranzukommen. Das ist der eigentliche Sinn, warum wir auf den Straßen Europas demonstrieren.
Im Gegensatz dazu betreiben die Finanzeliten des globalen Nordens eine Politik des sozialen Krieges gegen ihre eigene Bevölkerung und der Aufrüstung gegen die Nationen, die sich ihnen widersetzen. Ihre Politik ist eine Bedrohung für uns alle: Angesichts der Krise ihres räuberischen Finanzsystems handeln sie wie verwundete Tiger, die zu Menschenfressern werden.
Unsere wichtigste Waffe gegen sie ist unser Menschenbild, daß der Mensch von Natur aus gut ist. Die Errungenschaften der menschlichen Arbeit verkörpern und beweisen unsere schöpferische Kraft! Nichtsdestotrotz versuchen die oligarchischen Eliten mit allen Mitteln, Arbeit auf ein Machtgleichgewicht innerhalb ihres etablierten Umfelds zu reduzieren, das durch die Herrschaft des Geldes und der Preise vordefiniert ist.
Der Zweck meines Beitrags ist daher, die Macht der menschlichen Arbeit wieder davon frei zu machen. Erstens ist sie menschlich, weil sie weder tierisch noch mechanistisch ist. In einer Koltan- oder Goldmine physisch ausgebeutet zu werden, ist keine menschliche Arbeit, sondern koloniale Sklaverei. Menschliche Arbeit besteht darin, die Natur für einen nützlichen sozialen Zweck physisch umzuwandeln, und nicht darin, eine Aufgabe zu erfüllen, um eine Gegenleistung zu erhalten. Die Arbeit eines Menschen entwickelt und erweitert seine schöpferischen Kräfte. Sie ist kein Selbstzweck, sondern ein Beitrag zu unserem Gemeinwohl und unserer sozialen Zukunft. Arbeit ist ein Menschenrecht auf Entfaltung, nicht ein Preis.
Aber das zu sagen, reicht nicht aus. Die notwendigen philosophischen Grundlagen für ein neues Paradigma erfordern eine viel tiefere Untersuchung dessen, was menschlich ist. Der beste Verweis darauf, den ich finden konnte, ist eine Reihe von Vorträgen, die Lyndon LaRouche am 25. April 1984 über die Macht der Arbeit, das Naturrecht und den technischen Fortschritt gehalten hat.1
LaRouche geht von der Notwendigkeit aus, die potentielle relative Bevölkerungsdichte einer Gesellschaft zu erhöhen, um ihren Niedergang zu verhindern. Potentiell bedeutet über das Niveau der gegenwärtigen Bevölkerung hinaus. Es ist die Entdeckung neuer physikalischer Prinzipien und ihre Anwendung zur Förderung des technischen Fortschritts, der die Produktivkraft der Arbeit pro Mensch und pro Landfläche erhöht. Denn der Mensch hat die besondere Fähigkeit, seine Umwelt zu verbessern und die Energieflußdichte und die Tragfähigkeit seines Universums zu erhöhen!
Sehen wir uns dagegen den gegenwärtigen Zustand unseres transatlantischen Universums an. Es ist potentiell dem Untergang geweiht! Unter der Herrschaft einer Finanzoligarchie, die immer mehr Geld schafft, ohne wirkliches, physisches Wachstum zu erzeugen, wurde dieses Potential zerstört. Das politische Ziel unseres Kampfes ist klar.
Aber gehen wir mit Lyndon LaRouche einen Schritt weiter. Ein Tier oder ein Oligarch kann seine Umgebung nicht zum Besten verändern. Wir werden sehen, daß Künstliche Intelligenz Daten besser verarbeiten kann als der Mensch, aber sie kann keine Veränderung bewirken. Menschliche Arbeit kann das. Weil sie Hypothesen aufstellt. Sie hat die Macht, das Universum zu verändern und zu verbessern, indem sie die Spielregeln in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur ändert und gegebene Zwänge durchbricht!
LaRouche definiert drei Ebenen von Hypothesen, die die menschliche Arbeit zu etwas Einzigartigem machen.
– Einfache Hypothesen sind mit den bestehenden Axiomen und Hypothesen vereinbar, sie werden sozusagen „nebenbei entdeckt“.
– Höhere Hypothesen stürzen bestehende Axiome und Postulate akzeptierter wissenschaftlicher oder anderer Meinungen um. Es ist die Art des Denkens, mit der alle wissenschaftlichen Entdeckungen nachvollzogen werden können und sich der Weg für die Entdeckung neuer physikalischer Prinzipien öffnet. Diese werden dann im Rahmen des technischen Fortschritts angewandt, so daß sie potentiell jeder Mensch verstehen und gesellschaftlich umsetzen kann. Ihre soziale Umsetzung verkörpert die Macht der menschlichen Arbeit, die relative potentielle Bevölkerungsdichte zu erhöhen.
– Die Hypothese der höheren Hypothese ist ein Prinzip, das erfolgreich aufeinanderfolgende wissenschaftliche Revolutionen hervorbringt. Es ist der Bereich, den Wladimir Wernadskij die Noosphäre nennt, die Fähigkeit der menschlichen Arbeit, zur geologischen Kraft zu werden, die die Erde in Übereinstimmung mit den Gesetzen des physikalischen Universums formt.
Gehen wir noch einen Schritt weiter: die sogenannte Revolution der Künstlichen Intelligenz. Die KI verarbeitet Daten und stellt logische Zusammenhänge her, indem sie „lernt“, in Bereichen mit einer sehr großen, aber endlichen Anzahl von Fällen zu induzieren und zu deduzieren. Sie weiß nicht, was sie wirklich physisch tut, sie ist sich ihrer selbst nicht bewußt. Es stimmt, sie kann einen menschlichen Gegner beim Schach oder Go besiegen. Das ist bereits geschehen. Das ist Logik. Aber im Bereich physisch unsteter Prozesse – der schöpferischen menschlichen Arbeit – kommt sie nicht voran, denn sie bleibt ein sehr ausgefeiltes statistisches Modell, das Korrelationen zwischen Werteskalen quantifiziert.
