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Internationale Internetkonferenz des Schiller-Instituts : Laßt uns gemeinsam mit der globalen Mehrheit ein neues Kapitel der Weltgeschichte aufschlagen!

Die Aufzeichnung des englischen Livestreams für Panel 1 finden Sie hier und den für Panel 2 hier.

Die deutsche Simultanübersetzung wird in Kürze veröffenlicht und in der Rednerliste verlinkt

Panel 1: Die strategische Lage nach dem historischen BRICS-Gipfel

Samstag, 9. September, 15.00 Uhr MESZ

Moderator: Dennis Speed, Schiller-Institut (USA): Überwindet den Neoklonialismus mit dem Bau tausender neuer Städte

Videoausschnitt von Lyndon LaRouche zum Nachlesen

„Wir werden Hunderte von Städten exportieren“

Von Lyndon LaRouche

Die Konferenz wurde eröffnet mit dem folgenden Auszug aus einem Vortrag von Lyndon LaRouche (1922-2019) von 1978 im Rahmen des US-Präsidentschaftsvorwahlkampfes.

Wissen Sie, was wir tun werden? Wir werden Nuplexe bauen. Wir müssen das den Leuten erklären: Wie baut man einen Nuplex? Man hebt einen großen Krater aus. Man legt ein großes Fundament – es sei denn, man hat eine Felssohle. Es ist Ihnen egal, wie das Gelände beschaffen ist, das macht keinen Unterschied. Wo auch immer man ist, man sprengt es aus, man erzeugt einen Krater. Man erzeugt einen Krater, der die Größe einer Stadt hat, einer Stadt mit einer halben Million Menschen oder 100.000 Menschen. Jedenfalls baut man einen Krater für eine Industriestadt neuen Typs, sechs, sieben oder acht Stockwerke tief unter der Oberfläche. Man baut sie auf bis zur Oberfläche.

Oben drauf setzt man zwei Kernkraftwerke mit jeweils eineinhalb bis zwei Gigawatt Leistung, um eine ausgeglichene Last zu erhalten. Darum herum baut man wie ein Armband Industriebetriebe, die diese Energie nutzen, um sich niedrige Betriebskosten zu sichern. Man baut dort eine chemische Industrie auf, Entsalzungsanlagen und so weiter, und man nutzt die Abwärme und den Strom. Man baut Wohnungen für die Familien, moderne Wohnungen, die hundert Jahre halten, für die Familien der Menschen, die die Bauarbeiten ausführen, die innerhalb von 4-6 Jahren abgeschlossen sein werden.

Man entwickelt kulturelle Programme vor Ort: Schulen, Universitäten, Fachschulen. Alles, was eine Stadt braucht. Und wenn das Projekt nach sechs Jahren abgeschlossen ist, arbeiten diese Menschen in den Fabriken, weil sie dazu ausgebildet wurden. Und die Europäer und andere, die hinzugezogen wurden, werden nach und nach bis auf ein paar wichtige Techniker wieder abgezogen.

Die Stadt wird gebaut. Sie ist modular. Man kann sie verändern. Man kann sie ohne große Kosten weiterentwickeln. Ihre Transportsysteme sind eingebaut und für die nächsten hundert Jahre modular, und für alle technologischen Verbesserungen gerüstet, die in den nächsten hundert Jahren von Bedeutung sein werden. Nach 4-6 Jahren ist die Stadt voll funktionsfähig. Wir werden in den nächsten 25 Jahren Hunderte davon bauen. Hunderte! Hunderte von neuen Städten in der ganzen Welt, vor allem in den Entwicklungsländern.

Diese Städte werden miteinander verbunden sein. Sie werden ein Netz von Hochtechnologiekulturen bilden, die mitten in die übrige Bevölkerung gepflanzt werden. Ausgehend von diesen Städten und ihren Universitäten, Technischen Hochschulen und technischen Dienstleistungen für die umliegenden Gebiete werden wir eine ganze Generation der Menschheit aus der Barbarei und Unterdrückung in das moderne Leben erheben.

In den folgenden 25 Jahren werden die Arbeiten abgeschlossen sein. Und in 50 Jahren wird sich die Menschheit so selbst verändert haben, wie wir Städtebauer es vorhaben. Wir werden alle existierenden, lebensfähigen Industrien mobilisieren, und alle, die aufgebaut werden können, um das zu erreichen. Wir exportieren nicht ein paar zusätzliche Ausfuhren im Wert von 10 oder 20 Milliarden Dollar, wir exportieren Hunderte von Städten!

Helga Zepp-LaRouche (Deutschland), Gründerin des Schiller-Instituts, Grundsatzrede: Ein größere Veränderung als das Ende des Kalten Krieges“ –> Rede im Wortlaut lesen

S.E. Donald Ramotar (Guyana), ehemaliger Präsident von Guyana: „Der Globale Süden ist die neue Globale Mehrheit“

Rede lesen

Aussichten und Herausforderungen nach dem BRICS-Gipfel

Von Donald Ramotar

Donald Ramotar war Staatspräsident (2011-15) sowie Abgeordneter des Parlaments von Guyana. (Übersetzung aus dem Englischen, die Zwischenüberschrift wurde hinzugefügt.)

Die gerade beendete BRICS-Konferenz in Südafrika wird sicherlich als historisches Ereignis in die Geschichte eingehen. Denn sie könnte sehr wohl der Anfang vom Ende des Neokolonialismus und der Beginn einer neuen Ära der wirtschaftlichen Befreiung sein.

Das ist etwas, was patriotische Staatsführer des Globalen Südens herbeigesehnt haben. Es war etwas, worüber viele Länder und progressive Politiker lange nachgedacht hatten. Wir haben viel zu lange unter der massiven Manipulation internationaler Institutionen wie Weltbank und IWF gelitten, die zu Werkzeugen der Unterdrückung durch die USA wurden. Auch die Vereinten Nationen wurden bekanntermaßen mehrfach mißbraucht, z.B. bei der Ermordung von Patrice Lumumba und später bei der Invasion im Irak und in Libyen.

Doch was die USA notwendig machte, war die Verwendung des Dollars als Hauptwährung im Welthandel. Das verlieh den US-Institutionen enorme Macht und Einfluß in der Weltwirtschaft. Die Vereinigten Staaten nutzten ihre Stellung in der Weltwirtschaft, um anderen Ländern ihre Positionen aufzuzwingen. Wenn sie mit der Politik eines Staates nicht einverstanden waren, verhängten sie schnell Sanktionen gegen ihn.

Die längsten Sanktionen sind gegen Kuba verhängt. Das bringt für die Bevölkerung der Insel große Härten mit sich. Die Sanktionen sollen vor allem sicherzustellen, daß Kubas sozialistisches System nicht erfolgreich ist.

Im Laufe der Jahre wurde das zu einer mächtigen Waffe in den Händen der USA. Die Menschen in Venezuela und Nikaragua leiden unter harten Sanktionen. Der Irak wurde zu Saddam Husseins Zeit mit harten Sanktionen belegt, die dem Land sehr schadeten. Mehr als eine halbe Million Kinder wurden Opfer dieser Sanktionen. US-Außenministerin Madeleine Albright sagte damals, das sei es ihr wert gewesen, u.a. alle diese Kinder zu töten.

Sie haben dem Iran, Afghanistan und vielen anderen Staaten Milliarden von Dollar genommen. Sie haben den Dollar zur Waffe gemacht und benutzen ihn, um andere Staaten und sogar Einzelpersonen auszurauben.

Sie waren sich ihrer Fähigkeit, Länder zu ruinieren oder ihnen schweren Schaden zuzufügen, so sicher, daß sie das in ihre Pläne zur Vernichtung Rußlands einbezogen. Als sie die Ukraine drängten, Rußland in einen Konflikt zu verwickeln, verließen sie sich nicht nur auf ihre militärische Macht, sondern auch auf ihre Sanktionen.

Man erinnere sich an Präsident Bidens Prahlerei über die Verhängung der „Mutter aller Sanktionen“ gegen Rußland. Sie dachten, daß Rußland so umfassenden Sanktionen, bis hin zum Diebstahl russischer Gelder in US-Banken, nicht standhalten könnte.

Rußlands Reaktion zeigt, daß die Sanktionen überwunden werden konnten. Meiner Ansicht nach trug Rußlands Forderung, für sein Öl und andere Rohstoffe in Rubel zu bezahlen, am meisten dazu bei, die Sanktionen unwirksam zu machen. Rußland begann, mit anderen Ländern unter Verwendung ihrer Landeswährungen zu handeln. Das System funktioniert. Außerdem bietet es allen Ländern ein größeres Maß an wirtschaftlicher Freiheit.

Andere Länder, darunter auch Verbündete der USA, haben das erkannt und wissen dieses System zu schätzen. Zur größeren Unabhängigkeit kommt die Erkenntnis hinzu, daß die USA die in US-Banken deponierten Ersparnisse aller Länder beschlagnahmen können.

Der Handel in ihren eigenen Währungen und schließlich die Schaffung einer neuen Währung für den Außenhandel zwischen den BRICS und anderen Staaten erweist sich als sehr praktikabel. Diese Bewegung hat große Möglichkeiten und wird sich wahrscheinlich weiter ausbreiten.

Es werden andere Systeme eingeführt, die diese „Unabhängigkeitsbewegung“ erleichtern werden. Dazu gehört auch die Suche nach Alternativen zum SWIFT-System und anderen Banken-Arrangements. Die BRICS-Bank kann neuartige Beziehungen zwischen allen Ländern anbieten. Das ist besonders attraktiv für den Globalen Süden.

Einige Schwachstellen

Doch auch wenn wir das Potential der BRICS-Vereinbarungen erkennen, dürfen wir uns nicht in falscher Sicherheit wiegen. Wir dürfen nicht glauben, daß es ein Kinderspiel wird. Wenn wir uns einig sind, daß es ein Kampf ist, dann müssen wir die Schwachstellen der BRICS prüfen und uns darauf einstellen, daß die USA und ihre NATO-Verbündeten alles daran setzen werden, diese Bewegung zu sabotieren und zu besiegen. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß Einigkeit innerhalb der Gruppe, selbst bei begrenzten Zielen, von größter Bedeutung ist. Zweifellos wird die NATO-Gruppe jede Schwachstelle nutzen, die sie finden kann.

Vor allem sehe ich, daß man an Indien arbeiten sollte. Das liegt am Grenzstreit zwischen China und Indien. Es war ziemlich enttäuschend, daß gerade als die glänzenden Möglichkeiten der BRICS angekündigt wurden, die Spannungen zwischen beiden Ländern zunahmen.

Das Hauptproblem ist die Lage im Südchinesischen Meer. Die USA sorgen dafür, daß Länder zusammenkommen, um die Angelegenheit zu besprechen. Sogar ein Land wie Vietnam schwankt in seiner Position zwischen China und den USA.

Die USA suchen nach jedem Land, das Probleme mit China und Rußland hat, und bieten ihm Unterstützung an. Zur Zeit arbeiten sie mit Armenien, einem Verbündeten Rußlands, wegen der Spannungen mit Turkmenien.

In Lateinamerika ist mit massiven offenen und verdeckten US-Aktionen zu rechnen, um in vielen Ländern einen Regimewechsel herbeizuführen. Es sei daran erinnert, daß Mexiko die BRICS-Initiative schon früh nachdrücklich unterstützt hat, aber nichts daraus wurde.

Argentinien hat große interne Probleme. Die USA haben großen Einfluß auf das Militär der meisten Länder der Region. Sie haben starke Verbindungen in den Ländern, auch zu den politischen Parteien. Argentiniens Regierung ist in einer sehr schwachen Position; Sie können Ihren letzten Dollar darauf verwetten, daß die USA ihre Kontakte aktivieren werden, um dort einen Regimewechsel herbeizuführen.

In Brasilien ist die Lage etwas besser, aber wir dürfen nicht vergessen, daß Lulas Sieg sehr knapp war. Auch hier müssen wir mit einer US-Einmischung rechnen, um Lula zu stürzen.

Das sind einige der Bereiche, die sie nutzen könnten, um die vom BRICS-Gipfel in Südafrika ausgelöste Flut einzudämmen.

Unsere erste Aufgabe besteht darin, die Probleme in und zwischen den BRICS-Staaten zu minimieren. Wir sollten allen Einfluß, den wir haben, vor allem darauf richten, Hindernisse für den Fortschritt der BRICS-Staaten auszuräumen.

Meiner Meinung nach sind die Grenzfragen die gefährlichsten. Wir sollten Gespräche der BRICS-Staaten anregen, um die Streitfragen zwischen den Mitgliedern zu lösen. Wenn es uns gelingt, diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen, werden wir zu der Einheit der Bewegung beitragen, die für den Erfolg so wichtig ist.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Prof. Georgy Toloraya (Rußland), hochrangiger Diplomat im Ruhestand, Rang eines Minister-Beraters; Stellv. Direktor des Russischen Nationalkomitees für BRICS-Forschung: „BRICS: Eine Medizin zur Kriegsverhütung“

Rede lesen

BRICS: Eine Medizin zur Kriegsverhütung

Von Prof. Georgij Toloraja

Professor Toloraja ist ein hochrangiger russischer Diplomat im Ruhestand mit dem Rang eines Gesandten-Botschaftsrats und stellvertretender Vorsitzender des Russischen Nationalen Komitees für BRICS-Forschung. (Übersetzung aus dem Englischen.)

Guten Morgen. Es ist mir eine große Ehre, an der Konferenz „Laßt uns gemeinsam mit der globalen Mehrheit ein neues Kapitel der Weltgeschichte aufschlagen!“ teilzunehmen. Ich beschäftige mich schon seit 13 Jahren mit den BRICS. Und ich habe schon lange erwartet, daß dieser Tag kommen würde, der Tag, an dem die BRICS zu einem echten Akteur in der Weltpolitik werden würden. Aber ich war wirklich erstaunt, daß dieser Tag jetzt so schnell gekommen ist.

Ich würde sagen, daß der jüngste Gipfel Ende August in Johannesburg wirklich ein historisches Ereignis war. Er wird als historisch in die Geschichte eingehen, auch aus technischen Gründen, denn es war das Datum und der Gipfel, an dem sich die Mitgliederzahl der BRICS verdoppelt hat, was niemand, auch ich nicht, erwartet hat. Darüber hinaus ist es im wesentlichen ein historischer Gipfel, weil die BRICS zum ersten Mal erklärt haben, daß sie auf dem Weg und in der Lage sind, eine neue Weltordnung zu schaffen: Das ist eine wirklich große Veränderung. Jetzt sind 20 bis 40 Länder daran interessiert, den BRICS in der einen oder anderen Form beizutreten, und das ist etwas, womit niemand gerechnet hat, auch ich nicht.

Was ist passiert? Ich denke, die Antwort liegt in der offenen Konfrontation, die im Februar 2022 mit Rußlands Militärischer Sonderoperation in der Ukraine begann und die das eigentliche neue Kapitel der Geschichte einläutete, als die westlichen Länder versuchten, die neuen Machtzentren mit aller Gewalt unter Druck zu setzen, um das Entstehen einer neuen Weltordnung zu verhindern.

Es ist ein turbulenter Moment der Geschichte. Aber das Ergebnis war, daß die Mehrheit der Länder, die globalen Mehrheiten, diese Bemühungen des Westens nicht unterstützten, auch wenn viele Länder auf dem Papier und in Erklärungen, u.a. in den Vereinten Nationen, Rußland Aggression vorwarfen. Trotzdem sind sie nicht mit der Politik des Westens einverstanden, der versucht, seine Dominanz in den globalen Angelegenheiten aufrechtzuerhalten und die Regeln festzulegen, denen alle anderen zu gehorchen haben.

Es gibt also eine neue Situation, in der die globale Mehrheit ein neues Modell will, ein neues Modell der internationalen Beziehungen, das nicht auf dem traditionellen Modell nach dem Zweiten Weltkrieg basiert, als die großen Länder, die „Herren der Welt“, den anderen diktierten, was sie zu tun haben. Und jetzt wollen die Länder eine gleichberechtigte Partnerschaft, viele, vielleicht sogar konkurrierende Machtzentren, die jeweils ihre eigene Rolle spielen, mit ihrem eigenen Kopf denken und ihre eigene Politik machen.

Auf lange Sicht erinnert das vielleicht ein wenig an das System des Westfälischen Friedens in der europäischen Geschichte, das auf der Souveränität der Nationalstaaten beruhte, der Gleichheit, der Nichteinmischung und dem Versuch, die Interessen der Partner zu berücksichtigen. Vielleicht sind wir also auf dem Weg zu einem globalen westfälischen System.

Wir sollten jedoch nicht vergessen, daß das westfälische System das Ergebnis des Dreißigjährigen Krieges war – und vielleicht sind wir gerade dabei, einen solchen Krieg zu führen, und die Ukraine ist erst der Anfang. Es kann sein, daß wir noch weitere 30 Jahre oder mehrere Jahrzehnte mit Kriegen in verschiedenen Teilen der Welt zu tun haben werden, bevor sich ein solches System herausbildet. Das wäre ein schlechtes Szenario.

Aber vielleicht dauert der Krieg auch nicht 30 Jahre. Er könnte auch nur 30 Minuten dauern, wenn die großen Weltmächte einfach ihre Atomraketen starten würden. Dann wäre der Krieg in 30 Minuten vorbei: Es wäre das Ende der Welt.

Dem sollten wir natürlich nicht zustimmen.

Der einzige Weg ist also, einen Weg zu finden, um zu verhandeln, um zu versuchen, eine Lösung zu finden, bevor es so weit kommt. Und dafür, denke ich, ist die Änderung der westlichen Politik das Entscheidende. Die globale Mehrheit will die Politik der Dominanz nicht akzeptieren – der Diktatur, der Sanktionen, der Einmischung in innere Angelegenheiten, des faktischen Raubes, wenn das Nationalvermögen eigenmächtig und einseitig beschlagnahmt wird.

Es sind also nicht Rußland und China, die isoliert sind, wie ich oft in verschiedenen vom Westen veranstalteten Foren höre, es sind vielmehr die westlichen Länder, die isoliert sind.

Und die BRICS haben auf diesem Gipfeltreffen gezeigt, daß sie dem Westen entgegenkommen wollen. Die BRICS sind nicht antiwestlich. Sie sind nicht gegen die Vereinigten Staaten als Land. Sie sind nicht gegen die westliche Zivilisation. Sie sind nicht gegen Europa. Die BRICS sind bereit, mit diesen Ländern zusammenzuarbeiten und sie einzubeziehen: BRICS ist eine inklusive Struktur. Sie sind offen für Dialog und Zusammenarbeit, aber nicht im Sinne von „Herr und Knecht“, sondern auf Augenhöhe. Darauf sollten wir alle hinarbeiten.

Und vor allem glaube ich, daß die USA in diesem Bereich wichtig sind: Die USA sind ein Land mit einer reichen Geschichte, mit großen natürlichen Ressourcen, Technologie, Finanzen und einer regen Bevölkerung. Und natürlich spielt dieses Land eine wichtige Rolle in dieser Welt und kann für die Zukunft der Menschheit sehr wichtig sein: Aber auf Augenhöhe, in Zusammenarbeit mit der neu entstehenden BRICS-Union und der globalen Mehrheit.

Ich wünschte, ich würde das erleben. Ich warte seit 13 Jahren darauf, daß die BRICS zu einer echten Kraft in den internationalen Beziehungen werden. Ich hoffe, daß der nächste Schritt, nämlich die Einbeziehung des Westens in diesen Prozeß, schon früher erfolgen kann.

Ich wünsche uns allen viel Glück. Ich danke Ihnen.

Dr. Harry J. Bury, katholischer Priester und Robert Cushing (USA), Verband der katholischen Priester der USA: „Eine Politik des Friedens“

Reden lesen

Dr. Harry J. Bury

Guten Tag! Mein Name ist Harry Bury, ich bin Priester in der Erzdiözese St. Paul in Minneapolis, in Minnesota in den Vereinigten Staaten.
Ich bin, wie gesagt, ein katholischer Priester, und ich glaube fest daran, dass Gott, der Vater, seinen Sohn Jesus in die Welt gesandt hat, um den Menschen zu offenbaren, dass es Gottes Wille ist, dass wir aufhören, uns gegenseitig umzubringen. Das ist der Grund, warum Jesus Christus in die Welt gekommen ist, und das ist meine Motivation, mich dem Krieg zu widersetzen. Gott hat uns diese Offenbarung, so glaube ich, durch Wort und Beispiel gegeben. Jesus hat uns diese Offenbarung durch Wort und Beispiel gegeben. In Worten sagte Jesus: „Liebt eure Feinde. Tut denen Gutes, die euch hassen. Tut denen Gutes, die euch Schaden zufügen wollen. Keine Ausnahmen.“ Das bedeutet, daß der dreieinige Gott will, dass die Amerikaner die Russen lieben, die Chinesen lieben und umgekehrt. Liebt die Koreaner und umgekehrt. Und andere: Jeden, der uns schaden will, damit wir ihm helfen, das zu bekommen, was er braucht. Versucht, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, nicht mit ihnen zu konkurrieren, sondern mit ihnen zusammenzuarbeiten. Wenn wir das tun, wird das zum Frieden in unserer Welt führen.

Zweitens ist Jesus nicht nur gekommen, um uns das zu sagen, sondern ich glaube, er hat es uns durch sein eigenes Beispiel gezeigt. In der Nacht vor seiner Ermordung, als sie kamen, um ihn zu verhaften, zog sein Mitarbeiter Petrus sein Schwert und hieb dem Diener des Hohepriesters das Ohr ab. Jesus sagte zu Petrus: „Stecke dein Schwert ein. Wer das Schwert gebraucht, wird durch das Schwert umkommen.“ Dann tat er Gutes und heilte den Menschen, der von Petrus geschlagen worden war. Später, als er vor Pilatus stand, sagte er ihm, dass er, wenn Gott es wolle, wenn sein Vater es wolle, seine Engel schicken würde, um ihn zu schützen. Sein Reich, sagte Jesus, sei nicht von dieser Welt. Also ließ er sich verhaften und wurde zum Sterben ans Kreuz geschickt. Er hat sich nicht gewehrt; er hat sich nicht selbst verteidigt. Er ging zum Kreuz und betete für die Menschen, die ihn töteten. „Vater“, betete er, „vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“.
Ich glaube also, dass Gott uns Menschen, die wir Nachfolger Jesu sind, diese Botschaft an die Welt weitergeben will: Dass wir unsere Feinde lieben sollen. Nur wenn wir sie lieben und ihnen helfen, das zu bekommen, was sie brauchen, werden wir Frieden in der Welt haben.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

ROBERT CUSHING:

Mein Name ist Bob Cushing. Ich bin Priester im Ruhestand, ein ausgeschiedener Priester in Georgia. Es fällt mir schwer, die gegenwärtige Situation in den Nachrichten und in dem, was ich lese oder nicht lese, zu verstehen. Als ich 1962 hier in Georgia aufwuchs, gehörte mein Vater zur Luftwaffe und spielte eine führende Rolle in der Kubakrise, in der militärischen Reaktion darauf. Ich erinnere mich sehr deutlich daran, und wenn ich sehe, was im Moment vor sich geht, wie wir überall um Rußland Raketen aufgestellt haben, und wie die NATO seit 1991 aufrüstet, dann haben wir längst rote Linie überschritten, als James Baker versprochen hatte, dass wir uns keinen Zentimeter nach Osten bewegen würden. Wir haben uns nicht nur einen Zentimeter bewegt, wir sind von Land zu Land gegangen, um Russland mit Ländern zu umgeben, die NATO-Waffen und Raketen einsetzen, die auf Russland gerichtet sind. Ich weiß noch, wie ich mich bei den Atomkriegs-Übungen in den 1950er Jahren gefühlt habe und Angst hatte, dass es zu einer nuklearen Katastrophe kommen könnte. Ich glaube, wir sind heute näher dran als je zuvor. Ich denke also: „Was kann ein Mensch tun, der die Nachrichten sieht und nicht über das Offensichtliche spricht?“ Das Offensichtliche ist, dass dieser „unprovozierte“ Angriff dadurch provoziert wurde, dass wir den russischen Bären gereizt haben.

Putin gehört zwar nicht zu meinen Lieblingsmenschen, aber wir haben ihm das Gesicht eines Monsters verpaßt, und so wurde der russische Bär ständig angegriffen. Wir sind diejenigen, die ihn provozieren, so dass er schließlich in die Ukraine eindringt, ein Land, das schon so lange instabil ist – ein Land, das er als Pufferzone zu beanspruchen versucht, wie es scheint. Ich denke, wir müssen darauf hinweisen, dass wir diesen Krieg selbst verschuldet haben. Wir müssen unsere Stimme erheben. Ich wüßte keinen anderen Weg als diesen, um gegen Dinge wie Streubomben und abgereichertes Uran zu sprechen; Dinge, die hochgradig unmoralisch und nicht Teil einer rechtmäßigen Kriegsmethode sind. Wir stecken in einer sehr ungerechten Situation, und wir müssen unsere Stimme erheben. Denn unsere Medien arbeiten mit dem Militär zusammen und kooperieren mit dem industriellen Komplex, der, wie es scheint, eine Menge Geld damit verdient, all seine neuen Spielzeuge in diesem Krieg auszuprobieren, der ein Fleischwolf ist und bereits eine halbe Million Menschen ausgelöscht hat.
Als besorgter Bürger möchte ich meine Stimme erheben und mich mit anderen zusammenschließen, die ihre Stimme erheben möchten, um etwas zu tun, um etwas zu sagen, um gegen diese schreckliche Situation aufzustehen, die das Leben auf unserem Planeten bedroht. Wir befinden uns in großen Schwierigkeiten, und wir müssen sehen, was wir tun können, um zu sagen: „Stopp! Stopp, um Gottes Willen!“ Wir müssen einen Weg finden, um für den Frieden zu arbeiten und nicht für diese Kriegsmaschine, die unaufhaltsam zu sein scheint. Wir müssen sagen: „Stopp!“ Und genau das tun wir heute. Ich danke Ihnen.

Raymond McGovern (USA), ehemaliger leitender Analytiker, U.S. Central Intelligence Agency (CIA); Gründungsmitglied der Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS, Geheimdienstveteranen für Vernunft): „JFK und Rußland, einen Wandel hin zur Vernunft am Rande der Auslöschung erzeugen“

Rede lesen

JFK und Rußland

Einen Wandel hin zur Vernunft am Rande der Auslöschung erzeugen

Von Raymond McGovern

Ray McGovern war leitender Analytiker der U.S. Central Intelligence Agency (CIA) und ist Gründungsmitglied der Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS, Geheimdienstveteranen für Vernunft). In der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9. September sagte er folgendes. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

Zu Beginn möchte ich etwas zu dem ersten Lied sagen, das gerade aufgeführt wurde: „I don’t feel no ways tired”. – „Ich bin überhaupt nicht müde.“ Ich denke, die Inspiration dieser Gruppe, dieser Versammlung heute ist so förderlich für den Weltfrieden und so hoffnungsvoll, wenn man bedenkt, was auf der BRICS-Konferenz und anderen Veranstaltungen geschehen ist, daß man wirklich ein Recht hat, sich nicht mehr müde zu fühlen.

Lassen Sie mich auf den Mann zurückkommen, der mich ursprünglich nach Washington geholt hat. Sein Name ist Präsident John F. Kennedy. Er forderte alle, die unserem Land in besonderer Weise dienen konnten, dazu auf, hierher zu kommen und es zu tun.

Als John Kennedy am 20. September 1963 vor den Vereinten Nationen sprach, dachte er an diese Themen. Er sprach davon, daß die Vereinten Nationen ihrer Verantwortung gerecht werden müssen, Spannungen abzubauen und gegen die Dunkelheit zu kämpfen. „Ich bin gekommen, um die Vereinten Nationen zu grüßen“, sagte John Kennedy, „und um die Unterstützung des amerikanischen Volkes für Ihre täglichen Beratungen zu bekunden.“ Wow!

Nun, ich denke, den meisten Menschen ist klar, daß die UNO in einen Zustand des Niedergangs geraten ist. Der Einfluß der westlichen Mächte, der Kolonialmächte, wenn man so will, ist selbst in UN-Organen wie der IAEO, der Internationalen Atomenergie-Organisation, oder der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen so stark, daß sie aufgrund des Drucks, den sie von diesen Mächten verspüren, nicht ehrlich handeln können. Das sind aktuelle Beispiele.

Im Jahr 2003, als die USA den Irak unter falschem Vorwand angreifen und dort einmarschieren wollten, schickte der Leiter unseres Abhördienstes, der National Security Agency (NSA), eine E-Mail an sein britisches Pendant GCHQ und sagte: „Wir müssen die Leute im UN-Sicherheitsrat überwachen, wir müssen etwas über sie herausfinden, denn sie werden diese Eskapade in den Irak nicht genehmigen. Wir müssen etwas über sie in Erfahrung bringen, damit wir sie davon überzeugen können, es zu genehmigen.“

Das galt natürlich nicht nur für die ständigen Mitglieder, sondern auch für diejenigen, die damals im Sicherheitsrat vertreten waren. Diese E-Mail war vor dem Krieg durchgesickert, und dennoch begann der Krieg. Es hat dann zwar ein paar Jahre gedauert, aber schließlich hat der UN-Generalsekretär gesagt, daß dieser Krieg illegal ist. Aber hallo, natürlich war er illegal!

Was noch? Nun, ich würde einfach sagen, daß heute niemand mehr damit durchkommen kann, zu sagen: „Wir machen eine Koalition der Willigen. Es macht nichts, wenn der Sicherheitsrat nicht mitmacht, wir machen es einfach selbst. Vielleicht Polen, Litauen, vielleicht auch die Ukraine.“ Das wird nicht mehr funktionieren, weil die BRICS gewachsen sind, weil sie mächtiger geworden sind und weil die BRICS die Mehrheit der Menschheit repräsentieren. Das ist eine große Sache; das war früher nicht der Fall.

Vorbild John F. Kennedy

Es gibt also einige Hoffnungsschimmer in diesem Bereich, und ich möchte nur ein paar Dinge von John Kennedy hinzufügen. Auf der UN-Vollversammlung am 20. September 1963 sprach er über die Notwendigkeit des Friedens. Er sagte, es sei nie zu spät. „Es ist höchste Zeit, daß … Streitigkeiten … von der Tagesordnung genommen und auf den Verhandlungstisch gelegt werden.“

Nun, das trifft heute in hohem Maße auf die Situation in der Ukraine zu. Man muß die Rhetorik und den Streit überwinden und an den Verhandlungstisch kommen, bevor alle jungen ukrainischen Männer auf dem Schlachtfeld fallen – und die russischen Männer auch. Es ist also ganz klar, was passieren muß, und die BRICS können ein Gegengewicht schaffen.

Können sie dafür über die UNO arbeiten? Ich würde sagen, Rußland und China haben die UNO nicht einfach beiseite geschoben, trotz all der Hindernisse, trotz der Tatsache, daß sie zum Beispiel getäuscht wurden, als sie gebeten wurden, sich bei einer Resolution für eine Flugverbotszone in Libyen zu enthalten. Sie wurden getäuscht, Sie wissen, was mit Libyen passiert ist. Trotzdem sehen sie in der UNO immer noch eine legitime Organisation, trotz der Probleme und allem, was dort vor sich geht.

In seiner Rede sprach John Kennedy auch die Frage einer gemeinsamen Erkundung des Mondes an. Mit anderen Worten, hier bei der UNO sagte er (sinngemäß): „Schauen Sie, das ist nichts, was ein Gremium oder ein Land allein tun sollte. Wir sollten uns zusammentun und unsere Energien und unser Fachwissen bündeln. Es gibt keinen Grund, warum wir unsere wissenschaftlichen Anstrengungen hier duplizieren sollten, laßt uns gemeinsam zum Mond fliegen.“

Nun, das hat nicht funktioniert. Wir wissen, daß die USA allein auf dem Mond waren.

Unsere Themen heute morgen sind schwere Kost, verständlicherweise. Deshalb möchte ich diese schwere Kost nur kurz mit einer apokryphen Geschichte unterbrechen, da wir in letzter Zeit hören, daß es Weltraumflüge zur Sonne geben wird. Ein Komiker sagte: „Ich hoffe, es ist nicht beabsichtigt, daß Menschen auf der Sonne landen.“ Ein anderer sagte: „Ach, keine Sorge, sie werden nachts landen.“

Damit gut mit den lahmen Scherzen, zurück zur Ernsthaftigkeit.

Wir müssen einander die Hand reichen und wir müssen der Sache Zeit geben. Wir müssen geduldig sein. Es wurde deutlich gemacht, daß die BRICS seit 30 Jahren im Entstehen begriffen sind; sie sind auch jetzt noch im Entstehen. Geben Sie der Sache Zeit. Sorgen Sie dafür, daß die Menschen in der Welt begreifen, daß es nicht darum geht, Rußland oder China oder Rußland und China zu isolieren, sondern daß es der Westen ist, der sich selbst isoliert hat. Und der kommende Winter wird in Westeuropa sehr kalt werden. Die Menschen dort werden endlich aufwachen und merken, was man mit ihnen gemacht hat.

Ich möchte betonen, daß wir in diesen Dingen zusammenarbeiten müssen, so wie es John Kennedy damals angeboten hat. John Kennedy ist in meinem Bewußtsein noch sehr lebendig. Ich denke, seine Ideen haben kein Verfallsdatum. Ich denke, wir müssen es weiter versuchen.

In jeder Glaubenstradition gibt es ein Sprichwort, daß man seine Feinde lieben soll, und ich möchte Pater Bury dafür loben, daß er dies deutlich gemacht hat. Das alte Sprichwort, das auf Konfuzius zurückgeht, lautet: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu.“ Wir müssen uns also die Hände reichen und nicht aufgeben, insbesondere angesichts des Wachstums der BRICS und anderer heilsamer Entwicklungen, die wir heraufziehen sehen.

