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Befreit Deutschland aus den Klauen der Kleptomanen!

Von Helga Zepp-LaRouche

Der Unmut in der Bevölkerung wächst, und das zu Recht. Wir sind jetzt, im März 2021, aufgrund einer miserablen „Erfolgsbilanz“ der EU in Deutschland mit der dritten Welle der COVID-19-Pandemie konfrontiert. Wir waren als Resultat einer jahrzehntelangen Privatisierung des Gesundheitssystems eben nicht gut auf den Ausbruch vorbereitet, im Gegensatz zu der Behauptung von Jens Spahn im Februar 2020 – einer Fehleinschätzung, der wir zu verdanken hatten, daß die Bundesregierung viel zu spät damit begann, medizinische Hilfsmittel wie Masken zu bestellen. Anstatt danach bei der Bestellung der Impfstoffe zuerst die Gesundheit der eigenen Bevölkerung in Betracht zu ziehen, sahen die Pro-EU-Ideologen in dieser Krise eine willkommene Gelegenheit, die supranationale Integration der EU voranzutreiben, und übergaben die Verantwortung an die völlig inkompetente EU-Bürokratie. Anstatt im Sinne des Gemeinwohls durch Investitionen dafür zu sorgen, daß die Produktionskapazitäten für Impfstoffe maximiert würden, überließ man alles dem „freien Markt“.

Die Bilanz dieser Inkompetenz: Während China, ein Land mit 1,4 Milliarden Menschen bisher nur 4636 Tote als Folge der Pandemie zu beklagen hat, dafür aber ein Wirtschaftswachstum für 2020 von über 2 Prozent verzeichnet, starben in Deutschland bisher 73.120 Menschen und in Europa 880.644 Menschen, während die Wirtschaft in Europa in allen Ländern um mehrere Prozente schrumpfte und viele Menschen ihre Arbeitsplätze und Existenzgrundlagen verloren haben.

Jetzt herrscht große Aufregung darüber, daß einige Bundestagsabgeordnete für die Vermittlung von Atemschutzmasken sechsstellige Provisionen eingesteckt haben, und Wolfgang Schäuble schwingt sich zum Obermoralapostel auf und nennt diese persönliche Bereicherung schändlich. Aber ist es nicht noch weit schändlicher, die ganze europäische Bevölkerung mit einem Green Deal zu betrügen, der die Industriestaaten Europas wie von einer Abrißkugel getroffen zum Einsturz bringen, die Landwirtschaft ruinieren, Arbeitsplätze zerstören, den Lebensstandard des allergrößten Teils der Bevölkerung massiv absenken und nur die Reichen und Spekulanten reicher machen wird? Denn das ist genau die Politik, für die Schäuble, Merkel, Altmeier, Scholz, Draghi, Macron, von der Leyen & Co. stehen!

Der Green Deal, eine Politik, bei der von der EU herunter über die Mitgliedsstaaten und die Banken alle Investitionen nur noch in „grüne“ Technologien und Industriezweige gelenkt werden, läuft auf eine brutale Vernichtung von industriellen und landwirtschaftlichen Kapazitäten hinaus und führt in der Konsequenz zu einer Reduktion der Bevölkerung. Denn es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der im Produktionsprozeß verwandten Energieflußdichte, der Produktivität und der Anzahl von Menschen, die durch diese Kapazitäten unterhalten werden können. Die „große Transformation der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“, wie sie von Schellnhuber und dem WBGU schon seit fast zwei Jahrzehnten propagiert und jetzt von von der Leyen umgesetzt wird, heißt nichts anderes, als zu einem vorindustriellen Niveau zurückzukehren. Den großen Reibach machen dabei allerdings die Spekulanten, Banken und Hedgefonds, also die Finanzoligarchie, die in diesen modernen Ablaßhandel – denn nichts anderes ist das Geschäft mit den CO2- Emissionszertifikaten – investiert.

Gegen diese massive Verletzung des Gemeinwohls klagte jetzt am 8. März eine Koalition von zwölf US-Bundesstaaten unter der Führung des Justizministers von Missouri, Eric Schmitt, der die von Präsident Biden erlassene „Verordnung 13990“ mit dem Titel „Schutz von Öffentlicher Gesundheit und Umwelt und die Wiederherstellung der Wissenschaft zur Bewältigung der Klimakrise“ anficht. Diese Verordnung befiehlt im Prinzip das Gleiche wie der Green Deal der EU oder der Green New Deal der US-Demoraten: eine massive Reduktion von industrieller und landwirtschaftlicher Produktion, Energieproduktion und -verbrauch oder jeder anderen Aktivität, welche die Emission von sogenannten Treibhausgasen zur Folge hätte.

In einem Abschnitt der Klage wird darauf hingewiesen, worum es sowohl in den USA selbst als auch weltweit geht: „Wenn diese Verfügung Geltung hat, wird sie auf viele Jahrzehnte in die Zukunft Hunderte von Milliarden oder Billionen an Schaden für die US-Wirtschaft anrichten. Sie wird Arbeitsplätze zerstören, Energieproduktion abdrosseln, Amerikas Energieunabhängigkeit strangulieren, die Landwirtschaft unterdrücken, Innovation verhindern, und die erwerbstätigen Familien verarmen…“ In der Klage ist weiterhin vermerkt, daß die Biden-Verordnung bei der Berechnung der „sozialen Kosten“ völlig die indirekte Wirkung ignoriert, die die Reduktionen der Treibhausgase für die ganze Welt hätte.

Bei den Regierungen der zwölf klagenden Staaten – Kansas, Nebraska, Oklahoma, Arkansas, Montana, Ohio, Indiana, Arizona, South Carolina, Tennessee, Utah und Missouri – handelt es sich zwar um republikanische Regierungen, doch geht es hier aber keineswegs um eine parteipolitische Opposition gegen die demokratische Biden-Administration. Diese Staaten sind das Herzstück des amerikanischen Farmgürtels, und die dort arbeitenden Landwirte, von denen viele einen Überlebenskampf gegen die Profitgier der Kartelle kämpfen, wissen sehr wohl um die Welthungerkatastrophe, die rund 300 Millionen Menschen weltweit bedroht und vor der der Chef des Welternährungsprogramms, David Beasley, wieder und wieder warnt. Denn Beasley war früher Gouverneur von South Carolina und ist bis heute eng verbunden mit diesen Farmern.

David Beasley berichtete am 9. März in einer Video-Telekonferenz mit Associated Press aus Addis Abeba von den himmelschreienden Umständen, die er bei seiner gerade beendeten Tour im Jemen vorgefunden hat: „Es ist die Hölle – der furchtbarste Ort auf der Erde“, die schlimmste humanitäre Krise auf der Welt, die vollständig das Ergebnis menschlicher Handlungen sei. In einem Krankenhaus in Sana’a seien vor seinen Augen Kinder verhungert, weil einfach keine Nahrungsmittel da waren. Viele seien am Rande des Todes, obwohl sie Krankheiten und Schwächen hätten, die einfach zu behandeln wären, wenn die Mittel vorhanden wären. Normalerweise höre man in der Kinderabteilung eines Krankenhauses Weinen, Lärmen und Lachen. Aber im Jemen höre man kein Weinen, kein Lachen, es herrsche tödliches Schweigen. Andere Reporter berichten, daß viele Kinder Haut wie Pergament haben und bis auf die Knochen abgemagert sind, bevor sie sterben.

Jemen ist sicher der furchtbarste Ort auf der Erde, aber leider sind etliche Staaten und Regionen nicht weit von einer solchen Lage entfernt. Syrien, Eritrea, Niger, Mozambique, Haiti, Nicaragua, Bolivien – die Liste von Staaten im sogenannten Entwicklungssektor, die furchtbar von der Pandemie, von Hunger und den Auswirkungen auf die sogenannte informelle Ökonomie getroffen sind, ist sehr lang. Die Welternährungsbehörde braucht dieses Jahr mindestens 815 Millionen Dollar allein für den Jemen, um Millionen von Menschen vor dem Hungertod zu bewahren, konnte aber bisher nur 300 Millionen organisieren. Was sind diese fehlenden läppischen 500 Millionen im Vergleich zu den 30 bis 50 Billionen (50.000.000.000.000), die die Zentralbanken in den nächsten zehn Jahren in den Green Deal in Europa und den Green New Deal in den USA stecken wollen, der die produktiven Kapazitäten in Industrie und Landwirtschaft massiv herunterfahren will?

Das Welternährungsprogramm hat wiederholt gewarnt, daß allein in diesem Jahr 270 Millionen Menschen akut vom Hungertod bedroht sind. Angesichts dieser beispiellosen humanitären Katastrophe sind das Programm „Vom Hof auf den Tisch“ und die Biodiversitätsstrategie der EU absolut skandalös, weil es die landwirtschaftliche Produktion durch rein ideologisch motivierte Maßnahmen massiv reduzieren will. Darin liegt der Grund, warum die deutschen Landwirte seit Monaten mit ihren Traktor-Korsos auf das drohende Sterben bäuerlicher Familienbetriebe aufmerksam machen.

Der wissenschaftliche Dienst des US-Landwirtschaftsministeriums hat in seinem Wirtschaftsbrief Nr. 30 vom November 2020 das Ergebnis einer Simulation veröffentlicht, in der die Auswirkungen der EU-Agrarpolitik bis 2030 bewertet wurden, wenn sie entweder (a) nur innerhalb der EU, (b) durch Handelsregeln der EU in weiteren Ländern oder (c) weltweit durchgesetzt würden. Demnach würde die Produktion der EU-Landwirte um 7-12% schrumpfen, die Weltnahrungsmittelpreise würden zwischen 9% (nur EU) bis zu 89% (bei globaler Anwendung) steigen, der gesellschaftliche Nutzen würde um 96 Milliarden bis 1,1 Billionen Dollar reduziert, und die Zahl der Menschen mit nicht gesicherter Nahrungsmittelversorgung würde weltweit um 22 bis 185 Millionen ansteigen.

Fazit: Die Politik der EU ist nicht nur inkompetent, wie hinlänglich in der Coronakrise demonstriert, ihre grüne Ideologie zerstört auch die Grundlagen unserer Landwirtschaft und ist angesichts der Hungerkatastrophe sogar absolut unverantwortlich, um es milde auszudrücken.

Wir fordern statt dessen:

1. Den sofortigen Aufbau eines modernen Gesundheitssystems in jedem Land dieser Erde auf einem Niveau, wie es in Deutschland vor der Privatisierung gewesen ist.

2. Die Verdopplung der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion, um angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung Hunger und Armut für alle Menschen zu eliminieren.

3. Die Beendigung der Kasinowirtschaft durch ein globales Glass-Steagall-Trennbankengesetz.

4. Ein Neues Bretton-Woods-Kreditsystem, das produktive Kredite für Investitionen in die Realwirtschaft zur Verfügung stellt.

5. Die Schaffung von 1,5 Milliarden neuen produktiven Arbeitsplätzen , um die Weltwirtschaft nach der Pandemie wieder aufzubauen und ernsthaft damit zu beginnen, die Unterentwicklung der sogenannten Entwicklungsländer zu überwinden.

6. Kooperation mit Rußland und China beim Ausbau der Neuen Seidenstraße in Südwestasien und Afrika, um damit die Ursachen der Flüchtlingskrise zu beseitigen und gleichzeitig eine dauerhafte Friedensordnung zu schaffen.


