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Pakistanisches Fernsehen interviewt Helga Zepp-LaRouche zum Treffen der OIC-Außenminister in Islamabad

Pakistanisches Fernsehen interviewt Helga Zepp-LaRouche zum Treffen der OIC-Außenminister in Islamabad

23. März (EIRNS). Helga Zepp-LaRouche gehörte zu einer Gruppe Experten, die der pakistanische PTV-Moderator Faisal Rehman gestern über das Außenministertreffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) am 22. März in Islamabad befragte. Es folgen Auszüge des Meinungsaustauschs mit Frau Zepp-LaRouche, der Gründerin und Vorsitzenden des Schiller-Instituts. Das vollständige Interview können Sie sich auf englisch auf Youtube ansehen.

FAISAL REHMAN: Helga, lassen Sie mich eine direkte Frage an Sie stellen: Sagen Sie uns als Europäerin, was genau Sie über den Islam denken. Wie nehmen Sie ihn wahr?

HELGA ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, er ist eine der drei großen monotheistischen Religionen. Er baut auf dem Judentum und dem Christentum auf, und ich denke, daß der ökumenische Dialog zwischen diesen drei Religionen als potentieller Friedensfaktor in der Welt sehr wichtig ist. Premierminister Imran Khan hat kürzlich etwas sehr Wichtiges gesagt: Er sagte, die OIC sollte zusammen mit China maximalen Einfluß und Druck auf die Ukraine und Rußland ausüben sollte, um einen Waffenstillstand und eine Einigung zu erreichen. Ich denke, das ist ein perfektes Beispiel dafür, wie der Islam eine sehr positive Rolle als Instrument des Friedens spielen kann.

Was die negative Seite betrifft, so denke ich, daß ein Problem darin besteht, daß die islamische Welt das Narrativ, das sich nach dem 11. September zu bilden begann, nicht korrigiert hat. Das ist immer noch eine Aufgabe, denn der 11. September und auch der Krieg gegen Afghanistan waren nicht das, wie sie im offiziellen Narrativ dargestellt wurden. Wenn man an die Menschen in Afghanistan denkt, die in diesen Krieg verwickelt waren, sind es nur sehr wenige, wenn überhaupt. Auf jeden Fall ist der Ursprung von 9/11 eine große Frage, die wirklich sehr viel eingehender analysiert werden müßte.

Dann darf man natürlich nicht Samuel Huntington und sein Buch Clash of Civilizations vergessen, der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sagte, daß man den Ost-West-Konflikt durch einen Nord-Süd-Konflikt ersetzen müsse, und in diesem Zusammenhang begann er über einen sogenannten „unüberwindbaren“ Konflikt zwischen Christentum, Islam, Hinduismus und Konfuzianismus zu sprechen. Ich habe dieses schreckliche Buch gelesen und bin zu dem Schluß gekommen, daß Huntington sehr wenig über all diese Religionen und Kulturen weiß. Aber nichtsdestotrotz wurde dies zum Werkzeug des Britischen Empire, was man im Falle Afghanistans sehr deutlich sehen kann… die terroristischen Organisationen in Afghanistan waren alle Teil des Great Game.

Es ist also wichtig, hinter das zu schauen, was gesagt wird. Ich denke, der Islam hat als Religion einen sehr positiven Einfluß, was auch der Grund ist, warum ich in einer früheren Sendung bei Ihnen zu einer Operation Ibn Sina aufgerufen habe. Die Rückbesinnung auf diesen großen Arzt, der einer der größten Geister der Weltgeschichte war, würde nicht nur helfen, das medizinische Problem in Afghanistan zu lösen und Afghanistan wiederaufzubauen. Wenn die islamischen Länder anfangen würden, über die großen Beiträge in der Geschichte des Islams, wie Ibn Sina, zu diskutieren, dann sollte man nicht nur defensiv sagen, daß die Islamophobie falsch und ungerecht ist, sondern es wäre wichtig, an die stolzesten Perioden der islamischen Tradition anzuknüpfen, wie die Abbasiden-Dynastie, die zu Ibn Sinas Zeit in Bagdad herrschte, der am weitesten entwickelten Stadt der Welt! Dort gab es zahlreiche Bibliotheken mit Büchern, in denen die großen Erfindungen der vorangegangenen Zeit wiederbelebt wurden; die Kalifen bezahlten jeden mit Gold, der eine Erfindung aus Ägypten oder aus Spanien oder von anderen Orten mitbrachte, und ohne den Kontakt zwischen Haroun al Raschid und Karl dem Großen hätten die Europäer ihr eigenes großes Erbe nicht wiederentdeckt.

