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Helga Zepp-LaRouche äußert sich in der ChinaPlus-Sendung „World Today“ zum Besuch von Kanzler Scholz in Beijing

Helga Zepp-LaRouche äußert sich in der ChinaPlus-Sendung „World Today“ zum Besuch von Kanzler Scholz in Beijing

Es folgt die übersetzte Abschrift von Helga Zepp-LaRouches Äußerungen bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Die Perspektive der chinesischen Außenpolitik der nächsten fünf Jahre“. Die Diskussion in der ChinaPlus-Sendung „World Today“ fand am 4. November 2022 statt und kann hier im englischen Original in voller Länge angehört werden.

In der Beschreibung zu dem Podcast heißt es:

Chinas diplomatische Bemühungen sind nach Abschluß des 20. nationalen Kongresses der Kommunistischen Partei Chinas mit einer ersten Runde von Besuchen ausländischer Staatsoberhäupter in vollem Gange. Nach dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, Nguyen Phu Trong, dem pakistanischen Premierminister Shehbaz Sharif und der tansanischen Präsidentin Samia Suluhu Hassan besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz als erster EU-Staatschef seit Beginn der Pandemie China. Was sagt dies über die Aussichten der chinesischen Außenpolitik nach dem Parteitag aus? Zu Gast bei Ge Anna sind Helga Zepp-LaRouche, Gründerin des Schiller-Instituts; Dr. Rong Ying, Vizepräsidentin und Senior Research Fellow, China Institute of International Studies; Hamzah Rifaat Hussain, Nachrichtensprecher, Indus News, Islamabad, Pakistan.

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GE ANNA: Chinas diplomatische Bemühungen sind mit der ersten Besuchsrunde ausländischer Staatsoberhäupter seit dem Abschluß des 20. nationalen Kongreßes der Kommunistischen Partei Chinas in vollem Gange. Was sagt dies über die Perspektiven der chinesischen Außenpolitik nach dem Parteitag aus? Willkommen bei World Today, der Podiumsdiskussion mit Ge Anna. Wir melden uns aus unserem Studio in Beijing mit einer anderen Perspektive.

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hat sich in Beijing mit Bundeskanzler Olaf Scholz getroffen. Angesichts der komplexen internationalen Lage betonte der chinesische Präsident, daß China und Deutschland – zwei wichtige Länder mit großem Einfluß – in Zeiten des Wandels und der Instabilität zusammenarbeiten und einen größeren Beitrag zu Frieden und Entwicklung in der Welt leisten müssen. Der Besuch von Scholz in China ist der erste Besuch eines europäischen Staatsoberhaupts nach dem 20. Nationalkongreß der KPCh und folgt auf die Besuche des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Vietnams, Nguyen Phu Trong, des pakistanischen Premierministers Shehbaz Sharif und der tansanischen Präsidentin Samia Suluhu Hassan.

Was sagen also Chinas intensive diplomatische Bemühungen über die Aussichten der chinesischen Außenpolitik nach dem Parteitag aus, da China sich bemüht, seine Visionen in die Realität umzusetzen? Was können die übrigen Industrie- und Entwicklungsländer der Welt von dem rasanten Wachstum des Landes erwarten?

Um dies und mehr zu ergründen, treffen wir uns mit: Helga Zepp-LaRouche, Gründerin des Schiller-Instituts, einer politischen und wirtschaftlichen Denkfabrik mit Sitz in Deutschland; Dr. Rong Ying, Vizepräsidentin und Senior Research Fellow, China Institute of International Studies; Hamzah Rifaat Hussain, Nachrichtensprecher von Indus News, Islamabad, Pakistan. Danke, daß Sie heute bei uns sind.

Frau Zepp-LaRouche, der gerade zu Ende gegangene 20. Nationale Kongreß der KPCh hat einen neuen Plan für Chinas zukünftige Entwicklung entworfen, der auch die Richtung seines Engagements in der Welt vorgibt. Welche Botschaften sendet Chinas aktive Diplomatie in dieser Woche, kurz nach dem Parteitag, vor diesem Hintergrund aus?