Abschließend möchte ich noch etwas hinzufügen, was ich am Ende eines Briefings, das ich im Februar – ich glaube, es war der 21. Februar – vor dem UN-Sicherheitsrat hielt, angehängt habe. Ich bezog mich auf den erbitterten Kampf zwischen Schwarzen und Weißen in unserem Land und darauf, wie sich sehr begabte schwarze Führungspersönlichkeiten der Situation stellten und durch die von Schwarzen geführte afroamerikanische Kirchenbefreiungsbewegung eine gewisse Gerechtigkeit erreichten – zwar noch keine vollständige Gerechtigkeit, aber doch Gerechtigkeit in großem Maße.

Die Art und Weise, wie wir das in unserem Land und international tun, ist, uns die Hände zu reichen und das alte Lied zu singen: „We’re going to keep on lovin‘ our enemies.“ „Wir werden unsere Feinde weiter lieben. Und niemals einen Rückzieher machen.“ Wir sollten uns also anstrengen, verstehen Sie?

Es gibt ein Wort, das die Chinesen ständig verwenden, das lautet: „Laßt uns eine Win-Win-Situation schaffen.“ Es gibt auf dieser Welt genug für alle, das wir teilen können. Warum schaffen wir nicht eine Win-Win-Situation? Damit würden wir unsere Feinde bis zum äußersten lieben. Lassen Sie uns die Hoffnung nicht aufgeben, daß wir das tun können, und mit der Rückendeckung so vieler Menschen in der BRICS-Bewegung und außerhalb davon können wir eine andere Welt erreichen – eine andere Welt als die „regelbasierte“ internationale Ordnung.

Ein letzter Gedanke: Vor zwei Tagen stand Jens Stoltenberg, der Chef der NATO, vor dem EU-Parlament. Er sagte, was er immer sagt: „Wir müssen uns gegen die bösen Mächte des Ostens durchsetzen, und wir müssen sicherstellen, daß die Ukraine diesen Krieg gewinnt.“ Einer der Parlamentarier, ein irischer Abgeordneter, hob seine Hand. Er sagte folgendes: „Herr Stoltenberg, auf dem [NATO]-Gipfel in Vilnius wurde behauptet, daß die Chinesen versuchen, die regelbasierte internationale Ordnung zu untergraben. Er kritisierte China, seine Strategie und seine Absichten seien undurchsichtig. Meine erste Frage lautet: Wie kann man eine Ordnung untergraben, die keinerlei Grundlage im internationalen Recht hat?“

Ich muß sagen, daß ich mich mit dieser Frage identifizieren kann. Die Frage, die heutzutage gestellt wird, lautet: Man darf nichts einfach erfinden. Diese internationale regelbasierte Ordnung – wer macht die Regeln? Nun, wir wissen, wer die Regeln macht. Wir müssen offen sein, wir müssen unsere Nächsten lieben, aber wir müssen ihre Doppelzüngigkeit sehr direkt aufdecken, wenn wir auf dem Weg zum Frieden voranschreiten, wenn wir einander die Hände reichen und versuchen, diese Welt besser zu machen.

Vielen Dank, daß Sie mir zugehört haben.

Diane Sare (USA), LaRouche-Independent Kandidatin für den US-Senat 2024: „Das Britische Imperium fürchtet das wahre Amerika“

Rede nachlesen

Das Britische Imperium fürchtet das wahre Amerika

Vielen Dank, Dennis, und danke, Helga, daß Du diese Konferenz einberufen hast. Als ich kürzlich auf der NY State Fair in Syracuse war, erfuhr ich, daß der Bau des Eriekanals zu einem 40-fachen Anstieg der Bevölkerung von Syracuse führte. Stellen Sie sich das vor. Innerhalb von zehn Jahren zogen vierzigmal mehr Menschen in die Stadt Syracuse. Und dieser 40-fache Anstieg machte die Bevölkerung durch den vielfältigen Markt, den der Kanal eröffnete und der den Transport von Waren zwischen New York City und Buffalo ermöglichte, immer wohlhabender.

Man vergleiche die Entwicklung in Syracuse mit der Aussage des Bürgermeisters von New York City, Eric Adams, der Anfang dieser Woche über die 110.000 Migranten, die seit April letzten Jahres in New York City angekommen sind, sagte: „Ich habe noch nie in meinem Leben ein Problem gehabt, für das ich keine Lösung gesehen habe, und ich sehe keine Lösung für dieses Problem. Dieses Problem wird New York City zerstören.“ Ich sage es Ihnen nur ungern, Bürgermeister Adams, aber New York City ist bereits zerstört. Es wurde 1975 durch die Municipal Assistance Corporation zerstört, genau wie Lyndon LaRouche gewarnt hat. Deshalb kann eine Stadt mit über 8 Millionen Einwohnern heute keine 100.000 Menschen mehr aufnehmen. Die Stadt kann nicht einmal ihre eigene Bevölkerung versorgen. Im Jahr 2018 gab es 100.000 obdachlose Kinder in den öffentlichen Schulen von New York City, und ein New Yorker Pädagoge sagte mir gerade, daß schon vor dem Zustrom von Migranten – 19.000 von ihnen werden in die öffentlichen Schulen kommen und sprechen meist kein Englisch – in vielen Klassenzimmern von New York City bis zu 40 Schüler auf einen Lehrer kommen. Wollen wir denn ein Land von Dummköpfen, Verwahrlosten und Drogenabhängigen hervorbringen? Das wäre ein guter Weg, um das zu erreichen.

Aber brauchen wir überhaupt Schulen? Unser Land ist doch völlig untätig! Ich möchte Sie daran erinnern, daß die Vereinigten Staaten im Jahr 1907 pro Kopf dreimal so viele Einwanderer aufgenommen haben wie heute, selbst wenn man legale und illegale Einwanderer zusammenzählt. Was hat unser Land getan? Wie haben wir uns – weitgehend – vom Britischen Empire befreit?
Lyndon LaRouche, der größte Amerikaner aller Zeiten, verwies auf die Arbeit des jungen Abkömmlings aus der Karibik, Alexander Hamilton. Nachdem er die Schrecken der Sklaverei auf den Zuckerplantagen von Nevis miterlebt hatte, wo die Sklaven nur ein paar Monate lebten, nachdem sie herübergebracht worden waren, war er ein entschiedener Gegner der Sklaverei.

Nachdem die Revolution gegen das Britische Empire gewonnen war, wurde Hamilton unser erster Finanzminister. Er schrieb vier Papiere, die LaRouche oft zitiert und die jedem amerikanischen Patrioten als Leitfaden dienen sollten: das Papier „Über die Manufacturen“; „Über den öffentlichen Kredit“; Über die Nationalbank“; und dann, als gegen die Bank vorgegangen wurde, „Über die Verfassungsmäßigkeit der Nationalbank.“ Ich vermute, daß in keiner einzigen High School in diesem Land über diese Papiere informiert wird, die für die Gründung der Vereinigten Staaten so entscheidend waren.

Hamilton verschaffte uns die Mittel, mit denen die menschliche Kreativität das Niveau der menschlichen Wirtschaft anheben kann. Bestimmte Dinge waren von entscheidender Bedeutung: vor allem Transport und Energie. Stellen Sie sich vor, wie Alexander Hamilton, George Washington und der Marquis de Lafayette inmitten der Revolution in Paterson, New Jersey, zusammenkamen und auf die Großen Wasserfälle blickten. Sie planten, diese zu nutzen, um Energie für eine moderne Industriestadt zu erzeugen – Paterson, New Jersey, die Stadt, die heute nur noch ein Scherbenhaufen ist, voller Verbrechen und Morde, wo elf der Flugzeugentführer vom 11. September lebten.

Aber was haben wir noch erreicht? Wir haben die Transkontinentale Eisenbahn mit vielen chinesischen Arbeitern gebaut, trotz des Rassismus, der gegen sie gerichtet wurde. Sie waren klug genug, Tee zu trinken und nicht nur Wasser, egal woher es kam. Das Wasser wurde abgekocht, sie blieben gesund und waren ein wichtiger Bestandteil des Bauprojekts. Die Eisenbahn wurde trotz des von den Briten inszenierten sogenannten „Bürgerkriegs“ gebaut. Die Fertigstellung der Eisenbahn und die Hundertjahrfeier in Philadelphia 1876, begeisterten sogar noch nach der Ermordung von Präsident Lincoln durch pro-britische Agenten, die Welt. Amerikanische Bürgerkriegsveteranen gingen nach Ägypten, um eine Armee aufzustellen und den Suezkanal zu bauen. Verdi schrieb eine Oper zur Feier der Fertigstellung dieses Kanals.

Ging es dabei nur darum, Ägypten zu plündern? Wurde der Panamakanal gebaut, damit wir Panama ausplündern konnten? Der Punkt ist, die Amerikaner wußten, daß wir uns immer noch in einem Krieg gegen das britische Kolonialsystem befanden und daß der Schlüssel dazu darin lag, die Armut auf der ganzen Welt auszurotten und mehr Republiken zum Blühen zu bringen, und zwar nicht, indem wir in ihre Länder einmarschieren und die Regierungen stürzen, sondern indem wir ihnen die Möglichkeit geben, das zu entwickeln, was LaRouche eine vollwertige Wirtschaft nennen würde. Dies würde es dem Britischen Empire erschweren, seinen destabilisierende Drogen- und Sklavenhandel zu betreiben. Man sagt, die Briten hätten als erste die Sklaverei abgeschafft? Doch was ist mit der Britischen Ostindien-Kompanie?

Wir wurden Opfer weiterer Attentate: Garfield und McKinley; beide waren überzeugte Befürworter der Entwicklung der transkontinentalen Eisenbahn nach Iberoamerika. Ihre Pläne hätten es niemals zugelassen, daß die Länder südlich unserer Grenze zu Drogenproduzenten für das Britische Empire werden, das in bestimmten Gegenden der Vereinigten Staaten immer noch florierte – vor allem an der Wall Street und bei den Bostoner Brahmanen.

Mit FDR kehrten wir dann zu den Prinzipien von Alexander Hamilton zurück – und das war kein Zufall, denn einer der Vorfahren von Franklin Roosevelt, Isaac Roosevelt, war schon Generationen zuvor ein Mitarbeiter Hamiltons gewesen. Da es ihm nicht gelang, gegen die verfassungswidrige Federal Reserve vorzugehen, nutzte FDR die Reconstruction Finance Corporation, um Milliarden von Dollar an Krediten für den Bau von Tausenden von neuen Schulen, Straßen, Brücken, Kraftwerken, Postämtern, Kläranlagen, Krankenhäusern und anderen Großprojekten zu vergeben. Besonders hervorzuheben ist die Tennessee Valley Authority, die einen der ärmsten, malariaverseuchten und rückständigsten Teil der Nation in einen der produktivsten Teile der Vereinigten Staaten verwandelte. Wie schon nach dem Bürgerkrieg, so kamen auch nach dem Zweiten Weltkrieg Delegationen aus aller Welt, um die mehr als 16 neuen Dämme zu besichtigen, die von der TVA gebaut worden waren und die billigen Strom im Überfluss erzeugten, verbunden mit Durchbrüchen bei Düngemitteln und dem Hochwasserschutz, wodurch die Produktion von Nahrungsmitteln und anderen Gütern in der Region um Größenordnungen gesteigert wurde. Eine Delegation kam sogar aus China. Der Erfolg der TVA inspirierte ihre Pläne zum Bau des Drei-Schluchten-Damms. Selbst in Afghanistan entstand die Helmand Water Authority nach dem Vorbild der Tennessee Valley Authority.

Aber die Briten hatten dafür gesorgt, daß der Zweite Weltkrieg in die Länge gezogen wurde, so daß Franklin Roosevelt nicht mehr leben würde, um das Ende des Krieges und das Ende des Kolonialismus einzuleiten, wie er es beabsichtigt hatte. Franklin Roosevelt hätte niemals zwei Atombomben auf Japan abgeworfen. Das FBI und die McCarthy-Hexenjagd dominierten die politische Bühne, wobei Präsident Eisenhower nur eine willkommene Atempause bildete. Dann wurde John F. Kennedy Präsident, den Eleanor Roosevelt unterstützte und ihm Ratschläge gab. Präsident John F. Kennedy belebte die Hamiltonischen Prinzipien neu. Wir begannen wieder zu bauen. Er wollte auch die Armut weltweit beseitigen und war ein Freund von Patrice Lumumba, der 1961, kurz nach Kennedys Wahl, ermordet wurde.

Dann wurde Kennedy selbst ermordet; Malcolm X, Martin Luther King und Robert Kennedy wurden alle innerhalb von fünf Jahren getötet. Der Vietnamkrieg, den Kennedy eigentlich beenden wollte, wurde mit voller Wucht ausgeweitet; das nachindustrielle, grüne, menschenfeindliche Blumenkinderprojekt des britischen Tavistock-Instituts und der CIA wurde zu unserer Kultur, und wir verloren den Verstand.

Genau zu dieser Zeit begann Lyndon LaRouche, einen harten Kern moralischer intellektueller Eliten an amerikanischen Universitäten und später international zu rekrutieren. 1976 beschloss er, für das Amt des US-Präsidenten zu kandidieren, und 1983 fungierte er als Ronald Reagans geheimer Gesprächskanal zur Sowjetunion in der Frage der strategischen Verteidigung. Die Sowjets lehnten LaRouches und Reagans Vorschlag ab, gemeinsam Laserwaffen gegen Atomraketen zu entwickeln, und die Sowjetunion brach deshalb wirtschaftlich zusammen, genau wie LaRouche es prophezeit hatte.

Ende der 1980er Jahre versammelten die Geheimdienste und ihre Propagandaorgane in der New York Times und anderswo, die alle von Wall-Street-Gaunern finanziert wurden, die Get-LaRouche-Taskforce, die nicht nur LaRouches Fusion Energy Foundation, sein Anti-Drogen-Magazin Krieg dem Rauschgift und seine Zeitung zum Schweigen brachte, sondern ihn und mehr als ein Dutzend seiner Mitarbeiter inhaftierte. Der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark bezeichnete dieses Vorgehen als die am längsten andauernde und am weitesten reichende Operation, mit der ein führender Politiker seiner Zeit seines Wissens „kaltgestellt“ wurde. Vielleicht ist das der Grund, warum die Amerikaner ihren Weg verloren haben, während die Führer Rußlands, Chinas, Brasiliens, Südafrikas, Indiens und so vieler anderer Nationen endlich das Joch des britischen „Teile und Herrsche“-Spiels abschütteln.

Wenn wir bei Verstand wären, würden wir uns über diese längst überfällige Erfüllung der Prinzipien der Amerikanischen Revolution freuen. Stattdessen lassen wir uns von der Wut und Frustration über unsere selbstverschuldete Unterdrückung so sehr beugen, daß wir die Realität nicht mehr sehen.

Aber glücklicherweise sind wir eine Nation von Einwanderern, und die Lügner und Verräter in den Mainstream-Medien und in unseren Regierungsbehörden werden nicht in der Lage sein, die Nachrichten für immer zu unterdrücken. Die Wahrheit über die Überwindung des Kolonialismus sickert durch, und ich bin optimistisch, daß der Feind nicht in der Lage sein wird, sie aufzuhalten. Meine größte Befürchtung – abgesehen davon, daß wir einen Atomkrieg anzetteln könnten, um den Fortschritt zu stoppen – ist, daß die Amerikaner, wenn das alte stinkende Monster zusammenbricht, nur auf ihre schmutzigen Socken schauen und nicht in die Sterne, denn das wäre unser Weg, den wir zusammen mit unseren Brüdern und Schwestern der gesamten menschlichen Gattung weltweit gehen müssen.

Ich danke Ihnen.

Scott Ritter (USA), ehemaliger UN-Waffeninspektor im Irak: „Das Weltbild der NATO stößt mit der Realität zusammen“

Rede lesen

Das Weltbild der NATO stößt mit der Realität zusammen

Von Scott Ritter

Scott Ritter war UN-Waffeninspekteur im Irak. Für die Konferenz des Schiller-Instituts am 9. September übermittelte er den folgenden Videobeitrag. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

Ich grüße Sie aus Bethlehem, New York. Ich möchte Helga Zepp-LaRouche und dem Schiller-Institut dafür danken, daß sie mir die Gelegenheit geben, zu Ihnen zu sprechen. Das Thema, über das ich reden werde, ist der gegenwärtige Kurs der NATO. Welche Auswirkungen hat die derzeitige Haltung der NATO auf die geopolitischen Realitäten der Welt?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst darüber nachdenken, warum die NATO überhaupt existiert. Die NATO wurde von den westeuropäischen Mächten, sozusagen als transatlantische Gemeinschaft, nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um sich gegen die Bedrohung durch die Sowjetunion zu schützen, insbesondere gegen ihre dauerhafte Präsenz in Osteuropa. Man war besorgt, daß sich in Westeuropa in den durch jahrelange Konflikte geschwächten Volkswirtschaften und sozialen und politischen Strukturen der Kommunismus ausbreiten könnte.

Die NATO wurde daher nicht nur als Bollwerk gegen die Ausdehnung der sowjetischen Macht gesehen, sondern auch als Instrument zur Stärkung der demokratischen Institutionen in Europa. Lord Hastings, der erste Generalsekretär der NATO, sagte einmal im Scherz, der Zweck der NATO sei es, „die Amerikaner drinnen, die Deutschen drunten und die Russen draußen zu halten“. Gehen wir einmal davon aus, daß er genau das wiedergegeben hat, was die NATO ursprünglich bewirken sollte.

Aber Jahrzehnte später, mit dem Fall der Berliner Mauer, der Wiedervereinigung Deutschlands und schließlich dem Zusammenbruch der Sowjetunion, verlor die NATO ihre Existenzberechtigung. Die Russen waren raus, die Deutschen waren nicht mehr am Boden, sondern richteten sich auf. Und ehrlich gesagt, gab es für die Vereinigten Staaten keinen Grund mehr, in der NATO zu bleiben. Die NATO hatte ihre Schuldigkeit getan, sie hatte dem sowjetischen Druck standgehalten und die sowjetische Expansion verhindert. Sie hatte ihre Aufgabe gut erfüllt; es war Zeit für die NATO, abzutreten.

Aber die NATO weigerte sich abzutreten, denn sie war nicht nur ein Militärbündnis, sondern auch eine politische Institution. Eine politische Institution, die eng mit der Entstehung und Erweiterung der Europäischen Union und mit der amerikanischen Hegemonie verbunden ist. Die NATO ist eine Erweiterung der amerikanischen nationalen Sicherheits- und Außenpolitik. Sie ist ein Instrument, das von den Amerikanern eingesetzt wird, und die Amerikaner hatten nicht vor, dieses Instrument einfach aufzugeben. Nein, sie versuchten, aus dem Verteidigungsbündnis NATO ein Element der amerikanischen „Trickkiste“ zu machen, wenn es darum ging, Macht nicht nur regional, sondern global zu projizieren.

Wir haben erlebt, wie die NATO 1999 in einen offensiven Angriffskrieg gegen Serbien verwickelt wurde; wir haben erlebt, wie die NATO 2011 in einen offensiven Angriffskrieg gegen Libyen verwickelt wurde, um einen Regimewechsel herbeizuführen. Wir haben erlebt, wie sich die NATO nach den Terroranschlägen vom September 2001 in Amerika an Bemühungen um „Nationenaufbau“ in Afghanistan beteiligt hat; dazu NATO-Ausbildungsmissionen im Irak und NATO-Ausbildungsmissionen in Syrien. Wir sehen, daß die NATO versucht, in den Persischen Golf zu expandieren, und in jüngster Zeit sehen wir, wie die NATO – ein transatlantisches Bündnis – versucht, ihre Präsenz in den Pazifik auszuweiten. Das alles geschieht nicht, weil die NATO oder Europa es brauchen, sondern weil die Vereinigten Staaten es so wollen.

Auch hier spiegelt sich die Realität wider, daß die NATO eine Erweiterung der amerikanischen Macht ist, nicht mehr und nicht weniger. Sie vertritt nicht die legitimen nationalen Sicherheitsinteressen Europas. Das könnte sie auch gar nicht, denn sonst wäre sie nicht in den laufenden Konflikt gegen Rußland in der Ukraine verwickelt.

Europas Wirtschaft wird demontiert

Werfen wir einen Blick auf den wirtschaftlichen Wohlstand Europas, wie er sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Europa erholte sich vom Zweiten Weltkrieg, es baute seine Wirtschaft wieder auf. Die Volkswirtschaften ermöglichten es, effektive Gesundheitsversorgung, Sozialprogramme, Rentenleistungen und vieles mehr zu finanzieren.

Und warum? Ehrlich gesagt nur aus einem einzigen Grund – billige russische Energie. Dank der Verfügbarkeit von russischem Gas und russischem Öl in großen Mengen zu erschwinglichen Preisen war Europa in der Lage, im Laufe der Jahrzehnte Hunderte von Milliarden, wenn nicht gar Billionen an nationalen Ressourcen zu sammeln, die an anderer Stelle investiert werden konnten. Hätten sie statt dessen für die von ihnen verbrauchte Energie den Marktwert bezahlen müssen, so hätten das Wachstum der europäischen Industrie und die Anhäufung von Reichtum, den die europäischen Staaten zum Nutzen ihrer Bevölkerung verteilen konnten, nicht stattgefunden.

Doch für die Vereinigten Staaten war das inakzeptabel. Wenn die Vereinigten Staaten die Interessen Europas im Auge hätten, hätten sie einen Weg gefunden, um Europa die Möglichkeit zu geben, die Verbindung mit Rußland im Energiebereich aufrechtzuerhalten. Aber genau das haben wir nicht getan. Statt dessen haben wir versucht, Europa von der russischen Energie abzuschneiden, und damit haben wir die europäische Wirtschaft zerstört.

Heute sehen wir die deutsche Industrie im freien Fall. Die Deindustrialisierung findet statt, während wir hier sprechen. Das gleiche gilt für Frankreich, Großbritannien und andere europäische Länder. Indem diese NATO-Staaten sich an die amerikanische Politik ketten, zerstören sie die eigenen Nationalstaaten, aus denen sich die NATO zusammensetzt.

Der Mythos der Einigkeit der NATO

Ein weiterer Mythos ist, daß die gesamte NATO „mit einer Stimme spricht“. In vielerlei Hinsicht tut sie das auch, denn die einzige Stimme, die die NATO jemals zum Ausdruck bringen kann, ist die amerikanische. Sie kann einen norwegischen Akzent haben, so wie derzeit bei ihrem Generalsekretär Jens Stoltenberg. Sie kann auch einen belgischen oder deutschen Akzent haben, aber es ist eine amerikanische Stimme, darüber sollte sich niemand Illusionen machen.

Die amerikanische Stimme muß den Eindruck erwecken, daß die NATO eine erfolgreiche Organisation ist. Aber wenn Sie sich die NATO ansehen, werden Sie verstehen, daß die amerikanische Rhetorik – ob mit norwegischem Akzent oder nicht -, wonach die NATO noch nie so geeint und so stark war wie heute, leere Worte sind.

Wie kann eine Organisation behaupten, geeint zu sein, wenn der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld an einem der kritischsten Punkte ihrer modernen Ausprägung – nämlich 2002, am Vorabend der US-geführten Invasion im Irak – vom „alten“ und „neuen“ Europa spricht? Schon damals haben wir einen Bruch, einen Trennungspunkt in Europa erzeugt, wonach es diejenigen gibt, die „für“ uns sind, in diesem Fall das Neue Europa – Polen, die baltischen Staaten, die anderen osteuropäischen Nationen, die früher Teil des Sowjetblocks waren – und diejenigen, die „gegen“ uns sind. Das sind Frankreich, Deutschland, Italien, die Nationen, die damals nicht mit unserer Politik im Irak einverstanden waren. Wir haben diese Kluft geschaffen, und diese Kluft besteht auch heute noch.

Aber es gibt noch weitere Gräben. Wie kann man von der Einheit der NATO sprechen, wenn ein Land wie die Türkei, ein NATO-Mitglied, sich der NATO-Erweiterung durch Schweden und Finnland widersetzt, weil deren Politik mit den nationalen Sicherheitszielen der Türkei unvereinbar ist, insbesondere im Hinblick auf die Unterstützung kurdischer Separatistengruppen? Die NATO soll ein gemeinsames Bündnis sein, aber ein Land – die Türkei – hat erklärt, daß es eine existentielle Bedrohung für ihr Überleben gibt, die von den NATO-Beitrittskandidaten unterstützt wird. Sie lehnt dies also ab. Ist das Einigkeit?

Auch wenn die Türkei in der Frage Finnlands nachgegeben hat, muß sie noch Schweden zustimmen. Und selbst wenn sie das tut, dann nur unter Zwang oder durch Bestechung. Einigen Presseberichten zufolge wurde der Türkei von den Vereinigten Staaten der Zugang zu F-16-Kampfflugzeugen angeboten, wenn sie Schweden den Beitritt zur NATO gestatten.

Doch dann stellte sich heraus, daß der US-Kongreß dagegen ist. Der Kongreß ist der Ansicht, daß die Türkei, wenn sie F-16-Kampfflugzeuge erhält, diese in einem Krieg in der Ägäis gegen Griechenland einsetzen könnte. Griechenland ist ein NATO-Mitglied! Die Türkei ist ein NATO-Mitglied! Wie kann man von Einheit sprechen, wenn man befürchtet, daß ein NATO-Mitglied, wenn man ihm Waffen liefert, diese in einem bewaffneten Konflikt gegen ein anderes Mitglied einsetzen könnte? Die NATO ist nicht geeint.

Es gibt Gerüchte über eine NATO-Erweiterung. In der NATO war die Rede davon, in den Pazifik vorzustoßen. Aber das wurde von Frankreich abgelehnt, dessen Regierungschef Emmanuel Macron sagte, die NATO sei eine Organisation des Nordatlantikvertrags und es gebe keinen Grund, ein Verbindungsbüro im Pazifik zu eröffnen.

Auch hier geht es um interne Streitigkeiten in diesem sogenannten „einigen“ Bündnis. Es heißt, aufgrund des Konflikts in der Ukraine sei die NATO stärker als je zuvor; im Zuge des Gipfels von Vilnius wurde davon gesprochen, die militärischen Kapazitäten der NATO zu erweitern und eine 300.000 Mann starke Schnelle Eingreiftruppe zu schaffen. Aber diese Truppe existiert nur in den Köpfen von Jens Stoltenberg und seinen amerikanischen Herren. Sie existiert nur auf dem Papier. Und es stellt sich die Frage, ob die scheiternden Volkswirtschaften der europäischen NATO-Mitglieder die Kosten für den Aufbau dieser Streitkräfte, die wir laut Jens Stoltenberg wegen der russischen Bedrohung brauchen, überhaupt tragen und aufrechterhalten können.

Das führt uns zu dem Konflikt in der Ukraine. Die NATO hat der Ukraine ihre Unterstützung zugesagt. Nicht direkt, es gibt keine Truppen vor Ort, aber die NATO hat ihre Waffenarsenale entblößt, um die Ukraine zu unterstützen; sie leert ihre Schatzkammern, um die Ukraine zu unterstützen. Die NATO hat gesagt, ein russischer Sieg in der Ukraine wäre ein Sieg über die NATO und deshalb dürfe die NATO niemals zulassen, daß Rußland gewinnt. Aber Rußland gewinnt und die NATO kann nichts dagegen tun.

Tatsache ist, daß die NATO ein gescheitertes und scheiterndes Bündnis ist. Sie hat eine begrenzte Lebensdauer. Die Vorstellung, daß die NATO weitere 75 Jahre überleben wird, ist lächerlich. Die NATO kann von Glück sagen, wenn sie noch fünf, höchstens zehn Jahre überlebt. Die NATO ist eine Organisation, die ihre Existenzberechtigung verloren hat.

Außerdem wird den europäischen Mitgliedern allmählich klar, daß, wenn sie in der NATO bleiben, ihre nationalen Sicherheitsinteressen – ob legitim oder nicht – immer den nationalen Sicherheitsinteressen der USA untergeordnet sein werden, die nicht das Wohl Europas im Sinn haben. Ich möchte die Europäer noch einmal daran erinnern, daß das, was mit ihrer Wirtschaft passiert ist, nicht an Rußland liegt, sondern an den Vereinigten Staaten. Die NATO hat Mitglieder auf der einen Seite des Atlantiks und auf der anderen Seite. Die Mitglieder auf der einen Seite des Atlantiks – die Vereinigten Staaten und Kanada – scheren sich nicht um Europa. Europa ist für sie nicht dazu da, um als enger Verbündeter behandelt zu werden; es ist dazu da, um zum eigenen Vorteil ausgenutzt zu werden, insbesondere zum Vorteil der Vereinigten Staaten. Es ist an der Zeit, daß die europäischen Mitglieder der NATO das erkennen und sich für einen europäischen Sicherheitsrahmen mit Rußland einsetzen, der die legitimen nationalen Sicherheitsinteressen Europas und Rußlands respektiert, um sicherzustellen, daß die beiden Seiten nie wieder in einen Konflikt verwickelt werden, sei es direkt oder durch Stellvertreter. Beide Seiten werden davon profitieren.

Natürlich werden die Vereinigten Staaten dies ablehnen, so daß der wahre Kampf für die NATO in Zukunft der interne politische Kampf zwischen den europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten sein wird, während sie mit konkurrierenden Visionen darüber ringen, wie Europa an einer sich verändernden globalen Dynamik teilnehmen sollte. Das Zeitalter des amerikanischen Hegemons ist vorbei. Der Aufstieg der multipolaren Realität hat uns eingeholt. Es ist an der Zeit, daß Europa sich entscheidet, ob es Teil eines Gewinnerteams sein will, und das ist natürlich die Multipolarität, oder ob es mit der Titanic in Form der amerikanischen Singularität untergehen will?

Ich danke Ihnen, daß Sie mir die Gelegenheit zu diesem Beitrag gegeben haben, und ich wünsche Ihnen, Helga, dem Schiller-Institut und allen Teilnehmern dieser Konferenz alles Gute.

Diskussionsrunde

Panel 2: Ein neues Paradigma in der Geschichte der Menschheit nimmt Gestalt an

Samstag, 9. September, 19:00 Uhr MESZ

Moderator: Stephan Ossenkopp, Schiller-Institut (Deutschland) und Lyndon LaRouche (U.S.), Wissenschaftler und Ökonom (1922-2019), Video-Präsentation: Das Ende der Globalisierung – Das Zeitalter der „Idee” beginnt

Beitrag von Lyndon LaRouche lesen

Neue Alternativen angesichts des Endes der Globalisierung

Von Lyndon LaRouche

Zu Beginn der zweiten Sitzung der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9. September wurden Auszüge aus dem Videomitschnitt einer Rede gezeigt, die Lyndon LaRouche am 5. Nov. 2002 an der Autonomen Universität des mexikanischen Bundesstaates Coahuila in Saltillo gehalten hat. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

In Südamerika sehen wir, daß Argentinien zerstört wurde, insbesondere seit 1982. Wir sehen, daß Bolivien jetzt Gefahr läuft, wieder in eine Drogendiktatur zurückzufallen. Wir sehen ähnliche Krisen an den Grenzen mit Brasilien und Argentinien, Paraguay und Uruguay. Wir sehen den Verlust der Souveränität Perus durch einen Putsch, der unter der Leitung von Präsident Clinton organisiert wurde…

Gegenwärtig hat es Brasilien mit einer ungeheuren Last zu tun. Es gibt keine Möglichkeit, daß Brasilien die Schulden tragen kann, die ihm jetzt auferlegt werden. Diese Schulden sind nicht wirklich selbst verschuldet. Die Schulden wurden dem Land von internationalen Institutionen auferlegt unter starkem Druck der Vereinigten Staaten, einschließlich der Dollarisierung der brasilianischen Schulden im Jahr 1989, was eine Tragödie war.

Es gibt keine Möglichkeit, diese Schulden unter diesen Bedingungen zu bezahlen. Der IWF verlangt, daß Brasilien Zugeständnisse gegenüber allen Anforderungen der Märkte macht, die im Wesentlichen korrupt sind. J.P. Morgan, Chase und Citibank sind im Grunde bankrott, und ohne die Macht der Vereinigten Staaten als physische Macht, wären sie tatsächlich bankrott. Es gibt für sie keine Hoffnung für die Zukunft, unter den gegenwärtigen Bedingungen.

Dies gilt auch für das Bankensystem der Vereinigten Staaten im Allgemeinen. Das Federal Reserve System der Vereinigten Staaten ist heute bankrott und wird nur durch die politische Macht der Vereinigten Staaten aufrechterhalten. Die Bankensysteme in Europa sind bankrott. Die Zentralbankensysteme sind bankrott, und das ist der Zustand in weiten Teilen der Welt.

Der IWF – der zusammen mit der Weltbank für diesen Bankrott verantwortlich ist, der sich im Laufe der Jahre entwickelt hat – kommt jetzt nach Brasilien und sagt: „Brasilien, ihr seid schlecht. Ihr seid schlecht. Ihr müßt unsere Vormundschaft akzeptieren. Wir, die euch ruiniert haben, sind gekommen, um euch zu helfen, indem wir euch noch mehr ruinieren.“

Was würde passieren, wenn Brasilien vor dem IWF kapitulierte, und alles akzeptierte, das den Forderungen ähnelt, die der IWF an das Land stellt? Brasilien würde sterben! Es würde sich auflösen, und zwar schnell. Nicht über mehrere Jahre, sondern über Monate!

Sehen Sie sich die Zahlen an. Nehmen Sie die Größenverhältnisse. Nehmen Sie die Kosten für den Schuldendienst. Nehmen Sie die Auswirkungen dieser Bedingungen und den Zusammenbruch der brasilianischen Wirtschaft. Schauen Sie, was mit Argentinien passiert, und sehen Sie, daß das, was in Argentinien passiert ist, jetzt mit voller Wucht auf Brasilien übergreift…

Wenn Brasilien Widerstand leistet und sich nicht unterwirft, könnte es überleben. Wenn der durchschnittliche Zinssatz in Brasilien unter 10% gehalten und geeignete Bedingungen für die Refinanzierung der Schulden geschaffen würden, könnte Brasilien überleben und Teil einer Erholungsperspektive für die Hemisphäre sein. Aber wenn Brasilien unter diesen Bedingungen überlebte, würde der IWF bankrott gehen. Unter den gegenwärtigen Umständen könnte er diese Art der finanziellen Umstrukturierung nicht verkraften.

