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Konferenzbericht: Zeitalter der Vernunft oder Vernichtung der Menschheit?

Konferenzbericht: Zeitalter der Vernunft oder Vernichtung der Menschheit?

Wer dauerhaften Frieden will, muß die Ursachen beseitigen. Damit befaßte sich eine internationale Konferenz des Schiller-Instituts am 4. Februar.

Bericht zur Internetkonferenz des internationalen Schiller-Instituts am 4. Februar 2023: Zeitalter der Vernunft oder Vernichtung der Menschheit?

Dennis Speed eröffnete als Moderator die internationale Online-Konferenz des Schiller-Instituts am 4. Februar mit der Frage: „Wird dieses Jahrzehnt dasjenige sein, das ein neues Zeitalter der Vernunft einläutet, oder wird es Zeuge der Vernichtung der Menschheit sein?“ Die Konferenz diene dazu, „herauszufinden, wie ein atomarer dritter Weltkrieg vermieden werden kann.“

Er erinnerte daran, daß am 2. Februar der 80. Jahrestag des russisch-sowjetischen Sieges über die Nazis in Stalingrad war, der größten Schlacht der Weltgeschichte und dem Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg, der 100 Millionen Menschen das Leben kostete. Heute seien 50, 60 oder 70 mal soviele Menschen bedroht. „Wir müssen lernen, wie beim Westfälischen Frieden den Frieden ohne Vorbedingungen auszuhandeln. Wahrer Frieden erfordert die weltweite Förderung des Allgemeinwohls der Menschheit und ihrer Nachkommen. Die Veteranen des Zweiten Weltkriegs hätten gewußt, daß wir den Krieg nur dann für immer abschaffen können, wenn wir eine gerechte Weltordnung schaffen, die den inhärenten Wert eines jeden Menschenlebens anerkennt. „Das bedeutet, die objektiven Ursachen von Krieg zu beseitigen: Armut, Hunger, Unwissenheit und epidemische Krankheiten.“

Auf diese Einführung folgte ein Videoauszug aus einer Rede von Lyndon LaRouche aus dem Jahr 1997 über die Gründe für seinen Vorschlag einer neuen, parallelen Doktrin der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion für „Gegenseitig gesichertes Überleben“ auf der Grundlage neuer physikalischer Prinzipien, der 1983 von US-Präsident Ronald Reagan als Strategische Verteidigungsinitiative (SDI) angenommen wurde. Doch da sein Vorschlag von der sowjetischen Führung abgelehnt und von der anglophilen Fraktion in den USA unterminiert wurde, besteht die Gefahr eines Atomkrieges weiter, und sie ist, wie ein Redner auf der Konferenz am 4. Februar bemerkte, heute so hoch wie nie zuvor. Viele Redner erinnerten die Zuhörer daran, daß die Weltuntergangsuhr des Bulletin of the Atomic Scientists jetzt 90 Sekunden vor Zwölf anzeigt.

An der Konferenz nahmen 25 Redner aus 17 Ländern teil, die beiden Sitzungen wurden von Dennis Speed und Dennis Small vom Schiller-Institut moderiert. Acht Stunden lang wurde intensiv diskutiert, und die Teilnehmer aus Nord- und Südamerika, Asien, Europa und Afrika standen live Rede und Antwort. Mehrere Teilnehmer gaben einen Ausblick auf die bevorstehende Kundgebung gegen den Atomkrieg am 19. Februar in Washington sowie Demonstrationen in anderen Städten und Ländern, und das internationale Publikum wurde aufgefordert, sich daran zu beteiligen.

Wie kann der Dritte Weltkrieg vermieden werden?