HELGA ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, dies ist eine wichtige neue Initiative für eine harmonische Entwicklung in der Welt. Ich halte das für einen sehr wichtigen Schritt, denn die Welt steckt in großen Schwierigkeiten. Wir stehen vor unglaublichen Herausforderungen, wie Präsident Xi Jinping immer wieder betont hat; Herausforderungen, die es seit 100 Jahren nicht mehr gegeben hat. Wir sind mit der Gefahr eines Atomkriegs konfrontiert; wir haben eine außer Kontrolle geratene Inflation in vielen Ländern des transatlantischen Sektors. Ich denke, daß China einen völlig anderen Ansatz in diese Welt bringt. Ich denke, daß das Potential der Kombination aus der Belt and Road Initiative, der globalen Entwicklungsinitiative und der globalen Sicherheitsinitiative allesamt Konzepte sind, die ein völlig anderes Paradigma in die Weltlage bringen können.

(Ge stellt Fragen an andere Gäste.)

GE ANNA: Wenn wir über den Zweck und die Ziele der chinesischen Außenpolitik sprechen, also die Erhaltung des Weltfriedens, die Förderung der gemeinsamen Entwicklung und den Blick auf eine Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft der Menschheit, Helga, wie lesen Sie diese Ziele der chinesischen Außenpolitik? Vor allem, wenn viele glauben, daß wir in einer Welt leben, in der verschiedene Kräfte darauf bedacht sind, ideologische Grenzen zu ziehen und eine Konfrontation zwischen den Lagern zu provozieren?

ZEPP-LAROUCHE: Nun, ich denke, die Idee einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft der Menschheit ist sehr wichtig, denn sie soll die Menschen daran erinnern, daß wir in einem Boot sitzen. Und gerade in Zeiten, in denen die Gefahr eines globalen Atomkrieges droht, halte ich es für ein sehr nützliches Konzept, die Menschen daran zu erinnern, daß, wenn es jemals dazu kommen sollte, niemand einen solchen Krieg überleben würde. Und gleichzeitig ist es auch ein zukunftsweisendes Konzept für das Neue Paradigma, denn ich denke, wir haben den Punkt eines epochalen Wandels in der Geschichte der Menschheit erreicht, bei dem wir das geopolitische Denken überwinden müssen. Geopolitisches Denken war die Ursache für zwei Weltkriege im 20. Jahrhundert, und wenn wir weiterhin in Blöcken denken, kann das furchtbar schief gehen. Die Idee der gemeinsamen Gemeinschaft für die Zukunft der Menschheit ist also die Idee, daß wir zuerst an die eine Menschheit denken müssen; daß es kein nationales Interesse oder das Interesse einer Gruppe von Nationen geben kann, das im Widerspruch zu der einen Menschheit stehen würde. Ich halte dies für ein sehr wichtiges Konzept, und ich denke, es wäre sehr gut, wenn die westlichen Länder es nicht einfach beiseite schieben, sondern anerkennen würden, daß dies eine philosophische Idee ist, die ein Konzept dafür liefert, wie wir eine Zukunft aufbauen können, in der die gesamte Menschheit gedeihen und überleben kann.

(Ge stellt anderen Gästen Fragen.)

GE ANNA: Helga, was ist Ihre Meinung? Was halten Sie von dem Zentralisierungs-Vorwurf gegen China?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, wenn man von den Worten absieht und sich die Substanz ansieht, steckt hinter all dem die Tatsache, daß die westlichen Länder ein neoliberales Wirtschaftsmodell verfolgt haben, das gerade zusammenbricht. Ich würde sogar sagen, daß wir uns in der Endphase eines hyperinflationären Zusammenbruchs des transatlantischen Systems befinden. Aus diesem Grund wird de Aufstieg Chinas als eine systemische Bedrohung betrachtet.

China tut nichts, was man als Bedrohung ansehen könnte, aber ich glaube, es ist die Vorstellung, daß man nur dann, wenn man den Aufstieg Chinas eindämmt, wenn man sich von Rußland und China abkoppelt, irgendwie das aufrechterhalten kann, was man die „regelbasierte Ordnung“ nennt. Was diese regelbasierte Ordnung ist, weiß niemand genau. Es ist auch nicht so klar, wer diese Regeln aufstellt. Es gibt die UN-Charta, die der Maßstab für internationales Recht sein sollte, aber ich denke, die Idee, daß China ein Systemrivale wäre, entspricht nicht der Meinung der Mehrheit der Weltbevölkerung. Ich denke, mehr als 150 Länder, die mit China im Rahmen der Belt and Road Initiative zusammenarbeiten, sehen China nicht als Systemrivalen, sondern sie sehen China als das Land, das ihnen hilft, die Relikte des Kolonialismus, der Armut und der Unterentwicklung zu überwinden.

