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Das allerwichtigste ist die Beschäftigung mit der menschlichen Kreativität

Das allerwichtigste ist die Beschäftigung mit der menschlichen Kreativität

Von Helga Zepp-LaRouche

Die Vorsitzende des Schiller-Instituts hielt vor dem Kultur- und Businessforum „Ost-West-Dialog“ in Baden-Baden am 24. April die folgende Rede.

Auch wenn das vielleicht nicht so offensichtlich ist: Wir haben es strategisch mit zwei vollkommen unterschiedlichen Systemen zu tun.

Das eine System basiert auf geopolitischer Expansion, auf Monetarismus, auf Profitmaximierung einiger weniger. Wenn dieses System sich durchsetzen sollte, dann kann das zur Auslöschung der menschlichen Gattung führen.

Zum Glück gibt es ein völlig anderes System, von dem Sie sicher einiges wissen, aber Sie kennen vielleicht nicht die volle Dimension: daß nämlich seit dem letzten Juli ein völlig paralleles Wirtschafts- und Finanzsystem am Entstehen ist, das zwar auch nicht ohne Probleme ist, das aber eine ganz andere Orientierung hat. Es basiert auf der Zukunft und auf der Kreativität der Menschen.

Dieses Bild (Abbildung 1) ist vom Fortaleza-Gipfel der BRICS-Staaten in Brasilien letztes Jahr, und Sie sehen an der zweiten Stelle, neben Präsident Putin, Narendra Modi, den Premierminister von Indien. Dieser sagte: Die BRICS sind die erste Allianz in der Geschichte der Menschheit, die nicht auf der Basis der gegenwärtigen Kapazitäten definiert ist, sondern in Bezug auf das zukünftige Potential all dieser Nationen.

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Abb. 1: Die fünf Staats- und Regierungschefs der BRICS-Staaten. (Presse- und Informationsamt des russischen Präsidenten)

 

Insbesondere durch die Initiativen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping sind die Neue Seidenstraße und die Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts der Rahmen eines neuen Wirtschafts- und Finanzsystems, das sich rapide entwickelt.

Dazu gehört vor allem ein neues Finanzsystem. Das besteht aus der AIIB, der New Development Bank, der Bank der Shanghai Cooperation Organization, der Bank der SAARC-Staaten, dem New Silkroad Development Fund, dem Maritime Silkroad Fund. Diese Banken repräsentieren einen fundamentalen Bruch mit der Kasinowirtschaft der Wall Street und der City of London, denn diese Banken sind ausschließlich auf die Entwicklung der Realwirtschaft, der Infrastruktur und des Gemeinwohls ihrer Staaten orientiert.

Xi Jinping hat wiederholt betont: Diese neue Finanzarchitektur ist keine chinesische imperiale Konkurrenz zur amerikanischen imperialen Struktur, sondern sie ist ein inklusives Konzept, bei dem alle Nationen mitmachen sollen – Amerika, die Europäer. Das ist eine „Win-Win-Idee“, zum gegenseitigen Vorteil von allen, die sich beteiligen.

Ich behaupte, daß unsere zukünftige Existenz als menschliche Gattung davon abhängen wird, ob es uns gelingen wird, Amerika und Europa zu gewinnen, mit diesen BRICS-Staaten zu kooperieren.

Nun befürchten manche Menschen in Rußland, daß China zuviel Einfluß in dieser Entwicklung hat, weil es natürlich eine großartige wirtschaftliche Entwicklung in den letzten 30 Jahren hingelegt hat. Aber ich möchte ganz kurz aufzeigen, daß auch Rußlands ideenmäßiger Anteil am Zustandekommen dieses neuen Modells beachtlich ist.

Dies (Abbildung 2) ist ein Plan für die Eurasische Landbrücke, den wir – das Schiller-Institut – 1991 vorgeschlagen haben, als die Sowjetunion sich aufgelöst hat. Das war gedacht als Friedensordnung für das 21. Jahrhundert, indem man Infrastrukturkorridore von Europa nach Asien baut.

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Abb. 2: Der Vorschlag der Eurasischen Landbrücke von 1991 (EIR)

 

Bekanntermaßen wurde das nicht verwirklicht, weil damals Margaret Thatcher und Bush senior Rußland von einer Supermacht in ein Rohstoffe produzierendes Land reduzieren wollten, indem die Schocktherapie angewandt wurde.