Anstatt also nur defensiv zu sein und zu sagen, daß dies eine ungerechte Verunglimpfung einer der großen Religionen ist, wäre es meiner Meinung nach sehr sinnvoll, eine positivere und in gewisser Weise offensivere Haltung einzunehmen, indem man die großen islamischen Beiträge zur Weltgeschichte wiederbelebt. Und angesichts der Tatsache, daß es die Abbasiden-Dynastie gab, daß es Ibn Sina gab, der ein großer metaphysischer Philosoph war – wenn ich eine muslimische Frau wäre, würde ich genau das vorschlagen.

REHMAN: Helga, wenn ich eine interessante Frage stellen darf – sie ist mir gerade in den Sinn gekommen. Ich sehe, Sie tragen einen Schal um den Hals. Wenn Sie aber diesen Schal über den Kopf zögen, glauben Sie, daß Ihre Regierung oder Ihre Nachbarn oder sonst jemand ein Problem damit hätten?… Jetzt während der Pandemie bedeckt jeder sein Gesicht bedeckt, so daß nichts sichtbar ist, und das ist akzeptabel. Aber wenn jemand den Kopf mit einem Tuch bedeckt, ist das für die westliche Welt und insbesondere für Nicht-Muslime ein Problem. Ist das Ihrer Meinung nach ein Problem oder eher ein Nicht-Problem?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, es ist definitiv etwas, das den jeweiligen Religionen überlassen werden sollte. Ich glaube fest an die Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz, an die UN-Charta; ich glaube an die Souveränität und Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Länder; ich glaube an die Akzeptanz eines anderen Gesellschaftssystems. Ich denke, die Katastrophe in Afghanistan hat neben vielen anderen Dingen gezeigt, daß man einer anderen Kultur nicht seine Werte aufzwingen kann, ohne Chaos und schreckliche Bedingungen zu verursachen.

Auf der anderen Seite bin ich natürlich eine moderne Frau, und ich denke, daß die Europäer, oder einige Europäer, ein Problem daraus machen, weil sie dies als Zeichen der Unterdrückung der Frauen ansehen. Es muß etwas für die Befreiung der Frauen getan werden, das steht außer Frage, aber ich denke, wenn man in all diesen Fragen die Gründe versteht, warum Vertreter einer anderen Kultur sich so verhalten, und wenn man seine eigene Position erklärt, bin ich sicher, daß man immer zu einem Verständnis und zu einer Lösung kommen kann. Aber für mich ist dieses Thema nicht wirklich eines der dringlichsten.

REHMAN: Glauben Sie, daß die OIC oder die muslimischen Länder jetzt die richtige Richtung eingeschlagen haben? Und werden sich vielleicht die Dinge in ein paar Jahrzehnten wirklich zum Besseren für die Muslime ändern? Wir sind keine Terroristen, wir sind keine Extremisten, ganz allgemein gesagt. Ja, es gibt Radikale in jeder Gesellschaft, in jeder Religion. Wir sollten sie auseinanderhalten. Aber meinen Sie, daß wir uns generell dieses Jahr beispielsweise auf Einheit, Gerechtigkeit und Entwicklung konzentrieren sollten? Ich meine, es gibt jedes Jahr so viele Themen, aber eigentlich sind doch Konzentration, Hingabe, harte Arbeit und Engagement erforderlich. Was meinen Sie?

