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BRICS – So sieht eine tektonische Veränderung aus

BRICS – So sieht eine tektonische Veränderung aus

Es war die perfekte Metapher für die wachsende Macht der globalen Mehrheit in ihrem unaufhaltsamen Bestreben, 500 Jahre wirtschaftlicher Ausplünderung, Rückständigkeit und Kriege im Kolonialstil zu beenden: Am Mittwoch, dem 23. August, inmitten des dreitägigen BRICS-Gipfels in Johannesburg, Südafrika, gelang es Indien, sein Chandraayan-3-Modul auf der Oberfläche des Mondes in der Nähe seines Südpols zu landen. Unter den vielen Millionen Menschen, die weltweit die Live-Übertragung aus dem Missionsraum der indischen Weltraumforschungsorganisation verfolgten, war auch Premierminister Narendra Modi, der in Johannesburg zusammen mit den Staats- und Regierungschefs von Brasilien, Rußland, China und Südafrika am BRICS-Gipfel teilnahm.

Unmittelbar nach dem überwältigenden Erfolg wandte sich Modi an die Wissenschaftler des ISRO-Zentrums – und an die Welt. „Indiens erfolgreiche Mondmission ist nicht die von Indiens alleine“, sagte er. „Dieser Erfolg gehört der ganzen Menschheit…. Ich bin zuversichtlich, daß alle Länder der Welt, einschließlich der Länder des globalen Südens, in der Lage sind, solche Leistungen zu vollbringen. Wir können alle nach dem Mond und darüber hinaus streben.“ Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa, der Gastgeber des Gipfels, antwortete darauf: „Dies ist für uns als BRICS-Familie ein bedeutsames Ereignis, und wir freuen uns mit Ihnen“, sagte er unter Beifall.

Der Verlauf der Plenarsitzung des BRICS-Gipfels am Mittwoch, auf der die Staats- und Regierungschefs aller fünf BRICS-Länder sprachen, machte deutlich, daß tatsächlich eine weltweite tektonische Veränderung im Gange ist, die sich aus der Einsicht speist, daß eine neue Architektur des Friedens und der Entwicklung jetzt eine Voraussetzung für das Überleben ist. „Die Welt verändert sich“, betonte Präsident Ramaphosa in seiner Eröffnungsrede. Die Welt steht vor einer außerordentlich gefährlichen Krise, sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht, und „wir sind uns durchaus bewußt, wohin dieser Weg führen könnte“, betonte der brasilianische Präsident Lula da Silva. „Die Welt muß begreifen, daß die damit verbundenen Risiken für die Menschheit nicht hinnehmbar sind“.

Außerdem sei es „inakzeptabel, daß die weltweiten Militärausgaben in einem einzigen Jahr 2 Billionen Dollar übersteigen, während die FAO uns mitteilt, daß täglich 735 Millionen Menschen auf der Welt Hunger leiden“. Lula drängte darauf, eine friedliche Verhandlungslösung für die Ukraine-Krise zu finden, und lobte die Friedensvorschläge von drei BRICS-Mitgliedern China, Südafrika und Brasilien. Auch der chinesische Präsident Xi Jinping betonte, daß „die Welt in eine neue Zeit der Turbulenzen und des Wandels eingetreten ist“ und daß Frieden und Entwicklung Hand in Hand gehen müssen. In seiner Rede vor dem BRICS-Wirtschaftsforum am 22. August betonte er: „Sollen wir  zusammenarbeiten, um Frieden und Stabilität zu bewahren, oder einfach in  den Abgrund eines neuen Kalten Krieges schlafwandeln?“ Der Gipfel, so erklärte er, „ist ein Versuch, die Architektur des Friedens und der Entwicklung zu erweitern“. Diese neue Architektur müsse die Sicherheit aller Nationen, ob groß oder klein, gewährleisten, betonten verschiedene Staats- und Regierungschefs.

Zur Überwindung von Armut und Unterentwicklung erklärte Präsident Ramaphosa: „Wir wissen, daß Armut, Ungleichheit und  Unterentwicklung die größten Herausforderungen für die Menschheit sind.“ Präsident Xi erklärte, daß „Entwicklung ein unveräußerliches Recht aller Länder ist und kein Privileg, das nur einigen wenigen vorbehalten ist“ und daß „wir die Rolle der Neuen Entwicklungsbank [der BRICS] voll ausschöpfen müssen“. Präsident Putin rief die BRICS dazu auf, „eine Partnerschaft in den Bereichen Wissenschaft und Innovation, Gesundheitswesen, Bildung und humanitären Beziehungen im Allgemeinen aufzubauen“, und betonte, daß sie „die Zusammenarbeit zwischen den Banken ausbauen [und] die Verwendung nationaler Währungen erweitern“ sollten.Präsident Lula erläuterte die Rolle der New Development Bank (NDB, Neue Entwicklungsbank) als Quelle für Nicht-Dollar-Kredite, die in Entwicklungsprojekte zur Steigerung der physisch-wirtschaftlichen Produktivität fließen sollen – ein entscheidendes Thema, das auch im Bericht der NDB-Präsidentin Dilma Rousseff an die Staats- und Regierungschefs der BRICS aufgegriffen wurde.