Aber Herr Lyndon LaRouche – meine Ehemann – und ich waren oftmals in Rußland und haben diese Ideen präsentiert. Dies (Abbildung 3) war ein Forum 1996 mit dem ehemaligen sowjetischen Premierminister Walentin Pawlow sowie den Ökonomen und Akademiemitgliedern Gennadij Ossipow und Leonid Abalkin.

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Abb. 3: Forum in Rußland mit Lyndon LaRouche im April 1996. (EIR)

 

Dies ist ein Bericht über die Eurasische Landbrücke, der von dem Akademiemitglied Wladimir Miasnikow geschrieben wurde – 1997 war das -, und russische Wissenschaftler haben dieses Konzept bereits 1997 diskutiert.

Dies (Abbildung 4) war eine Konferenz 2001 zu Ehren von Pobisk Kusnezow, und da ging es darum, warum die Ideen von Wladimir Wernadskij die zukünftige eurasische Ordnung beherrschen müssen.

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Abb. 4: Konferenz mit Lyndon LaRouche in Moskau zu Ehren des verstorbenen Akademiemitglieds Pobisk Kusnezow 2001

 

Das ist (Abbildung 5) Alexander Granberg, Akademiemitglied und Vater der Beringstraßen-Verbindung – das ist die Idee, die Eurasische Landbrücke durch einen Tunnel durch die Beringstraße mit Alaska zu verbinden. Das ist wichtig zur Erschließung des Fernen Ostens Rußlands, wo die größten Rohstoffvorkommen der Welt unerschlossen unter Permafrost liegen, und es ist notwendig, Bedingungen zu schaffen, damit die Menschen, die dort arbeiten, dort auch wohnen können.

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Abb. 5: Alexander Granberg, Akademiemitglied und Initiator des geplanten Beringstraßen-Tunnels.

 

Deshalb ist z.B. eine solche arktische Stadt – Umka – als Modell geplant (Abbildung 6), und das ist dann auch eine Stufe für die Erschließung des Weltraums. Denn diese überdachten Städte in Sibirien können das Modell sein für überdachte Städte auf dem Mond oder später auch auf anderen Himmelskörpern.

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Abb. 6: Modell der geplanten Wissenschaftsstadt Umka

 

Dmitrij Rogosin hat gerade darauf hingewiesen, daß die BRICS-Staaten allesamt Raumfahrtnationen und kosmische Staaten sind, und deshalb wird die Zukunft der Menschheit sehr stark bestimmt sein vom Wissen über das Sonnensystem und unsere Galaxis.

Sie sehen hier (Abbildung 7) ein Bild von den Wüsten, die sich weltweit im Augenblick enorm schnell ausbreiten, und zwar von der Atlantikküste Afrikas bis nach China, und in Kalifornien und im Westen Amerikas.

Das oligarchische Modell – das System, das ich am Anfang genannt hatte – spekuliert darauf, daß das Wasser immer knapper und privatisiert wird, und daß man größtmöglichen Profit machen kann mit knappem Wasser. Die Wall Street hat in den letzten zehn Jahres weltweit alles aufgekauft, was mit Wasser zu tun hat: Seen, Aquifere, Chemikalien, um Wasser zu behandeln, einfach alles.

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Abb. 7: Vom Atlantik über Nordafrika, Südwest- und Zentralasien bis in die Mongolei zieht sich ein gigantischer Wüstengürtel um die Erde. (LPAC)

 

China auf der anderen Seite ist das einzige Land, das großangelegte Wassermanagementprogramme durchgeführt hat: den Dreischluchtendamm, der jetzt 22,5 GW Wasserkraft erzeugt und vielen Menschen das Leben rettet, und die Umleitung des Wassers vom Quellensystem der Jangtsekiang in den Norden, wo Wüste ist.

Aber um die knappe Wasserversorgung der Menschen wirklich zu beheben, müssen wir uns die Vorkommnisse in der Galaxis und im Sonnensystem nutzbar machen, um mehr Wasser zu erzeugen. Sie sehen hier (Abbildung 8) eine Darstellung der 32 Millionen Jahre, in denen unser Sonnensystem sich in einer zyklischen Bewegung gegenüber der Ebene der Milchstraße auf und ab bewegt. Das hat einen enormen Effekt auf die kosmische Strahlung, die zur Wolkenbildung führt und durch Ionisierung der Feuchtigkeit in der Atmosphäre die ganzen Niederschläge herbeiführt. Die Beherrschung des Weltraums wird also zukünftig enorm wichtig sein für die Beherrschung der Probleme auf der Erde.

