Konferenz des Schiller-Instituts zum Gedenken an Lyndon LaRouche (1922-2019)
(Das Video ist auf englisch, die deutschen Übersetzungen werden veröffentlicht, sobald sie verfügbar sind)
Appell an Präsident Donald Trump: „Geben Sie der Welt Gerechtigkeit, rehabilitieren Sie Lyndon LaRouche!“
Über 300 Teilnehmer aus mehr als 30 Ländern auf vier Kontinenten, die am 16. und 17. November 2019 an der Konferenz teilnahmen, beschlossen per Akklamation den folgenden Aufruf:
„In einzigartigen Momenten der Geschichte kann eine einzige entschlossene Handlung Gerechtigkeit für eine ganze Epoche und für alle Nationen bewirken. Der universelle Dichter der Freiheit, Friedrich Schiller, läßt in seinem Meisterwerk Don Carlos den Marquis Posa König Philipp drängen: „Werden Sie von Millionen Königen ein König“, nämlich indem er den Niederlanden und ganz Europa Gerechtigkeit bringt.
Präsident Trump, es ist an der Zeit, Lyndon H. LaRouche, der durch einen Schauprozeß von 1989-1994 zu Unrecht inhaftiert war, posthum zu rehabilitieren. Dies fordert sowohl die Gerechtigkeit für den Menschen als auch die Gerechtigkeit für seine Ideen. Alle unsere Nationen, und besonders unsere zukünftigen Generationen, brauchen ungehinderten Zugang zu LaRouches einzigartigen Entdeckungen in der physischen Ökonomie, zu seinen Beiträgen zur klassischen Kultur und den Naturwissenschaften, zu seiner Politik für Infrastruktur-Großprojekte und für wirtschaftliche Entwicklung – und diesen Zugang ermöglicht nur die Beendigung der jahrzehntelangen Verleumdungen und Verzerrungen, nur seine Rehabilitierung.
Die großen, existentiellen Krisen in unseren Nationen und der Welt und die einzigartigen Beiträge, die LaRouches Ideen zu ihrer Lösung leisten können, veranlassen uns, dringend Lyndon LaRouches Rehabilitierung zu fordern.“
Den Aufruf zur Rehabilitierung Lyndon LaRouches können Sie hier unterzeichnen.
Während die Weltpresse von der empörenden und offensichtlich betrügerischen Amtsenthebungsuntersuchung beherrscht ist, die in den USA von den Demokraten im Repräsentantenhaus und korrupten Geheimdienstleuten und Diplomaten der gescheiterten Präsidenten George Bush und Barack Obama betrieben wird, versammelte das Schiller-Institut über 300 „Patrioten und Weltbürger“ (wie Schiller den wahren Staatsbürger definiert) zu einer internationalen Konferenz unter dem Titel, „Die Zukunft der Menschheit als schöpferische Gattung im Universum“, die dem Andenken und den lebendigen Ideen von Lyndon LaRouche gewidmet war.
Die Hauptrede der Konferenz hielt die Gründerin und Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, zu den zahlreichen Rednern gehörten u.a. Wang Weidong, Gesandter-Botschaftsrat und Leiter der Abteilung für Handel und Gewerbe an der chinesischen Botschaft in Deutschland, Natalja Witrenko, Vorsitzende und ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Progressiven Sozialistischen Partei der Ukraine, Professor Andrej Ostrowskij, Vizedirektor des Instituts für Fernoststudien der Russischen Akademie der Wissenschaften, Jozef Miklosko, ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident der Tschechoslowakei, Theo Mitchell, ehemaliger Landessenator von Süd-Carolina, und Nino Galloni, ehemaliger Generaldirektor des italienisschen Haushalts- und Arbeitsministeriums. Weitere Beiträge kamen von Mitgliedern und Freunden des Schiller-Instituts aus den USA, Griechenland, Frankreich, Irak und Jemen. Am ersten Abend der zweitägigen Veranstaltung fand ein Konzert mit Musik von Beethoven, Schumann und Schubert statt, das dem Andenken Lyndon LaRouches gewidmet war.
Mit LaRouches Ideen ins neue Paradigma
Die erste Vortragsrunde zum Thema „Eine Zeit des strategischen Umbruchs: Schafft es Europa, das neue Paradigma der Neuen Seidenstraße mitzugestalten?“ wurde musikalisch eröffnet mit „Et incarnatus est“ aus Mozarts c-moll-Messe.
Dann hielt Helga Zepp-LaRouche, die Präsidentin des Schiller-Instituts, die Eröffnungsrede. Vor dem Hintergrund eines Putschversuchs in den Vereinigten Staaten gegen den gewählten Präsidenten und von Szenarien für Regimewechsel in Hongkong, Bolivien und anderen Ländern sei es äußerst dringlich, daran zu erinnern, daß LaRouche immer darauf bestanden hat, daß die Menschheit eine neue Denkweise annehmen muß. Es ist, wie LaRouche immer betont hat, ein Kampf der Ideen – ein Kampf zwischen dem Alten und dem Neuen Paradigma.
Die Kollapsdynamik des westlichen, monetaristischen Systems hatte LaRouche schon im August 1971 vorhergesagt: Entweder werde es zu einer globalen Depression und Faschismus kommen – oder zu einer neuen, gerechten Weltwirtschaftsordnung. Glücklicherweise entwickeln sich nun Institutionen wie BRI, BRICS, SCO, die das Potential haben, die Geopolitik ein für allemal zu besiegen. LaRouches Methode weise den Weg zum Neuen Paradigma.
Heute sei der Werkzeugkasten der Monetaristen leer, der einzige Ausweg aus der Kollapsdynamik, die LaRouche 1995 in seiner berühmten „Tripelkurve“ veranschaulichte, seien LaRouches „Vier Gesetze“, die weltweit umgesetzt werden können, sobald der laufende Putschversuch in den Vereinigten Staaten besiegt ist. Präsident Trumps Vorstellungen stünden völlig im Einklang mit dem Geist der Neuen Seidenstraße, und um sie vollständig zu verwirklichen, müßten die USA ein Teil davon werden.
Seit Xi Jinping 2013 die Strategie der Neuen Seidenstraße verkündete, gebe es immense Anstrengungen Chinas für den Ausbau von „Gürtel und Straße“, indem die Schienen- und andere Infrastruktur ausgebaut wird. Europa und der Westen müßten dabei ein aktiver Partner Chinas werden und die seit August 1971 betriebene Politik verwerfen, die politischen und wirtschaftlichen Eliten brauchen eine ganz andere Denkweise. Zepp-LaRouche kündigte die Gründung einer Stiftung für das Erbe von Lyndon LaRouche an, um möglichst viele Menschen mit seinen Ideen vertraut zu machen. (Den Wortlaut ihrer Rede finden Sie auf den Seiten 4-6.)
Im Anschluß an ihre Rede wurde ein Videoausschnitt von 1997 aus einer programmatischen Rede LaRouches über die Neue Weltwirtschaftsordnung gezeigt, mit besonderem Schwerpunkt auf der Entwicklung Afrikas (siehe Seite 6).
Auf diese Eröffnung folgte eine Rede von Wang Weidong, Gesandter-Botschaftsrat und Direktor der Handelsabteilung der chinesischen Botschaft in Deutschland, über das „Potential der neuen Seidenstraße für Europa“. Angesichts einer Ära ständiger Herausforderungen und wachsender Risiken sei es die richtige Antwort, „die interregionale Zusammenarbeit von noch größerer Bedeutung, auf noch höherer und noch zahlreicherer Ebene in Gang zu setzen“, sagte er und gab einen Überblick über die bisherigen Erfolge des BRI. Wang Weidong betonte die Bedeutung des jüngsten Besuchs von Präsident Xi in Griechenland mit Piräus als wichtigster chinesischer Investition in Europas Häfen und hob auch die Rolle Deutschlands und seiner Industrie als führender Wirtschaftspartner Chinas in Europa hervor. Deutschland sei auch ein strategischer Partner für die Zusammenarbeit mit China in Drittländern – eine solche Zusammenarbeit bringe enorme Mehrwerte, denn „1+1+1 ist größer als 3“. Die Welt stehe an einem Scheideweg, sie müsse sich entscheiden, ob sie Mauern brauche oder Brücken, und die Neue Seidenstraße baue Brücken. Er dankte dem Schiller-Institut, weil es „im Gegensatz zu den meisten westlichen Think Tanks“ ein tiefes Verständnis für die BRI gezeigt habe und eine „gute Plattform für Austausch und Dialog für die Gäste aus verschiedenen Ländern“ biete. (Den Wortlaut seines Vortrags finden Sie auf Seite 7.)
Die nächste Rednerin war Natalja Witrenko, ehemalige Abgeordnete des ukrainischen Parlaments und Vorsitzende der Progressiven Sozialistischen Partei der Ukraine (PSPU). Sie berichtete über ihr erstes Treffen mit Lyndon und Helga LaRouche 1995 und deren Besuch im gleichen Jahr in Kiew, bei dem LaRouche warnte, eine am IWF orientierte Politik werde auf die Dauer eine Katastrophe für die Ukraine bedeuten. Diese Katastrophe sei tatsächlich eingetreten, die Wirtschaftsleistung der Ukraine als ehemals sechstgrößter Industrienation der Welt wurde ausgelöscht, und 22 Millionen der 52 Millionen Einwohner, die sie 1991 noch hatte, gingen verloren. Heute liegt die Ukraine unter allen 42 Ländern in Europa beim Lebensstandard an letzter Stelle, das Pro-Kopf-Einkommen beträgt nur noch 1830 Euro im Jahr. Der einzige Ausweg für die Ukraine seien die Methode und die Ideen von LaRouche, der sich immer gegen die Zerstörung der physischen Wirtschaft stellte und der nicht nur mehr Infrastruktur auf der Erde forderte, sondern auch auf dem Mond und Mars, als Impuls zur schnelleren Entwicklung modernster Technik zum Wohl der Menschheit. (Den Wortlaut ihres Vortrags finden Sie auf den Seiten 8-9.)
Es folgte Prof. Andrej Ostrowskij, stellv. Direktor des Instituts für Fernoststudien der Russischen Akademie der Wissenschaften, der über die russisch geführte Eurasische Wirtschaftsunion und den chinesisch geführten Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße als einander ergänzende Strategien für die Entwicklung von Infrastruktur und Wirtschaft sprach. Mehr als drei Milliarden Menschen sind an dieser Entwicklungsperspektive beteiligt. Ostrowskij erklärte, unter den russischen Seehäfen im Fernen Osten sei Wladiwostok derjenige mit dem größten Potential, weil seine Anbindung an die Verkehrsinfrastrukturen am besten und auch seine geographische Lage am Pazifik ideal ist. (Den Wortlaut seines Vortrags finden Sie auf den Seiten 9-10. Wir werden in den kommenden Ausgaben weitere Beiträge der Konferenz dokumentieren.)
Letzter Redner am Vormittag war Enzo Siviero, der die beiden vorgeschlagenen festen Verbindungen Tunesien-Italien und Griechenland-Albanien-Italien erläuterte; die erstere ist eine Brücken- und Tunnelkombination, wozu auch eine Brücke über die Straße von Messina gehört, die andere ist ein vergleichbares System, das die Adria zwischen Italien und Albanien überquert und von hier aus die Verbindung zum übrigen Balkan, insbesondere Griechenland, herstellt. Technisch seien beide Großprojekte herausfordernd, aber durchaus machbar. Noch wichtiger als die wirtschaftliche Bedeutung dieser Projekte sei deren Funktion als Brücke zwischen den Kulturen.
Leonidas Chrysanthopoulos, griechischer Botschafter ad honorem, erinnerte an LaRouches beeindruckende „Kenntnisse des klassischen griechischen Denkens in Philosophie und Tragödie und seine Bemühungen, diese als Grundlage für die Lösung der heutigen Probleme der Menschheit zu nutzen“. Er zitierte hierzu einen Aufsatz LaRouches über Prometheus, wonach in der Darstellung des Aischylos nicht Prometheus, sondern Zeus die tragische Figur sei, die den Untergang der Götter des Olymp herbeiführt. Dann berichtete er über die Zerstörung der griechischen Wirtschaft in den letzten Jahren durch die Politik der EU und über die Entwicklung der Beziehungen zwischen Griechenland und China im Rahmen von „Gürtel und Straße“.
Alain Corvez, Berater für internationale strategische Fragen aus Frankreich, erläuterte die Auseinandersetzung „Pragmatismus gegen Ideologie“: Die „amerikanische Schattenregierung“ vertrete eine Ideologie, „die nicht beabsichtigt, die Vormachtstellung des amerikanischen Dollars und von US-Normen aufzugeben“. Dem stehe „der Realismus der aufkommenden oder wieder aufkommenden Mächte Rußland, China, Indien, Pakistan, Afrika und Lateinamerika“ entgegen, die nun zunehmend die Führung übernähmen. US-Präsident Trump habe in seiner Rede vor der UN gezeigt, daß er ein „Anti-Ideologe“ ist.
Diogène Senny, Präsident der Panafrikanischen Liga – Umoja, sprach in seinem Vortrag „Verteidigung der afrikanischen Souveränität“ (der aus organisatorischen Gründen erst am Sonntagmorgen gehalten werden konnte) über die notwendige Rolle Afrikas im Neuen Paradigma. LaRouche habe ein Bündnis zwischen den USA, Rußland, China und Indien vorgeschlagen, um dieses Neue Paradigma durchzusetzen, aber der Fünfte im Bunde müsse ein geeintes Afrika sein. Seine Organisation sei bereit, in diesem Sinne mit dem Schiller-Institut und anderen zusammenzuarbeiten.
Die fundamentalen wissenschaftlichen Fragen der Zukunft
Das vierte von Lyndon LaRouches „Vier Wirtschaftsgesetzen“ ist die Förderung der Forschung in den Pioniergebieten der Wissenschaft, mit besonderem Schwerpunkt auf der Entwicklung der Kernfusionsenergie und der Erforschung des Weltraums. Die dazu notwendige wissenschaftliche Methode zur Erkenntnis wurde von den Teilnehmern der zweiten Vortragsrunde – Jacques Cheminade, Sébastien Drochon, Megan Beets, Jason Ross und (in Form von Videomitschnitten) LaRouche selbst – mit großer Leidenschaft vorgestellt. Sie gaben den Zuschauern einen atemberaubenden, tiefgründigen Überblick über den wirklich revolutionären Zugang zur Wissenschaft, der LaRouches Lebenswerk prägte.
Eröffnet wurde die Runde von Cheminade, der die herausfordernde Frage stellte: „Kann Europa eine Schlüsselrolle in der Wissenschaft spielen?“ Er verglich das moderne Europa mit einem „Tal der Ahnungslosen“, dem jede Zukunftsvision fehle und das vom „Pragmatismus“, dem Feind jeder Kreativität, beherrscht werde. Er spottete über die Vorstellung, man könne durch Sinneswahrnehmung und statistische Methoden Naturgesetze verstehen, und stellte diesem aristotelischen Ansatz das Werk Leonardo Da Vincis gegenüber, für den musikalische Polyphonie und Malerei seinen Ansatz zur wissenschaftlichen Entdeckung prägten.
Anhand von Zitaten LaRouches in seinem Kampf gegen Bertrand Russell und den von Russell hervorgebrachten Schwindel der „Informationstheorie“ beschrieb Cheminade LaRouches philosophischen Kampf gegen die Entropie. Er betonte: „Die Gesetze des Universums liegen nicht im Bereich der Sinneswahrnehmungen als solchen, sondern in der Fähigkeit des Menschen, das eigene Verhalten so zu verändern, daß der Mensch seine Macht über das Universum bewußt erhöht.“ Cheminade schloß mit einer optimistischen Herausforderung, die selbstmörderische Trennung zwischen Wissenschaft und Kunst zu überwinden, damit Europa in Zukunft „seine Rolle in der Wissenschaft“ wieder zurückgewinnen kann.
Sébastien Drochon sprach in seinem Vortrag über das „Monddorf“ über das Potential, durch internationale Zusammenarbeit eine dauerhafte bemannte Basis auf dem Mond zu gründen, um davon ausgehend später das gleiche auf dem Mars zu tun. Der Schlüssel dazu ist die Entwicklung einer Kernfusionstechnik für den Raketenantrieb im Weltraum. Er berichtete über einige der laufenden Projekte zur Realisierung einer Fusionstechnologie, die zu diesem Zweck eingesetzt werden kann, und spottete über diejenigen, die behaupten, dies sei utopisch und Geldverschwendung. Der Zweck der Reise in den Weltraum sei es nicht, „den Problemen auf der Erde zu entkommen, sondern sie zu bewältigen“. Bei der Schaffung von Fusionskraftwerken gehe es nicht nur darum, Energie zu erzeugen. „Vielmehr wird damit dem Universum eine neue Kraftquelle gegeben. Man könnte auch sagen, das Universum gibt sich durch uns eine neue Kraftquelle und verleiht sich so selbst ein neues Potential zur Veränderung.“
Diese Idee, daß jeder Mensch das Potential hat, die Kraft im Universum durch schöpferische Entdeckungen zu erweitern, war Gegenstand eines eindrucksvollen Vortrags von Megan Beets und Jason Ross über die „Ausbildung einer neuen Generation“. Ihr Vortrag begann mit einem Videomitschnitt LaRouches, der fragte: „Worin liegt die Kreativität? Sie liegt nicht in dem, was die meisten Menschen denken. Sie liegt in der Fähigkeit des lebenden Individuums, Existenzzustände zu schaffen, d.h. Zustände der menschlichen Existenz vorherzusagen, was geschehen wird. Und das ist das Wertvollste für mich, das zu begreifen! Das ist alles für mich! Und darauf sollten wir hoffen.“
Sie zeigten im Verlauf ihres Vortrags weitere Ausschnitte aus Reden und Diskussionen LaRouches, in denen er darüber sprach, daß die Kräfte des menschlichen Geistes nicht in der Sinneswahrnehmung liegen und daß weder Induktion noch Deduktion zur Entdeckung neuer physikalischer Prinzipien führen können. Sie griffen auf, was Cheminade über die Macht der Metapher in der musikalischen und künstlerischen Arbeit gesagt hatte, die es dem Geist erlaubt, über die Diskontinuitäten hinauszugehen, denen wir in der Wissenschaft begegnen. Und sie berichteten über LaRouches Arbeit mit dem jungen Wissenschaftsteam, dem sog. „Basement-Team“, insbesondere über Kepler, als Mittel, um die Fähigkeit zu entwickeln, „durch Sprünge der Hypothese, ausgelöst durch den Widerspruch zwischen Sinneseindrücken“ Prinzipien zu erkennen. In einem kurzen Videomitschnitt erklärt LaRouche, daß „der Prozeß der Entdeckung die Quelle des wahren Sinns der menschlichen Identität ist“.
Sie schlossen ihren Vortrag mit einer Diskussion darüber, wie wir LaRouches Methode nutzen müssen, um eine neue Generation kreativer Genies zu entwickeln, wenn die Menschheit überleben will.
In dieser Vortragsrunde wurde LaRouches Genie zum Leben erweckt – nicht als eine Figur der Vergangenheit, sondern als eine lebendige Gegenwart, deren Arbeit als Leitfaden dafür dient, was wir tun müssen, um neue, unbegrenzte Formen der Energie zu entwickeln und uns in die Weiten des Universums zu bewegen. Diese lebendige Gegenwart LaRouches berührte jeden im Raum. Jeder, der nicht da war, sollte sich das Video sofort ansehen!
„Wer ist Lyndon LaRouche?“
Das Wort „leidenschaftlich“ ist kaum stark genug, um die dritte Vortragsrunde der Konferenz zu charakterisieren. Unter dem Titel „Wer ist Lyndon LaRouche?“ wurden LaRouches Ideen, seine moralische Autorität und sein Beitrag zur Entwicklung der Menschheit von verschiedenen Persönlichkeiten dargestellt, die mit ihm zusammenarbeiteten, in ihm einen außergewöhnlichen Staatsmann und Wissenschaftler sahen, der sich dem Wohl der Menschheit verschrieben hatte, ihn bewunderten und von ihm stark beeinflußt wurden.
„LaRouche und die Wissenschaft“ lautete das Thema des ehemaligen Vizepremierministers der Tschechoslowakei Josef Miklosko, der sich im Laufe ihrer 30jährigen Freundschaft 17 Mal mit LaRouche traf, darunter dreimal in seiner Zeit als Botschafter in Rom. Er nannte LaRouche einen „amerikanischen Sacharow“ und berichtete über seine Beteiligung an der internationalen Kampagne für LaRouches Freilassung aus dem Gefängnis, indem er viele Protestbriefe schrieb und später an den Verfahren der Menschenrechtskommission teilnahm, um ihn zu entlasten. Er feierte LaRouche als einen Christen, der den Menschen als Ebenbild Gottes betrachtete. „Laßt uns eine Revolution in der christlichen Liebe beginnen“, sagte er, „die Menschen sollten als Engel auf die Welt kommen und als Engel gehen“. Miklosko überreichte Helga dann sein eigenes Buch, das 90 Seiten Text und Bilder über LaRouche enthält. Helga dankte ihm für das Buch und für die Treffen in der Slowakei, die „zu den glücklichsten in unserem Leben gehörten“.
Unter dem Titel „Die Macht der Vernunft. Das lebendige Vermächtnis von Lyndon LaRouche“ erklärte Dennis Small, lebenslanger Mitarbeiter Lyndons und Koordinator des Schiller-Instituts für Iberoamerika: „Die Rehabilitierung von Lyndon LaRouche ist das zentrale strategische Thema unserer Zeit… Gerechtigkeit für den Mann bedeutet Gerechtigkeit für seine Ideen.“ LaRouches Inhaftierung habe die Menschheit der Ideen beraubt, die für das Überleben dieses Planeten so notwendig sind, und diese Ideen würden nun dringender gebraucht denn je. Small stellte LaRouches Leibnizschen Ansatz der Weiterentwicklung des Guten den bösartigen Anschauungen des „Chefideologen“ des Britischen Empire Thomas Hobbes gegenüber. Small zeigte Videoausschnitte aus LaRouches letzter Rede vor seiner Verurteilung 1989 und aus der ersten nach seiner Entlassung 1994.
Den dritten Vortrag mit dem Titel „Der Mann, der hätte Präsident sein sollen“ hielt Theo Mitchell, ehemaliger Landessenator aus Süd-Carolina, der selbst in der „Operation Frühmenschen“ von demselben Apparat des US-Justizministeriums und des FBI ins Visier genommen wurde, der auch gegen LaRouche vorging. Er berichtete, wie der damalige Vorsitzende der Demokratischen Partei Don Fowler intrigierte, um LaRouche bei den Präsidentschaftswahlen in den Wahljahren 1980, 1984, 1988, 1988, 1992, 1996 und 2000 von den Stimmzetteln fernzuhalten, und wie Fowler, nachdem LaRouche die Vorwahl in Arkansas gewonnen hatte, die von LaRouche gewonnenen Delegiertensitze Al Gore zuteilte – der dann die Präsidentschaftswahl in Bill Clintons Heimatstaat Arkansas verlor. Den größten Teil seiner Rede widmete Mitchell LaRouches Entschlossenheit, „für die Sache der vielen zu kämpfen“. Mitchell schloß mit der Feststellung, LaRouche sei in seinen Handlungen und Ideen „ein wahrer Mensch“ gewesen, und würdigte dann „die Dame, die zu ihm stand, die nicht nur die First Lady in den USA, sondern auch die Kanzlerin Deutschlands hätte sein sollen“.
Nino Galloni, ehemaliger italienischer Regierungsberater und ehemaliger Auditor des Istituto Nazionale Della Previdenza Sociale, sprach über „Vaterland, Nation und Staat aus der Sicht progressiver Katholiken und aus der Sicht LaRouches“. Er beschrieb den Konflikt zwischen dem Denken zweier bedeutender Vertreter des fortschrittlichen italienischen Katholizismus nach dem Zweiten Weltkrieg – Luigi Sturzo, der eine starke Rolle des Staats ablehnte, und dem Globalisten Giuseppe Dossetti – als einen Konflikt, der nur durch die „LaRouche-Lösung“ überwunden werden könne. LaRouche habe als christlicher Denker in der Tradition des Westfälischen Friedens von 1648 interveniert, um Italien vom Globalismus zu befreien, ohne in Nationalismen und Konflikte einerseits und Neoliberalismus andererseits abzugleiten.
„Die Bedeutung von Lyndon LaRouches Ideen für die arabische Welt“ lautete das Thema des Südwestasien-Koordinators des internationalen Schiller-Instituts, Hussein Askary. Er begann mit einer dreieinhalbminütigen Videogrußbotschaft aus dem Jemen von Fouad Al-Ghaffari, dem Vorsitzenden des BRICS Development Network im Jemen, der aufgrund der Blockade des Flughafens Sanaa (die auch im Tod von Tausenden Patienten resultierte, die eine medizinische Behandlung im Ausland benötigt hätten) nicht an der Konferenz teilnehmen konnte.
Askary berichtete dann über seine erste Begegnung mit LaRouche vor 25 Jahren, der ihn (als Moslem) mit einigen provokanten Einsichten über den Islam konfrontierte, die sich nach intensivem Studium als richtig erwiesen. Er stellte seine Initiative vor, ab kommendem Monat die „LaRouche-Onlineschule für physikalische Ökonomie für Araber“ zu starten, die auf den arabischen Übersetzungen von LaRouches Buch Was Sie schon immer über Wirtschafts wissen wollten und des Berichts Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke basieren wird.
„LaRouche, ein ,Florentinischer’ Geist“ war das Thema von Claudio Giudici, dem Vorsitzenden des Nationalen Taxifahrer-Verbands Uritaxi aus Florenz. Giudici lernte LaRouche in der Finanzkrise 2000 kennen, und 2003 traf er sich in Mailand lieber persönlich mit LaRouche, obwohl er zur gleichen Zeit zu einem Essen mit dem ehemaligen Premierminister Romano Prodi eingeladen war. „LaRouche war, wie die echten Revolutionäre, radikal in den Ideen, aber moderat in der Methode, aber auch kreativ dank der klassischen Kultur…, ein universeller Denker und für diejenigen, die wie ich aus Florenz kommen, ist es leicht zu erklären, was er war: ein Mann wie Leon Battista Alberti, Leonardo Da Vinci oder Lorenzo der Prächtige, als brillanter Vertreter der Florentiner Renaissance, auf die LaRouche sich oft bezog.“
Der Radiomoderator Dr. Jack Stockwell, der LaRouche in den letzten zwei Jahrzehnten mehrmals interviewt hatte, übermittelte eine Videopräsentation. Er erinnerte sich an sein historisches Interview mit LaRouche vom 11. September 2001, als das World Trade Center angegriffen wurde, in dem LaRouche, noch während die Anschläge liefen, live im Radio sagte, man werde Bin Laden für diese Anschläge verantwortlich machen, um ein faschistisches Regime in den Vereinigten Staaten zu errichten. In bewegenden Worten schilderte Stockwell seine Bewunderung und Hochachtung für LaRouche, den er als Freund betrachtete.
Harley Schlanger, LaRouches ehemaliger Sprecher, behandelte die Frage „Wohin geht Amerika? LaRouches Lösung als Ausweg aus dem Chaos“. Er zitierte zunächst Roger Stone, einen langjährigen Freund und Berater von Präsident Donald Trump (der gerade am 15. November in einem Verfahren im Rahmen des politisch motivierten Russiagate-Schwindels verurteilt wurde), der sagte, LaRouches Ideen hätten im Hintergrund eine wichtige Rolle bei Trumps Wahlsieg gespielt. Schlanger beschrieb dann LaRouches Kampf für die Hamiltonische Politik gegen die Politik des Britischen Empire und sagte, um die Vereinigten Staaten zu retten, müsse das von LaRouche vorgeschlagene Vier-Mächte-Abkommen in Zusammenarbeit mit der Belt & Road-Initiative realisiert werden.
Die Vortragsrunde schloß mit einem Appell Helga Zepp-LaRouches, die Konferenz möge per Akklamation eine Resolution beschließen, in der Präsident Donald Trump aufgefordert wird, LaRouche zu rehabilitieren. Dies wurde mit starkem Applaus angenommen.
Die kulturelle Seidenstraße
Den Abschluß der Konferenz bildeten mehrere Vorträge zum Thema „Schönheit und klassische Kunst als Berufung der Menschheit: Die kulturelle Seidenstraße“. Die Mezzosopranistin Elvira Green stimmte das Publikum mit einem Spiritual auf dieses Thema ein.
Diane Sare, die Leiterin des Chorprojekts des Schiller-Instituts in Manhattan, eröffnete dann die Runde mit dem Vortrag „Die Notwendigkeit einer klassischen Renaissance für die Jugend“. Sie beschrieb den kulturellen Verfall, der sich nicht zuletzt in zunehmender Gewalttätigkeit äußert, und verwies als Ursache auf die Entmenschlichung des Menschenbildes: „Man verwischt also bewußt den Unterschied zwischen Mensch und Tier, und dann erlegt man der Gesellschaft ein willkürliches Regelwerk von Verhaltensregeln auf, bei denen das grundlegendste Prinzip des Universums nicht berücksichtigt wird, nämlich das Prinzip der Veränderung, und weiter die einzigartige Fähigkeit des Menschen, seine Gattung und sogar seine persönliche Identität zu verändern.“ Sie berichtete dann über ihre Arbeit mit mehreren Chören im Großraum New York, die auf LaRouches Initiative gegründet wurden, um dieser Verrohung entgegenzuwirken.
Die italienische Sopranistin und Gesangslehrerin Antonella Banaudi, die mit dem Schiller-Institut in verschiedenen Projekten zur Verdi-Stimmung und Opern-Meisterklassen zusammenarbeitete, sprach über das Thema „LaRouche und die Einheit von Kunst und Wissenschaft“. Sie zeigte auf, wie das Prinzip des Goldenen Schnitts in der Dur-Moll-Tonleiter, im Bau des menschlichen Ohrs, in der Frequenz des Photons und in den Bahnen der Planeten wirkt, als Hinweis darauf, wie unsinnig die heute übliche, von LaRouche heftig kritisierte Trennung von Kunst und Wissenschaft ist.
Elvira Green, die 30 Jahre lang Mitglied der Metropolitan Opera war und die Spiritual Renaissance Singers in Greensboro in Nord-Carolina gründete, sprach über „Wahre Freiheit durch wahre Kunst: der einzigartige Beitrag der Negro Spirituals zur klassischen Bildung in Amerika“. Sie eröffnete ihren Vortrag, indem sie das Gedicht „O black and unknown bards of long ago“ („O unbekannte, schwarze Barden längst vergangner Zeiten“) von James Weldon Johnson rezitierte, der darin die Negro Spirituals als Ausdruck des Menschseins der amerikanischen Sklaven – und als „Amerikas einzige Volksmusik“ – feiert. Sie berichtete dann über ihre Zusammenarbeit mit der verstorbenen Sylvia Olden Lee, einer berühmten Repräsentantin der Spirituals und Mitglied des Kulturbeirats des Schiller-Instituts, die einen umfangreichen Katalog von Spirituals in Arrangements von ihr und ihren Zeitgenossen zusammengestellt hat.
Helga Zepp-LaRouche schloß die Vortragsrunde, indem sie auf Friedrich Schillers Erkenntnis nach dem Zusammenbruch der Französischen Revolution verwies, „daß von nun an eine Verbesserung der Politik nur noch durch die ästhetische Erziehung des Menschen möglich sei“.
Das Schiller-Institut sollte daher auch eine Renaissance-Bewegung für große klassische Kunst sein. Es sei ihr sehr ernst damit, LaRouches Vermächtnis am Leben zu erhalten, „um seine Ideen noch mächtiger zu machen als zu seiner Lebenszeit… Wie Schiller sagte, kann jeder etwas beitragen: Geht hinaus und organisiert euch, seid aktiv in sozialen Medien, organisiert Reden, organisiert Konferenzen, werbt mehr Mitglieder, organisiert Vorträge zu verschiedenen Themen.
Sie schloß: „Wir befinden uns in einem unglaublichen Epochenwechsel. Es steht außer Frage, daß das System zuendegeht. Wir wissen nicht genau, wie das neue System aussehen wird, aber wir kennen seine Prinzipien – in Übereinstimmung mit Lyns Lebenswerk. Wir müssen uns von den Meinungen der liberalen Welt lösen, in der man, wie Lyn sagte, zehnmal am Tag das Geschlecht ändern kann… Es wird ein neues Paradigma geben. Es wird in vielen Ländern diskutiert. Was sollte das Prinzip des neuen Systems sein? Daß die Menschheit im Einklang mit dem Naturrecht steht. Der beste Weg, Lyn zu ehren, ist es, ernsthaft zu werden.“
Panel 1
Eine Zeit des strategischen Umbruchs: Schafft es Europa, das neue Paradigma der Neuen Seidenstraße mitzugestalten?
- Wir können eine neue Ära der Menschheit gestalten!
Helga Zepp-LaRouche, Vorsitzende des Schiller-Instituts
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde des Schiller-Instituts,
ich kann meine Ausführungen nicht eröffnen, ohne auf die beispiellosen Ereignisse in den Vereinigten Staaten einzugehen. Das, was mit dem sogenannten Amtsenthebungsverfahren in diesem Land geschieht, ist eigentlich ein Putschversuch und ein versuchter Regimewechsel gegen den gewählten Präsidenten, durch die gleichen Kräfte, die auch den Vorstoß für einen Regimewechsel in Hongkong und in Bolivien durchführen.
Es ist sehr klar, daß sie Trump mit allen Mitteln aus dem Amt schaffen wollen. Die Absicht wird sehr deutlich, wenn man sich die Aussagen von Leuten wie den Diplomaten [William] Taylor, George Kent, Fiona Hills und anderen ansieht, die unglaubliche Behauptungen aufstellen, die absolut nichts mit der Realität zu tun haben.
Taylor zum Beispiel log, Präsident Trump habe in Absprache mit Präsident Selenski die Lieferung schwerer militärischer Ausrüstung an die Ukraine verzögert, und das habe viele Ukrainer das Leben gekostet, weil die russische Aggression nicht abgeschreckt wurde. Das stellt die Lage völlig auf den Kopf!
Wenn man bedenkt, was mit dem Maidan-Putsch 2014 passiert ist – ich denke, Natalia [Witrenko] wird noch darüber sprechen oder alle Ihre Fragen dazu beantworten -, dann ist es um so unverschämter, was George Kent sagte. Er sagte, die Kräfte, die sich in der Ukraine Rußland entgegenstellen, seien vergleichbar mit den Minutemen und Helden wie Marquis de Lafayette und Baron von Steuben in der Amerikanischen Revolution. Das ist dermaßen empörend, es ist so hundertprozentig das Gegenteil der stolzen Tradition Lafayettes und Steubens, daß man so etwas nur satanisch nennen kann. Wenn jemand die Wahrheit so auf den Kopf stellt und in das absolute Gegenteil verkehrt, kann man das nur als satanisch bezeichnen. Denn die Leute, die für den Putsch in der Ukraine verantwortlich sind und die Feinde Rußlands sind, sind Leute in der Nazi-Tradition von Stepan Bandera. Wir alle erinnern uns an die berüchtigten Worte von Victoria Nuland, die sagte, das US-Außenministerium habe fünf Milliarden Dollar für die Finanzierung dieser Opposition in der Ukraine ausgegeben.
Gleichzeitig, weniger wichtig, aber bedeutsam für den neuen Geist in den neokonservativen und neoliberalen Kreisen in den Vereinigten Staaten, wird im neuen amerikanisch-chinesischen Wirtschafts- und Sicherheitsjahresbericht die Staatlichkeit Chinas geleugnet, indem es heißt, sie würden Präsident Xi Jinping nicht mehr als Präsidenten bezeichnen, sondern nur als Generalsekretär der Kommunistischen Partei.
Das ist schlimmer als der McCarthyismus, und das einzig Gute ist, daß dieser Putsch noch nicht entschieden ist, weil Justizminister [William] Barr strafrechtlich gegen die Putschisten ermittelt; und sie alle könnten am Ende vor Gericht gestellt werden und im Gefängnis landen.
Was in den Vereinigten Staaten vor sich geht, ist, wie ich bereits sagte, eine Strategie für Putsch und Regimewechsel, wie wir sie in vielen Ländern der Welt gesehen haben und wie es jetzt gerade in Hongkong und Bolivien geschieht. Wenn man das damit vergleicht, was die Massenmedien in Europa sagen, könnte der Unterschied nicht unglaublicher sein, ich würde fast sagen, das ist eine Goebbels-artige Propaganda. Es ist ganz klar, daß dies eine Zeit des „Showdown“ ist. Was dahinter steckt, ist der hartnäckige Widerstand des alten, oligarchischen Paradigmas gegen den Aufstieg eines völlig neuen Paradigmas in der Geschichte der Menschheit.
LaRouches Ideen
Diese Konferenz ist dem Gedenken an meinen verstorbenen Mann, den großen Staatsmann, Ökonomen, Visionär und Menschen Lyndon LaRouche gewidmet, aber nicht als etwas, das der Vergangenheit angehört, sondern als eine feierliche Verpflichtung, seine Ideen am Leben zu erhalten und zu verbreiten, da sie die unverzichtbaren Lösungen darstellen, die er für die existentiellen Probleme vorgeschlagen hat, mit denen wir als Zivilisation heute konfrontiert sind. Die von ihm vorgeschlagenen Lösungen sind absolut realisierbar, erfordern aber eine völlig andere Denkweise als die der meisten Regierungen Europas und der Bevölkerung heute.
Um diese Denkweise von einer, die nur in eine Katastrophe führen kann, in eine zu transformieren, mit der die an sich leicht verfügbaren Lösungen realisiert werden können, ist das Verständnis der wissenschaftlichen Methode von Lyndon LaRouche absolut unverzichtbar. Diese Methode ist der Grund dafür, warum er der erfolgreichste Wirtschaftsprognostiker war. Lassen Sie mich unter den vielen Beispielen, in denen er Recht behielt und alle seine Kritiker völlig falsch lagen, eines der vielleicht weitsichtigsten wählen. Im August 1971, als Präsident Nixon das Bretton-Woods-System zerstörte, indem er das System der festen Wechselkurse durch eines mit flexiblen Wechselkursen ersetzte, sagte er prophetisch: Wenn sich dieser Trend der Geldpolitik fortsetzt, wird er auf dem weiteren Weg zur Gefahr einer neuen Depression und eines neuen Faschismus oder einer neuen Weltwirtschaftsordnung führen. An diesem Punkt sind wir heute angelangt!
Nun, dieser Trend setzte sich fort, und er warnte bei jeder Gelegenheit vor den Folgen und schlug auch jedes Mal eine Abhilfe vor, und das prägte den Lauf der Geschichte, auch wenn der transatlantische Sektor seine Lösungen ablehnte. Dieser Trend wurde fortgesetzt mit der Politik der „kontrollierten Desintegration der Weltwirtschaft“ des Council on Foreign Relations in den 70er Jahren, die zur Zerstörung der gesamten Industriekette in den USA führte, und zu dem „chilenischen Modell“, das wir heute in vielen Ländern der Welt zusammenbrechen sehen: die Auslagerung der Produktion in billige Arbeitsmärkte, Paul Volckers Hochzinspolitik, der Wechsel von der Realwirtschaft zu einer Gesellschaft des „Shareholder Value“, Thatcherismus und Reganomics, die Aufhebung des Glass-Steagall-Gesetzes, die Deregulierung der Finanzmärkte, die Politik der „Quantitativen Lockerung“ (QE) nach dem Crash 2007-08, mit negativen Zinssätzen und zuletzt Helikoptergeld, und das, was der Gouverneur der Bank of England Mark Carney vorantreibt – Regimewechsel, die Beseitigung der Macht souveräner Regierungen und der Übergang zur globalen Diktatur der Zentralbanken, die Gesetze einführen sollen, um alle Geldmittel in „grüne“ Investitionen zu lenken, kombiniert mit Rettungsaktionen, Bail-Ins, brutaler Sparpolitik, mit der Folge eines massiven Bevölkerungsrückgangs.