Helga Zepp-LaRouche – Afghanistan am Scheideweg: „Totenacker für Imperien“ oder Beginn einer neuen Ära?

Von Helga Zepp-LaRouche

Nach dem überstürzten Abzug der US- und NATO-Truppen aus Afghanistan – die US-Truppen wurden bis auf wenige Sicherheitskräfte bei Nacht im Dunkeln ausgeflogen, ohne die afghanischen Verbündeten zu informieren -, ist dieses Land für eine wahrscheinlich nur kurze Phase die Schaubühne der Weltgeschichte. Die Nachrichten überstürzen sich: Einerseits machen die Taliban rasche territoriale Gewinne im Norden und Nordosten des Landes, was bereits zu erheblichen Spannungen und Sorgen in Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan geführt hat, ebenso wie sie die Grenzstadt Islam Qala im Westen eingenommen haben, durch die der signifikante Handel mit dem Iran fließt. Andererseits überschlagen sich die diplomatischen Aktivitäten seitens aller Staaten, deren Sicherheitsinteressen durch die Ereignisse in Afghanistan berührt werden: Iran, Pakistan, Indien, Rußland, China, um nur die wichtigsten zu nennen.

Kann eine innerafghanische Lösung gefunden werden, kann ein Bürgerkrieg zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban verhindert werden, können Terrorgruppen wie der IS, der sich wieder im Norden einzunisten beginnt, und Al-Kaida aufgelöst werden? Oder geht der Krieg zwischen den afghanischen Gruppierungen weiter, und damit die Zunahme des Opiumanbaus und -exports sowie der weltweiten Bedrohung durch den islamischen Terrorismus? Versinkt Afghanistan ein weiteres Mal in Gewalt und Chaos und wird damit zur Bedrohung selbst für Rußland und China, aber eben auch für die USA und Europa?

Wenn es auf diese Fragen eine positive Antwort geben soll, dann ist es zunächst entscheidend, daß sich die Verantwortlichen in den USA und Europa schonungslos mit der Frage konfrontieren, wie es zu diesem katastrophalen Scheitern des Afghanistankrieges kommen konnte, bei dem mit den USA die stärkste Militärmacht der Welt und 50 Nationen insgesamt 20 Jahre lang eingesetzt waren. Mehr als 3000 Soldaten auf der Seite des Westens verloren ihr Leben, darunter 59 Bundeswehrsoldaten, und insgesamt 180.000 Menschen, darunter 43.000 Zivilisten; die Kosten für die USA belaufen sich auf über zwei Billionen Dollar, für die Bundesrepublik auf 47 Milliarden Euro. 20 Jahre Schrecklichkeit, in denen kriegsüblich alle Seiten in Greueltaten verwickelt wurden, die damit auch ihr eigenes Leben zerstörten. Soldaten, die mit Posttraumatischen Belastungsstörungen nach Hause kamen und seitdem mit dem Leben nicht mehr klarkamen. Eine afghanische Zivilbevölkerung, die nach zehn Jahren Krieg mit den Sowjets in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts und einer kleinen Pause weitere 20 Jahre Krieg mit einer kaum vorstellbaren Serie von Qualen zu erleiden hatte.

Es war von Anfang an klar, daß dieser Krieg nicht gewonnen werden konnte. Die Ausrufung des Bündnisfalls nach Artikel 5 des NATO-Vertrags nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ging von der These aus, daß Bin Laden und das Taliban-Regime hinter den Attentaten steckten und deshalb der Krieg in Afghanistan gerechtfertigt sei. Aber wie der ehemalige Senator und Gouverneur Floridas, Bob Graham, Vorsitzender der Untersuchungskommission zum 11. September auf der Senatsseite, wiederholt betonte: Die US-Präsidenten Bush und Obama haben die Wahrheit über die Auftraggeber des 11. September unterdrückt, und erst dadurch wurde die damalige Bedrohung für die Welt durch ISIS möglich. Graham sagte 2014 bei einer Veranstaltung in Florida:

„Es bleiben immer noch einige nie erzählte Teile der Wahrheit, unbeantwortete Fragen über den 11. September. Die vielleicht grundsätzlichste Frage ist: Wurde die Tat vom 11. September von 19 Einzelpersonen ausgeführt, die isoliert agierten, die über einen Zeitraum von 20 Monaten in der Lage waren, die groben Umrisse eines Planes, den Osama Bin Laden entworfen hatte, zu einem Aktionsplan mit allen Einzelheiten auszuarbeiten, dann diesen Plan einzustudieren und am Ende eine hochkomplexe Kombination von Aufgaben auszuführen? … Die beiden Vorsitzenden der [zweiten] Kommission zum 11. September, Tom Kean und Lee Hamilton, haben gesagt, es sei sehr unwahrscheinlich, daß diese 19 Menschen tun konnten, was sie taten, wenn sie nicht in der Zeit, während der sie in den Vereinigten Staaten lebten, Hilfe von außen gehabt hätten. Ich bin völlig ihrer Ansicht… Woher kam diese Unterstützung?“

Diese Frage ist bis heute nicht in befriedigender Weise beantwortet. Die Verabschiedung des JASTA-Gesetzes in den USA und die Veröffentlichung der lange geheimgehaltenen 28 Seiten des Berichtes der 9/11-Kommission sowie der Prozeß, den die Familien der Opfer der Anschläge gegen die saudische Regierung angestrengt haben, hätten eigentlich genügend Hinweise auf die finanziellen Unterstützer der Anschläge geliefert. Aber die Untersuchung aller dieser Spuren wurde mit bürokratischen Mitteln verschleppt.

An die Ungereimtheiten um den 11. September sei hier nur erinnert, um darauf hinzuweisen, daß die ganze Definition, wer eigentlich der Gegner in diesem Krieg war, von Anfang an falsch war. Wir haben in einem von der BüSo 2010 veröffentlichten Weißbuch zu Afghanistan darauf hingewiesen, daß ein Krieg, bei dem das Ziel falsch definiert ist, kaum gewonnen werden kann, und haben schon damals den sofortigen Abzug der Bundeswehr gefordert.

Spätestens nachdem die Washington Post 2018 unter dem Titel „At War with the Truth“ („Im Krieg mit der Wahrheit“) die 2000 Seiten umfassenden „Afghanistan Papers“ veröffentlicht hatte, hätte dieser Krieg beendet werden müssen. Damit war aufgedeckt, daß dieser Krieg von Anfang an ein absolutes Desaster war und alle Erklärungen amerikanischer Militärs über die angeblich erzielten Fortschritte wissentlich gelogen waren. Der Enthüllungsjournalist Craig Whitlock, der das Ergebnis seiner dreijährigen Recherche – einschließlich der Nutzung von mit Hilfe des Freedom of Information Act (FOIA) freigekämpften Dokumenten und Aussagen von 400 Insidern – an die Öffentlichkeit brachte, demonstrierte die absolute Inkompetenz, mit der dieser Krieg geführt worden war.

Absolut umwerfend ist auch die Aussage des Drei-Sterne-Generals Douglas Lutte, der unter den Regierungen Bush und Obama der Afghanistan-Zar gewesen war, in einer internen Anhörung: „Wir waren ohne jegliches fundamentales Verständnis über Afghanistan, wir hatten keine Ahnung, womit wir es zu tun hatten. Was wollten wir dort erreichen? Wir hatten nicht den leisesten Schimmer, was wir da vorhatten… Wenn die amerikanische Bevölkerung das Ausmaß dieses Versagens erführe – wer wird sagen, daß das alles vergebens war?“

Nach der Veröffentlichung dieser Dokumente passierte im wesentlichen nichts. Der Krieg ging weiter, bis Präsident Trump einen vergeblichen Versuch machte, die Truppen heim zu holen, der vom US-Militär weitgehend unterlaufen wurde, und erst jetzt, nachdem die Priorität sich auf den Indo-Pazifik und den Versuch der Eindämmung Chinas und Einkreisung Rußlands verlagert hat, wurde dieser absolut sinnlose Krieg beendet, zumindest was die Beteiligung fremder Streitkräfte betrifft.

Der 11. September hat der Welt nicht nur den Afghanistankrieg gebracht, sondern auch nur Wochen später den Patriot Act und damit den Vorwand für den Überwachungsstaat, über den Edward Snowden die Welt aufgeklärt hat. Damit wurde ein signifikanter Teil der Bürgerrechte zurückgenommen, die zu den besonderen Errungenschaften der amerikanischen Revolution und Verfassung gehören, und der Charakter der USA als Republik unterhöhlt. Gleichzeitig wurden die Prinzipien der friedlichen Koexistenz, die zur Essenz des Völkerrechts und der UN-Charta gehören, durch eine immer stärkere Betonung der „regelbasierten Ordnung“ ersetzt, die nunmehr die Interessen des transatlantischen Establishments ausdrückt und der Erhaltung seiner Privilegien dient.

Den Ton für diese Absage an die Prinzipien des Westfälischen Friedens und des Völkerrechts hatte schon zwei Jahre zuvor Tony Blair in seiner berüchtigten Chicagoer Rede gesetzt, die die theoretische Rechtfertigung für die endlosen Interventionskriege unter dem Vorwand der „Schutzverantwortung“ („R2P“) lieferten; eine Art neuer Kreuzzüge, bei denen die „westlichen Werte“ wie „Demokratie“ und „Menschenrechte“ mit dem Schwert bzw. mit Drohnen und Bomben an Kulturen und Nationen vermittelt werden sollten, die aus völlig anderen zivilisatorischen Traditionen kommen.

Das desaströse Scheitern des Afghanistankrieges – nach dem Scheitern der Kriege davor, des Vietnamkrieges, des Irakkrieges, des Libyenkrieges, des Syrienkrieges, des Jemenkrieges – muß deshalb der absolut dringende Wendepunkt sein, um über den gesamten Richtungswechsel der letzten 20 Jahre zu reflektieren.

Spätestens seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie – ein Ausbruch, der absolut vorhersehbar war und den Lyndon LaRouche bereits 1973 prinzipiell prognostiziert hatte – hätte eine grundsätzliche Debatte beginnen müssen, was bei dem liberalen westlichen Modell auf einer fehlerhaften Axiomatik basiert. Die Privatisierung des Gesundheitswesens hat den Investoren sicherlich lukrative Gewinne gebracht, aber der volkswirtschaftliche Schaden und die Anzahl der Toten und langfristig gesundheitlich Geschädigten haben den dünnen Schleier über den Schwachpunkten dieses Systems weggerissen.

Die strategischen Turbulenzen, die durch den Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan ausgelöst worden sind, wären eine hervorragende Gelegenheit für eine Neubewertung der Lage, eine Korrektur der politischen Ausrichtung und eine neue, lösungsorientierte Politik.

Die lange Tradition geopolitischer Manipulation dieser Region, in der Afghanistan gewissermaßen die Schnittstelle darstellt, vom „Great Game“ des Britischen Empire bis zum „Krisenbogen“ von Bernhard Lewis und Zbigniew Brzezinski, muß ein für allemal ad acta gelegt werden. Statt dessen müssen alle Nachbarn der Region – Rußland, China, Indien, Iran, Pakistan, Saudi-Arabien, die Golfstaaten und die Türkei – eingebunden werden in eine wirtschaftliche Entwicklungsstrategie, die ein gemeinsames Interesse zwischen diesen Staaten darstellt, das von einer höheren Ordnung definiert ist und attraktiver ist als eine Fortsetzung der partikularen vermeintlichen nationalen Interessen.