Für die KI ist eine Metapher – ein Bedeutungswechsel von einer Ebene des Denkens zu einer höheren – wie für ein Huhn, das ein Korn aus weißem Ton findet. Die KI kann die Ebene der höheren Hypothese nicht erreichen! Das bedeutet, daß die KI besser als der Mensch das verarbeiten kann, was nicht menschlich ist, nämlich den stupiden Bereich der Daten. Maschinelles Lernen und Deep Learning ermöglichen es ihr, bereits Bekanntes zu erforschen und in diesem Bereich Sinnvolles hervorzubringen – aber niemals Metaphern, niemals ein neues physikalisches Prinzip.
Wie LaRouche einmal sagte, Geld sei ein Idiot, so ist die KI ein weiterer Idiot, ein idiota senza mente, ein Datenanalytiker unter dem Einfluß elektronischer Steroide.
Ist das eine gute oder schlechte Nachricht? Das ist eine Frage der Intention. Eine sehr schlechte Nachricht, wenn die KI in den Händen derer bleibt, die versuchen, kreatives menschliches Denken auf einer noch raffinierteren Ebene menschlichen Verhaltens zu kontrollieren, dem oligarchischen Spiel, Menschen zu Nicht-Menschen zu machen – menschliche Arbeit durch die algorithmische Kontrolle von Bildern, Fake News und Finanzoperationen zu zerstören.
In diesem Sinne ist der wahre Feind menschlichen Wissens und menschlicher Arbeit nicht die Unwissenheit, sondern – wie Sokrates wußte – die Illusion des Wissens.
Eine sehr gute Nachricht, wenn die KI unter der Kontrolle der Macht menschlicher Arbeit steht. Die KI ist ein sehr nützlicher Helfer, nicht nur um zeitraubende Aufgaben zu erledigen, sondern auch um selbst in einem Bereich bekannter logischer Beziehungen voranzukommen.
So dauert beispielsweise die Kommunikation mit einem Rover auf dem Mars in beide Richtungen mehr als eine halbe Stunde. Die KI kann die Maschine so trainieren, daß sie mit allem rechnen kann, was zu erwarten ist, außer wenn ein unerwartetes, unlogisches Ereignis eintritt! Sehr nützlich. Es stimmt, daß die KI viele von Menschen ausgeführte Arbeiten ersetzen wird. Aber diese Jobs sind nicht die kreative Arbeit des Menschen! Es sind also nicht-kreative Tätigkeiten, die ersetzt werden. Vor allem bürokratische Jobs, wie die der Strategieberater, der McKinseys, der Börsenhändler, der Anwälte, der Powerpoint-Experten, all der Hochstapler, die vorgeben, die Spielregeln zu beherrschen, aber in Wirklichkeit Profiteure sind.
Wenn wir den Bereich der KI kontrollieren, wird unsere Arbeit menschlich sein, denn unser geistloser Assistent wird das Unkreative erledigen! Die entscheidende politische Frage ist, wer die Kreditvergabe kontrolliert und zu welchem Zweck.
Es gibt noch mehr zu sagen. Entscheidend ist das Bewußtsein, daß unsere Arbeit wirklich menschlich ist.
Ich habe nicht genug Zeit, um darauf einzugehen. Daher möchte ich Ihnen nur raten, Nikolaus von Kues zu lesen, den besten philosophischen Freund von Helga Zepp-LaRouche.
Nur ein Beispiel: In De Beryllo (1458) lehrt er uns unter anderem den wahren Weg menschlicher Erkenntnis, befreit vom sterilen aristotelischen Prinzip des Widerspruchs, um in den Bereich des Intellekts jenseits der Vernunft vorzudringen, wo der menschliche Geist den Zusammenfall der Gegensätze begreift und fähig wird, eine höhere Ebene des Handelns zu erreichen. Die Metapher für diese schöpferische Einsicht in das, was er später posse ipsum, das Können an sich, nannte, ist der Beryll, ein Halbedelstein, aus dem zu seiner Zeit Brillengläser geschliffen wurden. Die menschlichen Augen würden so mit dem intellektuellen Beryll ausgestattet, der es dem Geist ermöglicht, den Zusammenfall von Gegensätzen zu erfassen.
Heute wendet Helga Zepp-LaRouche diesen Ansatz auf die Lösung menschlicher Konflikte an, um „von oben“ die zerstörerische Logik von Block gegen Block zu überwinden. Aus unserem eigenen Denken heraus und indem wir auf die Gedanken der anderen hören, erstellen wir im Geiste des Westfälischen Friedens (1648) mit unserer schöpferischen Arbeit den Fahrplan, um aus dem Dilemma herauszukommen.
Das ist die höchste Stufe der Erkenntnis, der schöpferischen Intuition, die eine Friedensdynamik hervorbringt, die nicht auf Daten oder zusammengestellten Plänen beruht, sondern auf Prinzipien, die die Macht der menschlichen Arbeit erzeugen. Der heutige Wandel in der Welt ist die beste Gelegenheit für uns alle, Akteure dieses Wandels zum Guten zu werden.
Lassen Sie mich mit einem Zitat von Bernhard Riemann über den Begriff der „Geistesmasse“ schließen:
„Die Seele ist eine compacte, aufs Engste und auf die mannigfaltigste Weise in sich verbundene Geistesmasse. Sie wächst beständig durch eintretende Geistesmassen, und hierauf beruht ihre Fortbildung.“
Es sind also neue Ideen, die unser gesamtes Wissen zum Klingen bringen und anregen. Helga Zepp-LaRouche und meine Frau Odile haben sich mit Johann Friedrich Herbarts Beitrag zur Pädagogik schöpferischer Fähigkeiten beschäftigt, um die Seele des Schülers zu bilden und nicht in ein vorgefertigtes Format zu zwängen, wie es heute der Fall ist. Menschliche Arbeit ist ein Experimentieren mit diesem ständigen Fortschritt, von dem das gesamte Leben der Menschheit und das Beste von uns den experimentellen Beweis liefert.
Das ist es, was heute durch Krieg und wirtschaftliches Chaos bedroht ist. Werden wir uns dessen bewußter. Mobilisieren wir mehr Menschen, die daran arbeiten, die Richtung in unserem transatlantischen Teil der Welt umzukehren und die Gegensätze wieder zusammenzuführen. Das ist eine Frage von Leben und Tod. Die Kraft der menschlichen Arbeit muß uns dazu inspirieren, in Metaphern zu denken und Hypothesen zu entwickeln, die über eine sinnliche Erfahrung hinausgehen, die uns heute, wenn wir uns ihrer eigenen Logik überlassen, pessimistisch und damit machtlos machen würde.