Jetzt, seit Mitte September, sehen wir die letzte Phase davon.
Abb. 1: LaRouches berühmte „Tripelkurve“.
Dies (Abbildung 1) ist eine pädagogische Graphik, die Lyn 1995 entwickelte und die zeigt, an welchem Punkt die Finanzaggregate völlig außer Kontrolle geraten. Nach den neuesten Zahlen der BIZ sind die außerbilanzlichen OTC-Derivate von 2018 bis Juni dieses Jahres nominell um 20% auf 640 Billionen $ angewachsen – und sie sind in der Regel mindestens doppelt so hoch wie die offizielle Zahl -, verglichen mit einem Anstieg des Welthandels um 3% und des BIP von 2,9%. Nach den Daten der Federal Reserve, die im Blog Econimica zitiert werden, stiegen die Vermögenswerte der Fed seit dem 17. September um 300 Milliarden auf 4,04 Billionen, aber die bei der Fed eingezahlten Überschußreserven der Megabanken sind niedriger als im August, es fließt also neu gedrucktes Geld direkt in alle möglichen Spekulationsgeschäfte – Aktien, Anleihen, Schuldverschreibungen, Verbriefungen, Zinsderivate usw. Bernankes Behauptung, die QE werde nur überschüssige Bankreserven aufbauen, um sicherzustellen, daß sie nie zu einer Hyperinflation führt, war eindeutig eine Lüge. Die globalen Finanzaggregate (Abbildung 2) übersteigen 1,8 Billiarden Dollar und laufen gegen Ende des Jahres auf 2 Billiarden zu.
Abb. 2: Finanzaggregate weltweit (Billiarden Dollar), 1980-2019.
Man kann tatsächlich sehen, daß wir an diesem Punkt angelangt sind. 2008 war der Höchststand, dann kam der Crash, und jetzt sind wir wieder auf dem gleichen Niveau, aber es steigt noch weiter. So sind alle Instrumente des „Werkzeugkastens“, von dem Merkel 2008 gesprochen hat, aufgebraucht. Warum hat Merkel auf ihrer letzten Reise nach Rom plötzlich ihren Widerstand gegen die Idee einer Europäischen Bankenunion und eines EU-Einlagensicherungsfonds aufgegeben? Die Fed, Draghi, Lagarde, Carney, Scholz, Merkel – sie alle wissen, daß das System unglaublich bankrott ist. Aber sie sind „Betonköpfe“, wie Jamie Dimon gerade bewiesen hat, als er es Erich Honecker nachmachte, der noch am 14. August 1989 davon gesprochen hatte, daß der Sozialismus noch weitere tausend Jahre weiterbestehen würde. Dimon sagte: „Die US-Wirtschaft ist die wohlhabendste Wirtschaft, die die Welt je gesehen hat, und sie wird für die nächsten hundert Jahre eine sehr wohlhabende Wirtschaft sein!“ Es dauerte genau zwei Monate, bis Honecker nach seiner berühmten Aussage, daß es den Sozialismus noch tausend Jahre geben würde, gestürzt wurde, und weniger als drei Monate, bis die Berliner Mauer fiel.
Dieses System ist absolut nicht aufrecht zu erhalten, wir stehen am Rande einer allgemeinen Zusammenbruchskrise des Weltwährungssystems, genau wie Lyndon LaRouche es angekündigt hatte. Wir befinden uns genau an dem Punkt, den er 1971 vorhergesagt hat: Depression und Faschismus – oder eine neue Weltwirtschaftsordnung! Und Sie sehen eine weltweite Rebellion in Form von Massendemonstrationen gegen diese Politik: Chile, Haiti, Irak, Pakistan, Libanon, die deutschen Bauern, dann kam der Wahlsieg von Präsident Fernándes und Vizepräsidentin Kirchner in Argentinien gegen die neoliberale Austeritätspolitik auf der einen Seite, und die Neuauflage eines vom US-Außenministerium geförderten Maidan-Putsches gegen Boliviens Präsident Evo Morales, weil der es wagte, dem chinesischen Beispiel zu folgen, die Bevölkerung mit Hilfe des wissenschaftlichen Fortschritts aus der Armut zu befreien und sogar zu versuchen, zu den fortschrittlichsten Technologien überzugehen. Die sozialen Auswirkungen dieser neoliberalen Wirtschaftspolitik zerstören das soziale Gefüge von Ländern auf der ganzen Welt.
Da mehrere Länder der G20 faktisch die Interessen des Britischen Empire, der Londoner City, der Wall Street und der Zentralbanken verteidigen, wird die Lösung nicht von der G20 kommen, die eigentlich die repräsentative Organisation wäre, die die Reorganisation des Systems hätte in die Hand nehmen sollen, als 2008 die Systemkrise ausbrach. Aber das haben sie nicht getan, sie haben es mit ihrer Politik seitdem noch schlimmer gemacht.
Kooperation USA-Rußland-China-Indien ist möglich
Deshalb bestand Lyndon LaRouche bereits darauf, daß nur die Kombination aus den USA, Rußland, China und Indien als Kerngruppe repräsentativer Nationen stark genug wäre, um ein neues Kreditsystem, ein Neues Bretton-Woods-System, durchzusetzen.
Die strategische Zusammenarbeit zwischen Rußland und China hat sich infolge der gescheiterten Bemühungen, nach dem Zerfall der Sowjetunion eine unipolare Welt, die neue Form des Empire, durchzusetzen, auf ein beispielloses Niveau intensiviert. Indien rückt in jüngster Zeit näher, und es gibt mehrere Organisationen, die sich wirklich als Gegenreaktion auf dieses Empire entwickelt haben, wie die BRICS, die SCO, die BRI und andere.
Das Potential einer solchen Zusammenarbeit besteht also, aber ich bin mir nicht so sicher, ob sie auch einen Notfallplan haben, um die richtige Lösung zu finden und ein Neues Bretton-Woods-System auf die Tagesordnung zu setzen, noch bevor das System platzt. Man sieht, daß sie alle möglichen Maßnahmen ergreifen – die gehen aus dem Dollar heraus, organisieren den Handel in bilateralen Währungen, kaufen Gold, richten Cyberwährungen ein, aber das ist dem Problem nicht angemessen, denn wenn die USA nicht Teil der Lösung sind, wird es zusammenbrechen, und ich glaube nicht, daß ein solcher Zusammenbruch so ablaufen würde wie der der Sowjetunion. Es ist eher wahrscheinlich als nicht, daß sich aus einem ungeordneten Zusammenbruch des globalen Finanzsystems ein Krieg entwickeln würde.
Statt dessen ist die Umsetzung von Lyndon LaRouches Vier Gesetzen erforderlich:
- eine globale Glass-Steagall-Bankentrennung, bei der fast alle ausstehenden Derivate und nicht rückzahlbaren Schulden abgeschrieben und die Geschäftsbanken unter staatlichen Schutz gestellt werden,
- in jeder Nation wird eine Nationalbank in der Tradition von Alexander Hamilton gegründet, ähnlich wie die KfW in Deutschland in der Nachkriegszeit,
- ein neues internationales Kreditsystem, ein Neues Bretton Woods, und
- eine internationale Zusammenarbeit in einem Crash-Programm zur Realisierung von Kernfusionskraft und Weltraumforschung, Raumfahrt und Kolonialisierung des Alls.
Ich weiß, daß führende Persönlichkeiten in Rußland und China sehr skeptisch sind, was die Möglichkeit betrifft, die USA in die Art von Zusammenarbeit hineinzuholen, von der ich spreche, und ich kenne die derzeitigen Hindernisse, aber die Möglichkeit ist absolut gegeben. Der ganze Grund, warum der britische Geheimdienst, speziell GCHQ, über die „prorussische“ Haltung und die Kontakte des Trump-Wahlkampfteams so „beunruhigt“ war, daß er bereits im Herbst 2015 mit Obamas US-Geheimdienst gegen Trump konspirierte, liegt darin, daß sie in ihm das Potential zur Beteiligung an einem neuen System souveräner Nationalstaaten erkannt haben. Tief verwurzelt in der Denkweise des Empire, die das amerikanische neoliberale Establishment nach den Vorgaben von H.G. Wells’ „Offener Verschwörung“ übernommen hat, „rochen“ sie die Bedrohung, die er für ihr System darstellen könnte. Und mit Sicherheit hatten diese Kreise, der anglo-amerikanische Militärisch-Industrielle Komplex, den Trump kürzlich namentlich angegriffen hat, Alpträume, als sie Trump in diesem Jahr auf der Vollversammlung der UNO folgendes sagen hörten, ich zitiere:
„Wenn man sich umsieht und auf diesem großen, prächtigen Planeten herumschaut, ist die Wahrheit offensichtlich: Wenn du Freiheit willst, dann sei stolz auf dein Land. Wenn du Demokratie willst, behalte deine Souveränität. Und wenn du Frieden willst, dann liebe deine Nation. Weise Staatsführer stellen immer das Wohl ihres eigenen Volkes und ihres eigenen Landes in den Vordergrund.
Die Zukunft gehört nicht den Globalisten. Die Zukunft gehört den Patrioten. Die Zukunft gehört souveränen und unabhängigen Nationen, die ihre Bürger schützen, ihre Nachbarn respektieren und die Unterschiede ehren, die jedes Land besonders und einzigartig machen.“
Diese Perspektive steht im Prinzip vollkommen im Einklang mit dem Geist der Neuen Seidenstraße, die auf der Idee der vollkommenen Achtung der Souveränität jeder Nation und der Akzeptanz der unterschiedlichen Gesellschaftssysteme beruht, und sie steht nicht im Widerspruch zu Präsident Xi Jinpings Vision der „Zukunftsgemeinschaft der Menschheit“. Diese Art des Denkens ist die absolute Schreckensvision für die Kräfte des Britischen Empire, denn sie überwindet die Geopolitik und bereitet den Boden für das Streben nach den gemeinsamen Zielen der Menschheit.
Ich erinnere mich an die Reaktion der damaligen deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die am Morgen nach Trumps Wahlsieg 2016 sagte, sie sei zutiefst schockiert, daß dieser Mann gewonnen habe, und nun wird sie ab 1. Dezember Präsidentin der EU-Kommission sein. In einer kürzlich gehaltenen Rede vor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin projizierte sie dieses britisch inspirierte Verhalten des Imperialismus, indem sie in die Konfrontationssprache des Kalten Krieges zurückfiel und sich für eine Abschreckungspolitik einsetzte: Europa müsse „die Sprache der Macht lernen“ und seine militärischen Fähigkeiten ausbauen. Gegen wen? Gegen das, was sie „autokratische Regime“ nennt, deren „ungehemmte Einkaufstouren“ gestoppt werden müßten – das richtet sich eindeutig gegen China. Sie will auch in den ersten hundert Amtstagen einen „New Green Deal“ vorschlagen und die Besteuerung der CO2-Emissionen so hoch ansetzen, daß die Menschen ihr Verhalten ändern. Mit anderen Worten: An dem Punkt, wo Merkel zum totalen Nachteil der deutschen Bevölkerung die letzten Überreste der Souveränität über die eigene Wirtschaft an die EU übergibt, will von der Leyen eine grüne Wirtschaftspolitik durchsetzen, die jede Industriewirtschaft in Europa zerstört! Angesichts dieser drohenden Finanz- und Wirtschaftskatastrophe ist es ebenso verrückt wie undurchführbar, wenn „AKK“ [Annegret Kramp-Karrenbauer] ankündigt, daß sie die Bundeswehr als Gegengewicht zu China in den Pazifik schicken will, wie sie kürzlich vor der Bundeswehrakademie in München erklärte – was vollkommen zu der Perspektive des Kalten Krieges paßt, die im Strategiebericht des US-Verteidigungsministeriums für den Indisch-Pazifischen Raum vom 1. Juni dieses Jahres zum Ausdruck kommen. Die Bundeswehr kollabiert ohnehin, und wenn die deutsche Wirtschaft zusammenbricht, wie soll die Bundeswehr eine solche Politik betreiben? Es ist einfach völliger Wahnsinn.
Nun, warum das alles? Ist diese Politik, die nur zu einem Krieg mit Rußland und China führen kann, im Interesse Deutschlands? Dies ist nichts anderes als die alte geopolitische Agenda des „Großen Spiels“ des Britischen Empire gegen Rußland von Lord Palmerston und von seinem Nachfolger Halford Mackinder, dem offiziellen Autor der Geopolitik: die imperiale Idee, daß diejenigen, die das „Eurasische Herzland“ beherrschen, die Welt auf Kosten der atlantischen Randländer kontrollieren. Das war unter anderem die Reaktion des Empire auf den Bau der Transsibirischen Eisenbahn. Dieser Unsinn sowie das bösartige Buch von Samuel Huntington „Der Soldat und der Staat“ gehören heute zur Pflichtlektüre im Lehrplan für die Offiziersausbildung der Streitkräfte der USA und zur Unterhaltungsliteratur der Empire-Fraktion beiderseits des Atlantiks!
Das ist die veraltete Denkweise dieses Systems, das kurz davor steht, auseinanderzufallen. Es ist das rückwärtsgerichtete geopolitische Denken, daß die Beziehungen zwischen den Nationen ein Nullsummenspiel seien. Und wenn die Befürworter dieses Systems auf einer „regelbasierten Ordnung“ anstelle des Völkerrechts der UN-Charta bestehen, meinen sie in Wirklichkeit die Gerechtigkeit des Trasymachos aus Platons „Staat“, wonach die Regeln dem Vorteil der Stärkeren dienen müssen, damit die beherrschende Rolle dieser Macht erhalten bleibt.
Aufschwung der Neuen Seidenstraße
Seit Präsident Xi Jinping 2013 in Kasachstan die Neue Seidenstraße auf die Tagesordnung gesetzt hat – ein Programm, das verwandt mit den Entwicklungsprogrammen ist, an denen Lyndon LaRouche seit Anfang der 70er Jahre arbeitete -, ist ein ganz anderes Modell der internationalen Beziehungen entstanden. Das BRI hat sich zum größten Infrastrukturprogramm aller Zeiten entwickelt, etwa 157 Nationen und 30 große internationale Organisationen nehmen an diesem Projekt teil, das im wesentlichen darauf abzielt, das in China erfolgreich umgesetzte Programm zur Armutsbekämpfung in anderen Entwicklungsländern nachzubilden.
Trotz der kürzlich eskalierenden Anti-China-Kampagne derselben Politiker, Geheimdienste und Denkfabriken, die auch den Putsch gegen Präsident Trump unterstützen, und trotz einiger Bremser auf Seiten der EU hat die China Railway Corporation (CRC) nach Angaben des chinesischen Nachrichtenportals Sina.com 2018 insgesamt 6300 Züge auf die Reise von China nach Europa geschickt, ein Plus von 72% gegenüber dem Vorjahr. Davon machten 2690 Züge die Rückfahrt nach China, 111% mehr als im Vorjahr.
Abb.3: Verbindungen des Duisburger Hafens im kombinierten Verkehr.
China hat seit 2011 vor allem im Rahmen seiner Belt & Road-Initiative mehr als 11.000 Güterzüge nach Europa und zurückgeschickt. Insgesamt wurden 65 Güterbahnstrecken zwischen chinesischen Städten und 44 Städten in 15 europäischen Ländern eröffnet (Abb. 3), noch vor zehn Jahren gab es praktisch keine einzige. Die meistfrequentierte Strecke ist Chongqing-Duisburg, wo inzwischen 39 Züge pro Woche am Duisport ankommen. Zu den Städten in Europa, die mit Güterzügen aus China bedient werden, gehören u.a. Duisburg, Hamburg, Nürnberg, Lyon, Madrid, Wien, Prag, Triest, Budapest, Tilburg (Niederlande). Vor allem Duisburg dient als zentrale Drehscheibe für den Schienengüterverkehr in Europa, von wo aus viele Ziele erreicht werden (Abbildung 3).
Abb. 4: Verbindungen des Duisburger Hafens im Kurzstrecken-Seeverkehr.
Neben dem Schienengüterverkehr, der von China direkt über Land nach Europa kommt, wird auch Güterverkehr auf Schienenstrecken von den europäischen Seehäfen in das europäische Festland abgewickelt, von denen Piräus, Rotterdam und Hamburg derzeit die wichtigsten sind, was Seecontainer aus China betrifft (Abb. 4).
Anstatt sich der BRI zu widersetzen, sollten die europäischen Nationen und die USA Xi Jinpings Angebot einer Win-Win-Kooperation aufgreifen, nicht nur auf bilateraler Ebene, sondern vor allem in Zusammenarbeit in größeren Projekten wie dem wirtschaftlichen Wiederaufbau Südwestasiens, der Industrialisierung Afrikas und Lateinamerikas und nicht zuletzt der Modernisierung der Infrastruktur in den USA und Europa.
Um der unmittelbaren Gefahr eines Zusammenbruchs des Finanzsystems zu begegnen, muß genau das getan werden, was LaRouche seit Jahrzehnten fordert: Die USA und die europäischen Nationen müssen ein neues System schaffen, das alle Veränderungen der globalen Finanz-, Währungs- und Handelspolitik nach 1971 zurücknimmt, und es muß schnell ein neues Kreditsystem eingeführt werden, ein Neues Bretton-Woods-System fester Wechselkurse. Im Gegensatz zum alten Bretton-Woods-System, in dem Churchill und Truman Franklin Roosevelts Absicht, den Kolonialismus zu beenden, verzerrt hatten, muß es ausdrücklich langfristige Kredite mit niedrigen Zinssätzen für die Industrialisierung des Entwicklungssektors bereitstellen. Tatsache ist, daß China, Rußland und Indien und viele Länder, die mit der BRI zusammenarbeiten, einen Rahmen schaffen, in dem eine solche Veränderung durchaus möglich ist.
Wenn Präsident Trump, der die britische Doktrin der Geopolitik ablehnt, den laufenden Putschversuch zurückschlagen kann und Justizminister William Barr seine strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Putschisten fortsetzt, dann wird die Tatsache, daß ein amerikanischer Präsident dem Prinzip der Souveränität und des Patriotismus folgt, eine Art Vorlage für Europa liefern, sich dem Ziel einer eurasischen Wirtschaftsintegration von Wladiwostok bis Lissabon anzuschließen, das Präsident Putin kürzlich erneut erwähnt hat.
LaRouches Denkweise ist notwendig
Damit dies geschehen kann, bedarf es eines Umdenkens bedeutender Teile der Bevölkerung der USA und Europas, in einer Weise, die dem Wesen des Lebenswerkes von Lyndon LaRouche entspricht. Es erfordert die Zurückweisung der Axiome, die dem Denken des oligarchischen Modells zugrunde liegen, und ihre Ablösung durch die Vorstellung, daß sich der Mensch von allen anderen Gattungen durch eine Qualität des Geistes unterscheidet, die am einfachsten als Kognition (Erkenntnis) bezeichnet werden kann. Diese Qualität, die kein Tier hat, ermöglicht es dem Menschen, immer wieder qualitative Entdeckungen neuer physikalischer Prinzipien zu machen, was die Macht der Menschen über das Universum pro Kopf und pro Quadratkilometer erhöht.
Der große russische Wissenschaftler Pobisk Kusnezow erkannte die Bedeutung der Entdeckung des Konzepts der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte und der damit verbundenen Erhöhung der Energieflußdichte in den Produktionsprozessen als Maßstab für die dauerhafte Nachhaltigkeit der Gesellschaft, und er sagte voraus, daß so, wie viele Entdeckungen nach ihren Entdeckern bezeichnet werden – wie Watt, Ampere usw. -, auch das LaRouche-Konzept in der zukünftigen Wissenschaft als „La“ [kurz für LaRouche] bezeichnet werden wird. Diese wissenschaftliche Methode zu beherrschen, ist der Schlüssel, um den Erfolg seiner wirtschaftlichen Prognosen zu verstehen.
In einer Klarheit, die von keinem anderen Denker in der westlichen Wissenschaft übertroffen wurde, identifizierte er den entscheidenden Kampf der Ideen zwischen geisttötenden Wahnvorstellungen der rein mathematischen und linearisierten physikalischen Doktrinen der euklidischen Tradition – von Galileo, Ptolemäus, Kopernikus, Tycho Brahe, Newton, Euler, Cauchy bis zu ihren Vertretern im 20. Jahrhundert, Russell, Wiener und von Neumann -, im Gegensatz zu der inneren Geschichte der platonischen Tradition der anti-euklidischen Wissenschaft von Nikolaus von Kues, Kepler, Fermat, Huyghens, Leibniz etc. Er verwies auf die Bedeutung des falschen, wiewohl angeblich „selbstverständlichen“ Prinzips der kürzesten Entfernung bei der Lichtbrechung im Vergleich zum physikalischen-experimentellen Prinzip der kürzesten Zeit und Leibniz’ Erweiterung dieses Prinzips auf sein experimentelles Prinzip der universellen geringsten Wirkung als Beweis dafür, daß jede wahre Entdeckung neuer physikalischer universeller Prinzipien nur aus der zweiten Tradition kommen kann.
Der Grund, warum seine Werke heute für die Wissenschaft so entscheidend sind, liegt darin, daß sie die Methode bieten, den Weg zur absolut notwendigen höheren Ebene des Entdeckens zu finden, indem sie den Wissenschaftler in eine Riemannsche Denkweise versetzen, die nicht-deduktive Lösungen für Paradoxien ermöglicht, die aus den Paradoxien der bisher vorherrschenden Überzeugungen entstehen. Es ist absolut einzigartig, daß LaRouche die Verknüpfung zwischen der relativistischen Physik und der Kreativität des menschlichen Geistes als solchem und die Verbindung dieses Bereichs mit klassischen Kunstformen und Staatskunst gezeigt hat.
Lyn lieferte reichliche Beweise dafür, daß man nur durch klassische Formen von Poesie, Drama und Musik jene Fähigkeiten des Geistes entwickelt, die in der Lage sind, gültige Hypothesen über neue Erkenntnisse zu den Gesetzmäßigkeit des Universums hervorzubringen. Denn in Musik, Poesie und Drama müssen die gleichen Kämpfe gegen reduktionistische und deduktionistische Vorstellungen geführt werden, und deshalb ist die Qualität von Metapher, Ironie und Furtwänglers Auffassung des „zwischen den Noten spielen“ entscheidend, um den Geist zu einer höheren, „Riemannschen“ Denkweise zu erheben.
Damit geht die Erziehung der Emotionen aus dem Bereich des Sinnlichen und Profanen hin zur agapischen Emotion einher. Während das oligarchische Gesellschaftsmodell und Menschenbild den einzelnen zu einem Geschöpf hedonistischer Wünsche reduziert, das von den Kräften der auf Trasymachos-Regeln basierenden Ordnung leicht manipuliert und akzeptiert wird, befreit die mit klassischen Formen der Komposition verbundene kognitive Erfahrung das Individuum, indem sie die Schönheit des Geistes hervorruft und die Art von agapischer Liebe zur Menschheit freisetzt, die notwendig ist, um sich für das neue Paradigma der einen Menschheit zu entscheiden, die das engstirnige, bösartige Streben nach dem angeblichen geopolitischen Interesse einer privilegierten Klasse auf Kosten der unteren Klassen hinter sich läßt.
Aufgrund dieses unvergleichlichen Reichtums und der unvergleichlichen Bedeutung von Lyns Lebenswerk für die Lösungen der existentiellen Herausforderungen von heute und die Vision für eine wahrhaft menschliche Zukunft der Menschheit möchte ich ankündigen, daß wir gerade die „LaRouche Legacy Foundation“ [Stiftung für LaRouches Erbe] gegründet haben, deren Ziel es ist, seine gesammelten Werke zu veröffentlichen und eine Renaissance des Studiums seiner Ideen weltweit herbeizuführen! Ich möchte Sie alle einladen, sich aktiv an diesem Vorhaben zu beteiligen. Lyndon LaRouche war die agapischste Person, die ich je getroffen habe, er war ein Mann der Vorsehung, weil er sein Leben im Einklang mit der Geschichte und den Gesetzen des Universums lebte. Er lebt in der Gleichzeitigkeit der Ewigkeit.
Wir befinden uns in einem sehr wertvollen Moment in der Geschichte – er ist voller unglaublich gefährlicher Herausforderungen, aber das neue Paradigma, die Vision einer völlig neuen Epoche der Menschheit, ist bereits in Reichweite. Lassen Sie uns ein entscheidendes Element sein, um es zu erreichen!
Führen wir diesen Krieg für eine schöne Zukunft für die Menschheit mit einer leidenschaftlichen Liebe zur Menschheit, wie Lyn sie hatte. Er ist heute nicht persönlich unter uns, aber sein Geist ist bei uns. Und das in diesem unglaublichen Moment, denn ein Imperium bricht zusammen, es schlägt wild um sich und will eher die Welt zerstören, als das Neue Paradigma entstehen zu lassen. Aber wir glauben an das angeborene Gute im Menschen, und deshalb wollen wir uns ansehen, wie die Menschheit in hundert Jahren sein wird, wir wollen die Menschheit mit den Augen von Lyndon LaRouche betrachten.
Wir werden dann Fusionskraft, Energiesicherheit und Rohstoffsicherheit haben. Es wird Dörfer auf dem Mond geben, es wird Städte auf dem Mars geben. Und es wird bis dahin die einige Menschheitsgemeinschaft geben, und wir alle, die Menschheit, werden mit diesem Ansatz trotz aller Unbekannten des so großen Universums – etwa zwei Billionen Galaxien wurden bisher entdeckt – die unsterbliche Gattung sein.
- Das Potential der Neuen Seidenstraße für Europa
Wang Weidong, Gesandter-Botschaftsrat, Leiter der Wirtschafts- und Handelsabteilung der Botschaft der VR China in Deutschland
Sehr verehrte Frau Zepp-LaRouche,
Sehr verehrte Damen und Herren, Guten Tag!
Zunächst möchte ich mich bei Frau Zepp-LaRouche herzlich bedanken für ihre Einladung. Es ist mir eine große Freude, mich mit den heutigen Gästen aus mehreren Ländern über das Thema Belt and Road Initiative (BRI) auszutauschen.
Der Begriff „Seidenstraße” ist unlösbar mit Deutschland verbunden. Er wurde im Jahre 1877 von dem deutschen Geographen Ferdinand von Richthofen erfunden und ist längst zum Allgemeingut geworden. Doch die Erschließung der Seidenstraße reicht mehr als 2100 Jahre in die Vergangenheit zurück. In der Han-Dynastie wurde der chinesische Beamte Zhang Qian zweimal nach Zentralasien entsandt und stieß damit das Tor für freundschaftliche Beziehungen zwischen China und den zentralasiatischen Ländern auf. Gleichzeitig eröffnete er damit eine Querverbindung von Ost nach West, die als Seidenstraße an die Handelswege nach Europa anknüpfte. Chinesische Waren wie Seide, Porzellan und Tee flossen in alle Teile der Welt, auch der Konfuzianismus und die chinesische Kultur verbreiteten sich durch die Seidenstraße. Damit wurde ein großes Kapitel in der Geschichte des Austausches zwischen Ost und West geschrieben.
Heute, 2100 Jahre später, sehen wir uns in einer Ära ständiger Herausforderungen und zunehmender Risiken. Der Unilateralismus und der Protektionismus bedrohen in ernster Weise Frieden und Stabilität in der Welt, und kein einziges Land kann verschont bleiben. Die richtige Antwort heißt, eine überregionale Zusammenarbeit von noch größerem Ausmaß, auf noch höherem Niveau und auf noch mehr Ebenen in Gang zu setzen. Als Staatspräsident Xi Jinping im Jahre 2013 die Initiative zur internationalen Zusammenarbeit bei der Errichtung einer Neuen Seidenstraße vorlegte, zielte er auf die Verbesserung der Konnektivität und die Vertiefung der pragmatischen Zusammenarbeit, um Hand in Hand den Risiken und Herausforderungen der Menschheit zu begegnen, und die gemeinsame Entwicklung zum gegenseitigen Vorteil voranzutreiben.
Was hat die BRI bisher erreicht?
Welche Erfolge wurden in den ersten sechs Jahren der BRI erzielt? Das Vorhaben ist auf immer breitere internationale Unterstützung und Zustimmung gestoßen. Bis heute haben bereits mehr als 160 Länder und internationale Organisationen mit China 195 Regierungsabkommen unterzeichnet. Die Vereinten Nationen, die G20 und die APEC haben schon die BRI sowie die darin enthaltenen Kernpunkte in ihre Abschlußdokumente aufgenommen.
In diesen sechs Jahren hat das gesamte Handelsvolumen Chinas mit den Staaten der BRI 6 Billionen Dollar überschritten, und mehr als 90 Mrd. US-Dollar Direktinvestitionen sind in die betreffenden Länder geflossen. Eine Vielzahl von Kooperationsprojekten ist vor Ort ins Leben gerufen worden. Somit hat die BRI dem internationalen Handel und Investitionen eine neue Plattform geboten und neue Spielräume für das Wachstum der Weltwirtschaft geschaffen.
In diesen sechs Jahren hat China gemeinsam mit den beteiligten Ländern 82 Industrieparks gegründet, die den Gastgeberländern mehr als 2 Mrd. US-Dollar Steuereinnahmen bescherten und etwa 300.000 Arbeitsplätze schufen. Die Kooperation hat der lokalen Bevölkerung bessere Lebensbedingungen, besseres Geschäftsklima sowie immer mehr Entwicklungschancen gebracht.
Laut einem Bericht der Weltbank wird der Handel nach Fertigstellung aller Verkehrsprojekte der BRI um 2,8% bis 9,7% wachsen, und 7,6 Mio. Menschen werden von extremer Armut befreit. Diese Erfolge haben verdeutlicht, daß die BRI ihren Ausgang zwar in China nimmt, ihre positiven Auswirkungen jedoch auf die ganze Welt ausstrahlen.
Unser Staatspräsident Xi hat vor ein paar Tagen, während seines Staatsbesuchs in Griechenland das von allen Seiten mit großer Aufmerksamkeit verfolgte Projekt, den Hafen Piräus, persönlich vor Ort besucht. Trotz kritischer Stimmen aus Regierungskreisen der EU wird dieses Projekt sowohl von der griechischen Regierung als auch von den Arbeitnehmern und den lokalen Anwohnern hoch gewürdigt. Als der chinesische Investor vor elf Jahren hier ankam, steckte der Hafen noch in einer tiefen Krise. Seit dem Einstieg Chinas hat er sich aber rasant und dynamisch entwickelt. Beim weltweiten Ranking des Container-Umschlags ist er bereits von Platz 93 vor elf Jahren auf Platz 32 aufgerückt. Mehr als 5000 neue Arbeitsplätze wurden seither geschaffen. Der Hafen Piräus ist heute der größte Hafen im Mittelmeerraum und einer der am schnellsten wachsenden Containerterminals der Welt. Seine Entwicklungsperspektive in der Zukunft ist auch vielversprechend.
Was die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland im Rahmen der BRI anbelangt, haben beide Länder auch bereits an frühzeitigen Erfolgen etwas geerntet. Die Eisenbahnverbindung zwischen China und Europa ist in diesem Zusammenhang zweifellos das wirkungsvollste Projekt. Der Zeitaufwand liegt bei rund 30% des Schiffstransportes, und die Kosten liegen bei einem Fünftel der Luftfrachten: Die Vorteile liegen also auf der Hand. Bis heute sind bereits mehr als 17.000 Züge gefahren, von denen 40% zwischen China und Deutschland verkehrten. Die Verbindungen führen in über 50 Städten in 15 Ländern und sorgen für eine ausgewogene Auslastung in beiden Richtungen.
Betrachten wir zum Beispiel die Stadt Duisburg. Seit dem Besuch von unserem Staatspräsidenten Xi Jinping im März 2014 hat der Zugverkehr zwischen China und Europa nicht nur die Menge der umgeschlagenen Güter im Duisburger Hafen anwachsen lassen, sondern auch Investitionen chinesischer Unternehmen angeschoben, so daß die Zahl der in Duisburg angesiedelten Firmen seitdem von 40 auf über 100 anstieg. Allein im Bereich Logistik entstanden im Duisburger Hafen rund 3000 neue Arbeitsplätze.
Als einer der wichtigsten Knotenpunkte der BRI profitiert Hamburg auch unmittelbar davon. Man kann sagen, daß der Zugverkehr zwischen China und Europa zur längsten Kooperationsverbindung auf dem eurasischen Kontinent geworden ist und dem regionalen Wirtschaftswachstum neue Impulse verleiht.
Meine Damen und Herren!
In diesem Jahr begehen wir den 70. Jahrestag der Gründung des Neuen Chinas, und wir blicken auf die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen China und Deutschland vor 47 Jahren zurück. Mit dem Motto „Kooperation zum gegenseitigen Nutzen” werden die Beziehungen zwischen China und Deutschland weiter ausgebaut und haben inzwischen eine nie dagewesene Breite, Tiefe und Intensität erreicht. Die bilateralen Beziehungen in Wirtschaft und Handel haben sich ständig vertieft. Deutschland behauptete über 43 Jahre hinweg seine Position als Chinas größter Handelspartner in Europa, während China seit drei Jahren zu Deutschlands größtem Handelspartner weltweit aufgestiegen ist. Seit China eine neue Reihe von Maßnahmen der Reform und Öffnung eingeleitet hat, gehören deutsche Firmen wie BASF, BMW und Allianz zu den ersten Nutznießern.
Blick auf die Zukunft
Blicken wir in die Zukunft, so stellt sich die Frage, welche Chancen sich für China und Deutschland aus der Zusammenarbeit in der Neuen Seidenstraße ergeben. Im April dieses Jahres hat Präsident Xi auf dem zweiten Internationalen Gipfel der BRI seine Vorstellungen von einem qualitativ hochwertigen gemeinsamen Ausbau der Neuen Seidenstraße dargelegt. Im Mai hat Bundeskanzlerin Merkel anläßlich ihres Besuches des Hamburger Hafens den offensichtlichen Nutzen nachdrücklich geäußert, den die BRI für die Entwicklung des Hamburger Hafens bedeutet. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat die Initiative als Schwerpunkt aufgelistet und fördert das Verständnis der deutschen Unternehmen für die gewaltigen Chancen. Insbesondere seit dem vergangenen Jahr habe ich oft Anfragen oder Einladungen zu Veranstaltungen zum Thema Neue Seidenstraße bekommen. Das Interesse nimmt ständig zu.
Blicken wir auf das dritte Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, tritt die internationale Zusammenarbeit der BRI in eine neue Phase, wobei China und Deutschland/Europa ihre Kooperation weiter vertiefen können.
Erstens heißt es bei der Festlegung der Regeln mitwirken. Deutschland ist Gründungsmitglied der Asiatischen Infrastruktur- und Investmentbank (kurz: AIIB), viertgrößter Aktionär und größter außerregionaler Investor. Die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit im Rahmen der AIIB bei gemeinsam finanzierten Projekten erweist sich als äußerst fruchtbar. Einschließlich Deutschland gehört Europa bei der Festlegung der Regeln und Standards zu den maßgebenden Stimmen und Kräften. Wenn in Zukunft die Standards für die Kooperation im Rahmen der BRI weiter verbessert werden, ist Deutschland ebenfalls eingeladen, mitzuwirken und einen Beitrag zu leisten.
Zweitens heißt es Drittmärkte erschließen. Viele deutsche Firmen haben bereits begonnen, im Rahmen der BRI aus der Zusammenarbeit mit Dritten Nutzen zu ziehen. So haben zum Beispiel Siemens und Voith gemeinsam mit über hundert chinesischen Firmen Märkte in Übersee erschlossen. Der Hafen Duisburg beteiligt sich gerade aktiv am Aufbau eines chinesisch-weißrussischen Industrieparks und verhandelt mit chinesischen Firmen über eine Intensivierung der logistischen Zusammenarbeit. Die Kooperation auf Drittmärkten ist ein Modell für eine Art internationaler Zusammenarbeit, die von Offenheit und Toleranz, Pragmatismus und Effektivität geprägt ist. Sie verkörpert überzeugend die goldene Regel der BRI, die heißt: Mitdiskutieren, Mitgestalten und Mitprofitieren. Außerdem hilft sie den beteiligten Parteien, auf dem Wege über Synergieeffekte neue Antriebskräfte freizusetzen und eine Wirkung des wechselseitigen Vorteils nach der Formel zu erzielen, nämlich „1+1+1 ist größer als 3“.
Drittens heißt es die ökologische Entwicklung vorantreiben. Früher haben wir immer „zunächst verschmutzt und dann die Schäden behoben“. Im Zuge seiner wirtschaftlichen Entwicklung will China nicht länger den alten Weg beschreiten. Daher wird beim Ausbau der Neuen Seidenstraße allergrößter Wert auf die ökologische Verträglichkeit und den Umweltschutz gelegt. Es geht darum, eine „grüne Seidenstraße“ zu errichten. Wir werden weiterhin an den Konzepten von Offenheit, Ökologie und Redlichkeit festhalten und haben in Hinblick auf Dinge wie Finanzierung, Korruptionsbekämpfung und Umweltschutz für den nächsten Schub in der optimalen und nachhaltigen Entwicklung der Neuen Seidenstraße eine ganze Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Die deutsche Seite ist eingeladen, hier mitzuwirken und ihre reiche Erfahrung einzubringen.
Meine Damen und Herren,
Die Welt befindet sich an einem Scheidepunkt und sieht sich vor die Wahl gestellt. Wollen wir Mauern oder Brücken? Multilateralismus oder Unilateralismus? Der gemeinsame Ausbau einer Neuen Seidenstraße steht für die Unterstützung einer offenen Weltwirtschaft und weltweit partnerschaftlicher Beziehungen. Aber trotz des großen Interesses der Wirtschaft bleibt die offizielle Haltung der EU und einiger westeuropäischer Regierungen nach wie vor reserviert bis negativ. Die Mainstream-Medien und die sogenannten „Denkfabriken“ betrachten die Initiative immer kritisch und sind oft voll von „fake news“ oder Horrormeldungen. Es ist sehr bedauerlich. Unsererseits besteht die Hoffnung, daß sich noch mehr Länder und Unternehmen, Deutschland natürlich auch, aktiv an der Initiative beteiligen.
Zum Schluß möchte ich noch diese Gelegenheit nutzen, Frau Zepp-LaRouche und dem Schiller-Institut zu danken. Einerseits haben Sie anders als die meisten westlichen Denkfabriken ein tiefgreifendes Verständnis für die Bedeutung der BRI-Initiative für die globale Kooperation, für die Zukunft der Menschheit, bzw. aus verschiedenen wie Wirtschafts-, Kultur- und Globalisierungs-Perspektiven, anstatt wie die anderen immer wieder die Initiative zu kritisieren und das häufig nur aus geopolitischem oder ideologischem Kalkül. Andererseits haben Sie für die Gäste aus unterschiedlichen Ländern eine gute Plattform zum Austauschen und Dialog angeboten. Dafür gilt mein herzlicher Dank.
