Bei der 126. wöchentlichen Internetsitzung der Internationalen Friedenskoalition (IPC) am 31. Oktober stand im Mittelpunkt, wie das Denken des Nikolaus von Kues (1401-64) und von Lyndon LaRouche (1922-2019) heute dazu beitragen kann, den Absturz der Zivilisation in einen selbstmörderischen Weltkrieg zu stoppen und eine neue Renaissance auf der Grundlage einer neuen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur für alle Länder einzuleiten. Die Idee, bei der Diskussion über die akuten Gefahren der Gegenwart parallel auf Cusanus und LaRouche zurückzugreifen, stammt von Pater Harry J. Bury, der seit 70 Jahren Priester und Friedensaktivist ist, heute bei Twin Cities Nonviolent und der U.S. Catholic Priest Association. Die Gründerin des Schiller-Instituts und IPC-Initiatorin Helga Zepp-LaRouche kommentierte, Pater Burys Gedanken gehörten zu den wichtigsten Beiträgen aus den Vereinigten Staaten überhaupt.
Eine Woche zuvor, am 25. Oktober, hatte Papst Leo XIV. die katholische Welt – und viele andere informierte Kreise – mit seiner ungewöhnlichen fünfminütigen Ansprache vor Zehntausenden von Gläubigen auf dem Petersplatz anläßlich der Jubiläumsaudienz überrascht.1 Er nannte Cusas Ansatz wesentlich für unsere Zeit, weil sein bahnbrechendes Konzept des „Zusammenfalls der Gegensätze“ dazu aufrufe, jenseits aller Konfliktparteien und vermeintlichen Eigeninteressen das gemeinsame Wohl zu suchen und danach zu handeln. Das sei die Grundlage für Frieden und Hoffnung, auch wenn es „nicht sichtbar“ ist. Zepp-LaRouche begrüßte im IPC-Treffen die Rede des Papstes als „einen echten, echten Durchbruch”.
Pater Bury, ein Verfechter von Lyndon LaRouches Vorschlägen für Frieden durch Entwicklung, allen voran seinen Oasenplan für Palästina, erklärte: „Nikolaus von Kues und Lyndon LaRouche haben gesagt: Wir alle können lernen, wir alle können wachsen, wir alle können uns verändern. Es gibt Hoffnung für die Menschheit.“
Die gegenwärtigen Gefahren
Die aktuellen Gefahren wie drohender Atomkrieg, westlicher Rüstungswahn und Wirtschaftskollaps wurden von Zepp-LaRouche schon in der Eröffnungsrede angesprochen und in den folgenden fünf Beiträgen weiter ausgeführt. Darauf folgte eine Diskussion mit Fragen der Hunderten von Zuhörern aus mehr als 30 Ländern.
Trotz Hoffnungsschimmern am Horizont wie dem Gipfeltreffen von Trump und Xi am 30. Oktober gebe es viele Situationen extremer Spannungen, so Zepp-LaRouche. Einige europäische Regierungen seien regelrecht psychotisch. Sie zitierte die unbedachte Äußerung des belgischen Verteidigungsministers Theo Francken, ein Krieg mit Rußland sei zu gewinnen, indem man „Moskau von der Landkarte tilgt“. Zur Wirtschaftskrise in den NATO-Staaten sagte sie: „Die gesamte deutsche Industrie bricht zusammen… Die sozialen Folgen dieses Zusammenbruchs werden enorm sein.“
Zu aktuellen Krisenherden betonte sie, niemand solle sich von dem Märchen täuschen lassen, Venezuela werde von einem Drogenkartell regiert. Ein Versuch eines Regimewechselkrieges dort „könnte zu einer Explosion in ganz Lateinamerika führen“.