Der erste Konferenzabschnitt befaßte sich mit der Frage, wie ein Dritter Weltkrieg abgewandt werden kann. Den Eröffnungsvortrag hielt die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche. Sie demontierte treffend die verschiedenen Elemente des offiziellen, von Neokonservativen inspirierten „Narrativs“ über die Geschichte des Ukraine-Krieges und verspottete die „Legionen geistig gestörter Journalisten“, die es wie besessen wiederholen. Rußland habe im Juni die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung aufgegeben, aber es sei erfreulich, daß der neu gewählte brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva einen „Friedensclub“ bildet, der die Initiative des Papstes, der den Vatikan als Ort für bedingungslose Verhandlungen angeboten hat, stärken wird. Die Unnachgiebigkeit und Kriegslust der anglo-amerikanischen Fraktion seien „Versuche, die Kontrolle über eine unipolare Welt zurückzuerobern“.

Sie schloß mit einem Verweis auf ihre „Zehn Prinzipien einer neuen internationalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur“ und merkte an, das umstrittenste sei die Nummer 10: „Die Grundannahme für das neue Paradigma ist, daß der Mensch von Grund auf gut ist und fähig ist, die Kreativität seines Geistes und die Schönheit seiner Seele unendlich zu vervollkommnen.“ Dieses zehnte Prinzip treffe den Kern unserer Fähigkeit, die Krise zu lösen. Nur die verschiedenen Formen des Oligarchismus beharrten darauf, daß der Mensch immanent böse sei, und deshalb müssen wir „die Welt ein für allemal vom Oligarchismus befreien“. (Den Text ihrer Ausführungen finden Sie auf den Seiten 1-3.)

Donald Ramotar, ehemaliger Staatspräsident von Guyana, beklagte die vollständige Kolonisierung Europas durch die USA mittels der EU. Die Haltung der USA gegenüber Europa habe Victoria Nuland vom US-Außenministerium in ihrer berüchtigten Äußerung („F- the EU“) treffend zum Ausdruck gebracht. Er berichtete dann über die wachsende Bewegung, einen Ersatz für den Dollar als Grundlage des globalen Finanzsystems zu schaffen, einschließlich einer möglichen Rolle für den chinesischen Yen oder die Möglichkeit, daß eine neue Währung Gestalt annimmt. Dies sei notwendig, weil die von den USA verhängten Finanzsanktionen wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Nationen auf der ganzen Welt hängen. Die Schulden der USA seien 1,5 Mal größer als ihr BIP, was in jedem anderen Land eine große Krise wäre, doch die USA hätten dies bisher dank der Dominanz des Dollars überstanden. Wenn der Dollar im Welthandel an Bedeutung verliere, werde dies eine sehr große Herausforderung für die Vorherrschaft der USA sein.

Er sagte weiter, man müsse den sogenannten Demokratien die Masken der „Demokratie und Menschenrechte“ herunterreißen. Präsident Lula da Silvas Initiative eines „Friedensclubs“ gebe dem Globalen Süden einen Platz am Tisch. Helga Zepp-LaRouches Initiative, Frieden und Entwicklung miteinander zu verbinden, sei grundsätzlich richtig und müsse auf die Tagesordnung gesetzt werden. Ramotar bat dringend um Unterstützung für die Friedensinitiative des Papstes.

Ray McGovern, ehemaliger leitender Analyst der U.S. Central Intelligence Agency und Gründungsmitglied der „Geheimdienstveteranen für Vernunft“ (Veteran Intelligence Professionals for Sanity, VIPS), betitelte seinen Vortrag mit „Erkenne, wo du stehst – und bleibe dort!“ – ein Zitat aus einer Rede von McGoverns Mentor Daniel Berrigan. McGovern forderte die Zuhörer augenzwinkernd auf, „sich daran zu erinnern, daß Zorn eine Tugend ist. Kein Geringerer als Thomas von Aquin hat das gesagt“. Er mahnte jedoch, es müsse genau das richtige Maß an Zorn sein, um dann einige seiner zahlreichen Interventionen bei öffentlichen Veranstaltungen zu beschreiben, wo öffentliche Amtsträger gelogen oder sich sonst unmoralisch verhalten hatten. Für diese Mühen belohne man ihn noch im hohen Alter mit Schlägen und Gefängnisaufenthalten, aber „im Gefängnis gibt es auch Gutes. Man lernt zu spüren, was andere fühlen, wenn sie eingesperrt und unfrei sind.“ Er zeigte Fotos von sich, wie er gegen Hillary Clintons Rede über Unterdrückung im Iran und gegen die Ernennung der Folter-Aufseherin Gina Haspel zur CIA-Direktorin protestierte. Der Tod der jungen amerikanischen Freiwilligen Rachel Corrie, die von einem israelischen Bulldozer erdrückt wurde, sei ein Beispiel für das, „was wir Katholiken ein Sakrament nennen“.

