Ein Panel am Eröffnungstag des diesjährigen Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg (SPIEF) wurde vom Valdai-Diskussionsklub unter der Moderation des Programmdirektors des Klubs, Ivan Timofeev, zu den globalen Auswirkungen von Sanktionen geleitet. Der Titel: „Das Risiko von Sanktionen für das globale Finanzsystem und internationale Geschäfte“.
Die Programmbeschreibung enthielt Folgendes:
„Sanktionen stellen eine Bedrohung sowohl für die Finanzinfrastruktur des ‚angegriffenen Landes‘ als auch für ausländische Banken dar…. Die Umwandlung des Dollars in eine Waffe birgt die Gefahr von unvorhergesehenen Schocks. Aufgezwungene Beschränkungen des Finanzsektors sind auch mit Menschenrechtsfragen verbunden, insbesondere mit dem fehlenden Zugang zu Finanzdienstleistungen (Underbanking) für weite Teile der Bevölkerung…. Die Intensität und die wahllose Art, mit der Sanktionen eingesetzt werden, legen nahe, daß ein vormals gezielt eingesetztes politisches Instrument nun allumfassend wird.“
Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über negative Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte, Alena Douhan (eine ehemalige Professorin für internationales Recht an der Belarussischen Staatlichen Universität), erklärte, daß die einseitigen Sanktionen der USA und der EU völkerrechtswidrig seien und „ohne jeglichen Versuch eines Gerichtsverfahrens, ohne ein ordnungsgemäßes Verfahren, verhängt werden.“ Insbesondere durch den Einsatz von „Sekundärsanktionen“ erzeugen sie bei Unternehmen und Banken die Sorge, mit sanktionierten Ländern oder Unternehmen bzw. Personen Geschäfte zu machen. Die Auswirkungen seien schwerwiegend für das „Gesundheitssystem der Nation, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, Transport – die Menschen kommen nicht mehr zu den Krankenhäusern.“ Sie nannte Venezuela, Syrien und den Jemen als Länder, in denen es in den Krankenhäusern praktisch keine Medikamente gibt, keine Impfstoffe, hohe Arbeitslosigkeit und infolgedessen einen enormen Anstieg von Kriminalität und Menschen- und Drogenschmuggel.
Rußlands stellvertretender Finanzminister Wladimir Kolytschew betonte, daß als Folge dieser Verbrechen „ein neues globales Finanzsystem entsteht. Es wird nicht über Nacht kommen, aber es ist unvermeidlich. Die sanktionierten Länder werden es schaffen.“ Es gebe derzeit einen anhaltenden Rückzug aus den bestehenden Strukturen, da es nicht sicher sei, den US-Dollar zu verwenden. Rußlands Handel fand noch 2019 zu 80% in Dollar statt, jetzt seien es weniger als 50%. Die Reserven Rußlands würden nur noch zu 20% in US-Dollar gehalten. Rußland, ebenso wie andere sanktionierte Länder, gingen außerdem dazu über, in kritischen Bereichen wie dem Gesundheitswesen Waren im Inland zu produzieren.
Wladimir Tschischow, russischer Botschafter bei der EU, sagte, daß wir eine „Sanktionspandemie“ durchlebten. Die EU habe nun Sanktionen gegen 32 Länder verhängt, darunter drei, die sich um einen Beitritt zur EU bewerben (die Türkei, Bosnien-Herzegowina und Montenegro). Tschischow betonte, daß die EU zwar behaupte, sie setze Sanktionen nur als „letztes Mittel“ ein, „aber leider Gottes stimmt das nicht, es ist sogar weit davon entfernt zu stimmen – es ist das erste Mittel ihrer Wahl.“ Nur Sanktionen, die vom UN-Sicherheitsrat genehmigt werden, seien nach internationalem Recht legal, fügte er hinzu. Sog. „schlaue Sanktionen“, sagte er, „sind dumm.“ Vor allem funktionierten Sanktionen nicht. „Selbst legale – schauen Sie sich die Taliban an.“
Für das Gemeinwohl aller, statt dem Nutzen Weniger!
Internationale Schiller-Institut/ICLC Internetkonferenz, 26. und 27. Juni 2021