Diese höhere Ebene liegt im Aufbau einer transnationalen Infrastruktur, Industrialisierung und moderner Landwirtschaft in ganz Südwestasien, so wie dies schon 1997 in Sonderberichten und dann in der Studie „Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“ von EIR und vom Schiller-Institut vorgestellt wurde. Ferner existiert eine umfassende russische Studie von 2014, die Rußland damals noch als Mitglied der G8 auf einem Gipfel vorstellen wollte, wozu es durch seinen Ausschluß aus dieser Gruppierung nie kam.

Im Februar dieses Jahres verständigten sich die Außenminister Pakistans, Afghanistans und Usbekistans auf den Bau einer Eisenbahnlinie von Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan, über Masar-e-Scharif und Kabul in Afghanistan bis nach Peschawar in Pakistan. Ein Antrag auf Finanzierung durch die Weltbank wurde im April eingereicht. Gleichzeitig wurde der Ausbau einer Autobahn zwischen Peschawar, Kabul und Duschanbe zwischen Pakistan und Afghanistan beschlossen, der Khyber Pass Economic Corridor – eine Fortsetzung des China-Pakistan Economic Corridor (CPEC), einem Vorzeigeprojekt der chinesischen Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI).

Diese Linien müssen zu effektiven Entwicklungs-Korridoren ausgebaut und eine Ost-West-Verbindung zwischen China, Zentralasien, Rußland und Europa sowie ein Nord-Süd-Infrastrukturnetz von Rußland, Kasachstan und China bis nach Gwadar am Arabischen Meer verwirklicht werden.

Alle diese Projekte stellen erhebliche Herausforderungen an die Ingenieurskunst – man denke nur an die total zerklüftete Landschaft großer Teile Afghanistans -, aber die gemeinsame Vision der Überwindung der Armut und Unterentwicklung, verbunden mit der Expertise und Zusammenarbeit der besten Ingenieure Chinas, Rußlands, der USA und Europas kann im übertragenen Sinne wirklich Berge versetzen. Die Kombination von Weltbank, AIIB, New Development Bank, New Silk Road Fund und nationaler Kreditgeber kann die notwendigen Kreditlinien zur Verfügung stellen.

Mit einer solchen Entwicklungsperspektive, einschließlich für die Landwirtschaft, wäre auch eine Alternative zur Drogenproduktion gegeben. Über 80% der weltweiten Opiumproduktion kommen aus Afghanistan, rund 10% der dortigen Bevölkerung ist gegenwärtig abhängig, und vor nicht allzu langer Zeit definierte Rußland die Drogenexporte aus Afghanistan als das größte nationale Sicherheitsproblem, dem noch im Jahr 2014 jährlich rund 40.000 Menschen in Rußland zum Opfer fielen. Die Verwirklichung einer Alternative zum Drogenanbau liegt im fundamentalen Interesse der ganzen Welt.

Die COVID-19 Pandemie und die Gefahr weiterer Pandemien haben dramatisch die Notwendigkeit unterstrichen, daß der Aufbau von modernen Gesundheitssystemen in jedem einzelnen Land dieser Erde erforderlich ist, wenn verhindert werden soll, daß die vernachlässigten Länder zu Brutstätten immer neuer Mutationen werden und so alle bisher unternommenen Anstrengungen permanent zunichte machen. Der Bau moderner Krankenhäuser, die Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal und die Schaffung der dazu notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen liegen deshalb ebenso im Interesse aller Fraktionen in Afghanistan und aller Staaten dieser Region, wie es im Interesse der sogenannten entwickelten Staaten liegt.

Aus all diesen Gründen ist die künftige Entwicklung Afghanistans eine Wegscheide für die ganze Menschheit. Sie ist zugleich eine perfekte Demonstration für die Chance, die in der Anwendung des Kusanischen Prinzips der Coincidentia Oppositorum, des Ineinsfalls der Gegensätze, liegt. Denn auf der Ebene der Widersprüche der vermeintlichen Interessen aller betroffenen Nationen – Indien/Pakistan, China/USA, Iran/Saudi-Arabien, Türkei/Rußland – gibt es keine Lösungen.

Betrachtet man hingegen die gemeinsamen Interessen aller – die Überwindung des Terrorismus und der Drogenplage, den dauerhaften Sieg über die Gefahren von Pandemien, die Beendigung der Flüchtlingskatastrophe -, dann ist die Lösung offensichtlich. Der wichtigste Aspekt aber ist die Frage, wohin wir als Menschheit uns entwickeln, ob wir weiter in ein finsteres Zeitalter abstürzen und potentiell sogar unsere Existenz als Gattung riskieren wollen, oder ob wir gemeinsam ein menschliches Jahrhundert gestalten wollen. In Afghanistan gilt mehr als irgendwo anders auf der Welt: Der neue Name für Frieden heißt Entwicklung!


Helga Zepp-LaRouche im Interview mit dem chinesischen Fernsehsender CGTN

Am 3. Juli wurde Helga Zepp-LaRouche im Rahmen der CGTN-Sendung Asia Today zur Lage in Afghanistan interviewt. Moderator Zhong Shi berichtete, daß es in der nordafghanischen Provinz Badakhshan zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Streitkräften der Regierung und den Taliban kam, nachdem sich die US-Streitkräfte aus ihrem Hauptmilitärstützpunkt zurückgezogen haben. Sie können die ganze Sendung in englisch hier ansehen.

ZHONG SHI: Ich möchte jetzt auch Helga Zepp-LaRouche zuschalten, die Präsidentin und Gründerin des Schiller-Instituts, einer Denkfabrik zu politischen und wirtschaftlichen Themen mit Sitz in Deutschland. Frau Zepp-LaRouche, willkommen in der Sendung. Ich freue mich, Sie heute hier begrüßen zu können.

Das Pentagon sagt, die Rückgabe des Stützpunktes Bagram an die afghanischen Sicherheitskräfte sei ein wichtiger Meilenstein beim Abzug der US-Streitkräfte. Die Frage ist nun, was für ein Meilenstein das für Afghanistan sein wird? Wie wird sich das auf die Fähigkeit des Landes auswirken, gegen die Taliban zu kämpfen?

HELGA ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, die Lage ist sehr ernst. Es besteht die Gefahr eines Bürgerkriegs, nicht nur zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban, sondern auch auf Grund der Tatsache, auf die der russischen Außenminister Lawrow gestern hinwies, daß sich jetzt ISIS-Kräfte im Norden Afghanistans sammeln. Ich denke, es besteht die Gefahr, daß der Krieg weitergeht, wobei diesmal Afghanen Afghanen töten. Deswegen brauchen wir meines Erachtens einen anderen Ansatz – etwas ganz anderes, als einfach abzuziehen und den Ort so zu lassen, wie er ist.

ZHONG SHI: Die Welt beobachtet nun, wie sich die Lage in Afghanistan entwickelt. Wir wissen, daß die Taliban in die Bereiche vordringen, aus denen sich die ausländischen Truppen zurückgezogen haben. Wenn die Vereinigten Staaten verfolgen, was gerade in Afghanistan passiert, wie würden Sie Joe Bidens Politik gegenüber Afghanistan nach dem Abzug der US-Truppen charakterisieren? Er hatte ja weitere Unterstützung zugesagt.

ZEPP-LAROUCHE: Da bin ich mir nicht so sicher. Es ist offensichtlich eine komplizierte Situation. Zwanzig Jahre Krieg und verlorene Leben und verlorenes Geld für nichts. Ich denke, daß der Rückzug aus Afghanistan ähnliche Gründe hat wie die Reduzierung der amerikanischen Logistik in anderen Teilen des Persischen Golfs. Meiner Meinung nach ist er Teil der neuen Konzentration auf den Pazifik, auf Rußland und China. Es ist also nicht per se eine Afghanistan-Politik, sondern eher eine Politik, die von geostrategischen Überlegungen geleitet wird. Ich glaube, auch das ist ein Weg in die Katastrophe.

Sehen Sie, in Afghanistan ist die Opiumproduktion im letzten Jahr um 45% gestiegen. Afghanistan produziert 85% des weltweiten Opiums. Wenn das einfach so bleibt, werden die Taliban diese Produktion mit Sicherheit steigern, um ihre militärischen Operationen zu finanzieren. Die vielen Süchtigen werden in den Straßen der Vereinigten Staaten und Europas sterben. In Afghanistan gibt es 3,5 Millionen Drogenabhängige, aber das zeigt nur, daß man einen ganz anderen Ansatz braucht, um dieses Problem zu lösen.

Militärisch ist Afghanistan nicht zu gewinnen. Das hat die Sowjetunion bewiesen, die es 10 Jahre lang versucht hat, und jetzt die Vereinigten Staaten und die NATO seit 20 Jahren. Ich denke, es ist höchste Zeit, umzudenken, daß man einen völlig anderen Ansatz braucht, als ständig nur das gleiche fortzusetzen.

ZHONG SHI: Wie Sie sagen, 20 Jahre Krieg wären umsonst, wenn Afghanistan schnell wieder im Chaos versinkt; dort, wo es sich vor dem Krieg befand. Manche befürchten, daß dies sehr wahrscheinlich zur Realität wird, sobald die ausländischen Truppen erst einmal weg sind. Wie hoch schätzen Sie die Chancen ein, daß das passiert? Daß Afghanistan noch tiefer in einem Bürgerkrieg versinkt?

ZEPP-LAROUCHE: Wie ich schon sagte, wenn nichts unternommen wird, wird es ein Alptraum sein. Der Terrorismus wird zunehmen und sich nicht nur in der Region, sondern auch darüber hinaus ausbreiten. Ich denke, es muß eine Änderung in der Herangehensweise geben. Die einzige Möglichkeit, die Situation zu stabilisieren, besteht darin, Afghanistan, aber auch der gesamten Region Irak, Syrien, Jemen, all diesen Ländern, die durch die endlosen Kriege zerstört wurden, eine echte wirtschaftliche Entwicklung anzubieten. [Alle diese Länder] könnte man als eine Region betrachten, und man sollte verstehen, daß der Terrorismus wie auch der Drogenhandel ein und dasselbe Problem ist, um das sich alle Länder kümmern sollten – die Vereinigten Staaten, Rußland, China, Iran, Indien. Sie alle sollten für eine wirtschaftliche Entwicklungsperspektive eintreten. Man könnte die Belt and Road Initiative, die Neue Seidenstraße, ausbauen. Der vorherige Präsident Karsai sagte, er sehe die einzige Hoffnung für Afghanistan in Entwicklung. Und der neue Name für Frieden ist Entwicklung, auch in Afghanistan. Mein Wunsch wäre, daß dies das Thema einer Sonderkonferenz des UN-Sicherheitsrates werden könnte. Präsident Putin hat ja ohnehin gefordert, daß die ständigen Fünf [Mitglieder] des UN-Sicherheitsrates zusammenkommen sollten. Das wäre einer der dringenden Punkte: Wie kann man verhindern, daß Afghanistan zu einer Quelle des Terrorismus, des Drogenhandels und einfach zu einem Albtraum für alle wird? Wie kann man aufhören, in Begriffen geopolitischer Konfrontation zu denken, und sich auf die gemeinsamen Ziele der Menschheit konzentrieren? Ich denke, in Afghanistan scheiden sich die Wege. Es ist aber auch ein Scheideweg in der Geschichte der Menschheit.