Schließlich wünsche ich allen anwesenden Freunden alles Gute.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
- LaRouches Wissenschaft der physikalischen Ökonomie als Schlüssel zur Lösung der Probleme der Welt, Eurasiens und der Ukraine
Natalja Witrenko, Doktor der Wirtschaftswissenschaft, Vorsitzende der Progressiven Sozialistischen Partei der Ukraine, ehemalige Abgeordnete des ukrainischen Parlaments
http://www.vitrenko.org
Sehr geehrte Delegierte dieser Konferenz zum Thema „Die Zukunft der Menschheit als kreative Gattung im Universum“! Liebe Helga Zepp-LaRouche!
Es ist mir eine große Ehre, auf der Konferenz über die Bedeutung von LaRouches Lehren für die Lösung der Probleme sowohl der Welt als Ganzes als auch bestimmter Kontinente, wie Eurasien, sowie bestimmter Länder, wie der Ukraine, zu sprechen.
Dies ist meine erste Ansprache auf einer Konferenz des Schiller-Instituts seit dem Tod des herausragenden Menschen, des Patrioten des Planeten Erde, des weltberühmten Ökonomen, Philosophen, und der Person des politischen und öffentlichen Lebens, Lyndon LaRouche. Ich bin stolz darauf, daß ich fast ein Vierteljahrhundert lang in verschiedenen Formen dem großen LaRouche zuhören und ihn auf Konferenzen sehen konnte, wo wir über sozioökonomische und geopolitische Prozesse diskutieren konnten, und daß ich Zeit im Haus von Lyn und Helga verbringen konnte – einer Familie, die auf einem sehr hohen intellektuellen Niveau lebt. Ich bin dankbar, daß ich diese einzigartigen Menschen nicht nur kennenlernen, sondern auch mit ihnen befreundet sein konnte.
Die große Lyn hat uns verlassen, aber seine Lehren, das kraftvolle Licht seiner Ideen, bleiben, ebenso wie die Probleme des Planeten Erde, und diese wachsen auf bedrohliche Weise bis zu einem explosiven Niveau. Lyndon LaRouche hat das prognostiziert und davor gewarnt.
Insbesondere habe ich in dem Forum „Für die Einheit Europas – Wie man das Vertrauen wiederherstellen kann“, das im Januar 2019 von der Internationalen Slawischen Akademie der Wissenschaften, Bildung, Kunst und Kultur in Moskau organisiert wurde, in meinem Vortrag „Durch einen Paradigmenwandel zu einem Vereinten Europa“ auf der Suche nach Lösungen für die heutigen Probleme Europas die Ideen von Nikolaus von Kues, Wladimir Wernadskij und Lyndon LaRouche genutzt. (Er wurde in der Zeitschrift Slawjane [Die Slawen] Nr. 4/1 2018/19 veröffentlicht.)
Ich kenne keinen anderen Wissenschaftler der Welt, der Finanzkrisen so genau vorhersagen konnte wie Lyn, sowohl in der Weltwirtschaft insgesamt als auch in einzelnen Ländern. Ich glaube, daß Lyndon LaRouches Arbeiten zur Methodik der Wirtschaftswissenschaften sowie seine spezifischen Vorschläge zur Änderung der Art und Rolle der internationalen Institutionen, die die bestehende Weltordnung bestimmen, und seine Vorschläge zur Reorganisation der Welt und zur Schaffung einer völlig anderen Weltordnung ein eigenes Studienfach für Studenten an allen führenden Universitäten der Welt sein sollten.
Fallbeispiel Ukraine
Die Genauigkeit von LaRouches Prognosen und seine sorgfältige Behandlung der Probleme der Volkswirtschaften zeigt sich deutlich im Falle meines Landes, der Ukraine, die eine der fortschrittlichsten Republiken der ehemaligen Sowjetunion war. Noch 1991 war sie ein wohlhabendes und fortschrittliches Entwicklungsland. Die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik gehörte, gemessen am Pro-Kopf-BIP, zu den zehn führenden Ländern der Welt, und ihr BIP war höher als das von Polen, Portugal oder Argentinien. Die Ukraine gehörte zu den sechs – ich wiederhole, sechs! – führenden Ländern der Welt mit einer vollständigen eigenen Produktionskapazität im Flugzeugbau sowie hochmoderner Industrie für Schiffbau, Dieselmotoren und Automobile (einschließlich Busse), Raketen und Landmaschinen, die auf den wissenschaftlichen, Forschungs- und Entwicklungs- und technologischen Fähigkeiten der Ukraine basierte. Wir hatten keine Arbeitslosigkeit, wir hatten ein stetiges Wachstum der Qualifikationen unserer Arbeitskräfte.
Im Juni 1992 trat die Ukraine dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bei und erklärte sich bereit, alle vom IWF diktierten Auflagen für ausgegebene Kredite umzusetzen. Wolodymyr Martschenko und ich kamen im Februar 1995 zu einer Konferenz [des Schiller-Instituts] in Washington und berichteten, daß in der Ukraine eine Diskussion über ein Reformprogramm der Regierung lief, das dann vom Parlament genehmigt werden sollte. Lyn und Helga waren nicht gleichgültig gegenüber der unvermeidlichen Katastrophe unseres Landes.
Wir waren damals Abgeordnete der Parlamentariergruppe der Sozialistischen Partei der Ukraine (SPU), deren Vorsitzender, Alexander Moros, Sprecher des Parlaments war. Die Reformpolitik in der Ukraine hing weitgehend von ihm persönlich ab, insbesondere insofern, als ukrainische Ökonomen und Wirtschaftsmanager die monetaristischen, kolonialen Vorschriften des IWF im Land torpedierten, im wesentlichen LaRouches Theorie der physischen Ökonomie unterstützten und sich für eine Politik aussprachen, bei der die Entwicklung der materiellen Produktion im Vordergrund stand. Zuerst schickte das Schiller-Institut seine Vertreter Michael Vitt und Dennis Small in die Ukraine; im Mai 1995 trafen sie sich mit Parteiaktivisten der SPU; im Juni 1995 kamen Lyndon und Helga nach Kiew, wo ein Treffen zwischen ihnen und dem Parlamentspräsidenten vereinbart wurde, und als Teilnehmerin an diesem Treffen wurde mir klar, wie überzeugend und wie gut begründet LaRouche Moros drängte, die IWF-Darlehen nicht anzunehmen und auf Reformen nach den Rezepten des IWF zu verzichten.
Leider verhinderten das intellektuelle Niveau und die moralischen Qualitäten von Moros, daß er den Rat des großen amerikanischen Ökonomen annahm, was für das Schicksal der Ukraine schicksalhaft war. Infolgedessen wurde die ukrainische Katastrophe, wie LaRouche gewarnt hatte, unumkehrbar. Aber es hatte eine Chance, eine echte historische Chance gegeben, diese schreckliche Zerstörung der Wirtschaft und die Verarmung und das Aussterben der Bevölkerung zu verhindern!
Leider ist die Unfähigkeit, das Ausmaß der Bedrohungen zu erkennen und sich für einen Weg zur Rettung der Nation zu entscheiden, ein Problem, das nicht auf Moros und die ukrainische politische Elite beschränkt ist, es ist ein Problem der politischen Eliten in praktisch allen Ländern der Welt mit Ausnahme Chinas. Weil sie die grundlegenden sozioökonomischen und finanziellen Prozesse nicht verstehen und keine Verantwortung für das Schicksal ihrer Bevölkerung übernehmen, leiden nicht nur ihre eigenen Länder, sondern die ganze Welt.
Diese Herausforderung steht jetzt ganz oben auf der Tagesordnung der Welt. Das, wovon LaRouche unermüdlich gesprochen hat – die Unvermeidlichkeit der globalen Finanzkrise (die in ihrer Wirkung mit einem thermonuklearen Krieg vergleichbar ist) als Folge der Inflation gigantischer spekulativer Finanzblasen auf eine kritische Größe -, ist nun ein Thema von Experten auf allen Kontinenten: Paul Krugman und Mark Mobius, George Soros und Mervyn King sowie Analysten der Bank of England, der Weltbank, der Bank of America und anderer. Die enorme Finanzschuld nicht nur der schwachen Länder der Dritten Welt, sondern auch – und das ist das wichtigste! – der führenden Volkswirtschaften unseres Planeten verwandelt die Weltwirtschaft in ein Pulverfaß, das in naher Zukunft zwangsläufig explodieren wird. Nach Angaben der amerikanischen Central Intelligence Agency beträgt im Jahr 2019 die Verschuldung der USA 23 Billionen Dollar (oder 135% des BIP), die Japans 13 Bio. Dollar (295% des BIP) und die Großbritanniens 2,7 Bio. Dollar (108% des BIP), während die Weltbank erklärt, daß der maximal zulässige Schuldenstand eines Landes 77% des BIP beträgt.
Kehren wir zur Ukraine zurück. Die Ukraine hat alle Forderungen des IWF vollständig umgesetzt: Der staatliche Sektor der Wirtschaft wurde durch Massenprivatisierung demontiert, die Nationalbank war nicht mehr der Regierung unterstellt, und es wurde ein Geschäftsbankensystem eingerichtet, in dem die kleinsten Banken geschlossen werden. Gleichzeitig hatten wir eine Deregulierung der Preise, des Wechselkurses und des Außenhandels, so daß alle Voraussetzungen für die Bildung und Bereicherung einer ukrainischen Oligarchie geschaffen wurden.
Ein weiterer Schub für ihr Kapital war das vom Westen auferlegte Billiglohnmodell, basierend auf einer künstlichen Unterbewertung des offiziellen Existenzminimums, das nur auf 20 oder 25 Prozent der realen Lebenshaltungskosten festgelegt wurde. Die Bewertung der makroökonomischen Stabilität erfolgte ausschließlich anhand der Reduzierung des Haushaltsdefizits durch Kürzungen bei den Mitteln für Gesundheitsversorgung und Bildung sowie für Kultur und Sport, und durch einen stetigen Anstieg der Kosten von Strom- und Wasserversorgung, was durch das Mantra gerechtfertigt wurde, sie müßten auf das „Marktniveau“ angehoben werden und der Staat solle sich aus jeder Regulierung der Preise für Lebensmittel, Medikamente und lebenswichtige Güter sowie Kommunikations-, Transport- und andere Dienstleistungen heraushalten. Die große Mehrheit der Bevölkerung wurde der Möglichkeit beraubt, durch ihr Einkommen die Lebenshaltungskosten zu decken.
So ist es keine Überraschung, daß die Ukraine heute unter allen 42 Ländern Europas bei der Kaufkraft der Bevölkerung an letzter Stelle steht. Diese Statistiken wurden im Oktober 2019 in der Studie „Purchasing Power Europe 2019“ des Datenanalyse-Unternehmens GFK veröffentlicht: Im Durchschnitt beträgt im Jahr 2019 das Einkommen eines in Europa lebenden Menschen 14.739 Euro, dagegen beträgt das durchschnittliche ukrainische Einkommen 1830 Euro – nur ein Achtel davon.
Die Wirtschaftspolitik der Ukraine wird bestimmt von den gemeinsamen Interessen der ukrainischen Oligarchen und der internationalen Finanzinstitutionen (IWF, Weltbank, EBWE, Welthandelsorganisation und andere), die wiederum die Interessen der Regierungskreise in den führenden westlichen Ländern zum Ausdruck bringen. Wie LaRouche warnte, haben sie kein Interesse an der Entwicklung der Volkswirtschaft oder ihrer grundlegenden physischen Wirtschaft und materiellen Produktion, sie sind allein an einem großen Markt für ihre Waren und Dienstleistungen interessiert, um ihre eigenen Gewinne zu steigern. Sie brauchen die Ukraine als einen Lieferanten von Rohstoffen für ihre Unternehmen und von äußerst billigen, hochqualifizierten Arbeitskräften. Zu den Plänen des Westens gehört sogar die Übernahme des Grund und Bodens der Ukraine – bedenken Sie, dies ist ein Land im geographischen Zentrum Europas, ein wichtiger Transitknotenpunkt für den eurasischen Kontinent mit Verbindungen zu zwei Meeren und zahlreichen Flüssen, Seen und großen Waldflächen. Von besonderer Bedeutung ist unser Reichtum an Ackerland – 19% des gesamten Ackerlandes in Europa – und an Schwarzerde (8,7% der Schwarzerde weltweit).
Deshalb sind die westlichen Strippenzieher der Reformen in der Ukraine, zusammen mit den ukrainischen Oligarchen, absolut gleichgültig gegenüber dem Leiden unseres Volkes, und dies führte zu einem schrecklichen Ausmaß der Arbeitsemigration aus der Ukraine (mindestens 10 Millionen Menschen in den letzten fünf Jahren) und einem negativen natürlichen Bevölkerungswachstum (die Sterberate ist fast doppelt so hoch wie die Geburtenrate). Die Folge ist, daß die Bevölkerung der Ukraine von 52 Millionen zur Zeit der Unabhängigkeit 1991 auf real nur noch 30 Millionen gefallen ist. Experten schlagen schon seit langem Alarm, und das ist ihre Schätzung der tatsächlichen Bevölkerung des Landes. Aber die Regierungsstatistiken verschleiern es immer noch und behaupten, die Bevölkerung betrage 42 Millionen Menschen, die Krim und die selbsternannten Donbaß-Republiken nicht eingerechnet. Der derzeitige Parlamentssprecher, Dmytro Rasumkow, mußte jedoch den wahren Stand der Dinge anerkennen, als er im September 2019 für eine Änderung der Verfassung der Ukraine plädierte, um die Zahl der Volksvertreter im Parlament von 450 auf 300 zu reduzieren.
Die ukrainische Wirtschaft ist heute ein trauriges Schauspiel. 2018 lag das BIP bei nur noch zwei Dritteln des Niveaus von 1991. Das BIP der Ukraine betrug ein Sechstel des argentinischen, ein Fünftel des polnischen und die Hälfte des portugiesischen BIP. 2018 lag das durchschnittliche BIP pro Kopf weltweit laut IWF-Zahlen bei 11.730 Dollar. In den fortgeschrittenen Ländern waren es 48.970 Dollar und in den Entwicklungsländern 5490 Dollar. Und in der Ukraine waren es nur 2820 Dollar!
Aber das BIP ist eine monetäre Kategorie, der monetäre Ausdruck des Gesamtumfangs der in einem bestimmten Zeitraum produzierten Waren und Dienstleistungen. Was verbirgt sich hinter diesem Vorhang? Welche Waren wurden im Einzelnen in diesem Zeitraum in diesem Land in welcher Menge produziert? Aus dieser Sicht ist der Fall der Ukraine schrecklich: Während sie dem IWF, den USA und der Europäischen Union gehorcht und von ihnen ständig für den Erfolg der Reformen gelobt wird, erlebt die Ukraine in Wirklichkeit eine totale wirtschaftliche Katastrophe.
Abb. 1: Anteil der Ukraine an der Weltproduktion ausgewählter Produkte.
(Quelle: https://aftershock.news/?q=node/751692)
Schauen Sie sich die erste Grafik an (Abbildung 1), die den Rückgang des Anteils der Ukraine an der Weltproduktion der wichtigsten Rohstoffe für die metallurgische Industrie zeigt: Mit Ausnahme von Rutilkonzentrat brach die Produktion aller anderen Komponenten stark ein. (Der rote, untere Balken zeigt jeweils den Anteil der Ukraine an der Weltproduktion 1991 und der blaue, obere Balken den Anteil 2018.) Das gleich gilt für die Erzeugung von Roheisen und Stahl. Allein 2013-18 sank die Stahlerzeugung um fast ein Drittel, von 30,6 Mio. Tonnen im Jahr 2013 auf 21,1 Mio. Tonnen im Jahr 2018; Roheisen sank um 20%, von 25 Mio. t 2013 auf 20,5 Mio. t 2018.
Abb. 2: Kumulierter Index der ukrainischen Industrieproduktion, 2010-2018 (2010=100)
(Daten des ukrainischen Finanzministeriums, https://index.minfin.com.ua/economy/index/industrial/)
Die zweite Grafik (Abbildung 2) zeigt den Zustand der ukrainischen Industrie: Es ist klar, daß unsere Industrie im Koma liegt und aus diesem Land verschwindet, das noch in jüngster Zeit eine Industriemacht war. Der Anteil der Industrie am ukrainischen BIP ist um mehr als die Hälfte gesunken: von 44 Prozent im Jahr 1991 auf 20 Prozent im Jahr 2018, gleichzeitig sank auch der Anteil des Maschinenbaus an der Industrieproduktion um fast die Hälfte: von 31% im Jahr 1991 auf 15% im Jahr 2018. Der Anteil der verkauften innovationsbasierten Produkte an der gesamten Industrieproduktion ist seit Beginn dieses Jahrhunderts um den Faktor 13 gesunken: von 9,4% im Jahr 2000 auf 0,7% im Jahr 2017.
Die folgende Tabelle zeigt die Indizes der Industrieproduktion der Ukraine im Zeitraum Januar-August 2019 (Januar 2019 = 100):
Alle Branchen | 91,0 |
Rohstoffindustrie | 98,3 |
Verarbeitendes Gewerbe | 92,8 |
Maschinenbau | 87,5 |
Strom, Erdgas, Dampf für Heizung | 71,5 |
(Daten des ukrainischen Finanzministeriums, https://index.minfin.com.ua/economy/index/industrial/)
Die Daten zeigen, daß die Industrieproduktion insgesamt weiter zusammenbricht, während die Energiewirtschaft und der Maschinenbau schneller sinken als andere Branchen. Die Stromerzeugung ist in den letzten fünf Jahren um ein Viertel gesunken – von 200 Mrd. Kilowattstunden 2013 auf 150 Mrd. kWh 2018. Ich nenne Ihnen noch ein paar weitere Zahlen aus dem Maschinenbau: 1991 produzierte unser führender Flugzeughersteller Antonov 250 Flugzeuge, aber in diesem Jahr, 2019, haben sie nicht ein einziges produziert! Vor zehn Jahren konnte die Ukraine noch 423.000 Autos produzieren, aber ein Jahrzehnt später sind es 8600, das ist fast um den Faktor 50 weniger! Die gleiche Zerstörung ist auch in anderen Bereichen der realen Wirtschaft zu verzeichnen: Die Zahl der Rinder ist von 25,2 Millionen im Jahr 1990 auf 3,7 Mio. im Jahr 2019 gesunken – nur ein Siebtel des früheren Bestands. Und niemand übernimmt die Verantwortung für diese Katastrophe.
LaRouche wehrte sich gegen diese Zerstörung der physischen Wirtschaft. Deshalb plädierte er für den Bau von Verkehrskorridoren für wirtschaftliche Entwicklung vom Atlantik bis zum Pazifischen und Indischen Ozean und schlug zukunftsweisende Ideen für die Erschließung des Mondes und Flüge zum Mars vor. Wofür? Damit fortschrittliche Technologien schneller entwickelt werden und produktives Kapital dominiert und nicht spekulatives Kapital. Die Aktivitäten des Bankensektors würden entsprechend neu organisiert werden. Der Staat würde in den Aufbau der Infrastruktur investieren und die notwendigen Bedingungen für die Entwicklung von Energiewirtschaft, Verkehr und Industrieproduktion schaffen, d.h. der Staat wäre für die Entwicklung der physischen Wirtschaft als Grundlage seines gesamten Wirtschaftssystems verantwortlich.
Lyndon LaRouche hat uns, als hervorragender Ökonom, Philosoph und Politiker, nicht nur auf die Ursachen und das Ausmaß der bevorstehenden Umwälzungen aufmerksam gemacht, sondern auch auf die politischen Folgen der Zerstörung des bestehenden Währungssystems: Er warnte davor, daß die Oligarchie strenge Austerität fordern und faschistische Diktaturen errichten würde, weshalb es unerläßlich sei, daß die progressive Menschheit die Oligarchie besiegt und sich ein für allemal von diesem parasitären System befreit.
Wiedergeburt des Nazismus
Und nun hat die ganze Menschheit die Wiedergeburt des Nazismus (Faschismus) in der Ukraine erlebt. Darüber habe ich auf meiner Pressekonferenz im Europäischen Parlament am 26. Februar 2014, unmittelbar nach dem Staatsstreich in der Ukraine, offen gesprochen. Nochmals vielen Dank an unsere Mitdenker vom Schiller-Institut, sowohl für die Organisation unserer damaligen Europareise als auch für die Organisation der Pressekonferenz. Die weitere Entwicklung der Ereignisse hat unsere Einschätzung voll bestätigt.
Die nationalsozialistische, russophobe Färbung des Euromaidan hatte den Verlust der Krim zur Folge und schuf die Voraussetzungen für die Kämpfe in Slawjansk und den monströsen Angriff auf die Antifaschisten im Gewerkschaftshaus Odessa, und sie setzte den Bruderkrieg im Donbaß in Gang, der seit fünfeinhalb Jahren andauert. Selbst die offizielle Statistik besagt, daß 13.000 Menschen ums Leben gekommen sind, darunter Zivilisten – Frauen, alte Menschen und Kinder. Hunderttausende wurden verwundet oder psychisch traumatisiert. Millionen wurden zu Flüchtlingen.
Die ganze Ukraine leidet unter den Nazi-Kämpfern, sie sind bewaffnet, gut ausgebildet und gut finanziert, sie organisieren Einschüchterungsaktionen und überfallartige Besetzungen von Eigentum im ganzen Land. Auch unter dem neuen Präsidenten der Ukraine, Selenski, halten sie die gesamte Bevölkerung in Angst und terrorisieren das Land. Anstatt den Nationalsozialismus auszurotten und alle Nazi-Parteien und -Bewegungen zu verbieten, hat die ukrainische Regierung im Gegenteil die Nazi-Ideologie offiziell eingeführt und bekämpft linke Parteien und antifaschistische Organisationen. 6000 unserer Landsleute sitzen als Dissidenten im Gefängnis, die Verfolgung unserer Progressiven Sozialistischen Partei der Ukraine, einer Oppositionspartei, geht weiter: Unsere Parteizentrale und die Redaktionsräume unserer vor drei Jahren beschlagnahmten Parteizeitung wurden nicht an uns zurückgegeben. Das ukrainische Justizministerium blockiert die Aktivitäten unserer Partei, indem es sich weigert, die Dokumente von inzwischen fünf Parteikongressen offiziell zu registrieren, gleichzeitig werden Gerichtsentscheidungen zu unseren Gunsten einfach ignoriert und nicht umgesetzt.
In den Jahren seit dem Staatsstreich 2014 haben wir alles in unserer Macht Stehende getan, um die Wahrheit über die Ukraine in die Welt zu tragen, ohne daß es eine angemessene Reaktion der internationalen Gemeinschaft gegeben hat, aber das kann nicht ewig so weitergehen, und so beginnt Europa endlich, Alarm zu schlagen.
Vor einem Jahr, am 25. Oktober 2018, verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution mit dem Titel „Über das Aufkommen neofaschistischer Gewalt in Europa“, in der es feststellen mußte, daß „offen neofaschistische, neonazistische, rassistische und fremdenfeindliche Gruppen und politische Parteien Haß und Gewalt in der Gesellschaft schüren und uns daran erinnern, wozu sie in der Vergangenheit in der Lage waren“. Damals verabschiedete das Europarlament umfassende Empfehlungen an die europäischen Nationen. Ich will hier zwei der 32 Punkte dieser Resolution zitieren; das Europaparlament:
„9. fordert die Mitgliedstaaten auf, Haßdelikte, Haßreden und Schuldzuweisungen von Politikern und Beamten auf allen Ebenen und in allen Arten von Medien scharf zu verurteilen und zu sanktionieren, da sie Haß und Gewalt in der Gesellschaft direkt normalisieren und verstärken;
- fordert die Mitgliedstaaten auf, Haßverbrechen zu untersuchen und zu verfolgen und bewährte Verfahren zur Ermittlung und Untersuchung von Haßverbrechen auszutauschen, auch solche, die speziell durch die verschiedenen Formen der Fremdenfeindlichkeit motiviert sind…“
Wie wir sehen können, hat LaRouche auch in dieser Hinsicht Recht behalten. Die Wirtschaftsreformen des IWF, die die materielle Produktion, d.h. die physische Wirtschaft, zerstörten, führten zu einem politischen Putsch und zu Nazismus und Faschismus. Natürlich müssen alle möglichen Ansätze und die gesamte Erfahrung der Welt genutzt werden, um die Menschheit – auch die Bevölkerung der Ukraine – vor Nazismus, Faschismus und Fremdenfeindlichkeit zu schützen.
Lyndon LaRouche hat uns das Wissen geschenkt, das wir für die Rettung der Menschheit einsetzen müssen!
- Rußland in der chinesischen Initiative “Ein Gürtel, eine Straße”: Möglichkeiten und Aussichten
Prof. Andrej Ostrowskij, Stellv. Direktor des Fernost-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften
Im Herbst 2013 verkündete Chinas Präsident Xi Jinping bei seinem Gipfeltreffen mit dem kasachischen Präsidenten N. Nasarbajew den Beginn des Projekts „Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße“. Dieses Projekt besteht aus zwei Teilen: einem kontinentalen Gürtel über Kasachstan und Rußland oder über das Mittelmeer nach Europa und dem Meeresgürtel durch Südostasien. Später wurden diese Projekte als Initiative „Ein Gürtel, eine Straße“ (OBOR) bezeichnet.
Anfang 2015 verkündete der Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion (EEU), der fünf Mitglieder angehören: die Russische Föderation, Kasachstan, Weißrußland, Armenien und Kirgisistan. Es gab einen Vorschlag zur Einrichtung einer Freihandelszone „Eurasische Wirtschaftsunion und China“, aber im Mai 2015 veröffentlichten die Russische Föderation und die Volksrepublik China auf Beschluß der EEU und der chinesischen Führung eine gemeinsame Erklärung über die gegenseitige Zusammenarbeit zur Verbindung der beiden Projekte – der EEU und des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße. In dieser Erklärung heißt es, daß beide Seiten „gemeinsame Anstrengungen zur Verbindung zweier Projekte – der Eurasischen Wirtschaftsunion und des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße – unternehmen werden“ und „die gemeinsame Zusammenarbeit innerhalb bilateraler und multilateraler Formate, vor allem innerhalb der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit SCO), anpassen werden…“1
Chinas Projekt Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße hat aufgrund seiner (mehr als 2100 Jahre) alten Basis offensichtliche Vorteile gegenüber dem russischen Projekt Eurasische Wirtschaftsunion. Beide Projekte haben gemeinsame, einander nicht widersprechende kulturelle Standards, das Projekt Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße umfaßt mehr als drei Milliarden Menschen, das Projekt Eurasische Wirtschaftsunion dagegen nur etwa 200 Millionen Menschen. Im März 2015 veröffentlichten das Handelsministerium und der Staatliche Ausschuß für nationale Entwicklung und Reform der Volksrepublik China ein gemeinsames Dokument, in dem es heißt: „Auf der einen Seite – die aufstrebenden Volkswirtschaften ostasiatischer Länder -, auf der anderen Seite – die entwickelten Volkswirtschaften der europäischen Länder, und zwischen ihnen liegen Länder mit einer riesigen Landmasse mit einem großen Potential an wirtschaftlicher Entwicklung.“2
Das Projekt Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße bietet China die Möglichkeit der raschen Entwicklung seiner westlichen Gebiete – die drei Provinzen Shaanxi, Gansu, Qinghai und zwei autonome Regionen, Ningxia-Hui und Xinjiang-Uygur, die in Bezug auf BIP-Umfang und Wachstumsraten hinter den Küstengebieten zurückliegen. Dieses Projekt wird eine gleichmäßigere Verteilung der Ressourcen und Industrien im gesamten Gebiet Chinas fördern, um bessere soziale und wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen.
Das Projekt Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße wurde Teil von Chinas 13. Fünfjahresplan (2016-2020), der auf der Sitzung des Nationalen Volkskongresses im März 2016 verabschiedet wurde. Das Projekt soll innerhalb von 30 Jahren realisiert werden. Dazu gehören „Sieben Gürtel“: Gürtel für Verkehr, Energie, Handel, Information, Wissenschaft und Technik, Landwirtschaft und Tourismus.
Im März 2015 verkündete der russische Vizepremier Igor Schuwalow beim „Asiatischen Wirtschaftsforum“ Rußlands Entscheidung, sich an der Strategie des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße zu beteiligen: „Der freie Waren- und Kapitalverkehr innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion bringt die europäische und asiatische Wirtschaft zusammen, was sie mit der chinesischen Initiative ,Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße’ gemein hat. Wir in Rußland sind sicher, daß die gemeinsame Arbeit an den beiden Projekten Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße und Eurasische Wirtschaftsunion neue Möglichkeiten für die Entwicklung Chinas und der Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion schaffen kann.“3
Auf dem Territorium der Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion – Rußland, Kasachstan und Weißrußland – könnten sich in der Zone des Verkehrsinfrastrukturbaus (Eisenbahnen und Autobahnen) auf der Strecke Druschba (Dostyk) – Almaty – Orenburg – Kasan – Moskau – Minsk rasch ähnliche wirtschaftliche Wachstumsraten entwickeln wie in den Zonen der Transsibirischen Eisenbahn und der Chinesischen Ostbahn am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie die Erfahrungen aus diesen Projekten (Transsibirische Eisenbahn und Chinas Ostbahn) zeigen, entwickelten sich nach dem Bau sehr langer Eisenbahnenstrecken mit Seeterminals die an die Eisenbahnen angrenzenden Gebiete sehr schnell. So wurden in dieser Zeit beispielsweise der russische Ferne Osten und Ostsibirien auf diese Weise entwickelt, ebenso wie chinesische Gebiete im Nordosten – die Provinzen Heilongjiang, Jilin und Liaoning.
Die Verbindung der beiden Großprojekte hilft auf der einen Seite Rußland und anderen Ländern der Eurasischen Wirtschaftsunion, eine riesige Transitzone für Waren aus Europa nach Asien zu schaffen, um einen Markt für produzierte Waren sowohl in China als auch in asiatischen Ländern zu entwickeln. Andererseits wird China mehr Möglichkeiten zur Erschließung seiner Absatz- und Rohstoffmärkte haben.
Die Verbindung dieser beiden Projekte – Eurasische Wirtschaftsunion und Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße – könnte auch zur Entwicklung der handelspolitischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Ländern der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) beitragen. Die „Nordroute“ des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße führt durch das Gebiet der drei Hauptländer der SCO – Rußland, China und Kasachstan. Nach der Entwicklung des Projekts wird die Route des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße von China über Mittel- und Westasien bis zum Persischen Golf und zum Mittelmeer führen. Dies kann dazu beitragen, nicht nur andere Länder der SCO – Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan -, sondern auch eine Reihe mittel- und westasiatischer Nachbarländer durch eine gegenseitig vorteilhafte Zusammenarbeit in den Bereich dieses Projekts einzubeziehen.
Im Zuge der Entwicklung des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße sollten alle Seiten eine Koordinierung ihrer Entwicklungsstrategien unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Praxis vereinbaren. Die Grundlage für das Projekt ist der Bau, die Entwicklung und die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur auf dem Gebiet des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße, einschließlich der Schnellbahn Moskau-Peking.
Die nächste Phase der Verbindung der beiden Projekte ist der Abbau und schließlich die Beseitigung von Handels- und Investitionsbarrieren zwischen den Mitgliedern des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße. Das ist notwendig, um ihr Handels- und Investitionspotential zu vergrößern, den Kapitalverkehr innerhalb des Wirtschaftssystems zu beschleunigen und die Währungssysteme zu harmonisieren. Es könnte dazu führen, daß sich Mitgliedsländer des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße – weigern, ihre Geschäfte untereinander in Dollar abzurechnen.
Finanzierung
Für die Verknüpfung der beiden Projekte – Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße und Eurasische Wirtschaftsunion – ist es notwendig, die Möglichkeiten neuer Finanzstrukturen zu nutzen: die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) und den Seidenstraßenfonds (SRF). Dies wird dazu beitragen, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu lösen, die mit weiteren Aktivitäten der Zusammenarbeit in Handel und Investitionen verbunden sind, unter anderem die Infrastrukturentwicklung an der Strecke Peking – Almaty – Moskau – Minsk, die Harmonisierung der Währungen der Mitgliedstaaten und die Kooperation bei Investitionen zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion, dem Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit.
Die Erfüllung dieser Aufgabe ist auf der Grundlage der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank mit 100 Mrd. Dollar Anlagevermögen und des Seidenstraßenfonds mit 40 Mrd. Dollar Anlagevermögen durchaus möglich. Dies trägt dazu bei, auf der Grundlage von Chinas Finanzkraft und seiner großen Gold- und Devisenreserven die Entwicklung des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße, einer riesigen Transitzone zwischen der VR China und der Europäischen Union, voranzutreiben.
Im April 2019 fand in Peking das zweite Internationale Forum zur Initiative Ein Gürtel, eine Straße (OBOR) statt. An diesem Forum nahmen etwa 40 Staats- und Regierungschefs von Ländern an der Route Ein Gürtel, eine Straße sowie mehr als tausend Experten und Journalisten teil. Der Präsident der VR China, Xi Jinping, hielt eine Grundsatzrede, mehr als 140 Kooperationsabkommen wurden unterzeichnet. Das Volumen der chinesischen Investitionen in die Projekte entlang der Route der Initiative Ein Gürtel, eine Straße betrug mehr als 80 Mrd. Dollar, und das Volumen der Steuer- und sonstigen Einnahmen überstieg 2 Mrd. US-Dollar.4
Strategische Aufgaben
Heute ist China der optimale ausländische Partner, um Rußlands strategische Aufgabe der Entwicklung Sibiriens und des Fernen Ostens zu lösen.
Erstens kann die Ausrichtung auf den chinesischen Markt helfen, die natürlichen Ressourcen in diesen Gebieten wirtschaftlich effektiv zu erschließen, was große Investitionen und einen langen Zeitraum erfordert.
Zweitens steht die Entwicklung Sibiriens und des Fernen Ostens im Einklang mit den Interessen Chinas, denn sie trägt dazu bei, die Aufgabe der Wiederbelebung der alten industriellen Basis im Nordosten Chinas in den mit Rußland benachbarten Regionen zu lösen und die chinesische Wirtschaft insgesamt mit den notwendigen natürlichen Ressourcen zu versorgen.
Drittens könnte die Entwicklung des chinesisch-russischen Außenhandels Rußlands Wirtschaftsbeziehungen zu Japan und zur Republik Korea anregen. Rußland nimmt in der außenwirtschaftlichen Strategie Pekings einen wichtigen Platz ein als Lieferant von Rohstoffen und Energieressourcen und als Markt für chinesischen Maschinenbau und Elektronik.
China betrachtet Rußland als wichtigen Partner für die Versorgung mit Erdöl und Erdgas. Inzwischen hat Rußland in der Rohölversorgung Chinas Saudi-Arabien, andere arabische Länder und mehrere afrikanische Länder überholt. In Zukunft soll Rußland nach der Inbetriebnahme der Gaspipeline „Kraft Sibiriens“ von der Gaslagerstätte Chayanda zum Nordosten Chinas auch bei der Lieferung von Erdgas nach China eine führende Position einnehmen (Gaspipelinekapazität: 55 Mrd. Kubikmeter pro Jahr).
Heutzutage erfolgt der größte Teil der Erdöl- und Erdgasversorgung der Volksrepublik China aus arabischen Ländern und mehreren afrikanischen Ländern auf dem Seeweg durch die schmale Malakka-Straße in Südostasien, die in Notsituationen blockiert werden könnte. Deshalb ist China an alternativen Wegen für Energieressourcen und andere Warenlieferungen aus Rußland und zentralasiatischen Ländern auf dem Landweg und aus Lateinamerika über den Pazifik interessiert. Um die Energieversorgung aus Venezuela zu sichern, begann China, den Bau eines Kanals vom Atlantik zum Pazifik durch Nikaragua voranzutreiben. Zu diesem Zweck nahm China auch den Hafen Gwadar in Pakistan in Betrieb. Über diese Route ist es mindestens sechs Monate im Jahr möglich, Fracht, einschließlich Erdöl und Erdgas, in Tankwagen über den Kunjirap-Paß zu liefern.
Rußlands Ferner Osten
Der Fernöstliche Föderationskreis nimmt 36% des Territoriums von Rußland ein; er umfaßt nur 5% der Bevölkerung der Russischen Föderation, aber 30% der russischen Kohlereserven, 20% der Erdöl- und Erdgasvorkommen, 25% des Holzes und große Reserven an seltenen und Nichteisenmetallen. Aber die Infrastruktur im Fernen Osten ist unterentwickelt. Es gibt eine einzige Fernstraße, von Irkutsk nach Wladiwostok. Es gibt nur zwei Eisenbahnen – die Transsibirische Eisenbahn und die Baikal-Amur-Magistrale (BAM) -, die aufgrund der wirtschaftlichen Rückständigkeit viel zu wenig ausgelastet sind, obwohl die Regionen große Vorkommen an natürlichen Ressourcen und direkten Zugang zum Tiefwasserhafen Sowgawan haben, dessen natürliche Bedingungen besser sind als beim Tiefwasserhafen San Francisco.
Auch die Schiffahrtsverbindung über den Arktischen Seeweg ist unterentwickelt, lieferte aber früher den größten Teil der sogenannten „Versorgung des Nordens“. Man muß auch den schlechten Ausbau der Stromversorgung, der Telekommunikation, des Bankensystems erwähnen, und bis jetzt gab es keine Öl- und Gasleitungen. Der Ferne Osten und der größte Teil Sibiriens sind vom europäischen Teil Rußlands getrennt. Außerdem sollte man die hohen Transportkosten erwähnen, die die wirtschaftliche Kluft zwischen den Regionen im Fernen Osten und dem europäischen Teil Rußlands vergrößern.
Die Entwicklung Sibiriens und des Fernen Ostens ist heute eines der schwierigsten strategischen Probleme der regionalen Entwicklung in Rußland. Es ist jedoch offensichtlich, daß es für den Aufbau des „Wachstumspols“ des russischen Fernen Ostens und das Bevölkerungswachstum notwendig ist, die gegenseitige Zusammenarbeit mit den Staaten des asiatisch-pazifischen Raums (APR) für die Gründung von Joint Ventures, das Wachstum der Joint Ventures im BIP und das BIP-Wachstum pro Kopf zu entwickeln, um auf dieser Basis die kaufkräftige Nachfrage in der Bevölkerung zu steigern und das Volumen von Einzelhandel und Dienstleistungen zu entwickeln. Diese Ziele kann Rußland nur durch eine aktive regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Einbeziehung Rußlands in die Integrationsprozesse im Rahmen des APR erreichen.