Ich finde es daher wirklich tragisch, daß die westlichen Medien so absolut gleichgeschaltet sind, daß sie keine wahrheitsgemäße Berichterstattung mehr zulassen. Denn wenn die Menschen in Europa und den Vereinigten Staaten wüßten, welche enormen Fortschritte China gemacht hat, würden sie die Geschichte von der Systemrivalität nicht glauben, denn China hat schon oft gesagt, daß es absolut Platz für alle gibt. Xi Jinping hat viele Male Angebote gemacht, insbesondere an die Vereinigten Staaten, in denen er sagte, daß es ein neues Konzept für die Beziehungen zwischen den Großmächten gibt; daß die beiden stärksten Volkswirtschaften der Welt zusammenarbeiten müssen. Ich denke, daß die Idee einer Win-Win-Kooperation der einzige Weg ist, wie wir aus diesen vielen Katastrophen, in denen sich die Welt derzeit befindet, herauskommen können.

GE ANNA: Frau Zepp-LaRouche, noch eine Frage zu dem, worüber Sie gerade gesprochen haben, denn China hat wiederholt erklärt, daß es niemals ein Nullsummenspiel oder das Gesetz des Dschungels akzeptieren wird. Viele Experten sind jedoch der Meinung, daß dies eine Herausforderung an die westlichen Werte darstellt. Was sagen Sie zu solchen Vorwürfen?

ZEPP-LAROUCHE: Dahinter steckt, daß seit etwa 2017 vor allem in britischen, aber auch in US-amerikanischen Nationalen Sicherheitsdoktrinen damit begonnen wurde, China als systemischen Rivalen, als Konkurrenten und mit noch schärferen Aussagen zu belegen. In gewissem Sinne verfolgt China eine Politik der harmonischen Entwicklung. Ich kenne – und ich bin wirklich ein genauer Beobachter der Politik – kein einziges Land des Entwicklungssektors, des Globalen Südens, gesehen, das sich darüber beschwert hätte, von China genötigt worden zu sein. Diese Anschuldigungen kommen nur von den westlichen Medien. Ich denke, daß China auf der anderen Seite die Lektion aus seiner langen Geschichte gelernt hat, aus dem Jahrhundert der Demütigung, den enormen Kämpfen des 20. Jahrhunderts. Jetzt, wo China endlich stark genug ist, um nicht mehr … [die Sendung geht in die Werbepause während Zepp-LaRouche noch spricht].

GE ANNA: Lassen Sie uns zum jüngsten Besuch des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz kommen. Dies ist der erste Besuch eines Staatsoberhauptes eines Landes der Europäischen Union seit Beginn der Pandemie und der erste Besuch von Scholz seit seinem Amtsantritt als deutscher Bundeskanzler. Auch diese Reise fand große Beachtung in den Medien. Helga Zepp-LaRouche, was, glauben Sie, macht dieses Treffen so bedeutsam für China und Deutschland im besonderen?

ZEPP-LAROUCHE: Ich halte das Treffen für äußerst wichtig, weil es die zweit- und viertgrößten Volkswirtschaften der Welt zusammenbringt. Offensichtlich ist ihre Zusammenarbeit extrem wichtig, um die Probleme in der Welt zu lösen. Es ist auch sehr bemerkenswert, daß Scholz diese Reise trotz des enormen Drucks unternommen hat, keine guten Beziehungen zu China zu haben. Er wird von den USA, von den Briten und den Atlantikern in Deutschland massiv unter Druck gesetzt. In der Tat ist die Haltung der deutschen Außenministerin Baerbock zu den Beziehungen zu China völlig unvernünftig. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, daß Scholz gefahren ist, insbesondere weil sich die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Deutschland im letzten Monat zum 50. Mal jährte. Offensichtlich hat Deutschland von dem enormen Aufstieg Chinas ungemein profitiert, und viel von dem Lebensstandard in Deutschland hat durch die starke Integration der beiden Volkswirtschaften gewonnen. Ich denke also, daß der Besuch extrem wichtig ist, und ich bin eigentlich froh darüber, weil ich hoffe, daß dies ein Signal für alle anderen europäischen Länder sein wird, und es ist zumindest eine kleine Demonstration von Souveränität von Seiten Deutschlands.

