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Aussichten für eine auf Fusionsenergie basierende Wirtschaft für die BRICS-Staaten und ihre Partner

Aussichten für eine auf Fusionsenergie basierende Wirtschaft für die BRICS-Staaten und ihre Partner

Von Richard A. Black

Richard A. Black ist der Vertreter des Schiller-Instituts bei den Vereinten Nationen in New York. Die folgende Rede hielt er auf der „Internationalen wissenschaftlichen und praktischen Konferenz: Wissenschaftlich-technologische und innovative Zusammenarbeit der BRICS-Länder“, die am 25. und 26. Oktober 2022 vom Nationalen Komitee für BRICS-Forschung aus Moskau ausgerichtet wurde. Der Text wurde leicht überarbeitet und aus dem Englischen übersetzt. Das Video des Vortrags ist hier verfügbar.

Ich möchte dem Nationalen Komitee für BRICS-Forschung in Rußland für die Einladung des Schiller-Instituts zur Teilnahme an dieser historischen Konferenz danken.

Auf einem Technologieseminar im September 2022 in Peking sagte Prof. Peng Xianjue von der Chinesischen Akademie für Technische Physik:

„Die Fusionszündung ist das Juwel in der Krone der Wissenschaft und Technologie in der heutigen Welt. Die Freisetzung von Fusionsenergie im Energiemaßstab wird der wichtigste Meilenstein sein auf dem Weg zur Fusionsenergie für die Menschheit.“

Professor Peng kündigte an, daß China bis 2028 kontinuierliche Fusionsenergie zur Verwendung in einem hybriden Spaltungs-/Fusions-Kraftwerk erzeugen wird. Schätzungen zufolge werden die Reaktoren bis 2035 in der Lage sein, aus dem Fusionsprozeß direkt Energie für das Stromnetz zu erzeugen.

In einer Rede vor 3300 hochrangigen russischen Unternehmensvertretern und internationalen Delegierten auf einem russischen Industrialisierungsgipfel im Jahr 2019 berichtete Präsident Putin:

„Die thermonukleare Fusionsenergie, die tatsächlich der Art und Weise ähnelt, wie Wärme und Licht tief im Inneren unseres Sterns, der Sonne, erzeugt werden, ist ein Beispiel für eine solche naturähnliche Technologie. Potentiell können wir damit eine riesige, unerschöpfliche und sichere Energiequelle erschließen.“

Präsident Putin betonte, daß Rußland bereit ist, eine „expansive und gleichberechtigte Zusammenarbeit“ mit Nationen auf der ganzen Welt einzugehen, um die Durchbrüche in Wissenschaft und Technik zu erzielen, die erforderlich sind, um riesige Mengen an Strom für den weltweiten Bedarf zu erzeugen.

Das globale Energiedefizit

Die laufenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die darauf abzielen, die Kernfusion in naher Zukunft in Betrieb zu nehmen – durch und für die BRICS-Staaten und -Partner –, machen diesen Bereich zu einem zentralen Thema der heutigen Konferenz: wissenschaftliche, technische und innovative Zusammenarbeit. Nimmt man die führende Arbeit Indiens bei der Entwicklung eines mit Thorium betriebenen Reaktors und die historische Rolle Südafrikas bei der Entwicklung von Spaltreaktoren hinzu, so wird deutlich, daß die BRICS und der Globale Süden heute an der Spitze der weltweiten Wissenschaft stehen, um die globale Energiearmut zu bekämpfen.

In diesem Bericht werde ich kurz das Ausmaß der weltweiten Energiedefizite erörtern, einige Schlüsselprinzipien der physikalischen Ökonomie des amerikanischen Wissenschaftlers Lyndon LaRouche vorstellen, das Wesen und die Herkunft des Fusionsbrennstoffs erörtern und schließlich den verlogenen Charakter der in der akademischen Welt und bei den Regierungen des Westens verbreiteten Ideologie der „Grenzen des Wachstums“ oder der angeblichen „Ressourcenknappheit“ entlarven.

