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Helga Zepp-LaRouche

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Helga Zepp-LaRouche – Afghanistan am Scheideweg: „Totenacker für Imperien“ oder Beginn einer neuen Ära?

Von Helga Zepp-LaRouche

Nach dem überstürzten Abzug der US- und NATO-Truppen aus Afghanistan – die US-Truppen wurden bis auf wenige Sicherheitskräfte bei Nacht im Dunkeln ausgeflogen, ohne die afghanischen Verbündeten zu informieren -, ist dieses Land für eine wahrscheinlich nur kurze Phase die Schaubühne der Weltgeschichte. Die Nachrichten überstürzen sich: Einerseits machen die Taliban rasche territoriale Gewinne im Norden und Nordosten des Landes, was bereits zu erheblichen Spannungen und Sorgen in Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan geführt hat, ebenso wie sie die Grenzstadt Islam Qala im Westen eingenommen haben, durch die der signifikante Handel mit dem Iran fließt. Andererseits überschlagen sich die diplomatischen Aktivitäten seitens aller Staaten, deren Sicherheitsinteressen durch die Ereignisse in Afghanistan berührt werden: Iran, Pakistan, Indien, Rußland, China, um nur die wichtigsten zu nennen.

Kann eine innerafghanische Lösung gefunden werden, kann ein Bürgerkrieg zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban verhindert werden, können Terrorgruppen wie der IS, der sich wieder im Norden einzunisten beginnt, und Al-Kaida aufgelöst werden? Oder geht der Krieg zwischen den afghanischen Gruppierungen weiter, und damit die Zunahme des Opiumanbaus und -exports sowie der weltweiten Bedrohung durch den islamischen Terrorismus? Versinkt Afghanistan ein weiteres Mal in Gewalt und Chaos und wird damit zur Bedrohung selbst für Rußland und China, aber eben auch für die USA und Europa?

Wenn es auf diese Fragen eine positive Antwort geben soll, dann ist es zunächst entscheidend, daß sich die Verantwortlichen in den USA und Europa schonungslos mit der Frage konfrontieren, wie es zu diesem katastrophalen Scheitern des Afghanistankrieges kommen konnte, bei dem mit den USA die stärkste Militärmacht der Welt und 50 Nationen insgesamt 20 Jahre lang eingesetzt waren. Mehr als 3000 Soldaten auf der Seite des Westens verloren ihr Leben, darunter 59 Bundeswehrsoldaten, und insgesamt 180.000 Menschen, darunter 43.000 Zivilisten; die Kosten für die USA belaufen sich auf über zwei Billionen Dollar, für die Bundesrepublik auf 47 Milliarden Euro. 20 Jahre Schrecklichkeit, in denen kriegsüblich alle Seiten in Greueltaten verwickelt wurden, die damit auch ihr eigenes Leben zerstörten. Soldaten, die mit Posttraumatischen Belastungsstörungen nach Hause kamen und seitdem mit dem Leben nicht mehr klarkamen. Eine afghanische Zivilbevölkerung, die nach zehn Jahren Krieg mit den Sowjets in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts und einer kleinen Pause weitere 20 Jahre Krieg mit einer kaum vorstellbaren Serie von Qualen zu erleiden hatte.

Es war von Anfang an klar, daß dieser Krieg nicht gewonnen werden konnte. Die Ausrufung des Bündnisfalls nach Artikel 5 des NATO-Vertrags nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ging von der These aus, daß Bin Laden und das Taliban-Regime hinter den Attentaten steckten und deshalb der Krieg in Afghanistan gerechtfertigt sei. Aber wie der ehemalige Senator und Gouverneur Floridas, Bob Graham, Vorsitzender der Untersuchungskommission zum 11. September auf der Senatsseite, wiederholt betonte: Die US-Präsidenten Bush und Obama haben die Wahrheit über die Auftraggeber des 11. September unterdrückt, und erst dadurch wurde die damalige Bedrohung für die Welt durch ISIS möglich. Graham sagte 2014 bei einer Veranstaltung in Florida:

„Es bleiben immer noch einige nie erzählte Teile der Wahrheit, unbeantwortete Fragen über den 11. September. Die vielleicht grundsätzlichste Frage ist: Wurde die Tat vom 11. September von 19 Einzelpersonen ausgeführt, die isoliert agierten, die über einen Zeitraum von 20 Monaten in der Lage waren, die groben Umrisse eines Planes, den Osama Bin Laden entworfen hatte, zu einem Aktionsplan mit allen Einzelheiten auszuarbeiten, dann diesen Plan einzustudieren und am Ende eine hochkomplexe Kombination von Aufgaben auszuführen? … Die beiden Vorsitzenden der [zweiten] Kommission zum 11. September, Tom Kean und Lee Hamilton, haben gesagt, es sei sehr unwahrscheinlich, daß diese 19 Menschen tun konnten, was sie taten, wenn sie nicht in der Zeit, während der sie in den Vereinigten Staaten lebten, Hilfe von außen gehabt hätten. Ich bin völlig ihrer Ansicht… Woher kam diese Unterstützung?“

Diese Frage ist bis heute nicht in befriedigender Weise beantwortet. Die Verabschiedung des JASTA-Gesetzes in den USA und die Veröffentlichung der lange geheimgehaltenen 28 Seiten des Berichtes der 9/11-Kommission sowie der Prozeß, den die Familien der Opfer der Anschläge gegen die saudische Regierung angestrengt haben, hätten eigentlich genügend Hinweise auf die finanziellen Unterstützer der Anschläge geliefert. Aber die Untersuchung aller dieser Spuren wurde mit bürokratischen Mitteln verschleppt.

An die Ungereimtheiten um den 11. September sei hier nur erinnert, um darauf hinzuweisen, daß die ganze Definition, wer eigentlich der Gegner in diesem Krieg war, von Anfang an falsch war. Wir haben in einem von der BüSo 2010 veröffentlichten Weißbuch zu Afghanistan darauf hingewiesen, daß ein Krieg, bei dem das Ziel falsch definiert ist, kaum gewonnen werden kann, und haben schon damals den sofortigen Abzug der Bundeswehr gefordert.

Spätestens nachdem die Washington Post 2018 unter dem Titel „At War with the Truth“ („Im Krieg mit der Wahrheit“) die 2000 Seiten umfassenden „Afghanistan Papers“ veröffentlicht hatte, hätte dieser Krieg beendet werden müssen. Damit war aufgedeckt, daß dieser Krieg von Anfang an ein absolutes Desaster war und alle Erklärungen amerikanischer Militärs über die angeblich erzielten Fortschritte wissentlich gelogen waren. Der Enthüllungsjournalist Craig Whitlock, der das Ergebnis seiner dreijährigen Recherche – einschließlich der Nutzung von mit Hilfe des Freedom of Information Act (FOIA) freigekämpften Dokumenten und Aussagen von 400 Insidern – an die Öffentlichkeit brachte, demonstrierte die absolute Inkompetenz, mit der dieser Krieg geführt worden war.

Absolut umwerfend ist auch die Aussage des Drei-Sterne-Generals Douglas Lutte, der unter den Regierungen Bush und Obama der Afghanistan-Zar gewesen war, in einer internen Anhörung: „Wir waren ohne jegliches fundamentales Verständnis über Afghanistan, wir hatten keine Ahnung, womit wir es zu tun hatten. Was wollten wir dort erreichen? Wir hatten nicht den leisesten Schimmer, was wir da vorhatten… Wenn die amerikanische Bevölkerung das Ausmaß dieses Versagens erführe – wer wird sagen, daß das alles vergebens war?“

Nach der Veröffentlichung dieser Dokumente passierte im wesentlichen nichts. Der Krieg ging weiter, bis Präsident Trump einen vergeblichen Versuch machte, die Truppen heim zu holen, der vom US-Militär weitgehend unterlaufen wurde, und erst jetzt, nachdem die Priorität sich auf den Indo-Pazifik und den Versuch der Eindämmung Chinas und Einkreisung Rußlands verlagert hat, wurde dieser absolut sinnlose Krieg beendet, zumindest was die Beteiligung fremder Streitkräfte betrifft.