Folgen wir dem Rat von Lyndon LaRouche, als er nach dem Geheimnis seiner Kreativität gefragt wurde: „Arbeit, Arbeit“. Der entscheidende Augenblick der Geschichte, in dem wir leben, erfordert von uns die Mobilisierung unserer schöpferischen menschlichen Arbeit, damit dieser große Augenblick der Geschichte auf ein größeres Geschlecht trifft.
Anmerkung:
Dr. Chandra Muzaffar (Malaysia), Gründer und Präsident, JUST International, “Die Wichtigkeit der chinesischen und russischen Bemühungen in Südwestasien und der Welt”
Die Bedeutung der chinesischen und russischen Bemühungen in Südwestasien und der Welt
Von Dr. Chandra Muzaffar
Dr. Chandra Muzaffar ist Gründer und Präsident der Organisation JUST International in Malaysia. (Übersetzung aus dem Englischen.)
Friede sei mit Ihnen.
Das Abkommen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, das durch die Bemühungen der chinesischen Regierung zustande gekommen ist, könnte durchaus einen Wendepunkt in der Weltpolitik, einen Wendepunkt in den internationalen Beziehungen darstellen. Wir wissen, daß alle drei beteiligten Parteien – die chinesische Regierung, die saudische Regierung und die iranische Regierung – mit der Umsetzung dieses Abkommens begonnen haben. Es gab Treffen in Teheran, in Riad und in Peking. Sie versuchen nun, einige der wichtigsten Aspekte dieser Entscheidung umzusetzen.
Das ist wichtig, denn es würde bedeuten, daß die Feindseligkeit zwischen diesen beiden sehr wichtigen Nationen in der muslimischen Welt, Iran und Saudi-Arabien, nachlassen könnte. Und wenn dieser Wandel stattfindet, wenn sich ein gewisses Maß an Verständnis entwickelt, dann denke ich, daß sich das auf einen großen Teil der muslimischen Welt auswirken wird, weil diese beiden Nationen so wichtig sind. Und es gibt Stellvertreterkriege, Halbstellvertreterkriege in einer Reihe von Ländern in der arabischen Welt und sogar außerhalb der arabischen Welt, die mit Saudi-Arabien und dem Iran verbunden sind – das könnte auch abnehmen. Und es könnte der Versuch unternommen werden, engere Verbindungen zwischen Ländern wie Saudi-Arabien und Syrien, Syrien und der Türkei, zwischen dem Libanon und Saudi-Arabien herzustellen.
Diese Dinge könnten passieren – wir wissen es nicht, aber es besteht die Möglichkeit. Es ist auch möglich, daß diese von China herbeigeführte Annäherung letztendlich zu einem besseren Verständnis der Beziehungen zwischen Israel und der arabischen Welt, insbesondere den Palästinensern, in der gesamten Region führen könnte. Das kann passieren – wir wissen es nicht; es gibt diese Möglichkeiten. In der jüngeren Geschichte gab es in Westasien und Nordafrika keinen hoffnungsvolleren Moment, was die Schaffung einer Atmosphäre des Verständnisses und der Freundschaft zwischen den verschiedenen Nationen angeht.
Aber es geht nicht nur um China. Ich denke, wir müssen uns ansehen, was mit einer weiteren Großmacht passiert ist: Rußland. Wie China ist auch Rußland zu einem wichtigen Akteur in dieser Region geworden. In der Tat hat Rußland eine viel längere Beziehung zu dieser Region als China. Vergessen Sie nicht die Rolle, die Rußland – damals noch die Sowjetunion – beim Bau des Assuan-Staudamms in Ägypten gespielt hat, einem der größten Entwicklungsprojekte der Welt, das seit Jahrzehnten Millionen und Abermillionen von Menschen zugute gekommen ist.
Und Rußland, das an den technischen Aspekten dieses Projekts beteiligt war, unterhält seit langem gute Beziehungen zu Syrien. Hafez Assad, der Vater von Bashar Assad, stand der Sowjetunion sehr nahe. Und wie wir wissen, war die Regierung von Bashar Assad in jüngster Zeit, als die syrische Regierung unter enormen Druck geriet, weil es zu einem Regimewechselversuch kam und alle möglichen Kräfte – Dschihadisten, Rebellen – beteiligt waren und Washington, Großbritannien, die Türkei und andere all diese Gruppen unterstützten, auf die Hilfe Rußlands angewiesen, um ihre Positionen zu stabilisieren, und die Russen spielten ab 2015 eine große Rolle. Rußland war also auch Teil dieser Region und hat in der Politik Westasiens und Nordafrikas zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Für uns, die wir uns mit der Politik in dieser Region befassen, ist von Bedeutung, daß sich diese beiden Großmächte, China und Rußland, in ihrem Umgang mit den Ländern dieser Region in zweierlei Hinsicht von den Vereinigten Staaten von Amerika unterscheiden. Sie unterscheiden sich in dem Sinne, daß sie nicht versuchen, die Region zu dominieren.
Wenn Sie sich zum Beispiel das jüngste Abkommen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran ansehen, so beruhte der Friedensplan auf einer Übereinkunft zwischen zwei Führern in der Region, dem saudischen Führer, König Abdullah, und Rafsandschani, dem iranischen Führer, die damals – vor einigen Jahren – eine Übereinkunft getroffen und ein Friedensabkommen ausgearbeitet hatten. Und China hat dieses Friedensabkommen wiederbelebt. Sie haben Saudi-Arabien und dem Iran nicht ihren Willen aufgezwungen: Sie haben die Vereinbarung wiederbelebt, und diese Vereinbarung wurde zur Grundlage des Abkommens, das wir jetzt erleben.
Sie sehen also den unterschiedlichen Ansatz: Es geht nicht darum, seinen Willen aufzuzwingen, sondern darum, die Menschen selbst entscheiden zu lassen, und den Prozeß zu erleichtern. Genau das haben die Chinesen getan.