McGovern zeigte dann noch ein zweiminütiges Video, in dem er den berüchtigten kalifornischen Kongreßabgeordneten Adam Schiff wegen dessen Behauptung einer angeblichen Zusammenarbeit zwischen Rußland und WikiLeaks zur Rede stellt, und Schiff ausweicht und sagt, er könne diese Frage (wegen Geheimhaltung) nicht beantworten. McGovern bemerkte dazu: „Eines, was Schiff gesagt hat, war wahr: Er konnte mir diese Information nicht mitteilen – weil sie nicht existiert!“

Jack Gilroy, ein Aktivist von Pax Christi im US-Bundesstaat New York, von Pax Christi International und Vorstandsmitglied der New York Veterans for Peace, rief zur Unterstützung der Friedensinitiativen von Papst Franziskus und Präsident Lula auf. Die Lieferung von noch mehr Waffen in die Ukraine heiße Benzin in ein Feuer gießen.

Chas Freeman war US-Botschafter in Saudi-Arabien und ehemaliger stellvertretender Leiter der US-Mission in China. In einem längeren Interview, aus dem Ausschnitte gezeigt wurden, äußerte er sich zu den jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Krieg und sagte, Panzer seien Offensivwaffen, mit denen die Infanterie die feindlichen Linien durchbrechen kann. Deutsche Panzer an der Grenze zu Rußland weckten in Rußland und anderen Ländern angesichts der deutschen Vergangenheit „böse Erinnerungen“. Er betonte, wir stünden kurz vor einem großen russischen Vorstoß, lange bevor die Ukrainer zur Bedienung und Wartung dieser Panzer ausgebildet werden können. Mit Blick auf das breitere strategische Bild sagte er, Chinas Politik heute sei ähnlich wie die Außenpolitik der Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert: zurückhaltend bei militärischen Interventionen, aber offen für Geschäfte.

Dr. jur. Wolfgang Bittner, ein deutscher Jurist und Autor, ließ die Geschichte des Ukraine-Konflikts Revue passieren. Er erinnerte daran, daß zu dem Zeitpunkt, als US-Präsident Obama Rußland ermahnte, die „Souveränität“ der Ukraine zu respektieren, der von den USA inszenierte Putsch in der Ukraine unter Mißachtung ihrer Souveränität bereits stattgefunden hatte. Kiew habe das Minsker Abkommen ignoriert. Putins Angebote, mit der Ukraine zu verhandeln, habe man als Propaganda abgetan. Die USA versuchten seit mehr als hundert Jahren, Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Rußland zu verhindern: „Die USA wollen mit aller Macht ihren Anspruch auf Weltherrschaft durchsetzen“, und „diese Hybris geht von den Neokonservativen in Washington aus, mit den dortigen Finanz- und Wirtschaftseliten und mit ihrer Galionsfigur Joseph Biden, der für fast alle Konflikte und Kriege der letzten Jahrzehnte mitverantwortlich ist.“ Laut Merkel, Hollande und Poroschenko war ein Krieg gegen Rußland von Anfang an die Absicht hinter den Verhandlungen über das Minsker Abkommen gewesen. Offenbar spürten US-Generalstabschef Milley und andere hochrangige Militärs allmählich die Inkompetenz der politischen Verantwortlichen. Mehr als die Hälfte der Menschheit wolle sich die Zumutungen und die Unterdrückung durch die USA nicht länger gefallen lassen.