Der 11. September hat der Welt nicht nur den Afghanistankrieg gebracht, sondern auch nur Wochen später den Patriot Act und damit den Vorwand für den Überwachungsstaat, über den Edward Snowden die Welt aufgeklärt hat. Damit wurde ein signifikanter Teil der Bürgerrechte zurückgenommen, die zu den besonderen Errungenschaften der amerikanischen Revolution und Verfassung gehören, und der Charakter der USA als Republik unterhöhlt. Gleichzeitig wurden die Prinzipien der friedlichen Koexistenz, die zur Essenz des Völkerrechts und der UN-Charta gehören, durch eine immer stärkere Betonung der „regelbasierten Ordnung“ ersetzt, die nunmehr die Interessen des transatlantischen Establishments ausdrückt und der Erhaltung seiner Privilegien dient.

Den Ton für diese Absage an die Prinzipien des Westfälischen Friedens und des Völkerrechts hatte schon zwei Jahre zuvor Tony Blair in seiner berüchtigten Chicagoer Rede gesetzt, die die theoretische Rechtfertigung für die endlosen Interventionskriege unter dem Vorwand der „Schutzverantwortung“ („R2P“) lieferten; eine Art neuer Kreuzzüge, bei denen die „westlichen Werte“ wie „Demokratie“ und „Menschenrechte“ mit dem Schwert bzw. mit Drohnen und Bomben an Kulturen und Nationen vermittelt werden sollten, die aus völlig anderen zivilisatorischen Traditionen kommen.

Das desaströse Scheitern des Afghanistankrieges – nach dem Scheitern der Kriege davor, des Vietnamkrieges, des Irakkrieges, des Libyenkrieges, des Syrienkrieges, des Jemenkrieges – muß deshalb der absolut dringende Wendepunkt sein, um über den gesamten Richtungswechsel der letzten 20 Jahre zu reflektieren.

Spätestens seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie – ein Ausbruch, der absolut vorhersehbar war und den Lyndon LaRouche bereits 1973 prinzipiell prognostiziert hatte – hätte eine grundsätzliche Debatte beginnen müssen, was bei dem liberalen westlichen Modell auf einer fehlerhaften Axiomatik basiert. Die Privatisierung des Gesundheitswesens hat den Investoren sicherlich lukrative Gewinne gebracht, aber der volkswirtschaftliche Schaden und die Anzahl der Toten und langfristig gesundheitlich Geschädigten haben den dünnen Schleier über den Schwachpunkten dieses Systems weggerissen.

Die strategischen Turbulenzen, die durch den Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan ausgelöst worden sind, wären eine hervorragende Gelegenheit für eine Neubewertung der Lage, eine Korrektur der politischen Ausrichtung und eine neue, lösungsorientierte Politik.

Die lange Tradition geopolitischer Manipulation dieser Region, in der Afghanistan gewissermaßen die Schnittstelle darstellt, vom „Great Game“ des Britischen Empire bis zum „Krisenbogen“ von Bernhard Lewis und Zbigniew Brzezinski, muß ein für allemal ad acta gelegt werden. Statt dessen müssen alle Nachbarn der Region – Rußland, China, Indien, Iran, Pakistan, Saudi-Arabien, die Golfstaaten und die Türkei – eingebunden werden in eine wirtschaftliche Entwicklungsstrategie, die ein gemeinsames Interesse zwischen diesen Staaten darstellt, das von einer höheren Ordnung definiert ist und attraktiver ist als eine Fortsetzung der partikularen vermeintlichen nationalen Interessen.

Diese höhere Ebene liegt im Aufbau einer transnationalen Infrastruktur, Industrialisierung und moderner Landwirtschaft in ganz Südwestasien, so wie dies schon 1997 in Sonderberichten und dann in der Studie „Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“ von EIR und vom Schiller-Institut vorgestellt wurde. Ferner existiert eine umfassende russische Studie von 2014, die Rußland damals noch als Mitglied der G8 auf einem Gipfel vorstellen wollte, wozu es durch seinen Ausschluß aus dieser Gruppierung nie kam.

Im Februar dieses Jahres verständigten sich die Außenminister Pakistans, Afghanistans und Usbekistans auf den Bau einer Eisenbahnlinie von Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan, über Masar-e-Scharif und Kabul in Afghanistan bis nach Peschawar in Pakistan. Ein Antrag auf Finanzierung durch die Weltbank wurde im April eingereicht. Gleichzeitig wurde der Ausbau einer Autobahn zwischen Peschawar, Kabul und Duschanbe zwischen Pakistan und Afghanistan beschlossen, der Khyber Pass Economic Corridor – eine Fortsetzung des China-Pakistan Economic Corridor (CPEC), einem Vorzeigeprojekt der chinesischen Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI).

Diese Linien müssen zu effektiven Entwicklungs-Korridoren ausgebaut und eine Ost-West-Verbindung zwischen China, Zentralasien, Rußland und Europa sowie ein Nord-Süd-Infrastrukturnetz von Rußland, Kasachstan und China bis nach Gwadar am Arabischen Meer verwirklicht werden.

Alle diese Projekte stellen erhebliche Herausforderungen an die Ingenieurskunst – man denke nur an die total zerklüftete Landschaft großer Teile Afghanistans -, aber die gemeinsame Vision der Überwindung der Armut und Unterentwicklung, verbunden mit der Expertise und Zusammenarbeit der besten Ingenieure Chinas, Rußlands, der USA und Europas kann im übertragenen Sinne wirklich Berge versetzen. Die Kombination von Weltbank, AIIB, New Development Bank, New Silk Road Fund und nationaler Kreditgeber kann die notwendigen Kreditlinien zur Verfügung stellen.

Mit einer solchen Entwicklungsperspektive, einschließlich für die Landwirtschaft, wäre auch eine Alternative zur Drogenproduktion gegeben. Über 80% der weltweiten Opiumproduktion kommen aus Afghanistan, rund 10% der dortigen Bevölkerung ist gegenwärtig abhängig, und vor nicht allzu langer Zeit definierte Rußland die Drogenexporte aus Afghanistan als das größte nationale Sicherheitsproblem, dem noch im Jahr 2014 jährlich rund 40.000 Menschen in Rußland zum Opfer fielen. Die Verwirklichung einer Alternative zum Drogenanbau liegt im fundamentalen Interesse der ganzen Welt.

Die COVID-19 Pandemie und die Gefahr weiterer Pandemien haben dramatisch die Notwendigkeit unterstrichen, daß der Aufbau von modernen Gesundheitssystemen in jedem einzelnen Land dieser Erde erforderlich ist, wenn verhindert werden soll, daß die vernachlässigten Länder zu Brutstätten immer neuer Mutationen werden und so alle bisher unternommenen Anstrengungen permanent zunichte machen. Der Bau moderner Krankenhäuser, die Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal und die Schaffung der dazu notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen liegen deshalb ebenso im Interesse aller Fraktionen in Afghanistan und aller Staaten dieser Region, wie es im Interesse der sogenannten entwickelten Staaten liegt.

Aus all diesen Gründen ist die künftige Entwicklung Afghanistans eine Wegscheide für die ganze Menschheit. Sie ist zugleich eine perfekte Demonstration für die Chance, die in der Anwendung des Kusanischen Prinzips der Coincidentia Oppositorum, des Ineinsfalls der Gegensätze, liegt. Denn auf der Ebene der Widersprüche der vermeintlichen Interessen aller betroffenen Nationen – Indien/Pakistan, China/USA, Iran/Saudi-Arabien, Türkei/Rußland – gibt es keine Lösungen.