ZHONG SHI: Dieses Thema wird von Tag zu Tag dringlicher. Helga Zepp-LaRouche, wir schätzen Ihre heutige Analyse sehr; vielen Dank, daß Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns zu sprechen.


Die USA sollen ihre Atomwaffen heimholen – Kooperation, nicht Konfrontation!

Von Helga Zepp-LaRouche

Ob sich die Kriegsfalken durchsetzen und die Welt eher früher als später in einer nuklearen Katastrophe endet, oder ob wir rechtzeitig die Lehren aus der COVID-Pandemie ziehen, daß wir die existentiellen Probleme der Menschheit nur gemeinsam lösen können – das sollte eigentlich die strategische Frage sein, die uns am meisten beschäftigt. Weder Rußland und China, nicht einmal die europäischen Atlantiker erwarten eine große Veränderung in der Außenpolitik von Pompeo zu der neuen Biden-Administration. Äußerungen wie die des Kommandanten des US European Command, Air Force General Tod D. Wolters, der Rußland am 24. Februar bei einem Symposium als „existentielle Bedrohung für die USA und die europäischen Verbündeten“ bezeichnete, sind Standard für das US-Militär, das die Kontinuität zwischen den Administrationen darstellt.

Aber neben der für Atlantiker üblichen Litanei über die NATO, Rußland und China sagte Präsident Biden auf der virtuellen Münchener Sicherheitskonferenz 2021 auch die folgenden Worte, die von den Mainstream-Medien weitgehend ausgeblendet wurden:

„Es geht nicht darum, den Osten gegen den Westen auszuspielen. Es geht nicht darum, daß wir einen Konflikt wollen. Wir wollen eine Zukunft, in der alle Nationen frei ihren eigenen Weg bestimmen können, ohne die Drohung von Gewalt oder Zwang. Wir können und dürfen nicht zu der reflexartigen Opposition und den rigiden Blöcken des Kalten Krieges zurückkehren.“

Das klingt sicherlich anders als die martialischen Aufrufe zum Umsturz gegen Präsident Xi Jinping, wie sie z. B. vom sogenannten „Long Telegram“ des Atlantic Council und anderen Thinktanks kommen. Es bleibt abzuwarten, wie lange die Halbwertzeit von Bidens Aussage ist, daß „alle Nationen ihren eigenen Weg bestimmen“ können. Erinnern wir uns, daß auch Trump lange davon gesprochen hat, es sei eine gute Sache, und keine schlechte, ein gutes Verhältnis zu Rußland und China zu haben – und das Verhältnis zu beiden Nationen endete auf einem historischen Tiefstand am Ende seiner Amtszeit. Und in der Zwischenzeit hat der erste Militärschlag der Biden-Administration in Syrien stattgefunden, als Demonstration, daß „die USA zurück sind“.

Eine große Besorgnis für Rußland ist, daß die Trump-Administration es abgelehnt hatte, das 1985 zwischen Reagan und Gorbatschow verabredete Prinzip zu bestätigen, daß ein Atomkrieg niemals gewonnen werden kann und deshalb niemals geführt werden darf. Der russische Außenminister Lawrow betonte deshalb in seiner Rede vor der virtuellen Abrüstungskonferenz in Moskau am 24. Februar, daß er gegenüber seinem US-Kollegen Blinken in einem Telefongespräch am 4. Februar die Notwendigkeit betont habe, zu diesem Prinzip zurückzukehren. Lawrow unterstrich ebenso die russische Position, daß die Praxis der NATO des „nuclear sharing“ („nukleare Teilhabe“) den Vertrag zur Nichtverbreitung von Atomwaffen verletzt. „Nukleare Teilhabe“ ist eine Praxis der NATO, bei der Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen, wie zum Beispiel Deutschland, Kampfjets bereithalten und Soldaten ausbilden, die amerikanische Atombomben transportieren und im Ernstfall auch einsetzen können. Deshalb müßten die amerikanischen Atomwaffen auf das US-Territorium zurückgebracht und die Infrastruktur für ihren Einsatz von anderen Ländern aus beseitigt werden.

Die USA sind das einzige Land der insgesamt neun Atommächte – fünf davon offiziell -, von dem bekannt ist, daß sie Atomwaffen auf dem Territorium anderer Staaten stationieren. Schätzungsweise sind etwa 180-200 nukleare Freifallbomben in Europa stationiert. Nur die verstocktesten atlantischen Geopolitiker können sich der Illusion hingeben, daß diese Atomwaffen unsere Sicherheit erhöhen; im Ernstfall bedeuten sie im Gegenteil, daß die Staaten, in denen sie stationiert sind, ein atomares Trümmerfeld werden.

Was die Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre noch wußte und die Menschen angesichts der Mittelstreckenraketenkrise, als sich Pershing II und SS20-Raketensysteme, noch mit wenigen Minuten Warnzeit in ständiger Bereitschaft gehalten, gegenüberstanden, zu Hunderttausenden auf die Straße trieb, ist heute offensichtlich aus dem Bewußtsein verschwunden. Im Ernstfall würde in Deutschland kein einziger Mensch überleben.

Daran ändert auch die Priorisierung des indo-pazifischen Raums nichts, die seit Obamas Politik der „Wende nach Asien“ stattgefunden hat und vom US-Militär auch unter der Trump-Administration in mehreren Strategiepapieren fortgeschrieben wurde. Die „Nationale Sicherheitsstrategie der USA“ vom Dezember 2017, die „Nationale Verteidigungsstrategie“ vom Januar 2018 und die „Überprüfung der nuklearen Aufstellung“ vom Februar 2018 definieren Rußland und China als geopolitische Rivalen, die als Bedrohung für die Interessen und die Macht der USA eingestuft werden. Rußland und China wurden dabei als gefährlicher eingestuft, als der internationale Terrorismus.

Lyle J. Goldstein, Professor am US Naval College in Newport/Rhode Island und Gründer des dortigen China Maritime China Studies Institute, schrieb kürzlich in einem Artikel mit der Überschrift: „Die Indo-Pazifik-Strategie ist ein Rezept für ein Desaster“,1 diese Politik sei eine Neuauflage der US-Politik von 1992. Das war die Zeit, als Dick Cheney und die Neokons – nur ein Jahr nach dem Ende der Sowjetunion – das „Project for a New American Century“ (Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert, PNAC) verfolgten und damit die Idee, daß unter keinen Umständen gestattet werden dürfe, daß irgendein Land oder eine Gruppe von Staaten die USA wirtschaftlich, politisch oder militärisch überholt. Goldstein weist darauf hin, daß das Verteidigungsministerium der Trump-Administration vor seinem Auszug aus dem Pentagon das „US Strategic Framework for the Indo-Pacific“ („Strategischer Rahmen der USA für den Indo-Pazifik“) veröffentlicht habe, anstatt diese Dokumente wie üblich für 30 Jahre unter Verschluß zu halten. Dahinter, so vermutet Goldstein, verberge sich die Absicht, die Biden-Administration auf eine Politik festzulegen, die die USA auf einen direkten Kollisionskurs mit China bezüglich Taiwan bringe – ein Krieg, den die USA auch verlieren könne und bei dem der Einsatz von Atomwaffen nicht ausgeschlossen werden könne.

Hans Kristensen von der Federation of American Scientists wies in seinem Strategic Security Blog soeben darauf hin, daß es genau diese Dynamik der kompromißlosen Abschreckung ist, die den nuklearen Rüstungswettlauf entfacht. So hätten neuere Satellitenphotos gezeigt, daß die PLA dabei ist, die Trainingseinrichtungen für ihre Raketenstreitkräfte massiv auszubauen. Sie zeigten auch den Bau von Tunneln und Silos verschiedener Größe, deren potentielle Funktion es sei, den Start von Raketen zu verschleiern, weil China sich angesichts des militärischen Wettbewerbs mit den USA in der Region nicht mehr sicher sein könnte, ob es im Ernstfall genügend Zeit haben werde, die Raketen einsatzfähig zu machen, um die Glaubwürdigkeit der chinesischen Abschreckung aufrecht zu erhalten.

Wenn Präsident Biden es wirklich ernst meinen sollte, daß jede Nation – also auch China und Rußland – ihren eigenen Weg selbst bestimmen darf, dann muß er die der Indo-Pazifik-Politik zugrundeliegende Cheney-Doktrin verwerfen und auf einen wirklichen Neubeginn setzen. Der chinesische Außenminister Wang Yi nannte die Bedingungen dafür in seiner Rede vor dem Lanting Forum über „Dialog und Kooperation und das Management von Konflikten“: Die Verleumdung der Chinesischen Kommunistischen Partei und des chinesischen politischen Systems müssen aufhören, ebenso wie die Einmischung bezüglich Taiwan, Xinjiang und Hongkong, die Sanktionen müssen aufgehoben werden und ein normaler diplomatischer und kultureller Austausch muß wieder möglich werden.

Da nicht auszuschließen ist, daß die Absicht des erneuten Beitritts der USA zur UN-Menschenrechtskommission (UNHRC) darin besteht, die Debatte um Menschenrechte für propagandistische Attacken auf Rußland und China zu instrumentalisieren, sollte man sich zunächst einmal auf eine richtige Definition dieses Begriffes einigen. Welcher Staat oder Kontinent hat mehr für die Menschenrechte getan – derjenige, der 850 Millionen Menschen aus der Armut befreit hat und durch eine rigorose Seuchenbekämpfung die Zahl der Corona-Toten auf bisher 4636 begrenzen konnte (China), oder derjenige, bei dem die Armut signifikant steigt und bei dem die Anzahl von Corona-Toten auf über eine halbe Million (USA) oder über 839 000 (Europa) gestiegen ist? Ist das Recht, keine Maske tragen und keinen sozialen Abstand halten zu wollen, wirklich ein solcher Beweis für die Verteidigung der Menschenrechte?

Während die USA, Kanada und Großbritannien Impfstoff für ein Vielfaches der Anzahl ihrer Bürger horten, und die EU einen Exportstop diskutiert, haben Rußland und China bereits an viele Dutzend Länder des Entwicklungssektors Millionen von Dosen geliefert. Dafür werden sie dann beschuldigt, eine „Vakzin-Diplomatie“ zu betreiben, während die Beteiligung von EU-Frontex bei den sogenannten „Pushback“-Operationen gegen Flüchtlinge im Mittelmeer scheinbar keine öffentliche Debatte nötig macht.

Es ist an der Zeit, diese Art von zweierlei Maßstäben und Scheinheiligkeit aufzugeben. Wir müssen das geopolitische Spiel, Rußland und China als Gegner zu betrachten, beenden und statt dessen die gemeinsamen Aufgaben der Menschheit angehen.

