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Ein Bericht vom Treffen der Internationalen Friedenskoalition (IPC) am 9. Februar.

Ein Bericht vom Treffen der Internationalen Friedenskoalition (IPC) am 9. Februar.

„Wir brauchen eine Kehrtwende im moralischen Universum“

Von Daniel Platt

Die Online-Diskussion der Internationalen Friedenskoalition (International Peace Coalition, IPC) am 9. Februar begann mit der Feststellung der Moderatorin Anastasia Battle, daß sich die Koalition inzwischen seit 36 Wochen regelmäßig jeden Freitag getroffen hat. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten der Koalition sei jetzt eine Massenmobilisierung, um die Finanzierung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) wiederherzustellen, das ein Opfer unbewiesener Vorwürfe des Likud-Regimes in Israel und seiner neokonservativen Unterstützer im Westen sei.

Die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, eröffnete das Treffen. Sie sagte, die jüngste unglaubliche, schreckliche Entwicklung im Gazastreifen seien Netanjahus Ablehnung eines Angebots der Hamas zur Freilassung der Geiseln und die Ankündigung, die israelischen Streitkräfte (IDF) würden die Stadt Rafah angreifen. 1,5 Millionen Palästinenser, die aus anderen Teilen des Gazastreifens gewaltsam vertrieben wurden, leben in Rafah auf engstem Raum zusammengepfercht, wo es kein Entkommen gibt. Ein Angriff der IDF auf diese Flüchtlinge hätte ein furchtbares Gemetzel zur Folge. Zepp-LaRouche kommentierte auch die Kampagne gegen das UNRWA, das laut UN-Generalsekretär António Guterres „unersetzlich“ ist. Wenn man dem Hilfswerk die Gelder streiche, „verurteilt man die Menschen, die von ihm abhängen, zum Tod“.

Selbst in Kreisen des US-Establishments sei man sich bewußt, daß dieser Zustand nicht ewig so weitergehen kann. Sie erwähnte einen Artikel in der einflußreichen außenpolitischen Zeitschrift Foreign Affairs mit der Überschrift „Israels Selbstzerstörung“, der mit der Schlußfolgerung endet, daß die Israelis auf die Palästinenser zugehen müssen und – wegen der stark fraktionierten Situation – auch im eigenen Land aufeinander zugehen müssen.1

Zepp-LaRouche erinnerte die Teilnehmer daran, daß trotz der Dringlichkeit der Lage in Palästina nicht vergessen werden dürfe, daß die Gefahr einer Eskalation zum Weltkrieg besteht, wenn es nicht gelinge, eine neue Sicherheits- und Entwicklungsinfrastruktur für die Welt umzusetzen, so wie sie dies im November 2022 vorgeschlagen hat.2

Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó habe kürzlich gewarnt: Wenn zu den Konflikten in der Ukraine und in Südwestasien noch ein weiterer großer Konflikt hinzukommt, könne dies einen Weltkrieg bedeuten. Zepp-LaRouche sagte, die wichtigste Aussage in dem legendären Interview von Tucker Carlson mit Wladimir Putin – das bereits 120 Millionen Menschen gesehen haben – sei die, daß Putin und Rußland niemals die Tür zur Zusammenarbeit mit dem Westen geschlossen hätten.

Der Botschafter Südafrikas in Mexiko richtete Grußworte an die Sitzung, und die IPC-Mitglieder dankten Südafrika für seinen wichtigen Beitrag im Kampf um Gerechtigkeit für Palästina mit seiner Klage gegen Israel vor dem Weltgerichtshof (IGH).

Das Interview mit Putin

Der ehemalige CIA-Analyst und Mitbegründer der „Geheimdienstveteranen für Vernunft“ (Veteran Intelligence Professionals for Sanity, VIPS), Ray McGovern, präsentierte eine Analyse von Carlsons Interview. Schon US-Präsident Eisenhower habe gewarnt, wenn die Amerikaner schlecht informiert seien, dann werde der Militärisch-Industrielle Komplex Amerikas Politik bestimmen. Ein Mann, dem es gelang, eine Bresche in das ansonsten allgegenwärtige Klima erzwungener Ignoranz zu schlagen, sei Julian Assange. Tucker Carlson habe nun einen weiteren wichtigen Beitrag geleistet.

Ein wichtiger Aspekt des Interviews sei, daß die Zuschauer daran erinnert wurden, daß es im Frühjahr 2022 in Istanbul schon ein fertiges Abkommen zwischen Rußland und der Ukraine zur Beendigung des Krieges gab, aber die USA und die Briten intervenierten und die unterzeichneten Dokumente „in den Mülleimer der Geschichte warfen“. Die Folge davon sei der sinnlose Tod von bis zu einer halben Million Ukrainer, der Blüte des Landes, gewesen.