So oder so, der IWF ist in seiner jetzigen Form tot. Wenn er sich durchsetzt, stirbt er. Wenn er scheitert, stirbt er. Dies gibt Ihnen einen Hinweis auf das, was wir als systemische Krise bezeichnet haben, im Gegensatz zu den Leuten, die lediglich das statistische Phänomen der Boom-Bust-Zyklen studieren. Das ist kein zyklisches Phänomen…

Es gibt Lösungen

Es gibt natürlich Lösungen. Ich habe mich für solche Lösungen eingesetzt. Vor kurzem wurde in der italienischen Abgeordnetenkammer mehrheitlich für einen Vorschlag gestimmt, den ich vorgelegt hatte. Die italienische Regierung hat sich mit diesem Votum implizit verpflichtet, mit anderen Regierungen zusammenzuarbeiten, um das Weltwährungssystem zu reorganisieren, um zu einer Bretton-Woods-Formel der Art zurückzukehren, die wir von 1945 bis 1964 hatten. Dieses Modell soll verwendet werden: feste Wechselkurse, ein protektionistisches System zur Förderung der Produktion und ähnliche Programme, um sicherzustellen, daß wir wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehren. Das heißt, wir müssen die Welt einer Konkurssanierung unterziehen, so wie man es bei jedem Konkurs tut…

Wir, als Staaten, müssen den Kredit erzeugen – Kredit für großangelegte Infrastrukturprogramme und zur Förderung privater Investitionen. Dieser Kredit wird langfristig, d.h. über 25 Jahre oder mehr in der Regel zu einfachen Zinssätzen von 1-2%  als staatlicher Kredit für große Infrastrukturen verwendet; zur Förderung der Beschäftigung, zum Bau von Eisenbahnen, für die Wasserversorgung, die Energieversorgung und so weiter, die für die Gesellschaft notwendig sind. Dies wird die private Beschäftigung anregen.

Wir werden auch Kredite in kreditwürdige Bereiche privater Investitionen stecken, um die Landwirtschaft und das verarbeitende Gewerbe zu fördern, um andere notwendige Dinge aufzubauen, und wir werden aus diesem Schlamassel herauskommen…

Ich schlage vor, daß wir die Welt mit dem Blick auf bestimmte Länder betrachten, die technologisch gesehen Quellen der Entwicklung sind. In anderen Ländern, einschließlich China und Indien – die relativ gesehen keine wohlhabenden Länder sind – gibt es auch Quellen des technologischen Fortschritts. Sie haben bestimmte Industrien, bestimmte Techniken, aber nicht genug, um den Gesamtbedarf ihrer Bevölkerung zu decken.

Unser Vorschlag lautete: Man nehme die Gebiete Eurasiens, baue Quellen des technologischen Fortschritts auf, um langfristig technologisch notwendiges Kapital in Gebiete mit geringem Technologiepotential zu übertragen. Und genauso nimmt man Gebiete wie das Landesinnere Chinas (im Gegensatz zu den Küstenregionen) und andere Länder, und man beginnt, ihre Produktivität über eine Generation oder länger aufzubauen.

Auf dieser Grundlage kann man durch langfristige Kredite mit einer Laufzeit von 25 Jahren oder in dieser Größenordnung Kredite schaffen und ausgeben, um den Fluß von Hochtechnologieexporten aus den Gebieten zu finanzieren, die Quellen der Technologie sind, in Länder, die diese Technologie dringend benötigen. Wir könnten es so organisieren, daß sie in diesen 25 Jahren in der Lage sind, sich von dem freizukaufen, was wir ihnen als Kredit gegeben haben.

Ich habe das 1992 vorgeschlagen, und diese Länder haben akzeptiert, was ich die Eurasische Landbrücke nenne…

Aber heute haben wir neue Technologien. Was ich vorschlage, ist die Schaffung von Entwicklungskorridoren, von Gebieten wie Rotterdam in Europa, bis zu Orten wie Pusan an der Spitze Koreas, auf der anderen Seite Asiens. Diese Entwicklungskorridore verlaufen auch durch den nördlichen Teil Rußlands und Kasachstans bis nach China und Zentralasien, und der südliche Teil verläuft entlang der Küste des Indischen Ozeans, nach Indien und so weiter, nach Indochina und über andere Routen.

Diese Entwicklungskorridore hätten eine Breite von 50-100 Kilometern, d.h. sie umfassen die Hauptverkehrswege, Wasserleitungen, Energieerzeugungs- und -verteilungszentren, um so die Industrie- und landwirtschaftliche Zentren in Gebieten zu versorgen, die heute weitgehend unterentwickeltes oder brachliegendes Land sind. Und indem sie Gebiete durchkreuzen, die größtenteils Ödland sind, das aber die größte Konzentration an Bodenschätzen auf diesem Planeten hat, würden wir dieses Gebiet in eine Wachstumsregion für ganz Asien verwandeln.

Dieses Programm wird nun schrittweise und allmählich in die Tat umgesetzt. Die Bemühungen unter anderem Chinas und Rußlands, den Bau einer Eisenbahnverbindung zwischen Nord- und Südkorea zu forcieren, bedeuten eigentlich die Schaffung einer Eisenbahnverbindung von Pusan nach Rotterdam, durch China und durch Rußland. Und das ist bereits in Gange…

Die Regierungen müssen ein neues System schaffen

Das Problem besteht darin, die Menschen und insbesondere die Regierungen dazu zu bringen, zu akzeptieren, daß dieses System hoffnungslos bankrott ist. Man versuche nicht, sich dem System anzupassen, sondern das System muß ersetzt werden.

Wie kann das gehen? Das geht mit der Autorität der Regierung, einer souveränen Regierung, einer Gruppe von souveränen Regierungen, die ihre Bankensysteme eine Konkurssanierung unterziehen, ein neues System von Nationalbanken unter einer nationalen Regierung schaffen, Kredite mobilisieren, das Gemeinwohl schützen, Stabilität erhalten, Vollbeschäftigung fördern, Wachstumsbereiche finden, in denen Kredite konzentriert werden können, sowohl im öffentlichen Sektor, in der Infrastruktur, als auch im Privatsektor. Nur die Regierungen können das tun. Das ist die souveräne Macht der Regierung als echter Souverän…

Deshalb muß die Basis der Wirtschaft aufgebaut werden. Und 50% einer jeden modernen Wirtschaft, die kompetent konzipiert ist, sind Investitionen in die Infrastruktur, nicht in die Produktion: Transport, Stromerzeugung und -verteilung, Wasserversorgung und -management, Abwasserentsorgung, Gesundheitssysteme, Bildungssysteme, das sind die Grundpfeiler einer Wirtschaft. Der Zugang zu Bibliotheken und solchen Dingen ist ein wesentlicher Teil der Produktivkraft der Arbeit. Die Fähigkeit, Waren effizient und schnell zu transportieren, in großem Umfang überall hin zu transportieren, von einem Ort zum anderen zu gelangen, das ist entscheidend. Das haben wir aus den Augen verloren.

Mein Spezialgebiet, auf das ich mich all die Jahre konzentriert habe, ist die physische Wirtschaft. Finanzwirtschaft? Das ist nichts. Buchhaltung? Das ist nichts. Das bedeutet nur, einzelne Punkte miteinander zu verbinden; das erfordert keinerlei Fähigkeiten. Wir müssen verstehen, wie wir investieren, und zwar in eine Kombination aus Infrastruktur und anderen Dingen, um einen generationenübergreifenden Fortschritt zu erzielen und die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhen…

Wie entwickelt sich Kultur?

Mein Anliegen ist also, Studenten ein Verständnis zu vermitteln, was eine Idee im Sinne von Platon ist – Entdeckung, Hypothese, experimenteller Beweis, die Methode von Kepler. Sobald man weiß, was eine Idee ist, ist man zu physikalisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen fähig.

Das läßt sich sehr leicht demonstrieren. Dann fragt man sich: „Wie entwickelt sich Kultur?“ Sie entwickelt sich auf der Grundlage der Weitergabe von Ideen, die solchen Entdeckungen entsprechen, von einer Generation zur nächsten Generation. Das ist Geschichte! Archimedes, Eratosthenes, Platon und Archytas, das sind die Quellen der antiken wissenschaftlichen Methode. Sie leben heute in unserer Gesellschaft, weil die Wissenschaftler diese Entdeckungen nachgeahmt und auf das Verständnis der modernen Wissenschaft heute angewandt haben.

Die Weitergabe von Kultur über Tausende von Jahren bis in die Gegenwart ist das Ergebnis der Erkenntnis, was eine Idee ist und wie wichtig es ist, diese Idee durch Bildungs- und ähnliche Prozesse von einer Generation zur nächsten weiterzugeben, mit dem Ergebnis, daß eine Generation entsteht, die pro Kopf mehr Macht über das Universum hat als die vorherige Generation. Das ist Kultur! Ideen des klassischen Dramas, die Einsichten darüber vermitteln, wie sich Menschen verhalten und wie sie sich falsch verhalten. Wie kann man das erreichen? Das ist, was wir brauchen.

Buchhaltung ist simpel. Mit Mathematik zu spielen, zu addieren und subtrahieren und so weiter, das ist simpel. Aber das ist nicht Wirtschaft. Wirtschaft basiert auf dem Menschen, der kein Affe ist. Nur Menschen haben die Fähigkeit, Ideen zu generieren, zu assimilieren, Ideen zu replizieren.

Der Zweck von Ideen ist, zu wissen, daß wir alle sterben werden. Wie verwenden wir also unser Talent im Leben? Was bedeutet unser Leben, nachdem wir nicht mehr sind? Was haben wir für die kommenden Generationen erfunden, das uns einen festen Platz im Spektrum der Raum-Zeit gibt? Das ist menschlich. Wir müssen versuchen, Wissen in jedem möglichen Bereich zu erlangen, den wir erreichen können, um die wundervollen Entdeckungen der Menschen vor uns zu entdecken, und sie an andere weiterzugeben, um eine Gesellschaft zu entwickeln, in der dies zum  Standard wird – das ist Wirtschaft.

Wirtschaft ist das, was eine Generation zum Nutzen der nächsten zwei Generationen zu tun vermag.

Ich danke Ihnen vielmals.

Dennis Small (Vereinigte Staaten), Schiller-Institut (USA): „Ein Notfallprogramm zur Rettung Argentiniens, des jüngsten BRICS-Mitglieds“

Rede lesen

Ein Notprogramm zur Rettung Argentiniens,
des jüngsten Mitglieds der BRICS

Von Dennis Small,
Schiller-Institut

Manchmal schreitet die Geschichte viel schneller voran, als die Menschen erwarten – auch die Menschen, die selbst die Hauptakteure in der Entwicklung dieser Geschichte sind. Und manchmal geht es schneller, als die Menschen es sich wünschen. Die Geschehnisse auf dem BRICS-Gipfel zeigen, wie sich die Entwicklungen auf strategischer Ebene in einer Weise beschleunigen, die von den meisten Menschen nicht vorhergesehen wurde.

Jetzt haben wir eine Entwicklung, bei der in weniger als zwei Monaten nach Abschluß dieses Gipfels die Existenz der BRICS und die Zukunft des Globalen Südens und der globalen Mehrheit bei den Wahlen in Argentinien, den Präsidentschaftswahlen am 22. Oktober, tatsächlich in Frage gestellt wird.

Der Grund dafür ist folgender: Es gibt drei Kandidaten, die [bei den Vorwahlen] jeweils etwa ein Drittel der Stimmen erhalten haben. Zwei der drei – ich spreche von Javier Milei und Patricia Bullrich – sprechen sich beide offen dafür aus, daß Argentinien aus den BRICS austritt, noch bevor es am 1. Januar 2024 formell beitreten soll. Der dritte Kandidat, Sergio Massa, der auch Wirtschaftsminister der derzeitigen Regierung ist, würde ungeachtet seiner sonstigen Unzulänglichkeiten wenigstens in den BRICS bleiben.

Der IWF, die internationalen Banken, die Londoner City und die Wall Street haben mit ihren Wirtschaftskillern einen Finanzkrieg vom Zaun gebrochen, um Argentinien zu ruinieren und tun dazu verschiedene Dinge. Um es für jeden, der mit der amtierenden Regierung verbunden ist, unmöglich zu machen, die Wahlen zu gewinnen, haben sie eine hohe Inflation, extrem hohe Zinssätze – 120% –, massive Kapitalflucht und enorme Armut in der Bevölkerung verursacht.

Ihre Absicht ist es, an Argentinien ein blutiges Exempel zu statuieren. Erstens soll das Land geschwächt werden, damit es nicht den BRICS beitritt. Das würde dann auch eine Flanke gegen seinen Nachbarn Brasilien öffnen, eines der fünf Gründungsmitglieder der BRICS. Und es soll ein blutiges Exempel für die ganze Welt sein, um alle die 30 weiteren Länder, die derzeit über einen Beitritt zu den BRICS nachdenken, zu warnen: „Wenn ihr versucht, unser bankrottes System zu verlassen oder mit ihm zu brechen, werden wir euch von der Landkarte tilgen.“

Es ist an der Zeit, ein neues System zu schaffen

Daher wird der Kampf um Argentinien schnell zum Kampf um die BRICS. Sie haben gerade die Rede von Lyndon LaRouche gehört, die er 2002 in Saltillo in Mexiko gehalten hat, und er hat darin darauf hingewiesen, daß es jetzt an der Zeit sei, dieses System zu ändern, Und er hatte recht.

20 Jahre zuvor, am 1. Oktober 1982, hatte der damalige mexikanische Präsident José López Portillo vor der UN-Vollversammlung gesprochen und erklärt, es sei der rechte Ort und die rechte Zeit, um das Abgleiten in ein neues mittelalterliches finsteres Zeitalter zu stoppen und es durch ein neues Paradigma abzulösen. Sie hatten beide recht!

Lyndon LaRouche hat immer wieder betont, daß in einer Krise der Schlüssel zum Sieg darin liegt, genügend Menschen zu gewinnen, die wirklich denken und Politik planen können, damit sie die erforderlichen Konzepte verinnerlicht haben, wenn der sprichwörtliche Tropfen das Faß zum Überlaufen bringt, so wie es jetzt der Fall ist. LaRouche hat das 1982 in seinem Meisterwerk Conceptual Outlines of Modern Economic Science („Konzeptioneller Grundriß der modernen Wirtschaftswissenschaft“) mit großer Klarheit erklärt. Hier ist ein Auszug aus dieser Erklärung:

„Jede dieser Krisen stellt eine Art Verzweigungspunkt in der Geschichte dar. An solchen Punkten müssen sich die Völker entscheiden, ob sie in den Ruin getrieben werden wollen, indem sie sich weigern, frühere Tendenzen in der Politik radikal zu ändern, oder ob sie durch geeignete Veränderungen in der Politik und in den Institutionen bewirken wollen, daß es mit der Menschheit wieder aufwärts geht…

Es waren immer nur eine relative Handvoll, die diese Hingabe für ein höheres, weitreichendes Ziel aufbrachte und so für ihr Volk im allgemeinen die Führungsqualitäten boten, die die Menschen brauchten… Wenn ich dabei helfen kann, eine solche Führung innerhalb der Entwicklungsländer zu stärken…, können wir alle, die wir gleichzeitig Patrioten und Weltbürger sind, als eine Prinzipiengemeinschaft zusammenarbeiten, um dabei zu helfen, unsere jeweiligen Nationen für gemeinsame Anstrengungen zu vereinen.“

Der Zusammenbruch des gesamten transatlantischen Finanzsystems in Verbindung mit dem BRICS-Gipfel, der das Tempo der Entwicklungen radikal verschoben hat, hat also Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte von Entwicklungen in einen sehr kurzen Zeitraum zusammengeschoben. Deshalb sage ich: „Die Zeit ist jetzt!“

Die Bilanz des BRICS-Treffens

Lassen wir die Argentinien-Frage einen Moment beiseite und wenden uns einem anderen Kampf zu, der im Gange ist und im Zusammenhang mit den Entwicklungen auf dem BRICS-Treffen steht. Denn wenn man eine Bilanz der Ereignisse auf dem BRICS-Treffen zieht, dann sieht man folgendes:

Erstens: Der Handel in nationalen Währungen – die Entdollarisierung – schreitet sehr schnell voran. Das breitet sich weltweit aus, und es gibt praktisch keine Möglichkeit, es zu stoppen. Wir haben eine Situation, die von Rußlands führendem Wirtschaftswissenschaftler, Sergej Glasjew, kürzlich folgendermaßen beschrieben wurde: „Der Übergang zu den nationalen Währungen mußte schwindelerregend schnell erfolgen, aber an sich ist der Übergang zu Abrechnungen in nationalen Währungen nur ein kleines Element der Wirtschaftstätigkeit und der wirtschaftlichen Sicherheit.“

Da hat er recht.

Zweitens: Aus den BRICS-5 wurden bei diesem Treffen die BRICS-11: 47% der Weltbevölkerung, was ziemlich wichtig ist; 36% des BIP (ein völlig bedeutungsloses Maß für die reale Wirtschaftstätigkeit, aber wie dem auch sei); 80% der weltweiten Ölvorkommen werden jetzt von den BRICS-11 kontrolliert, dazu etwa 72% aller Seltenen Erden.

Eine dritte Entwicklung: Die Neue Entwicklungsbank (NDB) der BRICS-Staaten hat damit begonnen, in erheblichem Umfang Kredite an BRICS-Mitgliedsländer für Infrastrukturprojekte in deren Landeswährung zu vergeben, und sie haben auch angekündigt, daß sie den Prozeß, Kapital außerhalb des Dollar-Markts aufzunehmen, fortsetzen und ausweiten werden.

Das ist äußerst wichtig, denn der Dollarmarkt ist ein Koloß von zwei Billiarden Dollar an Spekulationsgeschäften und ein Krebsgeschwür, das bisher die Funktionsfähigkeit der Neuen Entwicklungsbank behindert. Jetzt haben sie damit begonnen, Anleihen aufzulegen, um sich Kapital in China in Renminbi und in Südafrika in Rand zu besorgen. Demnächst werden sie dies auch in Indien in Rupien und in Brasilien in Reals tun. Sie müssen ihre Kreditvergabe um mindestens das Hundertfache erhöhen, um den Bedarf an umfangreichen Infrastrukturinvestitionen in der nächsten Zeit zu decken.

Dies sind also einige der Fortschritte, die bereits erzielt wurden. Aber was ist mit einer neuen Währung? Diese Frage ist wiederholt in den Medien aufgetaucht, aber die meisten bringen nur sehr wenig Licht in diese Angelegenheit. Die Frage ist: Wird es fünf oder zehn Jahre dauern, sie zu entwickeln und alle technischen Einzelheiten auszuarbeiten, bis man vielleicht zu einer Einigung kommt? Nein, dafür haben wir keine Zeit, und es wird auch nicht so lange dauern.

Was Argentinien jetzt tun muß

Mit all diesen Überlegungen und LaRouches Konzepten zum Verständnis der Krise und der notwendigen Maßnahmen im Hinterkopf wollen wir nun kurz auf Argentinien und das Notfallprogramm des Schiller-Instituts zu dieser Situation zurückkommen. Argentinien ist das jüngste Mitglied der BRICS.

Zunächst müssen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden, um den Aderlaß zu stoppen. Das muß einfach gestoppt werden, das Wohl der Menschen steht an erster Stelle.

Erstens muß man ein Moratorium auf die Zahlungen der Auslandsschulden verkünden; es geht um Hunderte von Milliarden Dollar. Allein 46 Milliarden Dollar sind Schulden beim IWF; Argentinien ist der größte Schuldner des IWF. Argentinien hat längst ein Vielfaches seiner Schulden bezahlt, und es gibt keinen Grund, kein Schuldenmoratorium zu verhängen. Man darf sich nicht weiter ausplündern lassen.

Zweitens muß die Kapitalflucht durch Kapital- und Devisenkontrollen gestoppt werden, im Falle Argentiniens auch durch sehr strenge Exportkontrollen, so daß alle Exporteinnahmen nach Argentinien zurückfließen und nicht Kapitalflucht und Spekulationen im Ausland dienen.

Drittens muß ein festes Paritätsverhältnis zwischen dem argentinischen Peso und dem US-Dollar hergestellt werden, so daß der Peso nicht ständig durch Marktspekulationen abgewertet wird. Die Regierung kontrolliert dann genau, wieviel Geld von Pesos in Dollar für erlaubte Verwendungszwecke der Währung umgetauscht wird, nicht für spekulative Zwecke. Das ist der erste Bereich.

Der zweite Bereich ist die Ausgabe produktiver Kredite, die dringend benötigt werden, um die Menschen aus der Armut zu holen und die Wirtschaft zu entwickeln. Zunächst müssen staatliche Notfonds ausgegeben werden, wie es Massa als Wirtschaftsminister zu tun versucht. Dazu gehören Zinssenkungen, Zinssubventionen und so weiter. Das ist in Ordnung, das ist ein erster Schritt. Aber das Problem ist, daß das, was die Regierung heute am Montag ausgibt, am Dienstag durch Kapitalflucht und Spekulation gestohlen wird. Das bekommt man mit der erwähnten ersten Gruppe von Maßnahmen in den Griff.

Die zweite Maßnahme zur Bereitstellung dringend benötigter Kredite ist die Verstaatlichung der argentinischen Zentralbank – die heute eine von Bankern geführte autonome Bank ist –, so wie damals mit Hamiltons Erster Nationalbank der Vereinigten Staaten, um Kredite für Vorhaben zu vergeben, die dem Gemeinwohl dienen.

Dann muß es strenge Preiskontrollen geben. Damit wird der unglaublichen, unkontrollierbaren Inflation von 120% pro Jahr, die heute durch Abwertung usw. entsteht, die Grundlage entzogen. Aber man braucht strenge Preiskontrollen. Ganz einfach: Wer dagegen verstößt oder versucht, illegal mit Zinsen oder Devisen zu spekulieren, wird vor Gericht gestellt und sehr hart mit Gefängnis bestraft.

Allein die Drohung damit bringt, wie schon Franklin Delano Roosevelt während seiner Präsidentschaft bewiesen hat, ein erstaunliches Maß an Rationalität in das Denken der Banker, das sonst völlig fehlt.

Um die Wirtschaft mit den notwendigen Devisen und Investitionen zu versorgen, nachdem der Aderlaß gestoppt wurde, muß Argentinien den Handel in nationalen Währungen mit anderen BRICS-Mitgliedern fortsetzen und ausweiten und die Neue Entwicklungsbank nutzen, um Investitionskredite nach Argentinien und in andere Länder zu holen.

Und damit kommen wir zum letzten und wichtigsten Punkt, der erforderlich ist. Man muß große Infrastrukturprojekte für Argentinien und für die Region auf den Weg bringen. Das wird die Arbeitsproduktivkraft erhöhen. Es gibt keine größere Ursache für Armut als mangelnde Beschäftigung in solchen produktiven Tätigkeiten.

Wir haben zwei konkrete Vorschläge gemacht, um das in die Wege zu leiten, insbesondere in Zusammenarbeit mit China und seiner Gürtel- und Straßen-Initiative.

Der eine ist der Bau einer bi-ozeanischen Eisenbahnlinie vom Atlantik zum Pazifik. Eine Strecke führt von Brasilien nach Peru, eine andere von Brasilien über Bolivien nach Peru, eine dritte von Argentinien nach Bolivien und weiter zur Westküste Perus. Und so weiter. Das wird eine ähnliche Entwicklung ermöglichen wie die Transkontinentale Eisenbahn in den Vereinigten Staaten oder der Bau der Transsibirischen Eisenbahn in Rußland. Solche Infrastrukturprojekte werden dringend gebraucht. China bietet das an – man sollte es einfach machen. Das ist es, was die BRICS tun sollten, was Argentinien tun sollte.

Ein zweites großes Projekt besteht darin, daß Argentinien mit anderen Ländern zusammenarbeitet, um seine bereits vorhandenen, beträchtlichen Fähigkeiten im Bereich der Weltraumwissenschaften und der Raketentechnik auszubauen. Es gibt eine Startbasis in Alcântara in Brasilien, ganz in der Nähe des Äquators; es ist die dem Äquator am nächsten gelegene Startbasis der Welt, was große Vorteile hat.

Argentinien und Brasilien haben in der Vergangenheit viele Jahre lang im Bereich der Weltraumforschung zusammengearbeitet. Argentinien verfügt über enorme Fähigkeiten, und jetzt haben wir diese enorme Leistung gesehen, daß Indien einen Rover auf dem Südpol des Mondes gelandet hat, und das mitten während des BRICS-Treffens – als ob es ein Ausrufezeichen hinter den eigentlichen Inhalt des Neuen Paradigmas setzen sollte, jener neuen Wirtschaftsarchitektur, die nötig ist, um die gesamte globale Mehrheit aus der Armut und in eine fortgeschrittene wissenschaftliche Entwicklung zu führen.

Schließlich muß man sich ansehen, was der Rest der Welt tut, wenn er auf die Teile der Welt blickt, wo solche Fortschritte erzielt wurden und werden. Länder sehen ihre eigene Armut, und dann sehen sie China und die 850 Millionen Menschen, die dort innerhalb von 40 Jahren aus der Armut herausgeholt wurden. Und die Menschen im Globalen Süden sagen: „Wenn China das kann, warum nicht auch wir?“

Ähnlich verhält es sich mit den wissenschaftlichen Errungenschaften: Man sieht den Mangel an Technologie, die fehlende Konzentration auf die eigenen Fähigkeiten in Bildung und Wissenschaft, und dann sieht man, was Indien geschafft hat. Mit hundert Schulen, wo die Kinder lernen, wie Raketen starten, und lernen, welche Entwicklungen in der Raketentechnik erreicht wurden, um diesen Rover auf dem Mond zu landen. Und mit der gleichen Stimme und im gleichen Atemzug sagt der Globale Süden jetzt: „Wenn Indien das kann, warum nicht auch wir?“ In der Tat.

Kiran Karnik (Indien), ehemaliger Präsident der National Association of Software and Service Companies (NASSCOM); 20 Jahre bei der Indischen Weltraumforschungsorganisation (ISRO): „Indien und Chandrayaan-3: Der globale Süden als Protagonist“

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Indien und Chandrayaan-3: Der Globale Süden als Protagonist

Von Kiran Karnik

Kiran Karnik ist ehemaliger Präsident der National Association of Software and Service Companies (NASSCOM) in Indien und war 20 Jahre bei der indischen Weltraumbehörde ISRO tätig. Im zweiten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9.9.2023 sagte er folgendes. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

Guten Abend, ich grüße Sie aus Gurgaon, einem Vorort von Neu-Delhi, von wo aus ich heute zu Ihnen spreche. Ich möchte etwas sehr Ehrgeiziges versuchen: Ich werde versuchen, Ihnen die Weite des Weltraums – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne – zu vermitteln, in einem 12- oder 13-minütigen Beitrag, in dem ich kurz über das indische Raumfahrtprogramm, seine Anfänge und seine Entwicklung spreche. Aber noch wichtiger ist die Frage, wohin sich das ganze Weltraumabenteuer entwickelt.

Vieles davon, insbesondere das jüngste Interesse, vor allem in Indien, aber auch in der ganzen Welt, wurde ausgelöst durch die „Rückkehr zum Mond“, wie man es nennen möchte.

In der spannenden Zeit der 60er und 70er Jahre, als die damalige Sowjetunion und die Vereinigten Staaten im Wettlauf zum Mond waren, um dort zu landen und „Flagge zu zeigen“, war der Kalte Krieg ein entscheidender Faktor, wie wir alle wissen. Aber es gab viel Begeisterung für den Weltraum und neue Entdeckungen und es wurde viel Wissenschaft betrieben.

Danach folgte einige Jahre lang eine Pause, der Mond und der Weltraum waren in der Öffentlichkeit nicht mehr so präsent und die Menschen waren nicht mehr so enthusiastisch über die Ereignisse. Aber in den letzten Jahren ist das wieder im Kommen, aus mehreren Gründen, auf die ich noch eingehen werde.

Wie gesagt haben wir in jüngster Zeit in Indien ein aktives Raumfahrtprogramm, das vor einigen Wochen mit der sanften Landung einer indischen Landefähre auf dem Mond endete, und wie viele von Ihnen wissen, ist ein Rover auf der Mondoberfläche gelandet, hat Bilder gemacht und wissenschaftliche Experimente durchgeführt. Jetzt ist er gewissermaßen „eingeschlafen“ und wartet darauf, daß das Sonnenlicht wieder erscheint. Danach wissen wir nicht, ob der Rover weiterarbeitet oder nicht: Er ist nicht für mehr als einen Mondtag ausgelegt, der auf der Erde etwa 14 Tage dauert. Danach gibt es aufgrund der fehlenden direkten Sonneneinstrahlung keine ausreichende Energiequelle mehr. Aber wir werden sehen, was passiert. Inzwischen hat er eine Menge Daten und viele wissenschaftliche Erkenntnisse über das, was dort passiert ist, gesammelt.

Der Charakter des indischen Raumfahrtprogramms

Aber zurück zu den Anfängen der Mission: Das indische Raumfahrtprogramm begann Anfang der 60er Jahre mit einem echten Interesse an der Erforschung des Weltraums. Es wurde von Menschen vorangetrieben, die sich für die Beobachtung der kosmischen Strahlung und für den Weltraum überhaupt interessierten. Es war ein ehrgeiziges Programm für ein Land von Indiens wirtschaftlicher Größe, besonders zu jener Zeit. Es war für den Start von Raketensonden ausgelegt, und da Indien auf dem magnetischen Äquator liegt, hatte das aus wissenschaftlicher Sicht besondere Vorteile. Viele dieser Raketen sammelten unschätzbare wissenschaftliche Daten, die in viele Forschungsarbeiten eingeflossen sind, und andere haben später darauf aufgebaut.

Doch schon bald nahm das Programm eine andere Form an, angetrieben von einer Haltung, die sich ebenfalls von der vieler anderer Programme unterschied. Wie gesagt, war der Motor der Raumfahrt damals die Rivalität zwischen dem Westen und der Sowjetunion im Kalten Krieg. Und die Weltraumtechnologie wurde fast vollständig aus der militärischen Nutzung abgeleitet. Sie stammte von den Raketen, die im Zweiten Weltkrieg in geringem Umfang entstanden waren, und entwickelte sich dann weiter, als die Raketen größer wurden. Es entstanden Raketen, die Satelliten ins All bringen konnten. Und ja, es gab viel Wissenschaft, viel Interesse, Erforschung, aber die eigentliche treibende Kraft war etwas anderes.

In Indien war die treibende Kraft von Anfang an die Frage, wie man den Weltraum nutzen kann, um dem Land in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zu helfen. Das war zusätzlich zu den erwähnten wissenschaftlichen Unternehmungen, die schon früher begonnen hatten. Man könnte also sagen, daß das Ganze auf zwei Beinen stand: zum einen die wissenschaftliche Erforschung, auf kontinuierlicher Basis, die Untersuchung der vielen Unbekannten und der Versuch, alle die Dinge herauszufinden, die der Weltraum sozusagen verbirgt und uns erst enthüllt, wenn wir dort oben sind. Und dann vor allem: Wie können wir den Raumfahrt und die Weltraumtechnologie nutzen, um Dinge zu tun, die den Menschen auf der Erde zugute kommen?

Dies wurde in vielerlei Hinsicht sehr gut von jemandem zusammengefaßt und artikuliert, der seit langem als Begründer des indischen Raumfahrtprogramms gilt: Dr. Vikram Sarabhai. Er sagte unter anderem, und ich zitiere jetzt:

„Wir sind davon überzeugt, daß wir, wenn wir auf nationaler Ebene und in der Gemeinschaft der Nationen eine bedeutende Rolle spielen wollen, bei der Anwendung fortschrittlicher Technologien auf die realen Probleme von Mensch und Gesellschaft unübertroffen sein müssen.“

Das war sein Schwerpunkt und der Schwerpunkt des Raumfahrtprogramms: Was müssen wir tun, um den Menschen und der Gesellschaft zu helfen? Und er sagte auch, gewissermaßen als Kontrapunkt dazu, das indische Raumfahrtprogramm und das, was wir damit anstreben „ist nicht damit zu verwechseln, daß wir uns in grandiose Pläne stürzen, die in erster Linie der Show dienen, statt dem Fortschritt, der sich in realen wirtschaftlichen und sozialen Begriffen mißt“.

Er war sich also darüber im Klaren, daß es bei dem Programm um den wirtschaftlichen und sozialen Nutzen vor Ort geht und nicht um Eitelkeitsprojekte oder darum, wer als Erster am Ziel ist.

Die Zeiten haben sich geändert: Die Wettbewerbsfähigkeit hat sich geändert, Indien hat sich geändert, die Welt hat sich geändert. Kommen wir kurz darauf zurück, wo wir angefangen haben. Am Anfang hat sich das Programm wirklich mit den Anwendungen der Weltraumtechnologie befaßt. Wir haben mit der Kommunikation begonnen; dann wandten wir uns der Fernerkundung zu, die für alle möglichen Anwendungen genutzt wird; dann für die Landwirtschaft, die für Indien sehr wichtig ist; für die Landnutzung, die Kartierung, den Boden, das Wasser, die Betrachtung der Berge. Und dann für die Wettervorhersage, ebenfalls ein sehr kritischer Faktor in Indien, wo wir auch heute noch, aber mehr noch vor einigen Jahrzehnten, sehr stark vom Monsunregen abhängig sind und daher das Wetter sehr genau kennen müssen, um vorherzusagen, was passieren wird und was getan werden muß.

Diese Faktoren haben das Programm sehr stark geprägt. Und so hat es sich entwickelt. Man kann die Spuren der wissenschaftlichen Erkundung in vielerlei Hinsicht aufzeigen: Bei Chandrayaan oder der Mondlandung geht es darum, neue Dinge außerhalb der Erde zu erforschen und zu versuchen, die Wissenschaft voranzubringen und besser zu verstehen, was die frühe Entstehung des Universums angetrieben hat, was existiert und was nicht, was sich außerhalb befindet, um vielleicht ein wissenschaftliches Phänomen zu untersuchen.