Im Februar 2021 konnten drei Nationen ihre jeweilige Mars-Mission zum Erfolg bringen. Die Chefin der Raumfahrtbehörde der UAE, Sarah Al Amiri, hat die Welt daran erinnert, wie unglaublich groß unser Universum ist.2 Die Staatschefs dieser Welt sollten von Frau Amiri lernen.

zepp-larouche@eir.de

Anmerkungen:

1. https://www.lawfareblog.com/indo-pacific-strategy-recipe-disaster

2. https://www.youtube.com/watch?v=voqlWLAwXZ8


Grundsatzrede von Helga Zepp-LaRouche: „Die Sofortmaßnahmen, die jetzt ergriffen werden müssen!“

Sehen Sie hier Helga Zepp-LaRouches Grundsatzrede während des ersten Panels der Schiller-Instituts Konferenz vom 26. bis 27. Juni. Der erste Panel „Krieg mit Russland und China ist schlimmer als verrückt“, an dem Vertreter aus Rußland, China, Indien und den Vereinigten Staaten teilnahmen, intensivierte die seit 18 Monaten andauernden Bemühungen des Schiller-Instituts um ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs dieser vier Länder, um anstelle von Krieg wirklich Entwicklungszusammenarbeit zu betreiben.


Warum „LaRouchePAC“ nicht mehr die Politik von Lyndon LaRouche repräsentiert

Presseerklärung von Helga Zepp-LaRouche

24. Februar – Helga Zepp-LaRouche, Gründerin und internationale Vorsitzende des internationalen Schiller-Instituts und Witwe des bekannten amerikanischen Ökonomen und Staatsmannes Lyndon LaRouche, gab heute bekannt, daß sie über ihren Anwalt einen Brief an das Lyndon LaRouche Political Action Committee (LPAC) und dessen Schatzmeisterin Barbara Boyd gerichtet hat, in dem sie diese auffordert, „die Verwendung von Herrn LaRouches Namen, Abbildungen und möglicherweise anderen verwirrend ähnlichen Bezeichnungen jetzt sofort und in Zukunft zu unterlassen“. In dem Schreiben heißt es, daß eine solche Verwendung „zu Verwirrung bei den Nutzern führen dürfte, da sie glauben könnten, daß Sie [Boyd] (als Einzelperson), LPAC und/oder die von ihnen angebotenen Waren und Dienstleistungen irgendwie mit unserer Klientin [Helga Zepp-LaRouche] verbunden, von ihr lizenziert oder bevollmächtigt sind.“ Als Rechtsmittel wird gefordert, daß Boyd und LPAC „sofort alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den Namen ihres politischen Aktionskomitees und den Namen aller angeschlossenen Einrichtungen so zu ändern, daß darin der Begriff ,Lyndon’, ,LaRouche’ oder irgendeine Nachbildung oder Wiederholung davon nicht enthalten ist, und sich verpflichten, die rechtsverletzenden Begriffe jetzt und in Zukunft auf keiner Website, in Firmen-E-Mails, Briefköpfen, Anzeigen oder anderer Marketingliteratur oder Korrespondenz zu verwenden.“

Um den Hintergrund und den Kontext dieses Vorgehens zu erläutern, gab Frau Zepp-LaRouche die folgende Erklärung ab:

„Die seit 2004 bestehende offizielle Webseite des von meinem verstorbenen Ehemann Lyndon LaRouche gegründeten Politischen Aktionskomitees, des Lyndon LaRouche Political Action Committee (LPAC), wurde in seinem Inhalt von einer Gruppe von Personen aus dem Umkreis von Barbara Boyd, der Schatzmeisterin dieses PAC, in eine Richtung abgewandelt, die meiner Ansicht nach den zentralen politischen Aussagen, für die mein Mann stand, entgegengesetzt ist. Als mein Mann noch lebte, war er für die allgemeine politische Richtung des PAC verantwortlich. Aber seit seinem Tod im Februar 2019 haben Frau Boyd und ihre Mitarbeiter ohne meine Erlaubnis den Inhalt der Webseite und die Aktivitäten des PAC insgesamt übernommen und in eine Richtung gelenkt, die meiner Meinung nach sowohl meine als auch Herrn LaRouches Positionen falsch darstellt.

Meine Aufforderung an das PAC, sich an die Politik der LaRouche-Bewegung zu halten und den Namen LaRouche nicht mit einer Politik in Verbindung zu bringen, die unmittelbar nach dem Tod von Herrn LaRouche innerhalb des PAC aufkam und die mit unseren Ansichten unvereinbar ist, wurde derart zurückgewiesen, daß Frau Boyd und eine Gruppe von Personen, die ihre Ansichten teilen, im November 2020 ein Dokument verbreiteten, in dem sie ihre ,unwiderrufliche’ Unabhängigkeit von der Führung der LaRouche-Bewegung – mich eingeschlossen – verkündeten, die von meinem Mann vor über 50 Jahren gegründet wurde.

Es wurden zwar Lippenbekenntnisse zu einigen Ideen von Lyndon LaRouche abgelegt und Videomaterial von ihm verwendet, doch wichen die politischen Positionen des PAC in Wirklichkeit immer mehr von der Politik der LaRouche-Bewegung und meines verstorbenen Ehemannes ab, indem z.B. jede fundierte Einschätzung der internationalen strategischen Situation unterblieb und stattdessen fast ausschließlich die amerikanische Innenpolitik in den Blick genommen wurde – vor allem Themen, die sich an der Politik von Donald Trump orientierten. Es wurden zunehmend keine Trump-kritischen Artikel und Videos mehr veröffentlicht, und zwar zu Fragen, für die Lyndon LaRouche persönlich Trump häufig kritisiert hatte, wie z.B. sein Rückendeckung für die Finanzblase der Wall-Street; die Anti-China-Politik, die Trumps Präsidentschaft zunehmend dominierte; und so weiter. Ein Beispiel:

In einem Video vom 26. Januar 2021, das auf der LPAC-Webseite unter der Überschrift ,Make Impeachment Drive Backfire, Build Movement to Rescue Republic’ veröffentlicht wurde, sagte Barbara Boyd: ,Wenn Sie glauben, daß sie [die Menschen] Bestien sind und man ein Sozialkredit-System haben kann, das wir hier mit der Ausgrenzungskultur [„cancel culture“] einführen – wenn man sich auf bestimmte Weise verhält und dieses oder jenes tut, bekommt man Sozialkredite dafür; wenn man aber unverschämt ist oder dumme Bemerkungen macht oder aus der Reihe tanzt, bekommt man negative Kredite. So machen sie es in China. Das geschieht in jeder totalitären Gesellschaft.’

Diese Positionen spiegeln die Meinung von Frau Boyd wider, nicht die Ansichten von Herrn LaRouche oder der LaRouche-Bewegung. Ich bin mit dieser Darstellung Chinas absolut nicht einverstanden, und Lyndon LaRouche hat sein ganzes Leben lang immer wieder das Gegenteil dieser Darstellung zum Ausdruck gebracht.

Als die Falschdarstellungen von Herrn LaRouches politischen Positionen zunahmen, sahen ich und die große Mehrheit der LaRouche-Bewegung sowohl in den USA als auch international keine andere Möglichkeit, als im Dezember 2020 eine neue Organisation und eine dazugehörige Webseite zu gründen: ,The LaRouche Organization’ (TLO), um sicherzustellen, daß der Name und die Abbildungen von Herrn LaRouche nur mit seiner wahren Politik und seinen Positionen in Verbindung gebracht werden. Der Unterschied zwischen der TLO und dem PAC wird deutlich, wenn man als ein Beispiel die Absicht vergleicht, die in der TLO-Gründungserklärung ,Wer wir sind’ zum Ausdruck kommt, wo es heißt:

,Der einzige Zweck der LaRouche-Organisation (TLO) ist die Verbreitung der Ideen von Lyndon LaRouche und die Verbreitung seines Lebenswerkes, seiner analytischen und wissenschaftlichen Denkmethode, mit der Absicht, die von ihm angebotenen Lösungen für die vielen Krisen, denen die Menschheit heute gegenübersteht, zu verwirklichen.’

Im Gegensatz dazu steht der ,Marschbefehl’ vom 14. Februar, der auf der LPAC-Webseite unter der Überschrift ,Deine Rolle in der »Neuen Politik«’ veröffentlicht wurde: ,Kämpfe für die Republikanische Partei; vertreiben wir die Verräter und die ,Schwachen’ und stellen wir sie wieder in die Tradition von Abraham Lincoln.’

Frau Boyd und ihre Mitarbeiter starteten im Februar 2021 eine neu gestaltete Webseite für das PAC, in der bemerkenswerterweise zwei Seiten bzw. Themen fehlen, die früher dort waren:

Erstens die äußerst reichhaltige Dokumentation der 40jährigen Organisationsaktivitäten, an denen Lyndon LaRouche und seine internationalen Mitarbeiter auf fünf Kontinenten der Erde beteiligt waren. Ob absichtlich oder nicht, ich glaube, daß das Entfernen dieser Geschichte den falschen Eindruck erweckt, Herr LaRouche habe sich nur um inneramerikanische Angelegenheiten gekümmert, was sein leidenschaftliches Eintreten für die gesamte Menschheit negiert.

Zweitens unterschlägt die neue PAC-Webseite auch die Rolle von Herrn LaRouche und seiner internationalen Bewegung beim Entwicklungsprozeß des neuen Paradigmas um die Neue Seidenstraße. Herr LaRouche schrieb seit den 1970er Jahren zahlreiche Wirtschaftsprogramme für Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa, und er verbrachte einen guten Teil seines Lebens damit, sich für die Entwicklung dieser Länder einzusetzen.

Frau Boyd und ihre Mitstreiter haben selbstverständlich das Recht, ein politisches Aktionskomitee zu gründen, um die Ansichten von Frau Boyd zum Ausdruck zu bringen; aber ich glaube, daß sie dem verstorbenen Lyndon LaRouche einen denkbar schlechten Dienst erweisen, indem sie seine Ansichten – durch Handlungen und Unterlassungen – falsch darstellen und seinen Namen mit ihrem Vorhaben in Verbindung bringen. Aus all diesen Gründen haben wir einen Rechtsanwalt eingeschaltet, um jede Verwendung von Lyndon LaRouches Namen und Abbildungen durch das PAC zu unterbinden und die Integrität seines umfangreichen Werkes zu bewahren.“

Für weitere Informationen: press@LaroucheOrganization.com or (551) 209-3978


Der Sturm auf das US-Kapitol: Farbrevolution oder 11. September?

von Helga Zepp-LaRouche

Die Video-Reportage über das Eindringen von einigen Hundert Demonstranten in das Kapitol in Washington am 6. Januar zeigt verstörende Szenen. Bei der Live-Übertragung der Sitzung des Kongresses, bei der es um die Bestätigung der Entscheidung des Wahlmännergremiums zur Wahl des nächsten Präsidenten ging, konnte man sehen, wie die Kameraführung von der Sitzung zum Eingang des Gebäude wechselte, zu einer Gruppe von Eindringlingen, die relativ locker und ohne von anwesenden Polizisten gehindert zu werden, hereinkamen. Sie hatten unfaßbare zwei Stunden Zeit, die Büros der Abgeordneten zu durchwühlen, ohne daß Sicherheitskräfte eingegriffen hätten. Insgesamt kamen fünf Menschen bei den Ereignissen ums Leben.

