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Konferenzbericht: Aufbruch in das neue Paradigma

Konferenzbericht: Aufbruch in das neue Paradigma

Die Online-Konferenz des Schiller-Instituts, die am vergangenen Wochenende unter dem Motto „Die Existenz der Menschheit hängt jetzt von der Schaffung eines neuen Paradigmas ab!“ stattfand,  hatte den Zweck, Redner und ein Publikum aus der ganzen Welt zusammenzubringen, um über die Prinzipien zu diskutieren, auf denen das entstehende neue Paradigma in den internationalen Beziehungen basieren soll. Das Ergebnis übertraf die Erwartungen.

Wir möchten alle, die das Programm nicht live verfolgen konnten, dazu ermutigen, sich die Zeit zu nehmen, die Videos hier anzusehen:
Deutsch
Englisch (Original)

Die Konferenz war um das Lebenswerk des am 12. Februar 2019 verstorbenen Ökonomen und Staatsmanns Lyndon LaRouche herum organisiert, natürlich im Bereich der Wirtschaft, aber auch der klassischen Kultur und der Grundlagen der Wissenschaften. So wurde die erste Sitzung mit zwei Videoausschnitten aus Reden LaRouches aus den Jahren 1997 und 2007 eröffnet, die lebhaft die außerordentliche Weitsicht belegten, die seine gesamte Karriere prägte. Er betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den USA und China für den Aufbau großer Infrastruktur-Plattformen sowie die entscheidende strategische Rolle der vier Nationen USA, Rußland, China und Indien für die Beendigung der Weltordnung des Britischen Empire.

Helga Zepp-LaRouche versetzte das Publikum dann in den breiteren Rahmen der Geschichte: Das heutige Zusammentreffen großer Krisen – die Coronavirus-Pandemie, die Heuschreckenplage von Afrika bis Indien, die drohende Welternährungskrise, steigende Arbeitslosigkeit usw. – sei nicht einmal mit dem finsteren Zeitalter des 14. Jahrhunderts vergleichbar. Die Welt müsse neue Prinzipien entdecken und „die langfristigen Ursachen der gegenwärtigen Krise ermitteln, um sie zu überwinden und ein neues Kapitel der Geschichte aufzuschlagen, indem wir die Ära der Geopolitik beenden und ein neues System errichten, das auf der Identität der Menschheit als schöpferische Gattung beruht.“

Frau LaRouche sprach auch über die aktuelle Eskalation in Richtung eines Atomkrieges, mit der verschärften Propaganda derselben Kreise, die schon hinter dem Putschversuch gegen Präsident Trump standen, wie dem MI-6 und der Henry Jackson Society, sich diesmal jedoch gegen China richten. Doch diese Operation entlarve auch den Feind, das Britische Empire, als ein sterbendes Imperium, das völlig von der Realität abgekoppelt ist. Und wenn jemand „bezahlen“ sollte – die Kriegsfraktion besteht jetzt darauf, daß China die wirtschaftlichen Kosten des Virus erstattet -, dann ist es das Britische Empire, das für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Verlust an Menschenleben seit mehr als zwei Jahrhunderten bezahlen sollte.

Im Anschluß gab sie einen breiten intellektuellen Überblick über die degenerierte liberal-neoliberale Weltordnung, von den völlig diskreditierten Ansichten eines Thomas Malthus zur „Überbevölkerung“ über die Weltsicht von Adam Smith bis hin zu deren modernen Ausdrucksformen wie der Spieltheorie und der computergesteuerten Finanzspekulation, die auf Bertrand Russells Korruption der Wissenschaft gründen. Als charakteristisch für die Bösartigkeit des Empire zitierte sie Russells Forderung, es sollte regelmäßig ein Schwarzer Tod über die Welt fegen, um „das Überbevölkerungsproblem zu lösen“.

Die Lösung, so betonte Helga Zepp-LaRouche, sei eine völlig neue Weltsicht, die auf dem wissenschaftlichen Fortschritt der Menschheit basiert, wie Erforschung des Weltraums, Fusionsenergie und Entwicklung des menschlichen Genies. Die Zusammenarbeit zwischen souveränen Nationen zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele der Menschheit müsse Vorrang vor Konflikten haben.

