Folgende Rede hielt Helga Zepp-LaRouche, Gründerin und Präsidentin des Schiller-Instituts am 19. Februar während der internationalen Schiller-Institut Konferenz „100 Sekunden vor Mitternacht auf der Atomkriegsuhr – Wir brauchen eine neue Sicherheitsarchitektur!“
Guten Tag oder guten Abend, je nachdem, an welchem Ort auf der Welt Sie gerade sind.
Betrachtet man die gegenwärtige strategische Situation von oben, vom langen historischen Bogen der Geschichte aus, wie sollte sich die Menschheit Institutionen geben, die ihr langfristiges Überleben garantieren?
Von der gegenwärtigen Dynamik zwischen einem aufstrebenden China und Asien im allgemeinen und einem scheiternden westlichen liberalen System aus gesehen, scheint es offensichtlich, daß das Ergebnis dieser historischen Ära ein neues Paradigma in den internationalen Beziehungen sein muß. Die Geopolitik, deren Fortsetzung uns gegenwärtig an den Rand eines Atomkrieges gebracht hat und deren Wahnsinn nirgendwo deutlicher zum Ausdruck kommt als in der Militärdoktrin, die dem Manöver „Global Lightning“ zugrunde liegt und die von einer langwierigen nuklearen Kriegsführung ausgeht, diese Geopolitik, die der Welt im 20. Jahrhundert zwei Weltkriege beschert hat und die im Zeitalter der thermonuklearen Waffen zur Vernichtung der Menschheit führen würde, muß ersetzt werden. Sie muß ersetzt werden durch eine neue internationale Sicherheitsarchitektur, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten der Erde, einschließlich Rußlands und Chinas, sowie der Entwicklungsländer gewährleistet.
Konfuzius wird der Gedanke zugeschrieben, daß man ein Problem nur dann lösen kann, wenn man die Begriffe in Ordnung bringt. Denn wenn die Begriffe in Unordnung sind, führt das zu Mißverständnissen, die zu Streit führen, was wiederum die Grundfesten des Staates ins Wanken bringt, und es kann keine Harmonie in der Welt geben.
Deshalb ist es eine der dringlichsten Aufgaben, den Unterschied zu klären zwischen der historischen Wahrheit über das, was in den letzten mehr als 30 Jahren seit dem Zerfall der Sowjetunion geschehen ist, und der offiziellen Darstellung, wie sie in den westlichen Mainstream-Medien erzählt wird, und auf der Münchner Sicherheitskonferenz, wo in diesen Tagen eine Gutteil der Elite der NATO-Fraktion vertreten ist und wo Außenminister Tony Blinken und die deutsche Außenministerin Baerbock scheinbar unzertrennlich sind – ein erstaunliches Schauspiel.
Die offizielle Linie dieser Kräfte ist, Putin sei der Aggressor, Rußland sei das einzige Land, das in der Nachkriegszeit mit Gewalt die Grenzen in Europa verändert hat, nämlich auf der Krim, und der einzige relevante Kampf sei der zwischen den „liberalen Demokratien“ und den aggressiven autokratischen Staaten; daß die NATO nie etwas falsch gemacht habe und Rußland souveränen Ländern wie der Ukraine das Recht abspreche, das Bündnis zu wählen, dem sie angehören wollen. Das letzte, was einige dieser Medien und Politiker wollen, ist eine genaue historische Untersuchung, wie es zu der jetzigen Situation kam. Aber diese Aufarbeitung ist die unabdingbare Voraussetzung, um zu einer positiven Lösung der gegenwärtigen Situation zu kommen.
Der Zusammenbruch der Sowjetunion hat nicht die Überlegenheit des westlichen liberalen Modells bewiesen. Sie ist genau aus den Gründen zusammengebrochen, die Lyndon LaRouche 1984 benannt hat: das Festhalten an der Ogarkow-Doktrin, die Weigerung, Präsident Reagans Angebot zur Zusammenarbeit bei der späteren SDI anzunehmen, und das Festhalten an den Prinzipien dessen, was der sowjetische Ökonom Preobraschenski als „primitive sozialistische Akkumulation“ bezeichnet hatte.
