Von Michelle Rasmussen und Marcia Merry Baker
Diplomaten aus zwölf Ländern befaßten sich auf einem Seminar des Schiller-Instituts in Kopenhagen mit dem Konzept des Oasenplans.
Das dänische Schiller-Institut veranstaltete am 8. Mai in Kopenhagen ein Seminar für Diplomaten und andere Gäste zum Thema „Stoppt das Töten und beginnt den Wiederaufbau des Gazastreifens und der Region mit dem Oasenplan – die LaRouche-Lösung für Frieden durch Entwicklung“. Vier Botschafter und viele andere Diplomaten von zwölf Botschaften aus der Region Südwestasien-Nordafrika, anderen Teilen Asiens und Afrikas sowie Westeuropa nahmen persönlich an der Konferenz teil.
Die Zuhörer verfolgten drei Stunden lang intensiv die fesselnden Vorträge und Dialoge, deren Ziel es war, sowohl zu einem sofortigen Ende von Tod und Zerstörung in Gaza beizutragen als auch einen Entwicklungspfad für die Zukunft zu skizzieren.
Der Vorsitzende des dänischen Schiller-Instituts, Tom Gillesberg, moderierte die Veranstaltung und verwies auf die Bemühungen des Schiller-Instituts in vielen Ländern, den Dialog über das Konzept „Frieden durch Entwicklung“ in Palästina, Israel und weltweit zu fördern, um zu einer neuen Wirtschafts- und Sicherheitsarchitektur für die Welt beizutragen.
Am 13. April hatte das Schiller-Institut eine internationale eintägige Online-Konferenz abgehalten – „Der Oasenplan: die LaRouche-Lösung für Frieden durch Entwicklung zwischen Israel und Palästina und für ganz Südwestasien“ –, die jetzt im Videoarchiv verfügbar ist.1 Schon seit Februar kursiert ein 14minütiges Video über den Oasenplan, das großes Interesse weckt.2
Bei dem Plan geht es kurzgefaßt darum, den Aufbau einer Infrastruktur für eine zuverlässige Versorgung mit Wasser, Strom, Transportmitteln, medizinischer Versorgung, Wohnraum und anderen Voraussetzungen für moderne Industrie-Agrar-Staaten als Grundlage für die Sicherheit beider Seiten zu nutzen. Konkret bedeutet dies den Bau von Wasserleitungen und nuklearen Entsalzungsanlagen, Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnlinien, die Afrika, Asien und Europa miteinander verbinden, reichlicher Energieversorgung und vieles mehr.
Der US-Staatsmann und Wirtschaftswissenschaftler Lyndon LaRouche (1922-2019) hat diesen Ansatz schon 1975 als „Oasenplan“ für Südwestasien vorgestellt, als er die Region besuchte, im selben Jahr veröffentlichte er auch seinen Vorschlag für die Finanzierung solcher Vorhaben durch eine neuartige Internationale Entwicklungsbank.
In der Einladung zu dem Seminar, die das gesamte diplomatische Korps in Kopenhagen erhielt, hatte das Schiller-Institut zu einer Diskussion über ein neues Paradigma in diesem Sinne aufgerufen:
„Tod, Zerstörung und Hunger sind als Kriegswaffen eingesetzt worden; wirtschaftliche Entwicklung muß als Friedenswaffe eingesetzt werden, damit Schwerter zu Pflugscharen werden. Wir alle müssen jetzt handeln, um das Töten zu beenden und den Wiederaufbau zu beginnen.
Das Seminar des Schiller-Instituts in Kopenhagen wird einen wichtigen Beitrag zum Dialog darüber leisten, wie man diesem leidgeprüften Teil der Welt Frieden und Wohlstand bringen kann, und ein neues Paradigma der internationalen Beziehungen einleiten.“
Ein Videoarchiv der Veranstaltung am 8. Mai in Kopenhagen finden Sie (in englischer Sprache) hier.
Frieden nur durch Entwicklung
Den ersten der drei Hauptvorträge hielt Helga Zepp-LaRouche, die per Videoverbindung aus Deutschland zugeschaltet war. Sie ist Gründerin und Leiterin des internationalen Schiller-Instituts und – bis zu dessen Tod zusammen mit ihrem Mann Lyndon LaRouche – seit Jahrzehnten in der Entwicklungsdiplomatie engagiert.
Der zweite Teilnehmer war S.E. Botschafter Prof. Dr. Manuel Hassassian, Botschafter der Palästinensischen Autonomiebehörde in Dänemark. Die beiden setzten den Dialog fort, den sie auf der internationalen Konferenz des Schiller-Instituts am 13. April begonnen hatten, unter anderem über die drängende Frage, ob erst „politische“ Differenzen gelöst werden müssen, bevor die „wirtschaftliche“ Entwicklung stattfinden kann.
Als dritter Redner sprach Hussein Askary, Südwestasien-Koordinator des Schiller-Instituts, der 2017 das Buch Extending the New Silk Road to Southwest Asia and Africa (Die Neue Seidenstraße auf Südwestasien und Afrika ausweiten) mitverfaßt und die arabische Übersetzung der EIR-Studie Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke angefertigt hat.