 

Die Sicht Rußlands und Chinas

Der nächste Redner war der Erste Stellv. Vertreter Rußlands bei der UNO, Dmitrij Poljanskij, der auf die laufende COVID-19-Pandemie, ihre breiteren sozialen Auswirkungen und die Notwendigkeit einer verstärkten globalen Zusammenarbeit einging. Er betonte insbesondere, man müsse Schuldzuweisungen an irgendwelche Länder vermeiden und dürfe nicht versuchen, die Krise zu nutzen, um Konkurrenzkämpfe zu verstärken. Er forderte die G20 auf, sich besonders der Anliegen der Entwicklungsländer anzunehmen.

Ihm folgte der Generalkonsul der Volksrepublik China in New York, S.E. Huang Ping. Botschafter Huang sprach per Videoaufzeichnung, da er bei der Lieferung medizinischer Hilfsgüter helfen mußte, die zur gleichen Zeit aus China in Boston eintrafen. Er nutzte die Gelegenheit, um einen Überblick über Chinas Sichtweise der aktuellen Pandemie und den Ansatz zu ihrer Bekämpfung zu geben, und rief zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den USA und China auf.

Es folgte eine kurze Fragerunde, Wissenschaftsberater des chinesischen Generalkonsulats in New York, Zhou Guolin, beantwortete dabei Fragen im Namen von Botschafter Huang. Die erste Frage betraf die Bedeutung eines visionären Gipfels der Ständigen fünf Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, den Rußland kürzlich angeregt hatte. Eine weitere Frage kam vom stellvertretenden UN-Vertreter Südafrikas zur Rolle der Kernkraft bei der Entwicklung Afrikas.

 

Europa muß sich der Gürtel- und Straßen-Initiative anschließen

Jacques Cheminade, dreimaliger Präsidentschaftskandidat in Frankreich, begann die zweite Hälfte der ersten Sitzung, sein Vortrag trug den vielsagenden Titel „Ein Europa, dessen man sich nicht schämen muß“. Cheminade beschrieb seine Sicht der verlorenen Sache Europas unter dem gegenwärtigen System von Kultur und Politik, wo „Lügen zu einer perversen Kunst geworden ist“. Dann sprach er über die notwendigen Veränderungen, um die wahren souveränen Nationen Europas wiederzubeleben, damit diese am neuen Paradigma der Entwicklung teilhaben können. Er bezeichnete die 30 Jahre des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg als ein Beispiel für das wahre Europa.

Es folgte Michele Geraci, Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliger Unterstaatssekretär im Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung Italiens. Geraci verfügt über umfangreiche Erfahrungen in China und war während seiner Regierungszeit entscheidend daran beteiligt, Chinas globales „Gürtel und Straße“-Entwicklungsprogramm bei den Italienern bekannt zu machen. Er sprach sowohl über seine Erfahrungen in China über zehn Jahre als auch über seine Erfahrungen in der italienischen Regierung in den letzten Jahren, wobei er betonte, man brauche mehr Fachwissen und Kompetenz und eine bessere Vertretung des italienischen Volkes.

Erklärungen kamen auch von Bassam Al-Hachem von der Universität des Libanon zur Krise in seinem Land, von Antonio „Butch“ Valdes von der Philippinischen LaRouche-Gesellschaft sowie von Daniel Burke, unabhängiger Kandidat für den US-Senat in New Jersey, der die Jugend der Welt aufrief, sich mit den Ideen Lyndon LaRouches für globale Entwicklung einzusetzen. Fragen kamen u.a. von den Botschaftern Costa Ricas, Malis und Nigerias in Kanada. Auch zwischen dem Publikum und Zepp-LaRouche, Geraci und Cheminade entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über die Europäische Union.

 

Unsere Herrschaft über das Universum verbessern

Die zweite Konferenzsitzung trug den Titel „Für ein besseres Verständnis der Funktionsweise unseres Universums“. Es war eine breit angelegte, internationale Diskussion über die Anwendung menschlicher Kreativität, Wissenschaft und Technik zur Verbesserung der Menschheit durch Zusammenarbeit zwischen den Nationen. Jason Ross, der die Podiumsdiskussion moderierte, erklärte zu Beginn, man könne den Aufbau eines Weltgesundheitssystems, wie ihn Helga Zepp-LaRouche fordert, als Teil der strategischen Verteidigung der menschlichen Gattung betrachten. Er schloß sich seinen Kollegen Megan Beets und Benjamin Deniston vom Wissenschaftsteam der LaRouche-Bewegung an, die Lyndon LaRouches Perspektive zur Umsetzung dieses Ziels erläuterten.

