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Helga Zepp-LaRouche: Letzte Chance: ein Gipfeltreffen der fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates

Helga Zepp-LaRouche: Letzte Chance: ein Gipfeltreffen der fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates

von Helga Zepp-LaRouche

Die Menschheit erlebt gegenwärtig eine beispiellose Herausforderung ihrer moralischen Überlebensfähigkeit. Die alles entscheidende Frage ist, ob sich die Hauptakteure auf der Weltbühne rechtzeitig in ihrem Denken auf eine höhere Ebene der Vernunft erheben können, oder ob sie in ihren jeweiligen Ideologien und daraus resultierenden Handlungsmustern verbleiben. Im letzteren Fall drohen die extremen Spannungen aufgrund der Kombination der Eskalation der Coronavirus-Pandemie, des Einbruchs der physischen Ökonomie, des systemischen Kollapses des Finanzsystems und der geopolitischen Konfrontation zwischen den Großmächten auf einen Bruchpunkt zuzusteuern, der einen Absturz in das soziale Chaos und einen neuen Weltkrieg bedeuten könnte.

Was jetzt notwendig ist, ist nicht eine Vielzahl kleiner Schritte und Maßnahmen für alle diese verschiedenen Krisen, sondern ein wirkliches Grand Design: die Umsetzung einer Vision für die Zukunft der Menschheit, die einen umfassenden Lösungsansatz enthält, der die Interessen der gesamten Menschheit berücksichtigen kann.

Eine solche Chance bietet sich relativ kurzfristig. Seit diesem Januar hat Präsident Putin einen Gipfel der Staatschefs der fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates vorgeschlagen, dem die USA, China, Frankreich und Großbritannien bereits zugestimmt haben. Wie Putin betont hat, muß es dabei im Jahr des 75. Gedenkens an das Ende des Zweiten Weltkrieges darum gehen, eine Friedensordnung zu errichten, die sicherstellt, daß es nie wieder zu einer solchen Katastrophe kommen kann. Aus der dramatischen Krise der Pandemie und dem dadurch ausgelösten Erdrutsch der Realwirtschaft und der Gefahr eines Systemkollapses des Weltfinanzsystems kann die Chance werden, mit einem Neuen Bretton-Woods-System die Basis für eine neue Weltwirtschaftsordnung zu legen, die, gemäß der ursprünglichen Absicht Franklin D. Roosevelts bei der Schaffung des Bretton-Woods-Systems, die Unterentwicklung der Entwicklungsländer überwindet und durch die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen auf diesem Planeten die Basis für den Frieden legt.

Bei einem Webinar-Interview mit dem Center for the National Interest unterstrich der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, die zentrale Rolle dieses Gipfels als Alternative zu Szenarios mit unvorhersehbaren Konsequenzen:

„Wir haben unsere Vorschläge für die Agenda an unsere Partner übermittelt. Sie umfaßt wesentliche Fragen, die die globale Politik, Sicherheit und Wirtschaft betreffen… Die Welt muß ein demokratisches System von Beziehungen schaffen, die das Prinzip unteilbarer Sicherheit, gleicher Entwicklungschancen und der Suche nach einem Gleichgewicht der Interessen der Teilnehmer der internationalen Kommunikation ins Auge faßt.“

Antonow zitierte auch die Rede von Präsident Putin bei der Parade zur Feier des Siegestages am 24. Juni: „Wir verstehen, wie wichtig es ist, die Freundschaft und das Vertrauen zwischen den Nationen zu stärken, und sind offen für Dialog und Kooperation in den dringendsten Fragen auf der internationalen Tagesordnung. Dazu gehört auch die Schaffung eines gemeinsamen, verläßlichen Sicherheitssystems, etwas, was die komplexe und sich schnell ändernde moderne Welt braucht. Nur gemeinsam können wir die Welt vor neuen, gefährlichen Bedrohungen schützen.“

Die unerwartete Ankündigung Boris Johnsons, daß er ein Investitionsprogramm in der Tradition Roosevelts – einen „New Deal“ – verwirklichen will, wenn auch die genannte Summe von fünf Milliarden Pfund nur als erster Schritt in die richtige Richtung gewertet werden kann, bietet den anderen vier Staatschefs, die sich alle in der Vergangenheit positiv auf Roosevelt bezogen haben, den Anknüpfungspunkt: Was heute notwendig ist, ist exakt das gleiche volle Programm Roosevelts: Glass-Steagall-Bankentrennung, ein diesmal globales Industrie-Aufbauprogramm – einen New Deal für die Welt-, und ein Kreditsystem, ein Neues Bretton Woods. Einer der ersten Schritte muß die internationale Kooperation beim Aufbau eines Weltgesundheitssystems sein, d.h. eines modernen Gesundheitssystems in jedem einzelnen Land dieser Erde auf mindestens dem Standard, den China in Wuhan bei der Bekämpfung des Pandemie-Ausbruchs demonstriert hat.

Dieser Gipfel, der spätestens im September stattfinden muß, ist aller Voraussicht nach die wahrscheinlich letzte Chance, die strategische Ausrichtung und die internationalen Beziehungen zwischen den Nuklearmächten auf eine vertrauensvolle Basis zu stellen und die Weichen für die Überwindung der Weltwirtschaftskrise zu stellen. Wird diese Gelegenheit verpaßt, droht nicht nur der vergiftete Ton, der insbesondere zwischen den USA und China angestimmt worden ist, zu einem irreparablen Konflikt zu eskalieren, sondern die sich abzeichnende Gefahr einer zweiten Welle der Pandemie mit nachfolgendem erneuten Lockdown der Wirtschaft könnte den sozialen Frieden in vielen betroffenen Ländern vollends zerstören. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) warnt für Deutschland, daß schon die Auswirkungen des ersten Lockdowns zu einer Welle von Firmenpleiten führen werden, die wiederum zahlreiche Sparkassen und Banken mit Außenständen von dreistelligen Milliardenbeträgen in die Schieflage bringen werde. Einer neuen Bankenkrise drohe dann eine noch tiefere Rezession zu folgen. Dabei ist Deutschland noch in einer vergleichbar starken Position.

