Am 23. und 24. September fand in der chinesischen Hauptstadt das Beijing Culture Forum, eine Konferenz zum Thema „Austausch und gegenseitiges Lernen: Respekt vor der Vielfalt der Zivilisationen”, statt, die von der China International Communications Group (CICG) und der Akademie für zeitgenössische China- und Weltstudien organisiert wurde. Hunderte von Delegierten und hochrangigen Persönlichkeiten aus China und der ganzen Welt, darunter auch die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, nahmen daran teil und führten angeregte Diskussionen über Geschichte, Kultur und gegenseitiges Lernen.
Yu Yingfu, Vizepräsident der CICG, führte in seiner Grundsatzrede historische Beispiele für den friedlichen Austausch von Ideen zwischen Zivilisationen an und nannte beispielsweise Zhang Qians Expedition (138-126 v. Chr.) in den Westen, die bis nach Xinjiang und später nach Baktrien (Nordafghanistan) führte und mit der er den Grundstein für die Entstehung der Seidenstraßen-Handelswege legte, die nicht nur eine Route für den Handel waren, sondern auch zu einer Austauschroute für Wissenschaft und Kultur wurden. Er erwähnte auch die sieben Reisen von Zhang He in die westlichen Ozeane bis nach Ostafrika sowie die Verbreitung des Buddhismus von Indien nach China. Yu Yingfu betonte auch die heutige Notwendigkeit des Austauschs und des gegenseitigen Lernens im Hinblick auf eine gemeinsame Vision, um die Menschheit voranzubringen.
Helga Zepp-LaRouche, Gründerin und Vorsitzende des Schiller-Instituts, nahm an einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Forums zum Thema „Förderung des Weltfriedens und der Entwicklung durch Austausch und gegenseitiges Lernen zwischen den Zivilisationen“ teil. In ihrer Rede forderte sie gemeinsame Anstrengungen, um den Westen aus seiner selbstverschuldeten Isolation von der globalen Mehrheit zu befreien. Der Westen müsse sich an einem Dialog der Zivilisationen für ein neues Entwicklungsparadigma beteiligen.
Chinas ehemaliger stellvertretender Außenminister Le Yucheng forderte den Einsatz digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz, um kulturelles Wissen für die Bevölkerung zugänglicher zu machen. Während der Konferenz wurden mehrere solcher Projekte vorgestellt, darunter eines der Nationalbibliothek Chinas, das mit Hilfe von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz 143.000 Bände alter chinesischer Bücher der Öffentlichkeit zugänglich macht. Die chinesische Föderation für Literatur und Kunst stellte ihre Bemühungen vor, alle alten Mythen, Lieder, Balladen, Epen und Legenden zu sammeln, die nach ihrer Fertigstellung die weltweit größte Datenbank für Volksliteratur darstellen werden. Hervorgehoben wurde auch das Ziel Chinas, eine digitale Bibliothek für Technologie und Wissenschaft aufzubauen, um wissenschaftliche Kenntnisse zu fördern und China zu einer technologischen Großmacht zu machen.
Auf dem Forum wurde auch die Zusammenarbeit des Shanghai Museum mit dem Obersten Rat für Altertümer (SCA) in Ägypten vorgestellt, in deren Rahmen die größte Auslandsausstellung antiker ägyptischer Artefakte der letzten Jahrzehnte mit dem Titel „On Top of the Pyramid: Civilization of the Ancient Egypt” (An der Spitze der Pyramide: Zivilisation des alten Ägypten) organisiert wurde, die insgesamt 2,77 Millionen Besucher in Shanghai und weitere 30 Milliarden Aufrufe im Internet verzeichnete. Das Interesse an der Ausstellung war so groß, daß das Shanghai Museum in den letzten Tagen der Ausstellung seine Öffnungszeiten auf 24 Stunden pro Tag verlängerte. Das Shanghai Museum arbeitet nun mit ägyptischen Archäologen bei gemeinsamen Ausgrabungsprojekten zusammen.
Diese Betonung der Förderung der Klassiker wurde auch von David Gosset, dem Gründer der China-Europe-America Global Initiative, aufgegriffen, der die Bedeutung der Werke von Platon, Konfuzius und Dante für die Schaffung einer Kultur mit Tiefgang hervorhob. Er betonte: „Weisheit entsteht nicht aus Codes. Sie wird durch Reflexion, durch die Auseinandersetzung mit Geschichte, Ethik, Literatur und Kunst – durch die Geisteswissenschaften – kultiviert.“ Er betonte, der letztendliche Zweck der KI-Technologie müsse die Verbesserung der Menschheit als Ganzes sein.
Vergleicht man diese Diskussionsebene mit der vorherrschenden liberalen Werteideologie des Westens, wo es keine rationalen Maßstäbe mehr für das Gute, Schöne und Wahre gibt, und die enormen Anstrengungen sieht, die China und andere Länder des Globalen Südens in die Förderung ihrer größten philosophischen und kulturellen Traditionen stecken, wird deutlich, welcher Teil der Welt sich im Niedergang befindet und welcher im Aufstieg begriffen ist.
Es ist an der Zeit, daß der Westen seine oberflächlichen Vorstellungen über die Kulturen der Länder des Globalen Südens hinter sich läßt – Vorstellungen, die in vielerlei Hinsicht Relikte der kolonialen und neokolonialen Ära sind, die nun ihrem historischen Ende entgegengeht.
Die Förderung der kreativen Aspekte der menschlichen Seele muß wieder das einzige Ziel der Bildung sein. Im Bereich der Kreativität wird es keinen Platz für nationalen Chauvinismus geben; die Entdeckungen eines Genies werden eine ewige Bereicherung für die gesamte Menschheit sein.
Die Nationen des Westens sind zu Gesellschaften ohne historische und philosophische Grundlagen geworden, die von ihrem eigenen besseren historischen Erbe abgekoppelt sind. Alle Bürger guten Willens sollten ihr Möglichstes tun, um dies hinter sich zu lassen und sicherzustellen, daß beim nächsten Kulturforum in Peking eine bedeutende Vertretung von Regierungen und Institutionen des Globalen Nordens anwesend ist, um sich dieser globalen zivilisatorischen Initiative anzuschließen.
Tobias Faku