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Abb. 8: Unser Sonnensystem bewegt sich in einem 32-Millionen-Jahre-Zyklus gegenüber der Ebene der Galaxis auf und ab. (LPAC)

 

Tatsächlich wird die Neue Seidenstraße die letzte Phase der Infrastrukturentwicklung auf unserem Planeten abschließen, und die nächste Stufe wird die Erschließung des erdnahen Weltraums sein. Und genau wie die alte Seidenstraße Wohlfahrt und Kulturaustausch und Technologien zu allen Völkern gebracht hat, die sich beteiligt haben, so werden auch die Neue Seidenstraße und die Weltlandbrücke dieselbe wohltuende Wirkung haben für das Zusammenleben der Völker.

Sie sehen hier (Abbildung 9) die Projekte, die die Weltlandbrücke als einheitliche Völkergemeinschaft verbinden werden. Und die neue Ordnung, die dann entstehen wird, wird bzw. muß von dem Gedanken von Wladimir Wernadskij bestimmt sein, daß die Noosphäre, der Teil der geistigen Kräfte und Tätigkeit des Menschen, immer mehr dominiert gegenüber der reinen Biosphäre, d.h., daß die menschliche Gattung sich wirklich zur Vernunft entwickelt. Das ist die Voraussetzung dafür, daß wir als menschliche Gattung, als kreative Gattung, überleben können.

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Abb. 9: Projekte der Weltlandbrücke. (EIR)

 

Sie sehen hier (Abbildung 10) eine künstlerische Darstellung einer zukünftigen Mondsiedlung. China arbeitet darauf hin, Helium-3 auf dem Mond abzubauen für die zukünftige Kernfusionsökonomie auf der Erde. Wenn wir die Kernfusion erreicht haben, haben wir Energiesicherheit, denn das Helium-3 auf dem Mond reicht für einige zehntausend Jahre, und Rohstoffsicherheit, weil man dann die Rohstoffe durch das Torch-Verfahren in Ionen verwandeln kann, die sich dann zu neuen Rohstoffen zusammensetzen lassen.

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Abb. 10: Künstlerische Darstellung einer zukünftigen Mondsiedlung. (NASA)

 

Die Beschäftigung mit der menschlichen Kreativität ist das allerwichtigste, denn alles wird davon abhängen, ob wir den Sprung schaffen von einer Menschheit, die mehrheitlich noch im oligarchischen Denken gefangen ist – also bestimmt von Gier, Monetarismus, Habenwollen -, zu einer in ihrer Identität verwandelten kreativen Menschheit.

Die Menschen sind die einzigen Wesen, die immer wieder Neues denken können, was noch nie gedacht worden ist, und die die Identität der Menschheit im Kosmos neu definieren können. Und das ist die Voraussetzung dafür, daß wir die gegenwärtigen Gefahren überwinden können. Ich danke Ihnen sehr, wenn Sie sich um diese Frage der Kreativität kümmern, denn davon hängt unser aller Leben ab.

 

Ein Bericht vom diesjährigen russisch-deutschen Kultur- und Business-Forum in Baden Baden:

Ost-West-Dialog für den Aufbau der gemeinsamen Zukunft!

Von Elke Fimmen

„Ost-West-Dialog“ – so lautete das diesjährige Thema des von der Agentur Art-Assemblee organisierten IV. Kultur- und Business-Forums. Zu der hochrangigen Veranstaltung vom 24.-26. April 2015 in Baden-Baden waren Politiker, Unternehmer, Experten, Wissenschaftler, Künstler und Vertreter der Zivilgesellschaft eingeladen, darunter Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende des Schiller-Instituts. Ihre prominenten Redebeiträge, in denen sie eindringlich vor einer strategischen nuklearen Eskalation gegen Rußland und einem neuen Faschismus als Folge der Zusammenbruchskrise des transatlantischen westlichen Finanzsystems warnte, stießen auf große Resonanz, weil sie genau das ungeschminkt aussprach, was viele Teilnehmer dachten. Aber vor allem ihre Darstellung der neuen BRICS-Entwicklungsallianz als konstruktiver Ausweg aus der Krise für Europa und die USA setzte einen klaren Bezugrahmen für die Zukunft, eine optimistische Vision, die in Europa bislang überhaupt noch nicht in ihrem vollen strategischen Potential als existierender Lösungsweg verstanden wird.