Papst Johannes Paul II. warnte nachdrücklich, der Westen solle nicht den Schluß ziehen, daß er moralisch überlegen sei, und verwies als Beweis auf den Zustand des Entwicklungssektors, der als Nebenprodukt dieses westlichen liberalen Systems arm und unterentwickelt sei.
In dieser Zeit, zwischen dem Fall der Berliner Mauer und der Auflösung des Warschauer Paktes, gab es die reale Chance für etwas völlig Neues. Der Kommunismus verschwand, der Westen hatte keinen Feind mehr, Lyndon LaRouche und seine Bewegung schlugen zunächst das „Produktive Dreieck Paris-Berlin-Wien“ und dann die „Eurasische Landbrücke“ als Grundlage für die Schaffung einer Friedensordnung für das 21. Jahrhundert vor.
Der ehemalige US-Botschafter in Moskau, Jack Matlock, hat immer wieder mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die Sowjetunion in den letzten Jahren ihres Bestehens keine Bedrohung mehr darstellte und daß der Kalte Krieg nicht mit der Sowjetunion endete, sondern bereits zwei Jahre zuvor zu Ende gegangen war. Gorbatschow hatte der Demokratisierung Osteuropas und verschiedenen internen Reformen zugestimmt, weshalb ein großer Teil der russischen Bevölkerung ihn haßte und als Verräter betrachtete, anders als die Menschen im Westen, die „Gorby, Gorby, Gorby“ skandierten.
NATO-Lüge entlarvt
Das Argument, es habe nie ein Versprechen an Rußland gegeben, daß die NATO nicht nach Osten expandieren würde, ist eine eklatante Lüge, die von Zeitzeugen wie Matlock entlarvt worden ist. Es gibt die Diskussion des damaligen US-Außenministers James Baker III am 9. Februar 1990, in der er Gorbatschow bestätigte, daß „die NATO sich keinen Zentimeter nach Osten bewegen“ würde, und erst kürzlich bestätigte dies auf spektakuläre Weise Roland Dumas, der damalige französische Außenminister. Offensichtlich wegen der akuten Kriegsgefahr brach er vor fünf Tagen sein jahrelanges Schweigen und bezeugte in einem langen Interview auf der französischen Internetseite Les Crises, was er unserem französischen Vertreter Jacques Cheminde schon vor drei Jahren unter vier Augen gesagt hatte, daß in jenen Tagen die sehr wichtigen Verhandlungen über die Abrüstung und Entmilitarisierung des Warschauer Paktes liefen. Dumas sagte:
„Und die Diskussion begann folgendermaßen: Es war der russische Diplomat, der sich für Gorbatschow, aber auch für den russischen Außenminister Schewardnadse zu Wort meldete und sagte: Wir, die russische Delegation, wollen wissen, was im Rahmen der Abrüstung mit den Waffen der NATO geschehen wird. Und wir fordern – ich erinnere mich sehr gut, er war förmlich -, daß die alliierten Truppen zwei Verpflichtungen einhalten. Die erste, die sehr sentimental war, betrifft die Erhaltung von Denkmälern in allen sowjetischen Ländern zum Ruhme der Sowjetarmee. Die zweite ist, daß es eine Verpflichtung der Truppen des Warschauer Paktes und der NATO geben sollte, daß es keine Bewegung von NATO-Truppen in den Regionen des Sowjetpaktes geben sollte, die abgerüstet werden sollen.“
Und auf die Frage, warum das nicht in den Verträgen festgehalten wurde, antwortete er: „Es wurde nicht erwähnt. Das heißt, daß Leute, die so vorsichtig sind wie die Amerikaner und die Leute von der atlantischen Allianz, nicht darum gebeten haben, daß dies festgehalten wird. Es ist möglich – aber in Bezug auf den Charakter der allgemeinen Diskussion, d.h. den Versuch, abzurüsten, um die Kriegsgefahr zu beseitigen – denn das war es, was zählte – und sich auf eine andere Periode vorzubereiten, im Kontext der damaligen Zeit, die Abrüstung war, war es logisch. Also fand diese Diskussion statt. Sie fand vor allem deshalb statt, weil die Russen darum baten, weil wir sie unterstützten, ich selbst zuerst und die Amerikaner auch. Und die Deutschen natürlich auch.“
Jack Matlock betont, daß das Versprechen, das schon vor dem Ende der Sowjetunion allgemein akzeptiert wurde – daß Sicherheit „Sicherheit für alle“ bedeuten muß -, das Argument war, mit dem Gorbatschow die Reduzierung der Bewaffnung des sowjetischen Militärs rechtfertigte. Matlock erzählt auch, daß Präsident Bush senior in einer seiner letzten Reden in Kiew, als es noch eine Sowjetunion gab, den Ukrainern riet, sich Gorbatschows freiwilliger Föderation anzuschließen, die er vorschlug, und er warnte die Ukrainer vor „selbstmörderischem Nationalismus“.