Der andere Bereich, der auch heute noch sehr wichtig ist, betrifft Aspekte des täglichen Gebrauchs, sei es für die Kommunikation oder für Weltraumbilder für eine ganze Reihe von Anwendungen oder für die Wettervorhersage, Positionsbestimmung, Katastrophenwarnung und eine ganze Reihe anderer Bereiche.

Über das indische Programm möchte ich nicht mehr viel sagen. Ich war mehr als zwei Jahrzehnte lang daran beteiligt, habe aber seit fast ebenso langer Zeit keinen Kontakt mehr. Ich halte mich auf dem Laufenden, aber ich bin kein Experte für das, was aktuell geschieht.

Um mit dem indischen Programm abzuschließen: Vor kurzem wurde eine neue Sonde gestartet, ein Satellit, der die Erde am sogenannten Lagrange-Punkt, einem stabilen Punkt, umkreisen wird, um die Sonne zu untersuchen. Diese Sonde wird die bereits von der ESA und insbesondere von den USA – der Europäischen Weltraumorganisation und der NASA – durchgeführten Untersuchungen der Sonne ergänzen und weitere interessante Daten liefern.

Wichtige Weltraumverträge

Wenden wir uns nun einem entfernteren Aspekt des Weltraums zu, auch dafür möchte ich mir etwas Zeit nehmen, um einige Gedanken dazu zu hinterlassen. In den frühen Jahren, als das indische Programm noch im Entstehen begriffen war, nahm Indien sehr aktiv an den Vereinten Nationen teil und war ein sehr wichtiger Akteur bei dem Versuch, eine Reihe von Verträgen und Konventionen auszuarbeiten. Es ist ein sehr gutes Zeichen, daß selbst auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges die Russen, die damalige Sowjetunion, und der Westen zusammengearbeitet haben und in der Lage waren, einige sehr spannende Gespräche und Verträge abzuschließen, wie den Weltraumvertrag und den Mondvertrag, die beide sehr wichtig sind, weil sie zwei oder drei wichtige Dinge regeln.

Erstens: Sie verbieten die Nutzung des Weltraums für die Stationierung von Massenvernichtungswaffen. Im Nachhinein könnte man sagen, daß es schade ist, daß es nur Massenvernichtungswaffen und keine anderen Waffen betrifft, dennoch war das an sich schon ein Fortschritt. Die Stationierung von Massenvernichtungswaffen im Weltraum ist also verboten.

Zweitens wurde das Konzept des gemeinsamen Erbes der Menschheit eingeführt, das gleiche Konzept, das auch für die offenen Meere und die Antarktis verwendet wird. Dieses Konzept kann – meiner Meinung nach leider – unterschiedlich interpretiert werden, aber grundsätzlich erkennt es an, daß der Weltraum und die Planeten, der Mond eingeschlossen, gewissermaßen ein gemeinsames Erbe der Menschheit sind, und daß alles, was dort getan wird, der Menschheit als Ganzes zugute kommen muß. Es ist in gewisser Weise Teil dessen, was man als „globales Gemeingut“ bezeichnen könnte, und genau dieses Konzept des globalen Gemeinguts und des gemeinsamen Erbes der Menschheit ist dort verankert. Aber wie gesagt, es gibt unterschiedliche Interpretationen, und dazu gleich noch ein paar Anmerkungen.

Aber diese Verträge waren wichtig, und sie haben die Zusammenarbeit zwischen den Nationen im Weltraum in Bezug auf eine ganze Reihe wissenschaftlicher und anderer Faktoren vorangetrieben, trotz des anhaltenden Wettbewerbs insbesondere im militärischen Bereich.

In den letzten Jahren hat diese Art der Zusammenarbeit stark abgenommen. Ich habe vorhin über den Mond und das Auslaufen der wissenschaftlichen Missionen auf dem Mond gesprochen, und Sie wissen, daß sich bereits jetzt zwei parallele Gruppen oder Lager herausbilden, wenn Sie so wollen. Es gibt ein Artemis-Abkommen, das die USA initiiert haben und das von einer Reihe von Ländern, hauptsächlich westlichen Ländern, unterzeichnet wurde. Indien ist diesem Abkommen kürzlich beigetreten. Das andere ist ein hauptsächlich von Rußland und China betriebener Versuch, die sogenannte Internationale Mondstation. Auch hier geht es um eine kooperative Raumstation auf dem Mond, die der Erforschung und Wissenschaft dienen soll.

Anders als in der Vergangenheit, wo Dinge wie die Internationale Raumstation herausragende Beispiele für internationale Zusammenarbeit waren, was heute fortgesetzt wird, indem sich Russen und Amerikaner abstimmen (es gab in letzter Zeit einige Probleme, aber sie besteht trotzdem weiter), scheinen diese Dinge zunehmend auf der Strecke zu bleiben, und ein viel stärkerer Wettbewerbsgeist gewinnt die Oberhand, man beginnt sogar in der Wissenschaft zu konkurrieren.

Zusammenarbeit verstärken

Eine positive Entwicklung in diesem Bereich war vor kurzem das BRICS-Treffen in Johannesburg, bei dem es einige Diskussionen über die Raumfahrt gab und bei dem Indien das Konzept eines möglichen Konsortiums für die Erforschung des Weltraums vorstellte, das mit einer BRICS-Kooperation beginnen, aber hoffentlich noch viel weiter reichen wird. Wie viele von Ihnen wissen, expandieren die BRICS über die fünf Länder hinaus, deren Initialen ihnen den Namen geben. Es sind bereits sechs weitere Länder hinzugekommen, viele weitere warten auf ihren Beitritt. Es kann also etwas Substantielles daraus werden, indem ein Konsortium zur Erforschung des Weltraums wieder zu einer wirklich globalen Anstrengung wird.

Und das ist etwas, das ich sehr spannend finde. Es gibt noch andere Versuche, die Kooperation und Zusammenarbeit zu verstärken, aber wir müssen abwarten, wohin sie führen.

Besorgniserregend ist jedoch die zunehmende Nutzung des Weltraums und der sogenannten „Weltraumressourcen“ für militärische Zwecke. Im Ukraine-Krieg haben wir gesehen, daß die Weltraumtechnologie in großem Umfang für alle möglichen Dinge eingesetzt wird – über manche wird berichtet, über andere nicht, manche zitieren Quellen von hier und dort. Aber es ist ein Problem, dem wir uns stellen müssen, wenn wir weitermachen.

Der andere Punkt, auf den ich hinweisen möchte (und in Anbetracht der Zeit wird dies mein letzter Hauptpunkt sein), ist die zunehmende Rolle des Privatsektors. In mancher Hinsicht ist das sehr zu begrüßen. Der Privatsektor hat eine Menge übernommen – er entwickelt sogar Systeme für den Weltraum.

Besorgniserregend ist jedoch, daß sehr große Unternehmen, insbesondere große Technologieunternehmen, auch im Weltraum eine immer größere Rolle spielen, und daß die Rolle der staatlichen Raumfahrtbehörden in gewisser Weise abnimmt. Diese privaten Stellen werden zweifelsohne ein Interesse daran haben, schon früh auf dem Mond Bergbau zu betreiben und auf Asteroiden nach Mineralien zu suchen. Weltraumtourismus mag ja schön und gut sein, aber wenn man darüber hinausgeht und Dinge auf dem Mond oder auf Asteroiden abbaut, dann stellt sich die Frage, wohin uns das führen wird, wenn man den Kontext betrachtet, den ich bereits erwähnt habe, nämlich dem Weltraum als gemeinsames Erbe der Menschheit. Wohin wird uns das führen? Und welche Art von Sicherheitsvorkehrungen könnte es geben, um die Beteiligung des privaten Sektors an der Bereitstellung militärischer Unterstützung für das eine oder andere Land zu verhindern oder Richtlinien dafür aufzustellen, wenn sich Länder im Krieg befinden?

Wie wir wissen, ist der Weltraum inzwischen zu einem wichtigen Streitpunkt geworden. Wie gesagt handelt es sich um zwei neue Bereiche, den Cyberspace und den Weltraum, und beide sind zu sehr mächtigen und sehr umstrittenen Instrumenten geworden. Und in beiden Bereichen spielen Unternehmen und der private Sektor eine immer wichtigere Rolle. Und das könnte sehr besorgniserregend sein, denn man spricht heute manchmal von „Schurkenstaaten“ – und jedes Land hat natürlich seine eigene Definition, wer ein „Schurkenstaat“ ist –, aber wir könnten sehr bald auch „Schurken-Unternehmen“ haben! Und diese könnten weitaus schwieriger zu kontrollieren, zu behindern und sogar mit Sanktionen zu belegen sein als Schurkenstaaten, und das müssen wir im Auge behalten.

Lassen Sie mich zum Schluß noch einmal an dem Punkt anknüpfen, an dem ich begonnen habe, mit dem Menschen und seinem Abenteuer im Weltraum. Wissen Sie, seit Äonen, man könnte sagen seit den Anfängen der Menschheit, haben die Menschen in den Weltraum geblickt und sich gefragt: „Was ist dort?“ „Was ist da draußen?“ „Wie gelange ich dorthin? Oder kann ich das nicht?“ Wir haben diese Grenze überschritten. Jetzt sind wir dort draußen, wir beginnen zu sehen, was dort ist, wir beginnen zu wissen, was dort ist. Inwieweit können wir kooperativ und als Menschheit, als eine menschliche Gattung zusammenarbeiten? Was können wir gemeinsam tun, um das große Abenteuer zu bestehen, etwas zu verstehen, das jenseits von uns liegt, um zu verstehen, was uns das kostet, um zu verstehen, was in vielerlei Hinsicht der Anfang des Universums und seine Entstehung war? Welche großen wissenschaftlichen Dinge gibt es da draußen zu entdecken?

Ich hoffe, daß die Menschen und die Nationen anfangen werden, diese Richtung einzuschlagen, indem wir zusammenarbeiten und kooperieren, anstatt den Weltraum als einen weiteren Bereich für militärische Unternehmungen zu nutzen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle enden. Vielleicht gibt es später noch einige Diskussionen und Fragen, die wir beantworten können. Ich danke Ihnen vielmals.

Jacques Cheminade (Frankreich), Vorsitzender der Partei Solidarité et Progrès; ehemaliger französischer Präsidentschaftskandidat: „Die Win-Win-Politik der BRICS und die Rolle Argentiniens“

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Die Win-Win-Politik der BRICS und die Rolle von Asien, Afrika und Argentinien

Von Jacques Cheminade

Jacques Cheminade ist Vorsitzender der Partei Solidarité et Progrès und ehemaliger französischer Präsidentschaftskandidat. Im zweiten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9.9.2023 sagte er folgendes. (Übersetzung aus dem Englische4n, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

In einem Interview mit dem Press Trust of India sagte Narendra Modi kürzlich:

„Eine Sichtweise der Welt, in der die Wirtschaft im Mittelpunkt steht, wandelt sich nun zu einer, in der der Mensch im Mittelpunkt steht. So wie nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Weltordnung entstanden ist, nimmt auch nach COVID eine neue Weltordnung Gestalt an… Lange Zeit wurde Indien als ein Land mit über einer Milliarde hungriger Mägen wahrgenommen. Aber jetzt sieht man in Indien eine Nation mit über einer Milliarde aufstrebenden Köpfen, mehr als zwei Milliarden geschickten Händen und Hunderten von Millionen junger Menschen… Die Inder, die in diesem Zeitalter leben, haben die große Chance, ein Fundament für ein Wachstum zu legen, an das man sich noch die nächsten tausend Jahre erinnern wird.“

Er betonte auch, daß der Erfolg der Mondsonde Chandrayaan 3 nicht nur ein Erfolg für Indien, sondern für ganze gesamte Menschheit ist.

Ich gehe von dieser sehr optimistischen menschlichen, wirtschaftlichen und sozialen Sichtweise aus, als ein Beispiel für den Geist der BRICS, der selbst vom Geist der Bewegung der Blockfreien von Bandung inspiriert ist, aber jetzt viel weiter geht, als ein säkularer, tausendjähriger Prozeß des Wandels. Wenn wir an die Fortschritte denken, die in den letzten 30 Jahren insbesondere in China und Indien gemacht wurden – zwei Ländern, deren Politik mit dem von Lyndon LaRouche entwickelten Konzept der physischen Ökonomie übereinstimmt –, dann können wir prognostizieren, daß ein solcher Fortschritt unaufhaltsam ist, weil er von so vielen geteilt wird. Das ist unaufhaltsam, außer wenn ein Weltkrieg die Menschheit auslöscht, denn die BRICS baut ihr eigenes Wirtschaftssystem auf, das die Entwicklung aller ermöglicht.

Werfen wir einen Blick auf die bisherige Bilanz, die sich ständig beschleunigt:

  • 16. Juni 2009: erstes Treffen der BRIC in Jekaterinburg in Rußland.
  • 24. Dezember 2010: Südafrika schließt sich den vier Gründungsmitgliedern an, offiziell eingeladen von China.
  • 7. September 2013: der Start von Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative, heute ist der 10. Jahrestag;
  • Jetzt ist der 15. BRICS-Gipfel gerade zu Ende gegangen, mit sechs neuen Mitgliedern und etwa 40 weiteren Ländern in Wartestellung.
  • Schließlich wird nächstes Jahr das 16. entscheidende Treffen in Kasan stattfinden, der Hauptstadt der Republik Tatarstan der Russischen Föderation.

Um die Bedeutung der Erweiterung um die sechs neuen Mitglieder, die die neuen BRICS plus bilden, zu verstehen, müssen wir uns ein besseres Bild von diesem Prozeß machen. Zunächst einmal sind drei erdölproduzierende Länder beigetreten: Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie werden der Neuen Entwicklungsbank (NDB) unter der Leitung von Dilma Rousseff, einer ehemaligen revolutionären Kämpferin, brasilianischen Präsidentin und engen Verbündeten des heutigen Präsidenten Lula, eine wichtige Stütze sein. Dann haben wir Ägypten, mit seiner wichtigen historischen Verbindung zwischen Südwestasien und Afrika und mit dem ersten afrikanischen Atomkraftwerk mit drei Reaktoren in El-Dabaa. Dann Äthiopien mit seinem Zugang zu ganz Ostafrika über die von China gebaute Eisenbahnlinie Dschibuti-Addis Abeba und deren Verlängerung vom Roten Meer zum Indischen Ozean. Dann Argentinien, um Brasilien im Rahmen der iberoamerikanischen Union zu unterstützen.

Eine sehr gut durchdachte Kombination, die sich auf die ganze Welt erstreckt.

Äthiopien und Argentinien

Betrachten wir nun näher die Lage in Afrika und in Argentinien. Äthiopien gilt im Westen als hoffnungsloser Fall, mit einem ethnischen Krieg im eigenen Land und einem „unlösbaren“ historischen Krieg mit Eritrea in der Region. Durch die chinesische Vermittlung und die Einbindung in die BRICS wurde die Hoffnung auf eine integrative, verbindende Zukunft wiederhergestellt. Die Erklärung des eritreischen Präsidenten Isaias Afwerki auf dem jüngsten Rußland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg zeugt von der Entschlossenheit zur gemeinsamen Entwicklung und Zusammenarbeit. Ich bin davon überzeugt, daß die Situation der ehemaligen französischen Kolonien in Westafrika in einem ähnlichen Rahmen und mit einer ähnlichen Geisteshaltung gelöst werden kann – in einem panafrikanischen Kontext und natürlich durch ein Umdenken und anderes Handeln in Frankreich selbst, weg vom Tal der ahnungslosen Kolonisten.

Betrachten wir nun die Rolle Argentiniens. Lyndon LaRouche hatte 1982 in seiner „Operation Juarez“ auf Wunsch von Präsident Lopez Portillo eine Entwicklungsplattform für ganz Iberoamerika, ausgehend von Mexiko, definiert. Seine Politik, die damals von den Vereinten Nationen als „Schuldenbombe“ bezeichnet wurde, entgleiste unter dem Druck der US-Banken und dem von den Briten angezettelten Malwinenkrieg. Heute sind es dieselben Kräfte, die die argentinische Regierung strangulieren, sowohl von außen, durch die Schulden des IWF, als auch von innen, durch die Förderung von Präsidentschaftskandidaten des korrupten Liberalismus der Marke Bolsonaro oder Selenskyj.

Dennis Small hat uns gerade das „Notprogramm zur Rettung Argentiniens, dem neuesten Mitglied der BRICS“ des Schiller-Instituts vorgestellt, das von Operation Juarez inspiriert ist (vgl. Neue Solidarität 39/2023). Da ich selbst in Argentinien geboren bin, möchte ich an dieser Stelle betonen, daß dies nicht etwas altes, wiederaufgewärmtes ist. Allein die Tatsache, daß Argentinien in die BRICS aufgenommen wurde, ändert die Spielregeln völlig, vorausgesetzt, wir mobilisieren unsere Kräfte für die Sache der nationalen Souveränität und der Würde des Landes. Wir befinden uns nicht im Jahr 1982, sondern im Jahr 2023.

Außer den Vereinigten Staaten und Rußland haben nur zwei weitere Länder erfolgreich einen Rover auf dem Mond gelandet: China und jetzt Indien. Trotz der Kompetenz ihrer Wissenschaftler ist die Europäische Raumfahrtbehörde gescheitert, und zwar wegen des gierigen Egoismus der „vereinigten“ europäischen Politiker. China hat bei seinem ersten Versuch einen Rover auf dem Mars abgesetzt, nachdem es ihm nicht nur gelungen ist, 900 Millionen Menschen aus der extremen Armut zu befreien, sondern auch eine durchschnittliche Lebenserwartung erreicht hat, die höher ist als die in den Vereinigten Staaten. Argentinien kann sein Dilemma nicht allein lösen, aber als Teil der neuen Weltordnung, die von den BRICS definiert wird, kann es sich aus dem zerstörerischen finanziellen Griff befreien.

Aussichten für die BRICS

Lassen Sie mich nun drei wichtige Punkte ansprechen.

Erstens behauptet der „globale Norden“, daß die BRICS keine Einheit sind, daß China und Indien Grenzkonflikte haben und einander nicht trauen. Bei dem G20-Gipfel, der an diesem Wochenende stattfindet, kommentieren die westlichen Medien und Politiker die Tatsache, daß Putin und Xi Jinping unter Modis Präsidentschaft nicht teilnehmen werden. Was China und Indien betrifft, so haben sie – wenn man sich anschaut, was Modi und Xi Jinping sagen, und nicht, was die westlichen Medien verbreiten – ein gemeinsames Interesse an ihrer jeweiligen Entwicklung. Keine einheitliche, formale Allianz, sondern eine Interessen- und Kooperationsgemeinschaft sowie eine gemeinsame absolute Ablehnung der kolonialen und neokolonialen imperialen Ordnung.

Wie Sergej Glasjew, der russische Minister für Integration und Makroökonomie der Eurasischen Wirtschaftsunion, bemerkte, sind die beiden hocherfolgreichen Länder der letzten Zeit, Indien und China, beide den wirtschaftlichen Konzepten von Lyndon LaRouche gefolgt. Was sie also gemeinsam haben, nämlich die menschliche und materielle Entwicklung, geht über den Bereich der konfrontativen Geopolitik hinaus.

Die drei von Chinas Präsident Xi Jinping definierten Globalen Initiativen – Sicherheit, Entwicklung und Zivilisation – bilden die Grundlage für eine Zusammenarbeit ohne Gleichmacherei für alle BRICS-Länder. Was die Abwesenheit von Xi Jinping beim G20-Gipfel betrifft, so kann man dies aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Aus guten Gründen könnte Beijing ein Treffen mit Joe Biden, einem handlungsunfähigen und feindseligen Präsidenten, für verfrüht halten und dabei auch die Abwesenheit Putins berücksichtigen. Xi Jinping mag der Ansicht sein, daß es wichtigere Treffen gibt, an denen er teilnehmen kann.

Ich muß jedoch hinzufügen, daß die nächsten beiden Präsidentschaften der G20 Brasilien im Jahr 2024 und Südafrika im Jahr 2025 sind. So viel zum Anspruch des Globalen Nordens, „zu teilen und herrschen“, abgesehen von der Tatsache, daß Rußland inzwischen sehr enge Beziehungen sowohl zu China als auch zu Indien unterhält. Noch wichtiger ist die Tatsache, daß die offene und undiplomatische Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, nach Johannesburg eingeladen zu werden, rundheraus abgelehnt wurde.

Handel ohne den Dollar

Zweitens: Eine ganze Reihe von politischen und wirtschaftlichen Experten, darunter Sergej Glasjew, untersuchen und prüfen, wie der Handel in nationalen Währungen abgewickelt werden kann. Ein Großteil des Handels findet bereits in chinesischen Renminbis, aber auch in russischen Rubeln und indischen Rupien statt.

Das ist ein Prozeß der Entdollarisierung, der natürlich noch begrenzt, aber nichtsdestotrotz bedeutsam ist. Umso mehr, als die Neue Entwicklungsbank bereits Renminbi-Anleihen zur Finanzierung von Infrastruktur und nachhaltiger Entwicklung in den Mitgliedsländern der Bank ausgibt.

Dieser Prozeß wird sich beschleunigen, da die verschiedenen Länder des Globalen Südens erkannt haben, daß ihre Dollar-Guthaben „eingefroren“ werden könnten, wie es mit den 9 Milliarden Dollar Reserven Afghanistans und den über 300 Milliarden Dollar Reserven Rußlands geschehen ist. Der Bumerang-Effekt der westlichen Sanktionen hat eine neue Welt von Ländern geschaffen, die versuchen, mit ihren eigenen Währungen anstelle des US-Dollars zu handeln.

Das Ziel dieses ersten Schrittes ist es, ein paralleles System zu schaffen, und nicht, den Dollar sofort zu ersetzen, was einen systemischen Zusammenbruch der Weltwirtschaft zur Folge hätte. Der Punkt ist, daß die schrittweise Zunahme von Handelsabkommen zwischen anderen nationalen Währungen die Grundlage für einen zweiten Schritt schaffen wird.

Es wird viel über eine neue Handelswährung diskutiert, die an einen Währungsindex der teilnehmenden Länder gekoppelt ist, oder über eine neue Rechnungseinheit, die auf einem Währungskorb basiert, der an den Wert strategischer neuer Rohstoffe gebunden ist. Wladimir Putin erklärte anläßlich des 14. BRICS-Gipfels: „Wir prüfen die Möglichkeit, eine internationale Reservewährung auf der Grundlage des BRICS-Währungskorbs zu schaffen.“

Das Problem bei diesem Ansatz ist erstens, daß er immer noch in einem monetaristischen Universum stattfindet und zweitens, daß er die Welt in zwei Blöcke teilen würde, die zwangsläufig dazu verdammt sind, miteinander zu konkurrieren und in einen geopolitischen Kriegszustand zu verfallen. Außerdem ist ein geldbasiertes System von Natur aus anfällig für spekulative Angriffe, wie es 1992 der Fall war, als das Pfund Sterling und die italienische Lira von dem berüchtigten George Soros destabilisiert wurden. Ein Währungssystem vom Typ des ECU ist dazu verdammt, sich selbst in den Schwanz zu beißen.

Der neue Ausgangspunkt sollte nicht das Geld an sich sein, sondern die schöpferische Kraft der Menschen. Energie ist ein erster Ansatzpunkt als Quelle der wirtschaftlichen Stärke, aber wie LaRouche 1979 in einer Rede mit dem Titel „Der Mythos der Gleichgewichtsökonomie“ sagte, geht es um etwas Tieferes:

„Es gibt etwas Tiefgründigeres als bloße Energiekalorien, was eine erfolgreiche kulturelle Entwicklung bewirkt. Die Quelle der neuen Energie sind die schöpferischen Möglichkeiten des menschlichen Geistes. In den Entwicklungsprozessen der Technologien, die wir insgesamt als Fortschritt in der wissenschaftlichen Erkenntnis begreifen, steigert der Mensch seine wissende, willentliche Beherrschung der gesetzmäßigen Organisation unseres Universums.“

Geld sollte daher der Diener unserer geistigen schöpferischen Fähigkeiten sein, die sich in der kontinuierlichen Dynamik der nichtlinearen Entwicklung neuer physikalischer Prinzipien ausdrücken, deren technische Anwendungen die Bedingungen für eine wachsende Tragfähigkeit des Universums für die Menschheit schaffen.

Jedes Land sollte daher seine eigene Währung behalten, die seine nationale Souveränität zum Ausdruck bringt, und gleichzeitig braucht es im Austausch mit den Währungen anderer Länder eine Gemeinsamkeit, die mit der menschlichen Fähigkeit zur Verbesserung des Universums zusammenhängt: eine Übereinkunft zur Lösung der Probleme von Überschüssen und Defiziten unter Bezugnahme auf einen Korb strategischer Materialien, die für die wirtschaftliche Wertschöpfung benötigt werden. Dabei geht es nicht um die Bestandteile des Warenkorbs an sich, sondern um die potentielle menschliche Schöpferkraft statt um bloße Geldkonten.

Die Lösung für den „Norden“

Dies muß gesagt werden, um zu unserem dritten Punkt zu gelangen: den Vereinigten Staaten und Europa. Beide sollten sich bereit erklären, in den Prozeß integriert zu werden, an dem die BRICS – der Globale Süden – beteiligt sind. Das ist unser Aufruf an den Globalen Norden: Es gibt reichlich Raum für Zusammenarbeit und für Durchbrüche bei gemeinsamen Unternehmungen, sei es im Weltraum oder auf der Erde. LaRouche drückte es unverblümt aus: „Man kann das Problem nicht lösen, indem man die Vereinigten Staaten ausschaltet… Daher besteht die Lösung meines Erachtens darin, die Haltung der Vereinigten Staaten, der Regierung der Vereinigten Staaten, zu ändern.“ Und das gleiche gilt für Westeuropa.

Um das Dilemma zu lösen, müssen wir heute, wie LaRouche in den frühen 80er und sogar schon in den 70er Jahren sagte, China, Indien, Rußland und die Vereinigten Staaten zusammenbringen – die vier Länder, die es geschafft haben, einen Rover auf dem Mond zu landen –, um genug Macht zu schaffen, um die zerstörerischen Axiome der Anglosphäre zu überwinden. Ohne das wird es nicht funktionieren.

Es geht darum, ein Niveau der Wahrhaftigkeit zu erreichen, das tatsächlich das Prinzip des „Vorteils des anderen“ repräsentiert. Das Prinzip der menschlichen Unsterblichkeit ist nicht individuell physisch, wie einige transhumanistische Dummköpfe glauben, sondern ein Menschheitsprozeß, der sich über die Jahrhunderte hinweg manifestiert, die Einheit der Menschheit, die sich in verschiedenen Formen ausdrückt. Für uns, die wir in der jüdisch-christlichen Tradition stehen, ist das Naturrecht eine Übereinstimmung des Menschen mit den Gesetzen des Kosmos, so wie in der indischen vedischen Tradition oder wie das Mandat des Himmels im konfuzianischen und vorkonfuzianischen China – unsere gemeinsame Geschichte der von den Fesseln der körperlichen und geistigen Sklaverei befreiten Menschheit.

Diese Konferenz des Schiller-Instituts ist ein Treffen der Köpfe, um für die Menschheit eine Zukunft zu schaffen, überall auf der Welt, in jedem unserer Länder und in jedem eigenen Kopf, indem wir den Fortschritt des anderen mit der edelsten Freude begrüßen und jeden schändlichen Neid ablehnen.

Sich dieser Herausforderung in Frankreich und Argentinien zu stellen – zwei Länder, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu den Opfern gehörten und sich selbst zum Opfer machten, weil sie sich feige den Feinden der Souveränität unterworfen haben –, ist eine große Aufgabe, die wir innerhalb der BRICS und auch in Frankreich angehen müssen, indem wir uns von unserer freien französischen Tradition und der Tradition der Befreier Amerikas inspirieren lassen. In unseren beiden Ländern geht es bergab: Mehr als 40% der Argentinier leben unter der Armutsgrenze und 35% der Franzosen können sich keine drei Mahlzeiten am Tag leisten. Wir sind im Schlachtfeld mittendrin. Angesichts der Epidemien von Währungsabwertungen und kolonialen Wahnvorstellungen haben wir keine Ausrede mehr: Wir dürfen nicht länger ignorieren, daß das Geld ein Idiot ist und seine Knechte Kriminelle sind!

Prof. David Monyae (Südafrika), Direktor des Zentrums für Afrika-China-Studien (CACS), Universität von Johannesburg, Südafrika: „Die Zukunft von Afrika, China und den BRICS“

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Die Zukunft von Afrika, China und den BRICS

Von Prof. David Monyae

Prof. David Monyae ist Direktor des Zentrums für Afrika-China-Studien an der Universität von Johannesburg in Südafrika. Im zweiten Abschnitt der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9.9.2023 sagte er folgendes. (Übersetzung aus dem Englischen, Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

Es ist mir eine große Freude, zu Ihnen allen zu stoßen, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, den Veranstaltern für die Organisation dieses wunderbaren Seminars zu danken. Wir freuen uns auf die Diskussionen. Mein Name ist Professor David Monyae, ich bin Direktor des Zentrums für Afrika-China-Studien an der Universität von Johannesburg in Südafrika.

Mein Schwerpunkt wird die Frage sein: Warum die BRICS? Warum brauchen wir sie? Was ist der Schwerpunkt der BRICS? Und dann werde ich mich darauf konzentrieren, wohin sich die BRICS entwickeln und wie sie die globalen Beziehungen beeinflussen. Angesichts der Tatsache, daß China das größte BRICS-Mitglied ist und fast 60-70 % des gesamten BIP der BRICS ausmacht, werde ich auf China und mein eigenes Land Südafrika fokussieren, sowie auf die Beziehungen Afrikas zu China. In diesem Teil werde ich mich mehr auf die voraussichtliche Entwicklung und die Beziehungen zu anderen Industrieländern beziehen.

Zunächst einmal müssen wir unser Verständnis der BRICS in einen Kontext stellen. Die Weltordnung nach 1945 war eine Ordnung, die von den Vereinigten Staaten und den westlichen Ländern definiert wurde, und die meisten afrikanischen Länder mit Ausnahme Südafrikas waren an der Entstehung dieser Ordnung nicht beteiligt. Sie waren Nachzügler, und deshalb sind sie nur Verwalter der Regeln und nicht Gestalter der Regeln. Alles wurde so eingerichtet, daß es die westlichen Länder begünstigte.

1955 fand das erste Treffen der Entwicklungsländer, der afrikanischen und asiatischen Länder, in Indonesien statt – die Konferenz von Bandung 1955. Ich glaube, dort kamen zum allerersten Mal die Beschwerden der Entwicklungsländer zur Sprache. Was waren ihre Beschwerden? Ihre Anliegen waren sehr einfach: Sie wollten eine Reform der internationalen Ordnung, in der diese Entwicklungsländer ernst genommen werden, eine gerechte Verteilung der Ressourcen, Zusammenarbeit, Technologietransfer sowie verschiedene zwischenmenschliche Fragen, die im Kommuniqué der Bandung-Konferenz von 1955 angesprochen wurden.

Dies waren also die wichtigsten Gründe, warum die Entwicklungsländer der Meinung waren, daß die internationale Ordnung zu dieser Zeit, zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, verändert werden mußte. Sie sollten sich aktiv an dieser Ordnung beteiligen und sie demokratischer und transparenter gestalten und in gewisser Weise alle Kontinente vertreten. Doch wie wir wissen, gab es seit 1955 keine Bewegung in den Industrieländern, die den Entwicklungsländern die Hand gereicht hätten, um sie zu verstehen und ihnen entgegenzukommen.

Wir haben den Aufstieg einer weiteren Gruppierung erlebt, die sehr wichtig ist. Damit wir einen klareren Kontext haben: Woher kommen die BRICS? 1961 wurde die Bewegung der Blockfreien Staaten im gleichen Kontext gegründet, nämlich nach dem Ende des Kalten Krieges, als Vertretung der Länder, die nicht in einen Kalten Krieg zugunsten der Vereinigten Staaten oder der damaligen Sowjetunion verwickelt werden wollten. Und die meisten dieser Länder waren Entwicklungsländer. Man kann Ähnlichkeiten zwischen der Bandung-Bewegung und der Bewegung der Blockfreien Staaten von 1961 erkennen, was die Beschwerden der Entwicklungsländer betrifft. Eine dritte Formation ist die Gruppe der 77 (plus China) innerhalb der Vereinten Nationen. Sie war sehr stark und brachte mehr oder weniger ähnliche Themen zur Sprache.

Doch im Jahr 2010 wurde der Aufstieg der BRICS-Staaten deutlich. Sie wurden 2009 offiziell gegründet, und 2010 trat Südafrika bei: Brasilien, Rußland, Indien, China und dann Südafrika. Diese Länder kamen ebenfalls aus dem Globalen Süden, und ihre Hauptprobleme mit der globalen Ordnung waren ähnlich wie die, die ich bereits dargelegt habe. Was die BRICS jedoch von der Bandung-Konferenz, der Bewegung der Blockfreien Staaten oder der Gruppe der 77 unterscheidet, ist, daß die BRICS von 2009 eher ein Vorschlag von Jim O’Neill waren, einem Mann der Wall Street. Das war der Vorschlag, daß es Schwellenländer gibt und man das Wachstum dieser Länder im Hinblick auf die Größe ihrer Volkswirtschaften und ihren Beitrag zur Entwicklung des Kapitalismus und der Märkte betrachten sollte. So wurde es im neoliberalen Ansatz gesehen.