Die Veranstaltung wurde von der russischen Regierung, der Bundesversammlung der Russischen Föderation, deutschen und russischen Industrie- und Unternehmerverbänden und IHKs sowie

der interparlamentarischen Versammlung der GUS-Staaten und weiteren Institutionen unterstützt. Während bei früheren Konferenzen vor allem die deutsch-russischen Beziehungen im Vordergrund standen, war diesmal der Blick geweitet auf die eurasische Perspektive. Darüber hinaus hat Rußland im April den Vorsitz der BRICS-Nationen übernommen und richtet den BRICS-Gipfel in Ufa im Juli aus.

Mit Prof. Shi Ze, Direktor für strategische Energieforschung am Chinesischen Institut für Internationale Studien (CIIS) in Beijing, der im vergangenen Oktober bei der Jubiläumskonferenz des Schiller-Instituts in Frankfurt sprach, nahm erstmals ein prominenter Vertreter der BRICS-Staaten an der Baden-Badener Konferenz teil. Er stellte das Konzept der chinesischen Entwicklungsperspektive „Ein Gürtel, eine Straße“ dar. Diese erweitere die bisherige Zusammenarbeit in der Shanghai Cooperation Organisation. Shi Ze betonte, daß die chinesische Regierung diese „Neue Seidenstraße“ als eine kosmopolitische „win-win“-Kooperation für alle Staaten anbietet. China verfolge damit keine geopolitischen Interessen und versuche nicht, sich Einflußsphären aufzubauen. Es sei eine offene Politik gegenseitiger Kooperation und symbiotischer Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen. Das jeweilige politische System der beteiligten Nationen spiele dabei keine Rolle, sondern werde respektiert.

Rußlands Außenminister Lawrow übermittelte eine Grußbotschaft an die Konferenz, in der er die Bedeutung des Forums als „Plattform zur Diskussion von Themen der Zusammenarbeit in Europa“ all derer würdigte, die „an einer Festigung des Vertrauens und der gegenseitigen Verständigung interessiert“ sind. In einer „schwierigeren Weltsituation“ seien „die Projekte besonders wichtig, die auf die Erweiterung der gleichberechtigten und vom gegenseitigen Respekt geprägten Partnerschaft gerichtet sind“ und zum gegenseitigen Vorteil das gemeinsame Wohlergehen befördern.

Dann formulierte Lawrow erneut das russische Angebot an Deutschland und Westeuropa, sich an der neuen Platform gesamteurasischer Entwicklung zu beteiligen: „Wir sind überzeugt, daß, um die Zusammenarbeit auf dem Kontinent auf ein prinzipiell neues Niveau zu verlagern, die Harmonisierung der europäischen und der eurasischen Integrationsprozesse zur Formierung eines einheitlichen humanitären und Wirtschaftsraumes vom Atlantik bis zum Pazifischen Ozean vorangehen soll.“

Dieses Konzept eines Wirtschaftsraumes „von Lissabon nach Wladiwostok“ unterstrich auch der Direktor der Abteilung für Europäische Kooperation im russischen Außenministerium, Iwan D. Soltanowskij, in seiner Ansprache zur Konferenzeröffnung. Er warnte vor einer Freund-Feind-Dynamik, die schlimmer sei als selbst zu Zeiten des Kalten Krieges, als ein sehr viel aktiverer Dialog zwischen Ost und West stattgefunden habe. Die EU habe sich als strategischer Partner Rußlands durch ihr Verhalten in der Ukrainefrage diskreditiert.

Rußlands Maßnahmen in der Krise

Rußland will mit Deutschland, Frankreich und anderen europäischen Partnern weiter zusammenarbeiten, ist aber fest entschlossen, die eurasische Entwicklung voranzubringen. Das Land setzt, vor allem seit Beginn der illegitimen Sanktionen, in diesem Kontext auch auf die Mobilisierung und Entwicklung seiner eigenen Wirtschaftsressourcen. Die strategische Bedeutung von Energiewirtschaft und Kooperation wurde u.a. von dem Politologen Witalij W. Naumkin, Direktor des Instituts für Orientalistik an der Russischen Akademie der Wissenschaften, dargestellt.