Und nun zum Fall Rußland: Abgesehen von seiner Beteiligung an den Entwicklungsprojekten sowohl in Ägypten als auch in Syrien wissen wir, daß Rußland, als Syrien bedroht war, die Regierung unter enormen Druck geriet, sein militärisches Engagement verstärkte – es stimmt, es schickte Truppen und Kampfjets und alles andere. Aber in dem Moment, in dem die Regierung ihre Position stabilisieren konnte, haben sie ihre Truppenstationierung und ihr militärisches Engagement reduziert, was wiederum eine gewisse Sensibilität für die Integrität, die territoriale Souveränität Syriens zeigt. Und das ist etwas, was wir meiner Meinung nach im Auge behalten müssen. Im Umgang mit anderen Nationalstaaten ist es so wichtig, deren Souveränität, die Souveränität der anderen Parteien, der anderen Staaten zu wahren. Und sowohl China als auch Rußland scheinen dafür empfänglich zu sein.
Und das ist meiner Meinung nach ein sehr wichtiger Grundsatz in den internationalen Beziehungen: Souveränität anerkennen, Souveränität schützen, mit Staaten umgehen, ihnen helfen, wenn Hilfe benötigt wird, aber ihre Souveränität anerkennen und wahren. Und gleichzeitig, wenn man sich anschaut, was sie getan haben, im Falle Chinas, Friedenspläne, und im Falle Rußlands, Unterstützung einer anderen Art, militärische Unterstützung, aber beide unter Berücksichtigung des Willens der Bevölkerung. Und das ist meiner Meinung nach von entscheidender Bedeutung.
Ich hoffe, daß Rußland und China, wenn sie weiterhin so mit den Ländern in der Region umgehen, einen wichtigen Beitrag zu dieser Region leisten können. Vergessen Sie nicht, daß diese Region lange Zeit das Zentrum der Konflikte in der Welt gewesen ist.
Dies könnte einen enormen Wandel, eine Transformation, bewirken, bei der sich alle Länder dieser Region auf die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Wandel konzentrieren können; sie können eine Atmosphäre schaffen, die sich von dem unterscheidet, was wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben. Und das ist es, was die Menschen brauchen. Das ist es, worauf die Menschen gewartet haben. Und deshalb halte ich es für so wichtig, daß diese Annäherung gelingt. Und es ist so wichtig, daß auch diese beiden Länder, China und Rußland, die Empfindlichkeiten der Region und der Menschen verstehen und so handeln, daß sie die unabhängige Integrität der Staaten in dieser Region und ihre eigene Entwicklung fördern. Und gleichzeitig würden sie zu einer neuen Weltordnung und einer anderen internationalen Atmosphäre beitragen.
Ich danke Ihnen vielmals.
Botschafter Chas Freeman (USA), ehemaliger Botschafter in Saudi-Arabien, ehemaliger stellvertretender Missionschef in China.
Chinas Diplomatie verdrängt den US-Militarismus in Nahost
Von Botschafter a.D. Chas Freeman
Chas Freeman, ehemaliger Botschafter der Vereinigten Staaten in Saudi-Arabien und ehemaliger Geschäftsträger und stellvertretender Missionschef in der US-Botschaft in Peking, gab am 19. März 2023 gegenüber EIR die folgende Erklärung zu den historischen chinesischen Verhandlungen über ein Abkommen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran ab.
Nachdem Saudi-Arabien alle Alternativen ausgeschöpft hatte – darunter Maßnahmen für Regimewechsel, Sabotage, Stellvertreterkriege, Unterstützung der US-Politik des „maximalen Drucks“ auf den Iran und Ächtung sowohl des Irans als auch Katars -, verlegte es sich auf Diplomatie mit dem Iran. Die Vereinigten Staaten konnten ihm dabei nicht helfen, weil Washington im Gegensatz zu Peking in den internationalen Beziehungen statt auf Dialog und gegenseitiges Entgegenkommen ausschließlich auf Zwangsmaßnahmen setzt und keine Beziehungen zu Teheran unterhält. Bei Treffen unter irakischer und omanischer Schirmherrschaft begann Riad, mit Teheran nach Wegen der Annäherung, der Entspannung und der Beendigung des saudisch-iranischen Stellvertreterkriegs im Jemen zu suchen. Diese Gespräche brachten zwar einige Fortschritte, reichten aber nicht aus, um eine Einigung zu erzielen.
Peking hatte einige Jahre zuvor Grundsätze für die Konfliktlösung und ein kooperatives Sicherheitssystem am Persischen Golf vorgeschlagen. Außerdem hatte es ein ausgewogenes Verhältnis sowohl zu Riad als auch zu Teheran gepflegt. Damit war China die einzige Großmacht, die in der Lage war, zwischen den beiden Ländern zu vermitteln. Peking hatte den Nahen Osten lange Zeit als eine amerikanische Einflußsphäre betrachtet, in der es keine aktive politische Rolle spielen konnte. Die zunehmenden Bestrebungen der USA, sich aktiv gegen Chinas wirtschaftliche und technologische Entwicklung und gegen die Beilegung des andauernden chinesischen Bürgerkriegs zwischen Peking und Taipeh zu stellen, veranlaßten Peking jedoch, seine Achtung vor der amerikanischen Vormachtstellung in der Region nach und nach abzulegen und seine Zurückhaltung bei der Durchsetzung seines eigenen Einflusses in der Region aufzugeben.
China hat in diesem Fall bewiesen, daß sein neu gewonnener globaler Einfluß und seine diplomatischen Fähigkeiten der gewaltigen Herausforderung gewachsen waren, einen ernsthaften Friedensprozeß im Nahen Osten voranzutreiben. Der Kontrast zum jahrzehntelangen amerikanischen Versagen im israelisch-palästinensischen Konflikt ist frappierend. Dies hat das weltweite Ansehen der chinesischen Diplomatie so weit gesteigert, daß China nun bereit zu sein scheint, sich im noch schwierigeren Kontext des Ukraine-Krieges – einer Kombination aus einem Bürgerkrieg unter den Ukrainern, einem Krieg zwischen Kiew und Moskau, einem Stellvertreterkrieg zwischen den Vereinigten Staaten und der Russischen Föderation und einer Machtprobe um eine nicht konfrontative europäische Sicherheitsarchitektur – um Friedensstiftung zu bemühen.