Mein Kollege bei Executive Intelligence Review, der physische Ökonom Richard Freeman, hat berechnet, wie hoch die immensen aktuellen Energiedefizite im Globalen Süden sind, und was erforderlich ist, um diese Teile der Welt rasch auf den Standard des Pro-Kopf-Energieverbrauchs in den USA zu bringen.

Betrachten Sie Tabelle 1: Der derzeitige Pro-Kopf-Energieverbrauch in Asien (ohne Japan) ist nur ein Viertel so hoch wie in den USA, in Lateinamerika ein Fünftel und in Afrika ein Zwanzigstel. Dieses technologische Defizit ist die Ursache für Hungersnöte, unkontrollierte Krankheiten und Pandemien sowie sozialen Zerfall.

Tab. 1: Enormes Defizit des Stromverbrauchs
in den Entwicklungsländern

(Stromverbrauch in kWh pro Person und Jahr)
Vorgeschlagener Standard: USA11.731
Derzeitiger Verbrauch: Afrika559
 – Mali153
 – Sierra Leone42
 – Tschad12
Derzeitiger Verbrauch: Iberoamerika2096
 – Peru1398
 – Guatemala589
 – Haiti37
Derzeitiger Verbrauch: Asien (ohne Japan)2540
 – Indonesien799
 – Myanmar269
 – Jemen123
Quelle: EIR, US Department of Energy, Energy Information Agency,
International Energy Agency (IEA)

Grundlegende Prinzipien der physischen Ökonomie

In Tabelle 2 sehen wir den tatsächlichen, modernen Energiebedarf der Entwicklungsländer. Die Entwicklungsländer als Ganzes benötigen 57,4 PWh jährlich an zusätzlichem Stromverbrauch. Ein Blick auf die untere Zeile dieses Diagramms zeigt, daß der unterentwickelte Sektor seine Stromproduktion verfünffachen muß.

Tabelle 2: Die Entwicklungsländer benötigen
57,4 PWh Wattstunden an erhöhtem Elektrizitätsverbrauch
KontinentDerzeitiger Netto-Stromverbrauch (TWh)Notwendige Steigerung des Netto-Stromverbrauchs zum Erreichen des
US-Standards (TWh)
Afrika63813.768
Iberoamerika13156108
Asien
(ohne Japan)
10.21937.485
Entwicklungs-
länder insg.
12.21757.361
Quelle: EIR, US Dept. of Energy, Energy Information Agency,
Nationales Statistisches Amt-China, International Energy Agency

Betrachten wir nur zwei Prinzipien der physischen Ökonomie im Hinblick auf die Energieerzeugung und ihren Einsatz in der Gesellschaft: 1. die Energieflußdichte und 2. den Energieverbrauch im Verhältnis zum BIP pro Kopf. Die Energieflußdichte wird nach der Definition des amerikanischen Wissenschaftlers und Ökonomen Lyndon LaRouche als die Intensität der Energie gemessen, die am Ort der Erzeugung oder Anwendung eingesetzt wird. Man denke an die Energie, die in einem Laserstrahl für die Metallzerspanung konzentriert ist, verglichen mit der Energie, die eine Wassermühle des 18. Jahrhunderts erzeugt. Betrachten Sie dazu die vergleichende Energiedichte verschiedener Brennstoffe in Tabelle 3.

Tabelle 3: Die Energiedichte von Brennstoffen
EnergiequelleEnergiedichte (Joules/Gramm)
Steinkohle2,7 x 104
Typischer Kernbrennstoff3,7 x 109
Deuterium-Tritium-Fusion3,2 x 1011
Quelle: EIR, 21st Century Science & Technology

Man beachte, daß die verfügbare Energie aus der Deuterium-Tritium-Fusionsreaktion im Vergleich zur modernen Kohleverbrennung nicht nur um ein Vielfaches höher ist, sondern sogar um sieben Größenordnungen zunimmt.