BRICS: mehr als nur Wirtschaft

Doch mit der Aufnahme Südafrikas und besonders mit dem BRICS-Gipfel 2023, der im Stadtzentrum von Johannesburg stattfand, wurde der neoliberale Ansatz aufgegeben. Während Jim O’Neills Konzept sehr viel stärker auf den Westen und die Wall Street ausgerichtet war und von Märkten, individualistischen westlichen Normen und Marktwerten ausging, sind die BRICS, die sich jetzt herausbilden, ein Gebilde, das dem entgegengesetzt ist. Diese BRICS gehen weit über die Stärke der Wirtschaft hinaus. Ja, für eine Mitgliedschaft bei den BRICS ist die Größe der Wirtschaft wichtig, aber es geht auch um die Beziehungen zwischen Menschen. Es geht um Fragen der Entwicklung. Es geht um Größenordnungen, um Entwicklung, um die Aufnahme von Menschen, um Fragen der Demokratisierung und der Vertretung. Es ist eine direkte Antwort auf eben diese Beschwerden der Entwicklungsländer, daß diese Länder sich selbst organisiert haben, und sie agieren, da sie auch Mitglieder der G-20 sind, mit dem Treffen, das jetzt in Indien stattfindet, mit den Gipfeltreffen zum Klimawandel, COP28; das steht an. Und vom 18. bis 26. September wird die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York tagen.

Wir sehen bereits, daß die BRICS-Länder zunehmend an Macht gewinnen. Sie haben sechs weitere Länder aufgenommen: Iran, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Äthiopien und Argentinien. Das allein verändert schon die gesamte Stärke und Legitimität der BRICS; sie sind viel stärker geworden. Sie haben die G-7 in Bezug auf ihre Wirtschaftskraft bereits überholt. Die Zukunft der kapitalistischen Welt liegt eher in den Entwicklungsländern, und die BRICS-Länder werden zunehmend an Macht gewinnen.

Wir werden auch Veränderungen erleben, vor allem in Bezug auf China, dem wichtigsten Land in Bezug auf die Größe seiner Wirtschaft und die Rolle, die es zunehmend beim Ausbau der Infrastruktur spielt, in einer Zeit, wo der Westen das Gefühl hat, an Raum, Legitimität und Einfluß zu verlieren – vor allem in Afrika –, ist China dort bei der Entwicklung der Infrastruktur und einer Reihe anderer Themen auf dem Vormarsch. Wir werden die „Anti-China-Bewegung“ erleben, der es um Entkopplung geht, und das andere, was die entwickelten Länder betreiben wollen, die Risikominderung (de-risking).

Das wird enorme Auswirkungen haben, nicht nur für die Vereinigten Staaten, sondern auch für Europa, da die Kolonialmächte Afrikas aus Europa stammen. In den letzten Wochen und Monaten haben wir in Westafrika endlose Putsche erlebt: Burkina Faso, Zentralafrikanische Republik, Sudan, Gabun, Mali, dazu Terroranschläge. Frieden und Sicherheit werden immer wichtiger.

Der Ressourcennationalismus ist also auf dem Vormarsch, und diese Länder in Afrika argumentieren, daß sie mehr Unterstützung und Zusammenarbeit bei der Infrastrukturentwicklung brauchen. Aber noch wichtiger ist, daß sie nicht nur Rohstoffe verkaufen wollen, sondern auch die Veredelung der Rohstoffe fordern. Einige der kritischen Mineralien für die industrielle Revolution, wie Lithium und Uran, sind im Zuge des wirtschaftlichen Wandels von großer Bedeutung. Diese Ressourcen sind hauptsächlich in Afrika zu finden. Afrika wird also ein wichtiger Akteur werden, und der Wettbewerb zwischen den Industrieländern, vor allem mit China und Rußland, wird zunehmen.

Im Zusammenhang mit Rußland und dem Ukraine-Krieg hat sich die Situation verschlechtert, und es ist die Rede vom Einsatz der Söldnertruppe Wagner auf dem afrikanischen Kontinent. Es wird eine frühe Phase eines neuen Kalten Krieges geben, der auf uns zukommt und die Lage verschlimmern wird, wenn die Vereinigten Staaten Afrika weiterhin durch die Linse der Sicherheit statt durch die der Entwicklung betrachten.

Dies sind also einige der Themen, bei denen die Afrikaner dafür plädieren, daß wir viel mehr Entwicklung brauchen. Man kann Entwicklung und Sicherheit nicht voneinander trennen. Daher sind die Ansätze von Präsident Xi Jinping mit der Globalen Sicherheitsinitiative, der Globalen Entwicklungsinitiative und der Globalen Zivilisationsinitiative wichtige Konzepte, die mehr afrikanische Länder und die Entwicklungsländer ansprechen, um sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Brücken bauen

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich darauf hinweisen, daß es Raum für Zusammenarbeit und für den Bau von Brücken gibt. Wenn wir über die BRICS sprechen, dann sehen wir die BRICS nicht als Gegner der Industrieländer. Ich denke, wir werden eine ergänzende Rolle spielen, und deshalb gibt es für den Globalen Süden mehr Raum, um den Industrieländern auf halbem Weg entgegenzukommen. Wir müssen Wege finden, dies auf friedlichere Weise zu tun; wir müssen Kriege vermeiden; wir müssen verhindern, daß Waffen in diesen afrikanischen Ländern abgeladen werden. Die Korruption muß in Afrika und überall sonst bekämpft werden. Wir brauchen eine gute Regierungsführung, wir brauchen gute Regierung und Demokratie, nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent.

Ich denke, daß Afrika und die meisten Entwicklungsländer die Demokratie als die Spitze der Institutionen der Weltordnungspolitik sehen wollen, insbesondere bei den Vereinten Nationen. Diese müssen umgestaltet und reformiert werden, und zwar so, daß die Entwicklungsländer einbezogen werden. Das wird einige der Probleme wie Klima, Ungleichheit der Geschlechter, Armut, Krankheit und fehlende Chancen für alle lösen.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Ihnen allen noch einmal zu danken. Ich freue mich darauf, einige von Ihnen persönlich zu treffen, wenn es die Zeit erlaubt. Ich danke Ihnen.

Rubén Guzzetti (Argentinien), Analyst für Außenpolitik, Argentinisches Institut für Geopolitische Studien (IADEG): „Argentinien in den BRICS; eine historische Chance“

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Argentinien in der BRICS-Gruppe, eine historische Chance

Von Rubén Darío Guzzetti

Rubén Guzzetti ist Analyst für Außenpolitik am Argentinischen Institut für Geopolitische Studien (IADEG). In der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9. September sagte er folgendes (Übersetzung aus dem Spanischen).

Guten Tag. Mein Name ist Rubén Guzzetti, und ich spreche zu Ihnen aus dem südlichen Teil des Globalen Südens, vom Argentinischen Institut für Geopolitische Studien (IADEG). Ich danke dem Schiller-Institut und der LaRouche-Bewegung für die Einladung zur Teilnahme an dieser Veranstaltung. Wir vom IADEG schließen uns dem Kampf des [Schiller-]Instituts und anderer Organisationen an, die sich der Verantwortung bewußt sind, die wir derzeit haben, da wir einen zivilisatorischen Übergang von historischer Tragweite erleben.

Wir, die heutige Generation, haben das Gefühl, daß wir eine enorme Verantwortung tragen, aber daß wir auch eine privilegierte Generation sind, insbesondere diejenigen von uns, die in den 1950er Jahren des 20. Jahrhunderts geboren wurden. Wir waren Protagonisten in einem breiten Spektrum von Veränderungen – dem endgültigen Sterben des Wohlfahrtsstaates, dem Prozeß der Entkolonialisierung, der Ära der sozialen Revolutionen, des Kalten Krieges, der Unipolarität der USA und Großbritanniens und nun dieser neuen Ära, die von Schwellenländern angeführt wird, die sich auf die Erfahrungen Chinas und den Mut des russischen Volkes stützen, das sich der NATO, dem bewaffneten Flügel der internationalen Finanzmacht, entgegenstellt.

Wir sind davon überzeugt, daß wir uns jetzt auf einem unumkehrbaren Weg zu einer neuen polyzentrischen und multikulturellen Welt der Entwicklung und Zusammenarbeit befinden. Aber wir wissen auch, daß wir ein großes Risiko eingehen. Die Blindheit des Egoismus und die innewohnenden Gründe eines erschöpften Kapitalismus könnten einen totalen Krieg auslösen, der zu einem Atomkrieg werden könnte.

Die internationale Finanzmacht, die Investmentfonds, die Ratingagenturen und die Großbanken haben die Institutionen der westlichen Großmächte übernommen. Die Befehle und wichtigen Entscheidungen, die aus dem Weißen Haus und der Downing Street 10 kommen, stammen in Wirklichkeit von der Wall Street und der Londoner City. Deshalb unterstützen wir von unserem Institut und von vielen anderen Seiten die Initiativen, die darauf abzielen, das Bewußtsein für den Moment zu erweitern, in dem wir leben, und die Notwendigkeit, die Unterstützung für Frieden mit Entwicklung zu verbinden, um das mögliche Aussterben der Spezies zu verhindern, entweder durch Atomwaffen oder durch übermäßige Aggression gegen die Natur.

Wir halten es für absolut notwendig, Fortschritte in Richtung einer neuen Finanzarchitektur zu machen, die auf der Produktion von materiellen Gütern und der Steigerung der Produktivität zugunsten des Fortschritts in Wissenschaft und Technik ausgerichtet sind. Außerdem ist ein neues kollektives Sicherheitsabkommen zwischen den Staaten dringend erforderlich, in dem kein Staat die Rechte der anderen verletzt.

Heute haben wir einen großen Vorteil. Laut UN-Statistiken reicht seit 1990 die Produktion von Gütern und Dienstleistungen weltweit aus, um der Weltbevölkerung ein Leben in Würde zu ermöglichen. Das heißt, es ist genug für alle da, so daß Kriege ums Überleben, wie sie in der Geschichte üblich waren, nicht mehr notwendig sind. Jetzt ist es nur noch ein Problem der Verteilung.

Zusammen mit fünf anderen Ländern wird Argentinien ab dem 1. Januar 2024 den BRICS beitreten und wahrscheinlich auch der Neuen Entwicklungsbank, und wenn diese ihre Statuten ändert, werden wir Zugang zu günstigen Krediten für die Produktion haben. Ebenso wird das Land Teil des Contingency Reserve Arrangement werden, was uns die Möglichkeit geben wird, eines der immer wiederkehrenden Probleme unserer Wirtschaft zu lösen, die so genannte externe Beschränkung oder Dollarknappheit.

Die Nationen des globalen Südens, verkörpert durch die BRICS-Staaten, haben dem Rad der Geschichte in Johannesburg einen großen Impuls gegeben. Unserem Land eröffnen sich nun eine Reihe von Möglichkeiten, dem IWF die zerstörerische Vormundschaft mit seinen wiederkehrenden Sparplänen und wiederholten Abwertungen zu entziehen und die strukturellen Probleme zu lösen, die uns seit Beginn unserer Geschichte heruntergezogen haben.

Ein einziges Beispiel genügt: Unsere herrschenden Klassen konnten oder wollten nicht tun, was die USA vor 200 Jahren getan haben – eine Agrarreform, um die Produktion eines Landes zu vervielfachen, die Produktion eines an Gütern und menschlicher Qualität absolut reichen Landes zu steigern.

Wir werden auch die Möglichkeit haben, uns in neue globale Wertschöpfungsketten einzubinden, gemeinsame Entwicklungen in wissenschaftlichen und technologischen Bereichen zu planen und mit der Erfahrung von Ländern wie China die Aquakultur und die Schweineindustrie zu entwickeln. Wir können auch unser Talent und unseren Fortschritt in Bereichen wie neue landwirtschaftliche Technologien einbringen, um die Produktion in Ländern wie Äthiopien und Ägypten zu steigern.

In Argentinien sind wir uns in den fortschrittlichen Sektoren bewußt, daß die Fortschritte und Errungenschaften der aufstrebenden Nationen, die in Organisationen wie der SCO, ASEAN, der Eurasischen Wirtschaftsunion (EUAU) und den BRICS zusammengeschlossen sind und die die Verlagerung des Schwerpunkts der Welt vom Westen zum Osten bestätigen, uns eine historische Chance bieten.

Es ist auch klar, daß die Möglichkeit, sich diesem zivilisatorischen Wandel anzuschließen, jetzt von uns abhängt. Das bedeutet erstens, die erste Hürde zu nehmen und es in die Stichwahl am 22. Oktober zu schaffen und zweitens die Niederlage der extremen Rechten am 14. November zu erreichen.

Die Aufgabe ist nicht einfach, denn die derzeitige Regierungskoalition ist keine Garantie dafür und es gibt viel zu tun, um die Volksorganisationen zu vereinen und die neue Regierung zu zwingen, diesem echten Wandel beizutreten, der derzeit passiert. Regierungen und Völker wie das brasilianische blicken besorgt auf unsere Zukunft. Zweifellos wird ein unabhängiges Argentinien einen enormen Beitrag zum Projekt des Globalen Südens und zur regionalen Integration leisten, die für das Glück der Nationen südlich des Rio Grande entscheidend sind.

Wir werden alles tun, um Teil einer neuen Welt zu werden, in der Zusammenarbeit, Konnektivität und Brüderlichkeit die Norm und nicht die Ausnahme sind. Lassen Sie uns den auf dieser Konferenz vorgezeichneten Weg zu einer Welt in Frieden, Entwicklung und Integration fortsetzen.

Ich danke Ihnen.

Prof. Franco Battaglia (Italien), Professor für chemische Physik, Universität Modena, Italien: „Die eiskalte Wahrheit über Globale Erwärmung“

Diskussionsteilnehmer:

Dr. Akiko Mikamo (Japan), Autorin, „8:15 – Eine Geschichte des Überlebens und der Vergebung aus Hiroshima“

Diskussionsbeitrag lesen

8:15 – Eine Geschichte von Überleben und Vergebung aus Hiroshima

Dr. Akiko Mikamo ist Autorin und Produzentin des Films „8:15“, der den Atombombenabwurf auf Hiroshima aus der Sicht von Überlebenden des Angriffs – ihrer eigenen Eltern – schildert. Dr. Mikamo kam in der abschließenden Diskussionsrunde der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9.9. zu Wort und sagte folgendes (Übersetzung aus dem Englischen).

Dr. Mikamo: Ich danke Ihnen für die Einladung zu dieser sehr wichtigen Konferenz. Ich bin ausgebildete Psychologin und arbeite als medizinische Psychologin und als Coach für Führungskräfte, als Autorin und auch Produzentin des Films, der gerade erwähnt wurde. Meine Eltern waren beide bei der Explosion am 6. August 1945 dabei. Mein Buch- und Filmtitel 8:15 bezieht sich auf den Zeitpunkt der Explosion in Japan, die erste Atombombe, die gegen Menschen eingesetzt wurde.

In Hiroshima lebten zu diesem Zeitpunkt 350.000 Menschen, überwiegend Zivilisten. Mein Vater war nur etwa 1200 Meter vom Epizentrum entfernt. Er befand sich auf dem Dach seines Hauses, hatte also nichts, was ihn schützte. So war er mehreren Tausend Grad Hitze und Explosionen ausgesetzt, und natürlich auch der Strahlung. Meine Mutter war etwa 720 Meter vom Epizentrum entfernt. Natürlich wurden beide schwer verletzt, verbrannt und verstrahlt. Wie durch ein Wunder haben sie überlebt.

Ich bin eine ihrer drei Töchter. Heute lebe ich in San Diego in Kalifornien und arbeite weltweit daran, die Menschen zu einem friedlicheren und harmonischeren Denken zu erziehen.

Meiner Meinung nach standen Menschen schon immer miteinander in Konkurrenz; Wettbewerb wurde gefördert, Wettbewerb wurde wertgeschätzt. Aber das Konkurrenzdenken hat zu Ungleichheit geführt. Die ressourcenstärkeren Länder und Regionen versuchen, die weniger ressourcenstarken Regionen und Länder zu ihrem Vorteil auszunutzen. Und ich bin fest davon überzeugt, daß wir von der konkurrenzorientierten Bildung und Gesellschaft zu einer auf Zusammenarbeit ausgerichteten Gesellschaft übergehen müssen. Das ist die einzige Lösung.

Wenn ich über die Erfahrungen meines Vaters und meiner Mutter spreche, betrifft uns das alle als Menschheitsfamilie auf dieser Erde. Es gibt viele Bedrohungen. Die Bedrohung durch einen Atomkrieg ist keine Science-Fiction-Geschichte oder etwas, das man nur im Kino sieht. Er droht unmittelbar. Und die globale Zerstörung, die Klimaproblematik usw. – es gibt so vieles, daß ich denke, dies ist nicht die Zeit, daß wir uns um Ländereien, Ressourcen oder Macht streiten. Wir müssen uns wirklich zusammentun, um über das menschliche Zusammenleben nachzudenken und darüber, wie wir diese Krise überleben, wie wir gesünder leben und wie wir mehr Menschen zu Wohlstand verhelfen können. Das ist also mein Punkt.

Kann ich den Trailer zu meinem Film zeigen?

Moderator: Ich werde die Techniker fragen, aber in der Zwischenzeit möchte ich Sie bitten, uns zu sagen, welche Reaktionen Sie vom amerikanischen Publikum auf Ihren Film erhalten haben und ob er dort zu sehen ist. Und wird er auch in Europa oder online zu sehen sein?

Dr. Mikamo: Ich erhalte jetzt Reaktionen, er wird auf öffentlichen Sendern in ganz Amerika ausgestrahlt. Ich habe einige Vorführungen in New York und Kalifornien gemacht.

Die Reaktionen kommen hauptsächlich von der jüngeren Generation, und sie sind wirklich positiv. Sie sagen mir, daß sie nicht wußten, wie die Menschen unter dem Atompilz überlebt haben.

Sonst sehen sich die Leute die Bilder aus dem Flugzeug an, und sie sehen den Atompilz, und Politikwissenschaftler und Politiker und viele andere diskutieren darüber, ob nukleare Abschreckung der richtige Weg wäre oder besser ein Verbot von Atomwaffen, oder wie wir mit dem Thema Atomwaffen umgehen sollten. Aber nicht sehr viele Menschen haben den Bericht aus erster Hand gesehen, der zeigt, was tatsächlich unter dem Atompilz geschah.

Deshalb kommt aus dem Publikum oft der Kommentar, daß die ganze Welt das sehen muß. Jeder sollte es sehen. Die Menschen müssen daran erinnert werden, daß es nie wieder einen Atomkrieg geben darf. Auch die Leute, die den Film Oppenheimer gesehen haben, haben mir gesagt, daß man den Film 8:15 zusammen mit Oppenheimer sehen sollte, um ein Gesamtbild zu erhalten. Das sind die Kommentare, die ich erhalten habe.

Moderator: … Jetzt können wir den Trailer ansehen. (Den Trailer zu dem Film 8:15 finden Sie im Internet unter: https://www.youtube.com/watch?v=SNBYRnpE92s)

Alejandro Yaya (Argentinien), Vizepräsident, Ziviles Institut für Raumfahrttechnik, Leiter der Abteilung für Technologie- und Innovationsbeziehungen, Nationale Verteidigungsuniversität

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Warum Entwicklungsländer die Raumfahrt brauchen

Von Prof. Alejandro Yaya

Prof. Alejandro Yaya ist Vizepräsident des Zivilen Instituts für Raumfahrttechnik in Argentinien und Leiter der Abteilung für Technologie- und Innovationsbeziehungen an der Nationalen Verteidigungsuniversität Argentiniens. In der Diskussionsrunde der Internetkonferenz des Schiller-Instituts am 9.9. sagte er folgendes (Übersetzung aus dem Spanischen).

Mit Dr. Karniks Erlaubnis möchte ich gerne den Gründer des indischen Raumfahrtprogramms, Vikram Sarabhai, zitieren. Ich werde es sinngemäß wiedergeben, aber ich bitte Sie dabei, es nicht so zu verstehen, daß es sich nur auf Indien bezieht, sondern auf die BRICS – wenn er von der indischen Nation spricht, denken Sie an die ganze Menschheit:

„Es gibt Leute, die die Relevanz von Raumfahrtaktivitäten in einem Entwicklungsland in Frage stellen. Für uns gibt es keine Zweideutigkeit bei der Zielsetzung. Es kommt uns nicht in den Sinn, mit den wirtschaftlich fortgeschrittenen Nationen bei der Erforschung des Mondes oder der Planeten oder der bemannten Raumfahrt zu konkurrieren.

Aber wir sind überzeugt, daß wir, wenn wir auf nationaler Ebene und in der Gemeinschaft der Nationen eine bedeutende Rolle spielen wollen, bei der Anwendung fortgeschrittener Technologien auf die realen Probleme von Mensch und Gesellschaft unübertroffen sein müssen… Und wir sollten beachten, daß man die Anwendung hochentwickelter Technologien und Analysemethoden auf unsere Probleme nicht mit grandiosen Plänen verwechseln darf, die in erster Linie der Show dienen statt dem Fortschritt, den man in realen wirtschaftlichen und sozialen Begriffen mißt.“

Und jetzt zitiere ich den ehemaligen indischen Präsidenten Abdul Kalam:

„Viele Menschen mit kurzsichtigen Zukunftsvorstellungen zweifelten an der Relevanz von Weltraumaktivitäten in einer gerade unabhängig gewordenen Nation, die Schwierigkeiten hatte, ihre Bevölkerung zu ernähren. Die Vision war klar: Wenn die Inder eine bedeutsame Rolle in der Gemeinschaft der Nationen spielen wollen, dann müssen sie bei der Anwendung fortschrittlicher Technologien auf ihre realen Probleme unübertroffen sein. Es ist also kein Mittel zur Machtdemonstration. Die Erforschung des Weltraums ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für die weitere Entwicklung Indiens.“

Und um die Frage zu beantworten, hat Dr. Karnik erwähnt, daß man nur wenige Tage nach der Ankunft [der indischen Sonde] auf dem Mond eine weitere Mission zu Meßzwecken entsandt hat, und daß das Raumschiff in Kürze den Lagrange-Punkt erreichen wird, wo man Messungen an der Sonne vornehmen und die Sonne untersuchen wird.

Was wird Indien an der Sonne untersuchen? Die Eigenschaften der Troposphäre und der Ionosphäre – alles, was mit der Sonnenoberfläche zu tun hat, was große Auswirkungen auf das Klima und die Klimastudien hat. Denn wenn es in Indien eine Dürre gibt, wenn Entwicklungsländer Dürren oder Klimaprobleme haben, sind Hunderte von Millionen Menschen davon betroffen. Ein besseres Verständnis des Klimas und seiner Bedingungen – und der einzige Ort im Universum, an dem man das erforschen kann, ist der Weltraum – wird uns helfen, uns weiterzuentwickeln und die Katastrophen zu vermeiden, die die Natur manchmal hervorbringt und die wir nicht verhindern können. Dieses bessere Verständnis des Weltraums wird uns helfen, eine bessere Lebensqualität hier auf der Erde zu erreichen – und auch auf dem Mond!

Was ist nun das besondere an den gemeinsamen Anstrengungen Indiens und Chinas? Die einzigartigen Eigenschaften unseres natürlichen Satelliten ermöglichen die Entwicklung der Nutzung bestimmter Materialien, sowohl für die pharmazeutische Industrie als auch für die Fertigung von Dingen, deren Herstellung auf der Erde unmöglich oder extrem kostspielig ist. Das heißt, die Möglichkeit einer gemeinsamen Basis im Weltraum und insbesondere auf dem Mond wird meßbare Fortschritte bei der Entwicklung neuer Materialien ermöglichen – Materialien dieses Jahrhunderts, nicht vergangener Jahrhunderte -, was von Bedeutung für Sensoren, Elektronik, Pharmazeutika usw. sein wird.

Ich stimme voll und ganz mit Dr. Karnik überein, daß wir im Geiste des Antarktisvertrages weitermachen sollten bzw. die internationalen Rechte im Weltraum respektieren sollten, und daß dies das Erbe der ganzen Menschheit ist. Wir sollten kein Anti-Artemis-Programm schaffen und wieder eine polarisierte Welt haben, die zu einem sinnlosen neuen Kalten Krieg führt.

Denn so arrogant die Menschen auch sein mögen, im Weltraum ist jede Nation sehr verwundbar. Die einzige Möglichkeit, dort zu bestehen, ist Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe.


Konferenzeinladung: Laßt uns gemeinsam mit der globalen Mehrheit ein neues Kapitel der Weltgeschichte aufschlagen!

Die Welt befindet sich derzeit in einem Umbruch, wie er nur einmal in tausend Jahren vorkommt: Das Zeitalter des Kolonialismus, das im 16. Jahrhundert begann und fast 600 Jahre gedauert hat, neigt sich dem Ende zu. Die Länder des Globalen Südens, die bei weitem die Mehrheit der Menschheit stellen, entledigen sich gerade der Überreste der kolonialen Unterdrückung, wie sie in Form von internationaler Kontrolle über ihre Ressourcen, unfairen Handelsbedingungen und finanzieller Unterwerfung und Ausplünderung durch die City of London und die Wall Street immer noch besteht. Die Länder des Globalen Südens machen ihr Recht geltend, ihre eigenen Rohstoffe zu verarbeiten und höherwertige Güter zu produzieren, um in absehbarer Zeit durch hochtechnologische Industrialisierung zu Gesellschaften mit mittlerem Einkommen aufzusteigen. Lyndon LaRouche hat jahrzehntelang die notwendigen realwirtschaftlichen Konzepte und Maßnahmen beschrieben, um diesen Übergang zu beschleunigen.

Es ist zu erwarten, daß der Gipfel der BRICS-Länder, der vom 22. bis 24. August stattfindet, die derzeitige tektonische Verschiebung widerspiegelt: Dreiundzwanzig Länder haben formell die Mitgliedschaft in dieser Organisation beantragt, mehr als zwanzig informell. Anstatt diesen Prozeß als Bedrohung für den Westen zu betrachten, sollten die Nationen Europas und sogar die USA das Angebot zur Zusammenarbeit annehmen. Wenn die Länder des Globalen Nordens ihre erklärte Absicht weiterverfolgen, sich von China, dem größten Handelspartner vieler Länder des Globalen Südens, „abzukoppeln“ oder „Risiken abzubauen“, wird sich dies besonders verheerend auf die europäischen Volkswirtschaften auswirken, die sich bereits in einem Prozeß der Deindustrialisierung befinden.

Noch grundlegender: Wenn der Westen an seiner Politik der geopolitischen Konfrontation mit Rußland und China festhält und versucht, mit Hilfe einer globalen NATO eine unipolare Welt zu erhalten, besteht die Gefahr, daß der Konflikt um die Ukraine und bald auch um Taiwan zu einem dritten, diesmal thermonuklearen Weltkrieg eskalieren könnte.

Daß es der alten Ordnung nicht gelungen ist, die Probleme von Armut, Hunger und Unterentwicklung von Milliarden von Menschen in den Entwicklungsländern zu lösen, wird an der schrecklichen Migrantenkrise deutlich, in der sich Abertausende von verzweifelten Menschen an den nationalen Grenzen versammeln – sei es zwischen den USA und Mexiko oder entlang des Mittelmeers, das bereits zu einem Massengrab geworden ist. Anstatt Menschen mit grausamen und inhumanen Methoden zurückzuhalten, sollten wir uns mit China und anderen Schwellenländern zusammentun, um den Ländern des globalen Südens bei der Industrialisierung zu helfen. Es gibt keinen Grund für Rivalität; es gibt für alle so viel zu tun, um die existentiellen Bedürfnisse der jetzt leidenden Menschen zu erfüllen.

Welchen Weg wir einschlagen, wird höchstwahrscheinlich darüber entscheiden, ob wir in einem Weltkrieg enden, der zur Auslöschung der menschlichen Gattung führt, oder unsere Menschlichkeit bewahren und ein neues, schöneres Kapitel in der Geschichte der Menschheit aufschlagen.

Wir brauchen eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, die die Interessen jedes einzelnen Landes auf dem Planeten berücksichtigt. Die verfeindeten Seiten des Dreißigjährigen Krieges konnten 1648 den Westfälischen Frieden schließen, weil sie erkannten, daß niemand übrigbleiben würde, der sich an dem Sieg freuen könnte, wenn die Kämpfe weitergingen. Wir sollten zumindest ebenso klug sein.

Wir müssen die schönsten Traditionen unserer Kulturen wiederbeleben, vor allem in der klassischen Kunst, und zu einem Bild des Menschen als schöpferischem Wesen zurückkehren, um so eine Vision für einen dauerhaften Frieden für die gesamte Menschheit zu entwickeln.


Wissenschaftler rufen auf, einen neuen Weltkrieg zu verhindern

Werden wir dem Menschengeschlecht den Untergang bereiten, oder wird die Menschheit auf Krieg verzichten?

Vor fast siebzig Jahren haben Albert Einstein und elf weitere Nobelpreisträger diese Warnung ausgesprochen: „Werden wir dem Menschengeschlecht den Untergang bereiten, oder wird die Menschheit auf Krieg verzichten?“

Heute bewegen sich die USA, die NATO und Rußland in der Ukraine auf einen direkten militärischen Konflikt zu – und ein Krieg zwischen USA/NATO und Rußland wird fast zwangsläufig zum Einsatz von Atomwaffen führen, da keine der beiden Seiten bereit sein wird, nachzugeben, wenn ein Konflikt beginnt.

Die USA, Großbritannien, Frankreich und Rußland halten 2.000 strategische Atomsprengköpfe in Abschußbereitschaft. Jeder strategische Sprengkopf ist 7 bis 53 Mal stärker als die Atombombe, die Hiroshima zerstörte. Sobald der Befehl zum Abschuß gegeben wird, werden diese Sprengköpfe ihre Ziele in 35 Minuten oder weniger erreichen. Von U-Booten aus gestartete ballistische Raketen können ihre Ziele innerhalb von 15 Minuten nach Genehmigung durch die Präsidenten treffen.

Rußland verfügt über 340 abschußbereite 800-Kilotonnen-Atomwaffen (800.000 Tonnen TNT-Sprengstoffäquivalent). Die Detonation eines solchen Sprengkopfes erzeugt Temperaturen von etwa 100 Millionen Grad Celsius, also etwa das Vier- bis Fünffache der Temperatur im Zentrum der Sonne.

Die Detonation einer Atomwaffe über einer Stadt ist so, als würde man ein Stück Sonne entzünden, was zu Temperaturen führt, die alles darunter Befindliche verdampfen und Brände über viele Kilometer in alle Richtungen auslösen. Dadurch entsteht ein gewaltiger nuklearer Feuersturm.

Die Detonation eines einzigen 800-Kilotonnen-Sprengkopfes über einer Großstadt bei einer durchschnittlichen Wetterlage löst einen nuklearen Feuersturm aus, der sich über eine Fläche von rund 400 Quadratkilometer erstreckt. Innerhalb weniger Minuten überschreitet die Lufttemperatur in der Brandzone den Siedepunkt von Wasser.

Jeder, der sich innerhalb der Feuerzone befindet, wird mit einem „Feuerhurrikan“ überzogen. Kein Lebewesen innerhalb der Feuerzone kann überleben.

In einem großangelegten Atomkrieg würden wahrscheinlich in weniger als einer Stunde deutlich mehr als 1000 nukleare Feuerstürme entstehen, weil Städte in Nordamerika, Europa und Rußland (und möglicherweise China) in Brand geraten. Diese Feuerstürme erstrecken sich über Zehntausende von Quadratkilometern. In begutachteten Studien wird davon ausgegangen, daß bis zu 180 Millionen Tonnen schwarzer Rauch und Ruß, die bei diesen Feuerstürmen entstehen, über das Wolkenniveau in die Stratosphäre aufsteigen, wo sie eine globale Rauchschicht bilden.

Die stratosphärische Rauchschicht kann nicht abregnen und wird dort zehn Jahre oder länger verbleiben. Die Rauchschicht dürfte in der nördlichen Hemisphäre so viel Sonnenlicht blockieren, daß sich die durchschnittliche Oberflächentemperatur schnell soweit abkühlt wie auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit. Ein bis zwei Jahre lang würden die Temperaturen im mittleren Nordamerika und Eurasien täglich unter den Gefrierpunkt fallen. Für den Anbau von Nahrungsmitteln wäre es viele Jahre lang zu kalt. Die meisten Menschen und großen Landtiere würden verhungern.

Wir dürfen dies nicht zulassen. Es ist Zeit zu handeln, bevor es zu spät ist.

Wir müssen uns gegen einen neuen Weltkrieg aussprechen, der die Menschheit zerstört.

Wenn Sie Wissenschaftler oder Künstler sind oder eine führende Position in der Kirche, in der Politik oder im Militär haben, schließen Sie sich bitte unserem Aufruf an die Vereinigten Staaten, die NATO und Rußland an, jede weitere Eskalation des Konflikts in der Ukraine zu unterlassen. Die NATO darf keine Streitkräfte in die Westukraine entsenden, die in direkten Konflikt mit russischen Streitkräften geraten könnten. Dies wäre der direkte Weg in den Dritten Weltkrieg und in die nukleare Verwüstung.

Erinnern Sie sich an die Worte von Einstein und seinen Kollegen:

„Wir sprechen hier nicht als Angehörige dieser oder jener Nation, dieses oder jenes Erdteils oder dieses oder jenes Glaubensbekenntnisses, sondern als menschliche Wesen, als Angehörige der Spezies Mensch, deren weitere Existenz zweifelhaft geworden ist…

Vor uns liegt, wenn wir richtig wählen, eine beständige Ausweitung von Glück, Wissen und Weisheit. Sollen wir stattdessen den Tod wählen, bloß weil wir unsere Streitereien nicht vergessen können? Wir wenden uns als Menschen an unsere Mitmenschen: Erinnert Euch Eures Menschseins und vergeßt alles andere! Wenn Ihr das vermögt, dann öffnet sich der Weg zu einem neuen Paradies. Könnt Ihr es nicht, dann droht Euch allen der Tod.“

Resolution:

„In Anbetracht der Tatsache, daß in einem künftigen Weltkrieg mit Sicherheit Atomwaffen eingesetzt werden und daß solche Waffen den Fortbestand der Menschheit bedrohen, fordern wir die Regierungen der Welt auf, sich darüber klar zu werden und öffentlich zu bekennen, daß ihr Ziel nicht durch einen Weltkrieg gefördert werden kann, und wir fordern sie daher auf, friedliche Mittel zur Beilegung aller zwischen ihnen bestehenden Streitfragen zu finden.“

Daher unterstützen wir, die Unterzeichnenden, die dringende Mobilisierung von Humanity for Peace und rufen alle auf, sich am 6. August an dem internationalen Aktionstag, mit einer Hauptkundgebung bei den Vereinten Nationen in New York City und weiteren Kundgebungen auf der ganzen Welt, zu beteiligen.