Betrachtet man hingegen die gemeinsamen Interessen aller – die Überwindung des Terrorismus und der Drogenplage, den dauerhaften Sieg über die Gefahren von Pandemien, die Beendigung der Flüchtlingskatastrophe -, dann ist die Lösung offensichtlich. Der wichtigste Aspekt aber ist die Frage, wohin wir als Menschheit uns entwickeln, ob wir weiter in ein finsteres Zeitalter abstürzen und potentiell sogar unsere Existenz als Gattung riskieren wollen, oder ob wir gemeinsam ein menschliches Jahrhundert gestalten wollen. In Afghanistan gilt mehr als irgendwo anders auf der Welt: Der neue Name für Frieden heißt Entwicklung!


Helga Zepp-LaRouche bei „World Today“

Helga Zepp-LaRouche wurde am 6. Juni in der Sendung „World Today“ auf ChinaPlus, der

englischen Website von China Radio International, interviewt.

Sie können den ganzen Podcast auf englisch hier anhören.

CHINAPLUS: Der chinesische Präsident Xi Jinping ruft China und die europäischen Länder auf, den Konsens und die Zusammenarbeit zu erweitern, um gemeinsam die globalen Herausforderungen zu bewältigen. Er machte diese Bemerkungen bei einem virtuellen Gipfel mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das chinesische Staatsoberhaupt sagt, was die Welt braucht, ist gegenseitiger Respekt und eine aufrichtige Zusammenarbeit zwischen den Nationen.

XI JINPING [durch Übersetzer]: Derzeit bleibt die globale Pandemie-Situation ernst. Die Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung sind ungewiss, und es ist noch ein langer Weg zu gehen. Die Welt braucht mehr denn je gegenseitigen Respekt und enge Zusammenarbeit statt Misstrauen oder ein Nullsummenspiel.

CHINAPLUS: Während des Treffens drückten die deutschen und französischen Regierungschefs ihre Unterstützung für den Abschluß des EU-China-Investitionsabkommens aus und fügten hinzu, daß sie hoffen, daß der 23. EU-China-Gipfel so bald wie möglich stattfinden wird. Mehr dazu hören wir von Helga Zepp-LaRouche, der Gründerin des Schiller-Instituts, einer globalen politischen und wirtschaftlichen Denkfabrik mit Sitz in Deutschland. Danke, daß Sie heute bei uns sind, Helga.

HELGA ZEPP-LAROUCHE: Ja, hallo; guten Tag.

CHINAPLUS: Was ist Ihr wichtigstes Fazit dieses virtuellen Gipfels, und wie beurteilen Sie den allgemeinen Tenor des Treffens?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, zusammenfassend kann man sagen, daß das Treffen sehr konstruktiv und auch dringend notwendig war, denn es gab in letzter Zeit einige Schwierigkeiten, nachdem das Europäische Parlament das Investitionsabkommen zwischen der EU und China blockiert hatte. Daher denke ich, daß es sehr positiv ist, daß die Möglichkeit diskutiert wurde, es wiederzubeleben. Frau Merkel hat gesagt, daß sie das Abkommen so schnell wie möglich wieder aufleben lassen möchte. Und Präsident Macron sagte, daß er den Abschluss des Investitionsabkommens zwischen China und der EU unterstützt. Also, ich denke, es war sehr nützlich und produktiv.

CHINAPLUS: In Anbetracht der jüngsten Sanktionen der EU gegen China und deren Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes findet das Gipfeltreffen zu einem zunehmend angespannten Zeitpunkt in den Beziehungen zwischen der EU und China statt. Wird dieser Aufruf also zu einer Veränderung der EU-Beziehungen zu China führen? Und möglicherweise zu einer Entschärfung der Konfrontation zwischen den beiden Seiten?

ZEPP-LAROUCHE: Ja, ich denke, das wird er, und ich denke, es ist auch wichtig, daß dies nur vier Tage nach den hysterischen Äußerungen des litauischen Außenministers Landsbergis geschieht, der am Freitag letzter Woche ein Ende der deutsch-französischen Dominanz in der EU gefordert hatte. Er wolle eine einheitliche EU-Politik gegenüber China, was in seinen Worten gegen China bedeutet. Er sagte sogar, er wolle Büros in Taiwan einrichten. Dies war also eine klare Absage an die Position von Landsbergis, und deshalb war das sehr nützlich.

CHINAPLUS: Wie ist Ihre Einschätzung der aktuellen EU-Politik gegenüber China im allgemeinen? Denken Sie, daß sich die harte Haltung, die die EU in letzter Zeit gegenüber China eingenommen hat, ändern muß? Wie wir wissen, ist China im vergangenen Jahr zum weltweit größten Handelspartner der EU geworden und hat damit die USA überholt. Europäische Wirtschaftsunternehmen haben ihre Hoffnung geäußert, daß die EU die Zusammenarbeit mit China verstärken wird, anstatt sie abzulehnen und sich abzukoppeln.

ZEPP-LAROUCHE: Ja, ich denke, eine solche Veränderung ist wirklich sehr dringend, denn, wie von Präsident Xi Jinping erwähnt, hat es die Welt mit einer sehr ernsten Pandemie zu tun; wir haben eine Welthungersnot biblischen Ausmaßes, wie der Leiter des Welternährungsprogramms, Beasley, es nennt; wir haben eine Hyperinflationsgefahr in den westlichen Ländern. Wie Sie an der Situation in Afghanistan sehen können, braucht es eine dringende Zusammenarbeit für die wirtschaftliche Entwicklung in der gesamten Region Südwestasien, denn sonst besteht die Gefahr einer neuen Explosion des Terrorismus, und auch das Drogenproblem ist sehr groß.

Es gibt somit viele gemeinsame Ziele der Menschheit in einer Welt, die sehr zerbrechlich ist, und deshalb denke ich, daß es im Interesse der gesamten Menschheit nur zu begrüßen ist, wenn diese drei wichtigen Länder – China, Frankreich und Deutschland – Schritte unternehmen, um die Gräben zu überwinden und enger zusammenzuarbeiten.

CHINAPLUS: Wir sehen, daß viele europäische Politiker die Differenzen zwischen China und der EU hervorheben, aber Präsident Xi ruft China und die EU auf, sich an die Normen des gegenseitigen Respekts zu halten und mit Differenzen angemessen umzugehen. Wurden die Differenzen zwischen den beiden Seiten bei den Gesprächen also angesprochen? Und wie können die beiden Seiten ihre Differenzen ausräumen?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, einige der Unterschiede wurden deutlich angesprochen. Zum Beispiel betont China immer die Notwendigkeit, sich an die UN-Charta und das Völkerrecht zu halten, während einige westliche Politiker immer von einer regelbasierten Ordnung sprechen, die sich bei näherer Betrachtung als eine ziemlich willkürliche Definition zur Verfolgung der Interessen einiger Gruppen herausgestellt hat. Ich denke, das wurde angesprochen – zumindest läßt sich das aus dem Protokoll herauslesen. Von chinesischer Seite wurde ebenfalls betont, daß es nicht die Absicht Chinas ist, irgendjemand anderen zu verdrängen, sondern sich auf seine eigene Entwicklung zu konzentrieren. Es gab dabei einen Aspekt in den Diskussionen, den ich für besonders vielversprechend hielt. Nämlich, daß man anscheinend eine gemeinsame Mission ins Auge gefaßt hat, um Ländern und Menschen dabei zu helfen, bilaterale oder trilaterale Differenzen zu überwinden. In diesem Fall lag der Fokus auf Afrika, wobei China und Deutschland und Frankreich zusammenarbeiten würden. Deutschland hat zum Beispiel geäußert, daß man überlege, der Partnerschaftsinitiative für die Entwicklung Afrikas beizutreten. Präsident Xi hat nicht nur auf die ernste Situation Afrikas aufgrund der Pandemie und der daraus resultierenden wirtschaftlichen Nöte hingewiesen, sondern er hat auch gesagt, daß Afrika das größte Entwicklungspotential hat. Er hat das auch bei früheren Gipfeltreffen mit afrikanischen Staatsoberhäuptern betont, und ich denke, das ist absolut richtig. Der afrikanische Kontinent hat eine sehr junge Durchschnittsbevölkerung, was bedeutet, daß Afrika ein Wirtschaftsmotor für die nächsten Generationen werden kann, wenn Arbeitsplätze und wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen werden. Dieser positive Blick auf Afrika fehlt im allgemeinen in Europa, und ich denke daher, daß die Bevölkerungen in Deutschland und Frankreich und anderen europäischen Ländern von der optimistischen Perspektive, die China gegenüber Afrika einnimmt, nur profitieren können. Das kann nur einen positiven Effekt haben.