Deniston erinnerte zunächst an den russischen Vorschlag für eine Strategische Verteidigung der Erde (SDE) aus dem Jahr 2011, eine offensichtliche Bezugnahme auf Präsident Ronald Reagans Vorschlag der Strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) 1983. Lyndon LaRouche war bekannt als der geistige Vater dieser Politik Reagans, er hatte inoffiziell mit den Sowjets darüber verhandelt, um ihre Zustimmung zu einem solchen Plan zu erhalten. Aber auch andere wetteiferten um ihre eigene Version der SDI – oft, um LaRouches Vorschlag zu untergraben. Deniston definierte LaRouches SDI als ein Wissenschafts-Motor-Programm – ähnlich John F. Kennedys Apollo-Projekt -, das dazu beitragen sollte, die Volkswirtschaften beider Nationen aus der Sackgasse zu holen und gleichzeitig die geopolitische Kluft zu überwinden, die unter dem Prinzip „teile und herrsche“ entstanden war. Die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und der ständigen Erweiterung der Grenzen des menschlichen Wissens waren ein roter Faden der Beiträge. Ein Videoclip lieferte Lyndon LaRouches eigene Beschreibung des Konzepts.

Beets erläuterte, wie das SDE-Konzept Aspekte des Einflusses des Weltraums auf das Wetter und den Schutz vor koronalen Massenauswürfen und Sonneneruptionen umfassen würde. Beets und Deniston griffen auch andere Fragen der Asteroiden- und Kometenabwehr, der langfristigen solaren und galaktischen Zyklen auf, wie sich diese auf das Artensterben und auf die Lebenszyklen von Viren auswirken können. Ross sagte, es wäre eine Tragödie, sich von einem Virus oder einer gescheiterten Wirtschaftspolitik als Geisel nehmen zu lassen, wenn wir es nicht schaffen, uns von gescheiterten Axiomen zu befreien.

Jean-Pierre Luminet, Astrophysiker und emeritierter Forscher am französischen Nationalen Zentrum für Wissenschaftliche Forschung, griff dann in seinem Vortrag „Die Rolle der freien Erfindung bei der kreativen Entdeckung“ das Thema des wissenschaftlichen Denkens auf. Luminet erläuterte seine Sicht der Entwicklung der Wissenschaft von der Antike bis zu Kepler, Einstein und modernen Theorien, er betonte jedoch, wie ähnlich wissenschaftliche Durchbrüche künstlerischen Ausdrucksformen sind.

 

Raumforschung ist der Schlüssel zur Zukunft

Es folgten zwei ehemalige Astronauten, Michel Tognini und Walt Cunningham. Tognini, Brigadegeneral der französischen Luftwaffe und ehemaliger Astronaut des CNES (Nationales Zentrum für Weltraumstudien) und der ESA, war auf der Internationalen Raumstation, an Bord der Columbia und der Sojus insgesamt 19 Tage im Weltraum. Auf der Grundlage seiner eigenen Erfahrungen plädierte er nachdrücklich für enge Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen den Weltraumforschern aller Länder. Walt Cunningham ist ein ehemaliger NASA-Astronaut, der an der Apollo 7-Mission teilgenommen hat. Er beschrieb diesen historischen Flug und den Geist, den die NASA heute braucht.

Die Astrophysikerin Dr. Marie Korsaga aus Burkina Faso beschäftigte sich dann mit der Notwendigkeit der wissenschaftlichen Bildung für junge Afrikaner. 40% der Afrikaner sind unter 15 Jahre alt, was in den kommenden Jahren explosive Folgen haben wird – im Guten oder im Schlechten, je nachdem, ob dieser Reichtum mit Bildung und wirtschaftlicher Entwicklung kultiviert wird. Sie machte sich auch Gedanken über Frauen in der Wissenschaft in Afrika, von denen es leider nur wenige gibt.