Sehen wir uns ein Video mit dem deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher an, der das klar bestätigte.
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(Videoausschnitt:)
Sprecherin: Im Gegenzug zur deutschen Einheit verspricht der Westen, die NATO nicht weiter nach Osten vorrücken zu lassen. In Washington macht der damalige Außenminister weitreichende Zusagen.
Hans-Dietrich Genscher: Wir waren uns einig, daß nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir da nicht einverleiben wollen, sondern gilt ganz generell.
Die nächste Szene zeigt US-Außenministerin Madeleine Albright mit drei europäischen Ministern im Jahr 1999 auf einem Podium. Hinter ihnen sind die Flaggen der NATO, der USA und anderer Staaten zu sehen.
Sprecherin: Ein Versprechen von kurzer Lebensdauer. Die ersten osteuropäischen Länder werden in die NATO aufgenommen. [US-]Außenministerin Albright strahlt, als sie ihre Amtskollegen aus Polen, Tschechien und Ungarn im Arm hält. Ein bedrohlicher Griff aus Sicht Moskaus. Doch man ist zu schwach, um zu reagieren.
(Ende des Videos.)
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Zepp-LaRouche: Man sieht also, Dumas, Genscher, Matlock, sie alle bestätigen, daß diese Versprechungen gemacht wurden, und sie widersprechen eindeutig der offiziellen Darstellung, solche Versprechungen seien nie gemacht worden, die NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ständig wiederholt.
Und gerade heute berichtet Der Spiegel über ein kürzlich aufgetauchtes, bisher „geheimes“ Geheimdokument im britischen Nationalarchiv, das der US-Politologe Joshua Shifrinson entdeckt hat, über ein Treffen zwischen den politischen Direktoren der Außenministerien der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands am 6. März 1991 in Bonn. In dem Dokument heißt es, daß alle darin übereinstimmten, daß eine NATO-Mitgliedschaft für osteuropäische Länder nicht in Frage käme. Jürgen Chrobog, Vertreter der Bonner Regierung, wird zitiert, daß eine Ausweitung der NATO über die Elbe hinaus nicht in Frage käme und deshalb Polen und anderen Ländern keine NATO-Mitgliedschaft angeboten werden könne. Der US-Vertreter auf dem Treffen, Raymond Seitz, stimmte zu, daß man den Sowjets in den Zwei-plus-Vier-Gesprächen versprochen habe, daß die NATO weder formell noch informell nach Osten expandieren werde.
Der Spiegel weist darauf hin, daß die Russen schon 1993, also lange vor Putin, beklagt haben, daß die Osterweiterung der NATO den Geist der Zwei-plus-Vier-Gespräche verletze. Es wurde zwar nicht schriftlich festgehalten, aber beide Seiten handelten 1990 in gutem Glauben, was heute völlig vergessen scheint.
Das „Ende der Geschichte“ bleibt aus
Dieser gute Glaube wurde jedoch nicht von allen geteilt. Anstelle eines neuen Systems, das Sicherheit für alle bieten würde, was auch der Beitritt Rußlands zur NATO hätte sein können, starteten die Neocons in den USA und ihre britischen Kollegen das PNAC, das „Projekt für ein Neues Amerikanisches Jahrhundert“, um eine unipolare Welt aufzubauen. Der „irrationale Überschwang“ übernahm nicht nur die Märkte, wie Alan Greenspan zu einem bestimmten Zeitpunkt feststellte, sondern es war die Euphorie, daß das westliche liberale System den Kalten Krieg „gewonnen“ habe, was zum Narrativ wurde, das die historischen Fakten ersetzte. Das alberne und völlig falsche Argument von Francis Fukuyama vom „Ende der Geschichte“, wonach sich die liberale Demokratie auf jedes Land der Erde ausbreiten würde, begann einen Nebelschleier über die Köpfe der westlichen Institutionen zu legen.