Geeint gegen den Krieg

Diane Sare, Kandidatin für den US-Senat aus New York, führte anschließend ein Gespräch mit dem nationalen Vorsitzenden der People‘s Party, Nick Brana, und der Vorsitzenden des Nationalkomitees der Libertarian Party, Angela McArdle. Brana und McArdle sind die Hauptorganisatoren der Kundgebung „Rage Against the War Machine“ (Zorn gegen die Kriegsmaschinerie), die am 19. Februar am Lincoln Memorial in Washington stattfinden wird. Sare erinnerte die Zuschauer daran, daß die Vereinigten Staaten die erste Nation waren, die das größte Imperium der Geschichte, die Briten, besiegt hat. Das hätten die Amerikaner sicher nicht getan, um die Verbrechen der Briten zu wiederholen, aber „wir sind sehr weit vom Weg abgekommen“. Brana bezeichnete die USA als ein „Imperium, das in militaristischer Wut zerfällt, wie so viele Imperien davor“. Brana und McArdle plädierten wortgewandt dafür, daß Menschen unterschiedlicher ideologischer Couleur ihre Differenzen beiseite legen und ihre Kräfte bündeln sollten, um sich dem Militärisch-Industriellen Komplex entgegenzustellen. (Den Wortlaut dieser Diskussion finden Sie auf den Seiten 6-7.)

Es folgte eine Diskussionsrunde afroamerikanischer Geistlicher, darunter Robert Smith, Pastor der New Bethel Baptist Church in Detroit und Verantwortlicher der Auslandsmission (Foreign Mission Board) der National Baptist Convention, Kinzer Pointer, ehemaliger Pastor der Agape Fellowship Baptist Church und jetzt Pastor der Liberty Missionary Baptist Church in Buffalo, New York, und Dr. Ernest Johnson, Professor am Southern University Law Center und Pastor der Windows of Heaven Ministry in Baton Rouge, Louisiana. Pastor Smith stellte fest, es gebe ständig Kriege gegen dunkelhäutige Menschen auf der ganzen Welt, was als „unwichtig“ gelte, aber die Ukraine sei eine Ausnahme, weil es sich dort um einen „Krieg von Weißen gegen Weiße“ handele, der zur Gefahr einer nuklearen Konfrontation führen kann. Wie seine beiden Kollegen rief er zur ökumenischen Zusammenarbeit gegen den Krieg und gegen die Ausbeutung Afrikas auf. Pfarrer Pointer erinnerte an Martin Luther Kings Rede vom 4. April 1967 über das „Brechen des Schweigens“ zum Vietnamkrieg und sagte, wir seien nun wieder an einem Punkt, wo es an der Zeit ist, das Schweigen zu brechen. Die USA wollten kein Geld für die Armen geben, gäben aber voller Begeisterung Milliarden für einen ungerechten Krieg in der Ukraine, genau wie damals in Vietnam.

Sam Pitroda aus den USA und Indien, ein Telekommunikations- und IT-Innovator, der mehrere indische Regierungschefs beraten hat, plädierte dafür, daß wir unseren Schwerpunkt von militärischer Stärke auf die Bedürfnisse der Menschen verlagern.

Intensive Diskussion

In der Diskussionsrunde bezeichnete Ray McGovern den Ukraine-Krieg als „die Mutter aller Opportunitätskosten“, d.h., daß das man das viele für den Krieg ausgegebene Geld für anderes viel sinnvoller einsetzen könnte. Donald Ramotar wies darauf hin, daß als Nebenprodukt der Kriegshysterie die Meinungsfreiheit unterminiert werde: Frankreich und andere haben RT verboten, und in den sozialen Medien werden Stimmen, die gegen den Krieg sind, verteufelt. Wolfgang Bittner sagte: „Das Ziel des Krieges ist eindeutig ein Regimewechsel in Moskau.“ Später fügte er hinzu, er sei immer wieder erstaunt über das intensive Engagement von Helga Zepp-LaRouche. Er dankte auch Scott Ritter und McGovern und fügte hinzu, er wisse aus eigener Erfahrung, welche feindseligen Reaktionen man mit dem Aussprechen berechtigter Forderungen hervorrufen kann.