#NoMoreHiroshimas #NoMoreNagasakis

Unterzeichner:


– Steven Starr MPH, MT(ASCP) BB (USA); Professor, Universität von Missouri; Veröffentlichungen im Bulletin of the Atomic Scientists


– Jeff Philbin, PhD (USA), Kernphysiker, Technischer Berater, unabhängiger Kontraktor, pensioniert von Sandia National Laboratories


– Vincenzo Romanello, PhD (Tschechische Republik, Deutschland, Italien), Nuklearingenieur, Gründer der italienischen Organisation „Atoms for Peace“.


– Franco Battaglia, PhD (Italien), Professor für chemische Physik, Universität Mondena, Italien


– David H. Lester, PhD (USA), Chemieingenieur, Spezialist für die Anwendung von Nuklearisotopen; frühere Tätigkeiten bei Battelle Northwest Laboratories und Hanford Engineering Development Laboratory


– José Oreste Maldifassi Pohlhammer (Chile) Adolfo Ibanez Universität, Fakultät für Ingenieur- und Naturwissenschaften

– Alberto Arecchi, (Italien), italienischer Architekt, arbeitete in verschiedenen afrikanischen Ländern für die Entwicklungszusammenarbeit; unterrichtete Baumaterialien an mehreren Hochschulen; leitet derzeit Liutprand, eine kulturelle Vereinigung, die Bücher über die lokale Geschichte der Region Pavia herausgibt (www.liutprand.it).

– Juan José Torres Núñez, PhD (Spanien), Dichter, veröffentlichter Autor, freier Journalist, Mitglied des Schiller-Instituts

– Jeffrey Mahn, (U.S.A.), Nuklearingenieur (a.D.), Sandia National Labs, Wissenschaftspädagoge am National Museum of Nuclear Science and History

– Marsha Freeman, (U.S.A.), National Assoc. of Science Writers (gewählt), Aviation/Space Writers Assoc. (gewählt), Fellow, British Interplanetary Society (gewählt), American Institute of Aeronautics and Astronautics American Astronautical Society – History Committee of the AIAA, History Committee of the International Academy of Astronautics (ernannt)

– William Cuthbert Jones, (U.S.A.), ehemaliger Korrespondent des Weißen Hauses, EIR

– C. (Kees) le Pair, (Niederlande), Physiker (a. D.), Universität Leiden; Königlich Niederländische Akademie der Künste und Wissenschaften

– Djamila le Pair, (Niederlande), Freiberufliche Journalistin; Free Assange-Aktivistin

(Angabe von Institutionen nur zu Identifikationszwecken)

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Helga Zepp-LaRouche: Pressefreiheit und Freiheit für Assange sind identisch!

Erklärung von Helga Zepp-LaRouche zum internationalen Tag der Pressefreiheit

Pressefreiheit und Freiheit für Assange sind identisch!

Laut dem „Narrativ“ der Mainstream-Medien gibt es Länder, in denen die Pressefreiheit gedeiht, wie in Norwegen, das erneut den einschlägigen Index anführt, und Länder, in denen sie unterdrückt wird. In Wirklichkeit ist ehrlicher Journalismus in den Mainstream-Medien fast völlig verschwunden. Die Vorstellung einer historischen oder objektiven „Wahrheit“, die durch investigativen Journalismus aufgedeckt werden kann, wurde von allen Seiten beschossen, durchlöchert und begraben.

Stattdessen gibt es eine willkürliche Vielfalt von Beschreibungen dieser „Wahrheit“, die entweder als „Fälschung“ bezeichnet werden, „entlarvt“ werden oder sogar schon vor ihrer Entstehung durch „Prebunking“ zerstört werden müssen.

In Wirklichkeit findet ein brutaler Kampf um die Kontrolle des „Narrativs“ der „regelbasierten Ordnung“ statt. Journalismus wurde dazu degradiert, dieses als Erfüllungsgehilfe der herrschenden Eliten durchzusetzen.

Wäre dies eine Übertreibung, hätte Seymour Hersh in Norwegen einen neu geschaffenen Nobelpreis für herausragende journalistische Leistungen erhalten, und alle norwegischen Medien hätten sich in der Berichterstattung über die Rolle Norwegens bei der Sabotage der Nord Stream-Pipelines hervorgetan.

Die Staatsoberhäupter, die sich an diesem Wochenende zur Krönung von King Charles versammeln werden, können ihr Engagement für Freiheit und Demokratie unter Beweis stellen, indem sie dem neu gekrönten König zu seiner ersten Amtshandlung gratulieren: Freiheit für Julian Assange!


Mexikos Journalistenclub ehrt Schiller-Institut mit Preis für Meinungsfreiheit

7. Dez. 2022 (EIRNS)–Der mexikanische Journalistenclub gab heute die Ergebnisse seines 70. nationalen und internationalen Journalistenwettbewerbs bekannt und zeichnete mexikanische und internationale Journalisten, Medien und Institutionen aus, die von einer 20-köpfigen unabhängigen Jury für ihre Arbeit in über 20 Bereichen des Journalismus und der Meinungsfreiheit ausgewählt wurden. Der jährlich stattfindende Wettbewerb ist zu einer Institution im Land geworden, die auch international immer mehr Beachtung findet. Julian Assange zum Beispiel wurde 2019 mit dem Preis für „Meinungsfreiheit“ ausgezeichnet.

Heute erhielt das Schiller-Institut den Preis des Clubs für die „Förderung der freien Meinungsäußerung im akademischen Bereich“, für seine Beiträge zur historischen und geopolitischen Analyse des Verständnisses globaler Veränderungen aus einem multidisziplinären Blickwinkel kritischen Denkens, der vor den Folgen von Gewalt und Ungleichgewicht warnt, die das Konzert der Nationen und den Weltfrieden beeinträchtigen“, erklärte der Laudator der Preisverleihung. Dies war eine von lediglich fünf internationalen Auszeichnungen, die der Journalistenclub vergab. Weitere etwa 30 Preise wurden an nationale Journalisten in verschiedenen Bereichen verliehen.

An der feierlichen Preisverleihung im historischen Hauptsitz der Vereinigung in Mexiko-Stadt nahmen der Pressesprecher des mexikanischen Präsidenten, Jesús Ramírez Cuevas, und Diplomaten aus verschiedenen Ländern sowie zahlreiche Journalisten und Medienvertreter mit ihren Familien und Freunden teil. Ramírez Cuevas wurde bei seiner Ankündigung mit Ovationen begrüßt und überbrachte die Grüße von Präsident López Obrador.

Nach der Bekanntgabe des Preises an das Schiller-Institut wurde eine kurze Videobotschaft der Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, mit spanischen Untertiteln abgespielt, während der Vertreter des Schiller-Instituts in Mexiko, EIR-Korrespondent Gerardo Castilleja, den Preis in ihrem Namen entgegennahm. Zepp-LaRouche erklärte, sie könne den Preis nicht persönlich entgegennehmen, da sie an erster Stelle auf der ukrainischen Abschußliste stehe. Sie bedankte sich für die ihr zuteil gewordene Ehre und sprach von der internationalen Führungsrolle, die Mexiko spielt und spielen kann, um die Welt gegen den Atomkrieg und für den Frieden zu mobilisieren.

Die Generalsekretärin des Clubs, Celeste Sáenz, gab in ihrer Eröffnungsrede den Ton für das lebhafte Treffen an. Sie rief eindringlich dazu auf, den Kampf gegen die schwerwiegenden Bedrohungen der Meinungsfreiheit in der Welt zu verstärken. Gegen den wahrheitsgetreuen Journalismus werde ein Krieg geführt, der von den großen Medienanstalten und den neoliberalen internationalen Mächten organisiert werde, kritisierte sie. Unabhängige Journalisten, die sich weigerten, sich deren Forderungen zu unterwerfen, würden ausgeschlossen, hätten jedoch begonnen, ihre eigenen Medien zu gründen (von denen einige später ausgezeichnet wurden).

Dies sei „ein realer Krieg … mit realen Opfern“. Journalisten würden getötet, einige gerieten in das Kreuzfeuer der Konflikte auf der Welt — aber einige würden auch absichtlich ermordet, wie es in der Ukraine der Fall sei, sagte sie. Journalisten und Akademiker würden „von der ukrainischen Regierung und westlichen Geheimdiensten und Spionageagenturen“ auf eine schwarze Liste gesetzt, „um sie zu ermorden“. Wenn die ausgewählten Zielpersonen ermordet seien, würden ihre Fotos auf der Liste gestrichen, präzisierte sie. „Das ist eine Schande. Nach dem Zweiten Weltkrieg dachten wir, daß wir so etwas nicht mehr erleben würden.“

Als Beispiel für diese Politik nannte sie die terroristische Ermordung der Russin Darya Dugina am 20. August dieses Jahres und kritisierte die Zensurpolitik im Namen der „Meinungsfreiheit“, wie sie in den „Zentren für die Desinformationsbekämpfung“ betrieben werde, die diese Politik durchsetzten.

Anschließend verlieh der Club eine posthume Auszeichnung an Dugina, die der russische Botschafter in Mexiko, Viktor Koronelli, im Namen ihres Vaters Alexander Dugin entgegennahm. Anschließend wurde eine kurze Videobotschaft von Dugin gezeigt.


Unabhängiges führendes dänisches Radio interviewt Jens Jørgen Nielsen zur Schwarzen Liste der Ukraine

8. August 2022 (EIRNS) Kopenhagen – Der dänische Rußland-Ukraine-Experte Jens Jørgen Nielsen (JJ), ein Redner bei der Online-Konferenz des dänisch-schwedischen Schiller-Instituts vom 25. Mai 2022, der auf der schwarzen Liste der Ukraine steht, wurde am 3. August 13 Minuten lang von Radio 24/seven (24/syv) zu seinem Erscheinen auf der Liste interviewt. Radio 24/seven ist das führende nationale dänische Privatradio. Es folgte ein Interview mit Søren Liborius, einem führenden dänischen Berater des gemeinsamen Außenministeriums der EU und ehemaligen Informations- und Pressedirektor im Büro des EU-Außenministeriums in Rußland. Beide wurden von Nicolai Dandanell interviewt. Hier ist eine Zusammenfassung:

Jens Jørgen Nielsen: Die Leute auf der Liste haben unterschiedliche Meinungen, sogar einer, der für Waffenlieferungen an die Ukraine ist. (Nielsen hat das Schiller-Institut in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, allerdings tat er dies in anderen Medien).

Nielsen sagte, er verbreite keine russische Propaganda, aber er stehe der Lieferung von Waffen an die Ukraine kritisch gegenüber und kritisiere das Narrativ, die Ukraine sei eine blühende Demokratie. Daß der Leiter des Desinformationsbüros die Personen auf der Liste als „Informationsterroristen“ bezeichnet, die vor ein Militärgericht gestellt werden sollten, sei absurd. Das Büro wird vom US-amerikanischen Außenministerium unterstützt. Er sagte, er sei mit der russischen Entscheidung zum Einmarsch nicht einverstanden, aber es müsse eine ernsthafte Diskussion geben, da dies die gefährlichste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg sei.

Zelensky habe 11 Parteien verboten und Menschen ohne Gerichtsbeschluß unter Hausarrest gestellt. Hierbei gehe es nicht, wie vorgegeben, um einen Kampf zwischen Demokratie und Diktatur.

Was bedeutet die Liste? Nielsen sagte, er glaube nicht, daß es Konsequenzen geben werde, aber er frage sich, ob nun Agenten zu seinem Haus kommen werden, um ihn vor ein Kriegsverbrechertribunal zu stellen.

Er hätte kein Problem damit, über den Inhalt seiner Äußerungen zu diskutieren.

Dies könnte zu einer Stellungnahme des dänischen Außenministers führen [der nun zwei schriftliche Fragen eines Mitglieds des außenpolitischen Ausschusses des Parlaments, Marie Krarup, in einer „Anhörung“ vor dem Ausschuß beantworten muß].

Die Tatsache, daß die Ukraine westlichen Bürgern damit droht, vor ein Kriegsverbrechertribunal gestellt zu werden, überschreitet alle roten Linien. Uns mit Kriegsverbrechern aus Jugoslawien und Ruanda – mit Massenmördern – in Verbindung zu bringen, ist absurd.

Auf die Frage, ob er russische Desinformationen verbreite, antwortete JJ, daß das meiste, was in der Presse stehe, Desinformation darstelle, ob nun von den Ukrainern, den Russen oder auch dem Westen. Im Krieg gebe es keine objektive Darstellung. „Ich bin Historiker und es gibt Kriegspropaganda auf allen Seiten.“

„Ich verstehe, daß die Ukraine Angst vor der Kriegsmüdigkeit des Westens hat – werden sie weiterhin Waffen schicken? Ist das Geld zum Fenster hinausgeworfen? Das fragen ich und andere sich: Kann die Ukraine gewinnen? Kann sie ohne einen Atomkrieg gewinnen? Es ist notwendig, sich diese Fragen zu stellen.“

„Mir wurde vorgeworfen, ich hätte gesagt, daß die Ukraine in der Woche vor dem 24. Februar die 30-fache Menge an Bomben in den Donbass geschickt hat. Aber ich habe diese Zahl von der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Soll das heißen, daß die OSZE auf Putins bezahlter Desinformationsliste steht?“

„Was sind die Konsequenzen, wenn man auf dieser Liste steht? Ich möchte irgendwann einmal in die Ukraine reisen. Wird man mich einreisen lassen? Werde ich verhaftet werden? Werde ich von Ukrainern, die hier [in Dänemark] leben, angegriffen werden? Manchmal übersetze ich für ukrainische Flüchtlinge. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie zu meinem Haus kommen und mich angreifen werden.“

Søren Liborius, dänischer Chefberater des gemeinsamen Außenministeriums der EU, ehemaliger Informations- und Pressedirektor im Büro des EU-Außenministeriums in Rußland:

Überschrift des Programms: Die schwarze Liste der Ukraine ist vermutlich Teil des Informationskriegs zwischen der Ukraine und Russland.

Er sagt, die Ukraine kämpfe um ihre Existenz und reagiere auf die russische Desinformationskampagne, was ihn nicht überrasche.

Hier können Sie sich das vollständige Interview in dänisch anhören.


Griechischer Botschafter Chrysanthopoulos gab seine Einschätzung über die ukrainische Schwarze Liste des Schiller-Instituts bei RT TV ab

8. Aug. 2022 (EIRNS)–Der griechische Botschafter ad hon. und Mitglied des Schiller-Instituts, Leonidas Chrysanthopoulos, präsentierte diese Woche in einem Interview mit dem Fernsehsender RT die schwarze Liste des ukrainischen Zentrums zur Desinformationsbekämpfung (CCD), auf der Mitglieder des Schiller-Institut stark vertreten sind. Während des Interviews zum jüngsten Bericht von Amnesty International, in dem der Einsatz von menschlichen Schutzschilden durch das ukrainische Militär angeprangert wird, ging der Botschafter ausführlich auf die schwarze Liste ein und bezog sich dabei direkt auf das Schiller-Institut. Er erklärte, daß das Führen einer solchen schwarzen Liste den faschistischen Charakter des ukrainischen Regimes entlarve. Der Botschafter gehört selbst zu den Unterzeichnern der Petition des Schiller-Instituts, die die schwarze Liste anprangert.

Das gesamte Interview ist hier zu sehen.


Chinesische und Schweizer Astronauten wollen die Jugend begeistern

2. Juli 2022 (EIRNS) – Am 1. Juli haben sich rund 100 Studenten aus China und der Schweiz an einer kulturübergreifenden Veranstaltung beteiligt, um mehr Institutionen zu gewinnen, junge Studenten für die Erforschung des Weltalls zu begeistern. Die beiden Astronauten, die für den Dialog mit den Studenten ausgewählt wurden, waren für diese Aufgabe bestens geeignet.

Jing Haipeng, Leiter des chinesischen Astronautenkorps, war der erste chinesische Astronaut, der an drei Shenzhou-Missionen teilgenommen hat. Claude Nicollier war der erste Schweizer Astronaut, der an vier Space-Shuttle-Missionen beteiligt war, darunter zwei Wartungsmissionen für das Hubble-Weltraumteleskop.

Der Austausch war Teil eines chinesisch-schweizerischen Online-Treffens zur Zusammenarbeit in der Weltraumwissenschaft, das vom Chinesischen Zentrum für Wissenschafts- und Technologieaustausch und dem Verkehrshaus der Schweiz gemeinsam veranstaltet wurde.

Beide Seiten unterzeichneten dabei auch ein Memorandum für einen stabilen Austausch- und Kooperationsmechanismus und die Einrichtung einer Plattform für den Austausch von wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen. So sollen mehr wissenschaftliche Forschungseinrichtungen zur Teilnahme an der chinesisch-schweizerischen Zusammenarbeit gewonnen werden.

Claude Nicollier hatte bereits 2017 auf einer Veranstaltung des Schiller-Instituts zum 100. Geburtstag des Weltraumpioniers Krafft Ehricke in München einen Videovortrag gehalten.


Helga Zepp-LaRouche in der CGTN-Sendung „The Dialogue“

Helga Zepp-LaRouche wurde am 2. April in der CGTN-Sendung „The Dialogue“ mit dem Moderator Xu Qinduo interviewt. Das Gespräch drehte sich um die Videokonferenz zwischen der EU und China, an der Präsident Xi Jinping sowie EU-Ratspräsident Charles Michel und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilnahmen.

XU: Helga, was denken Sie, welche Rolle die Ukraine-Frage in den Beziehungen zwischen China und der Europäischen Union spielt? Gibt es einen Weg, wie beide Seiten mit dem Thema umgehen könnten? Beeinflusst das ihre Beziehungen?

HELGA ZEPP-LAROUCHE: Offensichtlich. Die EU hatte im Vorfeld auf ihrer Webseite erklärt, daß sie die Ukraine-Frage praktisch als einziges Thema behandeln möchte. Sie wollen, daß China vermittelt und Einfluss auf Rußland nimmt. Aber ich denke, es ist ganz klar, daß sich China auf keine Seite stellen will. Angesichts der Tatsache, daß sich die EU-Wirtschaft im freien Fall befindet, d.h. angesichts des massiven COVID-Problems und der Sanktionen ist Europa in keiner starken Position. Ich denke, China hat ein Konzept, das sich für eine Vermittlerrolle eignet, und zwar die Idee von Präsident Xi Jinping von einer gemeinsamen Zukunft für eine gemeinsame Menschheit. Ich denke, das ist im Moment das wichtigste Konzept, da wir uns in einer strategisch gefährlicheren Situation befinden als während der Kubakrise.

Was wir also wirklich brauchen – und ich denke, China ist hierfür in einzigartiger Weise in der Lage –, ist eine neue internationale Sicherheitsarchitektur, die die Interessen jedes einzelnen Landes auf dem Planeten berücksichtigt. Denn der Grund für die Ukraine-Krise ist die seit 30 Jahren anhaltende NATO-Osterweiterung, über die der Westen nicht einmal mehr diskutieren will. Aber die Frage ist, wie kommen wir da wieder raus? Wir brauchen eine neue Sicherheitsarchitektur, und ich habe vorgeschlagen, daß sie auf die Tradition des Westfälischen Friedens zurückgehen sollte, der 150 Jahre Religionskriege in Europa beendete. Die Situation heute ist angesichts der Gefahr eines Atomkrieges viel gefährlicher als damals.

Ich glaube, die Europäer ignorieren völlig die Tatsache, daß ein neues System im Entstehen begriffen ist, das auf der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und der BRICS, dem Zusammenschluss von Rußland, Indien und China, basiert. Indien hat sich geweigert, sich für die Vereinigten Staaten vereinnahmen zu lassen, will aber auch neutral bleiben. Wir werden nur dann aus dieser Situation herauskommen, wenn die Europäer – und letztlich auch die Vereinigten Staaten – verstehen, daß es in ihrem besten Interesse ist, mit der Belt and Road Initiative zusammenzuarbeiten, um die wirklichen Probleme anzugehen, die die gesamte Menschheit betreffen. Die Pandemie ist noch nicht vorbei, und es herrscht eine Hungerkrise. Ein chinesischer Wirtschaftswissenschaftler sagte kürzlich, daß aufgrund der Sanktionen gegen Rußland 1 Milliarde Menschen in diesem Jahr an Hunger zu sterben drohen. Ich denke also, wenn China eine Vermittlerrolle spielen und sagen würde, daß all diese Probleme gleichzeitig angegangen werden müssen, dann könnte die Ukraine kein geopolitischer Spielball zwischen der EU und Rußland mehr sein, sondern zu einer Brücke für die Zusammenarbeit auf dem eurasischen Kontinent werden.

XU: Das ist ein guter Punkt, Helga. China hat sehr viel Wert auf Zusammenarbeit gelegt, von der alle profitieren. China ist auch stolz darauf, eine Quelle von Frieden und Stabilität zu sein. Wenn es um die Zusammenarbeit zwischen China und der EU geht, wissen wir, daß beide Seiten große Zivilisationen sind, sie sind zwei der größten Volkswirtschaften. Sie repräsentieren die beiden größten Märkte. Betrachtet man also ihre Zusammenarbeit vor dem Hintergrund wachsender Spannungen, ja sogar eines aufkommenden Kalten Krieges, wie wichtig ist es, Helga, daß die EU und China in verschiedenen Bereichen weiter zusammenarbeiten?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, für die EU ist diese Frage viel existentieller, als sie zugibt, denn es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder findet die EU einen Weg, mit China zusammenzuarbeiten, und auf diese Weise kann der Konflikt gelöst werden, oder es setzen sich diejenigen Leute im Westen durch – vor allem in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten –, die eine vollständige Entkopplung des Westens von den sogenannten „autoritären Regimen“ wollen. In diesem Fall würde der Westen meiner Meinung nach erheblich in Mitleidenschaft gezogen, denn seine Werte beruhen viel stärker auf monetaristischen Werten als zum Beispiel in China und den Ländern, die mit der BRI zusammenarbeiten, weil diese sich viel stärker auf die physische Wirtschaft konzentrieren. Wenn der Westen also eine vollständige Abkopplung anstrebt, würde er darunter sehr leiden. Hoffentlich begreift die Europäische Union, daß es nicht in ihrem Interesse ist, diesen Weg zu gehen, auch wenn Victoria Nuland gerade hier war und Europa aufgefordert hat, sich ganz auf die Seite der USA zu stellen.

Ich denke also, daß viel von den Initiativen abhängt, die China vorgeschlagen hat, denn China vertritt im Moment die einzige Politik, die einen Ausweg bietet: Und das ist die gemeinsame Zukunft der einen Menschheit. Ich denke, immer mehr Menschen erkennen das.

……

XU: Helga, zur weiteren Zusammenarbeit: Wir wissen, daß es ein sehr wichtiges Handelsabkommen, ein umfassendes Investitionsabkommen zwischen China und der EU gibt. Werden wir also während des Gipfels oder danach irgendwelche Fortschritte sehen? Sollten wir diese Art der Zusammenarbeit vielleicht wiederbeleben?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, dieses Abkommen wäre für beide Seiten von Vorteil und sollte deshalb vorangetrieben werden. Aber angesichts der derzeitigen geopolitischen Spannungen bin ich nicht sehr zuversichtlich, daß dies auf diesem Gipfel erreicht werden kann. Meines Erachtens wird das transatlantische Finanzsystem zusammenbrechen – man denke nur an die Hyperinflation, die schon lange vor dem Ausbruch der Ukraine-Krise eingesetzte hatte. Daher sollte die Frage eines neuen Finanzsystems, eines neuen Kreditsystems in der Tradition des Bretton-Woods-Systems auf die Tagesordnung gesetzt werden, denn es besteht die Gefahr einer Wiederholung der Krise von 2008, nur in einem viel größeren Ausmaß. Die US-Notenbank wagt es aufgrund der Verschuldung des gesamten Systems nicht, die Zinsen zu erhöhen, um die Inflation zu bekämpfen. Daher sollte eine neue Kreditpolitik auf die Tagesordnung gesetzt werden, und in diesem Zusammenhang läßt sich dann das Handelsabkommen zwischen der EU und China ausweiten. Aber ich denke, das Problem ist viel grundlegender, als daß es durch ein einzelnes Abkommen angegangen werden könnte.

XU: Vielen Dank an Sie, Helga.


Der LaRouche-Plan für eine neue internationale Wirtschaftsarchitektur

Mit dem LaRoucheplan aus der globalen Existenzkrise

Als Beitrag zu der dringend notwendigen internationalen Debatte über eine zukünftige Wirtschaftsarchitektur für globale Entwicklung und Fortschritt hat ein Rechercheteam der von Lyndon LaRouche gegründeten Nachrichtenagentur Executive Intelligence Review ein ausführliches programmatisches Papier, basierend auf LaRouches ökonomischen Prinzipien, ausgearbeitet und veröffentlicht. Darin geht es auch um den Wiederaufbau der Ukraine als Teil gesamteurasischer Entwicklung. Der Plan wurde auch in Vorbereitung der internationalen Konferenz des Schiller-Instituts am 9. April für eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur verfaßt. (Anmeldung hier: https://schillerinstitute.com/de/blog/2022/03/18/internet-konferenz-am-9-april-2022-die-schaffung-einer-neuen-sicherheits-und-entwicklungsarchitektur-fuer-alle-nationen/)

Eine solche umfassende Diskussion über die neuen Prinzipien einer Wirtschaftspolitik, die den Menschen und nicht den Spekulanten dient und dauerhaft Frieden schafft, ist offensichtlich auch in Deutschland außerordentlich wichtig.

Einleitung: Zusammenfassung des Aktionsplans1

Die bisherigen Entwicklungen des Jahres 2022 haben überdeutlich gemacht, daß Lyndon LaRouches Vorhersagen aus dem letzten halben Jahrhundert über den unvermeidlichen Zusammenbruch des Finanzsystems nach dem Bretton-Woods-Abkommen erschreckend richtig waren. Die Weltproduktion von materiellen Wirtschaftsgütern sinkt rapide, die Hyperinflation der Finanzaggregate hat die Preise für Konsum- und Produktionsgüter in die Höhe schnellen lassen, so daß sie für einen großen Teil der Menschheit unerschwinglich geworden sind, unter dem Deckmantel von Sanktionen sind weltweit Handelskriege ausgebrochen, und Pandemien alter und neuer Krankheiten haben bereits direkt und indirekt etwa 18 Millionen Menschen das Leben gekostet. Es droht eine weltweite Hungersnot.

Die politischen Führer und die Massenmedien im Westen geben Wladimir Putin die Schuld für all dies – und noch mehr. Doch die eigentliche Ursache ist der jahrzehntelange Einbruch der „potentiellen relativen Bevölkerungsdichte“ der gesamten Menschheit – LaRouches Maß für die Fähigkeit einer Gesellschaft, sich auf immer höherem Niveau des Wohlstands, der Wissenschaft und der klassischen Kultur für eine wachsende Bevölkerung zu reproduzieren. Dieser Zusammenbruch ist das Ergebnis der Sparpolitik, die ein halbes Jahrhundert lang von der Londoner City und der Wall Street betrieben wurde.

Der Mechanismus, durch den diese Politik heute zu ihrer „endgültigen Lösung“ geführt wird, ist eine radikale Entkopplung der Weltwirtschaft in zwei erbittert antagonistische Blöcke – einen militarisierten NATO-Dollar-Block und den Belt and Road-Block -, die beide in ein Inferno von Entvölkerung und Krieg, sehr wahrscheinlich einschließlich eines thermonuklearen Krieges, gestürzt werden sollen.

Es ist besonders bezeichnend und schrecklich, daß die florierenden Gürtel- und Straßen-Eisenbahnverbindungen, die sich von China über Rußland bis nach Europa erstrecken, durch die anhaltenden Sanktionen und den Krieg fast vollständig unterbrochen wurden.

Es ist jetzt an der Zeit, daß Lyndon LaRouches programmatische Lösung für diese Krise weltweit klar gemacht und umgesetzt wird – solange noch Zeit dafür ist. Im Gegensatz zu Londons malthusianischer Entkopplung der Weltwirtschaft müssen die Nationen der Welt stattdessen um ein Programm für wirtschaftliches Wachstum und Sicherheit für jeden und alle, eine neue internationale Architektur für Sicherheit und Entwicklung, herum neu verbunden werden.

Die Grundzüge dieser programmatischen Politik hat LaRouche in seinen „Vier neuen Gesetzen“2 von 2014 dargelegt, die heute noch genauso gültig sind wie vor acht Jahren, als sie erstmals formuliert wurden. Unter den heutigen Umständen des offenen „totalen Krieges“, den das Finanzestablishment gegen Rußland (und bald auch gegen China) führt, der im Grunde die gleichen Ergebnisse hervorbringt wie strategische Flächenbombardements auf feindliches Gebiet, ist ein sofortiger Aktionsplan erforderlich, der sich auf diese vier Gesetze stützt:

1. Physische Wirtschaft: Rußland hat bereits kriegswirtschaftliche Maßnahmen ergriffen, um seine grundlegende nationale Kapazität zu verteidigen und die Selbstversorgung mit den wichtigsten wirtschaftlichen Gütern zu gewährleisten. Das „Strategische Dreieck“ aus Rußland, Indien und China (RIC) wird jedoch noch effektiver in der Lage sein, die grundlegenden physisch-wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Bevölkerung, die zusammen 38% der Weltbevölkerung ausmacht, zu befriedigen, wenn sie zusammenarbeiten. Diese RIC-Kombination – der ursprüngliche Kern der späteren BRICS – produziert 43% des weltweiten Weizens, 23% des Erdgases, 66% des Stahls und enorme Mengen an wichtigen Mineralien. Außerdem verfügt sie über Weltklasse-Fähigkeiten in den Bereichen Kernenergie, Eisenbahnbau und andere Infrastrukturen, Weltraumforschung und andere fortschrittliche Technologien (siehe Tabelle 1).

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Tabelle 1

Rußland-Indien-China (RIC), Realwirtschaft, ausgewählte Parameter

2020EinheitenRußlandIndienChinaRICWeltAnteil RIC
BevölkerungMio.144138014112935776238%
WeizenMio. t8510813432776942%
NPK-Dünger (2019)Mio. t2419529421045%
ErdölMio. Barrel/Tag9,90,63,914,488,416%
ErdgasMrd. m³705271959274.00023%
Kernkraft (Erzeugung)TWh202403455872.55323%
Neue KernkraftkapazitätGWe3,84,216,023,953,645%
SteinkohleMio. t4007573.9025.0597.74265%
Eisenerz (2019)1000 t992103506592.50026%
StahlMio. t721001.0651.2371.87866%
Elektrifiziertes Schienennetz1000 km444510018934455%
WarenhandelssaldoMrd. $94-95515514NANA

(Quellen: FAO, WB, IAEA, Statista)

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Trotz der Defizite in bestimmten Wirtschaftsbereichen (Werkzeugmaschinen und andere Investitionsgüter, Pharmazeutika, Flugzeuge usw.) sind die RICs in Bezug auf die physische Wirtschaft gut positioniert, um einen „regionalen Block zu schaffen, der entweder außerhalb oder parallel zum bestehenden IWF-System operiert“, wie Lyndon LaRouche vor Jahren empfahl. Das Bündnis von Chinas Gürtel- und Straßeninitiative (BRI) mit der von Rußland geführten Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) ist bereits ein operativer Eckpfeiler einer solchen neuen Vereinbarung.

2. Ein System fester Wechselkurse: Der Handel und die produktiven Investitionen innerhalb eines solchen Blocks werden durch die Schaffung eines festen Wechselkursverhältnisses zwischen ihren Währungen erfolgen, mit einem kleinen Währungsband für vorübergehende Schwankungen. Durch diese Regelung wird jedes Eindringen spekulativer Finanzströme in Dollar oder damit zusammenhängende Finanzströme unterbunden. Die Paritäten zwischen ihren jeweiligen Währungen haben dann nichts mehr mit dem spekulativen System des schwankenden Dollars zu tun, sondern werden direkt durch Vereinbarungen zwischen den Regierungen und nicht durch den manipulierten spekulativen „Markt“ festgelegt.

Es wird auch über eine regionale gemeinsame Währung verhandelt werden, um den internationalen Handel, die Investitionen und die Abrechnung zu erleichtern – wobei ein goldgestützter Renminbi eine führende Option ist. Dies wird die „Aushandlung einer Reihe von langfristigen protektionistischen Verträgen über Kredite, Zölle und Handel zwischen einer Reihe führender Nationen“ ermöglichen, wie LaRouche 2004 schrieb.

3. Umfassende Kapital- und Devisenkontrollen sowie gezielte Kreditvergabe: Jedes der Länder wird ein vollständig geschütztes nationales Währungs- und Bankensystem einrichten, das Folgendes erfordert:

– Umfassende Kapital- und Devisenkontrollen,

– einen festen Wechselkurs gegenüber anderen Währungen (wie in Punkt 2 oben angegeben) und

– die Vergabe von gezielten, produktiven Krediten zu niedrigen Zinssätzen für vorrangige Projekte.

Im Falle Rußlands würde ein goldgestützter Rubel (oder ein neuer „schwerer Rubel“) diese Anforderungen in vorbildlicher Weise erfüllen; goldgestützte Währungen könnten auch in China und Indien eingeführt werden, und dies könnte auf die gemeinsame Währung ausgedehnt werden.

Die Ära der hohen Zinsen, mit denen spekulative Finanzströme aus dem Ausland angelockt werden sollen, wird ein jähes Ende finden. In einem Entwicklungsland erfüllt eine solche strikte Trennung zwischen der geschützten produktionsbasierten nationalen Währung und dem spekulativen, von London aus gesteuerten internationalen Dollar die gleiche Funktion wie die Glass-Steagall-Bankentrennung in den Vereinigten Staaten.