Die Mittel, mit denen diese unipolare Welt entstehen sollte, waren allerdings weniger schön: Farben-Revolutionen – orange, rosa, weiß, gelb, arabisch, also fast das gesamte Spektrum des Regenbogens – wurden mit Milliarden von Dollar gefördert, fünf Milliarden für die Ukraine schon vor 2014, wie Victoria Nuland offen prahlte. Dazu gehörte auch die Unterstützung des Putsches in Kiew 2014, der offen bekennende Nazi-Elemente in der Tradition von Stepan Bandera an die Macht brachte – Netzwerke, die von den Geheimdiensten der NATO in der Nachkriegszeit in Organisationen wie dem „Antibolschewistischen Block der Nationen“ für eine potentielle Konfrontation mit der Sowjetunion gepflegt worden waren. Diese Geheimdienste wußten also genau, wer den Putsch auf dem Maidan durchführte.
Als Reaktion auf die brutale Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine stimmte die Bevölkerung der Krim in einem Referendum dafür, sich Rußland anzuschließen.
Natürlich mußten im Zuge dieses Prozesses die UN-Charta und das Völkerrecht durch die „regelbasierte Ordnung“ ersetzt werden, und das geschah mit der großen Unterstützung von Tony Blair, der 1999 in Chicago für die „humanitären Interventionskriege“, für R2P (Schutzverantwortung), plädierte, die das Ende des Westfälischen Friedens verkünden sollten. Die Umstände des 11. September 2001 – vor denen Lyndon LaRouche neun Monate vorher als „bevorstehendem Reichstagsbrand“ gewarnt hatte – beseitigten einen großen Teil der Bürgerrechte in den USA und schufen die Grundlage für die „endlosen Kriege“, beginnend mit Afghanistan, dem ersten Krieg, der auf Lügen basierte. Was folgte, waren die Lügen von Colin Powell vor der UNO im Jahr 2003 über die Massenvernichtungswaffen im Irak, gefolgt von den Kriegen in Libyen, Syrien und direkt und indirekt vielen anderen militärischen Operationen. Millionen von Toten und Verletzten, Millionen von Flüchtlingen waren die Folge. Diente dies alles dem Interesse der USA oder des Westens im allgemeinen?
Ein gigantischer Rückschlag war die Folge. Putin, der in den ersten Jahren seiner Präsidentschaft viele Bewunderer im Westen hatte, machte sich bei den Architekten der unipolaren Welt immer unbeliebter, weil er sich der regelbasierten Ordnung nicht unterwarf. Er begann, die Rolle Rußlands als Weltakteur wieder zu behaupten, 2008 in Georgien, 2015 in Syrien, und jetzt in jüngster Zeit mit der Forderung, die NATO-Osterweiterung nicht nur zu stoppen, sondern auf den Stand von 1997 zurückzusetzen, und mit der Forderung nach schriftlichen, rechtsverbindlichen Garantien der USA und der NATO, daß die Ukraine niemals Mitglied wird, daß es keine offensiven Waffensysteme entlang der russischen Grenze gibt und daß die NATO nicht weiter nach Osten vorrückt.
Wenn man die Geschichte der letzten 30 Jahre betrachtet, ist dies eigentlich eine recht bescheidene Forderung, auch angesichts der Tatsache, daß die Ukraine die Anforderungen der NATO-Vertragsartikel 5 und 10 nicht erfüllt, wie General Kujat, der ehemalige Inspekteur der Bundeswehr, richtig argumentiert.