Der neue Mehrheitsführer des Senats, der New Yorker Senator Chuck Schumer, dessen Nähe zu den Geheimdiensten Legende ist (und der Trump bekanntlich im Fernsehsender MSNBC warnte, die Geheimdienste hätten „vielerlei Wege, es heimzuzahlen“, wenn man sich ihnen widersetze), redete sofort von einer „Entweihung des Tempels der Demokratie“ und charakterisierte die Geschehnisse als einen Aufstand gegen die Vereinigten Staaten, zu dem der Präsident aufgehetzt habe. Der Präsident dürfe nicht einen Tag länger das Amt behalten und müsse sofort auf der Basis des 25. Verfassungszusatzes durch den Vizepräsidenten und das Kabinett entfernt werden, und falls diese sich verweigerten, müsse der Kongreß zusammentreten, um ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Ein Chor von pro-atlantischen Politikern und Medienvertreter stimmte sich ohne zu zögern auf diese Lesart der Dinge ein, verstärkt durch einen weiteren Chor von Demokraten wie der Sprecherin des Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi, Ben Rhodes (ehemaliger Berater Obamas), Michael McFaul (Ex-US-Botschafter in Moskau), die umgehend Putin beschuldigten, für die Ereignisse verantwortlich zu sein. Die Vorgänge sind absolut ungeheuerlich, die potentiellen Konsequenzen können für die Frage von Krieg oder Frieden existentiell werden.

Bei aller Hysterie und Aufregung ist es dringend, die Frage nach dem Cui bono zu stellen: Was wurde durch die Ausschreitungen im US- Kapitol erreicht?

Zunächst einmal wurde die erste und bis dahin einzige Chance zerstört, daß die beiden Kammern des Kongresses, die amerikanische Bevölkerung und die Weltöffentlichkeit umfassende Informationen über die vielfältigen Unregelmäßigkeiten und Manipulationen bei der Präsidentschaftswahl am 3. November in mindestens sechs „Swing-Staaten“ bekommen konnten. Für diesen Wahlbetrug gibt es über tausend Augenzeugen, und er war Gegenstand von Anhörungen in den jeweiligen Landtagen, was das politische Establishment und die internationalen Medien aber nicht davon abhält, ad nauseam zu wiederholen, es gäbe für diesen Wahlbetrug entgegen Trumps Behauptungen nicht die geringsten Beweise.

Relativ bald nach Beginn der Aussprache vor den beiden Kammern des Kongresses, bei der die Ergebnisse und Anfechtungen bezüglich der Staaten in alphabetischer Ordnung debattiert werden sollten – nämlich bei der Diskussion um die Ergebnisse von Arizona -, brachen die Randalierer durch die Absperrungen und begannen ihren Feldzug durch die Büros und Säle des Kongresses. Die Sitzung wurde abgebrochen, Regierungs- und Volksvertreter wurden in Sicherheit gebracht, und als die Sitzung einige Stunden später fortgesetzt wurde, kam es nicht mehr zu der beabsichtigten Debatte über die Wahlunregelmäßigkeiten.

Statt dessen wurde auf beiden Seiten des Atlantiks das offizielle Narrativ verbreitet, Trump sei durch sein Insistieren bezüglich des Wahlbetrugs verantwortlich für den Angriff auf den Kongreß. Und genau hier liegt die Täuschung. Denn es ist absolut richtig, daß Trump seit dem 3. November in zahllosen Erklärungen den Vorwurf des Wahlbetrugs erhoben hat. Es ist auch richtig, daß er seine Anhänger zu mobilisieren versuchte, daß der 6. Januar der große Tag sein würde, an dem dieser Betrug mit Hilfe von Vertretern des Repräsentantenhauses und des Senats korrigiert werden müßte. Und es ist auch richtig, daß er in seiner Rede vor der Menge die vielfältigen Wahlfälschungen auflistete und die Demonstranten dann am Ende seiner Rede aufforderte: „Let’s walk down Pennsylvania Avenue!“ Aber daraus ableiten zu wollen, er sei für den Angriff auf das Kapitol verantwortlich, ist absolut falsch – und es weist auf eine ganz andere Autorenschaft hin.

Auch wenn die Untersuchung noch keineswegs vollständig sein kann, so ergibt eine Untersuchung von Video-Aufnahmen und Augenzeugenberichten von Teilnehmern an der Kundgebung, sowie eine Betrachtung des absolut erstaunlichen Mangels an Sicherheitsvorkehrungen ein völlig anderes Bild:

– Einige wahrscheinlich authentische Video-Aufnahmen zeigen deutlich, daß schwarzgekleidete Personen im äußeren Bereich des Kapitols gewaltsam versuchten, sich Einlaß zu verschaffen, und daß eine andere Gruppe von Personen diese Randalierer abschirmt, so daß „normale“ Demonstranten nicht zu diesen vordringen konnten.

– Es gibt weiterhin zahlreiche Augenzeugen, die berichten, wie plötzlich seltsame Kleinbusse mit schwarzgekleideten Personen, aber auch Personen mit Trump-Maga-Schirmmützen („Make America Great Again“) zu der Kundgebung hinzustießen, die sich deutlich von den friedlichen Demonstranten abhoben.

– Andere Teilnehmer der Demonstration berichten, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Gruppe von 12-15 Männern sich einen Weg durch die Menge bahnten und riefen: „Let’s burn the place down“, aber nur einige wenige Demonstranten sich davon anstecken ließen, während diejenigen, die sich davon distanzierten, ihrerseits angepöbelt wurden.

Alles deutet darauf hin, daß es sich bei diesen professionell agierenden Provokateuren um das gleiche Phänomen handelt, was Nelson Mandela in Südafrika bei den Stammesauseinandersetzungen als „Dritte Kraft“ bezeichnete, die das Ziel hatten, den ANC zu diskreditieren. Das ist der gleiche Modus operandi, nach dem die Scharfschützen beim Putsch in Kiew im Februar 2014 aus besetzten Gebäuden auf beide Seiten, also sowohl auf die Demonstranten wie auf die Polizei, geschossen haben.

Verschiedene Kommentare in u.a. den chinesischen und russischen Medien wiesen darauf hin, daß die USA nun eine milde Form der gleichen Medizin bekommen hätten, die sie zuvor bei ähnlichen Aufständen 2000 in Serbien, 2004 und 2014 in der Ukraine, als auch in Georgien, Moldawien, Belarus oder 2011 mit dem Arabischen Frühling begrüßt und inszeniert hätten. Die chinesische Presse unterstrich die Doppelmoral Pelosis, die die Aufstände in Hongkong als „wunderschöne Ansichten“ bezeichnet hatte.

Diese Einschätzungen verfehlen jedoch den wesentlichen Punkt, den wirklichen Charakter dieses Dramas. Vielleicht hat Michail Gorbatschow eine bessere Ahnung, wenn er gegenüber Interfax erklärte, diese Ausschreitungen seien „offenbar vorausgeplant“ gewesen, und ihre Drahtzieher lägen „auf der Hand“. Die offiziellen Stellen, die dafür verantwortlich sind, daß die Sicherheitsvorkehrungen angesichts der zu erwartenden Großdemonstration geradezu einladend lax waren, gehören jedenfalls zu der ersten Reihe der Verdächtigen.

Es spricht alles dafür, daß es sich beim Sturm auf das Kapitol um eine direkte Fortsetzung der Anschläge des 11. September handelt, dessen wahre Drahtzieher nie wirklich benannt worden sind. Lyndon LaRouche hatte einen solchen Terrorakt weitsichtig neun Monate vorher, am 3. Januar 2001 vorhergesagt, indem er prognostizierte, daß die drei Wochen später ins Amt kommende Bush-Administration aufgrund ihrer Unfähigkeit, mit dem kommenden Finanzkrach umgehen zu können, einen „Reichstagsbrand“ inszenieren würde, um diktatorische Maßnahmen zu implementieren. Genau dies geschah mit der Einführung des „Patriot Act“, der die bürgerlichen Rechte nicht nur der Amerikaner weitgehend beschnitt und die weltweite Massenüberwachung durch NSA, CGHQ etc. in Gang setzte.

Im gleichen Fahrwasser sollen die Ausschreitungen auf dem Kapitol den Vorwand liefern, jeglichen Dissens gegenüber der Politik des neoliberalen Establishments ausschalten. Bezeichnenderweise forderte Michele Obama unmittelbar danach IT-Giganten des Silicon Valley, die ein integraler Bestandteil des Militärisch-Industriellen Komplexes sind, auf, Trump und alle Unterstützer des Aufstandes von den sozialen Medien zu verbannen.

Bei allen Menschen, denen der Verfassungsstaat, Meinungsfreiheit und bürgerliche Rechte lieb sind, müssen die Alarmglocken schrillen: Um was es hier geht, ist eine totale Meinungsdiktatur und die Ausschaltung jeglicher politischen Opposition gegenüber der Politik der transatlantischen Finanzelite.

Das von der Wall Street und City of London dominierte Finanzsystem ist seit 2008 hoffnungslos bankrott und konnte seitdem nur noch durch massivste Liquiditätsvermehrung und eine gigantische Umverteilung zugunsten der Spekulanten aufrecht erhalten werden. Die letzte Phase dieses Megaschwindels auf Kosten des Allgemeinwohls soll jetzt der sogenannte „Great Reset“ in Gang setzen, bei dem unter dem Vorwand der Neuausrichtung der Ökonomie nach der Covid-19-Pandemie alle Finanzströme ausschließlich in den Green New Deal gelenkt werden sollen, was zu einer beispiellosen Deindustrialisierung und einer damit verbundenen Bevölkerungsreduktion führen wird. Die Mediengleichschaltung und Zensur der sozialen Medien soll jede Opposition gegen diese intendierte Diktatur in der Tradition von Hjalmar Schacht eliminieren. Was die Welt besser versteht: Wir befinden uns in der akuten Gefahr eines neuen Faschismus!

Die einzige Alternative zu dieser Diktatur, die zur wirtschaftlichen Zerstörung des Westens führen und damit die Gefahr eines Krieges gegen Rußland und China bedeuten würde, ist eine umfassende Reorganisation des Finanzsystems durch die Etablierung eines Neuen Bretton-Woods-Systems, die Umsetzung der „Vier Gesetze“ von Lyndon LaRouche sowie die Kooperation mit Rußland und China beim Ausbau der Neuen Seidenstraße in Lateinamerika, Asien und Afrika. Zur Realisierung dieser Lösung sind Staatsbürger in allen Nationen aufgerufen, die den Ernst der Lage begreifen.


Helga Zepp-LaRouche spricht mit China Radio International (CRI) über das China-EU- Investitionsabkommen

Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende des Schiller-Instituts, hat sich am 31. Dezember in der Sendung World Today von China Radio International über das „Comprehensive Agreement on Investment“ (CAI) zwischen der EU und China geäußert. Das vollständige Interview finden Sie auf http://chinaplus.cri.cn/podcast/detail/1/2689962 ab Minute 29.47. An dem Dialog war auch Dr. Qiao Hai [ph] von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften beteiligt.

