Der chinesische Präsident Xi Jinping war von Klaus Schwab eingeladen worden, auf dem diesjährigen, dem „Great Reset“ gewidmeten Weltwirtschaftsforum die „Keynote“ zu halten. In Anbetracht der wirtschaftlichen Rolle Chinas in der heutigen Welt, die im Gegensatz zu China massiv unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-Krise leidet, nutzte Präsident Xi die Gelegenheit, die Vorstellungen Chinas zu präsentieren, in welche Richtung die Welt in ihrem Kampf zur Überwindung von COVID und der Wiederbelebung des Weltwirtschaftswachstums gehen sollte.
In seiner Rede mit dem Titel „Laßt die Fackel des Multilateralismus den Weg der Menschheit erhellen“ drückte Xi zwar seine Zuversicht aus, daß die Welt die Pandemie überwinden werde, doch werde die Welt nicht einfach zu dem zurückkehren, was sie vor COVID waren. Die erste Aufgabe, die vor der Menschheit liege, sei es, mit Hilfe makroökonomischer Politik „die Wirtschaft aus dem Sumpf zu ziehen. Wir müssen die treibenden Kräfte und Wachstumsmodelle der Weltwirtschaft verändern und ihre Struktur verbessern, um die Weichen für eine langfristige, solide und stetige Entwicklung der Weltwirtschaft zu stellen.“ Zweitens müßten die Länder „ideologische Vorurteile aufgeben und gemeinsam einen Weg der friedlichen Koexistenz, des gegenseitigen Vorteils und der Win-Win-Kooperation beschreiten.“ Die Länder seien vielfältig und hätten unterschiedliche Kulturen und Zivilisationen, sagte Xi, und diese Vielfalt sollte respektiert werden, da sie die Quelle der Stärke der Welt sei. Niemand sollte den Zivilisationen eine „Hierarchie“ auferlegen oder versuchen, anderen ihr System aufzuzwingen, warnte er.
Xi sagte weiter, die Welt müsse zusammenkommen, um sich den globalen Herausforderungen zu stellen, wobei er COVID und den Klimawandel als zwei der wichtigsten Themen nannte. Er erläuterte einige seiner eigenen Visionen, wie die Welt nach der Pandemie aussehen werde, und rief dazu auf, an der internationalen Rechtsstaatlichkeit festzuhalten, Kooperation statt Konfrontation zu praktizieren, Abkopplung und eine neue „Kalte-Kriegs“-Mentalität abzulehnen und in den internationalen Institutionen und in der Politik mit dem Wandel der Zeit Schritt zu halten. Er drückte Chinas Unterstützung für die Weltgesundheitsorganisation aus, forderte aber eine Reform der Welthandelsorganisation und des internationalen Finanz- und Währungssystems „in einer Weise, die das globale Wirtschaftswachstum ankurbelt und die Entwicklungsrechte, -interessen und -möglichkeiten der Entwicklungsländer schützt.“
Er bekräftigte weiterhin, daß China der Welt gegenüber offen bleiben und seine eigenen Ideen zu den Reformen beitragen werde. Alle Länder, so Xi, sollten ihre Verpflichtungen nach dem Pariser Abkommen einhalten, und auch China habe sich dazu bekannt, seine Kohlenstoffemissionen bis 2030 deutlich zu senken, auch wenn es schwierig sein werde. Er begründete dies jedoch so: „Wir tun dies als konkreten Schritt zur Aufrechterhaltung des Multilateralismus und als Beitrag zum Schutz unseres gemeinsamen Hauses und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung der Menschheit“. Der Weg, den China einschlagen werde, bestehe nicht darin, seinem Volk Sparmaßnahmen aufzuerlegen, sondern darin, die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie schnell voranzutreiben. Xi sagte: „Wissenschaft, Technologie und Innovation sind ein wichtiger Motor für den menschlichen Fortschritt, eine mächtige Waffe bei der Bewältigung vieler globaler Herausforderungen und der einzige Weg für China, ein neues Entwicklungsparadigma zu fördern und eine hochwertige Entwicklung zu erreichen. China wird mehr in Wissenschaft und Technologie investieren, ein System zur Förderung von Innovationen als Priorität entwickeln, Durchbrüche in Wissenschaft und Technologie schneller in tatsächliche Produktivität umsetzen und den Schutz des geistigen Eigentums verbessern, um ein innovationsbasiertes, qualitativ hochwertiges Wachstum zu fördern.“
Abschließend wiederholte Xi seine Forderung nach einer neuen Art internationaler Beziehungen: „Ein Nullsummenspiel oder ,der Sieger bekommt alles‘ ist nicht die Leitphilosophie des chinesischen Volkes. Als überzeugter Verfechter einer unabhängigen Friedenspolitik arbeitet China hart daran, Differenzen durch Dialog zu überbrücken, Streitigkeiten durch Verhandlungen zu lösen und freundschaftliche und kooperative Beziehungen mit anderen Ländern auf der Basis von gegenseitigem Respekt, Gleichheit und gegenseitigem Vorteil zu verfolgen. Als unverbrüchlicher Teil der Entwicklungsländer wird China die Süd-Süd-Kooperation weiter vertiefen und zu den Bemühungen der Entwicklungsländer beitragen, die Armut zu beseitigen, die Schuldenlast zu verringern und mehr Wachstum zu erreichen. China wird sich aktiver in die globale Wirtschaftspolitik einbringen und auf eine wirtschaftliche Globalisierung drängen, die offener, inklusiver, ausgewogener und vorteilhafter für alle ist.“ (eigene Übersetzung)
Hier finden Sie die deutsche Übersetzung der gesamten Rede auf der Webseite der chinesischen Botschaft in Berlin.