In der Zwischenzeit ist ein anderer Aspekt des Rückschlags gegen die regelbasierte Ordnung in den Vordergrund gerückt. China, das seine eigenen Pläne für eine eurasische Landbrücke hatte, reagierte sehr positiv auf die vom Schiller-Institut vorgeschlagenen Programme für eine neue Seidenstraße, fühlte sich aber nach der sogenannten Asienkrise 1997, in der die Währungen einiger asiatischer Länder von Soros und Co. brutal verspekuliert wurden, wirtschaftlich nicht stark genug, um diese Pläne zu verwirklichen. Chinas Reaktion auf diese Erfahrung und die allgemeinen Ziele der Armutsbekämpfung weltweit war die Ankündigung der Neuen Seidenstraße (BRI) durch Präsident Xi Jinping im Jahr 2013 in Kasachstan. Dieses größte Infrastrukturprojekt der Geschichte hat sich zu einer riesigen Erfolgsgeschichte entwickelt, an der sich fast 150 Länder beteiligen.
Doch vor allem dieser anhaltende wirtschaftliche Aufstieg Chinas als Lokomotive der BRI veranlaßte die Befürworter des unipolaren Weltbildes und ihre Finanziers in der Londoner City, an der Wall Street und im Silicon Valley dazu, Rußland und China immer häufiger als „autokratisch“, „autoritär“ und schlimmer zu bezeichnen. Und diese Angriffe hatten vorhersehbar den Effekt, der der Alptraum von Leuten wie Zbigniew Brzezinski, Dick Cheney und dergleichen war: Diese beiden Länder haben eine beispiellose Partnerschaft geschaffen.
Am 4. Februar, zu Beginn der Olympischen Spiele in Peking, unterzeichneten Präsident Putin und Präsident Xi Jinping ein Dokument über eine umfassende strategische Partnerschaft, die nach ihrer eigenen Beschreibung ein Modell für die künftigen internationalen Beziehungen zwischen den Nationen darstellt, das auf der gegenseitigen Verfolgung der Interessen des anderen im gesamten Spektrum wirtschaftlicher, politischer, kultureller und militärischer Bereiche beruhen wird. (http://en.kremlin.ru/supplement/5770)
Dieses Abkommen hat die Idee einer unipolaren Welt formell beendet, es ist eine Tatsache der Geschichte, die bleiben wird, nicht zuletzt, weil es den marginalen militärischen Vorteil Rußlands mit der Stärke der chinesischen Wirtschaft verbindet und in der Praxis solche Drohungen, wie sie von zwei ungenannten Beamten des Weißen Hauses geäußert wurden – daß die USA Rußland an der Diversifizierung weg von Öl und Gas hindern und ihm den Zugang zu fortgeschrittenen Technologien verwehren würden -, obsolet macht.
Die Geopolitik endgültig beenden
Es ist jetzt an der Zeit, daß alle klardenkenden und friedliebenden Menschen im Westen die strategische und historische Situation ohne Vorurteile oder ideologische Voreingenommenheit überprüfen. Wenn die Menschheit eine sichere und glückliche Zukunft haben soll, müssen wir das geopolitische Denken in Begriffen der Konfrontation aufgeben und es durch ein Konzept der Zusammenarbeit aller Nationen für eine gemeinsame Zukunft der Menschheit ersetzen, denn das ist es, was wir haben, im Guten wie im Schlechten.
Es ist an der Zeit, die NATO für obsolet zu erklären und sie durch eine internationale Sicherheitsarchitektur zu ersetzen, die die Sicherheitsinteressen aller Nationen auf dem Planeten gewährleistet. Anstatt die neue umfassende Partnerschaft Rußlands und Chinas als ein feindliches Gebilde zu behandeln, das mit einem neuen Wettrüsten bekämpft werden muß, sollten die Nationen Europas, der USA und anderer Kontinente die Bereitschaft signalisieren, sich auf einen neuen Westfälischen Frieden einzulassen, der auf dem Interesse des anderen und dem Gemeinwohl aller beruht.