ZEPP-LAROUCHE: Ich möchte diese Frage im Zusammenhang mit den sich verändernden Zeiten beantworten. Wissen Sie, in Europa findet derzeit eine Militarisierung der EU statt, die ich für sehr beängstigend halte, denn mit dem Krieg in der Ukraine, den Sanktionen gegen Rußland und dem Versuch, China zu unterstellen, daß es Rußland hilft, steuern wir auf die Gefahr einer echten Blockbildung zu, d.h. auf einen NATO-Block mit den Vereinigten Staaten und Europa und vielleicht Australien und Japan, aber auch auf einen Rußland-China-Block. Und mit den verhängten Sanktionen wird praktisch ein anderes Finanzsystem erzwungen. Man kann bereits sehen, daß der Handel teilweise in Renminbi und Rubel abgewickelt wird; andere Länder beginnen sich vom Dollar zu lösen.

Wenn diese Sache schief geht, wird es zwei Blöcke geben, die einander feindlich gegenüberstehen werden. Im Juni wird es einen NATO-Gipfel in Spanien geben, auf dem eine globalisierte NATO auf der Tagesordnung steht. Wenn das durchgeht, und im Moment sieht es leider so aus, dann ist die Gefahr eines Krieges zwischen diesen beiden Blöcken meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit. Und das wäre eine Katastrophe für die gesamte Menschheit. Daher war ich sehr ermutigt, als Imran Khan sagte, daß die OIC mit China zusammenarbeiten und versuchen sollte, zu vermitteln.

Wir brauchen ein neues Paradigma in den internationalen Beziehungen. Ich denke, wenn wir uns im Zeitalter thermonuklearer Waffen auf eine geopolitische Konfrontation einlassen, sehen wir der Vernichtung der Zivilisation entgegen. Auf der anderen Seite erwähnte einer der Redner, ich glaube, es war [Pakistans] Außenminister Qureshi, auch die Notwendigkeit einer neuen Sicherheitsarchitektur in der Region der islamischen Welt; aber ich schlage eine internationale Sicherheitsarchitektur für alle vor: Um jedes einzelne Land muß sich gekümmert werden. Denn Sicherheitspakte oder Sicherheitsallianzen funktionieren nur, wenn die Interessen aller berücksichtigt werden.

Das Schiller-Institut wird deshalb am 9. April eine sehr wichtige Konferenz veranstalten, zu der ich alle Ihre Zuschauer einladen möchte: Wir werden versuchen, die sogenannte Blockfreie Bewegung wiederzubeleben. Wir werden uns bemühen, neue Prinzipien und die Überwindung der Geopolitik auf die internationale Agenda zu setzen. Ich denke, wenn die OIC wirklich geeint und stark wäre, eine der wichtigsten Kräfte in der Welt sein könnte, die nicht versucht, Blockbildung zu betreiben, sondern sich auf ein höheres Prinzip des Zusammenfalls der Gegensätzen, der friedlichen Koexistenz, der Wiederbelebung der Prinzipien der blockfreien Bewegung zu berufen. Viele der OIC-Mitglieder waren früher stark in der Bewegung der blockfreien Staaten aktiv, und ich denke, eine solche Intervention ist heute wieder erforderlich. Denn was derzeit in Europa geschieht, ist wirklich beängstigend: Die EU will eine Militärmacht werden; Deutschland hat sich in ein Kriegskabinett verwandelt. Ich denke, das ist eine sehr gefährliche Entwicklung.

Ich weiß, daß es für jemanden, der in einer bestimmten Kultur lebt, sehr schwierig ist, die Bedeutung dessen, was in anderen Teilen der Welt vor sich geht, vollständig zu verstehen, aber im Moment denke ich, daß diese gefährliche Entwicklung hin zu einem Zusammenstoß mit allen Mitteln vermieden werden muß.

REHMAN: Vielen Dank, Helga, für Ihre Kommentare und Ihre Beteiligung an unserer Sendung.

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