Die Beteiligung des russischen Fernen Ostens und Sibiriens an der OBOR-Initiative ist eine der wichtigsten Formen der interregionalen Zusammenarbeit im asiatisch-pazifischen Raum. Es gibt drei Routen in den Westen: die erste über Kasachstan, das Kaspische Meer, die transkaukasischen Regionen und die Türkei, die zweite über Kasachstan und den europäischen Teil Rußlands, die dritte über Iran und Syrien. Aber es gibt viele Varianten der Seidenstraße, angefangen vom Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße (sichouzhilu oder yidai yilu) und der Seidenstraße (haisilu) bis hin zu verschiedenen See- und Eisenbahnstrecken durch Eurasien. Es gibt drei traditionelle Routen durch den europäischen Teil Rußlands, Kasachstan, die Türkei, den Iran, Georgien und Aserbaidschan und eine zusätzliche Route durch Westsibirien, Ostsibirien und den Fernen Osten. Es ist geplant, zwei transkontinentale Landbrücken – eine nördliche und eine südliche – zwischen Europa und Asien zu bauen, und die Route Jekaterinburg – Nowosibirsk – Krasnojarsk – Irkutsk – Tschita – Chabarowsk – Wladiwostok wird ein wichtiger Teil der nördlichen transkontinentalen Landbrücke werden.5
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben die Autoren des Analyseberichts für den Föderationsrat der Bundesversammlung der Russischen Föderation (Irkutsk, September 2000) vier Hauptstoßrichtungen für die Integration Rußlands in Nordostasien festgelegt:
- Erschließung der Erdöl- und Erdgasressourcen des Fernen Ostens und Sibiriens sowie Bau von Öl- und Gaspipelinenetzen und Stromleitungen, die eine Grundlage für die wirtschaftliche Integration bilden können;
- Nutzung der geographischen Lage Rußlands als Brücke zwischen Europa und Asien;
- Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte für die Entwicklung des Fernen Ostens und Sibiriens;
- Einrichtung von Technologieparks auf der Grundlage des russischen wissenschaftlichen Potentials.6
Die Seehäfen im russischen Fernen Osten
Alle diese Stoßrichtungen der russischen Integration in Nordostasien sind von großer Bedeutung. Aber man sollte besonders auf den Punkt der Nutzung der geographischen Lage Rußlands als Brücke zwischen Europa und Asien achten. Für den regelmäßigen Betrieb der Landbrücke ist es notwendig, auch die Seekomponente zu nutzen – Seehäfen mit einem großen Frachtaufkommen, die Seeschiffe mit einem großen Frachtaufkommen in Containern abfertigen könnten. Mittlerweile gibt es viele Seehäfen im Fernen Osten, aber der größte Teil davon ist im Winter zugefroren. Im Fernen Osten gibt es nur drei Seehäfen – Wladiwostok, Nachodka und Sarubino -, wo die Eisbedingungen günstiger sind.
Man muß die Möglichkeiten dieser drei Seehäfen des Fernen Ostens vergleichen. Der Hafen Nachodka ist ein einfacher Handelshafen im Süden der Region Primorje. Sein größter Nachteil ist die schlechte Verkehrsanbindung, die für den Güterverkehr vom Hafen aus zusätzliche Schwierigkeiten schafft und den Frachtumschlag begrenzt.
Der Hafen Sarubino ist aufgrund seines Klimas und seiner natürlichen Bedingungen besser geeignet, aber die unterentwickelte Infrastruktur in den angrenzenden Gebieten schränkt seine Entwicklungsperspektiven ein. Die Behörden der Provinz Jilin sind geneigt, den Hafen als Zugang zum Meer zu nutzen, aber es gibt viele wirtschaftliche und politische Hindernisse auf dem Weg zur Realisierung.
Die bevorzugte Variante ist die Entwicklung des Hafens Wladiwostok, da seine geographische Lage am vorteilhaftesten ist. Wladiwostok hat im Vergleich zu Nachodka aufgrund der entwickelteren Infrastruktur eine bessere geographische Lage: Es gibt Eisenbahn und Autobahn, Flughafen und eine bessere Anbindung des Verkehrsnetzes im Vergleich zu Nachodka und Sarubino.
Die wirtschaftliche Entwicklung des Fernen Ostens erfordert große Infrastrukturprojekte, für die große Investitionen nötig sind. Staatliche Haushaltsinvestitionen oder ausländische Investitionen im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaftsprogrammen könnten die Hauptfinanzierungsquellen sein. Deshalb können wir die Zusammenarbeit mit den Ländern des Asiatisch-Pazifischen Raums als ein echtes Instrument der komplexen Entwicklung in der regionalen Wirtschaft betrachten.
Es ist wichtig, einige Aspekte des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Rußland und China zu definieren, die besonders großen Einfluß auf den Integrationsprozeß in Nordostasien haben. Das Wachstum des chinesisch-russischen Handels und der gegenseitigen Zusammenarbeit bei Investitionen fördert die wirtschaftliche Entwicklung Chinas und hilft China, auf der Grundlage der russischen natürlichen Ressourcen hohe Wachstumsraten aufrechtzuerhalten. Und die wirtschaftliche Entwicklung des russischen Fernen Ostens und Sibiriens kann durch ein besser ausgebautes Infrastrukturnetz dynamischer werden.
Es gibt vier perspektivische Richtungen der chinesisch-russischen Zusammenarbeit für die Verbindung der beiden Projekte OBOR und EEU: 1. Energieressourcen; 2. Verkehr; 3. Investitionen; 4. Banken.
Das Wachstum der chinesisch-russischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen hängt heute vom Handelsaustausch ab. Für eine bessere Entwicklung des chinesisch-russischen Handels muß man auf die vier oben genannten Stoßrichtungen der chinesisch-russischen Zusammenarbeit achten. Sie könnte zu einem wichtigen Bindeglied für die Entwicklung des Integrationsprozesses in Nordostasien werden und die Kluft zwischen dem Wirtschaftspotential des asiatischen und des europäischen Teils Rußlands verringern. Rußland sollte sich aktiver an der chinesischen Initiative Ein Gürtel, eine Straße beteiligen, um das Ziel der Entwicklung des russischen Fernen Ostens zu erreichen.
Anmerkungen:
- Siehe Совместное заявление РФ и КНР о сотрудничестве по сопряжению строительства ЕАЭС и Экономического пояса Шелкового пути, 8 мая 2015 г. /Экономический пояс Шелкового пути, М., Русский биографический ин-тут, Ин-тут экономических стратегий, („Gemeinsame Erklärung der Russischen Föderation und der Volksrepublik China über die gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verbindung von zwei Projekten – Eurasien Wirtschaftsunion und Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße, 8. Mai 2015 / Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße“), Moskau, Russisches Biographisches Institut, Institut für Wirtschaftsstrategien, 2015. P.22.
- Siehe: Прекрасные перспективы и практические действия по совместному созданию Экономического пояса Шелкового пути и Морского Шелкового пути XXI в. (март 2015 г.) /Экономический пояс Шелкового пути, М., Русский биографический ин-тут, Ин-тут экономических стратегий („Wunderbare Aussichten und praktische Maßnahmen für das zusammenwirkende Bauen von Gürtel der Seidenstraße und Seidenstraße des XXI. Jahrhunderts“), Moskau, Russisches Biographisches Institut, Institut für Wirtschaftsstrategien, 2015. P.30).
- Siehe Ремыга В.Н., Падалко В.И. Новая глобальная стратегия Китая – Экономический пояс Шелкового пути/ Экономический пояс Шелкового пути. М., Русский биографический ин-тут, Ин-тут экономических стратегий (Remyga V.N., Padalko V.I., „Neue globale Strategie Chinas – Der Wirtschaftsgürtel der Seidenstraße“), Moskau, Russisches Biographisches Institut, Institut für Wirtschaftsstrategien, 2015. P.66.
- Siehe Ли Хуэй. Китай предложил миру новый путь (Li Hui, „China hat einen neuen Weg für die Welt vorgeschlagen“), Dykhanie Kitaya, 2019, №4, р.11
- Siehe “Yi Dai Yi Lu. Yellow Book 2014” (One Belt – One Road. Yellow Book 2014), Hg. von Yang Yanhong. Yinchuan, Ningxia renmin chubanshe (Ningxia People’s Publishing House), 2015, pp.42-43.
- Siehe Стратегия развития России в АТР в XXI веке. Аналитический доклад (“Rußlands Entwicklungsstrategie im Asiatisch-Pazifischen Raum im XXI. Jahrhundert“), Moskau, 2000, S.33.
- Die Brücken Italien-Tunesien und Italien-Albanien: die Belt & Road-Korridore verbinden
Prof. Enzo Siviero, Direktor, E-Campus Universität, Italien,
Vizepräsident, Réseau Méditerranéen des Ecoles d’Ingénieurs
Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für diese freundliche Einladung. Dies ist das zweite Mal, daß ich zum Schiller-Institut komme, was mir sehr gut gefällt. Vor einigen Jahren wurde ich von meinem Kollegen Claudio Celani eingeladen. Und ich grüße Helga (Zepp-LaRouche), die ein wundervoller Mensch ist, die sich gerade mit diesen Dingen beschäftigt, weshalb ich sehr stolz bin, dafür hier zu sein.
(Alle Abbildungen von Enzo Siviero)
Abb. 1: Von Afrika ist es über das Mittelmeer nur ein kleiner Sprung nach Europa und Asien.
Ich habe einen Bildvortrag. Beginnen wir mit dieser Idee, daß Europa und Afrika Schwestern sein sollten, Brüder sein sollten. Es gibt eine Brücke, es ist eine flüssige Brücke. Wir haben die Pflicht, diese Brücke zu festigen, denn das Mittelmeer ist ein großer See. Wenn man sich das ansieht, sieht man, daß das, was fehlt, nur ein kleiner Sprung nach Europa und Asien ist (Abbildung 1).
Dies ist eine Erweiterung des Vortrags, den ich vor vier Jahren gehalten habe. Ich werde nicht allzu sehr ins Detail gehen, aber wenn man sich die Korridore ansieht, ist es leicht zu verstehen, daß es unmöglich ist, Afrika zu erreichen, wenn es keine feste Verbindung zwischen Sizilien und Tunesien gibt.
Abb. 2: Tunesien wird Italiens und Europas Tor nach Afrika.
Tunesien wird also Italiens und Europas Tor nach Afrika sein (Abbildung 2). Was Albanien betrifft, so brauchen wir ein Tor von Italien – und Europa – nach Asien, durch Griechenland und vielleicht die Türkei oder nördlich des Schwarzen Meers.
Das ist es, womit man es im Norden zu tun hat. Die Investoren sind sehr gut, sie haben viele fortschrittliche Dinge. Aber der größte Teil der Mittelmeertransporte – sagen wir im Moment ungefähr 2000 Schiffe pro Monat und in einigen Jahren vielleicht 4000 Schiffe pro Monat -, 80 Prozent, gehen nach Norden über Gibraltar. Und das ist Zeitverlust, Geldverschwendung.
Abb. 3: Der große Traum: Kapstadt mit Beijing verbinden.
Lassen Sie uns gemeinsam träumen, denn wenn wir nicht träumen, können wir nicht in die Zukunft blicken; das ist eine sehr wichtige Frage. Man muß sein Herz sprechen lassen und mit seinem Herz diese Hindernisse überwinden.
Mein Traum ist eine Verbindung von Kapstadt bis Peking (Abbildung 3)! Riesig, phantastisch. Aber wie war es mit Leonardo? Was war mit Leonardo vor 500 Jahren? Er träumte visionäre Technik. Ohne Visionen gibt es keine Zukunft!
Und in diesem Sinne hielten wir es für möglich, all dies durch die UNESCO zu verbinden. Die UNESCO ist Kultur: Alle Punkte, die Sie auf der Karte sehen, sind UNESCO-Welterbe-Stätten verschiedener Art. Und das ist ein sehr wichtiger Punkt: In Afrika gibt es viele UNESCO-Stätten. In China gibt es viele UNESCO-Stätten. Und auch in – hm, über Italien spreche ich natürlich nicht, das ist selbstverständlich. Ich bin doch Italiener! (Lachen.) Ich muß wohl nicht erst groß zeigen, was es bei uns alles gibt!
Ich erinnere mich nur daran, daß ich vor 55 Jahren vier Monate in Deutschland verbracht habe (ich war sehr jung, erst 20 Jahre alt, und jetzt bin ich ein Dreivierteljahrhundert, was ein sehr schönes Alter ist). Das ist kein Witz: Als wir hingingen, um einige Ruinen zu sehen, sagte man uns: „Wenn Italiener im Bus sind, bleiben Sie bitte im Bus.“
Und ich schätze das, denn es bedeutet: Wenn man kleine Dinge hat, dann weiß man sie zu schätzen. Wenn man zu viele Dinge hat, wie wir in Italien, dann weiß man sie leider nicht zu schätzen, zumindest tut das die Politik. Wir sehen das in Venedig. Ich war 44 Jahre lang Professor an der Architekturschule in Venedig, und mein Herz ist dort. Aber jetzt bin ich Rektor einer Online-Universität, sie ist universeller; das entspricht mehr der Einstellung des Schiller-Instituts: es ist universell, das ist sehr wichtig.
Lassen Sie mich fortfahren. Die nächste Abbildung führt nach Afrika, und das ist der „Odysseus-Korridor“, wie ich es nenne, weil wir hier die Verbindung zu dem homerischen Mythos haben. Das ist Teil unserer Geschichte, unserer Tradition! Wir sind, weil wir waren; wir werden sein, weil wir sind! Unsere Tradition, unsere Geschichte ist unsere Zukunft. Das dürfen wir nie vergessen!
Und China: Manchmal vergessen wir, daß China eine sehr große Geschichte hat. Wir wissen das natürlich nicht nur dank Marco Polo (ich bin eben Venezianer).
Abb. 4: Lage der Projekte TUNeIT und GRALBeIT zwischen Tunesien, Italien und Albanien.
Sehen Sie, ich nenne das TUNeIT und GRALBeIT (Abbildung 4). Ursprünglich war es ALBeIT – Albanien und Italien. Aber wir dürfen Griechenland nicht vergessen, Griechenland ist Teil unseres Lebens, die Via Egnatia. Deshalb: GRALBeIT – Griechenland, Albanien und Italien.
Ich will nicht sagen, daß Italien das Zentrum sein wird, es ist ein Durchgangsland. Die logistische Situation wird sein, daß es eine Tür von einer Seite zur anderen gibt und man versucht, sich zu verbinden.
Wir haben die Magna Graecia im Süden Italiens. Manchmal sage ich, im Süden Italiens gibt es mehr Griechenland als in Griechenland selbst! Weil es besser erhalten ist. Wir werden so genannt wegen unseres Taormina-Theaters oder Selinunt auf der einen Seite oder den Orten dort, überall in Kalabrien und auch in Apulien. (…)
Die TUNeIT-Messina-Brücke wird in dieser Hinsicht mehr sein als bloß eine Verbindung zwischen Messina und Reggio Calabria. Und dann gibt es den Bosporus. Nun, Sie wissen, daß die Türkei da in den letzten Jahren viel getan hat, aber heute bin ich nicht so sehr überzeugt, daß die Zukunft für sie einfach sein wird.
Abb. 5: Die drei Mittelmeer-Korridore, über Gibraltar, Sizilien und den Suezkanal.
Das sind drei Korridore (Abbildung 5): Sie sehen im mittleren Teil, daß der eine Korridor nach Apulien führt und der andere Teil nach Algier, also wird man beides miteinander verbinden. Und dann der Suezkanal. Wenn Sie den Suezkanal überqueren und weiter nach Osten fahren, kommen Sie nach Israel. Sie kommen nicht darum herum. Ich denke, dort sind eigentlich die wichtigsten Mauern. Baut Brücken und reißt die Mauern nieder! Das ist unsere Hoffnung, und auch der chinesische Kollege hat das gesagt. Aber ich sage, wenn man auf eine Mauer stößt, muß man die Mauer zerstören und aus ihren Steinen gleich eine Brücke bauen. Das ist eine fortschrittliche Idee. (Manchmal versuche ich, ein Dichter zu sein.) [Applaus.]
Abb. 6: Lageplan des TUNeIT-Projektes.
Abb. 7: Querschnitt des TUNeIT-Projektes: Der mittlere Abschnitt soll als Tunnel ausgeführt werden.
Diese Idee, Sizilien und Tunesien zu verbinden, ist aber nicht nur meine Idee. Schon vor 14 Jahren hat die ENEA, ein sehr wichtiges Forschungszentrum, einen Tunnel von einer Seite zur anderen mit vier Zwischeninseln vorgeschlagen (Abbildung 6). Die rote Linie bedeutet, daß dort Schiffe fahren, derzeit 2000 im Monat, in ein paar Jahren 4000. Und warum sollte man nicht mit diesen Zwischeninseln eine Brücke bauen? Schauen wir uns das von der Seite an (Abbildung 7). (Ich bin nun einmal ein „Brückenmensch“, die Leute nennen mich so.) Das ist die ursprüngliche Idee, und dann haben wir sie ein wenig mit einigen künstlichen Inseln geändert. Ist das unmöglich? Doch, es ist möglich! 80% der Investition könnten durch Einnahmen gedeckt werden. Es geht darum, anders zu denken.
Schließlich haben wir aus technischen Gründen beschlossen, einen Teil als Untersee-Tunnels zu bauen. Ich habe keine Zeit, darauf näher einzugehen, aber das wird sehr wichtig sein, genauso wie die Brücke.
Abb. 8: Die kürzeste Verbindung zwischen Italien und Albanien liegt auf der Linie Valona-Otranto.
Ich komme nun zu der Verbindung Valona-Otranto (Abbildung 8). Die Verbindung [Albanien-Italien] könnte auch eine andere Lage haben, aber das ist natürlich der kürzeste Weg, und man muß nach Apulien. Wer Apulien kennt, der weiß, daß es eine der schönsten Regionen ist, die wir in Italien haben, mit Oliven und vielem anderen, Alberobello usw. Und auf der anderen Seite Valona. Jetzt wächst Albanien so stark. Albanien gehört vielleicht mehr zu Europa als andere Länder – warum sollte man Albanien nicht in Europa [die EU] aufnehmen?
Wir sind dafür, aber leider ist nicht ganz Europa überzeugt. Ähnlich ist es auch bei der Seidenstraße! Ich kann nicht glauben, wie die Beziehungen der Europäischen Union zu China sind. Ich denke, Brücken sollten vor allem menschliche Brücken sein, politische Brücken, von einem Herzen zum anderen. Und lächeln! Lächeln ist die Tür zum Glück. Wenn man jemanden trifft und lächelt, ist sein Herz offen; die Sonne geht auf, es wird wärmer und sie bildet eine Brücke aus Blumen. Das ist mein Punkt – eine Brücke aus Blumen! [Applaus.]
Nur um zu zeigen, daß es möglich ist, solche Dinge zu tun. Anstatt an die nächste Wahl zu denken, denkt bitte ein wenig weiter! Im Jahr 1960 gründeten wir Europa, mit einer anderen Mentalität. Heute geht es Europa schlechter, es ist voller Mauern. Warum? Weil jeder an seine Besonderheit denkt, dabei kann man nur verlieren. Alle verlieren.
Das ist der Grund, warum ich das Schiller-Institut so mag, weil es den Geist öffnet. Sie versuchen, verstehen zu helfen, daß es über deine besondere Sache hinaus eine große Zukunft gibt, für alle! Das Problem der Migranten kann nicht mit Kriegen gelöst werden, es kann auch nicht einfach dadurch gelöst werden, daß man jemanden bezahlt, damit er nicht kommt. Wir müssen über die gesamte globale Lösung nachdenken. Und vielleicht kann auch diese Hypothese helfen. Sie könnte helfen, weil Tausende und Abertausende von Menschen daran arbeiten können, und das kann sie verbinden.
Abb. 9: Querschnitt des GRALBeIT-Projektes. Die größte Schwierigkeit ist, daß das Adriatische Meer hier mehr als 800 m tief ist.
Schauen Sie sich das hier nicht zu genau an (Abbildung 9). Das große Problem ist, daß wir hier eine Tiefe von 800 Metern haben, was sehr schwierig ist. Aber wenn etwas unmöglich ist, gefällt mir das! Manchmal erinnere ich mich daran, daß ich ursprünglich Ingenieur bin. Damals lehrte ich die Architekten Brückenbau. So wurde ich Architekt honoris causa wegen meiner Brücken, weil ich ein Brückenbauer bin. Alle meine Brücken sind sehr schön, nicht unbedingt groß, aber sehr schön – hauptsächlich menschliche Brücken.
Abb. 10: Die elliptische Form des menschlichen Auges lieferte die Inspiration für einen elliptischen Querschnitt des Tunnelprojektes.
Lassen Sie uns sehen, was die Idee war, ganz kurz. Ich mag nämlich Poesie, poetische Gedanken. Ist das ein Auge? Es ist mehr! Was Sie im Inneren sehen, ist ein Auge. Was sehen Sie an dieser Farbe? Machen Sie sich keine Gedanken darüber, daß diese Dame vielleicht aus dem Mittleren Osten kommt. Vielleicht ist sie muslimisch. Islam ist der dritte Schritt des Monotheismus; der erste ist das Judentum, der zweite das Christentum und der dritte der Islam. Warum denken sie nicht gemeinsam? Es ist schwierig, das verstehe ich. Aber die Inspiration dieser Augen ist diese: da ist eine Ellipse, und von der Ellipse kommen wir zu diesem Querschnitt (Abbildungen 10a, 10b). Es ist eine Erfindung, aber wir müssen die Aufmerksamkeit der Menschen auf uns ziehen. Wir müssen sie davon überzeugen, daß es möglich ist, zu denken und zu träumen.
Lassen Sie uns weitermachen. Ich werde nicht zu sehr ins Detail gehen, aber glücklicherweise habe ich eine sehr feste Grundlage, denn ich bin Ingenieur – ein „transgener“ Ingenieur, vielleicht verstehen Sie, daß ich mehr bin als ein Ingenieur, sozusagen ein Organismus, der genetisch verändert ist. [Lachen.] Aber ich mag diese Idee sehr. Und es gibt Sicherheitsfragen und andere Dinge, denn in dieser Tiefe zu arbeiten ist nicht so einfach.
Abb. 11: Seitenansicht und Querschnitt der Messinabrücke.
Lassen Sie uns mit der Messina-Brücke abschließen (Abbildungen 11a, 11b), die ist mein Traum, die zu einem Alptraum geworden ist. Aus politischen Gründen wurde entschieden, den Vertrag zu kündigen! Das hat es noch nie in der Geschichte gegeben, wann immer Menschen da waren, die ihr Gehirn benutzen. Es war allein aus politischen Gründen! Die Sache war fantastisch, aber sie haben es abgesagt.
Und meine Idee ist diese – wieder einmal ein Traum: Warum bauen wir nicht 400 Meter hohe Wolkenkratzer als Brückenturm – Scylla und Charybdis, die Lampe des Mittelmeers – und denken dabei, daß Kalabrien und Sizilien so verbunden werden könnten, wie es mit Odysseus und Äneas der Fall war.
Ich möchte zum Schluß kommen. Warum sollte man nicht an eine Mittelmeer-Währung denken – „Med Coin“? Es gab dafür schon einmal Statuten, vielleicht kann man daran anknüpfen. Ich weiß, daß das jetzt noch ein Traum ist, aber inspiriert von den Ideen Lyndon LaRouches, erkenne ich wirklich, daß es nicht unmöglich ist.
Wie übersetzt man Brücken? Hier sind einige, von der UNESCO. Ich möchte Ihnen zeigen, daß die Brücke auf Chinesisch (qiáo) ciao ausgesprochen wird. „Ciao“ ist universell, wie Pizza und Spaghetti, denke ich, wie „arrivederci“ usw.
Und zum Abschluß: Ich hatte mit dieser Brücke am Goldenen Horn zu tun, ich habe sie gerettet, denn die UNESCO wollte diese Brücke nicht. So löste ich das Problem und konnte zeigen, daß die Menschen einen Blick auf die historische Halbinsel von Istanbul, Konstantinopel und Byzanz werfen und so mit der Tradition interagieren können. Man muß diese Dinge leben! Dies ist ein Foto, das ein Kollege von mir aufgenommen hat. Ich war als Architekt an der Galata-Brücke [in Istanbul], und ich sagte: Gib mir einen festen Punkt und ich werde das Unmögliche tun.
Das ist mein Traum, den ich mit Ihnen teilen möchte. Ich danke Ihnen vielmals.
- Die Beziehungen zwischen Griechenland und China und “Gürtel und Straße“ entwickeln
Leonidas Chrysanthopoulos, Botschafter ad honorem, Griechenland, ehem. Generalsekretär der Organisation für die Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation
Dies ist unsere erste Jahreskonferenz ohne Lyndon LaRouche. Wir vermissen ihn, doch sein Geist ist bei uns.
Von all seinen zahlreichen, inspirierenden Schriften beeindruckten mich am meisten seine Kenntnisse des klassischen griechischen Denkens in Philosophie und Tragödie und seine Anstrengungen, diese als Grundlage für die Lösung der heutigen Probleme der Menschheit zu nutzen. Gestatten Sie mir, seine „drei Sichtweisen des Prometheus“ zu zitieren, die aus dem 1999 veröffentlichten Artikel „Prometheus und Europa“ stammen:
„Die verschiedenen, halbwegs gut informierten, aber sich widersprechenden Einschätzungen des klassisch griechischen Bildes der Prometheus-Gestalt lassen sich unter drei moralischen Klassifizierungen einordnen. Das wiederum führt uns zu einem noch grundlegenderen Gedanken, der große Bedeutung für das Verständnis der heutigen Krise der weltweit verbreiteten europäischen Zivilisation hat…
Die erste der drei entgegengesetzten Sichtweisen des Prometheus ist eine moralisch abstoßende… Sinngemäß zusammengefaßt wird Prometheus hier entweder des Verbrechens der Hybris gegen alle heidnischen Götter schuldig gesprochen oder als tragische Gestalt gesehen, die Opfer ihres eigenen Irrtums wird, taktisch unbesonnen die ,Clubregeln‘ des oligarchischen Spiels zu brechen.
Die zweite Auffassung von Prometheus … ist die einer vielleicht tragischen Gestalt, die zornig die Faust ballt und damit einen vermeintlich noblen Geist der Revolte der Bedrückten gegen die bösartigen Götter zum Ausdruck bringt…
Die dritte Sichtweise, die in Aischylos’ Der gefesselte Prometheus eingeführt wird, macht nicht den Helden Prometheus, sondern den Tyrannen Zeus zur tragischen Gestalt des Dramas. Zeus ist der Tyrann und betrügerische Richter, dessen abscheuliche Mißachtung des unsterblichen Prometheus nicht nur Zeus selbst, sondern allen Göttern des Olymp den Untergang brachte…
Da uns die beiden verloren gegangenen Teile der Trilogie fehlen, müssen wir anderen Anhaltspunkten größere Bedeutung zumessen, wenn wir der Bedeutung der anhaltenden tiefen Beziehung zwischen dem Prometheus-Bild und der politischen Geschichte der europäischen Zivilisation nachgehen.“
Solcherart war Lyndons Weisheit. Auch für seine positiven Erklärungen zum griechischen Schuldenproblem stehen wir in Lyndons Schuld. Sie machten meinen Landsleuten Mut, wie ich ihm in unseren Gesprächen berichtete.
Die Lage in Griechenland
Die Maritime Seidenstraße, die China mit Europa verbindet, betrifft auch Griechenland. Doch bevor ich die Details der griechischen Rolle erörtere, soll die gegenwärtige Wirtschaftslage des Landes dargestellt werden. Nach zehn Jahren durch die EU und die internationalen Gläubiger auferlegter Austerität bleibt Griechenland weiterhin in einer wirtschaftlich katastrophalen Lage, trotz aller positiven Rederei und Zahlen über Wachstumsraten etc., die von der EU kommen. Das wesentliche ist, daß diese positiven Zahlen keine Realität geworden sind, sie erreichen die Bevölkerung nicht, während Griechenland seine Souveränität verloren hat und seine Wirtschaftspolitik in den nächsten hundert Jahren in Brüssel entschieden wird. Die öffentliche Verschuldung in Prozenten des Bruttoinlandsprodukts hat von 124% im Jahr 2010 auf 185% zugenommen und steigt weiter. Die Renten sind nach ihrer Absenkung um 60% nicht wieder angehoben worden, und das Gesundheitswesen bleibt am Boden, während die Überbesteuerung bleibt. Die Sterberate steigt weiter. 2013 gab es 70.830 Sterbefälle, bis 2017 stieg dies auf 124.000. Die Selbstmordrate ist um 45% gestiegen. Für das griechische Volk ist kein Ende der Krise in Sicht, die ihm durch die falsche Politik der EU und des IWF aufgezwungen wird.
Griechenland befindet sich unter der wirtschaftlichen Besatzung Deutschlands und der EU, gleichzeitig wurden vor kurzem mehrere Abkommen mit den USA unterzeichnet, wobei am wichtigsten das auf den neusten Stand gebrachte Mutual Defense Cooperation Agreement ist, das im letzten Monat in Athen unterzeichnet wurde. Dadurch können die beiden Länder ihre bilateralen militärischen Aktivitäten an den Stützpunkten Larissa, Stefanovikio und Alexandroupoli ausweiten und eine gesteigerte Aktivität der Marinebasis Souda Bay auf Kreta auf Dauer fortsetzen. Dieses Abkommen ist bei der griechischen Bevölkerung nicht sehr populär, weil sie keinen Feind sieht. Für die USA wird Griechenland dadurch zu einem weiteren US-Militärstützpunkt, der ihnen eine bessere Kontrolle der Region des östlichen Mittelmeers und des Nahen Ostens erlaubt.
Um seine Außenpolitik klarer von der deutschen und US-Politik abzuheben, entschloß sich Griechenland, seine Beziehungen zu Rußland zu verbessern. Dem diente der offizielle Besuch des griechischen Außenministers in Moskau am 6. November. Im Sommer des vergangenen Jahres, als Diplomaten in Athen und Moskau ausgewiesen wurden, hatten die Beziehungen zwischen beiden Ländern einen Tiefstand erreicht. Griechenland hatte mit den Ausweisungen angefangen. Der Grund dafür war, daß Moskau Gelder an griechische Organisationen gegeben hatte, die gegen das bilaterale Abkommen zwischen Athen und Skopje [Nordmazedonien] waren, eine Begründung, die viele als lächerlich betrachteten. Der Besuch zeigte positive Resultate, die Beziehungen verbesserten sich und ein Beratungsprotokoll für die Zeit 2020-22 wurde unterzeichnet. Griechenland wird sich auch dafür einsetzen, die Beziehungen zwischen Rußland und der EU zu verbessern.
Gürtel und Straße
Die Verbesserung der Beziehungen zu China ist schon seit 2005, noch vor der Zeit des wirtschaftlichen Zusammenbruchs, Teil der griechischen Außenpolitik. Verhandlungen resultierten im November 2008 in einem Vertrag zwischen der chinesischen COSCO und der Hafenbehörde von Piräus (PPA), der COSCO für 35 Jahre das Nutzungsrecht für zwei Kais gibt. 2016 verkaufte die griechische Regierung 51% ihrer Anteile an der PPA an COSCO, damit wurde das chinesische Unternehmen Eigner und Betreiber von allen drei Kais des Containerterminals, ebenso des Fährhafens, des Hafens für Kreuzfahrtschiffe, des Auto-Terminals und der Anlagen für Schiffsreparaturen. COSCO schaffte es, den jährlichen Containerumschlag von 685.000 20-Fuß-Standardcontainer (TEU) im Jahr 2015 auf 5 Millionen im letzten Jahr zu erhöhen. Die Aktivitäten von COSCO in Piräus bilden bis heute die wichtigsten Aktivitäten von Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative in Europa.
Im März 2017 wurde Griechenland die zukünftige Mitgliedschaft in der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) in Aussicht gestellt, im August dieses Jahres wurde es außerregionales Vollmitglied. Die Bank befaßt sich mit dem Infrastrukturbedarf in Asien. Im April dieses Jahres wurde Griechenland Mitglied der Kooperationsinitiative zwischen China und den mittel- und osteuropäischen Ländern. Das ist eine Initiative, die 2012 in Budapest gegründet wurde und die auf die Zusammenarbeit zwischen den 17+1 Ländern sowie die Förderung von „Gürtel und Straße“ abzielt. 18 Mitglieder der EU nehmen teil.
Die Europäische Kommission und andere Länder des harten Kerns der EU sind dieser Initiative gegenüber nicht wohlgesinnt, genauso wenig wie gegenüber dem chinesischen Einfluß in Griechenland. Das zeigt sich auch an der unkoordinierten Politik der EU. Man sollte sich daran erinnern, daß bei den Verhandlungen zwischen Griechenland und der Troika zur Lösung der griechischen Schuldenkrise in der ersten Jahreshälfte 2015 Berlin in Peking intervenierte und es davon abbrachte, griechische Staatsanleihen in Höhe von 1,4 Mrd. € zu kaufen, was wahrscheinlich viele Aspekte gelöst hätten. 2017 blockierte Griechenland mit seinem Veto eine Verurteilung Chinas wegen Menschenrechtsfragen.
Auch die USA wollen keine engeren Beziehungen Griechenlands zu China. Außenminister Pompeo sagte während seines Besuchs in Athen im Oktober: „Ich meldete unsere Besorgnis bezüglich chinesischer Investitionen in Technik und Infrastruktur an“, und er kritisierte China, es nutze angeblich wirtschaftliche Druckmittel, um Länder in unfaire Vereinbarungen zu zwingen, die für Peking von Nutzen sind und dessen Kunden im Schuldensumpf zurücklassen.
Unbeeindruckt vom Druck der USA fuhr Griechenland mit der Sicherung seiner nationalen Interessen fort und erweiterte seine Angebote für Investitionen. Der griechische Ministerpräsident nahm an der chinesischen Internationalen Importausstellung in Shanghai zu Beginn des Monats teil, worauf unmittelbar der Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten in Griechenland folgte. Der Besuch war hoch erfolgreich. 16 Abkommen wurden unterzeichnet, dazu eine gemeinsame Erklärung, wo es in Absatz 9 heißt: „Beide Seiten werden die Absichtserklärung für die Zusammenarbeit im Rahmen des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße und der Maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts umsetzen. Dazu dienen Projekte wie der Hafen von Piräus und die Verwirklichung der Pläne für die Zusammenarbeit 2020-2022 in Schlüsselbereichen… Beide Seiten werden die Zusammenarbeit im Zollwesen zur Vereinfachung und Sicherheit des Handels stärken, sowohl bilateral als auch im Rahmen der Land-See-Expresslinie China-Europa.“ Der chinesische Präsident unterstrich in Stellungnahmen, daß China und Griechenland einander bei der Entwicklung von „Gürtel und Straße“ als natürliche Verbündete sehen.
China nimmt auch an der griechischen Initiative „Forum antiker Kulturen“ teil, das im April 2017 in Athen feierlich eröffnet wurde und das die Kenntnis und die antiken Kulturen der Zivilisationen entlang „Gürtel und Straße“ voranbringt.
Abschließend ist zu sagen, daß die Verwirklichung und die Weiterverfolgung der von beiden Seiten unterzeichneten Abkommen entscheidend dafür sein wird, wieviel Investitionen Griechenland und seine Menschen erreichen werden, und ob Piräus vom fünftgrößten Containerhafen Europas zum größten aufsteigen kann. Auf jeden Fall ist Griechenlands wichtige Rolle bei der Entwicklung von „Gürtel und Straße“ garantiert.
- Pragmatismus gegen Ideologien
Alain Corvez, Oberst a.D., Berater für internationale strategische Fragen
Das damals so genannte „Gleichgewicht des Schreckens“ während der Zeit der Konfrontation zwischen den beiden antagonistischen Ideologien des von den USA unterstützten „Laissez-faire“-Kapitalismus auf der einen Seite und des von der Sowjetunion getragenen kommunistischen Kollektivismus auf der anderen Seite kollabierte mit der Auflösung eines der Protagonisten dieses instabilen Gleichgewichts – ein Gleichgewicht, das vorschrieb, daß sich die beiden Imperialismen nicht direkt gegenüberträten, aus Angst vor der gegenseitigen Zerstörung, die die Atombombe unweigerlich hervorrufen würde.
Die kapitalistische Ideologie, die ebenso materialistisch und imperialistisch war wie ihr kommunistischer Gegner, d.h. jeglichen Gefühls für Geistigkeit und Erhabenheit oder auch nur grundlegenden Humanismus beraubt, war überzeugt, eine universelle Mission zu haben, welche die Vereinigten Staaten als „die unentbehrliche Nation“, als „neues Jerusalem oder Rom“ für das Wohl der Menschheit zu vollbringen habe.
Diese Mission wurde zu einem brutalen Imperialismus, der die Welt durch Kriege zerstörte, die angeblich auf den besten Prinzipien beruhten und im wesentlichen im „komplizierten“ Osten stattfanden, wo Millionen von Leben und Besitztümern zerstört wurden.
Dieser Imperialismus traf zunehmend auf heftigen, immer wirksameren Widerstand, der den neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten zu der logischen Schlußfolgerung brachte, daß es künftig im Interesse der USA sei, diese „endlosen Kriege“ zu beenden.
Allerdings prallte sein Pragmatismus des Geschäftsmanns mit der Ideologie der amerikanischen Schattenregierung (Deep State) zusammen, die nicht beabsichtigt, die Vormachtstellung des US-Dollars und der amerikanischen Normen aufzugeben – eine Weigerung, aus der ihre hartnäckigen, arglistigen Versuche hervorgingen, den Präsidenten der Vereinigten Staaten wegen angeblicher geheimer Absprachen mit Rußland und jetzt für das, was er angeblich in der Ukraine tat, des Amtes zu entheben.
Wir wollen hoffen, daß diese hartnäckigen Versuche, mit der sich die Weltmacht Nummer eins lächerlich macht, nicht noch radikaler werden, um der Menschheit und um der Vereinigten Staaten willen, in deren Regieren katastrophale Störungen zutage treten, die Folgen hat für eine Welt, die über die Inkohärenz der amerikanischen Exekutive entsetzt ist.
Und so übernimmt der Realismus der aufkommenden oder wieder aufkommenden Mächte Rußland, China, Indien, Pakistan, Afrika und Lateinamerika die Führung. Sie verteidigen ihre Interessen und organisieren sich in politischen, wirtschaftlichen und sogar strategischen Organisationen wie BRICS oder der SCO (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit), welche die Welt verpflichten, die reine Ideologie aufzugeben und zum Pragmatismus der Nationen des Westfälischen Friedens zurückzukehren, die sich gegen die Imperien stellen und ihre pragmatischen Interessen verteidigen, während sie gleichzeitig die der anderen verstehen und respektieren.
Für Europa wäre es weise, sich von diesem Realismus inspirieren zu lassen und eine einengende und lähmende Ideologie aufzugeben, die es ohnmächtig und unfähig macht, in allen größeren Krise eine Rolle zu spielen oder auch nur seine eigenen Interessen zu verteidigen. Europas Unfähigkeit, den USA im Iran entgegenzutreten, ist ein trauriges Beispiel dafür, seine Unterwerfung unter das Kommando und die Normen der USA innerhalb der NATO ein weiteres.
Donald Trump, der Anti-Ideologe
Donald Trumps jüngste Rede vor der UN-Vollversammlung ist in dieser Hinsicht äußerst bedeutsam, weil er die verschiedenen Formen von Patriotismus und Souveränitätsstreben, die rund um den Globus Aufsehen machen, verteidigte und hinzufügte, ihnen gehöre die Zukunft. Diese Erklärung für den Patriotismus auf der Welt fand so gut wie keine Erwähnung in den französischen Medien, die unter der Kontrolle der Finanzoligarchie stehen, die gegen diese Sichtweise ist. Dahingegen zeigt sich, daß Donald Trump die Botschaft der „Gelbwesten“ und anderer, die anderswo der gleichen Linie folgen, verstanden hat, besonders derjenigen, die ihn wählten. Insofern war seine Intervention entscheidend.
Das syrische Beispiel
Der syrische Präsident Baschar al-Assad hatte nicht unrecht, als er einen ausgezeichneten Vortrag über Geopolitik vor einer internationalen Delegation von Gewerkschaftern hielt, die am 10. September nach Syrien gekommen waren, um ihrer Unterstützung für die syrischen Arbeitnehmer Ausdruck zu verleihen.