Dies ist die Voraussetzung für die Einrichtung einer „Hamiltonischen“ Nationalbank, die die Ausgabe neuer, zinsgünstiger Produktivkredite an die Hochtechnologiesektoren der physischen Wirtschaft des Landes organisiert – „eine massive Ergänzung langfristiger Kredite für die Kapitalbildung, mit anfänglichem Schwerpunkt auf der Kapitalbildung in der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur“, wie LaRouche sagt.

4. RIC+: Die RIC-Nationen werden den Kern einer neuen internationalen Architektur bilden, die allen Nationen offensteht, die bereit sind, sich auf der Grundlage dieser soliden physisch-ökonomischen Prinzipien zu beteiligen. Es besteht kaum ein Zweifel daran, daß die meisten Nationen im Entwicklungssektor diese neue Architektur für ihre eigenen Bedürfnisse als weitaus vorteilhafter empfinden werden als die Verwüstungen, die ihnen derzeit durch das bankrotte transatlantische Finanzsystem auferlegt werden, und daß sie sich schnell an solchen Bemühungen orientieren werden.

Ein möglicher unmittelbarer Baustein ist die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ – Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Tadschikistan und Usbekistan, zusätzlich zu Rußland, Indien und China), die von einigen führenden Experten als ausreichend groß eingeschätzt wird, um als Option für die Einführung eines neuen goldgedeckten, nicht auf dem Dollar basierenden Währungssystems zu fungieren, das auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Initiatorenländern beruht.

Der massive Export von Investitionsgütern in Entwicklungsländer wird für die produktive Expansion des RIC-Blocks von zentraler Bedeutung sein. Große Infrastrukturprojekte in diesen Ländern werden ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil des weltweiten Wirtschaftsaufschwungs sein. Langfristige, zinsgünstige Kredite für solche Aktivitäten werden in der neuen gemeinsamen RIC-Währung ausgegeben werden, ähnlich wie der Renminbi bereits heute von der BRI verwendet wird, nur in einem viel größeren Maßstab. Kredite, die für produktive Wirtschaftstätigkeiten im Bereich der Spitzentechnologie – im Gegensatz zu spekulativen Tätigkeiten – geschaffen werden, sind nicht inflationär und sind durch die Produktivitätssteigerung, die solche Investitionen nach sich ziehen, leicht rückzahlbar.

5. Die USA und Europa müssen sich dem Gürtel und der Straße-Initiative anschließen: Es wird von besonderer Bedeutung sein, die Vereinigten Staaten selbst sowie die europäischen Nationen in diese neuen internationalen Vereinbarungen einzubeziehen. Den Menschen in den USA und Europa und ihren Volkswirtschaften wird es im Verbund mit der RIC und der Belt and Road Initiative viel besser gehen als unter dem Regime der Deindustrialisierung und Entvölkerung, dem sie unter dem derzeitigen bankrotten System unter britischer Führung ausgesetzt sind.

Lyndon LaRouche bezeichnete diese Politik als ein Vier-Mächte-Bündnis (Rußland, Indien, China und die Vereinigten Staaten), das allein die nötige Macht hätte, das britische Empire ein für alle Mal zu beenden. Voraussetzung dafür ist, daß die USA zu ihren verfassungsmäßigen Zielen zurückkehren, einschließlich des von Alexander Hamilton geschaffenen amerikanischen Wirtschaftssystems, und daß die souveränen Nationen Europas ähnlich handeln.

6. Wiederaufbau der Ukraine durch Ost-West-Kooperation: Der unmittelbare Schwerpunkt einer solchen wirtschaftlichen Zusammenarbeit zum Nutzen aller wird die Ukraine sein. Was heute ein blutiges Schlachtfeld ist, wird zu einem Modell der Ost-West-Kooperation. Die einst mächtige ukrainische Wirtschaft, die nach der Unabhängigkeit durch 20 Jahre Wirtschaftsliberalismus zerstört wurde – was nach dem vom Westen angeführten Putsch auf dem Maidan im Jahr 2014 noch weiter verschärft wurde – und nun vom Krieg verwüstet wird, kann durch gemeinsame Anstrengungen wieder aufgebaut und wiederbelebt werden. Die Ukraine wird zum Knotenpunkt des „Gürtel- und Straßen“-Transits von China nach ganz Europa werden und die einst mächtigen wissenschaftlichen, schwerindustriellen und landwirtschaftlichen Sektoren der Ukraine aufbauen, was der ganzen Welt zugute kommen wird.

Bei den oben genannten sechs Maßnahmen handelt es sich nicht um eine langfristige Strategie und auch nicht um einen mittelfristigen Vorschlag. Sie sind ein kurzfristiger Aktionsplan, der erforderlich ist, um die massive wirtschaftliche Zerstörung, die bereits im Gange ist, zu stoppen, die geopolitisch motivierten Kriege zu beenden und die notwendige Architektur für beschleunigtes Wachstum und Entwicklung aller Nationen zu schaffen.3

II. Sanktionen zerstören die Weltwirtschaft bis zur Unkenntlichkeit

Die physische Wirtschaft des transatlantischen Sektors befindet sich seit etwa einem halben Jahrhundert in einem beschleunigten Niedergang, seit Nixon im August 1971 das Ende der Golddeckung des Dollars verkündete und stattdessen ein spekulatives System freier Wechselkurse einführte. Dann, Anfang 2020, erzeugte die COVID-Pandemie einen weiteren drastischen Einbruch, wobei eine weltweite reale Arbeitslosenquote von 46 % zum Vorschein kam, die mit „informeller Beschäftigung“ überdeckt worden war. Hunderte Millionen Menschen waren so zu dauerhafter Armut und Hunger verdammt. Im November 2021 wurde auf dem Klimazirkus COP26 in Glasgow unter dem Deckmantel des „Great Green Reset“ zur Bekämpfung des „Klimawandels“ ein weiterer Schritt zur Deindustrialisierung durchgesetzt, wodurch die physische Wirtschaft und besonders der Energiesektor zurück ins Mittelalter katapultiert werden wird.
Und jetzt wurden drakonische Sanktionen gegen Rußland und China verhängt, die die physische Wirtschaft des Planeten auf ein Niveau absenken, das unweigerlich zur Reduzierung der Weltbevölkerung um Milliarden Menschen führt, wenn nicht eingegriffen wird. Es muß betont werden, daß der jetzige Zusammenbruch der physischen Weltwirtschaft nicht durch die aktuelle Krise um die Ukraine verursacht wurde – die Gründe liegen Jahrzehnte zurück. Aber die Sanktionspolitik hat das Ziel, die Menschheit auf ein Niveau der relativen potentiellen Bevölkerungsdichte wie im Mittelalter zu reduzieren.

A) Lebensmittel und Agrarnotstand

Beginnen wir mit den Lebensmitteln – hier wirkt sich die Sanktionspolitik mit besonderer Wucht auf den Entwicklungssektor aus. Liu Zhiqun, ein bekannter chinesischer Wirtschaftswissenschaftler am Chongyang Institute for Financial Studies, brachte es in einem Interview mit CGTN am 23. März auf den Punkt. Auf die Frage nach den Auswirkungen der US-Sanktionen gegen Rußland auf die Weltwirtschaft antwortete Liu: „Es gibt Schätzungen, daß die Ausbreitung von COVID zu Hungersnöten für 200 Millionen Menschen führt. Mit den Folgen der Sanktionen wird diese Zahl auf 1 Milliarde steigen.“
Bereits vor zwei Jahren, noch vor Ausbruch der Pandemie 2020 und der Hyperinflation 2021, gab es eine gravierende Unterproduktion von Nahrungsmitteln, so daß 2019 über 810 Millionen Menschen nicht genügend Nahrung hatten und sich die Hungersnot verschärfte. Zum Jahresende 2021 schätzte das Welternährungsprogramm, daß mehr als 230 Millionen Menschen kurz vor dem Hungertod standen und die landwirtschaftliche Produktion aufgrund von Engpässen bei den Betriebsmitteln und hohen Preisen ins Choas geraten würde. 
Der zusätzliche Schock durch die Sanktionen ist verheerend. Rußland war zusammen mit Weißrußland eine wichtige Quelle von Kunstdünger (Stickstoff, Phosphor, Kalium) für die Welt, die nun nicht mehr zur Verfügung steht. Die Erträge von Weizen, Mais und Reis – den drei Hauptgetreidearten der Welt – werden einbrechen, und die Anbauflächen schrumpfen. Bislang bezog Europa direkt oder indirekt 25 % seines Kunstdüngers aus Rußland. Brasilien und andere große Produzenten können den Bedarf nicht decken. Svein Tore Holsether, Präsident von Yara International, einem der größten Düngemittelhersteller der Welt, kommentierte im März 2022: „Die Hälfte der Weltbevölkerung erhält ihre Nahrung mit Hilfe von Düngemitteln… und wenn diese für einige Kulturen entfallen, sinkt [der Ertrag] um 50 %.“
Die Abbruch der Lieferungen von Getreide und anderen Produkten sowie von Düngemitteln aus dem Agrarbereich der Ukraine, Weißrußlands und Rußlands stellt einen unmittelbaren weltweiten Notfall dar. Rußland und die Ukraine sind zusammen die größten Weizenexporteure der Welt, auf sie entfällt ein Drittel der über 200 Mio. Tonnen Weizen, die jährlich gehandelt werden. Dies trifft vor allem die von Weizenimporten abhängigen Länder der MENA-Region (Naher Osten, Nordafrika), von denen viele zu 70 % oder mehr von der Ukraine und Rußland abhängig sind. Viele europäische Länder bezogen ihr Futtergetreide (Gerste, Mais usw.) aus der Ukraine, was nun unterbrochen ist. Auf die Ukraine entfielen 19 % der jährlichen Maisexporte der Welt. Das Welternährungsprogramm bezog in den letzten Jahren die Hälfte seines Getreides für Nothilfelieferungen aus der Ukraine. Auf die Ukraine und Rußland zusammen entfielen auch 75 % des international gehandelten Sonnenblumenöls, das einen bedeutenden Teil der weltweiten Speiseölausfuhren ausmacht.
Parallel zu den Engpässen sind die Lebensmittelpreise in die Höhe geschnellt, so daß die geringeren Produktionsmengen für Millionen von Menschen unerschwinglich geworden sind. Laut dem Welternährungspreisindex der FAO stiegen die Lebensmittelpreise in der Zeit von Mai 2020 bis Februar 2022 um 54 %.
Neben den Lebensmitteln selbst sind auch Saatgut, Pflanzenschutzmittel und andere landwirtschaftliche Betriebsmittel für den Erntezyklus 2022-2023 betroffen. Zwei der weltweit größten Saatgutlieferanten, die Bayer AG und Cargill Inc., haben Rußland im Einklang mit der US-Sanktionspolitik einen Lieferstopp für Weizensaatgut für 2023 angedroht.

Es gibt fünf Bereiche, in denen dringend reagiert werden muß.

1. Die nationalen Regierungen müssen ihre souveräne Verantwortung wahrnehmen und die knappen Nahrungsmittelvorräte dorthin lenken, wo sie Leben retten, und ebenso die knappen landwirtschaftlichen Betriebsmittel – Saatgut, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Treibstoff – in die Agrargebiete lenken, die kurzfristig den größten Ertrag erbringen können. Wenn nötig, bedeutet dies, daß autonome Entscheidungen von Lebensmittel- und Agrarkartellen außer Kraft gesetzt werden müssen.

2. Die Regierungen müssen entsprechend ihren nationalen Plänen Unterstützungsmaßnahmen für unabhängige bäuerliche Familienbetriebe und entsprechende lebensmittelverarbeitende Betriebe umsetzen. Dazu gehören Paritätspreise, Kredite und Infrastruktureinrichtungen, und es bedeutet, die Macht der Kartellsysteme zu brechen, die spezielle Exportregionen und Monokulturen gefördert haben, während Millionen Menschen hungern und verhungern. 

3. Das Ziel ist die Verdoppelung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion, um den Hunger zu bekämpfen. Wenn man von einer halben Tonne Getreide pro Person und Jahr ausgeht (für den direkten und indirekten Verzehr durch tierische Proteine), sollte die Welternte bei 4 Mrd. Tonnen liegen, aber derzeit sind es nur 2,7 Mrd. Tonnen, also zwei Drittel des Bedarfs. 

4. Schluß mit der „Green Reset“-Politik und der Ideologie, menschliche Aktivitäten im Namen des Klimaschutzes einzuschränken. Insbesondere müssen in 60 Ländern alle jene Pläne gestoppt werden, die darauf abzielen, bis 2030 30 % der Land- und Wasserflächen aus der landwirtschaftlichen oder sonstigen wirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen. 

5. Die Ukraine ist in Friedenszeiten ein globaler Schwerpunkt für eine hochproduktive Landwirtschaft, wie wir weiter unten ausführen. Mit insgesamt 41,5 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, das sind 70 % der Gesamtfläche des Landes, steht sie nach Rußland an zweiter Stelle in Europa, was die landwirtschaftliche Nutzfläche angeht. Von der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche der Ukraine gelten 32 Mio. ha als Ackerland. Fast alle Böden sind gut, die Hälfte davon sind sehr fruchtbare Schwarzerdeböden. Flüsse und der Zugang zum Schwarzen Meer für den Seehandel sind wichtige Transportmittel. Das Klima begünstigt die Landwirtschaft. Mit einem gezielten Wiederaufbau- und Wachstumsplan wird die Ukraine nicht nur ein produktiver Mittelpunkt Eurasiens, sondern auch eine Brücke in eine Zukunft mit reichlich Nahrung für alle. 

B) Die europäische Energieversorgung bricht ein

Zeichen einer gesunden Wirtschaft ist die technologisch bedingte steigende Energieflußdichte im Produktionsprozeß, verbunden mit einem steigenden Gesamtenergieverbrauch pro Kopf und pro Quadratkilometer. Doch die Weltenergiesituation entwickelt sich seit Jahrzehnten in die entgegengesetzte Richtung, und die Sanktionspolitik sorgt dafür, daß sich der Zusammenbruch weiter beschleunigt.
Vor allem die europäischen Länder und Menschen sind die Lämmer, die zur Schlachtbank geführt werden. Im Jahr 2020 stammten etwa 40 % des gesamten Energieverbrauchs in Europa aus importiertem Erdöl. In dem Jahr, das im Oktober 2021 endete, lieferte Rußland etwa 25 % des gesamten von der Europäischen Union importierten Erdöls. Wenn man also die Ölimporte aus Rußland stoppt, sinkt der Gesamtenergieverbrauch Europas um 10 %. Ähnliches gilt für Erdgas.
Für Deutschland ist die Lage besonders ernst.


Tabelle 2
Energieverbrauch in Deutschland 2020

(Tausend PJ) %
Gesamt 12.41
Öl 3.97 32%
– Einfuhren 3.89 98%
– aus Rußland 1.32 34%
Erdgas 3.1425%
-Einfuhren 2.98 95%
-Aus Rußland1.64 55%
Insgesamt aus Rußland2.96 24%
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Ohne russisches Erdgas und Erdöl verfügt Deutschland über 24 % weniger Energie. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß diese Lieferungen ohne weiteres durch andere Quellen ersetzt werden könnten, und schon gar nicht schnell.
Die großen europäischen Regierungen, insbesondere die deutsche, scheuen sich, der Bevölkerung mitzuteilen, daß die (bisher nicht sanktionierten) russischen Energieexporte nach Europa faktisch untersagt sind. Aber sie sind faktisch untersagt, weil alle Unternehmen, die russische Petrochemikalien kaufen möchten, abgeschreckt werden, ganz zu schweigen von den extremen Schwierigkeiten, Finanzierungen und Versicherungen für solche Geschäfte zu erhalten. Das gleiche gilt für Metalle und Düngemittel; Rußland ist ein großer Exporteur von beidem. Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß noch in diesem Frühjahr alle russischen Exporte von Erdgas, Erdöl und Düngemitteln nach Europa und in die Vereinigten Staaten zum Erliegen kommen, selbst wenn ein Friedensabkommen in der Ukraine erreicht werden sollte. Die fast vollständige Unterbrechung der Neuen Seidenstraße, die von China durch Rußland nach Europa führt, ist ebenso bereits eingetreten.
Rußland ist der drittgrößte Ölproduzent der Welt und der Ölexporteur Nummer eins. Im Jahr 2021 produzierte es rund 11,3 Mio. Barrel pro Tag (bpd), von denen etwa 7,2 Mio. bpd exportiert wurden. Von diesen Ausfuhren gingen 1,6 Mio. bpd nach China, das damit der größte Einzelabnehmer von russischem Rohöl ist. Rußland ist gut positioniert, um seine Ölexporte, die derzeit nach Europa (etwa 2,3 Mio. bpd) gehen, in erheblichem Umfang auf China und Indien umzulenken, das derzeit 85 % seines Bedarfs von 4,3 Mio. bpd importiert, wovon jedoch weniger als 3 % aus Rußland stammen.
Außerdem verfügt Rußland mit 47,8 Bio. Kubikmetern über die mit Abstand größten Erdgasreserven der Welt, was fast einem Viertel der weltweiten Gesamtreserven von 205,6 Bio. Kubikmetern entspricht. Im Jahr 2021 produzierte Rußland eine Rekordmenge von 763 Milliarden Kubikmetern (mcm) Gas, von denen 185 mcm (24 %) exportiert wurden. Die beiden größten Abnehmer von russischem Gas sind Deutschland (43 Mrd. m³) und Italien (29 Mrd. m³). China hat im Jahr 2020 nur etwa 9 Mrd. m3 russisches Gas gekauft, aber es ist geplant, diese Käufe auf 38 Mrd. m3 im Jahr 2025 und möglicherweise noch mehr danach zu erhöhen.
Auch die Energiepreise steigen im Zuge der weltweiten Hyperinflation rasant an, ausgelöst durch die globale finanzielle Spekulationsblase. Auch die Erdgaspreise in Europa sind sprunghaft angestiegen – von 2.190 $ pro tausend Kubikmeter auf fast 4.000 $ pro tausend Kubikmeter, ein Anstieg von 85 %. Und der Preis für Kraftwerkskohle zur Stromerzeugung hat sich mehr als verdreifacht und erreichte am 7. März mit 460 $ pro Tonne ein Allzeithoch, gegenüber 134 $ pro Tonne am 21. Dezember. Es wird erwartet, daß diese und ähnliche Rohstoffpreise in den kommenden Monaten noch weiter ansteigen werden.

C) Mineralien und Metalle

Die Sanktionen gegen Rußland werden sich besonders verheerend auf den Zugang der westlichen Länder zu lebenswichtigen Mineralien und Metallen auswirken. Rußland, China und das SCO-Mitgliedsland Kasachstan produzieren zusammen die überwiegende Mehrheit der wichtigsten Mineralien der Welt. Von den 42 wichtigsten Mineralien und Mineralprodukten der Welt produzieren diese drei Länder zusammen zwischen 30 % und 90 % der weltweiten Gesamtmenge, so der U.S. Geological Survey. Diese Mineralien reichen von den elementarsten (wie Bauxit, Graphit, Blei und Kupfer) über solche, die für moderne Verfahren und die Herstellung von Mikrochips benötigt werden (z.B. Seltene Erden, Titan, Silizium und Gallium, das für elektronische Schaltungen, Halbleiter und Leuchtdioden verwendet wird), bis hin zu solchen, die für die Landwirtschaft benötigt werden (z.B. Stickstoff, Ammoniak und Phosphat).
Bei 16 dieser 42 wichtigsten Mineralien entfallen mehr als 70 % der gesamten Weltproduktion auf Rußland, Kasachstan und China. Im Jahr 2021 erzeugten sie 84 % der Weltproduktion an Vanadium (eine Legierung, die Stahl stoß- und vibrationsfest macht und auch in Panzerplatten verwendet wird), 85 % des Graphits, 86 % des Wismuts, 87 % des Wolframs, 87 % des Quecksilbers, 91 % des Asbests und 98 % des Galliums (das in den meisten High-Tech-Bereichen unverzichtbar ist).
Die drei Länder fördern und/oder produzieren 37 % des weltweiten Stickstoffs und Ammoniaks, das in Düngemitteln und Herbiziden verwendet wird, 45 % des weltweiten Phosphatgesteins, das zur Herstellung von Phosphatdünger verwendet wird, und 33 % des weltweiten Kalis, das zur Herstellung von Düngemitteln verwendet wird. 
Neben der Landwirtschaft ist auch die Automobilproduktion direkt betroffen. In einem Artikel in Globe and Mail vom 7. März heißt es: „Der Industrie drohen auch eine Verknappung und Preisanstiege von Rohstoffen aus der Ukraine und Rußland, wie z.B. Neongas, Palladium und Nickel, die alle für verschiedene Zwecke in der Automobilherstellung verwendet werden.“

 D) Sanktionierung wissenschaftlicher Exzellenz

Raumfahrt: Die von Präsident Biden verhängten Sanktionen gegen das russische Raumfahrtprogramm werden sich auch auf viele Raumfahrtprojekte in zahlreichen anderen Ländern auswirken, einschließlich der Länder, die die Sanktionen umsetzen. So ist beispielsweise die Entscheidung der Europäischen Weltraumorganisation, die Zusammenarbeit mit Rußland bei der ExoMars-Mission auszusetzen, die ursprünglich Ende September 2022 vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan starten sollte, ein selbstverschuldetes Desaster.
ExoMars ohne Rußland durchzuführen, bedeutet mehr als nur den Ersatz der von Rußland gebauten Proton-Rakete. Aus Rußland stammt auch die Landeplattform namens Kasatschok, die ersetzt werden muß. Der Rover selbst enthält russische Instrumente und von Rußland gelieferte Radioisotopen-Heizelemente. In der Erklärung der ESA wurde auch die Entscheidung Rußlands vom 26. Februar 2022 aufgegriffen, als Reaktion auf die europäischen Sanktionen die Sojus-Starts vom EU-Startplatz Kourou in Französisch-Guayana einzustellen und sein Personal von dort abzuziehen. Durch diese Entscheidung sind fünf europäische Missionen in Frage gestellt – zwei Starts von Galileo-Navigationssatelliten, das ESA-Weltraumteleskop Euclid und die geowissenschaftlichen EarthCARE-Satelliten sowie ein französischer militärischer Aufklärungssatellit.
Es ist eine bittere Ironie, daß die Ausgrenzung der russischen Weltraumforschung auch ein Schlag gegen die Raumfahrtkapazitäten der Ukraine ist. Seit 1991 haben die USA, Europa und Rußland in der Ukraine zusammengearbeitet, die seit den 1950er Jahren ein wichtiger Akteur in der Weltraumindustrie ist. Es wird nicht oft berichtet, aber die Ukraine ist ein führender Konstrukteur und Hersteller von Trägerraketen (einschließlich russischer), Raketentriebwerken, Raumfahrzeugen und elektronischen Komponenten. Die ukrainische Zenit-Rakete ist sogar die Lieblingsrakete von Elon Musk. Mit 16.000 Mitarbeitern ist die ukrainische Raumfahrtbehörde fast so groß wie die NASA. Der aus der Sowjetära stammenden Behörde unterstehen 20 staatliche Unternehmen, die im ukrainischen Raumfahrtcluster, einer Region zwischen den Städten Dnipro, Charkiw und Kiew, angesiedelt sind.


Kernenergie: Die Kernenergie ist ein weiterer russischer (und ukrainischer) High-Tech-Bereich, der von den Sanktionen betroffen ist. Rußland ist mit 202 TWh der viertgrößte Kernenergieproduzent der Welt, nach den USA, China und Frankreich. Bei den im Bau befindlichen neuen Kernkraftwerken im In- und Ausland ist es jedoch zusammen mit China weltweit führend. 
Derzeit betreibt Rußland 38 Kernkraftreaktoren im Land; weitere 27 sind geplant, und weitere 21 Reaktorblöcke sind beantragt. Rosatom, die staatliche russische Kernenergiegesellschaft, hat sich zum Ziel gesetzt, daß Rußland bis zum Ende des 21. Jahrhunderts 70 % seiner Elektrizität aus Kernreaktoren gewinnt.
Auch außerhalb Rußlands wird die Kernenergie zielstrebig ausgebaut. In den folgenden Ländern hat Rußland entweder bereits Kernreaktorblöcke gebaut, baut sie oder wird sie bauen: Armenien (1); Bangladesch (2); Bulgarien (2); Weißrußland (2); China (8); Ägypten (4); Finnland (1); Ungarn (4); Indien (4); Iran (3); Slowakei (4); Ukraine (15); Usbekistan (1). In Bolivien errichtet Rußland eine Wissenschaftsstadt, die über einen Forschungsreaktor verfügen wird.
Rußland ist besonders daran interessiert, die Kernenergie nach Afrika zu bringen. Präsident Putin erklärte auf dem BRICS-Gipfel 2018 in Johannesburg (Südafrika):

„Ich möchte besonders darauf hinweisen, daß Rußland plant, seine Unterstützung für die Entwicklung der nationalen Energieversorgung in afrikanischen Staaten zu verstärken. In der Kernkraftindustrie … bieten wir unseren afrikanischen Partnern den Aufbau einer ganzen Industrie auf schlüsselfertiger Basis an. Mit einer Reihe von Ländern der Region wurden Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich ,Atome für den Frieden‘ unterzeichnet, und in einigen von ihnen hat die Arbeit bereits eine praktische Dimension erreicht. Alle diese Projekte sind von strategischer Bedeutung für Afrika, wo nach verschiedenen Schätzungen bis zu 600 Millionen Menschen ohne Strom leben.“

Medizin: Im August 2020 kündigte Rußland als erstes Land die Entwicklung eines COVID-19-Impfstoffs an, den Sputnik V mit zwei Impfungen und etwas später Sputnik Light mit einer Impfung. Die Briten setzten alles daran, daß die Sputnik-Impfstoffe im Westen nicht zugelassen wurden. Der Sputnik-Impfstoff wurde bis Februar 2021 belächelt, als die medizinische Fachzeitschrift Lancet bekanntgab, daß Sputnik V in einer Studie mit 20.000 Teilnehmern eine Wirksamkeitsrate von 91,6 % aufwies. 
Britische und amerikanische Sanktionen hatten noch vor dem Krieg mit der Ukraine Sand ins Getriebe gestreut. Bereits am 1. März 2021 verhängte das Vereinigte Königreich Sanktionen gegen den Russischen Direktinvestitionsfonds (RDIF) und seinen Leiter Kirill Dmitriev. Die Vereinigten Staaten folgten diesem Beispiel. Der RDIF arbeitete mit dem russischen Gamaleya-Forschungsinstitut für Epidemiologie und Mikrobiologie zusammen, das Sputnik V entwickelt hatte, um die Produktion von Sputnik V zu organisieren und ihn auf ausländischen Märkten zu vermarkten.

III.  Die Sanktionen beschleunigen den transatlantischen Finanzkollaps

Schon vor dem 25. und 27. Februar (dem Datum der russischen Invasion in der Ukraine und der Verhängung drastischer Sanktionen durch die NATO-Staaten) war die Inflation in den USA beim Verbraucherpreisindex von 1,5 % auf 6,9 % und beim Erzeugerpreisindex auf 9,8 % angestiegen. In der EU war die Inflation beim Verbraucherpreisindex von etwa 1 % auf 4,8 % und beim Erzeugerpreisindex auf 16 % gestiegen.
Als somit der große „Sanktions-Inflationsschock“ am 4. März alle Rohstoffe traf und die Verfügbarkeit von wichtigen Nahrungsmitteln, Energie und mineralischen Rohstoffen rückläufig wurde, stand das transatlantische Finanzsystem bereits unter hohem Inflationsdruck, ausgelöst durch die Versuche der westlichen Zentralbanken, die privaten Großbanken vor dem Platzen der gigantischen Derivatblase zu schützen – eine zum Scheitern verurteilte Anstrengung.
Auf einem der größten Felder dieses Inflationsfeuers, dem US-Immobilienmarkt, der den globalen Crash von 2007-08 auslöste, läßt sich die massive Geldentwertung nicht auf die Auswirkungen des Ukraine-Krieges oder die wirtschaftliche Kriegsführung der NATO gegen Rußland zurückführen. Der US-Immobilienmarkt steuert auf einen weiteren Zusammenbruch zu und läßt in der Federal Reserve die Alarmglocken erklingen.
Was die Energiepreise in Europa anbelangt, so wurde die rasante Inflation schon lange vor dem Krieg durch das Gelddrucken der Zentralbanken und die Spekulation mit Derivaten angeheizt.
Die größte Zentralbank, die amerikanische Federal Reserve, ist inzwischen sehr besorgt, die Kontrolle über das verloren zu haben, was einer ihrer Gouverneure, Christopher Waller, am 19. März als „rasende Inflation“ bezeichnete. Drei Gouverneure bzw. Regionalpräsidenten – Rafael Bostic aus Atlanta, James Bullard aus St. Louis und Waller – fordern mehrfache Zinserhöhungen um jeweils 0,5 %, denn sie sind in Panik geraten, weil die derzeit geplanten geringfügigen Zinserhöhungen keine Chance haben, die Inflation zu bremsen. Doch diese Geldverknappung wird ebenso kläglich scheitern wie die gegenteilige „quantitative Lockerung“ – denn die zugrunde liegende Spekulationsblase von Billionen von Dollar ist in jedem Szenario unbezahlbar. 
Vor diesem Hintergrund hat der hyperinflationäre Schock, der sich seit Montag, dem 7. März, verbreitete, den größten Teil der Liquidität aus Produktion, Vertrieb und Handel mit den vielen oben genannten Gütern ausgelöscht. Viele Tausende von Unternehmen in diesen Sektoren sind in Zahlungsschwierigkeiten geraten, wovon auch ihre Banken betroffen sind. Keine geringere Bank als JPMorgan Chase, die größte in den Vereinigten Staaten, äußerte in der darauffolgenden Woche große Besorgnis darüber, daß die Bank das Ausfallrisiko all dieser Unternehmen tragen müsse. Die Kreditvergabe in diesen Bereichen ist praktisch zum Erliegen gekommen. Bloomberg News titelte am 18. März: „Die größten Rohstoffmärkte der Welt beginnen sich festzufressen“. Der Verband europäischer Energiehändler [der größte der Welt] forderte am 16. März die Zentralbanken auf, „zeitlich begrenzte Sofortliquiditätshilfe zu leisten, um sicherzustellen, daß die Großhandelsmärkte für Gas und Strom weiterhin funktionieren“.
Engpässe auf lebenswichtigen Rohstoffmärkten sind allgegenwärtig, und die Engpässe in Folge der Sanktionen zur Zerschlagung der russischen Wirtschaft überschneiden sich mit denjenigen, die sich bereits vor dem 25. Februar aufgrund der steigenden Inflation entwickelt hatten, wie z.B. bei Düngemitteln. Die am stärksten verknappten Rohstoffe steigen hyperinflationär im Preis.
Das Phänomen der „Selbstsanktionierung“ zahlreicher Unternehmen in Europa, Nordamerika und Ozeanien für russische Energieprodukte, die gar keinen staatlichen Sanktionen unterliegen, hat diesen Begriff zu einem geflügelten Wort gemacht. Rohstoffhändler schätzen, daß die russischen Ölexporte nach Europa tatsächlich um 1,5 Mio. Barrel pro Tag (bpd) gesunken sind, obwohl sie nicht sanktioniert sind. Die gesamten russischen Ölexporte weltweit sollen um 2 Mio. Barrel pro Tag gesunken sein. Der IEA zufolge werden es im Laufe des Jahres 2022 3 Mio. bpd sein. 
Bereits am 7. März beschrieb Zoltan Poszar, Analyst bei der Credit Suisse, den durch die Rohstoffe ausgelösten finanziellen Schock sehr treffend. „Wenn der Westen den größten Rohstoffproduzenten der Welt, der praktisch alles verkauft, mit Sanktionen belegt, wird Folgendes passieren: Nicht-russische Rohstoffe werden aufgrund der neuen Knappheit teurer; Händler müssen mehr Kredite aufnehmen, aber gibt es genug Sicherheiten? Es werde in der Branche zu massiven Nachschußforderungen kommen.
Zum 50. Jahrestag des OPEC-Angebotsschocks von 1973 erleben wir etwas Ähnliches, aber wesentlich Schlimmeres – den Rußland-Angebotsschock 2022, der nicht vom Anbieter, sondern vom Verbraucher ausgeht.“
Eine Zahlungsunfähigkeit Rußlands wird auch von seinen westlichen Gläubigern bewußt provoziert, indem etwa 300 Milliarden Dollar der 640 Milliarden Dollar an russischen Währungsreserven eingefroren (d.h. gestohlen) wurden. Ein Zahlungsausfall wird Nachschußforderungen auf Credit Default Swaps auslösen, deren Preis so stark gestiegen ist, daß sie für Rußlands Gläubiger nicht mehr verwendbar sind. Moskau war bisher in der Lage, diese Schulden zu bedienen, wie es durch die Zahlung von 117 Mio. Dollar am 16. März und 66 Mio. Dollar am 21. März aus den eingefrorenen Reserven bewiesen hat – ein Verfahren, das durch ein Schlupfloch des US-Finanzministeriums in den Sanktionen, die Ende Mai 2022 auslaufen, erlaubt ist.
Dieses Schlupfloch wurde gelassen, um internationalen Anleihegläubigern die Möglichkeit zu geben, den russischen Markt sicher zu verlassen, indem sie ihre stark verbilligten russischen Anleihen an Goldman Sachs und andere verkaufen, die wiederum solche „notleidenden Schulden“ an Geierfonds verkaufen. Diese Fonds werden dann hingehen und ihre beträchtlichen finanziellen, rechtlichen und politischen Kapazitäten einsetzen, um Rußland zu zwingen, den vollen Nennwert der Anleihen zu zahlen, die die Geierfonds für einen Bruchteil erworben hatten – so wie es im Krieg gegen Argentinien vor zwei Jahrzehnten bereits praktiziert wurde.
Die Auslandsschulden russischer Unternehmen sind ein Fragezeichen von 75 Milliarden Dollar. Diese Anleihen wurden vom Markt bereits mit einem Abschlag von 70 % neu bewertet, d.h. mit einem Verlust von etwa 50 Mrd. $. Wall Street on Parade schrieb am 7. März: „Die große Frage an der Wall Street ist, welche Banken 41 Milliarden Dollar für Credit Default Swaps auf Rußland schulden.“ 
„Es sind 41 Milliarden Dollar an Credit Default Swaps (CDS) auf russische Schulden bekannt“, heißt es in der bekannten Finanzkolumne. „Darüber hinaus gibt es weitere Milliarden an Credit Default Swaps auf Anleihen staatlicher und nichtstaatlicher russischer Unternehmen…. Es sieht nach einer Wiederholung der Bankenkrise von 2008 aus“, schrieb Wall Street on Parade weiter, „als die Banken die Kreditvergabe an andere Banken einstellten, weil sie nicht wußten, wer als nächstes von den toxischen Subprime-Krediten betroffen sein würde. Das führte zu einer Liquiditätskrise und dem beispiellosen Engagement der Federal Reserve, die heimlich Billionen von Dollar in die Megabanken der Wall Street und ihre ausländischen Derivatpartner pumpte.“
Am 11. März veröffentlichte die Financial Times auf der Grundlage von Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich eine Liste der am stärksten exponierten westlichen Banken. Das Gesamtengagement wird mit 121 Mrd. $ angegeben, wovon der größte Teil, 84 Mrd. $, in den Händen europäischer Banken liegt, wobei die Société Générale an der Spitze der Liste steht (21 Mrd. $), gefolgt von Paribas (3 Mrd. $), Credit Suisse (1,7 Mrd. $) und Deutsche Bank (1,5 Mrd. $). Unter den US-Banken ist die Citibank mit 10 Mrd. $ am stärksten exponiert.