Aleksandr V. Murytschew, Vizepräsident der Russischen Unternehmer- und Industriellen-Union, der auch den Koordinierungsrat des Finanz- und Bankenverbandes der Mitgliedstaaten der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) leitet, ging zunächst auf die Fortschritte im Zahlungsverkehr der Eurasischen Union ein und schilderte dann die gegenwärtige Lage der Wirtschaft in Rußland. Die unmittelbar durch die Sanktionen entstandenen Engpässe bei Nahrungs- und Arzneimitteln seien mittlerweile überwunden. Nun stünden vor allem die Ankurbelung der Industrieproduktion und die Mobilmachung intellektueller und materieller Ressourcen im Vordergrund. Bereiche wie Atomenergie und Weltraumfahrt würden vorangetrieben, ebenso wie die Infrastruktur, der zu Sowjetzeiten bedeutende Werkzeug- und Schwermaschinenbau, Schiffsbau und die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Rußland befinde sich auf einem Weg der wirtschaftlichen Transformation und Strukturveränderung, und seiner Prognose nach werde 2016 die Talsohle durchschritten sein. Gold- und Devisenreserven seien in ausreichender Menge vorhanden und auch die Verfügbarkeit von Industriekrediten bessere sich, obwohl die immer noch hohen Zinsen der Zentralbank weiterhin ein Problem darstellten.

Andere Sprecher gingen auf verschiedene Initiativen der russischen Regierung ein, um besonders im Bereich Bau und Energie das Finanzwesen dem Bedarf der Realwirtschaft anzupassen, sowie für den Schutz der Bevölkerung vor dubiosen Finanzpraktiken zu sorgen.

Sanktionen treffen Deutschland

Natürlich sind dabei die deutsche Wirtschaft und vor allem der Mittelstand weiterhin sehr gefragt, und den über Jahrzehnten entwickelten deutsch-russischen Beziehungen kommt gerade jetzt in Zeiten von Sanktionen und einer Verschärfung der strategischen Krise eine besonders wichtige Rolle zu. Diese Zusammenarbeit muß dringend gestärkt werden, denn es läßt sich nicht länger vertuschen, daß die westliche Konfrontationspolitik gegen Rußland und die Sanktionen eine verheerende Wirkung haben – und zwar vor allem für die europäische und deutsche Wirtschaft! Die Tatsache, daß Deutschlands Exporte nach Rußland in den ersten zwei Monaten dieses Jahres aufgrund der Sanktionen um 35% eingebrochen sind, während gleichzeitig die USA ihre Exporte im selben Zeitraum um 20% steigern konnten, wie Prof. Klaus Mangold, Honorarkonsul der Russischen Föderation in Baden-Württemberg und langjähriger Vorsitzender des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, in seiner Konferenzrede ausführte, zeigt am prägnantesten, wie selbstmörderisch es für Deutschland und Europa ist, dem EU- und US-Kurs geopolitischer Konfrontation gegen Rußland weiter zu folgen. Mangold verurteilte die Sanktionen und die Einstellung offizieller Gesprächskanäle zwischen Europa und Rußland ebenso wie die neuen Provokationen der EU-Kommission gegen Gazprom. Dringend sei ein offizieller Dialog zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaftsunion erforderlich, auch wenn sich einige in der EU, wie die baltischen Staaten und Polen, dem widersetzen. Er forderte die Fortsetzung und Erweiterung der strategischen Partnerschaft zwischen Deutschland und Rußland.

Gefährlichkeit der Lage wurde deutlich

Daß wirklich Eile und vor allem politischer Mut, das Ruder herumzureißen, geboten ist, wurde vor allem deutschen Industrievertretern und Unternehmern bei diesem Forum sehr deutlich. Für sie war es extrem wichtig, hautnah zu erfahren, wie strategisch bedrohlich die Entwicklungen in der Ukraine und die NATO-Ostausweitung in Rußland wahrgenommen werden, statt weiter auf die Propaganda der angeblich objektiven deutschen Medien hereinzufallen. So berichtete der frühere ukrainische Ministerpräsident Asarow bei einem privat organisierten Business-Frühstück per Video über die zunehmende Gesetzlosigkeit in der Ukraine, über die man hierzulande praktisch nichts erfährt, während die Forderung nach der Freilassung von Julia Timoschenko damals die Schlagzeilen und Fernsehnachrichten beherrschte. Politiker und Journalisten würden in Serie umgebracht, es gebe willkürliche Enteignungen von Unternehmern, einen immer stärkeren Einfluß von Nazis in der Armee und eine dramatische Zerstörung der Wirtschaft des Landes seit dem Maidan-Putsch. Dieser Prozeß muß gestoppt werden, bevor ganz Europa destabilisiert wird und ein großer Krieg daraus erwächst.