CHINAPLUS: Ein weiterer zentraler Faktor, der für die Beziehungen zu China heutzutage entscheidend ist, sind die USA. Wir haben festgestellt, dass es immer häufiger zu einem Wechselspiel zwischen den USA und der EU kommt, wobei Washington versucht, seine europäischen Verbündeten gegen China aufzuhetzen. Glauben Sie, daß der vom Gipfel ausgehende Ruf ein Signal von Frankreich und Deutschland ist, daß man sich nicht auf die bipolare Konfrontation mit den USA einlassen will?

ZEPP-LAROUCHE: Ich würde das denken, denn wie Sie wissen, hat gerade der G7-Gipfel stattgefunden, zu dem Biden nach England gereist war, und wo versucht wurde, die Verbündeten auf eine Haltung gegen Rußland und China einzuschwören. Aber Bundeskanzlerin Merkel hatte in der letzten Zeit immer betont, daß sie nicht in die eine oder andere Richtung gedrängt werden wolle oder sich für eine Seite entscheiden zu müssen. Sie tritt für eine multilaterale Weltordnung ein. Ich denke also, daß dies definitiv ein positives Signal ist. Man würde hoffen, dass die Europäer wirklich verstehen, daß es in ihrem Eigeninteresse liegt, eine solch ausgewogene Sichtweise zu verfolgen, um es mal so auszudrücken.

CHINAPLUS: Einige Beobachter glauben, daß die USA mehr Macht über die EU haben als Deutschland und Frankreich zusammen, so daß die Änderung der Haltung Deutschlands und Frankreichs keinen großen Unterschied in der China-Politik der EU machen wird. Wie sehen Sie das?

ZEPP-LAROUCHE: Die EU ist im Moment sehr uneinig. So will der niederländische Regierungschef Rutte Orban und Ungarn aus der EU rauswerfen. Dann hat Slowenien gerade die EU-Ratspräsidentschaft für die nächsten sechs Monate übernommen, und es unterstützt eindeutig Ungarn und die ungarische Ansicht, keine kulturellen Interventionen, keine Einmischung in ihre Werteordnung zu dulden, denn die westeuropäischen Länder wollen nur ihre liberalen Ansichten durchzusetzen, während die osteuropäischen Länder traditioneller sind. Frau von der Leyen hat auch Slowenien angegriffen, und dann gibt es noch die uneinigen baltischen Staaten und Polen. Ich denke, die EU ist im Moment überhaupt nicht in einer starken Position. Ich bin ich mir ziemlich sicher, in Zukunft werden die Eigeninteressen dieser Länder dominieren. Für Deutschland, für Frankreich und auch für die anderen europäischen Länder sind die Beziehungen zu China und das wirtschaftliche Interesse in einer Welt, die in Aufruhr ist, eindeutig ein Stabilitätsfaktor. Das hat auch die deutsche Industrie zum größten Teil ausgedrückt. Ich gehe davon aus, daß sich auch die Vereinigten Staaten ändern könnten.

Die Vereinigten Staaten haben in den letzten 20 Jahren eine Politik verfolgt, die nicht wirklich im Interesse der Vereinigten Staaten selbst war, wie man an den Geschehnissen in Afghanistan sehen kann, wo 20 Jahre lang ein Krieg geführt wurde und absolut nichts dabei herauskam, außer Elend, Tod und eine Menge Kosten. Vielleicht können also auch die Vereinigten Staaten anfangen, sich zu ändern und erkennen, daß Kooperation mehr in ihrem Interesse ist als Konfrontation. Ich weiß, daß dies im Moment nicht die dominierende Politik ist, aber die Dinge ändern sich sehr schnell. Ich würde wirklich hoffen, daß das Neue Paradigma der internationalen Beziehungen in den Köpfen der politischen Führer ankommt, denn Konfrontation kann nur zu einer Katastrophe führen.

Jedenfalls glaube ich, daß wir uns in einem Wandel befinden; wir befinden uns in einem historischen Moment des dramatischen Wandels. Vieles hängt von guten Initiativen ab, die Menschen haben, um die Situation zum Besseren zu beeinflussen.

CHINAPLUS: OK, vielen Dank, Helga. Das war Helga Zepp-LaRouche, Gründerin des Schiller-Instituts, einer globalen politischen und wirtschaftlichen Denkfabrik mit Sitz in Deutschland.


Merkel, Macron und Xi machen etwas richtig!

Wöchentlicher Dialog mit Helga Zepp-LaRouche

Eine Welt ohne Geopolitik im Blick: Haben wir nach dem Afghanistan-Debakel unsere Lektion gelernt?

In ihrem Rückblick auf die strategischen Entwicklungen der letzten Woche betonte die Vorsitzende des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, daß auf der Welt Frieden und Zusammenarbeit möglich sind, wenn die geopolitische Konfrontation aufhört. Der Dialog zwischen Merkel, Macron und Xi zum Beispiel öffnet die Tür für einen Wandel in der Politik der Europäischen Union, da die EU-Bürokraten vor wachsenden Spannungen stehen, weil sie einen rigorosen Unilateralismus verfolgen, um ihren „Superstaat“ durchzusetzen. Das Ende des Afghanistankrieges bedeutet nicht mehr Konflikt, sondern das Entstehen einer Alternative, weil auch alle Nachbarstaaten als kompetente Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus ihre Unterentwicklung überwinden wollen.

In ihrem Bericht über die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Kommunistischen Partei Chinas forderte sie die Zuschauer auf, nicht auf die Narrativen hereinzufallen, die ihnen von korrupten Medien und imperialen Oligarchen vorgesetzt werden, sondern lieber einen Blick auf die wahre Geschichte Chinas zu werfen. Die Konferenz der Politischen Parteien der Welt, auf der Präsident Xi sprach und an der Vertreter von mehr als 150 Parteien teilnahmen, bezeichnete sie als „Ausdruck der Freundschaft“, denn die Überwindung der Unterentwicklung sei eine Aufgabe, auf die sich alle Nationen einigen könnten. Die Konferenz strafte auch die von Geopolitikern vertretene Ansicht Lügen, dass China „isoliert“ sei.


Webcast: Trotz Kriegsgefahr: Es gibt keine Alternative zur Zusammenarbeit zwischen den USA und China

Es ist zwar nach wie vor unklar, wohin sich die strategische Ausrichtung der Biden-Administration bewegt, doch es gibt einige sehr reale Gründe zur Sorge. Im Jemen herrscht eine dramatische Hungersnot, in Syrien wächst die Gefahr von Lebensmittelknappheit aufgrund von Sanktionen, die USA haben letzte Woche einen Militärschlag auf einen Stützpunkt im Nordosten Syriens verübt, es wurden neue Sanktionen gegen Rußland wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen im Fall Navalny verhängt, und die NATO will sich in die „indopazifische Region“ ausdehnen als Teil eines Plans, China „einzukreisen und einzudämmen“. In der Global Times hat China diese Maßnahmen als „bösartig“ bezeichnet; sie seien Teil eines offensichtlichen Gesamtplans, die Entwicklung in allen ärmeren Ländern zu verhindern.

Mit Blick auf die Zuspitzung der Lage betonte Frau Zepp-LaRouche, daß diese Krisen nur durch Zusammenarbeit bewältigt werden könnten. Anstatt Kinder im Jemen und in Syrien verhungern zu lassen, müßte sofortige Nahrungsmittelhilfe geleistet und ein längerfristiger Plan zum Wiederaufbau in Gang gesetzt werden.