„Durch die Neue Entwicklungsbank“, so Lula, „können wir unsere eigenen  Finanzierungsalternativen anbieten, die auf die Bedürfnisse des globalen Südens zugeschnitten sind. Ich bin sicher, daß die Bank unter der Führung meiner Kollegin Dilma Rousseff diese Herausforderungen meistern wird. Die Schaffung einer Währung für Handels- und Investitionstransaktionen zwischen den BRICS-Mitgliedern erhöht unsere  Zahlungsmöglichkeiten und verringert die Anfälligkeit“.

Einigkeit herrschte unter den fünf Staats- und Regierungschefs auch darüber, daß eine Erweiterung der BRICS wünschenswert ist – 23 Länder haben bereits einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt -, auch wenn die konkreten Mechanismen und Grundsätze dieser Erweiterung erst am Donnerstag, dem 24. August, bekannt gegeben werden sollen.  Premierminister Modi erklärte unzweideutig: „Indien unterstützt die Erweiterung der BRICS-Mitgliedschaft voll und ganz“. Präsident Xi sagte: „Ich freue mich über den wachsenden Enthusiasmus der Entwicklungsländer für die BRICS-Zusammenarbeit, und eine ganze Reihe von ihnen hat sich um den Beitritt zum BRICS-Kooperationsmechanismus beworben. Wir brauchen […] eine Win-Win-Kooperation, um mehr Länder in die BRICS-Familie zu bringen, damit wir unsere Weisheit und Stärke bündeln können.“

[Anmerkung der Redaktion: mittlerweile wurde die Erweiterung der BRICS-Staaten um Argentinien, Äthiopien, Ägypten, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate bekannt gegeben]

Aber vielleicht sind die zahlreichen Äußerungen der Staats- und Regierungschefs über die gemeinsamen philosophischen Wurzeln und die Verpflichtung jeder ihrer Kulturen gegenüber der gesamten Menschheit, dem Wohl der Menschheit, am bezeichnendsten für den sich vollziehenden Wandel, für das sich abzeichnende neue Paradigma der Zusammenarbeit und des Dialogs der Zivilisationen, das auf dem BRICS-Gipfel spürbar wurde. So begann der indische Premierminister Modi seine Ausführungen vor dem Plenum mit der Bemerkung, daß „in einiger Entfernung von hier die Tolstoi-Farm liegt, die vor 110 Jahren von Mahatma Gandhi gebaut wurde. Indem er die großen Ideen Indiens, Eurasiens und Afrikas miteinander verband, legte Mahatma Gandhi ein starkes Fundament für unsere Einheit und gegenseitige Harmonie“.

In ähnlicher Weise äußerte sich Präsident Xi in einem Artikel, der am 21. August in mehreren südafrikanischen Zeitungen veröffentlicht wurde: „Die südafrikanische Ubuntu-Philosophie steht für Mitgefühl und Teilen. Sie stimmt gut mit den Werten des Konfuzianismus überein – ‚Liebe die Menschen und alle Wesen und strebe nach Harmonie zwischen allen Nationen‘.“ Und er schloss seine Ausführungen in der Plenarsitzung mit folgendem Aufruf: „Ein afrikanisches Sprichwort sagt: ‚Wenn du schnell gehen willst, geh allein; wenn du weit gehen willst, geh gemeinsam.‘ Die Ubuntu-Philosophie, die davon ausgeht, daß ‚ich bin, weil wir sind‘, betont die gegenseitige Abhängigkeit und Verbundenheit aller Völker. Auch das chinesische Volk strebt seit Jahrtausenden ein harmonisches Zusammenleben an. China ist bereit, mit den BRICS-Partnern zusammenzuarbeiten, um die Vision einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit zu verfolgen, die strategische Partnerschaft auszubauen und die Zusammenarbeit in allen Bereichen zu vertiefen. Als BRICS-Mitglieder sollten wir unsere gemeinsamen Herausforderungen mit einem gemeinsamen Sendungsbewusstsein angehen, eine bessere Zukunft mit einem gemeinsamen Ziel gestalten und uns gemeinsam auf den Weg der Modernisierung begeben.“ 

Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, reagierte auf den historischen BRICS-Gipfel und auf das, was nun folgen muß: „Jetzt fehlt nur noch der Globale Norden“, um eine echte Renaissance für die gesamte Menschheit herbeizuführen. Das ist das zentrale Thema von Zepp-LaRouches weit verbreiteter Petition „Appell an die Bürger des Globalen Nordens: Wir müssen den Bau einer neuen gerechten Weltwirtschaftsordnung unterstützen!“ und dem Auszug ihres wöchentlichen Live-Online-Dialogs „BRICS – So sieht eine tektonische Veränderung aus“

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