China hat deutlich gemacht, daß es beabsichtigt, sich weiterhin für konkrete Vereinbarungen zur Umsetzung der Grundsätze einzusetzen, auf die es sich mit Riad und Teheran geeinigt hat. All dies markiert praktisch das Ende der amerikanischen Hegemonie im Nahen Osten und den Aufstieg des chinesischen Einflusses zu einem glaubwürdigen und konstruktiven Faktor in der Region. Es läge im Interesse der Vereinigten Staaten, Europas und anderer äußerer Mächte, China dabei zu unterstützen, die saudisch-iranischen Verhandlungen zu einem nachhaltigen Frieden am Persischen Golf zu führen.
Abdul Fatah Raufi: „Das kommende afghanische Wirtschaftswunder“
Prof. Cord Eberspächer (Deutschland), „Der unglaubliche Mangel an China-Kompetenz im Westen“
Prof. Cord Eberspächer
Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, an dieser Konferenz teilnehmen zu können, und noch mehr freue ich mich, etwas beitragen zu können. Ich werde über den erstaunlichen Mangel an China-Kompetenz im Westen sprechen.
Das Thema Chinakompetenz ist, nun ja, sehr wichtig und wird auch seit einigen Jahren intensiv diskutiert. Es ist in den letzten zehn Jahren ein ziemlich heißes Thema in Deutschland gewesen. Und ich möchte gerne mit Ihnen darüber diskutieren, was eigentlich passiert ist und wo wir stehen.
Als Denkanstoß auf diesem Weg habe ich gerade von einer Webseite der Vereinigten Staaten das kurze Bild mit der chinesischen Bedrohung kopiert, und behalten Sie das einfach im Hinterkopf und die Frage: Sind wir bereits in ein Zeitalter der neuen Gelben Gefahr eingetreten? Das ist sehr weit jenseits jeglicher China-Kompetenzen, aber im Grunde dominiert von westlichen Narrativen, die China auf eine bestimmte Art und Weise porträtieren. Der Wettbewerb mit China wird schon seit einigen Jahren als solcher betrachtet und diskutiert.
Ich habe Ihnen zwei Beispiele aus der deutschen Presse der letzten Jahre genannt, und es gab einen Grundkonsens in zwei Richtungen. Die eine ist, wie Sie auf der linken Seite sehen, wo sind die China-Kompetenzen? Und auf der anderen Seite, na ja, wir können nicht alles wissen. Wir sind uns also im Wesentlichen einig. Wir brauchen mehr. Eine Sache ist, daß wir wegen der Rolle Chinas mehr wissen müssen, ob es uns gefällt oder nicht. Wir brauchen Chinakompetenzen.
Die zweite Übereinstimmung ist, daß es einen Mangel gibt, es gibt einen Mangel, und zwar im gesamten Bildungssystem auf der Ebene der Schulen, auf der Ebene der Universitäten, aber auch in der Bürokratie, in den Kommunal-, Bundes- und Zentralregierungen, aber auch in vielen kompetenten Unternehmen.
Der Grundkonsens in Deutschland war also wenigstens seit 2015, wir müssen etwas tun und wir müssen schnell etwas tun. Das ist in mehreren Berichten immer wieder geäußert worden. Es steht in mehreren Handreichungen, Memoranden, die den Regierungen übergeben worden sind, die appelliert haben, tut etwas. Wir müssen das ändern.
Auf der anderen Seite, wenn man sich anschaut, wo wir stehen, wenn man sich zum Beispiel die Politik anschaut, wenn man sich zum Beispiel den deutschen Bundestag anschaut, dann gab es eine Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, einer der großen deutschen Zeitungen. Einer der Journalisten dieser Zeitung hat eine Umfrage unter den deutschen Parlamentariern gemacht, wer dort eigentlich Chinesisch spricht. Und das Ergebnis war, daß von weit über 700 Parlamentariern im Grunde genommen nur eineinhalb tatsächlich Chinesisch sprechen konnten. Der Halbe war ein Mitglied der Freien Demokraten, das tatsächlich einige Grundkurse in Chinesisch absolviert hatte. Und das einzige Mitglied des. Parlament, das Sie hier auf diesem Bild sehen, war Alice Vital vom rechten Flügel der AfD, der Alternative für Deutschland. Sie ist die einzige, die Chinesisch wirklich beherrscht.
Und die Frage ist, was sagt uns das über die China-Kompetenz der deutschen Eliten, der deutschen Regierungen und der deutschen Entscheidungsträger in Deutschland? Denn wie wir gleich sehen werden, ist das Problem nicht nur, ob sie selbst über China-Kompetenz verfügen, sondern ob sie China-Experten fragen müssen. Sind sie tatsächlich in der Lage, zu bewerten, was ihnen gesagt wird, was sie in den Zeitungen lesen? Das ist eine Frage, die noch beantwortet werden muß.
Also zurück zu den Wurzeln der ganzen Frage: Was ist China-Kompetenz? Kanalkompetenz kann auf viele Arten definiert werden, und es hängt manchmal davon ab, wen man fragt, welche Antwort man erhält.
Eine Möglichkeit ist, daß es sich um die Fähigkeiten handelt, die notwendig sind, um ein realistisches und differenziertes Bild von China zu bekommen. Na, wunderbar. Oder, wie das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung sagt, es sind Sprachkenntnisse, interkulturelle Kompetenzen, Verständnis für rechtliche Rahmenbedingungen, sowie über politische, wirtschaftliche, kulturelle und historische Hintergründe.
Was es kaum unter den modernen Köpfen gibt und meiner Meinung nach gründlich fehlt, ist, was in einer Quelle aus den 1960er Jahren betont wurde: es ist die Fähigkeit, sich selbst in die Augen des anderen zu sehen. Das ist zum Beispiel eine Sache, von der ich glaube, daß sie in unserem Umgang mit China in der heutigen Zeit tatsächlich grundlegend fehlt. Wir wollen und können uns wahrscheinlich nicht mit chinesischen Augen sehen.
Und hier noch ein paar Denkanstöße. Was sind die winzigen Kompetenzen, die Sie an einer Hand haben? Natürlich, die China-Experten. Wer ist eigentlich ein China-Experte? Das sind die Leute, die viel über China gelesen haben. Ah, gut! Denn im Moment hat man den Eindruck, daß es ein Meer von Leuten gibt, die China-Experten sind und die im Grunde genommen den Politikern etwas sagen können.