Die syrische Krise, sagte er, mobilisiere alle Elemente des weltweiten Widerstands freier und souveräner Völker gegen die von der Wall Street und der Londoner City angeführte Finanzwelt, während Europa keinen Weg finde, sich von deren Bevormundung zu emanzipieren und seine Grundlagen völlig neu zu ordnen. Als Beispiel erwähnte Assad den französischen Präsidenten Macron, der von dieser Oligarchie an die Macht gebracht worden war und der die traditionellen Parteien abschaffte. Dieser Oligarchie könne er nur mit Worten entgegentreten, doch letztendlich verstehe er, daß die Kräfte, die ihn an die Macht brachten, kurz vor dem Ruin stehen.
Der allgemeine Aufschrei in der ganzen Welt sei die Revolte der Menschen gegen die Finanzoligarchie, die die unteren und Mittelklassen in Europa, die Gelbwesten in Frankreich und andere rund um den Globus, jüngst im Libanon, auspreßt.
Die Arbeitnehmer aller Länder seien das Blut der Nationen, sagte Baschar, und in Syrien habe man trotz des Krieges die sozialen Dienste aufrechterhalten und die Arbeitnehmer nähmen an den politischen Beratungen und der Verwaltung ihrer Angelegenheiten teil.
Die Weltkarte zeigt den Krieg zwischen dem finanziellen Reichtum in den Händen einer winzigen Minderheit, die immer reicher wird, und der großen Mehrheit der Besitzlosen. Die Militärbasen der USA verzweigen sich über den Planeten, um die Vorherrschaft des Dollars zu verteidigen, wogegen Nationen wie Rußland und China sich erheben. Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Konflikt in Syrien und dem im Südchinesischen Meer, was Peking voll und ganz bewußt ist.
Das chinesische Seidenstraßenprojekt
Die chinesische Initiative der Neuen Seidenstraße, auch als Ein Gürtel, eine Straße (OBOR) bezeichnet, operiert unter der Perspektive, die Konflikte zu beenden, die aus gegenteiligen Interessen entstehen, und damit auch die Kriege. Das Ziel ist der Bau von Infrastruktur zu Land und zu Wasser und damit die Schaffung von Synergien zwischen den lückenhaften Kapazitäten von Nationen in Bezug auf natürliche Ressourcen und Finanzmittel, durch die Unterzeichnung von Abkommen, bei denen jedes Land seine Interessen wiedererkennt – „Win-Win“: jedes Land bekommt eine Rendite im Verhältnis zur getätigten Investition. Das betrifft alle Bereiche menschlicher Aktivität, besonders in der wissenschaftlichen Forschung, die es dem Menschen gestatten sollte, die unverzichtbaren Technologien zu entwickeln, die für die menschliche Entwicklung auf Erden, in den Ozeanen und im Weltraum erforderlich sind.
Lyndon LaRouche, der Wegbereiter
Sein humanistischer und erfindungsreicher Geist brachte den Amerikaner Lyndon LaRouche 1975 dazu, ein Projekt mit der Bezeichnung „Oasenplan“ vorzuschlagen, einen Plan zur Nutzung und Ausweitung der Wasserressourcen des Nahen Ostens, mit großem Nutzen für Ägypten wie auch Jordanien und Syrien, den Libanon, Palästina und Israel. Die beiden letzteren, durch ihre geographische Nachbarschaft harmonisch vereint, sollten die Wasserressourcen der Region für große Projekte zur Verbindung der Wasserwirtschaft zwischen Totem Meer, Rotem Meer und Mittelmeer mobilisieren. Zusätzliche, neue Ressourcen sollten durch den Bau von nuklearen Wasserentsalzungsanlagen geschaffen werden, die man auf beiden Seiten errichten würde und deren Frischwasser sich alle Seiten teilen würden. Dieses Projekt, das der ganzen Region zu Nutzen gekommen wäre und eine der Konfliktursachen beseitigt hätte, wurde von den Kräften in den USA und in Israel, die gegen Frieden waren, verunglimpft und schließlich verworfen.
Realismus gegen Ideologie
Wie General De Gaulle in seiner Ansprache an der Universität von Mexiko 1966 sagte, liegt die Zukunft der Welt, wenn sie sich nicht in einem schrecklichen nuklearen Holocaust selbst zerstört, dort, wo der Schutz des Menschen der Endzweck ist, und das bedeutet die Zusammenarbeit zwischen den Nationen und Hilfe der Stärksten für die Schwächsten. Ich zitiere:
„Wahrlich, jenseits der Entfernungen, die schrumpfen, jenseits der Ideologien, die schwächer werden, und der politischen Systeme, die an Kraft verlieren, ist – wenn die Menschheit sich nicht eines Tages in einer ungeheuren Selbstzerstörung vernichtet – die Einheit des Universums die Wahrheit, die die Zukunft beherrschen wird. Eine Sache, die des Menschen; eine Notwendigkeit, die des weltweiten Fortschritts und deshalb der Hilfe für jene Länder, die sich entwickeln wollen; eine Pflicht, die des Friedens – diese bilden die eigentliche Grundlage für die Existenz unserer Gattung.“
Panel 2
Die fundamentalen wissenschaftlichen Fragen der Zukunft
und die Neue Raumfahrt-Seidenstraße
- Kann Europa eine Rolle in der Wissenschaft spielen?
Jacques Cheminade, Präsident von Solidarité et Progrès, ehemaliger Präsidentschaftskandidat in Frankreich
Kann Europa eine Schlüsselrolle in der Wissenschaft spielen? Diese Frage zu beantworten, ist eine große Herausforderung und sollte uns alle angehen. Sie erfordert eine höhere Einsicht und Klarheit, denn der politische Wind hat zu lange in die falsche Richtung geblasen. Die Europäische Union hat die Idee von Europa verraten und ihren historischen Impuls für Kreativität unterdrückt. Den europäischen Bürgern wurde die Möglichkeit genommen, gültige kreative Entdeckungen zu machen, die die befriedigendste, aufregendste und menschlichste Freude darstellen.
Auf die gleiche Weise werden die europäischen Bürger daran gehindert, für den „Vorteil des anderen“ einzutreten, was das im Westfälischen Frieden begründete Grundprinzip der europäischen Nationalstaaten ist. Wir haben uns dem Egoismus hingegeben, die Gier der Märkte und die Bilder der Medien haben uns verroht. Im Vergleich zu dem, was in der Außenwelt geschieht – dem Win-Win-Konzept der Neuen Seidenstraßen, dem fortwährenden Aufstand vieler Länder gegen ihre Ausbeutung, ihre Ausgrenzung und gegen ihre gescheiterten Regierungen – befinden wir uns hier im Tal der Ahnungslosen und können uns nicht mit der Entschuldigung einer militärischen Besetzung herausreden, wie sie die Ostdeutschen vor dem Fall der Berliner Mauer hatten. Die Mauer des Westens bröckelt, unsere sogenannte Führung ist blind und macht die meisten von uns blind.
Ich will Sie deshalb in meiner Rede auf eine Reise außerhalb des Tals der Ahnungslosen mitnehmen, in dem eine mutierte Form des Britischen Empire herrscht, und Sie in eine Zukunft führen, in der unser Auftrag darin besteht, darüber hinauszuwachsen. Der historische Feind des Empire, Lyndon LaRouche, wird uns bei dieser wissenschaftlichen Herausforderung zur Rückgewinnung Europas leiten, damit es wieder eine Rolle in der Wissenschaft spielen kann.
Kann Europa das? In seiner jetzigen Form, unter der Europäischen Zentralbank von Christine Lagarde und ihren Hintermännern von der Londoner City, ist meine Antwort darauf so negativ wie die Zinssätze, zu deren weiterer Durchsetzung Lagarde angetreten ist. Dennoch ist klar, daß wir, von Lyndon LaRouches Optimismus inspiriert, der Welt das bringen können, was sie von uns verlangt – vorausgesetzt, wir ändern unser Denken und öffnen unsere Augen. Nicht nur um unserer selbst willen, sondern weil die Völker der Welt um Rußland, China, die Vereinigten Staaten und China herum uns brauchen, um die gemeinsame Zukunft zu gestalten.
Wir müssen unseren Irrglauben von „einem unabhängigen Europa gegen alle“ – die koloniale Wahnvorstellung des Teile und Herrsche – aus dem Fenster werfen. Stattdessen müssen wir das beste aus unserer Kultur als Katalysator für die kommende Welt einbringen. Der fortwährende Aufstand vieler Länder in der Welt fordert Gerechtigkeit und gegenseitige Entwicklung, doch, wie Rosa Luxemburg zu ihrer Zeit sagte, kann ein Massenstreikferment allein noch keine Vision und kein klares Projekt für die Zukunft hervorbringen. Dazu brauchen die Menschen diejenigen unter uns, die ihnen dabei helfen können, den Weg zu finden, und den Marsch anführen.
Aus diesem Grund ist die Frage der Wissenschaft so wichtig. Der wahre Wissenschaftler steht im Einklang mit den Anstößen eines Massenstreikferments, das danach strebt, über die geltenden Spielregeln hinauszugehen; der wahre Wissenschaftler erforscht, entdeckt und inspiriert Menschen jenseits der bestehenden Logik. Unsere Aufgabe besteht darin, unser Denken in den Geist jener einzubringen, die über eine solche Fähigkeit der Veränderung verfügen, um das soziale Umfeld zu gestalten, das notwendig ist, um unsere Feinde zu überwinden. Wenn wir unseren Feinden die Kontrolle über die Kultur überlassen, sind wir zum Scheitern verurteilt. Deshalb müssen wir Europäer eine neue Mannigfaltigkeit für unsere Nationen definieren und uns von unserer „willigen Knechtschaft“ gegenüber der Oligarchie befreien, die unser Verhalten kontrolliert.
Der „entwendete Brief“ der wahren Wissenschaft
Es stellt sich eine sehr konkrete Aufgabe: Wir müssen aufhören, pragmatisch zu sein. Um das zu tun, müssen wir zuerst verstehen, was wahre Wissenschaft, wahre Kreativität ist. Das ist wie der „Entwendete Brief“ Europas: Der Brief befindet sich mitten im Raum, es ist der historische Beitrag unserer Wissenschaftler, aber wir können ihn nicht sehen. Wir sind genauso blind geworden wie der Pariser Polizeipräfekt in der Geschichte Edgar Allan Poes.
Was an unseren Schulen und Universitäten oder sogar im französischen Elite-Bildungssystem gelehrt wird, kann nützlich sein, um sich in einer vordefinierten Welt zurechtzufinden: aber das ist Fake-Wissenschaft. Als ich Anfang dreißig war, empfand ich sehr starke Zweifel an der Qualität dessen, was man mir in diesen Schulen vorgesetzt hatte. LaRouche forderte dann meinen Verstand mit seinen Ideen heraus und bestätigte diese Zweifel. Um eine Rolle in der Wissenschaft zu spielen, muß man zuerst verstehen, was Wissenschaft ist! Manchmal muß man danach, wie ein muslimisches Sprichwort sagt, an so entfernten Orten wie China suchen.
Beginnen wir unsere Reise an diesem Ausgangspunkt. Sébastien Drochon, Megan Beets und Jason Ross werden uns später auf unserer Reise begleiten. Wissenschaft ist keine Statistik, die vergangene Trends widerspiegelt, sondern Neuerschaffung, um die Zukunft zu meistern. Die Gesetze des Universums liegen nicht im Bereich der Sinneswahrnehmungen als solchen, sondern liegen in der Fähigkeit des Menschen, das eigene Verhalten so zu verändern, daß der Mensch seine Macht über das Universum gezielt steigert.
Wie Lyndon LaRouche schrieb:
„Der Schlüssel zur relativen Einzigartigkeit meiner eigenen Entdeckungen ist … die Ablehnung der engstirnigen Sicht von ,Physik’, wie sie gewöhnlich im 20. Jahrhundert definiert wurde. Stattdessen müssen wir uns auf den Standpunkt der Metapher in den klassischen Kunstformen von Poesie, Drama, musikalischer Polyphonie und bildender Kunst stellen…“
Ein intuitives Verständnis dieser Aussage gewinnt man durch einen Blick auf Leonardo da Vincis Gemälde und in seine Notizbücher, wo auf denselben Seiten musikalische Forschungen, verschiedene Zeichnungen und Entdeckungen von Prinzipien, u.a. des Prinzips einer funktionierenden Dampfmaschine, erscheinen!
Vasari berichtet auch, daß Leonardo Musiker und Sänger einlud, als er die Mona Lisa malte, um sich geistig ganz auf seine Kreativität konzentrieren zu können. Und in einem von Leonardos vielen Zitaten, in denen er die verschiedenen Künste vergleicht, was später als Abhandlung über die Malerei vorgestellt wurde, wo er konstatiert, welche „Zufriedenheit“ die musikalische Harmonie im Ohr hervorruft, fügt er folgendes über die Malerei hinzu:
„Viel mehr wird in der Malerei durch die proportionierte Schönheit eines Engelsgesichtes entstehen; eine ,konzertante’ Harmonie ergibt sich aus ihren Proportionen, die das Auge anspricht, während gleichzeitig die Musik das Ohr anspricht. Und wenn sich demjenigen, der die Person liebt, die als Modell diente, eine solche Harmonie der Schönheit zeigt, wird er in fassungsloser Bewunderung und unvergleichlicher und überlegener Freude gegenüber der aller anderen Sinne bleiben.“
Abb. 1-3: Leonardo da Vinci studierte intensiv die Strömungsmechanik und die Turbulenzen, die ein Hindernis in strömendem Wasser oder strömender Luft auslöst.
Abb. 4: Diese Turbulenzen nutzte Leonardo später dazu, das schöne Haar einer jungen Frau darzustellen.
In einer anderen Passage sieht man, wie da Vinci, inspiriert von seinen Entdeckungen physikalischer Prinzipien, diese als ästhetische Elemente in seinen Bildern verwendet. Seine Studien zur Strömungsmechanik (Wasser, Luft) führten ihn zu der Erkenntnis, wie der Druck, den Wasser oder Luft im Vorüberströmen auf ein Hindernis ausüben, zur Entstehung von Turbulenzen führt (Abbildungen 1, 2, 3) – Turbulenzen, die er später explizit nutzt, um das schöne Haar einer jungen Dame darzustellen (Abbildung 4), wie er es selbst beschreibt:
„Beobachten Sie die Bewegung einer Wasseroberfläche, wie sie dem Haar ähnelt, das zwei Bewegungen hat, eine kommt vom Gewicht des Haares, die andere von den Kurven der Locken. So hat Wasser gewellte Wirbel.“
Eine Metapher ist in diesem wahren Sinne nicht nur eine Redewendung, die zwei Wörter aus verschiedenen Bereichen gegenüberstellt, sondern vielmehr die gängige Praxis, nach der wir „geeignete Namen für vorbewußte Begriffe auswählen, die in den Bereich des Bewußtseins gebracht werden“.
Aber das ist nicht die „politisch korrekte“ Auffassung von Wissenschaft, wie sie seit mindestens 50 Jahren vorherrscht. In der politisch korrekten Sichtweise basiert Wissenschaft auf Logik: auf Induktion und Deduktion. Entsprechend der Induktion: Wenn etwas viele Male passiert, wird es immer passieren, und man kann es daher als Gesetz ansehen. Leibniz nannte dies im Gegenteil „konsekutives Denken“ – das Denken eines armen, geprügelten Hundes, der voller Angst davonläuft, sobald er einen Stock sieht, oder des sprichwörtlichen Spekulanten, der aus dem 50. Stockwerk eines Wolkenkratzers springt und meint, wenn ihm während seines Sturzes 49 Stockwerke lang nichts passiert ist, wird ihm auch bis zum Ende nichts passieren.
Deduktion wiederum wird dadurch definiert, daß man alle Eigenschaften ableiten kann, indem man von einem bestimmten Konzept ausgeht. Aber Deduktion kann niemals eine Veränderung dieser Sache vorhersagen. Zum Beispiel definierte Aristoteles die Wirtschaft aus dem Blickwinkel einer bestimmten Anzahl von Familien und Sklaven und ihren gegebenen Produktionsweisen. Daraus schloß er, daß in einer Welt mit begrenzten Ressourcen das Wachstum begrenzt und das Bevölkerungswachstum kontrolliert werden müsse, u.a. auch durch Beziehungen zwischen Personen gleichen Geschlechts. Der andere Name für Deduktion ist in der Tat Malthusianismus.
LaRouches Erkenntnis
LaRouches Leben war eine unerbittliche Offensive gegen diese Kultur des Todes. Er erklärte immer wieder, daß die menschliche Erkenniskraft, die Entdeckungen physikalischer Prinzipien bewirkt, auch in der wirtschaftlichen Praxis und zur Zunahme der physischen Arbeitsproduktivkraft pro Kopf anzuwenden sei. „Dieser Gegenstand“, so schrieb er in seinem Aufsatz Wissenschaft ist nicht Statistik, „die Beziehung zwischen den unverkennbaren, kognitiven Geistesfähigkeiten des menschlichen Individuums und der Zunahme der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der menschlichen Gattung, ist das Fundament, auf dem alle meine professionellen Leistungen seit mehr als vier Jahrzehnten beruhen.“
Diese Verteidigung des eigentlich Menschlichen im Menschen inspirierte LaRouches Kampf gegen Bertrand Russell und dessen intellektuelle Schüler oder Schützlinge: Norbert Wiener, „der Erfinder der Informationstheorie“, und John von Neumann sowie, was für einige paradox klingen mag, seinen Kampf gegen den „liberalen“ von Hayek und den „marxistischen“ Karl Marx – im Namen von Platon, Leibniz, J.F. Herbart und Carl Gauß, und das meist mit der polemischen Methode von François Rabelais. Die Fähigkeit, über bösartige Spinnereien oder Fehler der Komposition zu lachen, ist nur dem Menschen eigen. Hören wir, wie LaRouche sich über Wiener lustig macht:
„Ausgangspunkt meines Angriffs auf Wieners ,Informationstheorie’ war unvermeidlich die Frage, was den Unterschied zwischen Prozessen ausmacht, deren Grundordnung entropisch ist, und beispielsweise lebenden Prozesse, die in ihrer grundlegenden Ordnung antientropisch sind…“
Was LaRouche hier feststellt, ist, daß eine so berühmte Persönlichkeit wie Wiener lebende mit nichtlebenden Prozessen verwechselt!
Europa, um auf unser Thema zurückzukommen, kann in der Wissenschaft nur dann eine Rolle spielen, wenn es erkennt, daß die Wissenschaft das Mittel ist, um gegen Entropie anzukämpfen, die Zunahme der produktiven menschlichen Arbeitskraft zu fördern und einen Anstieg der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte zu erreichen. Es geht nicht darum, die Dinge in einer bestimmten, schönen Reihenfolge zusammenzusetzen. Wieder LaRouche: „Die Vorstellung eines Gegensatzes von Entropie und Antientropie liegt außerhalb dessen, was ein gewöhnlicher Universitätsabsolvent unter Mathematik versteht. Sie liegt in einem höheren, ,metamathematischen Bereich’, den Leibniz als den Bereich der Analysis Situs definierte.“ Negentropie, später von LaRouche auch Antientropie und Dynatropie genannt, ist eine Art von Ordnung, die nie in Form von statistischen Funktionen oder durch einen anderen deduktiven Beweis definiert werden kann. Ein entropisches Universum wäre zum Tode verurteilt. Stattdessen „zielt die Naturwissenschaft darauf ab, immer wirksamere Hypothesen zu entwickeln. In diesem Licht wird Wissenschaft zu einer Frage, wie man die geistigen Aktivitäten von Wissenschaftlern und anderen Fachleuten aufgabenorientiert für eine Mission ständigen wissenschaftlichen Fortschritts organisiert, wobei dieser Fortschritt durch eine Abfolge immer wirksamerer Hypothesen repräsentiert wird.“
Hinaus aus dem Tal der Ahnungslosen!
Das ist unsere Mission und Aufgabe, hier und jetzt. Wir laden Sie alle ein, sich uns anzuschließen, im Namen der Sicherheit Europas und für alles Gute, das Europa der Welt bringen kann und sollte. Lassen Sie mich nun umreißen, wie ich dieses Unternehmen angehen will, den Weg aus dem Tal der Ahnungslosen zu finden.
Zuerst müssen wir in uns selbst und unseren Mitbürgern Lust auf Veränderungen wecken. Europa ist eine schlafende alte Dame, die man nicht wachküssen kann, sondern mit einem wissenschaftlichen Tritt in den Hintern aus ihrem Schlaf der Vernunft wecken muß. Welche Welt wollen wir? Wollen wir uns weiter mit dem grünen Pessimismus abfinden, der uns ins tiefgrüne Chaos seiner oligarchischen Mentoren führt? Wollen wir weiter hinnehmen, daß unsere Kinder und Enkel ein schlechteres Leben haben werden als wir oder in barbarischer Zerstörung sterben? Nur drei Prozent der Franzosen denken heute, daß ihr Leben besser werden wird! Oder nehmen wir unsere wahre, nicht-mathematische, anti-entropische Wissenschaftsgeschichte ernst und entscheiden uns, sie wieder mit Leben zu erfüllen?
Dazu müssen wir definieren, welche Infrastruktur, Industrie, Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie wir brauchen, indem wir überlegen, was die zukünftigen Generationen und unser Gemeinwohl brauchen. Wir müssen mit den Augen der Zukunft denken, statt mit den Augen des Geldes, das wir besitzen oder ausgeben können. Auf eine echte wirtschaftliche Zukunft zu setzen bedeutet, daß wir Kredite für fortgeschrittene wissenschaftliche Entdeckungen und damit verbundene wirtschaftliche Forschritte vergeben müssen. Dieser Kredit muß höhere Produktionskapazitäten und einen offenen Zyklus kreativer Entdeckungen von Prinzipien erzeugen, Technologie, Infrastruktur, Innovationen und Ausbildung der Arbeitsproduktivkraft zum Wohle aller.
Wir müssen von oben vorgehen, mit einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Hypothese, so wie wenn ein Wissenschaftler die Axiome und Postulate eines bestimmten Zustands in Frage stellt, um zu einer besseren These zu gelangen. Natürlich befinden sich die Europäische Zentralbank, die Europäische Investitionsbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und das gesamte Eurosystem im feindlichen Lager. Das Environmental Funders Network und die European Climate Foundation verbreiten die Vorstellung, es könne in einer Welt mit begrenzten Ressourcen kein unbegrenztes Wachstum geben, entsprechend den kriminellen Spielregeln der Anhänger des Britischen Empire im 21. Jahrhundert. Weil sie das Potential menschlicher Kreativität fürchten und deshalb ausschließen, lautet ihr Entschluß: Entvölkerung. Man täusche sich nicht: Keine Variante davon ist gut, weil sie alle verschiedenen Abarten der Entropie verpflichtet sind. Sie verdammen sich selbst dazu, kriminell zu sein. Wir müssen uns ihrer entledigen, indem wir zu unseren Quellen des wissenschaftlichen Schaffens zurückkehren, um unsere kreativen Fähigkeiten zu mobilisieren und andere zu inspirieren.
Unser Projekt für Europa
Unser Projekt für Europa ist, daß Europa eine Rolle in der Wissenschaft spielen muß.
Wir müssen über das Fake-Europa, die Europäische Union, die aufgelöst werden muß, hinausdenken und uns für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen unseren Nationen im Interesse einer gemeinsamen Entwicklung einsetzen. Die Wahl besteht jedoch nicht darin, zu den Wurzeln einer geopolitischen „Souveränität“ zurückzukehren, wie in der britisch dominierten Weltordnung der Zeit der beiden Weltkriege, und auch nicht in Richtung der Science Fiction einer europäischen oder Weltsouveränität abzuheben, was eine Falle für weiteres Gemetzel wäre, sondern zugunsten einer Win-Win-Nationengemeinschaft, die sich den gemeinsamen Zielen der Menschheit verpflichtet fühlt.
Chinas „One Belt, One Road“-Initiative bietet uns eine enorme Chance, vorausgesetzt, wir haben eine langfristige Orientierung. Unsere Zusammenarbeit erstreckt sich von der Luft- und Raumfahrt, dem Weltraum, der Kernspaltung und Kernfusion, den disruptiven Technologien der KI (Künstliche Intelligenz), des IoT (Internet der Dinge) und Supercomputern bis hin zu intelligenten Städten, Umwelt und Medizin für ältere Menschen und gegen Epidemien. In Zukunft sollten wir die Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen suchen, um eine gemeinsame, globale technische Entwicklung voranzutreiben.
Wir haben in diesem Zusammenhang eine weitere große Chance, weil Präsident Trump und die amerikanische Bevölkerung gegen die mörderischen Abenteuer des militärisch-industriellen Komplexes im Namen einer angeblichen „Schutzverantwortung“ vorgehen wollen. Trump hat das kürzlich öffentlich und namentlich angeprangert, auch wenn wir es eher als die militärisch-finanzielle Barbarei des Bestialischen („Brutish“) Empire bezeichnen würden.
Wir sind jetzt in unserer europäischen Organisation dabei, ein kohärentes Projekt zusammenzustellen, das verkörpert, was wir denken und sagen. Unsere internationale Schiller-Organisation ist in gleicher Weise von Australien bis Amerika tätig. Wir brauchen kreative, integrative und verbindende Entwicklungen mit einem kohärenten Ansatz:
- Energie: Kernenergie muß unser gemeinsames Ziel sein, sowohl beim Bau von Kernreaktoren der neuen Generationen als auch bei der Entwicklung von Kernforschungsreaktoren. Frankreich bleibt ein Vorbild für alle, auch wenn wir im August dieses Jahres unser Projekt für einen schnellen Neutronenreaktor, Astrid, eingestellt haben, und unsere Megajoule-Testanlage für die Laserfusion, die neben Lawrence Livermore weltweit die fortgeschrittenste ist und wo gerade ein neuer Durchbruch erzielt wurde, zu mehr als 75% für militärische Zwecke genutzt wird. Der ITER stellt ebenfalls ein Zukunftsprojekt dar, an dem China, die Europäische Union, Indien, Japan, Korea, Rußland und die Vereinigten Staaten beteiligt sind.
Auch der Thorium-Schmelzreaktor muß noch entwickelt werden. Deutschland hat sich glücklicherweise nicht aus den europäischen Forschungsprojekten zurückgezogen, schaltet aber, wie auch Italien und die Schweiz, seine Reaktoren ab. Wir brauchen daher eine neue intelligente Euratom-Initiative. Wir verfügen mit über die besten Wissenschaftler und Experten der Welt auf diesem Gebiet, die als wissenschaftliche Task Force organisiert werden sollten.
- Weltraum: Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) verfolgt in Zusammenarbeit mit Roskosmos ein Programm zur Landung eines Rovers auf dem Mars: ExoMars 2020. Die ESA ist der Beweis dafür, daß ein Verband europäischer Staaten, in diesem Fall mit der russischen Roskosmos, in der besten aller möglichen Weisen auf der Grundlage realer Projekte funktionieren kann, anstatt als Geldbeutel wie die Europäische Union und die Europäische Zentralbank. Europäische und westliche Astronauten gründeten 1985, mitten im Kalten Krieg, zusammen mit den Russen die Association of Space Explorers, um die Erforschung des Weltraums, aber auch die Weltraumfahrt und -technik zu fördern. Menschen, die in einer kreativen Umgebung arbeiten und sich dem Unbekannten stellen, werden schnell zu Brüdern, weil ihr gemeinsames Engagement und ihre gemeinsame Arbeit ihre Menschlichkeit fördert. Europa kann durch das Raumfahrtprogramm gesunden und eine Rolle in der Wissenschaft spielen.
- Verkehr: Das Konzept besteht darin, ganz Europa vom Atlantik bis zum Ural zu verbinden durch eine Kombination von Kanälen für den Transport von Massengütern, Zügen für alle Arten von Gütern, Lastwagen für Liefersysteme um Knotenpunkte herum und Lufttransport für die Sofortlieferung hochwertiger Teile. Vorrangig ist der Schienenverkehr in Osteuropa, der dringend verbessert werden muß.
- Bauen: Alles, was für Transport und Wohnen für unsere zukünftige Entwicklung benötigt wird, sollte sowohl in Bezug auf Waren als auch Arbeitskraft bewertet werden.
Das Konzept sieht eine Integration der europäischen, eurasischen und Seidenstraßennetze zwischen Norden und Süden, Osten und Westen vor, die an ihren verschiedenen Seiten mit dem Mittelmeer, dem Atlantik und dem Pazifik verbunden sind. Priorität hat dabei die Zusammenarbeit der europäischen Nationen bei der gemeinsamen Entwicklung Afrikas. In einem solchen Umfeld, verstärkt durch eine Aufgabenorientierung, kann Europa eine Rolle in der Wissenschaft spielen.
Wissenschaft ist Metapher
Das wichtigste bleibt noch zu sagen: Echte wissenschaftliche Bildung setzt voraus, daß dem Gebildeten seine vorbewußten kreativen Erkenntnisprozesse „bewußt“ gemacht werden. LaRouche betont, daß die Generierung eines experimentell überprüfbaren neuen Prinzips (d.h. eine Prinzipienentdeckung) hinter dem dunklen Schirm souveräner kognitiver Prozesse des einzelnen erfolgt und in keinem Kommunikationssystem darstellbar ist. Wenn das so ist, wie kann man es dann lehren? Wie läßt sich dieser Bereich erforschen? Gibt es eine formale Methode, um die ontologischen Paradoxe, die den wissenschaftlichen Entdeckungen zugrunde liegen, in Angriff zu nehmen? Natürlich nicht mit herkömmlichen Lehrbuchmethoden.
Die Lösung besteht darin, Entdeckungen im eigenen Kopf zu replizieren und zu diesem Zweck eine geistige Nähe zu künstlerischen Ideen zu schaffen, insbesondere zu musikalischen Ideen, die denselben metaphorischen Ursprung haben wie das wissenschaftliche Prinzip selbst. Wissenschaft ist Metapher sagt uns Lyndon LaRouche. Deshalb spielte Einstein Geige und deshalb hatte Leonardo ein so großes Interesse an künstlerischer Komposition. Die Fähigkeit, neue physikalische Prinzipien zu entdecken und zu assimilieren, wird durch die Ergründung des vorbewußten Bereichs künstlerischen Schaffens gefördert.
Deshalb sind die gängigen deduktiven Methoden des „Lernens“ und der „bloßen Wiederholung einer bereits entdeckten Formel“ so destruktiv. Aber noch zerstörerischer und extrem schwer zu beheben sind die Fehler, die im menschlichen Geist durch die Trennung von Wissenschaft und Kunst entstehen.
Deshalb müssen die Grundlagen unseres Bildungssystems geändert werden, um unseren Geist zu befreien, damit er in der Wissenschaft eine Rolle spielen kann. Wir Europäer haben Quellen, auf die wir zurückgreifen können: die Bildungskonzepte der Renaissance oder das Brigadensystem von Gaspard Monge und Lazare Carnot an der École Polytechnique vor der Herrschaft Napoleons, wo das Erlernen musikalischer Kompositionen, Gesang und Malerei die Ausbildung der Studenten an diesem bis dahin fortschrittlichsten und mächtigsten Zentrum der wissenschaftlichen und technischen Arbeit aller Zeiten vervollständigte. Die Humboldt-Tradition im deutschen Bildungssystem ist ein weiterer wichtiger Bezugspunkt.
Wir leben hier in Europa in einem Raum, der gleich groß bleibt und sogar schrumpft, wo aber immer mehr Menschen leben, die immer mehr Schund im Kopf haben, und wo sich der Blickwinkel immer weiter verengt. Es sollte nicht überraschen, daß kriminelle Entvölkerungs-Ideologen und Weltuntergangs-Apostel in einer so verpesteten Umgebung ihre Ideen verbreiten können. Ich fühle mich manchmal wie der Mann in Poes Die Grube und das Pendel. Wie er haben wir die Möglichkeit, diesen Moment der Geschichte zu ergreifen, vorausgesetzt, wir entfesseln die Kreativität in unserem Geist und teilen sie mit den Völkern, die ein besseres, menschliches Leben fordern. Das ist die Dimension unserer Herausforderung, Europa so zu gestalten, daß es seine Rolle in der Wissenschaft wiedererlangt. Wird das gelingen? Die Antwort liegt in jedem von uns.
- Das Monddorf: der nächste Schritt in eine neue Ära der Menschheit
Sébastien Drochon, Mitglied des Wissenschaftsteams von Solidarité et Progrès
Es ist wirklich lustig, wenn wir erkennen, daß das schöne alte chinesische Konzept Tianxia, das wörtlich „Alles, was unter dem Himmel liegt“ bedeutet und eine notwendige harmonische Einheit zwischen all den verschiedenen und manchmal gegensätzlichen Dingen voraussagt, die „unter dem Himmel“ auf der Erde passieren, nur dann möglich sein wird, wenn sich der Mensch über den Himmel hinausbewegt, durch ein ehrgeiziges internationales Raumfahrtprogramm, das alle Länder zu einem gemeinsamen Ziel vereint.
Vielleicht liegt es daran, daß der Himmel inzwischen viel größer geworden ist. Wir wissen jetzt, daß unser Universum mehr als zwei Billionen Galaxien enthält, von denen jede mindestens mehrere hundert Milliarden Sterne hat. Bis heute haben wir mehr als 4000 Exoplaneten in unserer eigenen Galaxie entdeckt, und wir sind ziemlich sicher, daß es ebenso viele Exoplaneten wie Sterne geben könnte. Unser Universum eröffnet uns also neue Welten und neue faszinierende zukünftige Entdeckungen, vorausgesetzt, wir mobilisieren unsere Ressourcen, um dies zu erreichen.
Das chinesische Mondprogramm geht mit großem Erfolg weiter und hat die USA aufgeweckt, die vor kurzem beschlossen haben, mit dem Artemis-Programm zum Mond zurückzukehren. Auch andere Nationen wie Japan, Indien, Rußland und die Länder der Europäischen Weltraumorganisation wollen mit zukünftigen Missionen auf den Mond.
In Europa erklärte der Leiter der Europäischen Weltraumorganisation, Jan Wörner, im Oktober 2015, daß er in internationaler Zusammenarbeit eine dauerhafte menschliche oder robotische Basis auf dem Mond errichten will. Daraus entstand das Konzept des Monddorfes. Wenn man sich das Monddorf als langfristiges Ziel und einheitliches Konzept vorstellt, das darauf abzielt, alle Nationen mit Unterstützung der Privatwirtschaft und der Versuchslabore zusammenzubringen, die alle bestrebt sind, die vorhandenen Ressourcen weltweit zu harmonisieren und längerfristig die Industrialisierung und wissenschaftliche Forschung auf dem Mond zu erreichen – und wenn bei diesen Projekten jede Art von Sparprogramm unterbleibt -, dann können wir sicher sein, daß es uns gelingen wird, eine neue Renaissance zu schaffen, die auf der gemeinsamen Nutzung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts für alle basiert, auf der Erde und darüber hinaus.
Was brauchen wir, um das zu erreichen?
Dieses neue Paradigma einer dauerhaften menschlichen Ansiedlung auf dem Mond – und viel später auf dem Mars – wird möglich sein, wenn es uns gelingt, die Fusionsenergie zu beherrschen. Warum ist das so wichtig für eine dauerhafte Ansiedlung der menschlichen Gattung auf dem Mond und darüber hinaus?
Weil dies die Technologie ist, die uns bei allen Prozessen der Weltraumforschung die größte Steigerung der Energieflußdichte ermöglicht, sowohl beim Raketenantrieb als auch bei der Energieerzeugung. Die Kernfusion wird es uns ermöglichen, saubere Energie im Überfluß zu erzeugen und diese Energie mit viel weniger Brennstoff zu nutzen.
Das war bei allen Raumfahrtmissionen schon immer entscheidend.
Im Weltraum erfordert jedes bewegte Kilogramm Material und jede Minute, die wir aufwenden, um menschliches Leben im Weltraum zu erhalten, viel mehr Energie, als wir auf der Erde für den gleichen Zweck benötigen würden.
Nehmen wir zum Beispiel den Mars. Es dauert etwa sechs bis neun Monate, um mit der klassischen Antriebstechnik dorthin zu gelangen. Ein Hin- und Rückflug bedeutete mindestens eine zweijährige Reise durch den Weltraum, die für Menschen lebensgefährlich sein kann.
Abb. 1: Künstlerische Darstellung einer Rakete mit Kernfusionsantrieb.
Abb. 2: Ein Kernfusionsantrieb kann im Vergleich zu klassischen chemischen Raketentriebwerken pro Masseeinheit des Treibstoffs ein Vielfaches an Schub liefern.
Wenn die Fusionstechnik in unsere Antriebssysteme im Weltraum Einzug hielte (Abbildung 1), verfügten wir theoretisch über neue Raketen mit dem Äquivalent von Millionen klassischen chemischen Raketenantrieben (Abbildung 2). Das gibt uns eine Vorstellung davon, was Dichte bedeutet. Diese enorme Energiemenge müßte nicht auf einen Schlag, sondern könnte allmählich genutzt werden, um eine konstante Beschleunigung und sonst nicht mögliche Geschwindigkeiten zu erreichen. Mit einer solchen Rakete könnten wir mit konstanter Beschleunigung und Abbremsung von 1G in wenigen Tagen zum Mars fliegen.
Abb. 3 a: Der vom Princeton Plasma Physics Laboratory entwickelte Direkte Fusions-Antrieb (Direct Fusion Drive) nutzt anstelle eines Torus die sog. „umgekehrte Feldkonfiguration“ (Princeton Field-Reversed Configuration): einen Zylinder mit Hochtemperaturmagneten.
Abb. 3b: Wenn Helium-3 und Deuterium als Gase in die Kammer eingebracht werden, werden sie dort erhitzt, bis sie ionisiert werden und ein Plasma bilden.
In den USA arbeitet die Satelliten-Abteilung des Princeton Plasma Physics Laboratory seit mehreren Jahren an einem Antrieb, der Direct Fusion Drive heißt. Dieser Reaktor liefert einen enormen Schub durch Ausstoß von Partikeln, die aus Fusionsreaktionen stammen. Die NASA zeigt zwar ein gewisses Interesse an diesen Forschungen, aber aufgrund mangelnder Finanzmittel verlangsamen sich die potentiellen Fortschritte in diesem vielversprechenden Sektor.
Einige werden mir entgegenhalten, das sei unmöglich – alles, wovon ich rede, sei bloße Utopie. „Das wird nie passieren! Das Geld ist aus dem Fenster geworfen!“
Aber erstens wäre es völlig sinnlos, wenn die Fusionstechnik, sobald wir sie einmal beherrschen, nur für Weltraumaktivitäten eingesetzt würde. Der Grund, warum wir in den Weltraum fliegen und die Herausforderung annehmen, dort zu leben, ist, der Menschheit auf der Erde die Mittel zu verschaffen, Armut und Krankheiten endgültig zu überwinden, Kriege zu beenden und alle Umweltprobleme zu lösen. Das Ziel ist es, jedem Menschen genügend Energie zur Verfügung zu stellen, um würdig zu leben und seine Kreativität für das Gemeinwohl einzusetzen. Der Zweck, in den Weltraum zu fliegen, ist nicht, den Problemen auf der Erde zu entkommen, sondern sie zu bewältigen. Wir gehen dorthin, „nicht weil es einfach ist, sondern weil es schwer ist“ (John F. Kennedy), und die Schwierigkeiten, dorthin zu gelangen, treiben uns an, sie zu überwinden.