GE ANNA: Aber in den deutschen Medien erscheinen seit Tagen haufenweise Kommentare darüber, ob Scholz mit seinem Besuch in China Schwäche gegenüber Beijing zeigt oder ob er damit nur Zeit gewinnen will, Deutschland aus seiner Abhängigkeit von China zu lösen. Was denken Sie über diese Perspektive? Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Reise von Scholz nach China?

ZEPP-LAROUCHE: Scholz hat in einem längeren Gastbeitrag in der FAZ geschrieben, er wolle die Abhängigkeiten von bestimmten Lieferketten reduzieren. Das macht durchaus Sinn, denn wie wir bei der Pandemie gesehen haben, kann es in Krisenzeiten verheerend sein, wenn es keine Sicherheit in Bezug auf lebenswichtige Güter gibt. Aber das ist etwas anderes, als zu sagen, daß Deutschland sich abkoppeln sollte. Wenn Deutschland sich jetzt abkoppeln würde, [wäre das verheerend,]denn die Beziehung zu Rußland sind aufgrund des atlantischen Drucks bereits vollständig abgebrochen. Im Moment gibt es keine Beziehungen mehr zwischen Rußland und Deutschland. Dies sind die Worte des russischen Außenministers Lawrow. Ich denke, wenn Deutschland diesem Druck nachgeben und sich auch von China abkoppeln würde, wäre das das Ende Deutschlands als Industrienation. Wir stehen im kommenden Herbst und Winter vor einer enorm schwierigen Zeit wegen der Energiepreise, der Lebensmittelpreise, der Inflation; wir stehen vor einer möglichen Deindustrialisierung Deutschlands. Viele führende Vertreter der deutschen Industrie haben das sehr deutlich gesagt.

Daher denke ich, daß die Beziehungen zu China unbedingt ein Eckpfeiler für Deutschland als Industrienation sein müssen. Aber ich bin optimistisch, daß die Industrieführer, die Scholz auf dieser Reise begleiten, sehr deutlich gesagt haben, daß sie die Zukunft der deutschen Wirtschaft sehr eng mit der Chinas verknüpft sehen.

Aber es wird ein Kampf werden, denn ich erwarte, daß vor allem von den USA und Großbritannien weiterer Druck ausgehen wird; es wird also darum gehen, ob Deutschland seine Souveränität und seine eigenen Interessen durchsetzen kann. Wenn das geschieht, ist die Zukunft rosig. Ich habe schon oft gesagt, daß sich inzwischen ein neues Wirtschaftssystem zwischen den Ländern des globalen Südens entwickelt – die BRICS, die SCO, die Eurasische Wirtschaftsunion. Diese Länder bauen alle ein neues Wirtschaftssystem auf. Es wäre im grundlegenden Interesse Deutschlands als Exportnation, mit ihnen zu kooperieren. Wenn Deutschland in diese Richtung geht, werden hoffentlich auch viele andere europäische Länder den Nutzen für sich erkennen.

(Ge stellt Fragen an andere Gäste.)

GE ANNA: Frau Zepp-LaRouche, abgesehen von den Differenzen zwischen China und Deutschland sind sowohl China als auch Deutschland Nutznießer der Globalisierung und streben nach einer gerechteren internationalen Ordnung mit weniger politischen Gewinnen, Sanktionen und Konfrontationen. Glauben Sie, daß beide Seiten in diesen turbulenten Zeiten die gleiche Vision haben, wie Dr. Rong vorschlägt? In welchen Bereichen kann die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen China und Deutschland den Multilateralismus in der Welt besser sichern?