Die Diskussion im transatlantischen neoliberalen Establishment wird von der Annahme und Absicht bestimmt, daß unter diesen Umständen ein Einbruch bei den internationalen Börsen um mindestens 20-30% und der Anstieg der Todesraten einer zweiten Pandemie-Welle Präsident Trump angelastet und damit seine Niederlage bei den November-Wahlen besiegeln werden. Angesichts der unerbittlichen Kampagne, die die Kräfte des Britischen Empire seit dreieinhalb Jahren mit ihrem Putschversuch, von dem Schwindel des „Russiagate“ bis zu Amtsenthebungsverfahren und gewalttätiger Bilderstürmerei, in Gang gesetzt haben, ist die Vorstellung, daß die Londoner City und die Wall Street einen solchen Börseneinbruch geschehen lassen, eher wahrscheinlich als nicht.

Während Präsident Trump in der ersten Zeit nach dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie noch das energische Vorgehen der chinesischen Regierung in Wuhan und in der Provinz Hubei lobte und seine Freundschaft mit Präsident Xi Jinping unterstrich, schwenkte er seit dem 18. April vorläufig und ab dem 30. April definitiv auf die Linie um, China sei dafür verantwortlich, daß sich das Virus weltweit ausgebreitet hat. Diese These wurde zuerst von den ehemaligen MI6-Chefs Sir John Sawers und Sir Richard Dearlove und der in London ansässigen Henry Jackson Society aufgebracht, die in einer eklatanten Provokation China zur Zahlung von neun Billionen (!) Dollar Reparationen aufforderte, und wird selbst von amerikanischen medizinischen Experten als unbegründet zurückgewiesen. Eine Delegation des WHO ist derzeit in Wuhan, um die Ursprünge des Virus und die Chronologie des Pandemie-Verlaufs zu untersuchen.

Die gleichen Kräfte des Britischen Empire, die hinter dem Coup gegen Präsident Trump stehen, weil sie dessen Absicht, die Beziehung zu Rußland auf eine gute Basis zu stellen, und seine anfänglich gute Beziehung zu Präsident Xi als eine tödliche Bedrohung für ihre geopolitischen Interessen betrachten, verstärken seit Jahren ihre Anstrengungen, den Aufstieg Chinas einzudämmen. Diese Absicht inspirierte die National Defense Strategy des Pentagon von 2018, die China und Rußland als die strategischen Konkurrenten in der „Konkurrenz der Großmächte“ definiert. Verteidigungsminister Esper unterstrich diese politische Orientierung kürzlich in einer „Botschaft an die Truppen“, daß China als die primäre (pacing) Bedrohung in allen Schulungen, Programmen und Trainingskursen thematisiert werde.

Die Politik des Britischen Empire besteht – seit den Zeiten der British East India Company und der Kolonialpolitik über die Opiumkriege gegen China und Prinz Phillips World Wild Life Fund bis zum heutigen Green New Deal Mark Carneys – in malthusianischer Bevölkerungsreduktion. Von diesem Standpunkt war und ist Chinas Politik der Neuen Seidenstraße, die den Entwicklungsländern zum ersten Mal die Chance der Überwindung ihrer Unterentwicklung bietet, natürlich der „strategische Konkurrent“, und natürlich gibt es da einen Konkurrenzkampf der Systeme.

Wenn man die Welt von oben betrachtet, ist offensichtlich, daß die Kooperation der beiden größten Ökonomien der Welt, der USA und Chinas, unerläßlich ist, wenn die Menschheit diese Pandemie und weitere drohende Pandemien, Hunger, Armut und Unterentwicklung in der sogenannten Dritten Welt überwinden will. Vom Standpunkt des Britischen Empires, also der oligarchischen Finanzinteressen, die seit Malthus auf die Profitmaximierung ihrer Kaste und auf Bevölkerungskontrolle setzen, ist deshalb die Vergiftung des amerikanisch-chinesischen Verhältnisses oberste Priorität.

Der russische Außenminister Lawrow warnte soeben, daß das Risiko einer globalen nuklearen Konfrontation sich mit dem Ausstieg der USA aus den Abrüstungsverträgen erheblich gesteigert habe, und gab der Hoffnung Ausdruck, daß diese Eskalation nicht den Punkt ohne Wiederkehr erreichen werde. Der chinesische Außenminister Wang Yi beklagte seinerseits, daß das amerikanisch-chinesische Verhältnis den Tiefpunkt seit der Aufnahme der Beziehungen zwischen beiden Nationen erreicht habe.

Aus all den hier skizzierten Gründen ist der von Präsident Putin vorgeschlagene Gipfel der fünf Permanenten Mitglieder des UN- Sicherheitsrats deshalb wahrscheinlich die letzte Gelegenheit, eine völlig andere Agenda auf die Tagesordnung zu setzen, wenn verhindert werden soll, daß die Entwicklungen um die Pandemie, Hungerkatastrophe, Wirtschaftskollaps und Finanzkrach ihren Lauf nehmen, und aus dem dann bald folgenden Chaos die Kriegsgefahr unaufhaltsam wird.

Alle Menschen, die guten Willens sind, und alle Staaten weltweit, sollten es als ihr ureigenstes Interesse betrachten, den Erfolg dieses Gipfels nach allen Kräften zu unterstützen.

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