Zweitens sind sich diejenigen, die ständig sagen, die Kernfusion werde immer unerreichbar bleiben, nicht darüber bewußt, daß in den USA in mehreren Studien aus den 1970er Jahren festgestellt wurde, daß die kontrollierte thermonukleare Fusion durchaus in 15-30 Jahren erreichbar wäre – aber nur wenn genügend in die Erforschung investiert wird. Seit dem Erscheinen dieser Studien lagen die Investitionen in diesem Bereich jedoch immer weit unter dem Niveau, das erforderlich wäre, um die Kernfusion vollständig zu beherrschen.
Abb. 4: Fehlbetrag bei den Mitteln für die Kernfusionsforschung: tatsächlich eingesetzte Mittel im Vergleich zu dem Betrag, der 1976 hätte eingesetzt werden müssen, um die Kernfusion bis 1998 zu entwickeln.
In dieser Grafik (Abbildung 4) sehen Sie rot markiert die Deckungslücke der Investitionen in das amerikanische Fusionsforschungsprogramm – es wurde nie das Finanzierungsniveau erreicht, um die Kernfusion bis Ende der 90er Jahre zu erreichen.
Eines stimmt: beim derzeitigen Finanzierungsniveau werden wir es tatsächlich nie schaffen. Deshalb brauchen wir ein Crash-Programm, das weit über unsere laufenden Programme hinausgeht. Nur so können wir diese Technik so schnell wie möglich unter Kontrolle bringen.
Dennoch können wir optimistisch sein. Und als französischer Staatsbürger freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, daß die Atomenergiebehörde mit der Megajoule-Laseranlage (LMJ) in Bordeaux gerade einen neuen Durchbruch in diesem Bereich erzielt hat. Hierbei wurde Kernfusion nicht durch magnetischen Einschluß in den großen Donuts, die wir Tokamak nennen, erzeugt, sondern durch Trägheitseinschluß, bei dem eine Mischung aus Fusionsbrennstoffen, die in einer Mikrokapsel eingeschlossen sind, mit leistungsstarken Lasern erhitzt und komprimiert wird, um Kernfusionsreaktionen auszulösen.
Laut einem internen Dokument des Atombehörde fand am 11. Oktober ein sehr erfolgreicher Versuch statt, als die aufeinander abgestimmten Lichtstrahlen von 48 Riesenlasern ein Mikropellet aus Fusionsbrennstoff zur Implosion brachten und eine Fusionsreaktion auslösten, bei der 100 Milliarden Neutronen freigesetzt wurden. Das Targeting und andere Vorgänge liefen wie geplant und vorberechnet ab.
Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, was es bedeutet, daß eine solche Fusionsreaktion auf der Erde erzeugt wurde.
Seit Milliarden von Jahren produziert die Sonne kontinuierlich Fusionsreaktionen. So verbrennt sie ihren eigenen internen Treibstoff. Aber jetzt produziert das Universum irgendwo im Sonnensystem, nämlich auf der Erde, eine kontrollierte Kernfusion durch ein willentlich kreatives Wesen namens Mensch. Das muß man sich vergegenwärtigen. Es geht hier nicht nur um Energie. Was hier geschieht, ist, dem Universum eine neue Kraftquelle zu verleihen. Man könnte auch sagen, das Universum gibt sich durch uns eine neue Kraftquelle und verleiht sich so selbst ein neues Potential zur Veränderung.
Das gibt uns einen Eindruck davon, wie wir das Universum und seine Beziehung zum Menschen eigentlich betrachten sollten. Unser Universum selbst ist kreativ, weil es die menschliche Kreativität in seine Veränderungsprozesse eingebettet hat. Das ist eine schöne Vorstellung, die uns einen Eindruck davon vermitteln sollte, warum die Erforschung des Weltraums nicht nur eine menschliche Laune ist, sondern bestimmt auch ein Weg, um die Rate der Kreativleistung zu erhöhen, die das Universum potentiell durch menschliche Kreativität hervorbringen soll. Genau so sollten wir die Weltraumforschung in Zukunft betrachten. Denn jedes Mal, wenn wir uns entscheiden, immer weiter und weiter in den Weltraum vorzudringen oder zu schauen, gelangt die Menschheit zu neuen Erkenntnissen und verändert damit das Universum als Ganzes.
Der extraterrestrische Imperativ
Damit kommen wir zu einem weiteren Aspekt, der sicherlich der wichtigste ist. Was bedeutet Weltraumforschung für uns wirklich?
Wir alle sind souveräne Individuen, wir sind alle einzigartig in dem Sinne, daß wir alle unsere eigene Persönlichkeit und Kreativität haben. Aber unser Verhalten, unser Empfinden, unsere Gedanken sind nicht völlig von der Gesellschaft getrennt, in der wir leben. Wenn die Gesellschaft ihren Zweck, ihr edles Ziel verloren hat und sich schlechte Gewohnheiten entwickeln – wie z.B. Zeit zu verschwenden, stumpfsinnige Videos im Internet zu schauen -, oder wenn die Gesellschaft pessimistisch über die Zukunft der Menschheit und der menschlichen Natur denkt, dann leidet bei allem, was wir tun, unser Geist und unsere Kreativität.
Aber wenn wir dafür kämpfen, die Gesellschaft und die Menschheit wieder auf die Beine zu bringen, wenn die Menschheit an einer Mission festhält, die es den zukünftigen Generationen ermöglicht, immer neue Prinzipien zu entdecken und besser zu leben, dann wird jeder einzelne eine wahre Motivation finden, den zukünftigen Generationen etwas Schönes zu hinterlassen und dafür seine Kreativität einzusetzen.
Kreativität ist kein Zaubertrick, der den Menschen willkürlich in den Sinn kommt. Sie ist keine irrationale Aufwallung, so wie sich das die meisten Romantiker vorstellen, sondern sie entspringt einer bestimmten Art leidenschaftlicher Gefühle – die mitreißende Überzeugung, daß man an der Geschichte teilhat und etwas zur Verbesserung der gesamten Menschheit und der zukünftigen Generationen beiträgt. Man spürt einen Sinn im Leben, der über das eigene Leben hinausgeht.
Das ist der Grund, warum die Weltraumforschung so wichtig ist. Deshalb ist eine missionsorientierte Gesellschaft, die ihre eigene Zukunft im Weltraum sieht, der Schlüssel zu einem neuen Paradigma der friedlichen Entwicklung.
In diesem Sinne will ich mit einem Zitat von Lyndon LaRouche schließen. Er sagt:
„Das Wesen der Wissenschaft ist eine solche Leidenschaft, eine solche Aufgabenorientierung… Hierin liegt nicht nur die Leidenschaft, die für schöpferisch-wissenschaftliche Fruchtbarkeit unerläßlich ist; hierin liegt auch die Fähigkeit des Laien, als Fabrikarbeiter oder anderer, den wissenschaftlichen Fortschritt effizient und kreativ zu assimilieren. Eine solche leidenschaftliche ,Aufgabenorientierung’ ist die Quelle großer Häufungen wissenschaftlicher Kreativität und der vermehrten Fähigkeit der Bevölkerung, ,tiefe und leidenschaftliche Vorstellungen über Mensch und Natur zu vermitteln und zu empfangen’.
Der ,extraterrestrische Imperativ’ regt die professionelle Sicht des wissenschaftlichen Fortschritts an, wie dies vielleicht keine andere absehbare Aufgabenstellung tun könnte. Wenn wir die höchste Produktivität in Forschungslaboren und Werkstätten wünschen, ergeben sich solche Nutzeffekte als Nebenprodukt einer entschlossenen Leidenschaft, alle Aufgaben einer Mond-/Marsmission zu bewältigen.“
Wir brauchen also ein Ziel. Und dieses Ziel sollte eine Mond-Mars-Mission sein, wovon das Monddorf-Projekt ein Teil ist.
Der Weg dorthin führt über die Vorstellung von Tianxia.
Das ist der Zweck, für den wir kämpfen müssen.
Ich danke Ihnen.
- LaRouches Entdeckungen: Ausbildung einer neuen Generation
Megan Beets und Jason Ross vom „Basement Team“ des LaRouche-Aktionskomitees
Einführung
Lyndon LaRouche (Video): „Das große Hindernis für das Verständnis all dessen ist in gewisser Weise elementar. Die falsche Annahme ist, daß die Menschheit durch den Tod begrenzt ist. Aber das ist eine falsche Annahme. Das hat Auswirkungen, besonders was den Menschen betrifft, das einzige Wesen, das die Lösung für diese Frage darstellt. Die allgemeine Überzeugung ist, daß die Vorstellungskraft, die in der Gesellschaft wirkt, Ideen schafft – und dann, wenn die Person stirbt, endet auch die Idee. Das ist der Fehler!
Nehmen wir den Fall der menschlichen Gattung im Unterschied zu allen anderen Arten. Die menschliche Gattung ist die einzige Gattung, die in der Geschichte eine bewußte Rolle spielt. Das heißt, der Tod, als Vorgang des Sterbens, begrenzt nicht die Auswirkungen des Ergebnisses und des Einflusses, den der Mensch als Lebewesen ausübt.
Denn was ist die Menschheit? Nun, die Menschheit entwickelt sich, aber die Menschheit als sich entwickelndes Geschöpf ändert sich nie, nicht wirklich. Die Funktion ist die gleiche. Was sich ändert, ist die Biologie. Der biologische Einfluß des Menschen in diesem Prozeß schafft die Möglichkeit neuer Individuen. Aber das wichtige ist: Was ist der Unterschied zwischen einem gewöhnlichen Menschen und einem Menschen, der in gewisser Weise unsterblich ist? Unsterblichkeit liegt in der lebenden Person, die etwas erschafft – wenn das Erschaffene gültig ist.
Es gibt zwei Kategorien von Menschen, mit denen man es zu tun hat, um das zu verstehen. Man muß sagen, Menschen, die nicht kreativ sind, sind ,praktische‘ Menschen. Sie sind keine Schöpfer, sie sind praktisch, und die praktische Person hat keine Kreativität. Wenn sie versuchen, Dinge zu tun, dann machen sie normalerweise ein Durcheinander daraus.
Aber die Bedeutung der Menschheit, die Bestimmung der Menschheit ist es, gewissermaßen eine Gesellschaft von Genies zu werden. Und wo findet man das? Man findet es in der lebenden Person und in der Arbeit der lebenden Person, in der Geschichte des Prozesses – dem, was die lebende Person, die schöpferisch ist, tut. Und das ist ein großes Privileg, das jeder haben kann. Das ist es, was wir in der Erziehung von Kindern anstreben. Das war der Zweck der Erziehung der Kinder: sie tatsächlich zu einer besseren Gattung zu machen, als sie es vorher waren…
Worin liegt die Kreativität? Sie liegt nicht in dem, was die meisten Menschen denken. Sie liegt in der Fähigkeit des lebenden Individuums, neue Existenzzustände zu schaffen, d.h. der Gestaltung von Existenzzuständen – vorherzusagen, was geschehen wird. Und das ist das wertvollste für mich – das zu begreifen! Für mich ist das alles! Und darauf sollte man hoffen.
Der Fehler ist, daß der Mensch sagt: Wenn man stirbt, dann ist es das Ende. Nun, das stimmt nicht ganz: Wenn man ein kreativer Mensch ist, führt man Konzepte ein, die der Rest der Gesellschaft nicht hatte. Und deshalb wirkst du fort, und so wird Geschichte geschrieben.“
Jason Ross: Lyndon LaRouche, der Anfang dieses Jahres verstorben ist, hat, wie wir auf dieser Konferenz gehört haben und hören werden, in vielen Bereichen bedeutende Arbeit geleistet. In diesem Vortrag werden Megan Beets und ich LaRouches Arbeit in der Wissenschaft behandeln, mit besonderem Augenmerk auf einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt, bei dem wir beide mit ihm zusammengearbeitet haben – dem sogenannten „Basement-Team“ (Keller-Team).
Abb 1: Lyndon LaRouche 2007 bei einem Treffen mit Mitgliedern des Basement-Teams.
Wir werden über LaRouches Arbeit in der Forschungs- und Wissenschaftspolitik sprechen, einige der wissenschaftlichen Themen diskutieren, die er für am wichtigsten hielt, ihre Relevanz für die Wirtschaft ansprechen, aufgreifen, wie sie zur Rekrutierung junger Menschen für seine Perspektive beitrugen, und über die Bedeutung der Fragen reden, die er heute der Wissenschaft stellt.
LaRouche zeigte, daß wirtschaftliche Verbesserung eine Erhöhung der sogenannten Energieflußdichte erfordert – der Intensität des Energieflusses, gemessen in Bezug auf Stromerzeugung, in den industriellen Anwendungen und in der Wirtschaft insgesamt. Aufgrund der enorm höheren Kraft der atomaren Bindungen im Vergleich zu chemischen Verbindungen muß die nächste Stufe der menschlichen Wirtschaft auf der Kraft des Atoms basieren, und die großartigste Technologie am Horizont zur Verbesserung der Energieflußdichte der menschlichen Wirtschaft ist die Kernfusion.
LaRouche war ein unermüdlicher Verfechter der Forschung und Forschungsfinanzierung für die neuen wissenschaftlichen Entdeckungen in der Plasmaphysik, der gerichteten Energie und der Kernforschung, die erforderlich sind, um diese Energiequelle der Zukunft zu erreichen. Er leitete 1974 die Gründung der Fusion Energy Foundation, deren US-Magazin Fusion Zehntausende Abonnenten hatte, bevor sie durch ein staatliches Zwangskonkursverfahren, das später für illegal erklärt wurde, geschlossen wurde.
In seiner Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern auf den Gebieten der Kernfusion, Plasmaphysik und Weltraumforschung setzte sich LaRouche für mehrere Themen ein:
– Die Wahrheit kommt nicht von den Sinnen: Man findet sie nicht durch die Modellierung von Beobachtungen. Man findet sie durch das Aufstellen von Hypothesen über Ursachen. Platon hat Recht, im Gegensatz zu Aristoteles. Keplers Entdeckungen sind dafür ein Schlüsselbeispiel.
– Der menschliche Geist kann weder als rein biologischer Prozeß noch als komplexes Computersystem verstanden werden. G.W. Leibniz hat Recht, und Yuval Noah Harari hat Unrecht. Cusa hat Recht, im Gegensatz zu Norbert Wiener.
– Die Quantenphysik ist nicht das letzte Wort, sie ist nicht vollständig. Einstein hat Recht, im Gegensatz zu Heisenberg und Bohr.
Die Einstellung des Magazins Fusion und anderer LaRouche-Publikationen war Teil eines Prozesses, der 1989 zur betrügerischen Verurteilung und Inhaftierung LaRouches führte. Nach seiner Entlassung auf Bewährung aus dem Gefängnis im Jahr 1994 – dank außerordentlicher Anstrengungen und Unterschriften von Hunderten gewählten Amtsträgern und Tausenden führenden Vertretern aus Gesellschaft, Kirchen, Wirtschaft und anderen – und mehr noch nach dem Ende seiner Bewährungsauflagen 1999 hatte LaRouche freie Hand, eine neue Generation von Denkern für seine Ideen zu gewinnen.
Abb 2: Lyndon LaRouche mit jungen Teilnehmern bei einer Konferenz des Schiller-Instituts 2003.
Dazu rekrutierte er junge Menschen für einen Prozeß politischen Handelns und wissenschaftlicher Entdeckung, um in der damals aufstrebenden Generation den Kader einer kompetenten politischen Führung aufzubauen. Im Rahmen dieses Prozesses schuf er ein Bildungsprogramm, das weit über das hinausging, was mit typischen Hochschulprogrammen erreicht werden konnte, er nannte diesen Prozeß „Basement“.
Das sind die Themen unseres gemeinsamen Vortrags. Ich übergebe das Wort jetzt an Megan Beets.
Der Geist an sich
Lyndon LaRouche (Video): „Unsere funktionale Form, die Schöpferkraft der Menschheit, ist ganz anders! Sie basiert nicht auf dem, was die Biologie uns lehrt! Das hat nichts mit Biologie zu tun, so wie sie allgemein verstanden wird! Das menschliche Gehirn ist nicht die Quelle der menschlichen Intelligenz, es ist der menschliche Geist! Das Gehirn ist ein Werkzeug, das vom menschlichen Geist benutzt wird.
Aber wir glauben an das, was wir sehen. Wir glauben an das, was wir nach unserem Maßstab betasten und sehen können. Wir berücksichtigen nicht die Tatsache, daß es einen Prozeß viel höherer Ordnung gibt, der die eigentliche Funktion des menschlichen Geistes ist. Und die Funktion des menschlichen Geistes läßt sich genau definieren, aber nicht durch die üblichen Begriffe des biologischen Lebens. Zeigt mir menschliche Kreativität in einem biologischen System, im System des menschlichen Gehirns – dort gibt es keine Kreativität als solche. Kein Tier hat Kreativität, nicht wahr? Sie haben nur eine biologische Entwicklung.
Nur der Mensch hat von allen Geschöpfen, die wir kennen, die Fähigkeit, die funktionelle Natur des Menschen absichtlich zu verändern! Diese Veränderung in der funktionellen Natur des Menschen liegt im Konzept des Geistes, nicht im Gehirn! Das Gehirn ist ein Werkzeug, das vom Geist benutzt wird. Es ist ein notwendiges Werkzeug, das vom Geist benutzt wird, aber es ist nicht der Ort des Geistes. Und genau das ist das Problem – daß das Gehirn nicht vom Geist unterschieden wird! Der Geist ist das wesentliche Element, das Gehirn ist ein notwendiges Werkzeug des Geistes. Kreativität ist im Universum, wahre menschliche Kreativität ist im Universum. Sie äußert sich im Individuum durch die Funktion des Gehirns, des Geistes und so weiter.“
Megan Beets: Was Sie gerade von Lyn gehört haben, ist meiner Meinung nach einer seiner wichtigsten Beiträge zur Wissenschaft und zum menschlichen Denken im allgemeinen: die Frage des menschlichen Geistes an sich. Dieses Konzept ist eines, in das er im Laufe seines Lebens immer mehr Einsichten entwickelte und auf das er bei seiner Arbeit mit dem Basement-Team großen Wert legte.
Der menschliche Geist wird nicht vom Gehirn produziert. Es ist nicht replizierbar durch Computersysteme, egal wie komplex. Es gibt eine Funktion des menschlichen Geistes, die durch keinen dieser beiden untergeordneten Bereiche erklärt oder lokalisiert werden kann.
Lyn war davon schon sehr früh überzeugt, das sieht man an seiner Ablehnung der Ansichten von Norbert Wiener in den 1950er Jahren, der in seiner Theorie der Kybernetik behauptete, man könne die gesamte menschliche und biologische Kommunikation mit Computern replizieren. LaRouche schreibt darüber in einem Artikel von 1993, Über LaRouches Entdeckung:
„Eine Idee, unabhängig davon, ob sie sich als echte Entdeckung oder als Umsetzung einer Entdeckung de novo präsentiert, kann nicht wörtlich mit reinen Sprachmitteln vermittelt werden. Was vermittelt wird, ist die Absicht desjenigen, der sich der Sprache bedient, um eine Idee auszudrücken. Die Idee ist durch keine formale Analyse des eingesetzten Sprachmediums greifbar. Dies folgt aus der Tatsache, daß jede wahre Entdeckung einer absoluten Unstetigkeit entspricht, die in einem System deduktiver Darstellung, wie es zuvor benutzt wurde, auftritt. Hinsichtlich der Sprache sind wahre Ideen nur in dem individuellen, schöpferischen Denkprozeß der miteinander kommunizierenden Menschen enthalten.“
Mit dieser Aussage stellt sich Lyn in eine lange Reihe großer Denker, von Platon über Nikolaus von Cues, Johannes Kepler, Gauß, Riemann, Bach, Beethoven bis Planck und Einstein, und vielleicht an ihre Spitze. All diese wichtigen Denker behaupteten, explizit oder implizit, daß es die Natur des menschlichen Geistes ist, Gedanken, kreative Hypothesen, zu erzeugen, die nicht aus den Sinneswahrnehmungen abgeleitet sind und nicht aus ihnen abgeleitet werden können, sondern die aus unserer eigenen inneren Überzeugung, unserer Vorstellungskraft stammen. In Einsteins Worten: Das „Wunder“ ist, daß unsere Gedanken in einigen Fällen eine Übereinstimmung damit haben, wie das Universum tatsächlich funktioniert. Sie werden dann zur Grundlage des wissenschaftlichen Fortschritts.
Dagegen zeigen uns unsere Sinne, wie Lyn betonte, nur Schatten. Die scheinbar konkreten Objekte, die wir sehen, hören oder berühren – sind sie echt? Einerseits ja, denn unsere Sinne reagieren auf etwas Reales, einen Prozeß, der sie wirklich beeinflußt. Aber ist das Objekt, das unser Gehirn als Antwort heraufbeschwört, auch wirklich ein Bild des wirkenden Prinzips? Vielleicht sollte man die Frage anders stellen: Was ist realer – die Tatsache, daß oder der Grund, warum?
Lassen Sie uns das ein wenig untersuchen. Ein Naturprinzip ist sozusagen eine Art „Objekt“, das jenseits dessen liegt, worauf unser Gehirn über unsere Sinne direkten Zugriff hat. Es hat weder Größe, Form, Farbe noch Masse – und doch hat es die Kraft, Schatten zu werfen, Veränderungsprozesse im gesamten Universum zu bewirken. Wie können wir es dann schaffen, ein Prinzip an sich zu „sehen“, zu erkennen?
Lyns philosophische Feinde – Aristoteles, Sarpi, Newton, Decartes, D’Alembert, Laplace, Euler, Russell – sagten, das kann man nicht! Es sei sinnlos, eine solche Frage zu stellen, denn der menschliche Geist sei ein Epiphänomen des Gehirns – nicht mehr als eine leere Tafel, auf die im Laufe der Zeit Sinneseindrücke geschrieben werden. Wir könnten daher nicht mehr tun, als die Beziehungen zwischen diesen Sinneswahrnehmungen durch Logik und Mathematik beschreiben, und manchmal, wenn diese Beziehungen konsistent sind, halten wir sie in Sätzen fest (wie dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, den Lyn sein Leben lang immer wieder angegriffen hat).
Mit dieser bösartigen Sichtweise wird der Mensch auf die Ebene eines klugen Tieres herabgewürdigt.
Wie Lyn betont, hat der menschliche Geist sehr wohl die Fähigkeit, Prinzipien zu erkennen – nicht durch unsere Sinne oder Logik, sondern durch Sprünge in der Hypothese, ausgelöst durch Widersprüche zwischen den Sinneseindrücken.
Ich will Ihnen ein Beispiel anführen, das Lyn oft verwendet hat, speziell im Zusammenhang mit dem Kepler-Projekt, das er den ersten beiden Basement-Teams aufgetragen hat: Sehen und Hören.
Johannes Keplers erste Hypothese über das universelle Prinzip des Sonnensystems 1596 war, daß die Struktur der Planetenbahnen – der Grund, warum jeder Planet seine bestimmten Entfernungen von der Sonne einnimmt und keine anderen – dem Prinzip entsprach, das sich in der Geometrie der fünf Platonischen Körper äußert. Dies ist ein Prinzip der Organisation des Raumes, das für unseren Sehsinn zugänglich ist.
Abb 3: Johannes Kepler: Geometrische Darstellung der Planetenabstände aus Johannes Keplers Mysterium Cosmographicum.
Hier sehen Sie eine verschachtelte Gruppe von fünf Körpern, die eine ganz bestimmte Kombination von Abständen zum gemeinsamen Mittelpunkt bilden. Diese sind hier durch die Kugeln dargestellt, die in jeden Körper eingeschrieben sind bzw. ihn umschreiben.
Kepler, der damals 25 Jahre alt war, wußte, daß die Verhältnisse der Abstände zwischen den Planeten zwar weitgehend denen entsprachen, die dieses geometrische Prinzip vorgab, er wußte aber auch, daß sie nicht hundertprozentig damit übereinstimmten. Es gab Diskrepanzen. Er wußte auch, daß er seine Vorstellung von der Sonne, die die Planetenbewegungen verursacht, noch weiter verfeinern mußte.
Er brauchte fast 25 Jahre, um das Paradox zu lösen. In seinem letzten großen Werk, der Weltharmonik, zeigte Kepler, daß die Entfernungen zwischen den Planeten – die immer noch ein geometrisches Ordnungsprinzip widerspiegeln – nicht der primäre Parameter sind. Vielmehr sind die Abstände eine Funktion ihrer Bewegungen, und der Grund, warum die Planeten genau ihre jeweiligen Bewegungen ausführen, liegt darin, daß die Planetenbewegungen als System die gleichen temperierten Verhältnisse widerspiegeln wie im entwickelten Dur-Moll-System in der Musik, einem temperierten System, wie es später Johann Sebastian Bachs Kompositionen erforderten.
Abb 4: Johannes Kepler: Musikalische Darstellung der Planetenbewegungen aus Keplers Weltharmonik.
Das heißt, die sich ändernde Bewegung jedes Planeten entspricht einem Notenpaar der Dur- und Moll-Tonleiter – einem Prinzip der Organisation des Raumes, das unserem Gehör zugänglich ist. Der Planet „singt“ seine Töne in Harmonie mit sich selbst und seinen Nachbarn, und er paßt seine Stimmung leicht an, so wie es ein Chorsänger tun muß, um mit dem gesamten Ensemble in Einklang zu sein. Es ist ein physikalischer Prozeß, der sich nicht auf starre mathematische Weise darstellen läßt. Aber fragen Sie einen Chorsänger oder Orchestermusiker, und er wird Ihnen bestätigen, daß dieser Prozeß sehr wohl existiert und wißbar ist.
Was sagen uns diese beiden nicht miteinander vergleichbaren, aber sich überschneidenden Bereiche des Sehens – Geometrie – und des Hörens – musikalische Obertöne? Ist das Sonnensystem ein geometrisches System? Oder ist es eher ein musikalisches System?
Die vielleicht beste Antwort ist, daß das Sonnensystem beides ausdrückt, aber keines von beidem ist. Kepler löst diesen Widerspruch, indem er sich selbst – und damit auch Sie und mich – in die Schuhe des Schöpfers stellt. Kann ich mir die schöpferische Handlung oder den Gedanken vorstellen, der sich zwangsläufig zu dieser Kombination von Planetenbewegungen entfalten wird? Kann ich den Gedanken Gottes denken – etwas, das man nicht sehen, sondern nur im Geist erfahren kann -, der im physischen Universum genau diesen und keinen anderen Schatten werfen muß?
Keplers neue Hypothese – heute bezeichnen wir sie als „universelle Gravitation“ – hat der Menschheit eine unglaubliche neue Macht im und über das physikalische Universum gegeben. Der menschliche Verstand, als eine einzigartige Kategorie des schöpferischen Prozesses, der das Gehirn als Infrastruktur nutzt, kann neue Ideen entwickeln, die mit dem Universum so im Einklang stehen, daß wir unseren Handlungsspielraum darin erweitern.
Dies – und darauf hat Lyn größten Wert gelegt – ist die Grundlage der Wissenschaft, der Poesie und der Ökonomie, wie wir jetzt von Jason hören werden.
Die LaRouche-Riemann-Methode
Sinne contra Entdeckung
Jason Ross: Die Wissenschaft ist der Schlüssel zu unserer Fähigkeit als Menschen, unser Leben von einer Generation zur nächsten zu verbessern. LaRouche hat die Konsequenzen daraus auf eine neue Art und Weise verstanden.
In dem von Megan zitierten Artikel von 1993, in dem LaRouche seine zentrale wirtschaftliche Entdeckung und die Entstehung seiner sogenannten LaRouche-Riemann-Methode beschrieb, schrieb er:
„Mein wesentlicher Beitrag zu Leibniz’ Wissenschaft der physikalischen Ökonomie liegt in der Entwicklung einer Methode, womit sich die Kausalbeziehung zwischen dem Beitrag einzelner zum axiomatisch revolutionären Fortschritt der Wissenschaft und der menschlichen Erkenntnis im allgemeinen sowie der sich daraus ergebenden Zunahme der potentiellen Bevölkerungsdichte der Gesellschaft bestimmen läßt…
Meine Entdeckungen reichen zurück in die Jahre 1948-1952, als ich mich mit Norbert Wiener und dessen untauglichem Versuch auseinandersetzte, die statistische Informationstheorie auf die Beschreibung lebender Prozesse und die Vermittlung von Ideen anzuwenden. Im Gegensatz dazu entwickelte ich eine grundlegend andere, nichtstatistische Definition der Negentropie…
Darin bestand der Kern meiner Entdeckung bis ins Jahr 1952. Doch gab es bis dahin noch keine angemessene mathematische Darstellung einer solchen Negentropie in der physikalischen Ökonomie. Ein intensives Studium der Beiträge Georg Cantors aus dem Jahr 1897 eröffnete mir dann 1952 neue Erkenntnisse über den Bereich des Transfiniten und verhalf mir zu neuen Einsichten in die Arbeiten Bernhard Riemanns. Meine Definition der physikalisch-ökonomischen Negentropie bezeichnete ich von da an als ,LaRouche-Riemann-Methode’.“
Worin hat sich Norbert Wiener – der Autor des Buches Kybernetik – so sehr geirrt? Wie haben LaRouches Einwände dagegen den Weg zu seiner Neukonzeption der Ökonomie aus Sicht Riemanns bereitet?
Wiener betrachtete die Kommunikation von Botschaften als einen Schlüssel zum Verständnis des Verhaltens mechanischer Systeme, biologischer Systeme wie auch der menschlichen Gesellschaft und des Denkens. Aber „Informationen“ gelten keineswegs für den kreativen Entdeckungsprozeß oder für die Messung wirtschaftlicher Werte! Betrachten wir die Natur einer Idee, die eine schöpferische neue Entdeckung eines wissenschaftlichen Prinzips verkörpert.
Abb 5: Entwicklung der Weltbevölkerung, der Bevölkerungsdichte und der Lebenserwartung.
Wir beginnen mit einem Diagramm der menschlichen Bevölkerung in der Geschichte. Es gibt keine Tierart, deren Population sich in dieser Weise verändert hat, und keine, deren Population sich durch bewußte Veränderungen im Verhalten und in der Beziehung zur Natur verändert hat. Und das ist gut so! Jeder, der denkt, daß wir unser Verhältnis zur Natur nicht ständig verändern und verbessern sollten, ist ein Dummkopf.
LaRouche (Video): Wir müssen all diese Typen loswerden; alle Grünen, die behaupten, Wissenschaftler zu sein, müssen aus dem Beruf ausgeschlossen werden. Denn sie begehen einen Betrug! Jeder Grüne, der sagt, er sei ein Wissenschaftler, begeht schon durch seine bloße Existenz an sich einen Betrug.
Ross: Weil wir wissen, daß unsere Wissenschaft die menschliche Entwicklung als ihre Grundlage einbeziehen muß. Wenn man die also ausschließt oder sagt, sie sei etwas Schlechtes, dann kann man kein Wissenschaftler sein.
LaRouche: Nein, man ist es nicht, man ist ein Betrüger. Wer an die „grüne“ Politik glaubt, der ist als Wissenschaftler ein Betrüger. Jeder, der an die grüne Politik glaubt, ist ein Betrüger, wenn er behauptet, über wissenschaftliche Fähigkeiten zu verfügen. Wenn sie sagen wollen, daß sie dumm sind, nun gut, dann sagen wir, das ist wahr, du bist dumm.
Jones: Sie behaupten, daß sie versuchen, die Existenz in einem Universum aufrechtzuerhalten und fortzusetzen, von dem sie bestreiten, daß es ein Prinzip der fortgesetzten Existenz darin gibt.
LaRouche: Das ist alles Unfug! Es ist alles nur Geschwätz, es ist nichts Wahres dran. Sie sind Idioten! Einem solchen Professor muß man sagen: „O nein! Sie meinen, Sie sind Professor Idiot, Sie haben eine Professur für Idiotie.“
Jason Ross: Sorry, ihr Grünen – wir sind keine Tiere. Wir sind in der Lage, Konzepte zu entwickeln, die über die Sinne hinausgehen – Konzepte und Theorien, die etwas von den unsichtbaren Ursachen natürlicher Phänomene verkörpern und uns mit der Fähigkeit belohnen, neue physikalische Zustände und Prozesse hervorzubringen.
Hören wir dazu noch einmal LaRouche:
LaRouche (Audio): „Aber dann erkennen wir, daß diese Sinne nicht wirklich wahrheitsgemäß sind. Sie sind nicht unehrlich, sie sind nicht falsch; aber sie sind auch nicht wahr in dem Sinne, daß wir an sie glauben. Was wir tatsächlich tun, ist im Werk von Kepler wunderschön veranschaulicht, sowohl mit der ganzen Idee der stellvertretenden Hypothese, aber dann auch durch die Anwendung dieses gleichen Prinzips auf die Entdeckung der Gravitation. Denn man nimmt zwei Empfindungen – eine hauptsächliche, das Sehen; die andere Musik, Harmonien – und stellt sie einander gegenüber. Nun, was ist das Verhältnis der Gravitation als Konzept zu diesen beiden Sinneswahrnehmungen, die man verwendet, um die Gravitation zu definieren? Und was ist nun das Genie von Kepler? Denn es gibt keinen deduktiven Zusammenhang zwischen Sinneswahrnehmung und Gravitation.
Aspekte der grundlegenden wissenschaftlichen Entdeckung von dieser Art deuten also darauf hin, daß der menschliche Geist in der Lösung der Probleme liegt, die die Sinneswahrnehmungen aufwerfen. Die Prinzipien, die man entdeckt, stecken nicht in der Sinneswahrnehmung. Aber sie sind wie Schatten – Sinneswahrnehmungen sind wie eine schattenhafte Reflexion der Realität.
Und meine ganze These besteht im wesentlichen aus diesem Kernpunkt. In dem Maß, wie diese den Geist verkörpern und nicht die Schatten, finden wir unsere Identität in dem, was wir ,wissenschaftliche Entdeckung’ nennen, im Gegensatz zur Sinneswahrnehmung. Und mit der gleichen Funktion entdecken wir ein Prinzip als solches, als Prinzip. Und das ist der Ort oder sollte der Ort sein, wo wir unsere persönliche Identität lokalisieren: in dem Akt der Entdeckung, wie er durch Keplers Entdeckungen verkörpert wird, was ein perfektes Beispiel dafür ist, weil er bei der Behandlung dieser Frage, der Frage der Gravitation, so gründlich gearbeitet hat; so ausführlich, daß man gemeinsam mit ihm tatsächlich seinen Entdeckungsprozeß neu erlebt! Und dieser Prozeß der Entdeckung – wenn man sich sagt: „Ja, das ist es!“ – ist seine Identität. Das ist seine persönliche Identität: diese Entdeckung.
Und darin liegt die Wahrheit. Wogegen wir Faulpelze, die nicht so denken, davon ausgehen, daß wir die Sinnesobjekte an sich sind, daß unsere unmittelbare Erfahrung, wie bei einem Sinnesobjekt, als solche unser Wissen ist. Doch wenn man das wissenschaftlich betrachtet, wofür das Beispiel von Keplers Entdeckungen typisch ist, stellt man zuerst Fragen – schon die Idee der stellvertretenden Hypothese wirft eine Frage auf! Und die Antwort wird im Konzept der Entdeckung der Gravitation angewandt. Die Entdeckung der Gravitation macht seine Person aus, nicht die Schatten der bloßen Sinneswahrnehmung.
Und mein Punkt ist, daß wir, wenn wir uns selbst und die Gesellschaft verstehen wollen, mit diesen Vorgaben denken müssen. Denkt nicht in Begriffen der Sinnesgewißheit, sondern denkt in Begriffen der Sinnesungewißheit. Das, was wir ,Sinneswahrnehmungen’ nennen – was sind sie? Nun, wir wissen, was sie sind. Biologisch wissen wir, was sie sind; chemisch und biologisch wissen wir, was Sinneswahrnehmungen sind. Aber das sind nicht wir.
Die Einsicht in verschiedene, kontrastierende Arten von Sinneswahrnehmungen zeigt uns die Gegenwart des Universums als aktives Prinzip. Also, wer bist du nun? Wenn es dich wirklich gibt, bist du ein Mensch, der Erfahrung in der Entdeckung hat. Und deshalb ist die wissenschaftliche Entdeckung im Prinzip das Wesen der eigentlichen menschlichen Natur.
Jason Ross: Ja, und weiter sagst du, wir werden uns dann nicht nur im Vergleich zu anderen heute existierenden Lebewesen messen, sondern wir müssen uns daran messen, wohin wir in der Zukunft gehen sollen?
LaRouche: Nun, und das ist das, was wir entdecken, nicht wahr?
Ross: Ja.
LaRouche: In dem Sinne ist Keplers Entdeckung ein gutes Beispiel, meine ich, weil das Ausmaß seiner Beschäftigung mit diesem Aspekt seines Werkes so reichhaltig und fein ausgearbeitet ist. Er kommentiert sich ja ständig selbst! Er korrigiert sich ständig. Er ist sich ständig seines Entdeckungsprozesses bewußt. Er lokalisiert seine Persönlichkeit, seine tatsächlich existierende Persönlichkeit, in dieser Aktivität der Entdeckung. Nicht in Sinneswahrnehmungen. Wie bei der Frage: Was sind das für Spuren, die dieses Tier hinterlassen hat?
Es geht um den Prozeß der Entdeckung, das ist die Quelle des wahren Identitätsgefühls des Menschen. Diese Erfüllung der Kreativität definiert den Menschen als kreatives Wesen. Und wenn die Menschen herumlaufen und die Dinge bezogen auf die Sinneswahrnehmung messen und sagen, die Sinneswahrnehmung gebe Sinnesgewißheit, dann passiert der große Fehler! So verdummen sich die Menschen selbst.
Wenn man den Fall von Keplers Entdeckung der Gravitation nimmt, und dann sieht man alle diese Dummköpfe, ob Newton oder irgendein anderer Schwätzer, oder die ganze Versammlung dummer Schwätzer, dann seht ihr, was das Problem ist. Es ist im wesentlichen ein moralisches Problem. Da ist keine Verbindung mehr zu einem wahrhaft menschlichen Identitätsgefühl. Unsere Natur liegt nicht in den Sinneswahrnehmungen. Die Sinneswahrnehmung ist nur die Fußspur des Tieres, sie ist nicht das Tier selbst.
Und das ist das wesentliche in der ganzen Angelegenheit, das ganze Argument, der Kernpunkt. Und dann schaut euch das in verschiedenen Phasen an, um zu versuchen, es klarzumachen, indem man verschiedene Phasen dieser Frage durchgeht. Es ist wie beim vierten Prinzip, das ist es eigentlich. Das ist die Sache, die ihr tun müßt – ihr habt diese drei verschiedenen Sinne, die alle irren. Aber wie findet man dann die Wahrheit? Man findet keinen anderen Sinn, man findet etwas, das die Sinneswahrnehmung ersetzt, die Auflösung der Abkürzung, die in der Sinneswahrnehmung steckt. Die drei Kategorien der typischen Sinneswahrnehmung sind als Information an sich falsch. Sie sind Schatten, sie sind keine Dinge, sie sind nicht echt.