Eine Frage kam vom Präsidenten des Rotary Clubs in Kiew: Warum wurden die Bedenken und Vorschläge Rußlands so viele Jahre lang ignoriert, bis jetzt, „nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist“? Er fragte speziell nach Deutschland. Zepp-LaRouche antwortete, die Deutschen verhielten sich so, weil Deutschland immer noch ein besetztes Land sei. „Die Deutschen brauchen einen Tritt in den Hintern.“ Die Außenministerin und der Wirtschaftsminister seien Werkzeuge der Kriegsmaschinerie.

Ramotar kehrte zu wirtschaftlichen Fragen zurück und sagte, der Anschein einer starken Wirtschaft in den USA sei trügerisch – dies sei auf die Dominanz des Dollars in der Welt zurückzuführen. Zepp-LaRouche betonte erneut, die eigentliche Wurzel der Weltkriegsgefahr liege im kollabierenden (westlichen) Finanzsystem. Die Entwicklungsländer erlebten eine Renaissance – „der Geist von Bandung ist wieder aufgetaucht“. Sie erinnerte an die Enzyklika Populorum Progressio von Papst Paul VI, in der er schrieb: „Entwicklung ist der neue Name für Frieden“.

Diane Sare wies darauf hin, daß immer mehr Staats- und Regierungschefs von Ländern, die wir als „schwach“ bezeichnen würden, den Mut haben, „Nein“ zu den Anglo-Amerikanern zu sagen. Der Vorsitzende der Christdemokratischen Partei in Peru stellte dazu die Frage: „Wie stehen die Chancen, daß die NATO-Länder selbst Nein sagen?“ Angela McArdle antwortete, weil die USA „die Rechnungen bezahlen“, stünden die Chancen nicht gut. McGovern war anderer Meinung und betonte, dies werde sich nach dem 19. Februar ändern. Er erinnerte die Zuschauer daran, daß die NATO bei ihren Entscheidungen Einstimmigkeit verlangt, und daß die Türkei, Kroatien und Ungarn sich zunehmend in den Weg stellen. Präsident Biden selbst habe auf einer Pressekonferenz vor einem Monat erklärt, man könne nur so weit gehen, wie es die NATO-Länder zulassen, und damit möglicherweise die Voraussetzungen für eine Deeskalation der amerikanischen Kriegstreiberei geschaffen. Zudem werde es bald eine russische militärische Offensive geben, die die häufige Behauptung, die Ukrainer würden gewinnen, Lügen strafen werde. Zur Begründung seines Optimismus zitierte er den bekannten jüdisch-amerikanischen Journalisten I.F. Stone: „Die Kämpfe, die es wert sind, gekämpft zu werden, das sind die Kämpfe, die man verliert und immer wieder verliert – bis dann eines Tages jemand gewinnt.“

Sare setzte das Thema Optimismus fort und sagte: „Wenn wir nur eine politische Randgruppe sind, warum wurden dann Millionen von Dollar ausgegeben, um uns zu stoppen?“ Der größte Fehler wäre es, die eigene Macht zu unterschätzen.

Ramotar sagte, er sei vielleicht altmodisch und das Internet sei eine großartige Sache, aber es gebe doch keinen Ersatz dafür, andere persönlich zu treffen.

Helga Zepp-LaRouche schloß die Diskussionsrunde mit der Bemerkung, wir müßten an die verheerenden Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs erinnern. Junge Menschen hätten eine falsche, künstliche Vorstellung vom Krieg, weil sie mit Videospielen aufgewachsen sind, die sie gegenüber dem Töten von Menschen unempfindlich machen sollen. Die USA hätten schon so lange keinen Krieg mehr auf ihrem Territorium erlebt, daß die Menschen hier diese Erfahrung nicht kennen und es für sie irgendwie nicht real ist.