Anstatt die Konfrontation zu verschärfen, sollten die USA sich darauf konzentrieren, den Zusammenbruch ihrer eigenen Infrastruktur zu verhindern. Ein konservativer Plan der American Society of Civil Engineers fordert 2,5 Billionen Dollar an Infrastrukturinvestitionen in den nächsten zehn Jahren. In Wirklichkeit ist ein viel größerer Betrag erforderlich. Zepp-LaRouche fragte: Warum nicht große Infrastrukturprojekte in den USA finanzieren, anstatt Hunderte von Milliarden für Kriege und Zerstörung auf der ganzen Welt in die Taschen des militärisch-industriellen Komplexes zu stecken?


Helga Zepp-LaRouche im Interview mit dem chinesischen Fernsehsender CGTN

Am 3. Juli wurde Helga Zepp-LaRouche im Rahmen der CGTN-Sendung Asia Today zur Lage in Afghanistan interviewt. Moderator Zhong Shi berichtete, daß es in der nordafghanischen Provinz Badakhshan zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Streitkräften der Regierung und den Taliban kam, nachdem sich die US-Streitkräfte aus ihrem Hauptmilitärstützpunkt zurückgezogen haben. Sie können die ganze Sendung in englisch hier ansehen.

ZHONG SHI: Ich möchte jetzt auch Helga Zepp-LaRouche zuschalten, die Präsidentin und Gründerin des Schiller-Instituts, einer Denkfabrik zu politischen und wirtschaftlichen Themen mit Sitz in Deutschland. Frau Zepp-LaRouche, willkommen in der Sendung. Ich freue mich, Sie heute hier begrüßen zu können.

Das Pentagon sagt, die Rückgabe des Stützpunktes Bagram an die afghanischen Sicherheitskräfte sei ein wichtiger Meilenstein beim Abzug der US-Streitkräfte. Die Frage ist nun, was für ein Meilenstein das für Afghanistan sein wird? Wie wird sich das auf die Fähigkeit des Landes auswirken, gegen die Taliban zu kämpfen?

HELGA ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, die Lage ist sehr ernst. Es besteht die Gefahr eines Bürgerkriegs, nicht nur zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban, sondern auch auf Grund der Tatsache, auf die der russischen Außenminister Lawrow gestern hinwies, daß sich jetzt ISIS-Kräfte im Norden Afghanistans sammeln. Ich denke, es besteht die Gefahr, daß der Krieg weitergeht, wobei diesmal Afghanen Afghanen töten. Deswegen brauchen wir meines Erachtens einen anderen Ansatz – etwas ganz anderes, als einfach abzuziehen und den Ort so zu lassen, wie er ist.

ZHONG SHI: Die Welt beobachtet nun, wie sich die Lage in Afghanistan entwickelt. Wir wissen, daß die Taliban in die Bereiche vordringen, aus denen sich die ausländischen Truppen zurückgezogen haben. Wenn die Vereinigten Staaten verfolgen, was gerade in Afghanistan passiert, wie würden Sie Joe Bidens Politik gegenüber Afghanistan nach dem Abzug der US-Truppen charakterisieren? Er hatte ja weitere Unterstützung zugesagt.

ZEPP-LAROUCHE: Da bin ich mir nicht so sicher. Es ist offensichtlich eine komplizierte Situation. Zwanzig Jahre Krieg und verlorene Leben und verlorenes Geld für nichts. Ich denke, daß der Rückzug aus Afghanistan ähnliche Gründe hat wie die Reduzierung der amerikanischen Logistik in anderen Teilen des Persischen Golfs. Meiner Meinung nach ist er Teil der neuen Konzentration auf den Pazifik, auf Rußland und China. Es ist also nicht per se eine Afghanistan-Politik, sondern eher eine Politik, die von geostrategischen Überlegungen geleitet wird. Ich glaube, auch das ist ein Weg in die Katastrophe.

Sehen Sie, in Afghanistan ist die Opiumproduktion im letzten Jahr um 45% gestiegen. Afghanistan produziert 85% des weltweiten Opiums. Wenn das einfach so bleibt, werden die Taliban diese Produktion mit Sicherheit steigern, um ihre militärischen Operationen zu finanzieren. Die vielen Süchtigen werden in den Straßen der Vereinigten Staaten und Europas sterben. In Afghanistan gibt es 3,5 Millionen Drogenabhängige, aber das zeigt nur, daß man einen ganz anderen Ansatz braucht, um dieses Problem zu lösen.

Militärisch ist Afghanistan nicht zu gewinnen. Das hat die Sowjetunion bewiesen, die es 10 Jahre lang versucht hat, und jetzt die Vereinigten Staaten und die NATO seit 20 Jahren. Ich denke, es ist höchste Zeit, umzudenken, daß man einen völlig anderen Ansatz braucht, als ständig nur das gleiche fortzusetzen.

ZHONG SHI: Wie Sie sagen, 20 Jahre Krieg wären umsonst, wenn Afghanistan schnell wieder im Chaos versinkt; dort, wo es sich vor dem Krieg befand. Manche befürchten, daß dies sehr wahrscheinlich zur Realität wird, sobald die ausländischen Truppen erst einmal weg sind. Wie hoch schätzen Sie die Chancen ein, daß das passiert? Daß Afghanistan noch tiefer in einem Bürgerkrieg versinkt?

ZEPP-LAROUCHE: Wie ich schon sagte, wenn nichts unternommen wird, wird es ein Alptraum sein. Der Terrorismus wird zunehmen und sich nicht nur in der Region, sondern auch darüber hinaus ausbreiten. Ich denke, es muß eine Änderung in der Herangehensweise geben. Die einzige Möglichkeit, die Situation zu stabilisieren, besteht darin, Afghanistan, aber auch der gesamten Region Irak, Syrien, Jemen, all diesen Ländern, die durch die endlosen Kriege zerstört wurden, eine echte wirtschaftliche Entwicklung anzubieten. [Alle diese Länder] könnte man als eine Region betrachten, und man sollte verstehen, daß der Terrorismus wie auch der Drogenhandel ein und dasselbe Problem ist, um das sich alle Länder kümmern sollten – die Vereinigten Staaten, Rußland, China, Iran, Indien. Sie alle sollten für eine wirtschaftliche Entwicklungsperspektive eintreten. Man könnte die Belt and Road Initiative, die Neue Seidenstraße, ausbauen. Der vorherige Präsident Karsai sagte, er sehe die einzige Hoffnung für Afghanistan in Entwicklung. Und der neue Name für Frieden ist Entwicklung, auch in Afghanistan. Mein Wunsch wäre, daß dies das Thema einer Sonderkonferenz des UN-Sicherheitsrates werden könnte. Präsident Putin hat ja ohnehin gefordert, daß die ständigen Fünf [Mitglieder] des UN-Sicherheitsrates zusammenkommen sollten. Das wäre einer der dringenden Punkte: Wie kann man verhindern, daß Afghanistan zu einer Quelle des Terrorismus, des Drogenhandels und einfach zu einem Albtraum für alle wird? Wie kann man aufhören, in Begriffen geopolitischer Konfrontation zu denken, und sich auf die gemeinsamen Ziele der Menschheit konzentrieren? Ich denke, in Afghanistan scheiden sich die Wege. Es ist aber auch ein Scheideweg in der Geschichte der Menschheit.

ZHONG SHI: Dieses Thema wird von Tag zu Tag dringlicher. Helga Zepp-LaRouche, wir schätzen Ihre heutige Analyse sehr; vielen Dank, daß Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns zu sprechen.


Die USA sollen ihre Atomwaffen heimholen – Kooperation, nicht Konfrontation!