Joe Pennacchio, Landessenator im US-Staat New Jersey, schloß sich in seinem Vortrag „Kernfusion zur Realität machen“ Korsagas Appell für die Zukunft der Jugend an. Pennacchio ist der Autor eines Gesetzesvorschlags im Landtag von New Jersey für die Entwicklung der Kernfusion. Mit 65 Jahren kämpft er für die Fusion als Energiequelle für die zukünftigen Generationen.

Will Happer, emeritierter Physikprofessor an der Princeton University, der auch zeitweise in Präsident Trumps Nationalem Sicherheitsrat für Wissenschaftsfragen zuständig war, gab seine Einblicke in den Streit um den „menschengemachten Klimawandel“ und bezeichnete die Anhänger dieser These als „Kultreligion“, deren Anhänger sich weigern, überhaupt darüber zu debattieren. Happer beschrieb auch, wie viele wissenschaftliche Entdeckungen durch „Unfälle“ zustande kamen, wenn Wissenschaftler feststellten, daß ihre Experimente nicht die erwarteten Ergebnisse brachten und sie zwangen, ein höher geordnetes Konzept der Gesetze des Universums zu entwickeln, um das unerwartete Ergebnis zu erklären. Dieses Thema löste in der lebhaften Frageperiode eine große Diskussion aus.

Dr. Kildare Clarke, Arzt aus New York, schilderte anschließend seine Erkenntnisse über die Auswirkungen des Abbaus des öffentlichen Gesundheitssystems in den USA durch die Privatisierung. Es folgte Dr. Guangxi Li von der Chinesischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften in Peking und der Mayo-Klinik. Li stellte seinen Erfolg bei der Anwendung der traditionellen chinesischen Kräutermedizin bei der Behandlung von COVID-19 in frühen Stadien vor, die anders als andere virale Pneumonien sei.

Die Sitzung schloß mit der Beantwortung von Fragen, u.a. über die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit, Möglichkeiten für junge Menschen, an wissenschaftlichen Durchbrüchen teilzuhaben, und den Pessimismus und die Verzweiflung zu beseitigen, der mit der Klimawandellobby verbunden sind.

 

Warum wir eine klassische Renaissance brauchen

Die dritte Sitzung begann mit einer Einführung von Dennis Speed vom Schiller-Institut, der diesen Konferenzteil Lyndon LaRouche und dem berühmten afroamerikanischen Baßbariton William Warfield widmete, der bis zu seinem Tod im Jahr 2002 dem Vorstand des Schiller-Instituts angehörte.

Nach einer Aufführung von Beethovens Liederzyklus An die ferne Geliebte mit dem Tenor John Sigerson und der Pianistin Margaret Greenspan wurde ein ausdrucksstarker Videoclip von Lyndon LaRouche bei einer Ansprache in einem Konzert an der Howard University in den 90er Jahren gezeigt. Er sprach über die notwendige Verbindung zwischen der klassischen Wissenschaft und der klassischen Kunst und betonte, alle Kunst sei verstehbar, keine Zauberei, und sie sei universell.

Helga Zepp-LaRouche erörterte in ihrem Eröffnungsvortrag Friedrich Schillers großartiges Menschenbild, das Erreichen unserer wahren Identität als schöpferische Wesen. Sie habe das große Glück gehabt, in der Schule Schiller und andere klassische Werke kennenzulernen, die ihren Charakter und ihre Weltanschauung tiefgreifend prägten und stärkten, bevor sie begann, sich mit dem Zeitgeschehen zu beschäftigen. Einen Einblick in die heutige Kultur könne man gewinnen, indem man sich anschaut, wie die Menschen auf die Ausgeh- und Kontaktbeschränkungen aufgrund von COVID-19 reagieren. Während viele Menschen als Reaktion darauf ihren schlimmsten hedonistischen Impulsen folgten, hätten sich andere der klassischen Musik und der Inspiration durch die große Kunst zugewandt. Dies sehe man in Italien, Frankreich, Deutschland und anderen Ländern an den Menschen, die auf ihren Balkonen gemeinsam Opernstücke singen und Musik aufführen.

Zepp-LaRouche führte die Zuhörer dann durch verschiedene Auszüge aus Schillers Ästhetischen Briefen, um zu zeigen, warum der Künstler selbst auf dem moralisch höchsten Niveau sein muß, da der eigentliche Zweck der klassischen Kunst darin bestehe, die individuellen Ziele des einzelnen mit den höheren Zielen der Menschheit in Einklang zu bringen.