Eine neue Sicherheits- und Entwicklungs-Architektur

Dennis Small eröffnete die zweite Sitzung mit einer Karte der BRICS+ – der BRICS-Organisation und der wachsenden Zahl von Nationen, die ihr beitreten wollen -, als Zeichen der Hoffnung auf ein neues Paradigma zur Ablösung des parasitären Systems der City und der Wall Street, das gegenwärtig im Sterben liege. Es folgte ein Videoauszug aus einer Rede von Lyndon LaRouche aus dem Jahr 2004, in der er seine Warnungen vor dem unvermeidlichen Bankrott des gegenwärtigen Finanzsystems wiederholt und den Unterschied zwischen Mensch und Tier herausarbeitet: die Fähigkeit, universelle Prinzipien der Wissenschaft und der klassischen Kunst zu entdecken und anzuwenden.

Jacques Cheminade, Vorsitzender der Partei Solidarité et Progrès in Frankreich und ehemaliger französischer Präsidentschaftskandidat, beschrieb, wie die transatlantischen Volkswirtschaften heute auf die Kriegsproduktion ausgerichtet sind, auf Kosten der Bedürfnisse ihrer Bevölkerung. „Seien wir ehrlich: In Wahrheit ist es eine Kultur des Todes… Wenn wir nicht handeln, werden wir zu Kollaborateuren des Bösen.“ Er legte schockierende Zahlen zur Armut in Europa vor. Zu der allgegenwärtige Propaganda sagte er: „Unsere Herausforderung besteht darin, diesen ganzen Mist ein für allemal loszuwerden.“ Er zitierte aus Lyndon LaRouches Buch Die nächsten 50 Jahre der Erde, in dem LaRouche eine Rückkehr zu den Prinzipien des Westfälischen Friedens von 1648 fordert. In diesem Buch legt LaRouche auch das prometheische Prinzip dar, Entdeckungen physikalischer Prinzipien zu nutzen, um die relative potentielle Bevölkerungsdichte zu erhöhen. Cheminade bestand darauf, daß wir den Menschen, die „angewidert sind von der Umwandlung der NATO in ein Angriffsbündnis“, inhaltliche Führung anbieten müssen.

Es folgten zwei wichtige Persönlichkeiten aus Iberoamerika. Celeste Sáenz de Miera, Generalsekretärin des mexikanischen Journalistenclubs, erinnerte an eine Zeit, in der Aufrufe zum Weltfrieden eine Formalität waren, so daß man sie sogar von Teilnehmerinnen an Schönheitswettbewerben erwartete. Aber heute sei die Angelegenheit viel ernster, denn ein neuer Weltkrieg könnte zur Apokalypse werden. Julio De Vido aus Argentinien, ehemaliger Minister für Wirtschaft und öffentliche Arbeiten in den Regierungen von Nestor Kirchner und Cristina Fernandez de Kirchner sowie ehemaliger Kongreßabgeordneter, kritisierte, daß uns eine verzerrte Sicht der Geschichte als eine „Abfolge von Kriegen“ beigebracht werde. Einer der Gründe für den Krieg in der Ukraine sei die Verfolgung der russischsprachigen Minderheiten. BRICS+ biete den Regionen des Südens die Möglichkeit, das neue Paradigma mitzugestalten.

Frieden heißt Entwicklung: Beispiele aus Afrika…

Prof. Liu Haifang, außerordentliche Professorin an der School of International Studies und Direktorin des Zentrums für Afrikastudien an der Universität Peking, eröffnete eine Podiumsdiskussion über die Situation in Afrika, indem sie die Notwendigkeit einer trilateralen Zusammenarbeit zwischen Afrika, China und dem Westen betonte. Chinas Auffassung von Friedenskonsolidierung ziele darauf ab, die eigentlichen Ursachen – soziale, politische und wirtschaftliche – von Konflikten zu lösen, im Gegensatz zum liberalen Ansatz der westlichen Länder, der UN und der Weltbank. China fördere Selbstversorgung und Unabhängigkeit.