Von Helga Zepp-LaRouche

Ob sich die Kriegsfalken durchsetzen und die Welt eher früher als später in einer nuklearen Katastrophe endet, oder ob wir rechtzeitig die Lehren aus der COVID-Pandemie ziehen, daß wir die existentiellen Probleme der Menschheit nur gemeinsam lösen können – das sollte eigentlich die strategische Frage sein, die uns am meisten beschäftigt. Weder Rußland und China, nicht einmal die europäischen Atlantiker erwarten eine große Veränderung in der Außenpolitik von Pompeo zu der neuen Biden-Administration. Äußerungen wie die des Kommandanten des US European Command, Air Force General Tod D. Wolters, der Rußland am 24. Februar bei einem Symposium als „existentielle Bedrohung für die USA und die europäischen Verbündeten“ bezeichnete, sind Standard für das US-Militär, das die Kontinuität zwischen den Administrationen darstellt.

Aber neben der für Atlantiker üblichen Litanei über die NATO, Rußland und China sagte Präsident Biden auf der virtuellen Münchener Sicherheitskonferenz 2021 auch die folgenden Worte, die von den Mainstream-Medien weitgehend ausgeblendet wurden:

„Es geht nicht darum, den Osten gegen den Westen auszuspielen. Es geht nicht darum, daß wir einen Konflikt wollen. Wir wollen eine Zukunft, in der alle Nationen frei ihren eigenen Weg bestimmen können, ohne die Drohung von Gewalt oder Zwang. Wir können und dürfen nicht zu der reflexartigen Opposition und den rigiden Blöcken des Kalten Krieges zurückkehren.“

Das klingt sicherlich anders als die martialischen Aufrufe zum Umsturz gegen Präsident Xi Jinping, wie sie z. B. vom sogenannten „Long Telegram“ des Atlantic Council und anderen Thinktanks kommen. Es bleibt abzuwarten, wie lange die Halbwertzeit von Bidens Aussage ist, daß „alle Nationen ihren eigenen Weg bestimmen“ können. Erinnern wir uns, daß auch Trump lange davon gesprochen hat, es sei eine gute Sache, und keine schlechte, ein gutes Verhältnis zu Rußland und China zu haben – und das Verhältnis zu beiden Nationen endete auf einem historischen Tiefstand am Ende seiner Amtszeit. Und in der Zwischenzeit hat der erste Militärschlag der Biden-Administration in Syrien stattgefunden, als Demonstration, daß „die USA zurück sind“.

Eine große Besorgnis für Rußland ist, daß die Trump-Administration es abgelehnt hatte, das 1985 zwischen Reagan und Gorbatschow verabredete Prinzip zu bestätigen, daß ein Atomkrieg niemals gewonnen werden kann und deshalb niemals geführt werden darf. Der russische Außenminister Lawrow betonte deshalb in seiner Rede vor der virtuellen Abrüstungskonferenz in Moskau am 24. Februar, daß er gegenüber seinem US-Kollegen Blinken in einem Telefongespräch am 4. Februar die Notwendigkeit betont habe, zu diesem Prinzip zurückzukehren. Lawrow unterstrich ebenso die russische Position, daß die Praxis der NATO des „nuclear sharing“ („nukleare Teilhabe“) den Vertrag zur Nichtverbreitung von Atomwaffen verletzt. „Nukleare Teilhabe“ ist eine Praxis der NATO, bei der Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen, wie zum Beispiel Deutschland, Kampfjets bereithalten und Soldaten ausbilden, die amerikanische Atombomben transportieren und im Ernstfall auch einsetzen können. Deshalb müßten die amerikanischen Atomwaffen auf das US-Territorium zurückgebracht und die Infrastruktur für ihren Einsatz von anderen Ländern aus beseitigt werden.

Die USA sind das einzige Land der insgesamt neun Atommächte – fünf davon offiziell -, von dem bekannt ist, daß sie Atomwaffen auf dem Territorium anderer Staaten stationieren. Schätzungsweise sind etwa 180-200 nukleare Freifallbomben in Europa stationiert. Nur die verstocktesten atlantischen Geopolitiker können sich der Illusion hingeben, daß diese Atomwaffen unsere Sicherheit erhöhen; im Ernstfall bedeuten sie im Gegenteil, daß die Staaten, in denen sie stationiert sind, ein atomares Trümmerfeld werden.

Was die Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre noch wußte und die Menschen angesichts der Mittelstreckenraketenkrise, als sich Pershing II und SS20-Raketensysteme, noch mit wenigen Minuten Warnzeit in ständiger Bereitschaft gehalten, gegenüberstanden, zu Hunderttausenden auf die Straße trieb, ist heute offensichtlich aus dem Bewußtsein verschwunden. Im Ernstfall würde in Deutschland kein einziger Mensch überleben.

Daran ändert auch die Priorisierung des indo-pazifischen Raums nichts, die seit Obamas Politik der „Wende nach Asien“ stattgefunden hat und vom US-Militär auch unter der Trump-Administration in mehreren Strategiepapieren fortgeschrieben wurde. Die „Nationale Sicherheitsstrategie der USA“ vom Dezember 2017, die „Nationale Verteidigungsstrategie“ vom Januar 2018 und die „Überprüfung der nuklearen Aufstellung“ vom Februar 2018 definieren Rußland und China als geopolitische Rivalen, die als Bedrohung für die Interessen und die Macht der USA eingestuft werden. Rußland und China wurden dabei als gefährlicher eingestuft, als der internationale Terrorismus.

Lyle J. Goldstein, Professor am US Naval College in Newport/Rhode Island und Gründer des dortigen China Maritime China Studies Institute, schrieb kürzlich in einem Artikel mit der Überschrift: „Die Indo-Pazifik-Strategie ist ein Rezept für ein Desaster“,1 diese Politik sei eine Neuauflage der US-Politik von 1992. Das war die Zeit, als Dick Cheney und die Neokons – nur ein Jahr nach dem Ende der Sowjetunion – das „Project for a New American Century“ (Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert, PNAC) verfolgten und damit die Idee, daß unter keinen Umständen gestattet werden dürfe, daß irgendein Land oder eine Gruppe von Staaten die USA wirtschaftlich, politisch oder militärisch überholt. Goldstein weist darauf hin, daß das Verteidigungsministerium der Trump-Administration vor seinem Auszug aus dem Pentagon das „US Strategic Framework for the Indo-Pacific“ („Strategischer Rahmen der USA für den Indo-Pazifik“) veröffentlicht habe, anstatt diese Dokumente wie üblich für 30 Jahre unter Verschluß zu halten. Dahinter, so vermutet Goldstein, verberge sich die Absicht, die Biden-Administration auf eine Politik festzulegen, die die USA auf einen direkten Kollisionskurs mit China bezüglich Taiwan bringe – ein Krieg, den die USA auch verlieren könne und bei dem der Einsatz von Atomwaffen nicht ausgeschlossen werden könne.

Hans Kristensen von der Federation of American Scientists wies in seinem Strategic Security Blog soeben darauf hin, daß es genau diese Dynamik der kompromißlosen Abschreckung ist, die den nuklearen Rüstungswettlauf entfacht. So hätten neuere Satellitenphotos gezeigt, daß die PLA dabei ist, die Trainingseinrichtungen für ihre Raketenstreitkräfte massiv auszubauen. Sie zeigten auch den Bau von Tunneln und Silos verschiedener Größe, deren potentielle Funktion es sei, den Start von Raketen zu verschleiern, weil China sich angesichts des militärischen Wettbewerbs mit den USA in der Region nicht mehr sicher sein könnte, ob es im Ernstfall genügend Zeit haben werde, die Raketen einsatzfähig zu machen, um die Glaubwürdigkeit der chinesischen Abschreckung aufrecht zu erhalten.