Aber dann ist da noch die vierte Sache – im Falle Keplers wiederum vor allem seine Entdeckung der Gravitation. Und Einsteins Verständnis von Keplers Entdeckung ist typisch für dasselbe: Wie identifiziert Einstein ein Universum, das endlich, aber nicht begrenzt ist? Wo zum Teufel kommt das her? Das ist eine wesentliche Aussage, daß das Universum endlich, aber nicht begrenzt ist. Es ist dasselbe.“
Jason Ross: Wenn wir dieses größere Verständnis entwickeln, brauchen wir die Entwicklung einer neuen Sprache, die Konzepte vermitteln kann, die sich nicht in der bisherigen Sprache ausdrücken lassen. Betrachten Sie diese Beispiele:
– Die Arithmetik besteht aus Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division. Doch keine Kombination dieser Änderungen ist in der Lage, ein Quadrat mit der doppelten Fläche eines bestimmten Quadrats zu erzeugen. Die Sprache der Arithmetik ist also unzureichend und muß erweitert werden, indem anerkannt wird, was früher unmöglich war. Mit dem neuen Konzept √2 wird anerkannt, daß ein Ausdruck in einfacherer Form unmöglich ist.
– Die Sprache der Physik – Masse, Geschwindigkeit, Dichte, Farbe, Härte usw. – trifft auf ihre eigenen Grenzen auf dem Gebiet der Chemie. Lavoisiers Ziel, die Sprache der Chemie zu verbessern, führte dazu, daß er die Chemie selbst neu definierte, was dann zu Mendelejews Neudefinition der Sprache führte. Z.B. haben Holzkohle, Graphit und Diamanten alle verschiedene Farbe, Dichte, Härte usw., doch die Sprache der Chemie erlaubt uns zu sagen, daß diese sehr unterschiedlichen Substanzen aus einem einzigen Element, dem Kohlenstoff, bestehen. Kohlenstoff selbst hat keine Farbe, Dichte, Härte oder andere physikalische Eigenschaften. Er hat eine gewisse Tendenz, sich mit anderen Elementen zu verbinden, und er hat zusammen mit diesen anderen Elementen völlig neue Eigenschaften, die es für keine Verbindung oder Material überhaupt gibt. Zu diesen Eigenschaften gehören Valenz, Ionisationsenergie und Atommasse.
– Sobald eine neue physikalische Entdeckung gemacht wurde, erfordert ihre Kommunikation mit anderen einen Prozeß, der in vielerlei Hinsicht identisch ist mit dem, durch den die Entdeckung ursprünglich gemacht wurde. Diese Schritte beinhalten die Anerkennung eines Paradoxons, die Hypothese eines erforderlichen neuen Prinzips und die experimentelle Bestätigung dieses neuen Prinzips.
Dieser Prozeß der Schaffung notwendiger Ergänzungen des Wissens (und der Sprache) durch Auflösungen sonst unlösbarer Paradoxien ist die Methode von Nikolaus von Kues (dem Schöpfer der Grundlagen der europäischen Renaissance), von Johannes Kepler (dem ersten modernen Wissenschaftler), von Pierre de Fermat, von G.W. Leibniz, von Carl Gauß, von Bernhard Riemann. Es ist auch der musikalisch-kompositorische Ansatz der großen Komponisten, zu denen insbesondere auch der Begründer des wohltemperierten Systems J.S. Bach gehört.
Dabei geht es eindeutig nicht um die Kommunikation von „Informationen“, wie Wiener behauptete. Solche Entdeckungen erfordern Hypothesen – und nicht, daß man Autoritäten hinten reinkriecht!
LaRouche, Video: „Sinnesgewißheit ist keine Wahrheit, sie ist ein Phänomen, keine Wahrheit. Denkt daran, was Riemann vor seinem Freund, seinem Lehrer, seinem Mentor Gauß getan hat, der sehr zufrieden damit war, was er [Riemann] mit seiner Habilitationsschrift gemacht hat. Weil sie alles Falsche zunichte machte!
Und alle diese Idioten – praktisch alle Gegner Riemanns waren in Bezug auf das System Idioten! Und das absichtlich! Weil sie ,anerkannt’ werden wollten. Und sie logen, um die Zustimmung der jeweiligen Autoritäten zu erhalten. Das machen die Leute an den Universitäten heute noch. Es ist heute nur etwas schamloser als je zuvor, das ist alles.“
Anwendung auf die Wirtschaftswissenschaft
Jason Ross: Welche Ähnlichkeiten ergeben sich zwischen der Herausforderung, eine Entdeckung eines Prinzips zu kommunizieren, und der Herausforderung, die wirtschaftlichen Auswirkungen solcher neuen Entdeckungen auszudrücken?
Ökonomen lieben es, den Dingen einen (Geld-)Wert zuzuweisen. Eine Tonne Stahl hat einen bestimmten Wert, ebenso wie ein Container mit Lebensmitteln oder Kleidung. Aber die größte Wertschöpfung entsteht durch neue Ideen, die unsere Fähigkeiten erweitern.
Welchen Wert hat die Erfindung der Dampfmaschine – nicht einer bestimmten Dampfmaschine, sondern des Konzepts an sich? Wie wertvoll war die Entwicklung der Metallurgie in der Bronzezeit, die Entwicklung der Chemie durch Mendelejew oder der Kernphysik, die die Kernkraft freisetzte?
Ein Versuch, den Wert in Bezug auf die zuvor bestehende Wirtschaft auszudrücken, scheitert zwangsläufig, da eine mit dem neuen Wissen ausgestattete Gesellschaft mehr – und nicht nur mengenmäßig mehr – schaffen kann als das, was die vorherige Wirtschaft produzieren konnte.
Das bedeutet, daß der wirtschaftliche Wert nicht in den Objekten selbst liegt, sondern im Prozeß der Verbesserung der Produktionskräfte der Menschheit insgesamt – in der Steigerungsrate der potentiellen menschlichen Bevölkerungsdichte. Ja, mehr Menschen!
Auf der Suche nach einer Mathematik, die geeignet ist, die anti-entropische Natur der Veränderungen durch die menschliche Entwicklung darzustellen, fand LaRouche einen Schritt nach vorne in der physikalisch-mathematischen Arbeit Bernhard Riemanns.
Aus Zeitgründen werde ich dazu nur zwei Dinge sagen:
Erstens entwickelte Riemann ein Mittel, um mit einer Reihe von transzendenten Zahlen zu arbeiten, die jeweils über das hinausgehen, was vorher kam. Dies spiegelt die Veränderungen in der Sprache wider, die mit der Entwicklung neuer Prinzipien und neuer Wissenschaftszweige verbunden sind.
Zweitens förderte Riemann das Studium dessen, was wir heute Topologie nennen, in der es möglich ist, Veränderungen zu behandeln, die absolut nicht lokalisierbar sind und nur im Sinne einer Veränderung des gesamten Wirkungsbereichs als Ganzes betrachtet werden können.
Aus diesen Überlegungen heraus wurde das LaRouche-Riemann-Verfahren entwickelt.
Wissenschaft von innen sehen
Aber das darf keine akademische Übung sein! LaRouche bestand darauf, daß man, um die Ökonomie wirklich zu verstehen, eigene Erfahrungen mit dem Prozeß der Entdeckung machen müsse. Dazu entwickelte er einen sozialen Prozeß, um sicherzustellen, daß seine jungen Mitarbeiter in der Lage sein würden, eine solche eigene Erfahrung zu entwickeln. Darüber wird Megan nun mehr sagen.
Ausbildung einer neuen Generation
Lyndon LaRouche, Video: „Also, wir kommen in eine neue Generation, die Schaffung einer neuen Generation – eine neue Generation junger Erwachsener, in der wir mit dieser Methode, angefangen mit dem Fall Kepler, das angehen, was wir im wesentlichen tun: Wir replizieren den Kern von Keplers Entdeckungen als etwas, das neu erlebt werden muß, anstatt es nur zu beschreiben. Und das Team von etwa vier Personen arbeitet hier zu diesem speziellen Zweck die Neue Astronomie durch.
Wir wollen bewußt machen, daß das Universum nicht durch mathematische Formeln gesteuert wird. Eine mathematische Formel mag nützlich sein, aber sie ist nur eine grobe Annäherung an den Schatten einer tatsächlichen wissenschaftlichen Idee.
Eines der Probleme, die wir im modernen reduktionistischen Denken zunehmend haben, besonders seit den 1920er Jahren, aber noch deutlicher seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, ist, daß die Wissenschaft zerstört wurde…
Die echten Wissenschaftler, für die die besten Leute der Fusion Energy Foundation typisch waren, sind ausgestorben – nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auf der ganzen Welt. Die Menschen, mit denen wir zusammengearbeitet haben, die Menschen, mit denen wir in Kontakt standen, oder ihre Korrespondenten, mit denen wir in der Fusion Energy Foundation indirekt in Kontakt standen, verkörperten die letzte kompetente Generation in der praktischen wissenschaftlichen Arbeit und den Schlußfolgerungen, die wir bisher hatten.
Die Generation der Babyboomer („68er“), die mit den Theorien von Norbert Wiener und John von Neumann – die tatsächlich alle von Bertrand Russell stammen – gehirngewaschen wurde, diese Generation ist von Natur aus, mit wenigen vereinzelten Ausnahmen, inkompetent in der Wissenschaft. Sie glauben nicht mehr an ein wissenschaftliches Prinzip, ein physikalisches Prinzip, sondern an mathematische Formeln. Und eine mathematische Formel ist niemals mehr als eine deskriptive Annäherung an die Wirkung eines Prinzips, keine Darstellung des Prinzips an sich. Das heißt, die Menschen glauben, man könne wissenschaftliche Prinzipien durch Deduktion oder ähnliche Methoden ableiten. Sie verstehen nicht, daß man ein wissenschaftliches Prinzip nur mit experimentellen Methoden entdecken kann – experimentelle Methoden, die eine Diskontinuität zeigen und die Existenz eines Prinzips belegen, das im Widerspruch zu dem steht, wie man sich bisher vorgestellt hat, wie das Universum funktioniert. Das ist unser Problem.
Anstatt also zuzulassen, daß die Menschen versuchen, nur zu lernen, was sie heute an einer Universität, auch an einer sogenannten Eliteuniversität lernen könnten, sagen wir ihnen, daß sie die Erfahrung machen sollen, die wesentlichen Grundlagen der modernen Physik heute in einem experimentellen Ansatz wiederzuentdecken, das, was als reine Mathematik gelehrt wird, zu umgehen und die Mathematik aus der Sicht der physikalischen Prinzipien zu betrachten, anstatt zu versuchen, physikalische Prinzipien fälschlicherweise als mathematische Beschreibung zu definieren.
Das ist das Wesentliche. Denn diese neue Generation, die viele von euch repräsentieren, die Generation ungefähr zwischen 18 und 30 – ihr seid jetzt die Zukunft. Die gegenwärtige Weltordnung wird sich auflösen – jetzt! Sie wird sich in den kommenden Wochen und Monaten auflösen. Und die Frage ist, was ist die neue Ordnung, die sie ablösen wird? Wird es die Hölle sein? Wird es ein Chaos geben? Oder wird es etwas Lebensfähiges sein?
Der Trick besteht also darin, in dieser Hinsicht die gescheiterten Generationen zu überspringen, auf das Fundament zurückzukehren, das der Gründung der modernen europäischen Zivilisation und ihrer ältesten klassischen griechischen Ursprünge zugrunde lag, und eine Generation heranzuziehen, die dazu beitragen kann, die Menschheit wieder auf den richtigen Weg zu bringen.“
Megan Beets: In den frühen 2000er Jahren begann Lyn, eine Jugendbewegung aus meiner und Jasons Generation zu rekrutieren. Dies war eine Zeit, in der die Welt eine Reihe dramatischer Schocks erlebte: Auf die Währungskrisen der späten 90er Jahre folgten die Wahl von George W. Bush zum Präsidenten in den USA, gefolgt von den Anschlägen des 11. September 2001 und den amerikanischen Bombardements in Afghanistan und den Irak. Junge Menschen auf der ganzen Welt reagierten auf Lyns klare Stimme zur Orientierung in einer immer chaotischeren Welt, die scheinbar mehr von Reaktionen auf Ereignisse als von Zukunftsperspektiven getrieben war.
Lyn erkannte jedoch schnell, daß diese Generation eine besondere Ausbildung brauchte, wenn sie nicht die gleichen Fehler machen sollte wie die Generation ihrer Eltern. Er sagte, daß es „eine andere Kultur geben muß, die sich in der Führung dieser Generation entwickelt…, eine Kultur, die der der allgemeinen Kultur der früheren Generationen überlegen ist“.
Und so waren Lyns Präsidentschaftswahlkampf 2004 und das folgende Jahrzehnt geprägt von etwas, was LaRouche einmal eine „rollende Kampfuniversität“ nannte: Auf das frühmorgendliche Flugblattverteilen folgten Chorproben am Vormittag, und auf die abendliche Kontaktarbeit am Telefon folgten am späten Abend Platon-Lesungen, Arbeiten über Gauß’ Fundamentalsatz der Algebra und über konstruktive Geometrie. Die Herausforderung war immer: Woher weiß man etwas? Statt bloß: Welche Fakten hast du dir gemerkt, oder was sagen die Autoritäten zu diesem Thema? Kannst du es dir selbst beweisen – kannst du es zu deiner eigenen Entdeckung machen, und kannst du andere erziehen?
Abb 6: Lyndon LaRouche mit Mitgliedern des Basement-Teams bei der Arbeit an Animationen.
2006 begann ein Team von vier Mitgliedern der Jugendbewegung (darunter auch Jason), unter Lyns direkter Aufsicht an der Erstellung von Animationen von Prozessen in der Wirtschaft und in Wirtschaftskreisläufen zu arbeiten. Doch schon bald erhielt dieses Team eine neue Aufgabe: Keplers Neue Astronomie zu meistern und pädagogische Mittel und Vorträge auszuarbeiten, um sie anderen beizubringen. Dieser Einsatz wurde als das „Basement“ oder Kellerteam bezeichnet, aus dem einfachen Grund, weil sich unsere Büroräume im Keller von LaRouches Haus befanden.
Nach einigen Monaten wurde ein neues Team hereingeholt, dem ich angehörte, um Keplers Weltharmonik zu meistern, gefolgt von einem weiteren, das sich auf Gauß’ Entdeckung der Umlaufbahn des Asteroiden Ceres konzentrierte. Dem folgte ein weiteres Team, das sich erst auf das Werk von Bernhard Riemann konzentrierte, das so zentrale Bedeutung für Lyns eigene Beiträge zur Wirtschaftswissenschaft hatte. Dies verzweigte sich schließlich in breitere Forschungsgebiete, wozu Jason und ich beide in das Basement zurückkehrten.
Mit Lyn zusammen und auf seine Anregung hin hatten wir das Privileg, an Projekten teilzunehmen, die sich mit Werken einer Vielzahl großer Genies befaßten – darunter neben den bereits erwähnten Leibniz, Fermat, Wernadskij, Pasteur, Einstein, Robert Moon, Schiller und Bach. Das Kellerteam arbeitete mit Lyn an Projekten über die Prinzipien der Evolution des Lebens auf der Erde im Zusammenspiel mit der Galaxis, die Prinzipien des wohltemperierten Systems in der Musik, neue wirtschaftliche Plattformen für die Wasserwirtschaft und die Modifizierung des Wetters im Zusammenhang mit der kosmischen Strahlung, den Schutz der Erde vor Asteroiden und Kometen und die physische Wirtschaft als zunehmende Beherrschung der physikalischen Chemie durch die Menschheit. Und es gibt vieles andere, was man zu dieser Liste hinzufügen könnte.
Abb 7: Das Basement-Team präsentierte die Ergebnisse seiner Arbeit – hier beispielsweise über Keplers „Weltharmonik“ – im Internet, siehe: https://science.larouchepac.com/
Lyn war bemüht, das Potential aus jedem einzelnen herauszuholen. Er suchte ihre Stärken und drängte sie, Führung zu übernehmen und wichtige, bahnbrechende Arbeiten zu leisten, die nicht nur diese Person selbst erheben, sondern auch einen Beitrag zum Fortschritt der ganzen Menschheit leisten würden.
Gleichzeitig betonte er die Bedeutung des sozialen Prozesses – des Diskussionsprozesses, der oft weit mehr bringt als die Summe seiner Teile. Diese Diskussionen wurden in den meisten Fällen durch Lyns fruchtbare schriftstellerische Arbeit ausgelöst. Eines der großartigsten Erlebnisse war immer, früh am Morgen im Kellerbüro anzukommen, um festzustellen, daß Lyn gerade erst ins Bett gegangen war und Kopien des Papiers, das er die ganze Nacht über getippt hatte, auf unseren Schreibtischen warteten, damit wir es studieren.
Unter Lyns Führung gingen aus diesem Basement-Prozeß, der sich keineswegs auf die Personen beschränkte, die in dem Kellerbüro arbeiteten, zahlreiche pädagogische Internetseiten hervor, und es gab Kurse und Workshops im ganzen Land zu Themen wie den Werken von Kepler, Gauß, Riemann und Einstein, den Paradoxien der Evolution und des sensorischen Bereichs und des Verstandes. Wir nahmen an wissenschaftlichen Konferenzen über Weltraum, Fusion, Asteroidenabwehr und Weltraumwetter teil und knüpften Beziehungen zu Wissenschaftlern auf verschiedenen Gebieten. Dadurch prägte Lyn die Politik und Wissenschaft in den USA und international, in der Weise, daß er forderte, daß die politische Diskussion über das Niveau der „aktuellen Ereignisse“ hinauswächst und sich auf die Ebene der realen Geschichte und der sie prägenden Ideen erhebt.
So wichtig wie das damals war, so dringend ist es auch heute, und da Lyn nicht mehr persönlich unter uns ist, stellt dies eine große Herausforderung und Verantwortung für uns alle dar.
Die Zukunft des Basements
Jason Ross: Ich möchte noch eine persönliche Anmerkung zur Zusammenarbeit mit LaRouche zu Riemann machen. Als ich im Rahmen eines erweiterten Riemann-Projekts ins Basement zurückkehrte, durchlebte ich gerade eine schwere Zeit in meinem Leben. Die Möglichkeit zu persönlichen Gesprächen mit Lyn, um manchmal Feedback zu einem Drehbuch oder einer Animation zu erhalten, manchmal über Musik oder die Bosheit von Bertrand Russell zu diskutieren oder manchmal nur über das Privatleben zu sprechen, das war mir enorm wichtig. Lyn fordert definitiv viel, aber er war auch ein sehr liebevoller Mensch, der aufrichtiges Interesse am Wohl der Menschen hatte und grenzenlose Ermutigung bieten konnte – und sei es manchmal in Form eines intellektuellen Tritts in den Hintern! Es war eine wirkliche Ehre und ein Privileg, direkt mit ihm zusammenarbeiten zu können.
Nun noch einige Gedanken über die Zukunft des Kellerteams.
Die von LaRouche vorgegebenen Herausforderungen gewinnen heute zunehmend an Bedeutung. Während die verfügbaren Mittel in Bereiche wie Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und „grüne“ Technologien gelenkt werden, liegen die fruchtbarsten Untersuchungsgebiete weitgehend brach:
– Die Finanzierung der Kernfusion lag und liegt noch weit unter dem Niveau, von dem man bereits in der Blütezeit der Fusion Energy Foundation wußte, daß es zuwenig war, um jemals eine kommerzielle Fusion zu erreichen. Diese große Energiequelle der Zukunft wird durch Unterfinanzierung effektiv sabotiert.
– Der Begriff „Wissenschaft“ wurde pervertiert, um heute sein genaues Gegenteil zu bezeichnen – die gängige Meinung -, in Form der Propagandaoffensive für einen kollektiven Selbstmord durch eine grüne Politik zur drastischen Reduzierung der CO2-Emissionen. Dabei werden Horden von Kindern, die eindeutig keine Experten für das Weltklima oder für irgendetwas sonst sind, als hochgeachtete und bewunderte Vorkämpfer des notwendigen Wandels dargestellt.
– Fälscher oder Einfaltspinsel, wie Yuval Noah Harari, Richard Dawkins, Sam Harris, Greta Thunberg und Neil deGrasse Tyson attackieren unseren Geist mit religiös anmutenden Behauptungen über die böse oder mechanische Natur des Menschen, die in schamloser Weise als angeblich wissenschaftliche Argumente präsentiert werden.
Wir müssen das schöne Geburtsrecht aller Menschen zurückgewinnen: die atemberaubende, inspirierende Geschichte des Abenteuers und der Entdeckungen, die uns in die gegenwärtige Welt voller Möglichkeiten gebracht hat.
Man muß es richtig machen
Helga und Lyn haben für eine globale Renaissance gekämpft, und dazu gehört unbedingt eine Wiederbelebung des wissenschaftlichen Denkens! Wir müssen Lyns Methode, die auch die Methode der größten wissenschaftlichen Genies vor ihm ist, hegemonial machen. Die Fehler in der Gestaltung der Politik, die uns heute plagen, sind nicht vorübergehend, sie sind nicht zyklisch, sondern sie sind systemisch!
Was muß unsere Strategie sein, um den Diskussions- und Entscheidungsprozeß – die Wege, auf denen wir zu politischen Entscheidungen für die Zukunft gelangen – auf eine höhere Ebene zu heben, die dem Fortschritt und den Zielen der Zivilisation gerecht wird? Welche Axiome müssen überwunden werden?
– Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik – daß das ganze Universum zum Stillstand kommen wird.
– Menschliche Handlungen, insbesondere solche, die unsere Umgebung verändern, seien „unnatürlich“ und somit schlecht.
– Der menschliche Verstand sei letztlich erklärbar durch physikalische Prozesse.
– Reduktionismus
– Positivismus
– grüne Umwelt-Ideologie
Um diese Axiome zu identifizieren und zu beseitigen, sollten wir folgendes tun:
– Beteiligen wir uns an einem engagierten, organisierten Durcharbeiten der Hauptwerke von LaRouche und der von ihm genannten Hauptquellen.
– Sorgen wir für ein schnelles Wachstum einer neuen Generation junger Staatsmänner und -frauen und Denker, die sich dem Auffinden und der Verinnerlichung des Prozesses wissenschaftlicher Entdeckung verschrieben haben.
– Koordinieren wir die Arbeit an diesen Bildungsprozessen und planen wir die infrastrukturellen, wissenschaftlichen und kulturellen Ziele für die nächste große Renaissance!
Wir ermutigen alle, sich an diesem Prozeß zu beteiligen, und wir schließen mit einem Auszug aus einem Gespräch, das Lyn 2007 bei einem Treffen junger Menschen hatte und das auch heute noch gültig ist:
Lyndon LaRouche (Audio): „Das ist das Problem, das ihr in eurer Generation habt: Ihr seid junge Erwachsene, wo eine ältere Erwachsenengeneration existentiell versagt hat. Es mag einzelne Personen in der älteren Generation geben, die nicht gescheitert sind, aber die Generation als Ganzes, insbesondere die Generation der Büromenschen, ist gescheitert. Sie sind katastrophal gescheitert.
Weil ihr für diese Prinzipien empfänglich seid, für die Vorstellung, daß der einzelne unsterblich ist, eine unsterbliche Persönlichkeit, obwohl sein irdischer Körper stirbt, deshalb ist es eure Aufgabe, eure Bestimmung und Verantwortung, für die Veränderungen zu sorgen, die in der Gesellschaft stattfinden müssen, wenn die Gesellschaft überhaupt überleben soll. Und deshalb hat eure Generation eine einzigartige historische Rolle in der Existenz der ganzen Menschheit.
Und die Mission, die ich euch gebe, ist es, das in euch zu verstehen und darin eure Identität zu sehen.“
(Den Videomitschnitt des Vortrags finden Sie auf https://schillerinstitute.com/.)
- Grußbotschaft
Gerhard Grömer, Direktor des Österreichischen Weltraumforums
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Gerhard Grömer, ich bin der Direktor des Österreichischen Weltraumforums. Wir sind eine nationale Forschungseinrichtung mit etwa 250 freiwilligen Mitarbeitern aus 17 Nationen, auf drei Kontinente verteilt, und wir sind eine Gruppe von Forschern und Entwicklern, die sich mit einem sehr exotischen Technikthema beschäftigt, nämlich einer zukünftigen Reise zum Mars – und zwar genauer gesagt einer bemannten Reise.
ÖWF: Gerhard Grömer mit dem Modell des Raumanzug-Simulators AOUDA.X.
Neben mir sehen Sie ein Modell, genauer gesagt ein Oberteil, des Raumanzug-Simulators AOUDA.X. Das ist ein experimentelles Raumschiff zum Anziehen, sozusagen, der bereits in zwölf Mars-Simulationen weltweit eingesetzt wurde, wie etwa letztes Jahr in der Dhofar-Region in der Wüste des Oman. Und nächstes Jahr geht es auf nach Israel, in die Negev-Wüste, dort gibt es auch einige sehr Mars-ähnliche Umgebungen, die für uns als Test-Gelände verwendet werden.
Nun, man mag sagen, eine bemannte Reise zum Mars mag nach Science Fiction, einer Utopie klingen, aber wir dürfen davon ausgehen, daß tatsächlich derjenige Mensch, der den ersten Schritt auf den „roten Planeten“ setzen wird, bereits jetzt geboren ist. Und zwar wird diese Reise dann, wie wir glauben, in ca. 20-30 Jahren Realität werden können.
Auch wenn es jetzt noch nach Science Fiction klingt, wir sind hier in einer Entwicklungsphase, wo wir zuerst einmal die Technologien, die Arbeitsabläufe, die Materialien testen müssen, um jene größte Reise unserer Generation zu einem sicheren und vor allem wissenschaftlich effizienten Unterfangen zu machen.
Und wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist auch Ihre Konferenz in Bad Soden unter der Schirmherrschaft des Schiller-Instituts eine Konferenz, die sich mit so futuristischen Themen beschäftigt. Ich möchte Ihnen alles Gute wünschen, viel Erfolg bei der Konferenz, ich wünsche Ihnen viel Mut, auch unkonventionelle Ideen anzudenken, das ist auch eine der Stärken des Schiller-Instituts, hier ein bißchen über den Horizont hinaus zu blicken und auch Themen anzudenken, die jetzt noch nach Science Fiction klingen mögen, nach Utopien, die aber eines Tages sehr wohl noch Realität werden könnten, wenn es Menschen gibt, die mit dem entsprechenden Herzblut und Enthusiasmus dahinter stehen und zur Realisierung beitragen. Ich wünsche Ihnen noch eine gute Konferenz und bin schon gespannt auf die Ergebnisse. Toi, toi, toi. Alles Gute und beste Grüße aus dem Raumanzugslabor des Österreichischen Weltraumforums hier in Innsbruck, Österreich.
Panel 3
Wer ist Lyndon LaRouche?
- Verteidigung der afrikanischen Souveränität
Diogène Senny, Präsident der Panafrikanischen Liga – Umoja
Liebe Redner, liebe Konferenzteilnehmer, liebe Gäste,
im Namen unserer Organisation Panafrikanische Liga – UMOJA danke ich dem Schiller-Institut für die Gelegenheit, bei dieser wichtigen internationalen Konferenz zu sprechen. Ich möchte auch allen Rednern für die Qualität ihrer Beiträge danken, bevor ich das Wort ergreife.
Meine Damen und Herren,
Das Hauptthema dieser Konferenz lautet „Die Zukunft der Menschheit als kreative Gattung im Universum“, und da dies ein wissenschaftliches Forum ist, wird sich meine Rede ebenso auf geopolitische, ideologische und ökonomische Fragen wie auf Fragen der afrikanischen Weltraumpolitik beziehen.
Geopolitik und Ideologie
Es ist auf den Tag genau eine Woche her, daß die gesamte Welt den Fall der Berliner Mauer feierte. Dieses Ereignis, das als das wichtigste am Ende des 20. Jahrhunderts gilt, hat viele Politiker und Intellektuelle dazu bewogen, von einer neuen Ära des Friedens, des Glücks und des Wohlstands zu reden, die sich für die Menschheit eröffne.
In gleicher Weise war der amerikanische Politologe Francis Fukuyama so verwegen, eine mittlerweile berühmte Schrift unter dem Titel „Das Ende der Geschichte“ zu veröffentlichen. Im Großen und Ganzen bedeutet „das Ende der Geschichte“ soviel wie das Ende des Kalten Krieges, den ideologischen und endgültigen Sieg der Demokratie und des Liberalismus über die anderen politischen Ideologien.
Es ist wahr, daß das Ende des Kalten Krieges in vielerlei Hinsicht für einen Teil der Menschheit ein bedeutendes historisches Ereignis war, aber ist es auch ganz bestimmt falsch, daß es der Beginn des Wohlstands und des Glücks für alle dank des Neoliberalismus war. Man kommt nicht umhin anzuerkennen, daß der Fall der Berliner Mauer die Krebsgeschwulst nicht beendet hat, die die modernen Staaten vergiftet, nämlich die Geopolitik.
Erinnern wir uns doch zumindest daran, daß die Berliner Mauer Ergebnis der Konfrontation der folgenden beiden geopolitischen Logiken war:
– der Geopolitik des Meeres für England, die von seiner Insellage herrührte und die verhindern sollte, daß es von einer der großen kontinentalen Mächte (Frankreich oder Deutschland) beherrscht würde. Daher wurde England zur Gebieterin der Meere und kontrollierte die entscheidenden Küstenpunkte von der Ostsee bis China: Gibraltar, das Kap, Suez, Aden, Hormus, Singapur etc. Diese Geopolitik des Meeres sollte es der britischen Krone erlauben, über das größte Kolonialreich zu verfügen;
– der Kontinental- oder Festungsgeopolitik Deutschlands und Rußlands. Nehmen wir nur das Beispiel Deutschlands, das umschlossen und erdrückt war zwischen der Geldherrschaft des Westens und den slawischen Ländern; enttäuscht, vom Kolonialbesitz nichts außer Kamerun und Togo abbekommen zu haben; geplagt von der Unzulänglichkeit seiner Gebiete, ist sein Alptraum, einer Koalition gegenüberzustehen, die die Kolonialreiche wie England und Frankreich und zusätzlich Rußland vereint. So richtete Deutschland seine Strategie auf die kontinentale Geopolitik aus, um einen Lebensraum zu bilden, der ihm ein echtes Reich sicherstellt. Wilhelm II. und Bismarck beginnen mit der Arbeit, und das Dritte Reich wird die Idee bis zur Neige verfolgen.
Nun aber, 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, sind alle alten Geopolitiken wieder da. Die Welt ist niemals so voller Konflikte gewesen. Es versteht sich übrigens von selbst, daß zwischen den Nationen in Bezug auf Produktion und Konsum ein erschreckendes, klaffendes Ungleichgewicht herrscht, das unaufhörlich zunimmt. Die einen sind reich durch die Armut der technologisch schlechter Ausgestatteten, und die anderen sind arm durch den Reichtum der besser Ausgestatteten.
Ideologie und Wirtschaft
Für uns Afrikaner bedeutete das Ende des Kalten Krieges einen neuen historischen Betrug, ein falsches Versprechen, wie es schon der Fall war mit der nominellen Unabhängigkeit während der 1950er und 60er Jahre. Denn 20 Jahre nach dem berühmten Jahr der Unabhängigkeiten, d.h. zu Beginn der 1980er Jahre, hatten die Schuldenkrise und in ihrem Gefolge die Strukturanpassungsprogramme des Weltwährungsfonds (IWF) die wenigen, vorsichtigen Anstrengungen, die afrikanischen Staaten nach der Unabhängigkeit wieder aufzurichten, bereits untergraben.
Die 1990er Jahre, eingeleitet durch den Fall der Berliner Mauer, eröffneten für die Afrikaner eine neue Serie von Täuschungen. Von nun an liegt das Heil in freien und transparenten Wahlen, ohne jemals nach Souveränität zu fragen. Bei Wahlen ohne Souveränität, die jedesmal angezweifelt werden, folgt jeder Wahlgang einer polemischen Logik – Chaos und Krieg mit irreparablen Schäden sind nicht weit entfernt.
Dennoch folgen alle politischen Akteure, was auch immer der politische Konflikt ist, sobald sie an der Macht sind, dem neuen neoliberalen Gebetbuch vom Ende der Geschichte, das Francis Fukuyama so lieb und teuer ist, nämlich dem Washingtoner Konsens – das einzige Wirtschaftsprogramm, dem IWF und Weltbank zustimmen.
Was heißt das? Der Washingtoner Konsens, systematisiert 1989 durch den Chefökonomen und Vizepräsidenten der Weltbank John Williamson, besteht darin, den Weisungen des IWF zu den Strukturanpassungsprogrammen Priorität zu geben und sie sogar noch zu verschärfen, nämlich:
– die schnellstmögliche Beseitigung jedweder staatlicher Regulierung,
– die völlige Liberalisierung der Märkte für Güter, Kapital, Dienstleistungen…,
– die baldige Errichtung eines sich selbst regulierenden Weltmarkts…
Und das alles, selbstverständlich, zum Nachteil öffentlicher Investitionen in Gesundheit, Bildung und der für die wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbaren Infrastruktur.
So also sieht, kurz und bündig, die Wirklichkeit des Triumphes der neoliberalen Welt nach dem Kalten Krieg aus!
Afrika und die Fragen der Raumfahrt
Hat Afrika trotz dieser schwierigen Situation Ehrgeiz in der Raumfahrt, die eine Reihe von Problemen im Zusammenhang mit Telefonie, Fernsehen, Radio, Internet, GPS oder der wissenschaftlichen Forschung lösen könnte? Tatsächlich ist die wissenschaftliche Beherrschung des Weltraums eine Frage der Demokratie, denn sie erlaubt die Senkung von Transportkosten und den Zugang zu einer Vielzahl grundlegender Rechte.
Einige afrikanische Länder ragen dabei heraus. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit kann man z.B. Angola, Nigeria, Ghana, Südafrika oder Kenia nennen. Wegen der sehr hohen Kosten wenden sich afrikanische Länder immer an die Vereinigten Staaten, Frankreich, Rußland, Indien oder China, um sich einen Satelliten zuzulegen.
Genau deshalb treten wir in jeder Hinsicht für die Vereinigten Staaten von Afrika ein. Sie könnten nicht nur die Schwierigkeiten der Kosten und der Rationalisierung des Besitzes eines Satelliten für jedes Land regeln, sondern vor allem auch das Problem der wachsenden Unsicherheit zwischen Nachbarn, sobald einer über einen Satelliten verfügt.
Zum Abschluß
Meine Damen und Herren,
Wir setzen dem fatalistischen Konzept des „Endes der Geschichte“ das der Geschichtlichkeit (Historicité) entgegen. Die Geschichtlichkeit ist ein natürliches Vorrecht des Menschen – ein Bewußtsein darüber, daß man in der Geschichte lebt. Das bewirkt eine tatsächliche und sinnvolle Solidarität, die die Vergangenheit und die Zukunft mit der Gegenwart vereint und den Vormarsch einer Freiheit motiviert, die die Zukunft durch einen schöpferischen Akt hervorzubringen sucht.
30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer entwickelt die Menschheit ihren kriegerischen und militaristischen Geist unablässig weiter, kalt und berechnend. Das absehbare Ende wäre der allgemeine nukleare Tod, die gewaltige Zerstörung der zeitgenössischen Zivilisation.
30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer haben die verschiedenen, vielfältigen Täuschungsmanöver bezüglich „transparenter Wahlen“, ohne daß jemals die Frage nach der Souveränität gestellt wird, Afrikas Jugend desillusioniert. Diese afrikanische Jugend, der entscheidende Hebel für die Zukunft Afrikas, hat sich immer mehr den historischen Gestalten des afrikanischen Patriotismus zugewandt: Barthélémy Boganda aus der Zentralafrikanischen Republik, Tom Mboya aus Kenia, Felix Moumié und Oum Ruben Nyobé aus Kamerun, Murtala aus Nigeria, Thomas Sankara aus Burkina Faso, Steve Biko aus Südafrika – alle diese glühenden, jungen und dynamischen afrikanischen Patrioten sind tot, Opfer des Imperialismus.
Der Beitrag des Panafrikanismus zum Frieden auf der Welt bedarf der Afrikanischen Renaissance. Diese Renaissance zieht ihre Widerstandskraft aus dem ältesten agrarischen Mythos der Menschheit: dem Osiris-Mythos. Er stützt sich auf jahreszeitliche Gesten geduldiger Bauern des Niltals: das Korn säen, es in die Erde bringen, danach es ernten, mit der Sichel schneiden, rituell, nach dem Verlassen der Erde, nach der Keimung, die Auferstehung.
Die ägyptischen Baudenkmäler wiederholen die Mysterien unendlich, die eine Analogie zwischen der menschlichen Bestimmung und dem Auf und Ab der Pflanzen zeigen.
Um frei zu werden, müssen wir unbedingt aufhören, Maschinenmenschen, Reflexmenschen, Vernunftmenschen und Robotermenschen zu sein.
Umoja Ni Nguvu
Ich danke Ihnen!
- LaRouche und die Wissenschaft
Jozef Mikloško, ehem. stellv. Ministerpräsident der Tschechoslowakei
Danke schön – Sie klatschen, und wissen noch gar nicht, was ich sage. Das ist zu früh!
Danke schön. Liebe Helga Zepp-LaRouche, liebe Freunde, liebe Damen und Herren,
es wurde schon gesagt, daß ich Slowake bin. Zunächst eine Minute über unsere Situation. Heute ist es genau 30 Jahre nach unserer „Samtenen Revolution“ in der damaligen Tschechoslowakei, am 17. November – unser Staatsfeiertag. Damals ist leise Schnee gefallen, und er hat uns von 40 Jahren schmutzigem Kommunismus erlöst. Damals verschwand der Marxismus-Leninismus aus unserer Geschichte. Das war der schönste Tag in meinem Leben. Darum muß ich auch heute Nachmittag noch bei einer Feier in Bratislava sprechen, darum muß ich ein bißchen früher weggehen.
Wir in der Slowakei haben viele Probleme, wie alle Staaten in Europa, aber wir sind frei, das ist sehr wichtig. Wir sind frei, freie Menschen. Wir können unser Leben nach eigenen Ideen organisieren, wir können frei sprechen, schreiben, publizieren, unternehmen, reisen.
Ich war zwölf Jahre lang Präsident der Slowakischen Christlichen Senioren, vor drei Tagen habe ich das übergeben an jemand anderen. Unsere Rentner haben im Durchschnitt 430 Euro Rente, aber wir schimpfen nicht, wir leben, und wir sind frei.
Und jetzt zur Sache, verzeihen Sie. Noch ein Dank an Helga Zepp-LaRouche und das Schiller-Institut für die Einladung zu dieser interessanten Konferenz.
Lyndon LaRouche war ein amerikanischer Sacharow – Politiker, Ökonom, Mathematiker, Schriftsteller, Musikologe. Er schrieb Dutzende von Büchern und Tausende von Artikeln. Er war Generator neuer Ideen, ein Kämpfer für die Rettung des Christentums, der Familie und des Lebens.
Ich traf mich 17 Mal mit ihm – in Amerika, in Deutschland, dreimal auch in Rom, wo ich Botschafter war. Er sagte, daß den Vereinigten Staaten und Europa eine Vision fehlt, in der es nicht nur um Geld und Wirtschaft geht, sondern insbesondere auch um die geistigen und moralischen Werte. In meinem Buch, eľmi prísne tajné-Ako sme boli slobodní („Ganz streng geheim – So waren wir frei“, 1999) widmete ich Lyndon LaRouche und seinem Institut über 90 Seiten mit 20 Fotos, das übergebe ich nachher Frau Helga, mit anderen Materialien, die ich über die große Persönlichkeit geschrieben habe.
