Den englischen Videomitschnitt der Hauptreden können Sie sich hier ansehen.
Das 63. Online-Treffen der Internationalen Friedenskoalition (IPC) am 16. August fand in einer kritischen Weltlage statt, die Gründerin des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche beschrieb es als „eine Eskalation, die Schritt für Schritt auf einen Punkt zusteuert, an dem es kein Zurück mehr gibt“. Sie sagte: „Es gibt jetzt eine aktive Diskussion – vielleicht sogar schon eine Entscheidung – über die Stationierung der Joint Air-to-Surface Standoff Missiles [Tarnkappen-Boden-Luft-Marschflugkörper] JASSMs in der Ukraine.“ Ukrainische Flugzeuge könnten dann diese hochpräzisen Langstreckenwaffen abschießen. Mit diesem Schritt wollten die USA auch die deutsche Regierung drängen, Taurus-Marschflugkörper zu liefern, was Deutschland bisher aus Angst vor einer Eskalation hin zum Dritten Weltkrieg verweigert. Sie erklärte weiter: „Das Eindringen in russisches Territorium in der Region Kursk wäre ohne technische Beratung der NATO nicht möglich gewesen. Die Entscheidung dafür wurde aller Wahrscheinlichkeit nach von der NATO getroffen.“ Laut Dmitri Polyanskij, dem Ersten Stellvertretenden Ständigen Vertreter Rußlands bei den Vereinten Nationen, mache dies eine diplomatische Lösung nahezu unmöglich. Gleichzeitig habe auch Israel mit der Ermordung des Chefunterhändlers der Hamas seine Ablehnung von Diplomatie deutlich gemacht.
Zu den Ursprüngen der Krise erinnerte Zepp-LaRouche daran, daß der 15. August der Jahrestag des Untergangs des Bretton Woods-Systems war, der Tag im Jahr 1971, als US-Präsident Nixon zu frei schwankenden Wechselkursen und brutaler Austerität überging. Ihr späterer Mann Lyndon LaRouche habe vorausgesagt, daß ein solches Ereignis unausweichlich war, und gewarnt, es werde zu einem Wiederaufleben des Faschismus und einem neuen Weltkrieg führen. Seine treffenden Prognosen und dringenden Warnungen hatten weltweiten Einfluß, weshalb es zu einem zweiten wichtigen Ereignis gekommen sei: der Razzia in Leesburg (Virginia) am 6. Oktober 1986, bei der 400 Polizeibeamte von Bund, Bundesstaat und Gemeinde das Haus der LaRouches umstellten und Befehl hatten, sie zu erschießen, wenn sich die Gelegenheit bot. LaRouches Unterstützer hätten damals gewarnt, wenn man sich diesem Versuch, eine abweichende Stimme zum Schweigen zu bringen, nicht energisch entgegenstelle, würden solche Aktionen weitergehen, dann sei niemand sei mehr sicher.
Diese Warnungen erwiesen sich als prophetisch, das zeigt auch die jüngste Razzia des FBI in der Wohnung des ehemaligen UN-Waffeninspektors und US-Marinegeheimdienstlers Scott Ritter, der als nächster sprach.
Ritter sagte: „Wenn Atomwaffen erst einmal zum Mainstream geworden sind“ und der Geist aus der Flasche ist, gebe es keine Grenzen mehr für ihren Einsatz. Als Waffeninspektor war er stolz darauf, nicht nur an der Nichtverbreitung, sondern auch an der tatsächlichen Reduzierung von Atomwaffen beteiligt gewesen zu sein. Heute würden Befürworter von Rüstungskontrolle verspottet und verunglimpft. „Wir sind ein Land, das süchtig nach Krieg ist“, sagte er, „das ständig nach Konflikten suchen muß, die den Militärisch-Industriellen Komplex füttern.“ Ritter fuhr fort: „Diejenigen, die letzte Woche mein Haus überfallen haben, sind Feinde der Vereinigten Staaten und ihrer Verfassung.“ Er stimmte Zepp-LaRouche zu, daß es solche Übergriffe heute vielleicht nicht gäbe, wenn die Bürger Lyndon LaRouche damals verteidigt hätten. Später sagte er in seiner Antwort auf einen anderen Redner: „Ich bin kein Politiker, ich bin Marinesoldat… Der Erste Verfassungszusatz [die Redefreiheit] ist die Schlacht, in der ich kämpfen und sterben werde“, wenn es sein muß. „Ich widerspreche heftig der Behauptung ,Desinformation und Fehlinformation sind eine Bedrohung für die Demokratie’… Ich bin überzeugt, daß der durchschnittliche Amerikaner sehr wohl in der Lage ist, eine auf Fakten basierende Wahrheit zu erkennen.“
Der Moderator Dennis Small gab Beispiele dafür, warum Lyndon LaRouche so angegriffen wurde. 1982 traf LaRouche mit führenden Politikern der Welt zusammen, um sich für eine Neuordnung des Finanzsystems einzusetzen und die Katastrophe nach dem Ende des Bretton-Woods-Systems rückgängig zu machen. Nachdem er den mexikanischen Präsidenten José López Portillo getroffen hatte und dieser versuchte, seine Vorschläge umzusetzen, ersuchte US-Außenminister Henry Kissinger persönlich den FBI-Chef William Webster, gegen LaRouche vorzugehen. Es folgten verdeckte Operationen, die Razzia in Leesburg und schließlich die Inhaftierung LaRouches und mehrerer seiner Mitarbeiter wegen fadenscheiniger Konspirationsvorwürfe.