Wenn Präsident Biden es wirklich ernst meinen sollte, daß jede Nation – also auch China und Rußland – ihren eigenen Weg selbst bestimmen darf, dann muß er die der Indo-Pazifik-Politik zugrundeliegende Cheney-Doktrin verwerfen und auf einen wirklichen Neubeginn setzen. Der chinesische Außenminister Wang Yi nannte die Bedingungen dafür in seiner Rede vor dem Lanting Forum über „Dialog und Kooperation und das Management von Konflikten“: Die Verleumdung der Chinesischen Kommunistischen Partei und des chinesischen politischen Systems müssen aufhören, ebenso wie die Einmischung bezüglich Taiwan, Xinjiang und Hongkong, die Sanktionen müssen aufgehoben werden und ein normaler diplomatischer und kultureller Austausch muß wieder möglich werden.

Da nicht auszuschließen ist, daß die Absicht des erneuten Beitritts der USA zur UN-Menschenrechtskommission (UNHRC) darin besteht, die Debatte um Menschenrechte für propagandistische Attacken auf Rußland und China zu instrumentalisieren, sollte man sich zunächst einmal auf eine richtige Definition dieses Begriffes einigen. Welcher Staat oder Kontinent hat mehr für die Menschenrechte getan – derjenige, der 850 Millionen Menschen aus der Armut befreit hat und durch eine rigorose Seuchenbekämpfung die Zahl der Corona-Toten auf bisher 4636 begrenzen konnte (China), oder derjenige, bei dem die Armut signifikant steigt und bei dem die Anzahl von Corona-Toten auf über eine halbe Million (USA) oder über 839 000 (Europa) gestiegen ist? Ist das Recht, keine Maske tragen und keinen sozialen Abstand halten zu wollen, wirklich ein solcher Beweis für die Verteidigung der Menschenrechte?

Während die USA, Kanada und Großbritannien Impfstoff für ein Vielfaches der Anzahl ihrer Bürger horten, und die EU einen Exportstop diskutiert, haben Rußland und China bereits an viele Dutzend Länder des Entwicklungssektors Millionen von Dosen geliefert. Dafür werden sie dann beschuldigt, eine „Vakzin-Diplomatie“ zu betreiben, während die Beteiligung von EU-Frontex bei den sogenannten „Pushback“-Operationen gegen Flüchtlinge im Mittelmeer scheinbar keine öffentliche Debatte nötig macht.

Es ist an der Zeit, diese Art von zweierlei Maßstäben und Scheinheiligkeit aufzugeben. Wir müssen das geopolitische Spiel, Rußland und China als Gegner zu betrachten, beenden und statt dessen die gemeinsamen Aufgaben der Menschheit angehen.

Im Februar 2021 konnten drei Nationen ihre jeweilige Mars-Mission zum Erfolg bringen. Die Chefin der Raumfahrtbehörde der UAE, Sarah Al Amiri, hat die Welt daran erinnert, wie unglaublich groß unser Universum ist.2 Die Staatschefs dieser Welt sollten von Frau Amiri lernen.

zepp-larouche@eir.de

Anmerkungen:

1. https://www.lawfareblog.com/indo-pacific-strategy-recipe-disaster

2. https://www.youtube.com/watch?v=voqlWLAwXZ8


Grundsatzrede von Helga Zepp-LaRouche: „Die Sofortmaßnahmen, die jetzt ergriffen werden müssen!“

Sehen Sie hier Helga Zepp-LaRouches Grundsatzrede während des ersten Panels der Schiller-Instituts Konferenz vom 26. bis 27. Juni. Der erste Panel „Krieg mit Russland und China ist schlimmer als verrückt“, an dem Vertreter aus Rußland, China, Indien und den Vereinigten Staaten teilnahmen, intensivierte die seit 18 Monaten andauernden Bemühungen des Schiller-Instituts um ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs dieser vier Länder, um anstelle von Krieg wirklich Entwicklungszusammenarbeit zu betreiben.


Konferenz des Schiller-Instituts: Kriegstreiber eliminieren und eine politische Ordnung im Interesse aller aufbauen

In ihrem Rückblick auf die Konferenz des Schiller-Instituts am 27.-28. Juni bezeichnete Helga Zepp-LaRouche die anhaltenden Kriegsprovokationen der westlichen imperialen Interessen als eine klare Kriegsdynamik. Angesichts der aggressiven Politik der NATO zur Einkreisung Rußlands und Chinas und dem Versuch, den „Great Reset“ und den „Green New Deal“ weltweit durchzusetzen waren auf der Konferenz führende Persönlichkeiten aus allen Teilen der Welt versammelt, um einen wirkungsvollen antimalthusianischen Widerstand aufzubauen und die imperialen Pläne zu vereiteln.

Es sei besonders wichtig, so betonte sie, unser gesamtes Denken zu ändern, indem wir das cusanische Konzept des „Zusammenfalls der Gegensätze“ übernehmen, das in jedem der vier Konferenzpanels eine zentrale Rolle spielte. Nur so sei der Kampf zu gewinnen. Angesichts der sich zuspitzenden Krisen, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, sei es ein hoffnungsvolles Zeichen, daß sich immer mehr Menschen mit Lyndon LaRouches Ideen auseinandersetzen und sich ein neues Paradigma des Denkens durchsetzt.


Warum „LaRouchePAC“ nicht mehr die Politik von Lyndon LaRouche repräsentiert

Presseerklärung von Helga Zepp-LaRouche

24. Februar – Helga Zepp-LaRouche, Gründerin und internationale Vorsitzende des internationalen Schiller-Instituts und Witwe des bekannten amerikanischen Ökonomen und Staatsmannes Lyndon LaRouche, gab heute bekannt, daß sie über ihren Anwalt einen Brief an das Lyndon LaRouche Political Action Committee (LPAC) und dessen Schatzmeisterin Barbara Boyd gerichtet hat, in dem sie diese auffordert, „die Verwendung von Herrn LaRouches Namen, Abbildungen und möglicherweise anderen verwirrend ähnlichen Bezeichnungen jetzt sofort und in Zukunft zu unterlassen“. In dem Schreiben heißt es, daß eine solche Verwendung „zu Verwirrung bei den Nutzern führen dürfte, da sie glauben könnten, daß Sie [Boyd] (als Einzelperson), LPAC und/oder die von ihnen angebotenen Waren und Dienstleistungen irgendwie mit unserer Klientin [Helga Zepp-LaRouche] verbunden, von ihr lizenziert oder bevollmächtigt sind.“ Als Rechtsmittel wird gefordert, daß Boyd und LPAC „sofort alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den Namen ihres politischen Aktionskomitees und den Namen aller angeschlossenen Einrichtungen so zu ändern, daß darin der Begriff ,Lyndon’, ,LaRouche’ oder irgendeine Nachbildung oder Wiederholung davon nicht enthalten ist, und sich verpflichten, die rechtsverletzenden Begriffe jetzt und in Zukunft auf keiner Website, in Firmen-E-Mails, Briefköpfen, Anzeigen oder anderer Marketingliteratur oder Korrespondenz zu verwenden.“

Um den Hintergrund und den Kontext dieses Vorgehens zu erläutern, gab Frau Zepp-LaRouche die folgende Erklärung ab:

„Die seit 2004 bestehende offizielle Webseite des von meinem verstorbenen Ehemann Lyndon LaRouche gegründeten Politischen Aktionskomitees, des Lyndon LaRouche Political Action Committee (LPAC), wurde in seinem Inhalt von einer Gruppe von Personen aus dem Umkreis von Barbara Boyd, der Schatzmeisterin dieses PAC, in eine Richtung abgewandelt, die meiner Ansicht nach den zentralen politischen Aussagen, für die mein Mann stand, entgegengesetzt ist. Als mein Mann noch lebte, war er für die allgemeine politische Richtung des PAC verantwortlich. Aber seit seinem Tod im Februar 2019 haben Frau Boyd und ihre Mitarbeiter ohne meine Erlaubnis den Inhalt der Webseite und die Aktivitäten des PAC insgesamt übernommen und in eine Richtung gelenkt, die meiner Meinung nach sowohl meine als auch Herrn LaRouches Positionen falsch darstellt.