Sie verwies auf die Bedeutung des Gaza-Volksgerichtshofs am vergangenen Wochenende in Istanbul. Der Präsident des Gerichtshofs ist der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in den palästinensischen Gebieten, Richard Falk, der auch schon zur IPC gesprochen hat. Falk betont, wenn die Staaten sich weigern, etwas gegen großes Unrecht zu tun, müsse man an das Gewissen der Menschen appellieren. Die „Elders“ (zu deutsch etwa: „Graue Eminenzen“), eine von Nelson Mandela gegründet hochrangige Gruppe ehemaliger Staatsmänner, fordert die Freilassung des palästinensischen politischen Gefangenen Marwan Barghouti,2 so wie es die LaRouche-Bewegung schon zu Jahresbeginn gefordert hatte.3
Gefahr eines Atomkriegs
Ray McGovern, ehemaliger CIA-Analyst und Mitbegründer der Geheimdienstveteranen für Vernunft (VIPS), sprach die Gefahr eines Atomkrieges direkt an. Er erinnerte daran, wie der neokonservative Fanatiker John Bolton 2002 Präsident George W. Bush ermutigte, aus dem ABM-Vertrag auszusteigen. In den folgenden Jahren lehnte die USA alle Verhandlungsbemühungen Rußlands ab, und der Westen log, er würde die Raketenabwehr in Osteuropa nur wegen der (nicht existenten) iranischen Bedrohung stationieren.
Präsident Putin habe darauf mit seiner berühmten Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 reagiert, wo er ankündigte, wegen der Aufkündigung der Rüstungskontrollabkommen durch die USA werde Rußland neue strategische Waffen entwickeln. McGovern zeigte einen Ausschnitt aus einer Rede Putins 2016 vor westlichen Journalisten, worin er ankündigte, sein Land werde neue Offensivwaffen entwickeln, die nicht abgefangen werden können. Dies sei der Ursprung der Waffensysteme Oreschnik, Burewestnik und Poseidon, technische Durchbrüche, von denen die NATO weit entfernt ist und die von keiner bestehenden Raketen- und Luftabwehr abgefangen werden können.
Nun liege ein russisches Angebot auf dem Tisch, die Beschränkungen des New-START-Vertrags weiter einzuhalten, wenn die USA es auch tun. Dieses Angebot wurde am 22. September unterbreitet, aber es gab bisher keine offizielle Antwort aus den USA.
John Steinbach vom Hiroshima-Nagasaki-Friedenskomitee erinnerte an die Anti-Imperialistische Liga, die Ende des 19. Jahrhunderts Menschen mit unterschiedlichem ideologischem Hintergrund willkommen hieß. Er verwies auf den 28. Oktober als „Wasili-Archipow-Tag“, benannt nach dem sowjetischen Marineoffizier, der während der Kubakrise einen Atomkrieg verhinderte, indem er den Befehl zum Abschuß eines Atomtorpedos widerrief. Steinbach lobte, daß Präsident Trump „wenigstens den Anschein von Verhandlungen“ mit Rußland mache, anders als Biden. Er zitierte den Philosophen Baruch Spinoza: „Frieden ist nicht die Abwesenheit von Krieg, sondern eine Tugend, eine Geisteshaltung, eine Neigung zu Wohlwollen, Vertrauen und Gerechtigkeit.“
Zepp-LaRouche bat McGovern um einen Kommentar zu den derzeitigen hektischen Kriegsvorbereitungen in Europa. Er antwortete, offenbar gebe es keine Geheimdienstexperten mehr wie noch in den 80er Jahren – mutige Menschen wie jenen CIA-Beamten, der seine Vorgesetzten warnte, die Sowjets seien überzeugt, das Manöver Able Archer sei eine Tarnung für einen atomaren Angriff.