Die Frage ist, welche Kompetenzen haben sie oder wie voreingenommen sind ihre Ansichten? Sind unsere Politiker manchmal in einer Echokammer gefangen, in der sie im Grunde genau die Leute einladen, die ihnen sagen, was sie hören wollen und was bereits in ihren Köpfen existiert? Aus welchen Quellen bezieht man sein Wissen, wenn man kein Chinesisch kann?
Bekommt man sein Chinesisch aus dem Wissen über China, aus den Zeitungen? In diesem Fall muss man sich also auf die Journalisten verlassen. Sind sie kompetent? Sind sie in China kompetent – oder sind sie eher voreingenommen oder kopieren sie im Grunde andere?
Was ist mit den Erfahrungen, die China in den drei Jahren der Corona-Pandemie gemacht hat? Im Grunde genommen war niemand oder nur sehr wenige Leute in China. Wieviel echte China-Erfahrung haben sie also? Wieviel China-Erfahrung, wenn es darum geht, mit tatsächlich lebenden Chinesen zu verkehren, Erfahrungen zu sammeln? Denn manchmal hat man den Eindruck, daß wir es eher mit Bildern zu tun haben, als mit lebenden. Menschlichen Wesen.
Und schließlich, was immer im Hintergrund lauert, ist die Rolle der Sprache. Und hier sind wir in einer sehr schlechten Situation. Einige andere europäische Länder, wie Frankreich oder Italien, sind viel aktiver, wenn es darum geht, jungen Menschen Chinesisch beizubringen, während Deutschland in diesem Fall ziemlich weit zurückliegt. Und in diesem Fall scheinen wir manchmal sogar hinter die Positionen zurückzufallen, die wir in der Diplomatie schon hatten. Wenn wir uns den jüngsten Besuch des französischen. Präsident Macron und Ursula von der Leyen, der Repräsentantin der. Europäischen Union, in China betrachten, müssen wir uns fragen, ist das nur China-Kompetenz oder ist das grundsätzlich Kompetenz in internationalen Beziehungen? Wenn Sie zum Beispiel – wie im Fall von Ursula von der Leyen – unmittelbar vor Ihrem eigentlichen Besuch eine öffentliche Rede halten, in der Sie Ihren Gastgeber grundsätzlich beleidigen? Ihren Gastgeber, den Sie gleich sehen werden? Und dann erwarten Sie, daß er tatsächlich mit Ihnen verhandeln wird?
Ich glaube, das ist ein Grundgedanke. Man muss nur im Grunde genommen einen gesunden Menschenverstand haben und nicht einmal China-Kenntnisse. Zusammenfassend bin ich grundsätzlich der Meinung, dass unsere politischen Führer und wahrscheinlich auch die Experten, die ihnen davon erzählen, mehr China-Kompetenz bräuchten, um wirklich zu verstehen, wieviel wir über China wissen müssen. Ich danke Ihnen sehr.
Graham Fuller (USA), ehemaliger US-Diplomat, ehemaliger Vizevorsitzender des Nationalen Geheimdienstrates der CIA, “China überwindet die ”Bewaffnung“ der US-Diplomatie durch Entwicklung“.
Shakeel Ahmad Ramay (Pakistan), Geschäftsführer des Asian Institute of Eco-Civilization Research and Development, „Ein Beitrag zur Diskussion von Prinzipien“.
Ein Beitrag zur Diskussion von Prinzipien
Von Shakeel Ahmad Ramay
Shakeel Ramay ist Geschäftsführer des Asian Institute of Eco-Civilization Research and Development in Pakistan. (Übersetzung aus dem Englischen.)
(Begrüßung auf Arabisch). Zunächst möchte ich dem Schiller-Institut, insbesondere Frau Helga LaRouche, für die Einladung zu dieser wichtigen Veranstaltung danken. Ich denke, Madame LaRouche hat bereits viele Prinzipien dargelegt, die berühmten Zehn Prinzipien, in denen sie treffend beschrieben hat, was diese Welt braucht und wie das neue System aufgebaut sein sollte.
Aber ich möchte hier noch ein weiteres Prinzip hinzufügen: das Prinzip der Harmonie. Das Prinzip der Harmonie bedeutet, daß wir Harmonie zwischen den Menschen schaffen müssen, und wir müssen Harmonie zwischen den Menschen und der Natur schaffen. Das sind die beiden Dinge, die wir in der heutigen Zeit brauchen.
Dieses Prinzip der Harmonie sollte von zwei grundlegenden Änderungen begleitet oder unterstützt werden.
Beginnen wir mit der Wirtschaft. Sie ist wichtig, weil sie die Harmonie zwischen den Menschen bestimmt, die zwischenmenschliche Harmonie.
Vor allem müssen wir die Sicherheit von der Wirtschaft trennen. Was im Moment auf der ganzen Welt passiert, ist, daß wir Wirtschaft und Sicherheit vermischen, und das bedeutet, daß wir dem Militär und den Sicherheitsbehörden eine Rechtfertigung für ihre Einmischung geben. Das Militär und die entsprechenden Behörden mischen sich jetzt ein. So ist die Agenda für menschliche Entwicklung in den Hintergrund getreten, und das Problem der Sicherheit hat die Oberhand gewonnen. Deshalb sage ich, wir müssen die Wirtschaft von der Sicherheit trennen.
Warum sage ich „Wirtschaft und Sicherheit trennen“? Weil das eine Idee und eine Politik ist, die vom Militärisch-industriellen Komplex herkommt. Wenn man Wirtschaft und Sicherheit vermischt, dann schafft man eine Rechtfertigung für Einmischung, und wir können sehen, was deshalb in der ganzen Welt passiert.
Das Buch Economic Hit-Man beschreibt genau, wie diese Kreise arbeiten, und das Ergebnis ist das, was wir heute erleben. Wir haben es nicht mit wirtschaftlichem Wettbewerb zu tun, sondern mit wirtschaftlichem Konflikt. Wenn Länder sagen: „Meine wirtschaftliche Sicherheit ist in Ordnung“, dann bedeutet das, daß sie den anderen angreifen. Sie reden von Sicherheit ihrer Wirtschaft, aber sie benutzen diesen Begriff der wirtschaftlichen Sicherheit, um andere Länder anzugreifen und sie zu beherrschen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sie Finanzinstitutionen geschaffen, um Länder zu kolonisieren. Wir haben gesehen, wie die westlichen Institutionen die Welt in eine Schuldenfalle gelockt haben. Viele Entwicklungsländer und arme Länder sind aufgrund dieser Schuldenfalle mit harten Bedingungen konfrontiert. Das sehen wir in Afrika, in Asien und in Lateinamerika.