Zu den Ereignissen der Jahre 1986-89 wurden Videoausschnitte mit Äußerungen von LaRouche und dem ehemaligen US-Justizminister Ramsey Clark gezeigt, der in der Berufungsinstanz dessen Anwalt war. LaRouche sagte, es gebe innerhalb der ständigen Bürokratie des Justizministeriums Gruppen, die wie Killerkommandos agieren. Clark sprach von einem Zusammenspiel von Regierungsstellen, Medien und Nichtregierungsorganisationen, die sich verschworen, die LaRouche-Bewegung – einen „fruchtbaren Motor für Ideen“ – kaputtzumachen. Er habe ähnliche Operationen gesehen, so Clark, aber dieser Fall sei „die Krönung“.
Ray McGovern, ehemaliger CIA-Analyst und Mitbegründer der Veteran Intelligence Professionals for Sanity (VIPS), erzählte die Vorgeschichte des Ersten und Vierten Zusatzartikels zur US-Verfassung, die Redefreiheit und Schutz vor illegaler Durchsuchung und Beschlagnahme garantieren – beides große Anliegen für die Bürger der jungen Vereinigten Staaten, die unter der britischen Herrschaft gelitten hatten. Zur illegalen Razzia in Ritters Haus sagte McGovern: „Wenn Sie vom FBI sind, können Sie einen Richter im Bundesstaat New York dazu bringen, alles zu unterschreiben.“
Zepp-LaRouche wies darauf hin, daß die Charta des Schiller-Instituts bei seiner Gründung von der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung inspiriert war. Heute werde in Deutschland über ein Gesetz diskutiert, das geheime Durchsuchungen von Wohnungen und elektronischen Geräten erlaubt. Das sei eine echte Gefahr für die Demokratie in der sogenannten „regelbasierten Ordnung“. Die globale Krise ließe sich leicht lösen, wenn die USA zu den Ideen von Präsident John Quincy Adams zurückkehren würden, der ein Amerika wollte, „das nicht im Ausland Monster sucht, die man vernichten muß“.1
Jack Gilroy von den Veterans for Peace (Veteranen für Frieden) lud die IPC-Teilnehmer zum Kongreß seiner Gruppevom 16.-19. August ein,2 wo er am Sonntag auf einem Podium über die Kriegsindustrie spricht. Die Gruppe werde im Herbst an den Universitäten gegen die Anwerber der Rüstungsindustrie auftreten und Studenten aufrufen, ein Versprechen zu unterschreiben, niemals für die Kriegsindustrie zu arbeiten.
Prof. Henry Baldelomar, Geschäftsträger der bolivianischen Botschaft in Washington, berichtete, die Kultur des Friedens sei ein Schlüsselelement der bolivianischen Verfassung, und aus diesem Grund habe Bolivien den Beitritt zu den BRICS beantragt. Die USA versuchten, eine unipolare Weltordnung durchzusetzen, aber Bolivien sei für die multipolare Alternative. Die Vorgaben des IWF hätten einen Zustand der Abhängigkeit geschaffen, der die Einkommensschere vergrößert und die Spannungen verschärft, was zu Kriegen führe. Die BRICS bauten eine Alternative dazu auf, die Bolivien vom Rohstoffexporteur zum Produzenten von Investitionsgütern machen wird. Bolivien werde nicht mehr nur Beobachter von Entscheidungen der Großmächte sein, sondern selbst beteiligt sein. Später in der Diskussion bemerkte Baldelomar ironisch, das „Migrationsproblem“, das den republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten so beunruhige, sei tatsächlich die Folge der Ausbeutung des Globalen Südens, „die Nutzung der Ressourcen durch wenige auf Kosten anderer“.
Jonathan Kuttab, Exekutivdirektor der christlichen Nahost-Friedensgruppe Friends of Sabeel in Nordamerika und Mitbegründer von Nonviolence International, brachte seine Empörung darüber zum Ausdruck, daß der scheidende israelische UN-Botschafter Gilad Erdan in seiner Abschiedsrede behauptet hatte, Israel sei „das moralischste Land der Welt“. Wie sei so etwas möglich, angesichts Israels mutwilliger Tötung von Zivilisten und Vergewaltigung von Gefangenen?, fragte Kuttab. Schuld daran sei „das Fehlen eines Völkerechts, das für Freund und Feind gleichermaßen gilt“.
Zum Abschluß schloß Dennis Small sich Prof. Baldelomars Ausführungen an und betonte, Bolivien spreche damit für die Mehrheit der Menschheit. Und Dennis Speed behauptete provokativ: „Putin und Xi verstehen die Tradition der Amerikanischen Revolution besser als heutigen Amerikaner.“
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