Carlson fragte Putin, wer seiner Meinung nach in Washington das Sagen habe, und Putin antwortete, er wisse es nicht, aber es sei mit Sicherheit nicht der Präsident. McGovern kommentierte, Putin habe Grund zur Sorge, wer in Amerika „wirklich den Atomknopf kontrolliert“. Der enorme Gegensatz zwischen Putin und Biden zeige sich daran, daß das US-Justizministerium gerade ernsthaft erklärte, man müsse Unwahrheiten Bidens entschuldigen, weil er alt und nicht immer Herr seiner Sinne sei.

Führende Geistliche mobilisieren für Frieden

Bei dem Treffen kamen auch mehrere Geistliche und religiöse Aktivisten zu Wort. Ein Pfarrer aus der Stadt Dearborn im US-Staat Michigan empörte sich darüber, daß die amerikanischen Medien behaupten, Israel führe einen Krieg gegen die Hamas, während es sich in Wirklichkeit um einen Krieg gegen die Zivilisten in Palästina handele. Aber wer die Wahrheit sagt, werde als „Antisemit“ abgestempelt. Dearborn wurde kürzlich in einem Kommentar im Wall Street Journal als „Dschihadisten-Stadt“ verleumdet, was eine empörte Reaktion des Bürgermeisters hervorrief, der verstärkte Sicherheitsvorkehrungen wegen der Gefahr islamfeindlicher Gewalt anordnete. Der Geistliche warnte vor der Gefahr, daß Israel den Krieg auf den Libanon und andere Nachbarländer ausweitet, und sagte, man müsse es zu einem wichtigen Thema machen, daß israelische Demonstranten humanitäre Hilfe für den Gazastreifen blockieren. Er schloß mit der Bemerkung, die Tötung der vielen Zivilisten durch die IDF werde zur Folge haben, daß die Hamas neue Mitglieder rekrutiert, der Kreislauf der Gewalt gehe dann weiter und werde wiederum dazu führen, daß in Israel noch mehr Extremisten wie Netanjahu an die Macht kommen.

Andere religiöse Führer erörterten Zitate aus christlichen, jüdischen und islamischen Schriften, die man auf die gegenwärtige strategische Krise beziehen kann, und kamen zu dem Schluß: „Wir brauchen eine Kehrtwende im moralischen Universum.“ Sie berichteten über die neuesten Aktivitäten und Zukunftspläne. Pax Cristi plant in den USA zum „Tax Day“ – dem Tag, an dem die Steuererklärung fällig wird – zahlreiche Aktionen gegen die Waffenhersteller, die „Händler des Todes“, die ungeheure Summen vom amerikanischen Steuerzahler erhalten.

Aktivisten aus Mexiko und New York berichteten von erfolgreichen Besuchen bei Botschaften, wo sie auf die Finanzierung des UNRWA und Unterstützung Südafrikas beim IGH drängten. Es fanden auch Kundgebungen vor verschiedenen Botschaften statt, besonders von Ländern, die ihre Zahlungen an das UNRWA eingestellt haben.

Die Kandidatin für den US-Senat, Diane Sare, die gerade an einer solchen Kundgebung teilnahm und von dort der IPC-Sitzung zugeschaltet war, betonte, sie blicke optimistisch in die Zukunft, weil sie sieht, wie viele junge Menschen gegen den Völkermord in Gaza protestieren. Aber die Frage sei nun: „Wie geht es weiter? Was für eine Welt wollen wir eigentlich? Das verrottete alte Imperium ist tot, was tritt an seine Stelle?“

Während der informellen Diskussion kommentierten die Teilnehmer das Putin-Interview, es zeige, daß Rußland nach wie vor bereit sei, einen Dialog mit dem Westen aufzunehmen. Der ehemalige Staatspräsident von Guyana, Donald Ramotar, bemerkte, man könne aus dem Interview erkennen, daß Putin wisse, daß er eine militärische Lösung erreichen kann, aber eine politische Lösung auf dem Verhandlungsweg vorziehe. Ramotar lobte die südafrikanische Regierung, sie handle als Gewissen der ganzen Menschheit. Sie habe „den Völkermord-Akteuren in Israel und Amerika die Maske vom Gesicht gerissen“ und die Korruption der Staatsführer der arabischen Welt entlarvt. Er verteidigte die jemenitischen Huthis, ihre Aktionen gegen israelische Schiffe seien „kein Terrorismus, sondern Solidarität“.

In ihren abschließenden Bemerkungen betonte Helga Zepp-LaRouche, man müsse jetzt besonders die Situation in Rafah mit größter Dringlichkeit beobachten. Niemand könne mehr von einer „regelbasierten Ordnung“ sprechen, wenn der Westen die Vorgänge in Gaza duldet. „Werden wir nach dem Gesetz des Dschungels leben oder nach den universellen Prinzipien der UN-Charta?“ Diese Ideen müssen unsere Aktivitäten in den kommenden Wochen leiten.

Anmerkungen:

1. https://www.foreignaffairs.com/israel/israels-netanyahu-self-destruction

2. https://schillerinstitute.com/de/blog/2022/11/30/zehn-prinzipien-fuer-eine-neue-internationale-sicherheits-und-entwicklungsarchitektur/

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