So titelte die haitianische Online-Tageszeitung Haite Libre in ihrer heutigen Ausgabe und beschrieb damit die unerträgliche Situation, in der sich die Bürger von Port-au-Prince und anderen Städten aufgrund der anhaltenden Arbeitsniederlegungen und Bandenaktivitäten, die jeden Aspekt des menschlichen Lebens beeinträchtigen, täglich befinden. Die bewaffneten Banden, die den Straßentransport von Benzin und Dieselkraftstoff unmöglich machen, blockieren auch die Zufahrt von Lastwagen zum wichtigsten Erdöllager in Varreux und halten 25.000 Fässer Benzin und 50.000 Fässer Dieselkraftstoff fest, die an Tankstellen, Krankenhäuser, Kommunikationsunternehmen, staatliche Wasser- und Stromversorgungsunternehmen usw. geliefert werden sollten. Es gibt jedoch keine funktionierende Polizei, die gegen die Banden vorgehen könnte. Wie die erfahrene Haiti-Expertin des Miami Herald, Jacqueline Charles, in einem Interview mit Slate am 25. Oktober feststellte, sind die Banden weitaus besser bewaffnet als die Polizei und agierten laut vieler Beobachter in Ermangelung eines funktionierenden Staates oder funktionierender staatlicher Institutionen wie ein Quasi-Staat.
So sind derzeit die meisten Krankenhäuser in Port-au-Prince nicht geöffnet, abgesehen vielleicht von einer Notbesetzung von ein paar Ärzten und Krankenschwestern oder ein paar Medizinstudenten. Es gibt keinen Treibstoff für die Kraftwerke, die die Generatoren am Laufen halten, die den Strom für die Operationssäle oder Sauerstofftanks liefern. In Haitis größtem Krebsbehandlungszentrum stehen Röntgengeräte und andere Ausrüstungen still – es gibt keinen Strom, um sie zu betreiben. Der Leiter des Krankenhauses, Kedner Pierre, berichtete Matt Rivers von CNN, daß die Kühlschränke mit Eis gefüllt wurden, um einige Medikamente für die Chemotherapie zu konservieren. Das Nationale Ambulanzzentrum kann keine Krankenwagen einsetzen, weil es keinen Treibstoff gibt. Das nahe gelegene Hospital Universitaire de la Paix weist so gut wie jeden Patienten ab, weil es nicht nur an Treibstoff mangelt, sondern auch nicht genügend Ärzte und Krankenschwestern zur Verfügung stehen. Das Personal kann nicht zur Arbeit kommen und muß manchmal im Krankenhaus übernachten, da jeder, der auf der Straße unterwegs ist, entführt zu werden droht. Rivers kommt also zu dem Schluss, „daß eines der größten Krankenhäuser Haitis einfach nicht funktioniert“. Dies gilt jedoch für jede Gesundheitseinrichtung der Hauptstadt.
Aber der Schaden hört hier nicht auf. Der Treibstoffmangel beeinträchtigt auch die mobilen Telekommunikationsdienste, deren Antennen von Generatoren betrieben werden, die ohne Treibstoff nicht funktionieren können. Haitis größter Mobilfunknetzbetreiber Digicel berichtet, daß 433 seiner 1.500 Antennenstandorte nicht betriebsbereit sind, weil es keinen Treibstoff für die Generatoren gibt, berichtet Le Nouvelliste. Die für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung zuständige haitianische Regierungsbehörde DINEPA warnt vor Wasserknappheit, da ihr der Dieselkraftstoff fehlt, der für den Betrieb ihres leistungsstarken Generators benötigt wird, der wiederum die Stationen und Pumpen zur Trinkwasserversorgung mit Energie versorgt. Die staatliche Elektrizitätsgesellschaft EDH warnt vor Stromausfällen. Der ehemalige haitianische Konsul in der Dominikanischen Republik, Edwin Paraison, der seit dem Erdbeben von 2010 in Santo Domingo lebt, sagte gestern im dominikanischen Fernsehen, daß Haiti natürlich die Hilfe der internationalen Gemeinschaft benötige, um mit den Banden und der Sicherheitslage fertig zu werden. Er warnte jedoch, daß die Lösung nicht von der internationalen Gemeinschaft diktiert werden dürfe, sondern vielmehr das Ergebnis eines Dialogs zwischen der internationalen Gemeinschaft und den haitianischen Behörden und der Zivilgesellschaft sein müsse, um gemeinsam eine Strategie zur Bewältigung der derzeitigen unhaltbaren Sicherheitslage festzulegen.