 

Die Einzigartigkeit der Spirituals

Professor Eugene Thamon Simpson bot in seinem Vortrag „Hall Johnson und Dvoraks Traum – vom Spiritual zum Kunstlied“ einen Rückblick auf einige wesentliche Aspekte der Geschichte des afroamerikanischen Spirituals, einschließlich des Kampfes darum, diese schöne Musik auf die Konzertbühne zu bringen. Er zeigte die Verwandtschaft zwischen dem deutschen Kunstlied und dem Spiritual auf. Nachdem die Spirituals anfangs an den Rand gedrängt und sogar lächerlich gemacht wurden, habe die Ankunft von Antonin Dvorak in Amerika und seine Entdeckung dieser Musik diese Kunstform befreit und veredelt.

Professor emeritus Willis Patterson aus Michigan widmete seinen Vortrag dem Thema „Die Präsenz des klassischen Prinzips in der Volksmusik“. Es war eine bewegende Diskussion über die veredelnde Wirkung von Volksliedern und Spirituals auf die Seele als Quelle des Trostes und die auffällige Tatsache, daß schöne Musik sinnvoller ist, als immer neue Kriege zu führen. Dr. Patterson beendete seinen Vortrag mit einem Verweis auf Schillers Ode an die Freude und spielte eine Aufnahme von sich selbst als Solist (Baßbariton) in Beethovens Neunter Symphonie vor.

„Die physische Kraft der klassischen Poesie und Musik“ war das Thema des Vortrags von John Sigerson, dem musikalischen Direktor des Schiller-Instituts. Er polemisierte gegen die Vorstellung, klassische Musik sei in ihren Auswirkungen auf die physische Welt um uns herum nur eine „Stilfrage“, aber kein physikalisches Prinzip. In der Klassik geht es um Musik mit einem Zweck, im Gegensatz zu bloßen momentanen Effekten. Ausgehend von Zitaten von Max Planck und Albert Einstein setzte Sigerson Agapē mit dem Hunger nach Wahrheit gleich. Das sei ein Handlungsprinzip, das man sowohl in der klassischen Musik als auch in der klassischen Wissenschaft antreffe.

Teng Jimeng, Professor für Amerikastudien an der Beijing Foreign Studies University, gab mit einem Video aus Peking einen willkommenen Einblick in die klassische Tradition in China. Er zitierte aus Präsident Xi Jinpings jüngsten Schriften über Tugend und Kunst und erklärte, dies sei Teil der ästhetischen Erziehung in China, zusammen mit Altruismus und Patriotismus. Teng erörterte den Konfuzianismus, der die Verpflichtung der Chinesen präge, die alten Menschen zu ehren und der Welt und den Notleidenden zu helfen.

Diane Sare und Leah DeGruchy vom Schiller-Institut sprachen über den „Einsatz des Chors in der Politik“, wobei sie Beispiele aus Shakespeares Kaufmann von Venedig sowie Beethovens Missa Solemnis und Bachs Passionen anführten.

Begeisterte Grußworte an die Konferenz kamen vom Dirigenten und Tenor Gregory Hopkins aus New York, der seit vielen Jahren mit dem Schiller-Institut zusammenarbeitet. Er berichtete, dies sei eine sehr schwierige Zeit für Musiker, von denen so viele durch die Pandemie ihren Arbeitsplatz und ihre Krankenversicherung verloren haben, er erinnerte jedoch an das bekannte tröstliche Spiritual „I’m so glad trouble don’t last always“ – „Ich bin so froh, daß die Not nicht ewig währt“.

Auf die Vorträge folgte eine sehr intensive Diskussion, die sich am besten auf Video verfolgen läßt. Vor allem aber rief Zepp-LaRouche alle Zuhörer auf, sich ihr in einer weltweiten Renaissancebewegung anzuschließen.