Zepp-LaRouche begann ihren Vortrag zum Thema „Der Oasenplan: Frieden nur durch Entwicklung“ mit der Schreckensnachricht vom Beginn des israelischen Angriffs auf Rafah. Sie gab eine globale strategische Analyse der Gefahr eines regionalen und weltweiten Krieges und beschrieb die Gefahr eines Atomkrieges durch eine Eskalation in Südwestasien und/oder in dem Konflikt zwischen der NATO und Rußland in der Ukraine.
Sie rief die Diplomaten auf, daran mitzuarbeiten, den Oasenplan als Hebel für ein neues Paradigma voranzutreiben und eine neue internationale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur zu schaffen. Dies sei der einzige Ausweg aus der existentiellen Krise, in der sich die Welt befindet. Sie beschrieb dazu ihre „Zehn Prinzipien für eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur“, die sie seit 2022 zur internationalen Diskussion gestellt hat.3
Die palästinensische Tragödie
S.E. Botschafter Prof. Dr. Hassassian sprach zum Thema „Stoppt das Töten und startet den Wiederaufbau“. Er hielt eine sehr polemische Rede über die andauernde Tragödie des palästinensischen Volkes, die Geschichte des Konflikts, und was notwendig ist, um den Völkermord in Gaza zu beenden. Der Botschafter rief die zwölf auf dem Seminar vertretenen Länder und die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf, um das Töten zu stoppen, und betonte die Notwendigkeit einer politischen Lösung auf der Grundlage der palästinensischen Souveränität, unterstützt durch wirtschaftliche Entwicklung. In der Diskussion wurde auch die Frage einer Zweistaatenlösung für Israel und Palästina erörtert.
Botschafter Hassassian spricht aus langjähriger Erfahrung und Engagement. Er ist ehemaliger Botschafter im Vereinigten Königreich und in Ungarn und war geschäftsführender Vizepräsident der Universität Bethlehem im Westjordanland sowie Professor an der Universität von Maryland (USA), wo er einen Kurs zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts entwickelte. Er war der wichtigste Berater der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in Fragen des Status von Jerusalem. Er hat einen Master-Abschluß in internationalen Beziehungen von der Universität Toledo und einen Doktortitel in Politikwissenschaft von der Universität Cincinnati.
Die Wüsten begrünen
Hussein Askary beschrieb konkrete Aspekte der Wirtschaftsgeographie und der Entwicklungsprinzipien des Oasenplans unter dem Thema „Die Unmöglichkeit ist selbstgemacht: Frieden durch wirtschaftliche Entwicklung ist der einzige Weg nach vorn in Westasien“. Er hinterfragte insbesondere die Axiome hinter der „grünen“ Nullwachstumsbewegung und ihrem politischen Ausdruck und betonte, die Grundsätze der Entwicklung beruhten darauf, wie die Kreativität des Menschen die Natur zum Besseren verändert.
Askary zeigte anhand von Beispielen aus seiner jüngsten Reise nach Xinjiang Chinas Entwicklungspolitik zur Begrünung der Wüste. In den Diskussionsrunden wurden dazu zahlreiche Fragen aufgeworfen, u.a., ob es zu viele Menschen auf der Welt gebe, und die Frage, was man gegen den Terrorismus in Westafrika tun könne, wobei er wiederum die wirtschaftliche Entwicklung als Gegenmittel betonte.
Diskussion über den Plan einer „globalen Oase“
In der Diskussionsrunde beantwortete Zepp-LaRouche eine Frage mit einem Appell an den Globalen Süden, sich weltweit Gehör zu verschaffen.
Ein konkreter Vorschlag der Diskussionsteilnehmer ist, den Oasenplan auf die Tagesordnung einiger der jährlichen Symposien von Stiftungen und Staaten zum Thema Sicherheit zu setzen. Palästinensische Vertreter könnten dies formell beantragen. Botschafter Hassassian ergänzte, man müsse diese Diskussion auch an den Universitäten in Gang bringen. Der Oasenplan als Katalysator für wirtschaftliche Entwicklung und die Arbeit des Schiller-Instituts und der LaRouche-Bewegung bei seiner Förderung seien sehr wichtig für die Welt.
Die unmittelbare Gelegenheit, sich auf einer formellen internationalen Plattform zu äußern, bot sich nur zwei Tage nach dem Kopenhagener Treffen, als die Vollversammlung der Vereinten Nationen am 10. Mai die Frage der Eigenstaatlichkeit Palästinas auf ihre Tagesordnung nahm, über die debattiert und auch abgestimmt wurde.
Die allgemeine Reaktion der Diplomaten auf das Seminar war, daß sie für die Ideen und Anregungen dankbar waren, weil diese ganz anders sind als die sonst routinemäßig präsentierten Vorstellungen. Ein asiatischer Diplomat sagte: „Ich bin sprachlos. Ich werde Tage brauchen, um über all die vorgestellten neuen Ideen nachzudenken.“
Helga Zepp-LaRouche berichtete beim wöchentlichen Internettreffen der Internationalen Friedenskoalition (IPC) über das Seminar: „Es war ein äußerst wichtiges Folgetreffen auf der Ebene von Diplomaten und Botschaftern, und aus diesem Treffen ging die volle Verpflichtung hervor, den Einsatz fortzusetzen und auf eine höhere Ebene zu heben, indem man sich um eine große internationale Konferenz mit der Teilnahme von Staaten über die Notwendigkeit bemüht, den Oasenplan – den Entwicklungsplan für die gesamte Region Südwestasien – ernsthaft auf die Tagesordnung zu setzen.“