Der ugandische Rechtsanwalt Elison Karuhanga, ein ausgebildeter Öl- und Gasanwalt, hielt einen sehr polemischen Vortrag. Er berichtete, daß Uganda 6,5 Milliarden Barrel Öl entdeckt hat und Pipelines (EACOP-East Africa Crude Oil Pipeline) und eine Raffinerie gebaut werden. Uganda habe sich in der Verfassung zu einer sauberen Umwelt verpflichtet, aber „das bedeutet nicht die Erhaltung der Armut“. Er beschrieb die Taktik der Klimaschutz-Ideologen folgendermaßen: Investitionen in Öl und Gas stoppen, damit Öl- und Gaspreise steigen, bis erneuerbare Energien wettbewerbsfähig werden. „Die Menschen, die für diese Wende bezahlen, werden die Armen sein. Es ist eine Wende, die die etablierten Unternehmen begünstigt.“ Er versprach: „Egal, was passiert, werden wir unsere Energieprojekte … auf die verantwortungsvollste Art und Weise entwickeln, die man sich vorstellen kann.“ Den Leuten, „die in Privatjets zu uns fliegen, um uns Moralpredigten zu halten…, werden wir höflich zuhören… Aber wir haben viel zu lange auf sie gehört.“

Prof. Yoro Diallo aus Mali ist geschäftsführender Direktor des Zentrums für frankophone Studien und Direktor des Afrikanischen Museums, Institut für Afrikastudien, an der Zhejiang Normal University in China. Er wies darauf hin, daß die Volksrepublik China in ihrer Geschichte noch nie einen größeren Konflikt mit einem anderen Land ausgelöst hat. Er gab einen Überblick über die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen China und Afrika im Bereich der afrikanischen Infrastruktur und Entwicklung. Nur 20% der afrikanischen Auslandsschulden entfielen auf China, und ein Großteil wurde bereits erlassen. China sei der größte Geber von Stipendien und Ausbildung für afrikanische Länder.

Dr. Fred M’membe, Präsident der Sozialistischen Partei Sambias, ehemaliger Herausgeber der Zambia Post und ehemaliger Präsidentschaftskandidat, gab einen Überblick über die Geschichte der Unterstützung Chinas für nationale Befreiungsbewegungen und antikoloniale Bewegungen in Afrika. Die Beziehung zwischen China und Afrika sei eine strategische Allianz. China selbst habe nie Kolonien gehabt, und es strebe Beziehungen an, von denen beide Seiten profitieren. „Heute ist China die Zielscheibe Nummer Eins für die Länder, die denken, sie allein hätten das Recht, sich zu entwickeln. Sie werden blaß vor Neid über Chinas Erfolg.“ Doch China reagiere nicht in gleicher Weise, sondern sei in der Lage, „mit allen diesen Provokationen auf die reifste Weise umzugehen“.

… Asien …

Anschließend wandte sich die Diskussion Asien zu. Abdul Fatah Raufi aus Afghanistan beschrieb sein Land als „Opfer mehrerer Invasionen und Kriege, die aus engstirnigen geopolitischen Interessen geführt wurden“. Er schilderte, welche Verwüstungen insbesondere die NATO-Invasion angerichtet hat. Sie habe in der Kultur des Landes soviel Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung hervorgerufen, daß dort heute jeder Zehnte drogenabhängig ist.

Shakeel Ahmad Ramay, Geschäftsführer des Asian Institute of Eco-Civilization Research and Development in Pakistan, sagte, die beiden Grundpfeiler seien Entwicklung und Gerechtigkeit. Die Sicherheitsbedürfnisse aller Nationen müßten berücksichtigt werden. Armeen könnten nur Kriege gewinnen, Entwicklung können sie nicht gewinnen.

Marcelo Muñoz, Gründer und emeritierter Präsident der Denkfabrik Cátedra China in Spanien, betonte, es sei für Europa unmöglich, sich von China abzukoppeln, ohne in Armut zu versinken. Die Länder, die an der Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI) teilnehmen, hätten eine Billion Dollar pro Jahr investiert. Er stimmte mit LaRouche überein, daß die Philosophie die Grundlage des strategischen Denkens sein müsse.

… und Iberoamerika

Pedro Augusto Pinho aus Brasilien, Präsident der Vereinigung der Petrobras-Ingenieure (AEPET), ließ die Veränderungen der letzten 70 Jahre Revue passieren: In den 1960er Jahren seien staatenlose Finanzinteressen zu einem wichtigen Faktor im Weltgeschehen geworden. In den 1980er Jahren hätten sie die finanzielle Deregulierung vorangetrieben. Und mit dem Untergang der Sowjetunion hätten sie begonnen, weltweit die Kontrolle zu übernehmen.