 

Die Wissenschaft der physischen Ökonomie

Die vierte Sitzung, die sich mit LaRouches Wissenschaft der physischen Ökonomie befaßte, umfaßte ein breites Spektrum von 16 Rednern sowie zahlreichen Zuschauerfragen. In seinem Eröffnungsvortrag befaßt sich Dennis Small, Direktor des Schiller-Instituts für Iberoamerika, mit der aktuellen Krise der Zivilisation mit der Pandemie und dem finanziell-ökonomischen Kollaps im Kontext von LaRouches grundlegendem, neuen Konzept der „potentiellen relativen Bevölkerungsdichte“. Er zeigte eine Rede LaRouches von 1997, der darin erklärt, warum der Verfall der europäischen Zivilisation zur Hungerkatastrophe des 14. Jahrhunderts führte, und davor warnt, die damaligen „afrikanischen“ wirtschaftlichen Bedingungen würden diese Realität, einschließlich Seuchen, in die ganze Welt bringen, „wenn wir das todgeweihte IWF-System nicht ablösen können“. Small sagte unter Bezug auf LaRouche, die potentielle relative Bevölkerungsdichte – ausgedrückt in den wissenschaftlichen, technischen und kulturell-pädagogischen Fähigkeiten der Gesellschaft, eine wachsende Bevölkerung zu versorgen und bereichern -, könne auch auf ein Niveau unterhalb der vorhandenen Bevölkerungsdichte sinken, was zu einer menschlichen Katastrophe führen kann. Er beschrieb LaRouches Vorschlag der „Vier Gesetze“ von 2014 als unmittelbare Schritte zur Umkehrung solcher Katastrophen und trug Helga Zepp-LaRouches Vorschlag für ein neues „Weltgesundheitssystem“ vor.

Es folgten fünf Vorträge über die dringende wirtschaftliche Entwicklung Afrikas, wobei die „potentielle relative Bevölkerungsdichte“ ein implizites Thema war. Sébastien Périmony, Leiter der Afrika-Sektion des französischen Schiller-Instituts, bezeichnete die Gründung von neun nationalen Raumfahrtbehörden und einer Afrikanischen Weltraumbehörde in den letzten 20 Jahren als entscheidend für das Entwicklungspotential des Kontinents. Satelliten können die Verbesserung der Landwirtschaft steuern, die ländliche Bildung fördern, Terroristen und Heuschreckenschwärme aufspüren, Krankheitsausbrüche kartieren und die enormen Möglichkeiten großer Infrastrukturprojekte, wie das Transaqua-Projekt zur Wiederauffüllung des Tschadsees, unter Beweis stellen. „Nichts ist lokaler als der Weltraum“, sagte Périmony, und er erinnerte daran, daß die afrikanische Gesellschaft für Weltraum und Wissenschaft mit Sitz in Äthiopien mehr als 10.000 Mitglieder hat.

Cédric Mbeng Mezui ist der Gründer der Denkfabrik FinanceAfrika in Gabun und Autor mehrerer Bücher, u.a. über die Bedeutung von Alexander Hamiltons Kreditpolitik für Afrika (Unlocking the Potential of Africa – Ideas by Alexander Hamilton). Er beschrieb Hamiltons Prinzipien für den Aufbau eines nationalen Kreditwesens, der Inlandsnachfrage und der Lieferketten sowie der Industrialisierung. Ihm folgte der ehemalige Vorsitzende der South African Nuclear Energy Corp., Dr. Kelvin Kemm, der alle Zuschauer aufforderte, bei dieser Konferenz „an die ganze Welt zu denken“.

Phillip Tsokolibane kehrte zum ursprünglichen Konzept von Dennis Small zurück. „Wenn Afrika sein volles Potential ausschöpfen würde, dann würde es ein wirtschaftliches Kraftzentrum“, sagte er. Gleich mehrere Redner erinnerten an die enorme Größe Afrikas und seines fruchtbaren Landes, mit 1,3 Milliarden Afrikanern auf einem Kontinent, in dessen Fläche Regionen mit fast 4 Milliarden Menschen (China, Indien, USA und EU zusammen) hineinpassen würden. Die potentielle relative Bevölkerungsdichte nach LaRouches Begriff sei dort also sehr gering, und sie könnte unter die reale heutige Bevölkerungsdichte in Afrika fallen, was – wie schon Small gewarnt hatte – eine große Zahl unnötiger Todesfälle verursachen könnte. Daher sind der unmittelbare Aufbau eines Gesundheitssystems, das den Menschen an die erste Stelle setzt („People First“) und die wirtschaftliche Entwicklung für Millionen Menschen eine Frage von Leben oder Tod.