In allen Ländern korreliert der Anstieg des Pro-Kopf-Stromverbrauchs eng mit dem Anstieg des BIP. Die stark ausgeweitete Stromproduktion einer auf Kernspaltung basierenden Wirtschaft ist eine Voraussetzung für moderne Arbeitskräfte, die den Fortschritt einer Nation ermöglichen. Doch obwohl die massive Ausweitung der Energieerzeugung auf der Grundlage von Kohlenwasserstoffen und Kernspaltung von entscheidender Bedeutung ist – und das für den Globalen Süden sofort, bis innerhalb von etwa 15 Jahren die Fusionsenergie in Betrieb genommen wird –, liefert nur die Fusionsenergie die gesamte Energiemenge, die erforderlich ist, um die Weltgemeinschaft, einschließlich ganz Afrikas, langfristig auf das erforderliche höhere Niveau zu bringen. Historiker werden feststellen, daß der senegalesische Kernchemiker, Historiker und politische Visionär Cheikh Anta Diop bereits 1960 eine solche Energiepolitik für den afrikanischen Kontinent vorgab, er sprach von der „effektiven Kontrolle thermonuklearer Reaktionen … in Anlagen, die Tokamaks genannt werden“.

Der derzeitige Bau des Kernspaltungs­komplexes der Generation III+ mit vier Blöcken im ägyptischen El Dabaa – eine Kooperation zwischen der Russischen Föderation und Ägypten – ist ein Beispiel dafür, was erforderlich ist. Welche Aussichten hätte dann erst der von China entworfene Spaltungs-/Fusions-Hybridreaktor als Brücke zur fusionsbasierten Energieversorgung in Afrika?

Abbildung 1 zeigt die Korrelation zwischen dem Stromverbrauch und dem Pro-Kopf-BIP in den einzelnen Ländern.

Quelle: EIRNS/Jason Ross, Daten der World DataBank (2010)

Abb. 1: Stromverbrauch im Vergleich zum Pro-Kopf-BIP.
Die Korrelation zwischen dem Pro-Kopf-Stromverbrauch und dem BIP ist bemerkenswert deutlich. Wer darauf besteht, daß Entwicklungsländer „angepaßte Technologien“ einsetzen, der besteht darauf, daß sie auf ewig arm bleiben.

Der Mond: Eine praktische Quelle für Fusionsbrennstoff

Aus Zeitgründen können wir nicht ausführlich darauf eingehen, aber der beste Fusionsbrennstoff ist das Heliumisotop He3. Auf der Erde kommt es äußerst selten vor, aber eine nahegelegene Quelle, der Mond, enthält enorme Mengen dieses Brennstoffs in seinem Boden, dem Regolith. In einer echten Demonstration der „Sonnenenergie“ produziert die Sonne He3 als einen der Bestandteile des „Sonnenwindes“, den sie ständig in unser Sonnensystem ausstrahlt. Da der Mond nicht über das schützende Magnetfeld der Erde verfügt, speichert er große Mengen an He3 von der Sonne. Gegenwärtig schätzt man, daß der Mondboden zwischen einer und fünf Millionen Tonnen He3 enthält.

Prof. Ouyang Ziyuan, renommierter Geochemiker und Kosmochemiker und leitender Wissenschaftler des chinesischen Monderkundungsprogramms (CLEP), sagte dazu, der Mond sei so reich an He3, daß diese Quelle „den Energiebedarf der Menschheit für mindestens 10.000 Jahre decken“ könne. Ein Teil der Mission von Chinas Chang’e-Mondsonden besteht darin, He3-Vorkommen auf dem Mond aufzuspüren. Professor Ouyang plädiert seit langem dafür, daß dieses Großprojekt eine Zusammenarbeit vieler Nationen sein sollte, um „den Energiebedarf der Menschheit zu lösen“.

W.I. Wernadskij und die Zukunft der Menschheit

Die Ansichten und Arbeiten von Professor Ouyang spiegeln heute in beispielhafter Weise die immensen konzeptionellen Beiträge des Biogeochemikers Wladimir I. Wernadskij aus dem 20. Jahrhunderts wider. Wernadskijs Beiträge definierten Prinzipien des menschlichen Fortschritts im Universum, die uns ein tieferes Verständnis der natürlichen Entwicklung ermöglichen, die in allen aktuellen Arbeiten auf dem Weg zu einer auf Fusionsenergie basierenden Wirtschaft zum Ausdruck kommt. 1938 schrieb Wernadskij in seinem Werk Probleme der Biogeochemie II: Über die grundlegende materiell-energetische Unterscheidung zwischen lebenden und nicht lebenden natürlichen Körpern der Biosphäre:

„Wir leben in einer ganz neuen, strahlenden geologischen Epoche. Der Mensch verändert durch seine Arbeit – und seine bewußte Beziehung zum Leben – die Hülle der Erde, die geologische Region des Lebens, die Biosphäre. Der Mensch versetzt sie in einen neuen geologischen Zustand: Durch seine Arbeit und sein Bewußtsein befindet sich die Biosphäre in einem Prozeß des Übergangs zur Noosphäre. Der Mensch schafft neue biogeochemische Prozesse, die es vorher nicht gab…

Das Gesicht der Erde verändert sich tiefgreifend. Das Stadium der Noosphäre ist im Entstehen begriffen. In der Biosphäre der Erde ist eine intensive Blüte im Gange, deren weitere Geschichte, so scheint es uns, grandios sein wird. In diesem geologischen Prozeß – der im wesentlichen biogeochemisch ist – kann eine einzelne individuelle Einheit aus der Gesamtheit der Menschheit – eine große Persönlichkeit, sei es ein Wissenschaftler, ein Erfinder oder ein Staatsmann – von grundlegender, entscheidender, lenkender Bedeutung sein und sich als geologische Kraft manifestieren. Diese Art der Manifestation von Individualität in Prozessen von enormer biogeochemischer Bedeutung ist ein neues planetarisches Phänomen.“

So wurde der Betrug des „neomalthusianischen Wirtschaftsliberalismus“, wie LaRouche ihn nannte, der in den letzten Jahrzehnten vom Club of Rome von David Rockefeller und Aurelio Peccei mit ihrem vielgelesenen Buch Die Grenzen des Wachstums verbreitet wurde, von Wernadskij schon Jahrzehnte vor dessen Veröffentlichung diskreditiert. Wernadskij hat durch rigorose wissenschaftliche Arbeit gezeigt, daß das Universum – wie es im klassischen Griechenland verstanden wurde – ein axiomatisch hylozoisches Universum ist.

Die Intensivierung der BRICS-Aktivitäten und ihre Erweiterung um neue Mitglieder und Partner sowie ähnliche Prozesse, an denen die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) und andere für alle offene multinationale Organisationen beteiligt sind, bringen die Aussichten auf eine fusionsbasierte Wirtschaft sowie auch für ein neues Paradigma der schnellen, gerechten und fortschrittlichen Entwicklung für alle Nationen auf eine neue, hoffnungsvolle Ebene.

Ich schließe mit einer Grafik, die das Schiller-Institut 2018 veröffentlicht hat (Abbildung 2). Links sehen Sie eine aktuelle Satelliten­aufnahme des energiearmen Afrikas bei Nacht; rechts sehen Sie eine künstlerische Projektion eines „elektrifizierten“ Afrikas bei Nacht im Jahr 2058.

Quelle: Chance McGee, Hussein Askary/Schiller-Institute, 2017

Abb. 2: Afrika bei Nacht, 2018/2058

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Kommentare und Fragen sind willkommen; senden Sie sie an das Schiller-Institut unter richardblack1776@gmail.com.


Quellen

1. Lyndon H. LaRouche, Jr.: Was Sie schon immer über Wirtschaft wissen wollten, 1984.

2. Lyndon H. LaRouche, Jr., „The Legacy of Mendeleyev and Vernadsky: The Spirit of Russia’s Science” (Das Vermächtnis von Mendelejew und Wernadskij: Der Geist der russischen Wissenschaft), Executive Intelligence Review, Bd. 28, Nr. 47, 7. Dezember 2001, S. 23-45.

3. Richard Freeman, „Clean Coal Can Electrify the World“ (Saubere Kohle kann die Welt elektrisieren), Executive Intelligence Review, Bd. 48, Nr. 31, 6. August 2021, S. 38-44.

4. EIR-Sonderbericht, The New Silk Road Becomes the World Land-Bridge (Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke), 2014.

5. Hussein Askary und Jason Ross: Extending the New Silk Road to West Asia and Africa, Schiller Institute Strategic Report, Nov. 2017.

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