Den Kräften, die diesen Vertrag in den Jahren 1644-48 aushandelten, war klar, daß die Fortsetzung des 30jährigen Krieges – der in Wirklichkeit den Höhepunkt eines 150jährigen Religionskrieges in Europa darstellte -, in dem ein Drittel der Menschen und des Vermögens vernichtet worden war, keinen Sieger haben konnte. Wieviel mehr sollte heute allen Seiten klar sein, daß eine Fortsetzung der Konfrontation einschließlich der drohenden thermonuklearen Auslöschung der gesamten menschlichen Spezies niemanden als Gewinner dastehen lassen wird?
Ein solcher neuer Westfälischer Friede muß auf Grundsätzen beruhen, die mit dem Naturrecht und der Gesetzmäßigkeit des physikalischen Universums im Einklang stehen. Er muß die Schönheit der menschlichen Spezies widerspiegeln, die als einzige bisher bekannte Spezies mit einer schöpferischen Vernunft ausgestattet ist, die uns von allen Tieren und anderen Lebensformen unterscheidet.
Natürlich wird er sich wie der ursprüngliche Westfälische Friede mit allen spezifischen Themen befassen müssen, wie z.B. einem Minsk-II-Abkommen, anderen territorialen Streitigkeiten, aber auch mit den großen Herausforderungen unserer Zeit, wie z.B. einem Weltgesundheitssystem zur Bekämpfung von Pandemien, der Lösung der Welthungersnot von „biblischen Ausmaßen“, von der [der Direktor des Welternährungsprogramms] David Beasley spricht, der weltweiten Armutsbekämpfung und anderen Fragen des Gemeinwohls der gesamten Menschheit.
Die unmittelbare Aufgabe, die vor uns liegt, ist es, die Zusammenarbeit aller Länder mit Projekten der Gürtel- und Straßen-Initiative zu organisieren, die in dem von uns 2014 veröffentlichten Bericht „Die neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“, einem vollständigen Plan für die Entwicklung und Integration aller Kontinente des Planeten, bereits umfassend dargelegt sind!
Sie muß sich mit der unmittelbaren Gefahr eines systemischen Zusammenbruchs des transatlantischen Finanzsystems befassen, für den die von Lyndon LaRouche vor vielen Jahren entworfenen Vier Gesetze das Mittel der Wahl sind. Und sie muß die Bereiche der unverzichtbaren internationalen Zusammenarbeit definieren, wie die schnellstmögliche Verwirklichung der neuen Wirtschaftsplattform auf der Grundlage der thermonuklearen Fusionsenergie, um Energie- und Rohstoffsicherheit für alle Nationen zu erreichen. Und sie muß die friedliche Zusammenarbeit in der Weltraumforschung, Weltraumfahrt und Weltraumkolonisation definieren. Wir sind die schöpferische Spezies, und jetzt ist der Moment in unserer Geschichte, dies zu beweisen!
Ein letzter Punkt: Wenn man den Erfolg des Westfälischen Friedens mit dem völligen Scheitern des Versailler Vertrages vergleicht, der nicht die Interessen aller beteiligten Parteien berücksichtigte, sondern nur das Vorspiel zum nächsten Weltkrieg war, dann sollte es offensichtlich sein, daß das Prinzip der Souveränität aller Nationen, die durch ein höheres Ziel der einen Menschheit vereint sind, aufrecht erhalten werden muß.
Wir sollten uns also auf den Geist des Mauerfalls besinnen, der eine Sternstunde der Menschheit hätte sein können, und auf das Potential des Zwei-plus-Vier-Abkommens, das nicht nur de facto ein Friedensvertrag für Deutschland war, der die Nachkriegszeit beendete, sondern auch theoretisch die deutsche Souveränität begründete.
Aber wie jeder weiß, ist diese Souveränität aufgrund der oben beschriebenen Entwicklungen nie in den Köpfen der Deutschen angekommen, wo im Gegensatz zu Frankreich, wo die Souveränisten in der Mehrheit sind, das Wort Souveränist dem Durchschnittsbürger nicht einmal bekannt ist. Auch das muß also erreicht werden.
Verwandeln wir also diesen äußerst gefährlichen Moment in eine Chance, eine neue Ära der Menschheit zu gestalten! Laßt uns eine echte Sternstunde der Menschheit schaffen, die der unsterblichen Spezies, für die wir geschaffen wurden, würdig ist!
Ich danke Ihnen.