Die Diplomatin Yang Yan vom chinesischen Konsulat in Paris beschrieb, wie China und Frankreich versuchen, Chinas produktive Kapazität mit den fortgeschrittenen technologischen Kapazitäten Frankreichs zu kombinieren, um die wirtschaftliche Produktivität in Afrika durch Investitionen zu verbessern. Sie betonte, daß diese Zusammenarbeit „anderen Ländern und internationalen Organisationen angeboten wird, um zur Entwicklung Afrikas beizutragen“.

 

Den Menschen dienen, nicht den Banken

Die folgenden Beiträge gingen auf verschiedene Aspekte des Scheiterns des neoliberalen, monetaristischen Finanzsystems ein. Sechs führende Vertreter von Bauernverbänden aus den USA, die der Agrarexperte des Schiller-Instituts Bob Baker vorstellte, beschrieben, warum die unabhängige Landwirtschaft in Amerika nicht mehr überleben kann. Die Preise für die amerikanische und europäische Agrarproduktion sind seit mehreren Jahren extrem niedrig und stürzen nun weiter ab, da die Lebensmittelversorgungsketten unter den Pandemiebedingungen unterbrochen sind. Alle Bauernvertreter forderten Paritätspreise für landwirtschaftliche Güter. (Wir werden in einer späteren Ausgabe ausführlicher auf dieses Thema eingehen).

Professor Mario Roberto Morales aus Guatemala gab einen Überblick über die Unterschiede zwischen einer produktiven und einer spekulativen Wirtschaft. Nach ihm beschrieb Jack Lynch, ehemaliger Leiter der First Midwest Bank of Illinois, wie er 2016 erreichte, daß die Wiedereinführung der Glass-Steagall-Bankentrennung in das Präsidentschaftswahlprogramm der Republikaner aufgenommen wurde. Er hatte LaRouches Analysen bereits viele Jahre verfolgt. Der ehemalige Exekutivdirektor für Japan beim IWF, Daisuke Kotegawa, beschrieb, wie 2008 große Banken und Hedgefonds auf Kosten der Gesundheitssysteme, der Lebensstandards der Arbeitnehmer und der kleinen Unternehmen gerettet wurden. Ellen Brown, Präsidentin des Public Banking Institute, hielt einen Vortrag über „Produktive Kredite im Gegensatz zu räuberischen Schulden“ und stellte fest, daß LaRouche bereits vor 40 Jahren direkte Währungsemissionen des Finanzministeriums vorgeschlagen hatte.

Am Ende der zweitägigen Beratungen forderte Zepp-LaRouche alle Zuhörer auf, die vom Schiller-Institut vorgeschlagene Lösung für die Krisen aufzugreifen, „insbesondere den Vier-Mächte-Ansatz, den wir vorantreiben. Machen Sie mit bei einer umfassenden Mobilisierung für diesen Vorschlag.“

 

Erster Band von LaRouches gesammelten Werken veröffentlicht

Im Verlauf der Konferenz wurde der erste Band der gesammelten Werke von Lyndon LaRouche vorgestellt, herausgegeben von der LaRouche Legacy Foundation (im englischen Original). Er enthält einige seiner wichtigsten wirtschaftswissenschaftlichen Schriften, die bis in die frühen 1970er Jahre zurückreichen. Dazu wurde eine Videopräsentation gezeigt, die Helga Zepp-LaRouche im vergangenen Jahr zur Erläuterung der Initiative gemacht hat. Sie stellt dort fest, daß LaRouches Denkmethode ihn auf die Ebene jener wenigen Denker stellt, die „durch ihren intellektuellen Beitrag das gesamte Wissen ihrer Zeit verändern und die Grundlage für kommende Generationen schaffen“. In der heutigen Zeit, in der sich der Westen wirtschaftlich, kulturell und wissenschaftlich in einer tiefen Krise befinde, könne die weite Verbreitung von LaRouches Ideen eine neue Renaissance auslösen, mit ebenso weitreichenden Folgen wie die italienische Renaissance. Sie rief alle auf, nach Kräften dazu beizutragen, unter anderem durch Spenden an die Legacy Foundation und durch den Kauf mehrerer Exemplare des Buches, um es Schulen und Bibliotheken zu spenden. Der Link zur Webseite ist: https://www.larouchelegacyfoundation.org/collected-works/volume1.

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