Es folgt der Austausch zwischen der Moderatorin von CRI und Helga Zepp-LaRouche:

CRI: Beginnen wir die zweite Hälfte des Gesprächs mit dem großen Investitionsabkommen zwischen China und der Europäischen Union. Die Verhandlungen darüber begannen kurz vor dem Jahreswechsel 2014/2015. Jetzt heißt es von beiden Seiten, daß die Verhandlungen abgeschlossen sind. Die Bekanntgabe erfolgte auf einer Videokonferenz, nachdem ein Treffen zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron, der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Chefs des Europäischen Rates [Charles Michel] und der Europäischen Kommission [Ursula von der Leyen] stattgefunden hatte. Präsident Xi Jinping sagte, das Abkommen zeige Chinas Entschlossenheit und Zuversicht, seine Wirtschaft weiter für den Rest der Welt zu öffnen. Er sagte, es würde den beiden großen Volkswirtschaften der Welt helfen, einen wichtigen Beitrag zur Erholung der Weltwirtschaft in der Zeit nach der Pandemie zu leisten.

Um weiter darüber zu sprechen, ist uns Helga Zepp-LaRouche aus Deutschland zugeschaltet. Sie ist die Gründerin des Schiller-Instituts, einer politischen und wirtschaftlichen Denkfabrik. Auch dabei ist Dr. Qiao Hai von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. Danke, daß Sie sich die Zeit genommen haben.

HELGA ZEPP-LAROUCHE: Hallo.

CRI: Helga, wie sehen Sie die Bedeutung dieses Abkommens für beide Seiten?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, es ist extrem nützlich. Allerdings sind darin bisher die größeren Firmen bevorzugt, und ich denke, daß es auch auf kleinere und mittelgroße Unternehmen ausgeweitet werden muß. Aber ich denke die Tatsache, daß Präsident Macron aus Frankreich an der Unterzeichnungszeremonie teilgenommen hat, ist extrem wichtig. Da er keine offizielle Position in der EU-Führung hat, signalisiert seine Anwesenheit, daß es zwischen Deutschland und Frankreich eine völlige Übereinstimmung gibt.

Ich denke, es ist auch sehr wichtig, daß kein einziger EU-Botschafter dagegen war. Das ist deswegen wichtig, weil das Abkommen noch von allen nationalen Parlamenten und dem EU-Parlament ratifiziert werden muß. Daß dies jetzt reibungslos geschieht, sieht eigentlich sehr gut aus. Ich denke, das ist ein großer Durchbruch für die ganze Welt.

CRI: Helga, laut der Mitschrift eines Online-Treffens zwischen den Staats- und Regierungschefs der EU und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping hat der französische Präsident Emmanuel Macron angeboten, China in den kommenden Monaten zusammen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu besuchen, um noch über andere Bereiche der Zusammenarbeit zu sprechen, wie zum Beispiel das Gesundheitswesen und die Umwelt. Werden wir eine stärkere Verbindung zwischen China und der EU und stärkere Beziehungen zwischen China und den europäischen Nationen sehen?

ZEPP-LAROUCHE: Das hoffe ich auf jeden Fall. Wir befinden uns definitiv in einer Welt mit großen Herausforderungen; die Pandemie ist noch nicht vorbei, [Audioverlust] und deshalb wäre meine Hoffnung, daß sich die europäischen Staatschefs an Leibniz orientieren, der schon im 17. Jahrhundert sagte, daß nun einmal die fortschrittlichsten Kulturen an den entferntesten Enden des eurasischen Kontinents liegen und sich die Hände reichen sollten, um die dazwischen liegende Region zu entwickeln. Nun würde ich hoffen, daß, nachdem China bei diesem Abkommen große Zugeständnisse gemacht hat, Europa auf der anderen Seite auch offener für eine Zusammenarbeit mit der Belt and Road Initiative ist. Denn das böte den wirklichen Rahmen, um all die vielen Herausforderungen anzugehen, wie zum Beispiel die Unterentwicklung des Entwicklungssektors. Um die Pandemie zu überwinden, reicht es nicht aus, in der akuten Krise nur Geld zu verteilen, sondern ich denke, daß China und die EU zusammenarbeiten sollten, um Afrika, Südwestasien und andere Regionen zu industrialisieren, weil sonst immer die Gefahr neuer Pandemien bestehen wird.

Ich würde mir wünschen, daß sich die Europäer in ihrem Ansatz an Leibniz orientieren, denn Leibniz war ein absoluter Bewunderer der chinesischen Kultur. Und ich denke, daß die Europäer so viel zu entdecken haben, wenn sie sich mit chinesischer Geschichte, Kultur, Philosophie, Poesie und Malerei beschäftigen – es gibt so viele Dinge zu entdecken, und ich würde hoffen, daß dieses Abkommen den Weg für eine neue Renaissance in den Beziehungen zwischen beiden öffnet.

CRI: Helga, was ist Ihre Meinung? Sind die Bedenken, die in den USA zum Ausdruck kommen, berechtigt?

ZEPP-LAROUCHE: Ich meine, diese sogenannten „Bedenken“ sind rein ideologisch und durch geopolitisches Denken motiviert. In der letzten Zeit hat es in den USA eine beispiellose Anti-China-Kampagne gegeben, China wurde und wird für jedes Problem auf dem Planeten verantwortlich gemacht. Das ist vollkommen hysterisch. Das eigentliche Motiv dahinter ist, den Aufstieg Chinas zu stoppen. Aber der kann nicht aufgehalten werden! China ist ein Land mit 1,4 Milliarden Menschen und einer Politik, die auf Innovation basiert. China ist seit vielen Jahrhunderten führend in der technologischen Entwicklung. Wenn sich also China jetzt als eine der vier wichtigsten Nationen der Welt zurückmeldet, sollten die Menschen darüber glücklich sein. Nach allem, was ich studiert und gesehen habe, ist China ein positiver Faktor und tut nichts von dem, was die USA ihnen vorwerfen.

Ich meine deswegen, daß es für US-Firmen von Vorteil sein wird, wie Herr Qiao gerade sagte. Im übrigen wird die Anti-China-Stimmung von vielen US-Firmen, vielen Gouverneuren und vielen anderen gewählten Vertretern nicht geteilt. Es ist also zu hoffen, daß das Beispiel, das China und die EU jetzt setzten, auch die Situation in den Vereinigten Staaten beeinflussen wird.

CRI: Helga, viele glauben, der Abschluß des Abkommens zeige auch, daß die EU ihre Beziehung zu den Vereinigten Staaten zwar respektiert, aber nicht länger auf die Vereinigten Staaten warten wird. Erkennen Sie eine Veränderung in den Beziehungen zwischen der EU und den USA, wenn es um den Handel geht?

ZEPP-LAROUCHE: Nun, die Lage ist gemischt, denn trotz der Tatsache, daß die Vereinbarung unterzeichnet wurde, nannte [Charles] Michel vom Europäischen Rat China weiterhin einen „strategischen Rivalen“. Aber ich denke, es gibt eine allgemeine Tendenz in Europa, mehr Souveränität zu behaupten. Auch innerhalb der verschiedenen europäischen Nationen gibt es ein wachsendes Gefühl dafür, daß nationale Souveränität wichtig ist. Ich hoffe, daß dies zu einem neuen Paradigma führen wird, denn ich denke, wir brauchen ein völlig neues Paradigma in den internationalen Beziehungen, mit dem die Geopolitik überwunden werden muß. Die Geopolitik hat im 20. Jahrhundert zweimal zu einem Weltkrieg geführt, und der Vorschlag von Präsident Xi Jinping für eine „gemeinsame Zukunft der Menschheit“ ist, so meine ich, ein sehr wichtiger Ausdruck dieses neuen Paradigmas. Wenn die Menschen sich damit zu beschäftigen anfangen, werden sie verstehen, daß wir in einer postpandemischen Welt entweder neue Wege finden, miteinander umzugehen, oder gemeinsam untergehen. Dies ist ein Wendepunkt in der Geschichte, an dem die Menschen hoffentlich offen für neue Visionen über die Zukunft der Menschheit sein werden.

CRI: Helga, denken Sie, daß dieses Abkommen ein Sprungbrett für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und China sein wird?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, es wird hoffentlich ein Sprungbrett für ein noch größeres Konzept sein, denn tatsächlich brauchen wir eine neue Weltwirtschaftsordnung. Ich denke, daß die größte Herausforderung die Entwicklung der Entwicklungsländer ist. Wir haben eine Hungersnot, die laut dem Welternährungsprogramm im Jahr 2021 270 Millionen Menschen den Hungertod bringen wird. Es muß ein Sofortprogramm geben, um das zu überwinden. Die wichtigsten Wirtschaftsmächte müssen dabei zusammenarbeiten. Ich denke wirklich, daß die Kombination aus Pandemie und der Gefahr einer Welthungersnot eine Motivation sein sollte, ein völlig anderes Vorgehen anzustreben, bei dem das Gemeinwohl der Menschen an erster Stelle steht und nicht die Profitmaximierung. Es ist eine sehr wichtige Aufgabe für die Menschheit, daß wir diesen Schritt machen und von dem bisherigen Finanzsystem wegkommen, in dem nur die Gewinnmaximierung der Spekulanten zählt. Dies ist eine Herausforderung für die souveränen Regierungen der Welt. Sie müssen auf das Gemeinwohl ihrer Bevölkerungen zu reagieren. Das ist es, worüber wir alle nachdenken sollten.


Helga Zepp-LaRouche erneuert Forderung nach einem sofortigen P5-Gipfel

Angesichts extremer internationaler Spannungen infolge des irrsinnigen Verhaltens von US-Außenminister Pompeo, angesichts der COVID-19-Pandemie und einer drohenden Hungersnot biblischen Ausmaßes hat Helga Zepp-LaRouche am 28. Dezember in einer Diskussion mit Mitgliedern des Schiller-Instituts aus den USA, Kanada, Gambia, Irland, Dänemark, Italien und Deutschland gesagt, daß Präsident Donald Trump sofort Rußland und China zu einem Gipfeltreffen der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (P5) einladen müsse, wie es der russische Präsident Putin bereits im Januar 2020 gefordert hatte.

Sie sagte:

„Ich denke, daß Präsident Trump, unabhängig davon, ob er am 20. Januar noch im Weißen Haus sein werde oder nicht, eines tun kann: Er könnte sofort Rußland und China anrufen und sagen, daß er wegen der Pandemie, wegen der Hungersnot und wegen der Gefahr für den Weltfrieden auf das Angebot Putins vom Januar 2020 eingehe und ein Gipfeltreffen der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats einberufen wolle, und das sofort. Das wäre das Beste, was er tun könnte, um all der gegen ihn gerichteten Propaganda entgegenzuwirken.

Je mehr Leute im Weißen Haus anrufen, um dies vorzuschlagen, und dies [die Notwendigkeit eines Gipfels] auf irgendeine Weise zum Ausdruck bringen, desto besser. Ich habe keine Ahnung, warum Trump Pompeo nicht längst entlassen hat, denn er verhält sich in vielen dieser Fragen genauso wie [John] Bolton. Präsident Trump hatte den Mut, Bolton zu entlassen. Das war eines der besten Dinge, die er je getan hat.