Meine Aufforderung an das PAC, sich an die Politik der LaRouche-Bewegung zu halten und den Namen LaRouche nicht mit einer Politik in Verbindung zu bringen, die unmittelbar nach dem Tod von Herrn LaRouche innerhalb des PAC aufkam und die mit unseren Ansichten unvereinbar ist, wurde derart zurückgewiesen, daß Frau Boyd und eine Gruppe von Personen, die ihre Ansichten teilen, im November 2020 ein Dokument verbreiteten, in dem sie ihre ,unwiderrufliche’ Unabhängigkeit von der Führung der LaRouche-Bewegung – mich eingeschlossen – verkündeten, die von meinem Mann vor über 50 Jahren gegründet wurde.

Es wurden zwar Lippenbekenntnisse zu einigen Ideen von Lyndon LaRouche abgelegt und Videomaterial von ihm verwendet, doch wichen die politischen Positionen des PAC in Wirklichkeit immer mehr von der Politik der LaRouche-Bewegung und meines verstorbenen Ehemannes ab, indem z.B. jede fundierte Einschätzung der internationalen strategischen Situation unterblieb und stattdessen fast ausschließlich die amerikanische Innenpolitik in den Blick genommen wurde – vor allem Themen, die sich an der Politik von Donald Trump orientierten. Es wurden zunehmend keine Trump-kritischen Artikel und Videos mehr veröffentlicht, und zwar zu Fragen, für die Lyndon LaRouche persönlich Trump häufig kritisiert hatte, wie z.B. sein Rückendeckung für die Finanzblase der Wall-Street; die Anti-China-Politik, die Trumps Präsidentschaft zunehmend dominierte; und so weiter. Ein Beispiel:

In einem Video vom 26. Januar 2021, das auf der LPAC-Webseite unter der Überschrift ,Make Impeachment Drive Backfire, Build Movement to Rescue Republic’ veröffentlicht wurde, sagte Barbara Boyd: ,Wenn Sie glauben, daß sie [die Menschen] Bestien sind und man ein Sozialkredit-System haben kann, das wir hier mit der Ausgrenzungskultur [„cancel culture“] einführen – wenn man sich auf bestimmte Weise verhält und dieses oder jenes tut, bekommt man Sozialkredite dafür; wenn man aber unverschämt ist oder dumme Bemerkungen macht oder aus der Reihe tanzt, bekommt man negative Kredite. So machen sie es in China. Das geschieht in jeder totalitären Gesellschaft.’

Diese Positionen spiegeln die Meinung von Frau Boyd wider, nicht die Ansichten von Herrn LaRouche oder der LaRouche-Bewegung. Ich bin mit dieser Darstellung Chinas absolut nicht einverstanden, und Lyndon LaRouche hat sein ganzes Leben lang immer wieder das Gegenteil dieser Darstellung zum Ausdruck gebracht.

Als die Falschdarstellungen von Herrn LaRouches politischen Positionen zunahmen, sahen ich und die große Mehrheit der LaRouche-Bewegung sowohl in den USA als auch international keine andere Möglichkeit, als im Dezember 2020 eine neue Organisation und eine dazugehörige Webseite zu gründen: ,The LaRouche Organization’ (TLO), um sicherzustellen, daß der Name und die Abbildungen von Herrn LaRouche nur mit seiner wahren Politik und seinen Positionen in Verbindung gebracht werden. Der Unterschied zwischen der TLO und dem PAC wird deutlich, wenn man als ein Beispiel die Absicht vergleicht, die in der TLO-Gründungserklärung ,Wer wir sind’ zum Ausdruck kommt, wo es heißt:

,Der einzige Zweck der LaRouche-Organisation (TLO) ist die Verbreitung der Ideen von Lyndon LaRouche und die Verbreitung seines Lebenswerkes, seiner analytischen und wissenschaftlichen Denkmethode, mit der Absicht, die von ihm angebotenen Lösungen für die vielen Krisen, denen die Menschheit heute gegenübersteht, zu verwirklichen.’

Im Gegensatz dazu steht der ,Marschbefehl’ vom 14. Februar, der auf der LPAC-Webseite unter der Überschrift ,Deine Rolle in der »Neuen Politik«’ veröffentlicht wurde: ,Kämpfe für die Republikanische Partei; vertreiben wir die Verräter und die ,Schwachen’ und stellen wir sie wieder in die Tradition von Abraham Lincoln.’

Frau Boyd und ihre Mitarbeiter starteten im Februar 2021 eine neu gestaltete Webseite für das PAC, in der bemerkenswerterweise zwei Seiten bzw. Themen fehlen, die früher dort waren:

Erstens die äußerst reichhaltige Dokumentation der 40jährigen Organisationsaktivitäten, an denen Lyndon LaRouche und seine internationalen Mitarbeiter auf fünf Kontinenten der Erde beteiligt waren. Ob absichtlich oder nicht, ich glaube, daß das Entfernen dieser Geschichte den falschen Eindruck erweckt, Herr LaRouche habe sich nur um inneramerikanische Angelegenheiten gekümmert, was sein leidenschaftliches Eintreten für die gesamte Menschheit negiert.

Zweitens unterschlägt die neue PAC-Webseite auch die Rolle von Herrn LaRouche und seiner internationalen Bewegung beim Entwicklungsprozeß des neuen Paradigmas um die Neue Seidenstraße. Herr LaRouche schrieb seit den 1970er Jahren zahlreiche Wirtschaftsprogramme für Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa, und er verbrachte einen guten Teil seines Lebens damit, sich für die Entwicklung dieser Länder einzusetzen.

Frau Boyd und ihre Mitstreiter haben selbstverständlich das Recht, ein politisches Aktionskomitee zu gründen, um die Ansichten von Frau Boyd zum Ausdruck zu bringen; aber ich glaube, daß sie dem verstorbenen Lyndon LaRouche einen denkbar schlechten Dienst erweisen, indem sie seine Ansichten – durch Handlungen und Unterlassungen – falsch darstellen und seinen Namen mit ihrem Vorhaben in Verbindung bringen. Aus all diesen Gründen haben wir einen Rechtsanwalt eingeschaltet, um jede Verwendung von Lyndon LaRouches Namen und Abbildungen durch das PAC zu unterbinden und die Integrität seines umfangreichen Werkes zu bewahren.“

Für weitere Informationen: press@LaroucheOrganization.com or (551) 209-3978


Webcast: Houston, wir haben ein Problem – Aber wir können es lösen!

Während der texanische Frost (Deep Freeze) die tödlichen Folgen der Vermischung einer Politik der geringen Energiedichte des Green New Deal mit der neoliberalen Politik der Deregulierung und Privatisierung der Stromerzeugung zur Steigerung der Profite privater Konzerne aufgedeckt hat, ist der „Luftraum“ um den Mars voller inspirierender Versprechen für wissenschaftliche Entdeckungen, die die Zukunft bestimmen werden.  Wir können auch erste kleine Hinweise darauf erkennen, daß sich die Biden-Administration von der britischen Geopolitik von Pompeo und seinen Verbündeten entfernen könnte, die das Potential der Trump-Administration zu einer friedlichen Zusammenarbeit mit Russland und China untergraben haben.

In ihrem wöchentlichen Dialog sagte Zepp-LaRouche, es sei noch zu früh zu entscheiden, ob die neue US-Regierung Schritte unternehmen werde, um die endlosen Kriege der Bush- und Obama-Jahre zu beenden, aber es gebe Anzeichen aus Bidens Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz, daß ein Wandel möglich sei. Es wird auch immer deutlicher, daß die Forderung des Schiller-Instituts zunehmend ernst genommen wird, daß der Kampf gegen die COVID-Pandemie ein globales Engagement für ein neues Niveau der Gesundheitsversorgung aller Länder erfordert, auch wenn das Engagement für die Bereitstellung von Impfstoffen für arme Länder unter den relativ reichen Nationen immer noch zu wünschen übrig läßt.


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