ZEPP-LAROUCHE: Wenn man kleinkariert denkt, denkt man natürlich, die Welt bestehe nur aus Konkurrenten. Wenn man aber kreativ denkt und der Meinung ist, daß wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt die Wirtschaft voranbringen, dann war das lange Zeit die Philosophie Deutschlands und ist es jetzt die Philosophie Chinas mit der kontinuierlichen Anwendung von Innovation. Wenn diese beiden Länder ihre kreativen Anstrengungen bei der Entdeckung neuer grundlegender physikalischer Prinzipien und des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts bündeln und zusammenarbeiten würden, könnten sie zu einer starken Lokomotive der Weltwirtschaft werden.

Wenn Deutschland und China zum Beispiel auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz, der Digitalisierung und der bemannten Raumfahrt zusammenarbeiten, würde dies eine ganze Reihe neuer Technologien eröffnen – echte fundamentale Durchbrüche im Zusammenhang mit der Weltraumforschung und der Raumfahrt. Daraus könnte ein Wissenschaftsmotor für die ganze Welt entstehen. Es bleibt zu hoffen, daß die Teile der deutschen Wirtschaft, die noch im traditionellen Sinne deutsch sind und nicht vom „grünen Wahn“, wie sich der frühere tschechische Präsident Vaclav Klaus ausdrückte, angesteckt sind, dann könnten beide Länder zum Nutzen der ganzen Welt eng zusammenarbeiten. Denn die Industriekapazitäten der gesamten Weltwirtschaft liegen derzeit unter dem Wert, der erforderlich ist, um genügend Nahrung und Entwicklung für alle Länder zu schaffen. Das ist der Grund für den weltweiten Hunger, den Mangel an sauberem Wasser und all diese Probleme.

Ich denke, philosophisch gesehen müssen wir zum Geist von Gottfried Wilhelm Leibniz zurückkehren, einem Philosophen des 17. und 18. Jahrhunderts, der 1697 das wunderbare Buch Novissima Sinica (Neues aus China) schrieb. Er warb damals dafür, daß Deutschland und ganz Europa mit China zusammenarbeiten und sich die Hand reichen sollten, um alle Länder der Erde zu entwickeln. Ich denke, das wäre die gemeinsame Mission für China und Deutschland in der besten Tradition der Leibnizschen Weltanschauung, die die fortschrittlichste philosophische Konzeption war, die Deutschland hatte.

(Ge stellt Fragen an andere Gäste.)

GE ANNA: Helga, was halten Sie davon, daß China die Nachbarschaftsdiplomatie zur obersten Priorität seiner Außenbeziehungen erklärt hat?

ZEPP-LAROUCHE: Ich denke, der Erfolg dieser Perspektive ist ziemlich offensichtlich, denn wenn man sich zum Beispiel die Regionale Umfassende Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) anschaut, die Anfang dieses Jahres gegründet wurde, ist sie inzwischen zur größten Freihandelszone der Welt geworden. In der ASEAN gibt es eine ähnlich gute Zusammenarbeit. Und all die anderen wirtschaftlichen und politischen Bündnisse und Partnerschaften, die China unterhält, die BRICS zum Beispiel – das sind nicht alle Nachbarn, aber trotzdem –, und die SCO, all das sind Beispiele für extrem gut funktionierende Beziehungen zwischen China und seinen Nachbarn. Ich denke, der Erfolg dieser Beziehungen zeigt sich darin, daß sich die wirtschaftliche Dynamik in der Welt eindeutig nach Asien verlagert hat. Ich denke, daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Asien, nicht nur in China, sondern auch in vielen anderen asiatischen Ländern, zum Motor der Weltwirtschaft geworden ist. Ich denke, das ist für die Zukunft sehr wichtig, denn wir befinden uns in einer Übergangsphase. Es ist ganz klar, daß das alte System der geopolitischen Kontrolle und der Blockbildung für die Zukunft nicht geeignet ist und ein neues Modell für die Zusammenarbeit gefunden werden muß. Und ich denke, daß das, was China mit dieser neuen Art von diplomatischen Beziehungen getan hat, tatsächlich ein Vorbild für viele Teile der Welt sein kann, das auf Souveränität, Nichteinmischung und der Akzeptanz eines anderen Gesellschaftsmodells beruht. Für andere Länder wäre es sehr nützlich, diese Ideen zu studieren.

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