Die eine Seite sind also die Finanzinstrumente, aber wenn sie damit nicht das gewünschte Ergebnis erzielen können, insbesondere was die Ressourcen der Länder angeht, dann verlegen sie sich auf die militärische Lösung. Und warum? Sie haben bereits die Wirtschaft mit dem Begriff der „Sicherheit“ belegt! Wenn man die Wirtschaft mit dem Begriff „Sicherheit“ beschreibt, dann kann man jede beliebige Maßnahme ergreifen. Und sie haben ihrer Bevölkerung Angst gemacht: „Wenn wir diese Ressourcen nicht erobern, dann bedeutet das, daß euer Lebensstandard weg ist.“ Auf diese Weise haben sie eine Euphorie geschaffen, in der sie versuchen, den Begriff der „wirtschaftlichen Sicherheit“ einzuführen, um die Ressourcen der armen Länder zu erobern. Und genau das tun sie.
Schauen Sie sich Syrien an, was passiert dort? Und schauen Sie sich Libyen an, was ist dort passiert? Irak – man kann so viele Beispiele nennen. Man kann das Beispiel von Afghanistan anführen; es gibt viele Beispiele aus der ganzen Welt.
Deshalb sage ich, daß wir eine Harmonie zwischen den Menschen schaffen müssen; wir müssen Wirtschaft und Sicherheit trennen. Das wird den Ländern helfen, an der Entwicklung der Menschen zu arbeiten und wirtschaftliche Ziele für die Entwicklung der Menschen zu nutzen. Es wird helfen, die Herausforderungen in den Bereichen Armut, Gesundheit, Bildung und anderen anzugehen.
Ausgewogene Klimapolitik
Und zweitens denke ich, daß wir ein Gleichgewicht zwischen den Ambitionen zur Bekämpfung des Klimawandels und den Lebensbedürfnissen der Menschen finden müssen. Warum sage ich das? Weil wir auf der einen Seite sehen, daß einige Länder sehr danach streben, Zugang zu Elektrizität zu erhalten. Wenn Sie sich zum Beispiel afrikanische Länder ansehen, wie hoch ist ihr Pro-Kopf-Verbrauch an Strom? In Niger, Tschad und einer Reihe anderer Länder liegt der Pro-Kopf-Verbrauch vielleicht im zweistelligen Bereich, aber auf der anderen Seite liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Strom in Island bei über 50.000 [kWh] pro Kopf. In den USA waren es früher 12.000, jetzt sind es mehr als 20.000. Ihr Pro-Kopf-Verbrauch liegt also weit vorne, und sie sind kein armes Land. Die armen Länder brauchen mehr Strom und Energie, um ihren Traum von Entwicklung zu verwirklichen. Dafür brauchen sie etwas Spielraum.
Und hier kommt die Ausgewogenheit der Politik ins Spiel. Warum sage ich das? Ausgewogenheit bedeutet: Auf der einen Seite wird der Pro-Kopf-Verbrauch zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards genutzt, zum Beispiel in Norwegen, in den USA, in Deutschland und anderen Ländern. Sie müssen ihren Pro-Kopf-Verbrauch senken, um ihn unter Kontrolle zu bringen – nur so viel, wie nötig ist. Dieser Bedarf sollte gedeckt werden, und zwar aus sauberen Quellen.
Und zum anderen, wenn die Entwicklungsländer, die armen Länder, davon sprechen, daß sie etwas Freiraum brauchen, dann sollten sie ermutigt werden, in Wasserkraft zu investieren; sie sollten ermutigt werden, in Kernenergie zu investieren. Und sie sollten bei diesen Aktivitäten unterstützt werden, denn das ist dringend notwendig. Aus diesem Grund sagte Präsident Xi Jinping einmal im Zusammenhang mit dem Klimawandel, man müsse ein Gleichgewicht zwischen den ehrgeizigen Zielen der Kohlenstoffemissionen und den Lebensbedürfnissen der Menschen schaffen. Weil er davon überzeugt ist.
Wenn man etwas tun will, braucht man die Unterstützung der Gesellschaft. Wer sich nicht um die Lebensbedürfnisse der Menschen kümmert, der wird die Unterstützung der Gesellschaft nicht bekommen. Ohne die Unterstützung der Gesellschaft kann man keine erfolgreiche Politik machen. Deshalb sage ich, daß wir ein Gleichgewicht schaffen müssen.
Ich denke, wenn wir ein neues Sicherheitssystem und eine neue Entwicklung anstreben, dann wird uns vielleicht dieses Prinzip der Harmonie, unterstützt durch diese beiden Maßnahmen – die Trennung von Wirtschaft und Sicherheit und das Ausbalancieren des Klimaschutzes – dabei helfen, dies zu erreichen. Ich danke Ihnen vielmals.
Diskussion
Konzert: 22:00 Uhr (MESZ)
Im Anschluß an die Konferenz findet ein Konzert mit dem New Yorker Chor des Schiller-Instituts statt: „Laßt uns Frieden schaffen: Händels Messias“ – Online St. Paul & St. Andrew. Zur Ticketbestellung (ab 5$)
Etwas mehr als ein Jahr, nachdem der Krieg in der Ukraine, der in Wirklichkeit bereits 2014 begonnen hatte, mit der russischen Militäroperation eskaliert ist, wird deutlich, daß es in Wirklichkeit nicht um die Ukraine geht. Es handelt sich um einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA, Großbritannien und der NATO auf der einen Seite und Rußland auf der anderen Seite – wobei sich auch ein Konflikt mit China abzeichnet. Das eigentliche Problem ist, daß die Nationen des globalen Südens versuchen, die koloniale Ordnung abzuschütteln, dieses Mal endgültig, und sie sind jetzt die globale Mehrheit.
Von Anfang an hat das Schiller-Institut in einer Reihe von Konferenzen, beginnend am 9. April 2022, darauf hingewiesen, daß die einzige Lösung für diese Krise in der Schaffung einer neuen globalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur besteht, die die Sicherheitsinteressen jedes einzelnen Landes auf dem Planeten berücksichtigt. Diese Ansicht wird von immer mehr Kräften in der Welt geteilt. Jüngstes Beispiel dafür ist der chinesische 12-Punkte-Vorschlag für den Frieden in der Ukraine.