Jack Gilroy, führendes Mitglied von Veterans for Peace und Pax Christi, warnte, der Wahnsinn des Militarismus, motiviert durch den Militärisch-Industriellen Komplex, sei zurückgekehrt. Er zitierte den Chef von Raytheon (heute RTX Corp.), der vor dem Krieg in der Ukraine sagte, die Spannungen in Osteuropa seien eine „Gewinnchance” für sein Unternehmen. Gilroy forderte, öffentliche Schulen sollten lehren, daß die Vorstellung, „daß das Militär uns Sicherheit und Schutz bietet”, eine ebenso große Lüge sei wie unter den Nazis, und daß Schüler einen Eid ablegen sollten, sich nicht bei Unternehmen aus dem Militärisch-Industriellen Komplex zu bewerben.4
McGovern und Gilroy, beide Katholiken, sprachen über ihre Hoffnungen und Enttäuschungen in Bezug auf die Kirche. Zepp-LaRouche betonte erneut die Bedeutung von Papst Leos Einsatz für das Werk von Cusanus. Der sei zu Lebzeiten so umstritten gewesen, daß man vom „Lyndon LaRouche seiner Zeit“ sprechen könne.
Kues wurde in den Index der verbotenen Bücher der katholischen Kirche aufgenommen, und LaRouche wurde zu Unrecht angeklagt und ins Gefängnis gesteckt – darauf wies Dennis Small hin, ein Mitarbeiter LaRouches, der selbst ebenfalls inhaftiert wurde. Small forderte LaRouches Rehabilitierung.
Zepp-LaRouche sagte, der Einsatz des Papstes eröffne der Kirche und allen Religionen eine Chance, ihre Vorurteile abzulegen und helfen, Frieden für die Menschheit zu schaffen.
Dr. Feroze Sidhwa, ein amerikanischer Chirurg, der viel in Palästina gearbeitet hat, berichtete über seine Erfahrungen in Gaza, wo er sich freiwillig im Europäischen Krankenhaus in Khan Younis, bei der Weltgesundheitsorganisation und bei der NGO MedGlobal engagiert hat. Er sagte: „Seit dem Waffenstillstand hat sich in Gaza nicht viel geändert… Die Lage ist nach wie vor sehr, sehr ernst.“ Israel erlaube den Wiederaufbau nur in den Enklaven, wo vier von Israel unterstützte Banden herrschen, und nutze dies für Propagandazwecke – „mit das Zynischste, was ich in meinem Leben gesehen habe“. Er verurteilte US-Ärzteverbände, die zum Völkermord in Gaza und sogar zu Israels zahlreichen Morden an medizinischem Personal schweigen.
Schlußfolgerungen
In den kurzen Schlußbemerkungen äußerte Gilroy die Hoffnung, daß Leo ebenso wie Papst Franziskus das Konzept eines „gerechten Krieges“ verurteilt. Pater Bury betonte, Jesus habe uns gelehrt, unsere Feinde zu lieben, und das sollte das Leitprinzip unserer politischen Tätigkeit sein.
Steinbach sagte, Israel benutze sein Atomwaffenarsenal zur Erpressung, so wie 1973, als es mit dem Einsatz von Atomwaffen drohte, als US-Präsident Nixon die Militärhilfe zurückhalten wollte. McGovern ergänzte, Israel habe 1973 ein Angebot für einen gegenseitigen Verteidigungsvertrag mit den USA abgelehnt, weil ein solcher Vertrag international anerkannte Grenzen erfordert.
Zepp-LaRouche reflektierte über die Religionen, die in den Diskussionen dieser Woche wiederholt ein Thema waren. Das Problem sei in allen Religionen der Fundamentalismus, wo Menschen überzeugt sind, allein die Wahrheit zu kennen und allen anderen überlegen zu sein. Aber jede Religion habe auch eine Strömung, für die Wissenschaft und Glaube kein Widerspruch sind. Dies verkörpere Nikolaus von Kues, der im 15. Jahrhundert enorm wichtige Entdeckungen über den Menschen und das Universum machte. Papst Leos Entscheidung, Kues‘ Rolle bewußt hervorzuheben, sei ist ein nicht zu unterschätzender Durchbruch. eir




