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Berechnungen der Epidemiologen besagen: Erst impfen, dann auffrischen

Berechnungen der Epidemiologen besagen: Erst impfen, dann auffrischen

Ein wenig in die Augen fallender Meinungsartikel von zwei Epidemiologen mit dem Titel „Boosters won’t stop the Delta variant: Here’s the math“ (Auffrischungsimpfungen werden die Delta-Variante nicht stoppen: hier ist die Berechnung) ist am 15. August in der Washington Post erschienen. Der Artikel bezieht sich zwar auf die Vereinigten Staaten, doch wenn man ihn auf die gesamte Weltbevölkerung anwendet, liefert er eine plausible Begründung dafür, alle verfügbaren Impfstoffvorräte auf die Grundimpfung der Bürger zu konzentrieren, bevor irgendwelche Auffrischungsimpfungen verabreicht werden. Die Prämisse ihrer Analyse: „Viele Geimpfte fragen, ob es an der Zeit ist, eine Auffrischungsimpfung zu bekommen. Aber die Berechnungen hinter der Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie COVID-19 kann uns zeigen, daß dies nicht der Fall ist.“

Das Argument: Die Reproduktionszahl R0 des ursprünglichen Virus in dieser Pandemie – die Zahl der Menschen, die wahrscheinlich von einem Infizierten angesteckt werden, wenn es keine Immunität in der Bevölkerung gibt – betrug 3; bei der Delta-Variante wird sie auf 6-9 geschätzt. Re ist die effektive Reproduktionszahl, die sich ergibt, wenn man R0 mit dem Anteil der Bevölkerung multipliziert, der für die Krankheit empfänglich ist. Diese sollte bei 1 oder niedriger gehalten werden, um die Ausbreitung der Epidemie zu verhindern. Der empfängliche Anteil der Bevölkerung kann durch [1-xv] ausgedrückt werden, wobei 1 für die Gesamtbevölkerung (oder die erwachsene Bevölkerung), x für den Prozentsatz der vollständig geimpften Personen und v für die Wirksamkeit der Impfstoffe steht. Die effektive Reproduktionszahl des Virus, Re, ist dann R0 · [1-xv]. Dieses Re ist ein direktes Maß dafür, wie schnell und wie weit Infektionen, Krankenhausaufenthalte und Todesfälle der Delta-Variante zunehmen.

Bei einem R0-Wert der Delta-Variante von 8 und einer Wirksamkeit des Impfstoffs von 85 % würde Re nur 1,2 betragen, wenn die gesamte Zielbevölkerung vollständig geimpft wäre. Bei einem Durchimpfungsgrad von 52 % (wo sich die Vereinigten Staaten derzeit befinden) liegt Re für Delta bei etwa 4 und ist damit schlechter als bei der ursprünglichen Virusvariante, als noch niemand immunisiert war. Wenn man davon ausgeht, daß eine Auffrischungsimpfung die Wirksamkeit des Impfstoffs auf 95 % erhöht, dann liegt der Re-Wert bei der derzeit geimpften Bevölkerung, wenn sie alle aufgefrischt würden, immer noch bei etwa 4.

Würden jedoch 75 % der Zielbevölkerung vollständig geimpft, sinkt der Re-Wert unter 3. Würden 85 % geimpft, ohne Auffrischungsimpfung, läge Re bei etwa 2,4, selbst wenn man einen R0-Wert annimmt, der nahe am oberen Ende des Bereichs für die Delta-Variante liegt.

Mit anderen Worten: Es gibt einen großen Spielraum für die Erhöhung von x, dem Anteil der Geimpften, im Verhältnis zu dem kleinen Spielraum für die Erhöhung von v, der Wirksamkeit der Impfstoffe, durch Auffrischungsimpfungen; und davon hängt es ab, wie die Ausbreitung der Delta-Variante eingedämmt werden kann. Diese Berechnung trifft auf die Bevölkerung aller Länder der Welt zu.

Die Autoren der Studie sind Prof. Eleanor Murray von der Boston Univ. School of Public Health und ihre Doktorandin Ruby Barnard-Mayers.

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