Vor fünf Monaten, am 7. Oktober 2022 hat das Schiller-Institut die aktuelle Runde der internationalen Konferenzen der „Politischen und gesellschaftlichen Führer der Welt“ gestartet: „Stoppt die Atomkriegsgefahr jetzt!“. Seitdem hat sich die Welt dramatisch verändert. Es ist eine „tektonische Verschiebung“ in der Weltpolitik im Gange, bei der sich die Nationen des globalen Südens gegen die unipolare Weltordnung der Kriege und der tödlichen finanziellen Ausplünderung durch die Finanzinteressen der Wall Street und der Londoner City erheben.
Der Schwerpunkt der Weltentwicklung hat sich nun auf diese globale Mehrheit verlagert. Im Gegensatz zur Propaganda in den westlichen Massenmedien sind nicht Rußland und China isoliert. Es ist die Politik des Westens, die von der Mehrheit der Weltbevölkerung nicht mehr akzeptiert wird. Chinas 12-Punkte-Friedensvorschlag für die Ukraine wird derzeit breit diskutiert. Er deckt sich mit dem Angebot des Papstes, den Vatikan als Verhandlungsort ohne Vorbedingungen zu nutzen, mit dem Vorschlag des brasilianischen Präsidenten Lula, einen „Friedensclub“ aus einer Reihe von Nationen des Südens zu gründen, um eine Verhandlungslösung für den Krieg zu finden, und mit zahlreichen anderen Vorschlägen auf internationaler Ebene.
Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, hat den chinesischen Vorschlag begrüßt und ihre eigene Ausarbeitung von zehn Prinzipien, die einer neuen internationalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur zugrunde liegen sollten, als Diskussionspapier in diese Richtung angeboten.
Die Tatsache, daß die globalen NATO-Staaten, angeführt von Großbritannien und den Vereinigten Staaten, Chinas Friedensvorschlag von vornherein ablehnten, fast bevor sie ihn zu Ende gelesen hatten, macht deutlich, daß ihre eigentliche Politik, wie sie selbst öffentlich erklärt haben, darin besteht, Rußland und China zu zerstückeln und einzudämmen – bis hin zu einem nuklearen Showdown mit diesen Atommächten.
Jedem Land, das sich dieser unipolaren Politik widersetzt, droht nun die „Nord Stream“-Behandlung. Die Vertuschung der Verantwortung in diesem Fall bedeutet, daß tatsächliche militärische Angriffe auf die zivile Infrastruktur nun überall auf der Welt Freiwild sind.
Treibende Kraft der gesamten Kriegsgefahr ist die systemische Zusammenbruchskrise des transatlantischen Systems mit seinen zwei Billionen Dollar an unbezahlbaren Finanzanlagen. Die von der US-Notenbank durchgesetzte Politik der drastischen Zinserhöhungen bedeutet den drohenden Bankrott und den wirtschaftlichen und sozialen Zerfall der Nationen des Südens.
Deshalb sind der Kampf gegen die Gefahr eines Atomkrieges und der Kampf für die endgültige Beendigung des Kolonialismus ein und derselbe Kampf. Sie werden zusammen gewonnen oder zusammen verloren werden. Und wenn die Westmächte ihren derzeitigen Kurs fortsetzen, wird ein Atomkrieg immer wahrscheinlicher. Wenn wir uns nicht ändern, werden wir ernten, was wir gesät haben, und wir werden wahrscheinlich nicht einmal mehr da sein, um unseren Kindern und Enkeln die traurige Geschichte zu erzählen.
Heute ist überdeutlich, daß die Sicherheit Rußlands und der Ukraine untrennbar miteinander verbunden sind. Nur Rußland kann die Sicherheit der Ukraine garantieren, und die Ukraine kann dazu beitragen, die Sicherheit Rußlands zu garantieren, indem sie unter anderem ihre Neutralität als Teil einer Verhandlungslösung des Konflikts festlegt.
Am 17. November 2022 veröffentlichten die Organisatoren der „Stoppt die Atomkriegsgefahr jetzt!“-Konferenzen eine Erklärung und einen Aufruf zum Handeln, den wir an dieser Stelle noch einmal bekräftigen:
„Wir erkennen an und betonen, daß Rußland ebenso wie die Vereinigten Staaten, die NATO, die Ukraine und alle anderen Länder legitime Sicherheitsinteressen hat, die berücksichtigt und zu einem der Eckpfeiler der neuen Sicherheitsarchitektur gemacht werden müssen. Eine Rückkehr zu den erfolgreichen Grundsätzen des Westfälischen Friedens von 1648 – Achtung der Souveränität, Engagement für das Wohl des anderen und Erlaß von Schulden, die eine echte wirtschaftliche Entwicklung unmöglich machen – ist die Art von Architektur, die wir heute suchen.
Das Gemeinwohl der einen Menschheit ist die zwingende Voraussetzung für das Wohl jeder einzelnen Nation. Auf diese Weise werden wir in der Lage sein, unter allen Nationen der Welt eine Organisation von Bürgern in kollektiver globaler Aktion aufzubauen und uns auf diese Weise als eine Kraft zu etablieren, die die internationale politische Debatte beeinflußt.
Wir rufen alle Menschen guten Willens auf der ganzen Welt auf, sich – ungeachtet unserer vielfältigen und natürlichen Unterschiede – an diesem Prozeß der Beratung und der Suche nach friedlichen Lösungen zu beteiligen, einschließlich einer gründlichen Prüfung alternativer Wirtschaftspolitiken, um die Spekulation, die so viel Armut und Leid verursacht hat, durch ein System der Produktion und des Fortschritts zu ersetzen, das den Bedürfnissen einer wachsenden Weltbevölkerung gerecht wird.“
Die Welt braucht dringend eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, die die Interessen jedes einzelnen Landes auf dem Planeten vertritt. Helga Zepp-LaRouche hat zehn Prinzipien als Grundlage für eine solche Architektur vorgeschlagen. Die drei Initiativen von Präsident Xi Jinping – die Globale Sicherheitsinitiative (GSI), die Globale Entwicklungsinitiative (GDI) und die Globale Zivilisationsinitiative (GCI) – kommen diesem Konzept sehr nahe.