Während der Konferenz erinnerte die Vorsitzende des Organisationskomitees des Baden-Badener Forums, Alla G. Gryaznova, Präsidentin der Finanzuniversität der Russischen Föderation, mehrfach in bewegender Weise an die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges, dessen Ende sich am 8. Mai 2015 zum 70. Male jährt. Sie selbst hatte den Krieg miterlebt. Krieg sei das allerschrecklichste und müsse unbedingt durch Dialog und Kooperation verhindert werden, sagte sie. Frau Gryaznova unterstützte Helga Zepp-LaRouches Warnungen vor einem neuen Faschismus und der Gefahr des Weltkrieges und dankte ihr zugleich für die grundsätzlich positive Herangehensweise, daß die Probleme unseres zerbrechlichen Planeten zum Wohle der Menschheit durch Kreativität und guten Willen gelöst werden können.

Auch eine Fotoausstellung „Schriftsteller im Krieg“ aus dem Archiv der Literaturnaja Gazeta (der von Puschkin 1830 mitgegründeten ältesten periodischen Zeitschrift Rußlands) in den Konferenzräumen spannte den Bogen zwischen damals und heute. Eine weitere Ausstellung zum 70. Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges, die europaweit mit Unterstützung von Art-Assemblee gezeigt werden wird, ist dem Denker, Dichter und Maler Alexander Sinowjew gewidmet, einem Bürger Rußlands und Deutschlands. Seine Frau, die Philosophin Olga Sinowjewa, Leiterin des Internationalen MSU Sinowjew Zentrum an der Staatlichen Lomonossow-Universität in Moskau, sprach ebenfalls bei der Konferenz und ihre jüngste Tochter und ausgezeichnete Pianistin Xenia wirkte beim abendlichen Festkonzert mit. Polina Sinowjewa, ihre Schwester, schuf das Libretto und das Bühnenbild des Balletts „Der Schrei“, das am 15. Mai 2014 im umkämpften Odessa aufgeführt wurde.

Die Bedeutung der Kultur als Manifestation der Menschlichkeit statt Zerstörung und Häßlichkeit stand bei der Konferenz ganz oben auf der Tagesordnung. Stellvertretend für das sehr vielfältige Programm soll hier nur das Prague Festival Orchestra unter Leitung von Igor Rasumowski und die hervorragenden jungen Opernsänger Sergej Murawjew (Tenor), Swjatoslaw Grabowski (Baß) und die Sopranistin Anna Zolotova genannt werden, denn es ist unmöglich, hier alle mitwirkenden Künstler, darunter bekannte russische Theaterschaupieler, Regisseure und Dichter, zu würdigen.

Beim Konzert im Kurhaus und im Rahmen der Konferenz traten auch Kinderchöre auf, wie das Kindervolkskunstensemble Guselki. Es wurde 2006 gegründet und besteht aus Schülern im Alter von 7-15 Jahren.

Mit der Notwendigkeit, durch Kultur, Bildung, Fortschritte in der Medizin und karitative Aktivitäten das menschliche Potential in den Mittelpunkt der Schaffung einer humanistischen Gesellschaft zu stellen, beschäftigte sich auch die letzte Podiumsdiskussion der Konferenz unter dem Titel: Investition in die Zukunft. Helga Zepp-LaRouche zeigte mit ihrer Rede über die BRICS-Initiativen und die Rolle Rußlands, wie diese Zukunft aussehen kann. Sie unterstrich die menschliche Kreativität als entscheidenden Faktor für die Weiterentwicklung unseres Planeten und unseres Universums und zitierte die Aussage des stellvertretenden russischen Ministerpräsidenten Dmitrij Rogosin, die BRICS-Nationen seien allesamt Weltraum-Nationen. Hier liege, so Zepp-LaRouche, der Weg in die Zukunft, um die großen Herausforderungen meistern zu können und die Bestimmung der Menschheit zu erfüllen. (Den Wortlauf ihrer Ausführungen finden Sie in dieser Ausgabe).

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