Auf die Frage, wie Afghanistan geholfen werden könnte, politische Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung zu erreichen, betonte Präsident Putin beim Valdai Discussion Club, daß die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und die Nachbarn Afghanistans dem Land zwar wirtschaftlich helfen werden, die westlichen Länder, die das Land 20 Jahre lang besetzt hielten, jedoch die Hauptverantwortung für die Stabilisierung der Lage übernehmen müßten. „Das erste, was sie tun müssen“, so Putin, „ist, afghanische Vermögenswerte freizugeben und Afghanistan die Möglichkeit zu geben, die vorrangigen sozioökonomischen Probleme zu lösen.“
Es folgt ein Gespräch mit dem Strategen Zhou Bo von der Tsinghua-Universität:
Zhou Bo: „Herr Präsident, es ist mir eine große Ehre, Ihnen diese Frage zu stellen. Ich möchte Sie etwas über Afghanistan fragen. Afghanistan liegt im Herzen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Wenn also Afghanistan ein Problem hat, dann hat auch die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit ein Problem. Jetzt haben sich die Vereinigten Staaten aus Afghanistan zurückgezogen. Wie kann also die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die von China und Rußland angeführt wird, gemeinsam mit anderen Ländern Afghanistan helfen, politische Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung zu erreichen?“
Wladimir Putin: „Die Situation in Afghanistan ist eines der dringendsten Probleme der Gegenwart. Wie Sie wissen, hatten wir gerade ein Treffen im entsprechenden Format, zum Teil mit Vertretern der Taliban. Auch die Volksrepublik China ist in Afghanistan aktiv. Dies ist für uns alle ein sehr ernstes Thema, denn sowohl für China als auch für Rußland ist ein ruhiges, sich entwickelndes Afghanistan, das keine Quelle des Terrorismus oder irgendeiner anderen Form von Radikalismus ist, neben unseren Landesgrenzen, wenn nicht sogar an unseren Grenzen, äußerst wichtig.
Wir sehen jetzt, was innerhalb Afghanistans geschieht. Leider sind verschiedene Gruppen, darunter ISIS, immer noch dort. Es gibt bereits Opfer unter der Taliban-Bewegung, die insgesamt noch immer versucht, sich dieser radikalen Elemente zu entledigen, und wir wissen von solchen Beispielen. Das ist sehr wichtig für uns, sowohl für Rußland als auch für China.
Um die Situation richtig und im richtigen Tempo zu normalisieren, ist es natürlich notwendig, Afghanistan beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft zu helfen, denn Drogen sind ein weiteres großes Problem. Es ist bekannt, dass 90 Prozent der Opiate auf dem Weltmarkt aus Afghanistan kommen. Und wenn kein Geld da ist, was werden sie dann tun? Aus welchen Quellen und wie werden sie ihre Sozialprogramme finanzieren?
So wichtig unsere Beteiligung an diesen Prozessen auch ist – sowohl China als auch Rußland und andere SCO-Länder -, die Hauptverantwortung für das, was dort geschieht, tragen immer noch die Länder, die dort 20 Jahre lang gekämpft haben. Meiner Meinung nach müssen sie als Erstes die afghanischen Vermögenswerte freigeben und Afghanistan die Möglichkeit geben, die vorrangigen sozioökonomischen Probleme zu lösen.
Wir unsererseits können bestimmte Großprojekte durchführen und uns mit Fragen der inneren Sicherheit befassen. Unsere Spezialdienste stehen in Kontakt mit ihren afghanischen Kollegen. Für uns ist es im Rahmen der SCO sehr wichtig, diese Arbeit in Gang zu bringen, denn Tadschikistan und Usbekistan liegen direkt an der Grenze zu Afghanistan. Wir haben eine Militäreinrichtung in Tadschikistan. Sie basierte auf der 201. Division, als diese noch sowjetisch war.
Daher werden wir diese Arbeit mit China auf bilateraler Ebene aktiv fortsetzen, den Dialog mit den relevanten Strukturen entwickeln und die Zusammenarbeit innerhalb der SCO insgesamt fördern. Dabei werden wir die erforderlichen Ressourcen bereitstellen und alle Voraussetzungen schaffen, damit sich unsere Bürgerinnen und Bürger unabhängig von den Ereignissen in Afghanistan sicher fühlen können.“