IV.  Entwurf eines Plans zum Wiederaufbau und zur Entwicklung der Ukraine

Frieden durch Entwicklung ist die Grundlage der Politik für eine neue weltweite Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur, und sie muß am unmittelbarsten auf den Wiederaufbau einer neutralen Ukraine nach dem Krieg angewendet werden.
Auch wenn das Ausmaß der Zerstörung durch den andauernden Krieg kaum abzuschätzen ist, bleibt die Aufgabe bestehen, daß die ukrainische Wirtschaft wiederaufgebaut und in eine moderne wissenschaftlich-technologische Ökonomie umgewandelt werden kann und sollte, um als Drehscheibe zwischen dem östlichen und westlichen Teil Eurasiens zu fungieren. Der Lebensstandard und die Ausbildung der Arbeitskräfte müssen erhöht und gleichzeitig die destruktiven Ratschläge der City of London und des IWF abgelehnt werden, die in drei Jahrzehnten zu einer wirtschaftlichen Verwüstung geführt haben. Das Land kann aus den Trümmern, die der gegenwärtige Krieg hinterläßt, wiederaufgebaut werden. 
Die Ukraine verfügt über ein großes Potential. Sie verfügt seit jeher über qualifizierte und produktive Arbeitskräfte, die in einigen Bereichen Weltspitze sind. Sie verfügt über einen bedeutenden Industriegürtel in der Region zwischen Dnipropetrowsk und der Volksrepublik Donezk (ehemals Region Donezk der Ukraine), wo mehr als ein Drittel der gesamten Industrieproduktion der Ukraine angesiedelt ist. (Für die Zwecke dieser Studie betrachten wir die Donezker Volksrepublik [DVR] und die Lugansker Volksrepublik [LVR], deren genauer Status sich aus den Friedensverhandlungen ergeben wird, sowie die Ukraine als Teil der zu entwickelnden gemeinsamen Region). Die Ukraine verfügt über die Anlagen- und Maschinenbaubetriebe Juschmasch und Juschnoje, die Raumfahrzeuge, Raketen und Schmiedeteile herstellen, sowie über den wissenschaftlich-technischen Komplex für Luftfahrt O. K. Antonow, der sich auf den Bau von Frachtflugzeugen spezialisiert hat. Alle diese Werke könnten für die Herstellung von Raumfahrzeugen ausgebaut, ein Teil auch auf die Herstellung von Laser-Werkzeugmaschinen umgerüstet werden.
Das Land besitzt 20 % der „Schwarzerde“ des Planeten, um ausreichend Weizen, Getreide und viele andere landwirtschaftliche Produkte für den eigenen Bedarf und den Export in die ganze Welt zu produzieren. Das Schienennetz des Landes ist veraltet und an einigen Stellen heruntergekommen, aber es könnte modernisiert werden, so daß elektrifizierte Hochgeschwindigkeitsstrecken oder Magnetschwebebahnen entstehen. So könnte die günstige geografische Lage des Landes genutzt werden, um Waren und Menschen schnell von Norden nach Süden und von Osten nach Westen durch das Herz Eurasiens zu transportieren – ein zentrales Bindeglied in der Belt and Road Initiative. Die Ukraine ist in der Tat der perfekte Dreh- und Angelpunkt, um das derzeitige globale Paradigma von wirtschaftlichem Zusammenbruch und Krieg durch eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur zu ersetzen, die auf dem Konzept von Frieden durch Entwicklung basiert. 

Dreißig Jahre der Zerstörung

Nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 erklärte sich die Ukraine am 24. August 1991 für unabhängig, aber ihre „Unabhängigkeit“ war nur von kurzer Dauer. Augenblicklich machten sich unzählige Ökonomen aus dem Umfeld des IWF, der Wall Street und der Londoner City auf den Weg, um die Privatisierung und Schließung von Fabriken, die Entlassung von Arbeitern usw. durchzusetzen. Dr. Natalia Witrenko, Vorsitzende der Progressiven Sozialistischen Partei der Ukraine (PSPU), analysierte die Ergebnisse dieser zerstörerischen Politik auf einer Konferenz des Schiller-Instituts am 13. und 14. April 2013, ihre Rede wurde in Neue Solidarität Nr. 20 vom 15. Mai 2013 abgedruckt.. Witrenko berichtete: „Die Werkzeugmaschinenindustrie brach praktisch völlig zusammen, obgleich die Ukraine zuvor über 16 große Werkzeugmaschinenbetriebe verfügte, die 1990 noch 37.000 Werkzeugmaschinen produzierten. Jetzt sind davon nur noch drei übrig, die sich kaum mehr über Wasser halten können, und sie produzieren nur noch 40 Werkzeugmaschinen im Jahr.“
Witrenko stellte weiter fest, daß die Stromerzeugung der Ukraine zwischen 1991 und 2012 um 35 %, die Walzstahlproduktion um 57 % und die Traktorenproduktion um 94,3 % zurückgegangen sei. In den Jahren der monetaristischen „Unabhängigkeit“ hat die Ukraine 12 Millionen Arbeitsplätze verloren, und die Menschen wurden immer ärmer. 
Ende 2013 kam es zu einem Wendepunkt: Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch beschloß am 21. November, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union nicht zu unterzeichnen, und suchte nach anderen Alternativen für die Entwicklung der Ukraine. Vom 3. bis 6. Dezember hielt sich Janukowitsch zu einem Staatsbesuch in Peking auf. Dort traf er mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zusammen und sagte zu, daß sich die Ukraine der Belt and Road Initiative anschließen würde, deren Gründung Xi erst drei Monate zuvor im September angekündigt hatte. Am 5. Dezember kommentierte das chinesische Außenministerium das Treffen: „Die Ukraine war einst ein wichtiger Verbindungspunkt zwischen der östlichen und der westlichen Zivilisation und liegt auf dem Weg, den die Eurasische Kontinentalbrücke nehmen muß. Die Ukraine ist bereit, sich am Aufbau des ,Wirtschaftsgürtels Seidenstraße‘ zu beteiligen. Die chinesische Seite begrüßt dies und ist bereit, eine entsprechende Zusammenarbeit mit der ukrainischen Seite zu erörtern.“
China und die Ukraine unterzeichneten ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft, und China erklärte sich bereit, 8 Milliarden Dollar in die ukrainische Wirtschaft zu investieren, so der Ukraine Monitor vom 6. Dezember 2013.
Auch eine enge Zusammenarbeit mit Rußland stand auf der Tagesordnung. Der damalige stellvertretende russische Ministerpräsident Dmitri Rogosin hatte eine Arbeitsgruppe für die russisch-ukrainische Industriekooperation gebildet, die auch die militärische und die gemeinsame Raumfahrtproduktion umfaßte. Rogosin besuchte vom 1. bis 3. Dezember die Industrieanlagen des Dnjepr-Bogens und traf mit dem damaligen ukrainischen Ministerpräsidenten Mykola Asarow zusammen.
Diese Entwicklungsperspektiven waren dem britischen und amerikanischen Establishment ein Dorn im Auge, und sie aktivierten seit langem bestehende Kapazitäten in der Ukraine, darunter Victoria Nuland, die damalige stellvertretende US-Außenministerin für europäische und eurasische Angelegenheiten, sowie die Anhänger des Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera, die zur Eskalation von Gewalt und Chaos aufriefen, um die Regierung Janukowitsch zu stürzen – was ihnen am 24. Februar 2014 auch gelang. Der vorab ausgewählte Arsenij Jazenjuk wurde am 27. Februar 2014 auf Drängen von Victoria Nuland als Ministerpräsident eingesetzt, um die Politik der City of London und des Internationalen Währungsfonds (IWF) wieder in Kraft zu setzen, die 21 Jahre lang so viel Zerstörung und Leid in der Ukraine angerichtet hatten.
Der fortschreitende Zerfall der ukrainischen Wirtschaft ist ein deutliches Beispiel für diesen Prozeß, wie die folgende Tabelle der sinkenden Beschäftigungszahlen zeigt.

Tabelle 3
Arbeitskräfte in der Ukraine

Jahr Arbeitskräfte insgesamt (Tausend)LandwirtschaftIndustrieVerarbeitendes Gewerbe
2012 20,354 3,4963,3462,322
201320,4043,5783,2752,276
201418,073 3,0912,8982,022
2015 16,443 2,8702,5741,839
2016 16,2772,8672,4951,792
2017 16,1562,8612,4411,775
2018 16,3612,9382,4261,786
201916,5783,0102,4621,833
Quelle: Staatliches Statistikamt der Ukraine.

Zwischen 2012 und 2019 sank die Gesamtzahl der Arbeitskräfte in der Ukraine um 3,96 Millionen oder 18,6 %; die Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft sank um 486.000 (13,9 %), die Zahl der Arbeitskräfte in der Industrie um 884.000 (26,4 %) und die Zahl der Arbeitskräfte im verarbeitenden Gewerbe (Teil der Industriearbeiter) um 443.000 (19,5 %).
Im Jahr 1992 hatte die Ukraine eine Gesamtbevölkerung von 51,9 Millionen Menschen. Im Jahr 2012 war sie auf offiziell 45,4 Millionen gesunken, wohingegen die Wirtschaftswissenschaftlerin Witrenko sagte, daß die tatsächliche Zahl damals nur noch 39 Millionen betrug. Im Jahr 2020 lag die offizielle Bevölkerungszahl bei 41,4 Millionen, einschließlich der Bevölkerung des Donbass (nach Witrenkos Berechnung würde sie jedoch eher bei 35 Millionen liegen). Nach offiziellen Maßstäben mußte die Ukraine zwischen 1992 und 2020 den größten Bevölkerungsrückgang aller europäischen Länder hinnehmen, und all dies geschah vor der russischen Militäroperation in der Ukraine am 24. Februar 2022. Inzwischen haben weitere 4 Millionen Ukrainer das Land verlassen, und eine unbekannte Zahl von Menschen ist innerhalb des Landes auf der Flucht.

Umkehrung des Prozesses, Wiederaufbau der Ukraine

Die Ukraine kann im Rahmen einer neuen internationalen Wirtschaftsarchitektur einige entscheidende Schritte unternehmen, wie bereits in diesem Dokument dargelegt. 
Erstens sollte die Ukraine den größten Wert auf den Wiederaufbau und die Entwicklung ihrer produktiven Arbeitskräfte legen. In einem Webcast am 7. Dezember 2012 sagte der Wirtschaftswissenschaftler Lyndon LaRouche:
„Wir haben die Bevölkerung des Planeten, und wir brauchen jedes verdammte Individuum auf diesem Planeten: Wir brauchen sie! Sie haben einen Daseinszweck, denn sie können produktiver werden, und wenn sie produktiver werden, dann werden ihre Kinder produktiver, und so weiter; die Fähigkeit der Menschheit, mit diesen Problemen fertig zu werden, nimmt zu.“
Im Laufe der nächsten zehn Jahre sollte die Ukraine 10 Millionen Arbeitskräfte wieder in den Arbeitsmarkt integrieren, darunter 4 Millionen zusätzliche Industriearbeiter und davon 2 Millionen Arbeiter im verarbeitenden Gewerbe.
Im Jahr 2019 gab es in der Ukraine 118.935 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, einige mit lediglich fünf Beschäftigten. Heute sind es zweifellos weit weniger, aber die Ukraine sollte sich zum Ziel setzen, diese Zahl bis 2032 um etwa 50.000 neue Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes zu erhöhen und die Größe und die Zahl der Beschäftigten in den bestehenden Betrieben zu steigern. An vorderster Front sollte dabei der Werkzeugmaschinenbau stehen, und es sollten Werkzeugmaschinenmeister aus China, Deutschland, Italien und der Schweiz geholt werden, die mit ukrainischen Werkzeugmaschinenexperten zusammenarbeiten, um eine neue Generation von Werkzeugmaschinenarbeitern auszubilden.
Die offizielle Jugendarbeitslosigkeit in der Ukraine schwankt zwischen 15 % und 22 %, die tatsächliche Quote dürfte Berichten zufolge viel höher liegen. Die Ukraine sollte ein nach dem Vorbild der von US-Präsident Franklin Roosevelt im März 1933 in den Vereinigten Staaten gegründetes Civilian Conservation Corps einrichten, um arbeitslose Jugendliche zu beschäftigen und auszubilden. Das ukrainische Korps sollte sich auf unterstützende Tätigkeiten im Gesundheitswesen, in Krankenhäusern und auch beim Bau von Krankenhäusern und anderer Infrastruktur konzentrieren, zusammen mit abendlichen Bildungskursen als Teil eines Weltgesundheitssystems, wie es von der Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, vorgeschlagen wurde.
Zweitens wird die Ukraine viele ihrer Städte wiederaufbauen und ihren Industriegürtel rekonstruieren und modernisieren müssen. Ein großer Teil der Industrie des Landes konzentriert sich auf zwei große Regionen: die Region Dnipropetrowsk im Südosten des Landes und die DVR im Osten, die jeweils etwa 17% der ukrainischen Industrieproduktion der Vorkriegszeit ausmachten.
Die DVR konzentriert sich vor allem auf die Stahlproduktion, die chemische Industrie und den Kohlebergbau. Sie verfügt auch über wissenschaftliche Zentren. Es ist wichtig, daß Donezk und Mariupol die beiden Enden eines gemeinsamen Industriekorridors mit Industrieunternehmen bilden. In Mariupol besitzt das Unternehmen Metinvest, das von dem Milliardär Rinat Achmetow kontrolliert wird, zwei große Stahlwerke sowie weitere Anlagen, die Berichten zufolge zusammen 40.000 Menschen beschäftigen. Die DVR hat unter dem Rückgang der Kohleproduktion gelitten. Im Jahr 2013 produzierte die Ukraine 84 Mio. Tonnen Kohle. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 29 Mio. Tonnen, ein starker Rückgang um zwei Drittel. Ein Großteil der Bergwerke befindet sich in der Donbass-Region. Mehrere Kohlebergwerke in der DVR wurden in den letzten Jahren durch schwere Regenfälle überflutet und unbrauchbar gemacht, und die Zentralregierung in Kiew hat wenig getan, um zu helfen. Dies hat der Stahlproduktion der Ukraine geschadet. Der heilige „Great Reset“-Kreuzzug der britischen Royals gegen die Kohle schadet der Ukraine zusätzlich.
In der Region Dnipropetrowsk, einem Zentrum der Schwerindustrie, gibt es zahlreiche Betriebe, die eine breite Palette von Industrie- und Investitionsgütern herstellen, darunter Gusseisen, Walzgut, Rohre, Maschinen, Bergbaumaschinen, landwirtschaftliche Geräte, Traktoren, Oberleitungsbusse, Kühlschränke und Lebensmittelverarbeitung.
In Kryvyi Rih, der längsten Stadt Europas, die in der Region Dnipro liegt, sind mehrere große Bergbauunternehmen ansässig. ArcelorMittal, der größte Stahlhersteller der Ukraine mit einer Jahresproduktion von 4 bis 6 Mio. Tonnen, hat seinen Sitz in Kryvyi Rih. Juschmasch und Juschnoje, zwei große staatliche Unternehmen, die im Zentrum der sowjetischen Verteidigungs- und Raumfahrtproduktion standen, sind ebenfalls in der Region Dnipro angesiedelt.
In diesen beiden Industrieregionen, die zusammen mehr als ein Drittel der ukrainischen Industrieproduktion erwirtschafteten, ist ein Teil der Fabrikanlagen abgenutzt – einige stammen noch aus der Mitte der Sowjetära – und ein Teil der Infrastruktur ist mangelhaft. Ihr Überleben wird erhebliche Investitionen in die technologische Verbesserung und Modernisierung von Investitionsgütern und Anlagen sowie den Bau vieler neuer Fabriken erfordern. Dies sollte eine gemeinsame Anstrengung der Industrienationen des Westens und des Ostens in der Art des Marshallplans sein, nicht unähnlich dem, was für den Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg erforderlich war.


Drittens: Eisenbahnen. Die beigefügte Abbildung mit dem Titel „Railroad and Road Corridors Across Eurasia“ (Eisenbahn- und Straßenkorridore in Eurasien), die zuerst im Bericht „The New Silk Road Becomes the World Land-Bridge“ (Die neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke), Band II, des Schiller-Instituts erschien, zeigt die zentrale Lage der Ukraine für die Weltlandbrücke. Gegenwärtig werden 80-90 % des Güterverkehrs von Asien nach Europa über die Eisenbahnlinien des Nordkorridors abgewickelt, der Rußland durchquert und durch die Sanktionen fast zum Erliegen gekommen ist.



Ein Teil des ukrainischen Schienennetzes ist veraltet und muß dringend erneuert werden. Die Hälfte der 21.640 Kilometer (13.447 Meilen) ist elektrifiziert, aber nur in wenigen Abschnitten für den Hochgeschwindigkeitsverkehr geeignet. Im Jahr 2021 unterzeichnete Krzaliznytsia, die ukrainische Eisenbahngesellschaft, ein Abkommen mit der italienischen Ferrovie Dello Stato Italiane, um eine Vorstudie zur Einführung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs in der Ukraine durchzuführen. Im Mittelpunkt des Vorschlags steht der Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von Odessa über Kiew nach Lemberg, eine Strecke von 790 Kilometern (489 Meilen). Diese Hochgeschwindigkeitsstrecke sollte erweitert werden, um die Westukraine (wo sich Kiew und Odessa befinden) mit Dnipro und der DVR im Osten zu verbinden. Das System umfasst den Personenverkehr, sollte aber auch für den Güterverkehr ausgebaut werden. Die Chinesen, die weltweit führende Kraft im Eisenbahnbau, sind ebenfalls am Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken in der Ukraine interessiert.
Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke für den Personen- und Güterverkehr durch die Ukraine würde etwa 10.000 km (6.200 Meilen) neue Gleise erfordern. 
Viertens verfügt die Ukraine über eine sehr prominente und kompetente Raumfahrtindustrie, deren Kernstück die in Kiew ansässige Antonov Aeronautics sowie die Unternehmen Juschmasch und Juschnoje sind. Sowohl Juschmasch als auch Juschnoje haben ihren Hauptsitz in der südostukrainischen Stadt Dnipro in der Region Dnipropetrowsk, die nach ihrer Raumfahrtindustrie auch „Raketenstadt“ genannt wird. Während der Sowjetära war Dnipro eines der wichtigsten Zentren der Raumfahrt-, Nuklear- und Militärindustrie und spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Herstellung von ballistischen Raketen für die UdSSR. Eine der leistungsstärksten ballistischen Interkontinentalraketen (ICBM), die während des Kalten Krieges eingesetzt wurde, war die R-36, die später zum Vorbild für die Trägerraketenfamilie Tsyklon wurde. Sowohl die R-36 als auch die Tsyklon wurden von Juschnoje entwickelt und von Juschmasch hergestellt.
Der Weg aus der militärischen Produktion führte über die Raumfahrtindustrie. Beide Unternehmen wurden zum Rückgrat der Raumfahrtindustrie des Landes und bauten über 100 Trägerraketen pro Jahr. Im Westen erlangten sie Aufmerksamkeit durch die Entwicklung und Herstellung der ersten Stufen für die Antares-Rakete, die das Northrop Grumman Cygnus-Frachtfahrzeug zur Internationalen Raumstation befördert. Darüber hinaus stellt Juschnoje auch Triebwerke für die europäischen Vega-Raketen her.
Neben Raumfahrzeugen und Raketen stellt Juschnoje auch Fahrwerke, Gussteile, Schmiedeteile, Traktoren, Werkzeuge und Industrieprodukte her. Diese Unternehmen und andere ukrainische Forschungs- und Produktionseinrichtungen verfügen über riesige Hangars und komplexe Prüfstände, in die Milliarden von Dollar investiert wurden.
Antonov Aeronautics stellt besonders schwere militärische und kommerzielle Transportfahrzeuge sowie Passagierflugzeuge her und ist außerdem weltweit führend bei der Beförderung von Raumfahrtkomponenten auf dem Luftweg und bei der Durchführung von frachtbezogenen Satellitentransporten. Im Jahr 2016 wurde das Unternehmen in die neu gegründete Ukrainian Aircraft Corporation eingegliedert. 
Juschmasch, Juschnoje und Antonow beschäftigen zusammen 40 000 Mitarbeiter, von denen viele Ingenieure, Raumfahrtwissenschaftler usw. sind. Sie und ihre komplexen Komponenten sind ein echtes Juwel, nicht nur für die Weltraumforschung, sondern auch wegen ihrer breit aufgestellten Fähigkeiten, von denen sie u.a. einen Teil der neuen Produkte wie Laserwerkzeugmaschinen und viele andere fortschrittliche Maschinen herstellen könnte, die die Ukraine und andere Länder brauchen werden.
Fünftens: Der reiche schwarze Boden der Ukraine ist ein Segen für die Menschheit. Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure der Welt und exportiert nach der USDA-Prognose vom März 2022 für den Zeitraum 2021/2022 20 Mio. Tonnen Weizen, 27 Mio. Tonnen Mais und 6 Mio. Tonnen Gerste. Sie ist der weltweit größte Produzent von Sonnenblumensamen und gehört zu den sieben größten Erzeugern von Kartoffeln, Trockenerbsen, Karotten, Gurken, Kürbissen, Kohl, Raps, Zuckerrüben usw. Mit den richtigen internationalen Vereinbarungen könnte es einen guten Teil Afrikas ernähren.
Sechstens: All diese Projekte erfordern eine enorme Menge an Krediten. Die vom IWF, der Londoner City und der Wall Street diktierte Wirtschaftspolitik in der Ukraine muß vollständig und unverzüglich beendet werden. Sie hat dem ukrainischen Volk von 1991 bis heute Zerstörung, Plünderung, Hunger und Krankheit gebracht.
Der Kreditbedarf für den oben beschriebenen programmatischen Entwurf für den Wiederaufbau der Ukraine wird sich auf leicht eine halbe bis eine Billion Dollar belaufen. Das kann nicht durch das spekulative Casino-Weltwährungssystem des IWF und der City of London generiert werden. Die Ukraine sollte das Glass-Steagall-Gesetz anwenden, um ihr Finanzsystem einer sofortigen Konkurssanierung zu unterziehen und eine Hamilton’sche Nationalbank als Ersatz für die Zentralbank einzurichten, um das notwendige Volumen an gezielten Krediten an die produktive Seite der Wirtschaft auszugeben. 
All diese Maßnahmen werden, wie wir im einleitenden Abschnitt dieses Dokuments dargelegt haben, im Rahmen eines neuen Weltkreditsystems umgesetzt, das in Verbindung mit der Gürtel- und Straßeninitiative eine Revolution in der weltweiten Entwicklung auslösen wird. 


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Kasten 1
LaRouches „Vier neue Gesetze“
Am 8. Juni 2014 schrieb Lyndon LaRouche ein Dokument mit dem Titel „Die vier neuen Gesetze zur Rettung der USA jetzt! KeinVorschlag;eine unmittelbare Notwendigkeit“, in dem er die folgenden vier politischen Forderungen aufstellte:
1. Die sofortige Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbanken-Gesetzes, das von US-Präsident Franklin D. Roosevelt eingeführt wurde, und zwar ohne Änderungen, was das Umsetzungsprinzip betrifft. Dies bedeutet, daß die gesamte spekulative Finanzblase einer Konkurssanierung unterzogen werden muß.
2. Die Rückkehr zu einem top-down gesteuerten und genau definierten System des nationalen Bankwesens, wie es der erste Finanzminister der USA, Alexander Hamilton, festgelegt hat.
3. Der Zweck des Einsatzes eines solchen föderalen Kreditsystems ist es, hochproduktive Trends zur Verbesserung der Beschäftigung zu erzeugen, mit der begleitenden Absicht, die realwirtschaftliche Produktivität und den Lebensstandard der Personen und Haushalte zu erhöhen.
4. Verabschiedung eines „Crash-Programms“ zur Förderung der fundamentalen Durchbrüche in der Wissenschaft, die für unbegrenztes Wirtschaftswachstum und Entwicklung erforderlich sind.


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Kasten 2
LaRouche über Zölle und Handel
Der folgende Auszug stammt aus Lyndon LaRouches Aufsatz vom 12. Januar 2004, „Zum Thema Zölle und Handel“. 
Das gegenwärtige Geld- und Finanzsystem mit frei schwankenden Wechselkursen ist hoffnungslos bankrott. Es muß für die notwendigen Verwaltungs- und Reorganisationsmaßnahmen unter staatliche Aufsicht gestellt werden. Praktisch keines der führenden Bankinstitute Westeuropas und Amerikas (neben anderen Fällen) ist derzeit nicht implizit bankrott. Daher muß das erste, unmittelbarste Ziel der Intervention souveräner Regierungen die Stabilität der normalen Funktionen der Gesellschaft sein; das zweite, kurz- bis mittelfristige Ziel muß eine Steigerung der produktiven Beschäftigung auf ein Niveau sein, das ausreicht, um die Leistungsbilanzen der Nationen ins Gleichgewicht zu bringen; das dritte Ziel muß die Aushandlung einer Reihe langfristiger protektionistischer Vertragsvereinbarungen über Kredite, Zölle und Handel zwischen einer Reihe führender Nationen sein. Die letztgenannten Abkommen sollten eine bis zwei Generationen umfassen, was Kapitalzyklen von fünfundzwanzig bis fünfzig Jahren entspricht.
Die Möglichkeit einer Erholung von dem Zustand, der uns gegenwärtig durch die Kombination des IWF-Systems mit schwankenden Wechselkursen und dem wild ausbrechenden Verhalten der Zentralbanksysteme der Nationen hinterlassen wurde, hängt von einer massiven Aufstockung der langfristigen Kredite für die Kapitalbildung ab, wobei der Schwerpunkt zunächst auf der Kapitalbildung in der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur liegt. Um ein solches Expansionsprogramm über zwei Generationen hinweg aufrechtzuerhalten, wie wir es tun müssen, ist ein System erforderlich, in dem die grundlegenden Kreditkosten nicht höher sein dürfen als 1-2% einfache Zinssätze. Dies kann nur unter Bedingungen erreicht werden, die durch ein monetäres Finanzsystem mit festen Wechselkursen definiert sind. Das bedeutet also ein „Goldreservesystem“, keine Wiederbelebung eines „Ehrliches Geld“-Goldstandardsystems nach britischem Vorbild (oder dem des verrückten Ezra Pound). Es bedeutet auch ein System langfristiger Handels- und Zollvereinbarungen zwischen den Nationen, das mit Zielen wie dem langfristigen Wachstum der Kapitalbildung vereinbar ist.

Anmerkungen:

1. Der Plan wurde ausgearbeitet von einer Arbeitsgruppe des Executive Intelligence Review, der Claudio Celani, Richard Freeman, Paul Gallagher, Marcia Merry-Baker, Dennis Small und Karel Vereycken angehören. Das englische Original finden Sie hier.

2. Die Vier Gesetze von Lyndon LaRouche

3. Der Plan wurde auch in Vorbereitung der internationalen Konferenz des Schiller-Instituts am 9. April für eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur verfaßt.


Helga Zepp-LaRouche im pakistanischen Fernsehen: Wir müssen einen Weg zum Frieden finden, sofort!

10. Mai 2022 (EIRNS) – In der gestrigen Sendung „Views on News“ des pakistanischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders PTV prallten zwei diametral entgegengesetzte Ansichten über den Konflikt zwischen Rußland und der Ukraine aufeinander. Die eine, von einem pakistanischen Gastkolumnisten vorgetragen, war die vorherrschende „Narrative“ über Rußland als dem alleinigen Aggressor, der für den Krieg verantwortlich sei, und weil Putin nicht nachgeben wolle, werde der Krieg lange dauern und die Ukraine verwüsten.

Die Gründerin und Vorsitzende des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, konterte energisch, als sie das Wort erhielt:

„Das Wichtigste ist, einen Weg zu finden, um Frieden zu schaffen, und zwar sofort. Wir dürfen uns nicht mit der Vorstellung abfinden, daß dieser Krieg sehr lange andauern wird, denn wenn das der Fall wäre – es gibt einige Leute, die meinen, dieser Krieg sollte bis zum letzten Ukrainer andauern. Das ist ein sehr zynischer Ansatz, denn die Hauptleidtragenden werden die Ukrainer sein.

In Deutschland ist gerade eine große Debatte ausgebrochen, weil mehrere offene Briefe an Bundeskanzler Scholz gerichtet wurden. Einer davon kam von einer Gruppe von Intellektuellen, die warnten, Deutschland sollte keine schweren Waffen in die Ukraine schicken, weil das die Gefahr berge, daß der Konflikt außer Kontrolle gerät und zum Dritten Weltkrieg führt. Es gebe eine allgemeine Erkenntnis, daß, wenn es zum Dritten Weltkrieg kommt, niemand mehr übrig sein wird – niemand in Deutschland, niemand in Pakistan, niemand in den Vereinigten Staaten! Es gibt also immer mehr Leute, die sagen: Wir brauchen eine diplomatische Lösung auf dem Verhandlungsweg, und zwar sofort.“

Geopolitisches Denken, die Idee, Rußland in die Erschöpfung zu treiben und zu zerschlagen, Putin auszuschalten oder so lange zu kämpfen, bis der Feind völlig vernichtet ist – das wird zum Dritten Weltkrieg führen! Darüber sollten die Menschen wirklich nachdenken, betonte Zepp-LaRouche.

Auch die Entstehung des Krieges sei nicht so einfach, wie der Vorredner es dargestellt habe. Seit 30 Jahren versuche das Schiller-Institut, Einfluß zu nehmen, daß es zu einer neuen Friedensordnung komme. Das Schiller-Institut habe die Entwicklungen nicht nur kommentiert, sondern Ideen wie die Eurasische Landbrücke als Grundlage des Friedens präsentiert. Dieses Friedenspotential wurde durch das Streben nach einer unipolaren Welt zerstört. Mit Farbrevolutionen und Regimewechseln wurde gegen alle Regierungen vorgegangen, die diese unipolare Ordnung nicht akzeptieren wollten. Der Westen trage eine Mitverantwortung für diese Krise, in der wir, wenn Schweden und Finnland der NATO beitreten, erneut mit einer umgekehrten Kubakrise konfrontiert wären.

Auf die Frage des Moderators nach den Folgen des Krieges, wie der weltweit zunehmenden Hungersnot, forderte Zepp-LaRouche die Regierungen auf, gemeinsam die Nahrungsmittelproduktion zu verdoppeln, um die Gefahr zu bannen, daß 20% der Weltbevölkerung – 1,7 Milliarden Menschen – in Ernährungsunsicherheit und Hungersnot geraten könnten.

Sie stellte die beiden Systeme, die sich in der Welt entwickeln, einander gegenüber: den transatlantischen Sektor und die Regierungen mit neoliberalen Wirtschaftssystemen, die zusammenbrechen wie Deutschland 1923, und Rußland und China, die auf die konfrontative Politik des Westens mit dem Handel in nationalen Währungen und der Einrichtung neuer Banken und Kreditmechanismen reagieren. Ein Großteil der übrigen Welt – Indien, Indonesien, Südafrika, sogar Brasilien unter Bolsonaro und Nigeria – weigert sich ebenfalls, die Konfrontationspolitik des Westen mitzumachen.

Wenn der Westen seine aggressive Politik fortsetze, so Zepp-LaRouche, bestehe die Gefahr, daß es zu einem Bruch komme zwischen der westlichen Welt und den Ländern, die sich um Rußland und China scharen, was sehr gefährlich wäre und eine wirtschaftliche Katastrophe, zum Beispiel für Europa, bedeuten würde. Ein anderer Ansatz ist notwendig. Die Regierungen müssen sich darauf einigen, die Nahrungsmittelproduktion zu verdoppeln. Die USA allein könnten den Ausfall des ukrainischen Getreides kompensieren, indem sie einfach die Menge an Getreide, die als Biosprit verbrannt wird, halbieren. Die Regierungen müssen den Landwirten Kredite, Düngemittel und Maschinen zur Verfügung stellen, die sie für die Produktion benötigen, und die Nahrungsmittelproduktion kann verdoppelt werden.

Der „Views on News“-Moderator, der aufmerksam zugehört hatte, antwortete von ganzem Herzen: „Absolut“.


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