Es folgte ein Videomitschnitt eines Austauschs zwischen dem Aktivisten Gerald Belsky vom amerikanischen Schiller-Institut und dem australischen Botschafter a.D. John Lander auf einer internationalen Zoom-Konferenz. Lander sagte, Australien habe sich auf Druck der USA gegen die BRI gewandt. Der Westen kämpfe darum, die geopolitische Kluft zwischen dem Westen (den imperialistischen Ländern) und den übrigen Ländern aufrechtzuerhalten. Lander ist ehemaliger Botschafter im Iran, ehemaliger stellvertretender Leiter der Mission in China und ehemaliger Direktor der China-Abteilung im australischen Außenministerium.

Behandelt die Nationen nicht wie Kinder!

In der abschließenden Diskussionsrunde beantworteten zwei Afrikaner Fragen zu Stellvertreterkriegen dem wie in der Ukraine und zur Ermordung des kongolesischen Ministerpräsidenten Patrice Lumumba im Jahr 1961. Elison Karuhanga sagte: „Wir wollen keine Nürnberger Prozesse oder Kriegsverbrechertribunale gegen diejenigen, die uns kolonisiert haben, sondern wir blicken in die Zukunft… Uns geht es um die Fähigkeit und das Recht, unsere Länder weiterzuentwickeln, nicht um das Begleichen historischer Rechnungen.“ Dr. Fred M’membe betonte, daß die afrikanischen Staaten vor der Berliner Konferenz von 1885 nicht als solche existierten und immer noch nicht als echte Nationen anerkannt werden. Heute werde ihnen gesagt, sie sollten sich nicht mit China, Rußland oder dem Iran einlassen. „Man behandelt uns immer noch wie Kinder, deren Freunde die Eltern auswählen sollen… Wir wählen unsere eigenen Staatsführer, sie bringen sie um… Manchmal wenden sie sich gegen ihre eigenen Marionetten und bringen sie um.“

Eine Frage kam per E-Mail aus Argentinien: „Wann hören wir auf, über Nationen zu sprechen, und fangen an, über die wirklichen Mächte zu sprechen, wie die Federal Reserve, die Wall Street und die Londoner City?“ Julio De Vido antwortete, LaRouche habe recht, wenn er sage, der Bankrott des Systems treibe die Welt in Richtung Krieg.

Muñoz wies noch einmal auf die Bedeutung des Konfuzianismus für die chinesische Außenpolitik hin und sagte, wenn die drei maßgeblichen Mächte, USA, EU und China, den vom Konfuzianismus geforderten gegenseitigen Respekt praktizieren würden, dann gäbe es den Krieg in der Ukraine nicht.

Helga Zepp-LaRouche sagte abschließend, als jemand, der schon seit fast einem halben Jahrhundert für eine neue Weltwirtschaftsordnung kämpft, sei sie besorgt, daß ein paar Verrückte die ganze Welt in die Luft jagen könnten, aber sie sei auch optimistisch, daß wir gewinnen und innerhalb weniger Jahre die Armut auf der Welt überwinden können.

Sie zitierte Konfuzius, man könne den Zustand eines Volkes an seiner Musik erkennen. „Deshalb werden wir unsere Konferenz mit Musik abschließen.“ Die Konferenz endete mit einer Videomontage des Kanons Dona Nobis Pacem, von Aktivisten des Schiller-Instituts auf den Straßen von Städten in aller Welt gesungen. Es folgten weitere Videos von Aufführungen hoffnungsvoller Lieder aus verschiedenen Kulturen, die auf Konferenzen des Schiller-Instituts im Laufe der Jahre aufgenommen wurden.

Der Bericht erscheint in der Neuen Solidarität, der deutschprachigen Wochenzeitung der LaRouche-Bewegung. Sie können die Pablikation hier beziehen.

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