Aber ich denke, um in dieser unglaublich komplexen Situation [der Gefahren] Herr zu werden, sollte Präsident Trump jetzt auf Putins Gipfel-Angebot eingehen und sich mit Putin und Xi Jinping treffen. Der französische Präsident Macron hat bereits erklärt, daß er einen solchen Gipfel unterstützt, ebenso [der britische Premierminister] Boris Johnson. Aber die wirklich wichtigen Staatsmänner, die den Unterschied bei einem solchen Treffen ausmachen werden, sind die Präsidenten Trump, Putin und Xi Jinping. Johnson und Macron könnten das nicht sabotieren. Hierzu muß Trump ermutigt werden. Ich bin mir hundertprozentig sicher, daß Rußland und China sich sofort darauf einlassen würden.“


Die Botschaft der Biden-Aministration: „Nuklearkrieg ist eine reale Möglichkeit“

Von Helga Zepp-LaRouche

Mit Amerika wird noch eine Weile nicht gut Kirschen essen sein. Angesichts der diversen gegen Rußland und China gerichteten Strategiepapiere und Äußerungen führender Militärs klingt Präsident Bidens Ankündigung in seiner ersten Rede zur Außenpolitik – „Amerika ist zurück“ – wie eine unverhohlene Drohung. Unter seiner Führung seien die Tage, in denen sich die USA angesichts Rußlands aggressiver Handlungen in die Defensive drängen ließen, vorbei, und man werde sich den aggressiven, Zwang androhenden Aktionen Chinas entgegenstellen. „Amerikas Platz in der Welt“, so der Titel der Rede, ist laut Biden überall auf der Welt. Regierungen sowie verantwortungsbewußte Bürger in der ganzen Welt müssen sich schleunigst Gedanken machen, wie sie auf die politischen Absichtsbekundungen reagieren wollen, die im Umfeld von Bidens Amtsantritt zu hören sind.

Die schockierendste Aussage kam vom Kommandanten des US Strategic Command, Admiral Charles Richard, der in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift Proceedings des US Naval Institute soeben schrieb:

„Es gibt die reale Möglichkeit, daß eine regionale Krise mit Rußland oder China sehr schnell zu einem Konflikt eskalieren könnte, bei dem Nuklearwaffen eingesetzt würden, wenn sie den Eindruck gewönnen, daß eine Niederlage im konventionellen Bereich das Regime oder den Staat bedrohen würde… Das Pentagon muß von der prinzipiellen Annahme, daß der Einsatz von nuklearen Waffen fast unmöglich ist. zu der Annahme wechseln, daß der Einsatz von Nuklearwaffen eine sehr reale Möglichkeit ist.“

Man sollte sich klar machen, daß Admiral Richard hier vom Dritten Weltkrieg redet, bei dem die Menschheit wahrscheinlich ausgelöscht würde. Denn wie u.a. der Kernwaffenexperte Professor Theodore Postol vom MIT mehrfach überzeugend argumentiert hat, liegt der entscheidende Unterschied zwischen konventionellen und nuklearen Waffen darin, daß der Krieg im letzteren Fall nicht begrenzt bleibt. Die utopische Fraktion in der NATO hingegen glaubt, daß ein begrenzter Nuklearkrieg „zu gewinnen“ wäre. Und welche „regionalen Konflikte“ kämen da in Frage? Ein Konflikt an der russischen Grenze wegen der Aegis- basierten Raketenabwehrsysteme in Polen oder Rumänien? Wegen der Ost-Ukraine, mit Europa als Kriegsschauplatz? Ein Konflikt zwischen Israel und dem Iran, eine Eskalation der Spannungen um Taiwan?

Admiral Richards ungeheuerliche Äußerungen müssen vor dem Hintergrund mehrerer strategischer Papiere und Doktrinen gesehen werden, deren perfidestes das Dokument eines anonymen Autors – „einem ehemaligen Regierungsmitglied mit tiefer Kenntnis und Erfahrung im Umgang mit China“, wie Frederick Kempe, der Chef des Atlantic Council, in der Einleitung des Dokuments schreibt -, das am 28. Januar vom Atlantic Council veröffentlicht wurde. Das 85 Seiten lange Papier, das als eines der wichtigsten bezeichnet wird, das der Council je veröffentlicht habe, hat den Titel „Das längere Telegramm – auf dem Weg zu einer neuen amerikanischen Chinapolitik“ und lehnt sich damit ausdrücklich an das seinerzeit ebenfalls anonym veröffentlichte Papier „Long Telegram“, mit dem George Kennans 1946 zu einer Politik der Eindämmung gegen die Sowjetunion aufrief. Der anonyme Autor ruft ganz offen zu einem Putsch gegen President Xi Jinping und dessen „inneren Kreis“ auf, um ihn durch oppositionelle Führungsmitglieder der Kommunistischen Partei Chinas zu ersetzen. Da es wenig erfolgversprechend sei, die gesamte Kommunistische Partei mit ihren 91 Millionen Mitgliedern zu stürzen, müsse man sich mit Laserpräzision auf Xi Jinping fokussieren und auf die Spaltung der Führung der KPC zielen, in der dienstältere Mitglieder mit der politischen Richtung Xis und seinem endlosen Bestehen auf absoluter Loyalität ihm gegenüber nicht einverstanden seien. Man müsse Kreisen in der Führung der KPC zur Macht verhelfen, die nicht, wie Xi Jinping, ein eigenes chinesisches Modell einer internationalen Ordnung verwirklichen, sondern sich der US-dominierten Weltordnung unterwerfen wollen. Xi wolle das autoritäre System Chinas in die ganze Welt projizieren und stelle nicht nur ein Problem für die von den USA geführte liberale internationale Ordnung und den Vorrang der USA dar, ein ernstes Problem für die gesamte demokratische Welt.

Nur einmal als geistige Übung: Was wäre die Reaktion in Berlin, wenn eine führende Denkfabrik in Rußland eine Studie veröffentlichte, in der dazu aufgerufen würde, Bundeskanzlerin Merkel und ihren inneren Kreise mit laserartiger Präzision zu stürzen, um damit einer Tendenz in der CDU zur Macht zu verhelfen, die sich den Interessen Moskaus unterordnet, während gleichzeitig der Kommandant über die strategischen Waffen davon spricht, daß ein Atomkrieg wahrscheinlich sei? Ganz Deutschland geriete in nie dagewesenen Aufruhr! Es sollte niemanden überraschen, das der Chefredakteur der Global Times, Hu Xijin, auf den Artikel Admiral Richards mit der Forderung reagierte, daß China ein nukleares Arsenal von 1000 Atomwaffen aufbauen müsse, um Chinas Zweitschlags-Kapazität sehr überzeugend zu machen.

Sowohl in dem Papier des Atlantic Council, als auch in einem offiziellen Papier des Politischen Planungsstabes des US-Außenministeriums mit dem Titel „Die Elemente der Chinesischen Herausforderung“ wird deutlich, daß es der Erfolg des chinesischen Wirtschaftsmodells und die Geschwindigkeit der technologischen Innovation sind, die als Bedrohung für die amerikanische Dominanz in der Welt betrachtet werden. Nicht nur habe sich die Kalkulation, daß die Integration Chinas in den Weltmarkt durch den Beitritt zur WTO automatisch dazu führen würde, daß China damit auch das westliche neoliberale Demokratie- Modell übernehmen würde, nicht erfüllt, sondern China habe sein eigenes „marxistisch- leninistisches“ Modell zu einem autoritativem Staat ausgebaut, in dem eine „extreme Interpretation des chinesischen Nationalismus durch die Partei“ herrsche. China erstrebe zudem eine „nationale Verjüngung“, die in der Transformation der internationalen Ordnung kulminiere.

Natürlich können alle die in extrem feindseligem Ton ausgedrückten Vorwürfe in den beiden Papieren, von denen auch das des Außenministeriums 72 Seiten umfaßt, hier nicht alle kommentiert werden. Zusammenfassend kann man feststellen, daß so gut wie alle Unterstellungen, die man der chinesischen Politik gegenüber macht, eine Projektion der eigenen Politik und Absichten sind. Es wird nicht einmal im Ansatz versucht, China aus seiner 5000jähringen Geschichte und Kultur zu verstehen, noch die enorme zivilisatorische Leistung gewürdigt, mit der in den letzten Jahrzehnten 850 Millionen Menschen aus extremer Armut befreit wurden. Selbstredend wird von dieser Perspektive die Seidenstraßeninitiative nicht als eine Wirtschaftspolitik gesehen, die es den Entwicklungsländern erlaubt, zum ersten Mal ihre Unterentwicklung zu überwinden, sondern als der Beweis für die hegemonialen Absichten Chinas.

Nach der Totalausspähung nicht nur der eigenen, sondern der Weltbevölkerung durch die NSA seit dem 11. September und der Zensur sogar des amtierenden US-Präsidenten Trump durch die Fernsehsender und die IT-Giganten des Silicon Valley bedarf es schon einer sehr speziellen Optik, um China vorzuwerfen, daß es seine Bürger ausspähe und überwache. Die Realität besteht darin, daß die Digitalisierung in China die Kontaktnachverfolgung in der Coronavirus-Pandemie sehr effizient gemacht hat, und daß das Sozialkreditsystem in der Bevölkerung eine überwältigende Zustimmung findet, weil die Belohnung eines für die Gesellschaft positiven Verhaltens auch jedem einzelnen zugute kommt.

Beiden Papieren ist gemeinsam, daß ihre Autoren umfassend alles, was aus der chinesischen Kultur, die seit Tausenden von Jahren das Interesse des Gemeinwohls über das des Individuums stellt, und was aus einem tiefliegenden Bedürfnis nach einer harmonischen Entwicklung aller fließt, uminterpretieren und zum Feindbild für die westliche Ordnung aufbauen.

Nicht die Kommunistische Partei Chinas strebt die eine Vormachtstellung in der Welt an, sondern es ist das neoliberale Establishment der unipolaren Weltordnung, das fürchtet, diese Vormachtstellung zu verlieren, und das sich meilenwert von den universellen Prinzipien entfernt hat, auf denen Amerika gegründet wurde und auf die es sich jetzt beruft. Und wieviel diese Administration von dem Respekt vor der Souveränität anderer Länder hält, sehen wir bei Nord Stream II.

Im Übrigen hat der Rummel um die angebliche Vergiftung des von westlichen Geheimdiensten unterstützten Nawalny durch Putin den gleichen Zweck: es soll eine Farbrevolution in Gang gesetzt und dadurch eine Opposition in Putins innerem Kreis erzeugt werden, die dazu genutzt werden kann, ihn aus dem Amt zu entfernen.

Alle verantwortungsbewußten und denkenden Menschen sind dazu aufgerufen, durch eine Mobilisierung dazu beizutragen, daß sich die Regierungen Europas nicht weiter in den annoncierten Feldzug gegen China und Rußland einspannen zu lassen. Bundeskanzlerin Merkel hat in ihrer Rede vor dem virtuellen Treffen des Weltwirtschaftsforums richtigerweise betont, daß sie eine Blockbildung zwischen den USA und China, bei der Europa dann die Seite wählen müsse, ablehne, und daß die Stunde des Multilateralismus gekommen sei.

Angesichts der gefährlichen Äußerungen von Admiral Richard müssen sich die europäischen Staaten nicht nur ausdrücklich von dieser Politik distanzieren, sondern aus der NATO austreten und eine Sicherheitsarchitektur anstreben, die den Interessen ihrer Bevölkerung entspricht. Es geht hier um das Überleben Europas.

zepp-larouche@eir


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