LaRouches Verfolgung
Seine Ansichten haben vor allem in den Vereinigten Staaten, aber auch in Deutschland große Kritik und Verleumdungen ausgelöst. Seine Bewegung wurde vor allem in Amerika schwer verfolgt, ich erinnere an den 6. Oktober 1986, als die damalige Regierung versuchte, mit 400 Polizisten in der Zentrale in Leesburg alles zu beenden und Lyn zu verhaften. Das führte dann zu dem politischen Prozeß und einer absolut ungerechtfertigten Strafe. Als wir gerade unsere größte Revolution gegen den Kommunismus vollbrachten – am 1. Dezember 1989 -, wurde er zu 15 Jahren und seine fünf Mitarbeiter zusammen zu 209 Jahren Gefängnis verurteilt. Mike Billington war damals der Rekordhalter.
In dem Verfahren gegen ihn und seine Kollegen am Ende der 1980er Jahre gab es so viele Irregularitäten, daß viele prominente Vertreter der internationalen Gemeinschaft dagegen protestierten, weil es ungerecht und politisch motiviert war.
Ich wurde 1990 mit seinem Fall bekannt, als ich als Vizepräsident der Regierung der Tschechoslowakei für Menschenrechte zuständig war. Ich habe mehrere Protestbriefe geschrieben, an die höchsten Beamten in Amerika, mit ehemaligen Politikern in mehreren Ländern. Ich bin stolz, daß ich auch ein bißchen beigetragen habe zur Befreiung von Lyn 1994, fünf Jahre nach seiner Verurteilung, und später auch der übrigen „Virginia five“. [Applaus.] Ich habe sie alle besucht, im Kerker, ich habe darüber geschrieben, gerade in diesem Buch.
Im September 1995 nahm ich an einer Anhörung, einem Hearing, in Washington teil, einem internationalen Tribunal prominenter Richter und Anwälte, denen der Fall vorgestellt wurde, auch von Ramsey Clark, dem ehemaligen Justizminister der Regierung Johnson. Die Kommission gelangte zu dem Schluß, daß es in diesem Prozeß einen großen Mißbrauch der Untersuchungen und der strafrechtlichen Gewalt gab, der die Verurteilung und Ausschaltung von LaRouche und seiner Bewegung zum Ziel hatte.
Als Lyn am 8. September 1997 seinen 75. Geburtstag feierte, veranstalteten wir in Washington ein Gala-Programm mit prominenten Sängern, Musikern und Politikern. Das ist ein bißchen Selbstlob, aber ich war damals der Meister der Zeremonien. Ich habe in meinem Leben nie solche Stars der Metropolitan Opera gesehen, und habe zusammen mit ihnen Glory, Glory Halleluja gesungen. Das war ein phantastisches Konzert, und eine phantastische Zeit, ich habe viele Fotos davon, meine Enkelkinder bewundern mich immer dafür.
Ich habe nur 13 Enkelkinder und fünf Urenkelkinder, und eine Frau, mit der ich 55 Jahre zusammen bin. (Und als wir das feierten, sagte meine Frau, „Danke schön! 55 – aber du warst fünf Jahre nicht zuhause!“ Pardon, das paßt nicht hierher.)
Im politischen Programm nahm Lyndon LaRouche kein Blatt vor den Mund. Die Ökonomie sollte produzieren, und nicht spekulieren. Die Politik und die Wirtschaft müssen an moralische Prinzipien gebunden sein.
Er kam auch mit der Idee der SDI, der Entwicklung von Projekten für Europa, Asien und Afrika, der Entschuldung Lateinamerikas usw., auch Projekte zur Entwicklung von Osteuropa. Seine Vorschläge für die Reform des Finanzsystems waren eine Alternative. Er hat die Krise vorausgesagt, vor allem die bösartige Wirkung der Derivatspekulation. Heute druckt man in den USA und in Europa ungedecktes Geld, das nennt man heute „quantitative Lockerung“. Das ist schrecklich, sie drucken und drucken und drucken, Helikoptergeld. 60 Milliarden jeden Monat geben sie kostenlos aus für die Staaten von Europa. Dies reduziert die Zinsen und pumpt das Geld in das schlechte alte Zentralbanksystem, und die retten damit die „Bad Banks“. Das Finanzsystem ist getrennt von der produktiven Wirtschaft.
Als ich aufbrach, telefonierte ich mit unserem ersten Premierminister, Ján Čarnogurský, und sagte ihm, daß ich hierher gehe. Und er sagte: „Grüß Helga und alle Leute, die dort sind“ – er ist heute leider an einem anderen Ort – „aber sag dort, daß sich wirklich alle Prophezeiungen von Lyn seit 1986 in Europa erfüllt haben.“ Das hat der Premierminister der Slowakei gesagt, und ich bin stolz darauf.
Am 30. November haben wir immer in Brünn in Mähren ein Treffen von Tschechen, Mähren und Slowaken, christliche Politiker von damals, und ich glaube, wir werden auch darüber sprechen.
Sechsmal habe ich ihn und die anderen Mitglieder der Bewegung in den amerikanischen Gefängnissen besucht.
Die Slowakei war im Jahr 1994 das zweite Land, das Lyn nach seiner Haft besucht hat. Beim zweiten Besuch im Jahr 1996 schrieb er: „Die Slowakei ist ein glücklicheres Land als andere. Sie hat den Sinn für geistige Werte nicht verloren, sie hat eine nationale Identität. Man braucht ehrliche und entschlossene Führer. Als ich auf dem Pilgerweg in Nitra die Menge von 50.000 singen hörte, habe ich verstanden, daß dies ein gutes Land ist.“
Alles ist noch immer so, nur fehlen uns diese ehrlichen und entschlossenen Führer. Aber hoffentlich kommen sie. Und ich möchte sagen, es gibt in der Slowakei 20 solcher Pilgerplätze, und z.B. in Levoča waren eine halbe Million Slowaken, ein Zentrum der Slowakei für diese Pilger.
LaRouches Grundsätze
Lassen Sie mich nun auf den Entwurf von Lyn von 1998 kommen, um die Krise zu überwinden, der auch heute interessant ist. Wirklich, das gilt noch immer! Es geht um diese Grundsätze:
– Heute ist die Zeit einer gefährlichen finanziellen und wirtschaftlichen Notlage. Nur vorbeugende Maßnahmen können einen Zusammenbruch der Zivilisation verhindern.
– Jede Nation muß darauf bestehen, daß es keine höhere politische Autorität gibt als die souveräne, nationalstaatliche Republik.
– Supranationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds haben ihre Autorität nur als Forum für Konsultationen zwischen souveränen Nationalstaaten.
– Jede Nation behält ihre Souveränität in Bezug auf ihre finanziellen, monetären und wirtschaftlichen Angelegenheiten.
Das sind die Prinzipien.
– Während der Krise sollten keine internationalen Kredite erteilt werden.
– Staatlich geförderte Kredite für Infrastruktur, den produktiven Sektor, Landwirtschaft, Welthandel sollten mit einem Zinssatz von maximal 1-2% pro Jahr ausgegeben werden.
– Die Banken müssen die Derivate deaktivieren, als einen Buchhalter-Schwindel.
– Für den Abschluß von internationalen Vereinbarungen sind keine internationalen Behörden notwendig. Die Weltwirtschaft erstickt an einer Überdosis supranationaler Institutionen.
Lyn hat auch immer ein neues Bretton-Woods-Abkommen vorgeschlagen, das etablieren würde:
– feste, aber anpassungsfähige Wechselkurse;
– die Möglichkeit, die Konvertibilität einzuschränken, wenn die nationale Regierung dies für notwendig erachtet – und so weiter, das ist wahrscheinlich bekannt.
Als Laie ist mir klar, daß es unmoralisch ist, wenn jemand in ein paar Tagen der Spekulation genausoviel Geld bekommt, wie die anderen Leute durch harte Arbeit in ihrem ganzen Leben. [Applaus.] Der Krach des amerikanischen Hedgefonds Enron und vieler Banken ist nur die Spitze des Eisbergs.
LaRouche und das Christentum
Jetzt zum Ende meiner Rede noch einige Sätze von Lyn, die nicht so bekannt sind, aber ich als Christ habe gerade diese Idee auch in meinen Büchern und in meinem Blog erwähnt, und ich möchte sie auch hier erwähnen. Wahrscheinlich werden Sie auch ein wenig überrascht sein, daß Lyn das wirklich so gesagt hat. Er war auch ein gläubiger Christ, der über seinen Glauben erzählt.
Lassen Sie mich einige von seinen Ideen wiedergeben:
– Ein Mensch ist geschaffen als Abbild Gottes, er hat einen hohen positiven Wert.
– Wir müssen aufhören mit dem Töten von ungeborenen Kindern – und auch von geborenen, durch Drogen.
– Alles wird in der Kindheit entschieden. Kinder muß man erziehen zur Kreativität.
– Heute hat niemand für die Kinder Zeit, Fernsehen und Internet machen die dumm. [Applaus.]
(Fernsehen tue ich gar nicht, aber Internet bin ich ein bißchen süchtig, jeden Tag poste ich auf Facebook 10 bis 20 Einträge mit Video – leider, aber was soll ich tun? Aber wenn jemand bei Freunden ist, sagen Sie ihnen, sie sind beim Schiller-Institut, dann werden wir darüber sprechen. Auch von dieser Konferenz habe ich schon einige Nachrichten geschickt, denn wenn Sie nicht im Internet sind, dann existieren Sie nicht. [Lachen.] Pardon!)
– Die Welt tötet die Seele der Kinder.
– Die Erhaltung der Familie muß man schützen.
– Das wichtigste in der Erziehung ist die Kenntnis von klassischer Musik, Geschichte und Mathematik.
In der Slowakei wurden einige Erinnerungen publiziert, von einigen unserer Priester-Bischöfe, mit harter Kritik und absolut offen. Und ich meine, das ist sehr wichtig, daß man so spricht. Denn wenn die Leute sterben, die das sahen, dann ist in hundert Jahren die Geschichte ganz anders. In den letzten ein bis zwei Jahren habe ich das immer gesagt, daß man über die Geschichte wirklich immer die Wahrheit sagen muß. Die Wahrheit befreit uns.
– Die besten Kulturen Europas – das ist wieder eine Idee von Lyn – die besten Kulturen Europas kamen aus dem Christentum.
– Ungebildete Menschen wissen nichts über die Geschichte, Kultur, Wissenschaft, Kunst.
– Nur dumme Menschen glauben, daß es so ist, wie es in der Zeitung und im Fernsehen steht.
In der Slowakei haben wir viele Zeitungen, aber jetzt entscheiden die Inhaber, was drinsteht. Darum kann man einige gar nicht lesen. Es ist alles halb Lügen und auch halb Wahrheit. Dann ist eine Alternative oder das Internet sehr wichtig. Natürlich gibt es dort auch viele Dummheiten, aber da muß man wählen und verschiedene Quellen lesen.
– Die Ideologie des Hedonismus ist krank.
– Der freie Markt vergewaltigt die Schwächeren, zerstört die Landwirtschaft, die Industrie und die Finanzen.
– Der dritte Weg in der Wirtschaft ist eine wirtschaftliche Politik auf christlichen Grundsätzen.
– Geld, die Gegenkultur und die grenzenlose Freiheit führen die Menschen ins Gefängnis.
– Der Kompromiß mit dem Bösen und Toleranz für das Böse muß aufhören.
– Der Kommentar zu der Lüge ist Lüge.
Wie in der Mathematik; wenn ein Axiom nicht gut ist, dann sind alle Theorien schlimm, ein Satz ist nicht Wahrheit.
– Beginnen wir eine Revolution in der christlichen Liebe, wie damals der Samariter.
Und das letzte, das ist ein bißchen poetisch:
– Was ist das Ziel des Menschen? Sie kommen in die Welt als ein Engel, und sie sollten sie auch verlassen wie ein Engel.
Das hat Lyn gesagt. [Applaus.]
Liebe Freunde, das ist das Ende meiner Rede. Ehre dem Andenken von Lyndon LaRouche! Er wird immer in meinem Herzen sein.
Und jetzt möchte ich Helga diese Bücher übergeben, mit einem kleinen Kommentar. Das ist das Buch von 1999, zehn Jahre nach der Wende von 1989. Darin sind 90 Seiten über Lyn. Hier ist die Liste der Kapitel und Abbildungen; leider ist es nur auf Slowakisch. [Applaus.]
- Die Macht der Vernunft: Das lebendige Erbe von Lyndon LaRouche
Dennis Small, Koordinator des Schiller-Instituts für Lateinamerika
Anfang dieses Jahres, zum 30. Jahrestag des Beginns von Lyndon LaRouches Gefängnisaufenthalt am 27. Januar 1989 – wo er fünf Jahre einer 15jährigen Freiheitsstrafe für Verbrechen verbüßte, die er nie begangen hat, was die Handlanger der britischen Regierung und der Bush-Administration, die ihn ins Gefängnis warfen, auch genau wußten – hat die weltweite LaRouche-Organisation unsere langjährige Forderung, daß LaRouche rehabilitiert werden muß, neu aufgegriffen. Als er weniger als drei Wochen später, am 12. Februar 2019, verstarb und wir beschlossen, unsere Bemühungen für seine Rehabilitierung zu verdoppeln, sagten sogar einige unserer wohlmeinenden Freunde und Unterstützer: „Es ist wahr, daß er ungerecht behandelt wurde, aber das ist jetzt Schnee von gestern. Es ist an der Zeit, weiterzumachen und eure Energien auf die Lösung der Probleme der Welt zu konzentrieren, wie die Weltwirtschaftskrise, die andauernden Kriege und die Gefahr einer thermonuklearen Konfrontation sowie die moralische und kulturelle Krise unserer Jugend, u.a. durch Drogen.
Diese wohlmeinenden Menschen könnten nicht falscher liegen. Lyndon LaRouches Rehabilitierung ist die zentrale strategische Frage unserer Zeit.
Es ist wahr, daß der Fall LaRouche nach den denkwürdigen Worten seines Berufungsanwaltes, des ehemaligen US-Justizministers Ramsey Clark, „ein breiteres Spektrum an vorsätzlichem und systematischem Fehlverhalten und Machtmißbrauch über einen längeren Zeitraum mit dem Ziel, eine politische Bewegung und eine politische Führungspersönlichkeit zu zerstören, darstellt als jede anderes Bundes-Strafverfahren in meiner Zeit oder nach meinem Wissen“.
Es ist auch der Fall, daß mehrere Mitarbeiter LaRouches in einer Serie von Bundes- und Landes-Strafverfahren zu Freiheitsstrafen von bis zu 77 Jahren verurteilt wurden.
Aber das größte Verbrechen der Justiz war das am Wohl der Völker und Nationen der Welt und an dem Menschenbild, was die zentralen Anliegen von LaRouches Lebenswerk waren. In seinem Schlußwort vor Richter Albert Bryan vor seiner Verurteilung am 27. Januar 1989 warnte LaRouche:
„Diese Serie von Prozessen mit Schrotflintenmethoden [ist] ein Versuch, mich von der politischen Szene zu eliminieren. Dies hat den Vereinigten Staaten bereits großen Schaden zugefügt. Es ist an der Zeit, daß diese bösartige und rücksichtslose Verfolgung eingestellt wird, bevor unseren Vereinigten Staaten noch viel größerer Schaden zugefügt wird.“
Aber dieser Schaden wurde angerichtet, und er raubte dem amerikanischen Volk seinen erhabensten Staatsmann und Ökonomen, mit dessen Politik der letzten 50 Jahre die Welt heute ein ganz anderer Ort wäre. Dieses Unrecht muß jetzt rückgängig gemacht werden, wenn die Welt überleben soll. Gerechtigkeit für den Menschen bedeutet Gerechtigkeit für seine Ideen.
Ich hoffe, Ihnen einen Eindruck von beidem zu vermitteln, indem ich Ihnen kurze Auszüge aus LaRouches letzter öffentlicher Rede vor dem Antritt seiner Gefängnisstrafe sowie aus seiner ersten Rede nach der Entlassung fünf Jahre später zeige. Denken Sie darüber nach, was für ein außergewöhnlicher Geist diese beiden „Buchstützen“ produzieren konnte.
LaRouches „Verbrechen“
Was war LaRouches Verbrechen? Er hat bewiesen, daß Satan Unrecht hat.
Lassen Sie mich das erklären. 1998 veröffentlichte LaRouche eine Autobiographie mit dem Titel Die Macht der Vernunft – also nicht „Die Macht des Geldes“ oder „Die Macht der Medien“ und schon gar nicht „Die Macht des positiven Denkens“. Die allerersten Worte des Vorwortes des Autors zu diesem Buch lauten:
„Im Verlauf von nun beinahe zwanzig Jahren bin ich zu der vielleicht umstrittensten aller führenden internationalen Persönlichkeiten dieses Jahrzehnts geworden. Im Unterschied zu allen anderen Kandidaten für das amerikanische Präsidentenamt seit 1945 bin ich ein selbständig denkender Mensch.“
LaRouche bewies, daß wahres Wissen nicht aus der Sinneswahrnehmung stammt, sondern aus dem Geist des Menschen. Die schöpferischen Kräfte des Menschen sind die mächtigste Kraft des Guten im Universum, und sie finden ihren Ausdruck in der einzigartigen Fähigkeit des Menschen, seine potentielle relative Bevölkerungsdichte endlos zu erhöhen. LaRouche hat diese zentrale Entdeckung in einem Essay vom November 1993 selbst so zusammengefaßt:
„Das zentrale Merkmal meines ursprünglichen Beitrags zur Leibnizschen Wissenschaft der physikalischen Ökonomie ist die Bereitstellung einer Methode im Umgang mit dem kausalen Zusammenhang zwischen dem Beitrag des einzelnen zu axiomatisch revolutionären Fortschritten in wissenschaftlichen und analogen Wissensformen einerseits, und der daraus resultierenden Zunahme der potentiellen Bevölkerungsdichte entsprechender Gesellschaften andererseits.“
Das Gute zu tun, war für Lyn identisch mit rigoroser wissenschaftlicher Wahrheit. Die gleiche Kreativität, die „die Sterne wie Schilf beugt“, wie er einst schrieb, verleiht dem Menschen einen freien Willen und damit eine Moral, die kein größeres Glück findet, als das Gute zu tun. Jeder, der Lyn kannte, weiß, daß er eine beständige Liebe zur Wahrheit hatte, eine Liebe zur Menschheit, eine Liebe zum Guten – und er liebte auch einen guten Kampf.
In seiner letzten öffentlichen Rede vor seiner Verurteilung am 16. Dezember 1988, die er knapp eine Woche davor auf einer „Food for Peace“-Konferenz in Chicago hielt, war LaRouche unerschütterlich:
LaRouche (Video:) „Es gibt keinen Teil der Gesellschaft, keine Wählergruppe, die nicht das gleiche Interesse hat. Das heißt, in dieser Angelegenheit hat kein Volk irgendeiner Nation ein anderes Interesse als das einer anderen Nation. Wir sprechen von der Zukunft von Hunderten von Milliarden ungeborener Seelen, ohne deren Erfolg unser Leben nichts bedeutet. Das ist das gemeinsame Interesse, das jeden von uns vereint, so daß es in dieser Frage, in dieser Sache, in diesem Interesse keinen Unterschied zwischen uns gibt.
Wenn wir so kämpfen, wenn wir mit Liebe zur Menschheit kämpfen, indem wir besonders an die Hunderte von Milliarden Seelen denken, die darauf warten, geboren zu werden, und auch an diejenigen, deren Martyrium und anderen Opfern wir das verdanken, was unser Potential ausmacht, und unsere Schuld ihnen gegenüber in Bezug auf das, was wir an die Zukunft weitergeben; und wenn wir unser Leben nicht als etwas betrachten, das von Moment zu Moment gelebt wird, sondern als ein ganz kleines Stück Erfahrung, mit einem Anfang und nicht allzu viel später einem Ende; und unser Leben nicht als etwas ansehen, was zum Vergnügen an sich gelebt wird, sondern als eine Gelegenheit, eine Aufgabe zu erfüllen – einen Zweck, der sich in dem widerspiegelt, was wir den Hunderten von Milliarden Seelen hinterlassen, die darauf warten, in ihrem Zustand geboren zu werden: Dann können wir, falls unser sterbliches Leben kürzer sein muß, weil wir es so hingeben, daß die Sache der Hunderte von Milliarden noch ungeborener Seelen sichergestellt ist, mit Freuden sterben, weil wir unser Leben vollendet haben, erfüllt haben. Uns wurde vielleicht die Chance genommen, es noch ein wenig mehr zu erfüllen, aber dennoch haben wir es erfüllt…
Wir sind alle klein, wir sind alle Individuen. Aber wenn wir wissen, daß wir uns in dieser Hinsicht einig sind, dann wissen wir, daß das, was jeder von uns als Individuum in dieser vereinten Weise tut, gedeihen wird. In diesem schrecklichen Moment der Menschheit, in dem die Zivilisation, wie wir sie seit Jahrhunderten kennen, in den kommenden etwa zwei bis zehn Jahren uns genommen zu werden droht, besteht die Gefahr, diese Zivilisation zu verlieren; aber wir haben auch die Möglichkeit, eine heroische Lösung für diese Krise zu finden und Generationen zu werden, die in unserer Zeit angesichts des Kelchs von Gethsemane diesen Kelch angenommen und damit in der Nachfolge Christi die Sache der Rettung der zukünftigen Seelen fortgeführt haben.“
Der Inbegriff des Amerikaners
Dennis Small: In dieser Entschlossenheit war Lyndon LaRouche der Inbegriff des Amerikaners. Ich will Ihnen das beweisen, indem ich die Worte und Gedanken eines anderen vollkommenen Amerikaners zitiere – den philosophischen Begründer unserer Verfassungsrepublik, Gottfried Wilhelm Leibniz. 1702 schrieb Leibniz in seiner Meditation über das gemeinsame Konzept der Gerechtigkeit: „Gerechtigkeit ist Güte, die mit der Weisheit übereinstimmt… und Weisheit ist nach meinem Gefühl nichts anderes als die Wissenschaft der Glückseligkeit“ – womit nicht die hedonistische Lust gemeint ist, für die Leute wie Hobbes und Bentham geworben haben.
„Man muß die Freuden der Sinne meiden, wie man einen Fremden oder mehr noch einen schmeichelnden Feind meidet“, hatte Leibniz in den 1690er Jahren geschrieben. „So hat die souveräne Weisheit alles so gut geregelt, daß unsere Pflicht auch unser Glück sein muß.“ Und wahre Glückseligkeit ist „die Ausübung unseres Willens, immer nach unserem Verständnis zu handeln… und für die Förderung des Gemeinwohls… Denn nur so viel von unserem Leben soll als wahrhaftiges Leben geschätzt werden, wie das Gute, das wir in ihm tun.“
Diese Leibnizianische Sichtweise durchzog das Denken der Gründerväter der Vereinigten Staaten, unter ihnen Cotton Mather, die produktivste intellektuelle Figur im kolonialen Amerika, dessen begabtester Schützling kein anderer als Benjamin Franklin war. Mather schrieb 1710 in seinen Essays to Do Good:
„Es ist eine unschätzbare Ehre, Gutes zu tun; es ist ein unvergleichliches Vergnügen. Ein Mensch muß sich selbst als von Gott würdig und befriedigt betrachten, wenn ihm eine Gelegenheit gegeben wird, Gutes zu tun. Er muß es mit Begeisterung annehmen, damit er das große Ende seines Seins beantworten kann.“
Wie Leibniz griff auch Mather den Hedonismus nachdrücklich an:
„Herrscher, die ihre höhere Stellung nicht anders nutzen, als gegenüber ihren Nächsten zu prahlen und ihre unterwürfigen Schmeicheleien zu genießen und sich mit der Beute zu bereichern, die sie ihnen entreißen können, und sich dann in sinnlichen und barbarischen Freuden zu suhlen – das sind die niederträchtigsten Menschen.“
Deshalb beruft sich die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten im Sinne von Leibniz auf das Recht auf „Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit“ – und nicht auf „Leben, Freiheit und das Streben nach so viel sinnlichem und barbarischem Vergnügen, wie ich aus meiner sinnlosen Existenz herauspressen kann“.
Vergleichen Sie diese wahrhaft menschliche Sichtweise mit dem barbarischen Menschenbild, das vom Britischen Empire und seinen Vertretern wie dem Aristoteliker Thomas Hobbes gewaltsam verbreitet wurde, der 1651 in seinem Leviathan schrieb:
„Es gibt keine Vorstellung im Kopf eines Menschen, die nicht ursprünglich, ganz oder teilweise, unseren Sinnesorganen aufgeprägt wurde… Aus diesem Krieg eines jeden Menschen gegen jeden Menschen folgt auch: daß nichts ungerecht sein kann. Für die Begriffe Recht und Unrecht, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit ist dort kein Platz.“
Und das wiederum führte Hobbes zu seiner offenen Verteidigung des Bösen:
„Persönliche Gier ist das Maß für Gut und Böse… Glück ist das ständige Voranschreiten des Begehrens von einem Objekt zum anderen.“
Wenn der Mensch so von seinen Sinnen und seinen tierischen Begierden beherrscht wird, dann kann man ihn leicht zum Sklaven machen, argumentierte Hobbes, indem man ihm genügend Vergnügen (oder Geld) bietet und verspricht, seinen Schmerz zu minimieren.
Möglicherweise sind Sie mit einer früheren Formulierung dieser Ansicht vertraut:
„Jeder Mensch hat seinen Preis.“
Wer ist der Autor dieses edlen Ausspruchs? Satan. Aber Satan irrt.
Wo wäre die Welt heute?
Um zu verstehen, warum Lyndon LaRouches Rehabilitierung die wichtigste strategische Frage unserer Zeit ist, sollten Sie sich überlegen, wo die Welt stünde, wenn man LaRouches Vorschläge umgesetzt hätte.
Konzentrieren wir unsere Aufmerksamkeit auf zwei Bereiche der Politik.
Erstens „die Leibnizianische Wissenschaft der physischen Ökonomie“. Hunderte Millionen Menschen, die in den letzten Jahrzehnten infolge von extremer Armut und Krankheiten gestorben sind oder leiden mußten, wären heute am Leben und würden gedeihen und zur Entwicklung der Menschheit beitragen, wenn LaRouches Finanz- und Wirtschaftsreformen (seine „Vier Gesetze“) – umgesetzt worden wären, als er sie erstmals in den 1970er Jahren vorschlug. Betrachten Sie die Entwicklung der Armut auf der Welt seit 1981.
Abb. 1: Extreme Armut in China und weltweit (Millionen bzw. % der Gesamtbevölkerung)
Die Verringerung der Armut weltweit ist vor allem Chinas Erfolgen bei der Armutsbekämpfung zu verdanken.
In den letzten 37 Jahren hat China nach Angaben der Weltbank rund 850 Millionen Menschen aus der Armut geholt. Das sind mehr als 10% der gesamten Menschheit, die heute in der Lage sind, einen wertvollen Beitrag zur Produktivität der Menschheit zu leisten und ihre Zukunft mitzugestalten. In der übrigen Welt leben immer noch über 600 Millionen Menschen in extremer Armut. China verbesserte sich von einem Anteil von 46% der armen Menschen der Welt im Jahr 1981 auf 5% im Jahr 2017 und heute fast 0% (Abbildung 1).
Abb. 2: Anstieg der Lebenserwartung in China (Jahre)
Abb. 3: Verringerung der Kindersterblichkeit in China (Todesfälle pro 1000 Lebendgeburten)
Nicht nur die Armut in China wurde ausgerottet, die Bevölkerung ist auch groß und wächst, und die Lebenserwartung ist innerhalb der letzten fünf Jahrzehnte von 44 Jahren auf 76 Jahre gestiegen (Abbildung2, 3).
Abb. 4: Alphabetisierungsgrad in China und weltweit (% der Erwachsenen)
Hinzu kommt die allgemeine Verbesserung der Bildung und der wissenschaftlichen Fähigkeiten dieser wachsenden Bevölkerung, die sich in Parametern wie einer steigenden Alphabetisierungsrate widerspiegelt, die weit über dem Weltdurchschnitt liegt (Abbildung 4). So zeigt sich ein klareres Bild eines Landes mit der am schnellsten wachsenden potentiellen relativen Bevölkerungsdichte auf der Erde.
Das, und nicht das BIP, ist das wahre Maß des Potentials der physischen Wirtschaft, wie Lyndon LaRouche wiederholt gezeigt hat.
Nun, wenn China es schafft, warum nicht auch wir? Chinas Wirtschaftspolitik ist im wesentlichen die von Leibniz, Mather, Hamilton und LaRouche – mit chinesischer Prägung. Stattdessen tolerieren wir im transatlantischen Sektor massenmörderische Auflagen des IWF für die Entwicklungsländer, eine malthusianische „grüne“ Politik und endlose Rettungsaktionen für die 1,5 Billiarden Dollar große Blase der Spekulationsgeschäfte, die nun droht, das gesamte Weltfinanzsystem zu zerstören.
LaRouche hat nicht nur wie kein anderer Ökonom die Zusammenbruchskrise des transatlantischen Systems vorhergesagt, er lieferte auch detaillierte programmatische Studien für jede Region der Erde mit den notwendigen politischen Maßnahmen, um eine wissenschaftliche Renaissance einzuleiten.
Ein zweiter Bereich seiner Politik ist die Zusammenarbeit zwischen den USA und anderen Großmächten, um die Grenzen des menschlichen Wissens voranzutreiben, u.a. durch die Erforschung und Besiedelung des Weltraums mit Kernfusionsantrieben. LaRouches SDI, die 1983 von US-Präsident Ronald Reagan als Strategie übernommen wurde, war ein detaillierter Vorschlag, um die Ära der Geopolitik, der ständigen Kriege und der drohenden thermonuklearen Vernichtung zu beenden, indem man eine Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion bei neuen physikalischen Prinzipien für die Raketenabwehr und breitere zivile Anwendungen einleitet.
Weil diese Politik Mitte der 80er Jahre von den Briten verhindert wurde, blieb die Welt im Griff der britischen, Hobbesschen Politik des manipulierten „Krieges jeder gegen jeden“, wodurch Millionen und Abermillionen von Menschenleben durch Krieg, Zwangsmigration, Terrorismus und ähnliches zerstört wurden, besonders in Südwestasien und in Afrika.
Wäre LaRouches Politik angenommen worden, dann wäre die Menschheit heute bereits ins Fusionszeitalter eingetreten, und wir hätten wahrscheinlich bereits die ersten Siedlungen auf dem Mars. Die Jugend hätte nicht die Aussicht auf eine Zukunft voller Drogen, kulturellem Verfall und der Gier nach immer niedrigeren Genüssen – mit freundlicher Unterstützung Satans und seines Internets -, sondern sie würde sich zu Astronauten, Ingenieuren und klassischen Musikern ausbilden. Sie würden darüber nachdenken, wie sie mit ihrem Leben Gutes tun können.
Kurz gesagt, die Rehabilitierung Lyndon LaRouches und seiner Ideen wird, wie Helga Zepp-LaRouche betont hat, eine revolutionäre Wirkung auf die Zukunft der Menschheit haben, die vergleichbar ist mit den Auswirkungen, die die Wiedereinführung von Platon in Europa auf die Goldene Renaissance hatte.
Die LaRouche Legacy Foundation
In diesem Sinne haben wir eine Stiftung gegründet, die LaRouche Legacy Foundation, die damit beginnen wird, LaRouchs gesammelte Werke zu veröffentlichen und ein digitales Archiv seines Lebenswerks einzurichten. Die Mission der Stiftung ist es, zukünftigen Generationen das lebende Erbe Lyndon LaRouches zu hinterlassen, um „das wissenschaftliche und literarische Werk des amerikanischen physikalischen Ökonomen Lyndon LaRouche, Jr. zu fördern, dazu beizutragen, sein Werk international bekannt zu machen, und seine wissenschaftlichen Durchbrüche weiterzuverfolgen… zum Zwecke der Förderung des Verständnisses und der Wertschätzung für die physische Ökonomie, die Naturwissenschaften, die Geschichtsschreibung, die Rolle der klassischen Kultur bei der Förderung und Förderung der menschlichen Kreativität und anderer, verwandter Bereiche“.
Lassen Sie uns zum Schluß anhören, was Lyn selbst über die Macht der Vernunft sagt. Dies ist die erste Rede, die er nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis am 19. Februar 1994 auf einer Konferenz des Schiller-Instituts in den Vereinigten Staaten hielt:
Lyndon LaRouche (Video): „Freiheit und wirtschaftliche Entwicklung hängen voneinander ab. Sie sind das Gleiche.
Was ist wirtschaftliche Entwicklung? Geht es darum, etwas zu besitzen? Ist es ein Cargo-Kult? Die wirtschaftliche Entwicklung nutzt das Prinzip des menschlichen Geistes. Vergessen wir nicht, bei dieser ganzen Angelegenheit der Menschheit, ihrer Kraft und so weiter: Die einzige Kraft, die die Menschheit hat, liegt in dem, was den individuellen Menschen zum Abbild des Schöpfers macht: der Kraft der schöpferischen Vernunft. Das einzige, was den individuellen Menschen in der Wissenschaft von einem Tier unterscheidet, ist die Vernunft – die Fähigkeit, wissenschaftliche und künstlerische Entdeckungen zu machen und das Verhalten des Menschen durch diese Konzepte, diese Entdeckungen weiterzuentwickeln. Die einzige Macht und die größte Macht im zeitlichen Universum ist die Macht der Ideen – keine Formeln, keine Rezepte, keine Gewalt, sondern Ideen.
Der einzige Grund, warum die menschliche Gattung alles überlebt hat, was sie überlebt hat, sind Ideen. Das ist die Kraft, die wir einsetzen. Die Macht der Wirtschaft liegt ganz in Ideen, in wissenschaftlichen und verwandten Entdeckungen, die dem Menschen mehr Macht über die Natur verleihen. Es gibt keine Möglichkeit der Entwicklung ohne die Freiheit, bessere Ideen zu erzeugen, zu übertragen, zu assimilieren und zu praktizieren…
Entwicklung und Freiheit sind das Gleiche, denn beide beinhalten die Freiheit zu Ideen für Veränderungen. Das ist kein Liberalismus, nicht das Recht, zehnmal am Tag sein Geschlecht zu verändern, sondern das Recht, seinen Verstand zu nutzen, um neue, andere Ideen zu entwickeln, zu assimilieren und anzuwenden, um so die menschliche Praxis moralisch und materiell zu verbessern. Darin besteht wirtschaftliche Entwicklung.
Das erfordert Infrastruktur. Man wird keine Wüste wirtschaftlich entwickeln, indem man nur dasitzt und Ideen hat – man braucht Wasser. Man muß also seinen Verstand benutzen, um sich Wasser zu besorgen. Man braucht Energie, Strom; man braucht sanitäre Einrichtungen und alles andere. Also wendet man die Kraft der Vernunft mit Ideen an…
Was dann geschieht, ob in der gegenwärtigen Lage in Südamerika und anderswo, in den Vereinigten Staaten, auf den Britischen Inseln, auf dem europäischen Kontinent, in Rußland, in Osteuropa, in China und schon bald auch anderswo: überall sind die Menschen auf dieser Welt mit der Realität konfrontiert, daß es so nicht weitergehen kann. Und sie suchen nach Ideen und werden weiter danach suchen.
Überall in Schwarzafrika gibt es Menschen, die ich kenne, die sehr genau verfolgen, was wir tun, und die gerne reagieren würden und die das in der Vergangenheit schon versucht haben. Aber sie haben Angst, und mein Aufenthalt im Gefängnis hat ihnen auch nicht gerade Mut gegeben. Denn sie haben sich gesagt: Schau dir den Kerl an, er ist der einzige Mensch in den Vereinigten Staaten, der das will, und sie haben ihn ins Gefängnis gesteckt. Er ist erledigt! Es gibt niemanden, an den man sich wenden kann, sagten sie.
Nun, ich bin wieder frei! Ich könnte morgen tot sein, aber heute bin ich frei. Wir wissen, wie man gewinnt, und wir werden gewinnen. Aber es steht nicht in unserer Macht, zu dekretieren, wann der Sieg stattfinden wird. Wir müssen tun, was wir tun müssen, um den Sieg herbeizuführen. Und wir müssen darauf vertrauen, daß uns irgendwann die Chance geboten wird – die Gelegenheit wird kommen. Seien wir bereit, seien wir hartnäckig, arbeiten wir uns durch Frustrationen und Niederlagen hindurch. Lassen wir uns durch nichts abhalten. Wir werden kämpfen, und wir werden kämpfen, bis wir gewinnen. Denn das ist unsere Pflicht, und das ist unsere Hoffnung, und das wird unser Sieg werden, ob wir ihn erleben oder nicht.“
- Der Mann, der hätte Präsident sein sollen
Theo Mitchell, ehem. Landessenator von South Carolina
(deutsch: Guten Tag, meine Freunde,) allen voran die ehrenwerte Helga Zepp-LaRouche, die schon vor Jahrzehnten eine First Lady der Vereinigten Staaten hätte sein sollen.
Es ist mir eine Ehre, hier in Frankfurt zu sein, um an das Leben eines der besten Prognostiker der Welt zu unseren Lebenszeiten zu erinnern: Dr. Lyndon LaRouche. Egal, was man in der Vergangenheit über ihn gedacht haben mag – selbst in Zeiten, wenn es ihm schlecht erging, konnte Lyndon uns immer erheben. Mit seinem photographischen Gedächtnis und seinem nimmermüden Verstand lehrte Lyndon uns, daß die Realität unserer Existenz lautet: „Seid gut zueinander.“
Ob es nun die Realität unserer Existenz war oder eher „eine Verzögerung der nationalen moralischen Entwicklung im Herzen Amerikas“, wie der schwedische Ökonom und Soziologe Gunnar Myrdal sagte, der Autor des Buches Ein amerikanisches Dilemma: das Negerproblem und die moderne Demokratie: es besteht kein Zweifel daran, wie sehr wir uns auf den Mut der wenigen, wie Lyndon LaRouche, verlassen müssen, um das Unrecht der vielen zu überwinden.
Immer wieder setzte sich „Lyn“, wie wir ihn nannten, für die Sache der vielen ein, insbesondere hinsichtlich des Zusammenbruchs des amerikanischen Rechts und des Wiederauflebens unmoralischer Praktiken im krassen Widerspruch zur Verfassung – dafür ging er sogar ins Gefängnis. Auch wenn er sich eine blutige Nase geholt haben mochte, er ging immer erhobenen Hauptes. Lyn bat nie andere um einen Gefallen. Er weigerte sich sogar, die drückenden Gefängnisschuhe auszuziehen, die er fünf Jahre lang eingesperrt tragen mußte.
Lyn wußte, daß etwas getan werden mußte, um offenkundiges Unrecht zu korrigieren, aber wer sollte es tun? Deshalb gibt es die LaRouche-Bewegung, die – damals wie heute – Tausende positiv angesteckt hat.
Einige von uns werden nie vergessen, daß Leute wie Don Fowler, der ehemalige Vorsitzende des Demokratischen Nationalkomitees (DNC), am Ende den Preis dafür zahlen müssen, daß sie Lyn eifersüchtig seinen rechtmäßigen Platz in der nationalen Politik verweigerten – Lyn, der meiner Meinung nach der „beste“ Kandidat für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten war. Fowler und seine Kumpane verweigerten Lyn die Zulassung in den Wahljahren 1980, 1984, 1988, 1992, 1996 und 2000, obwohl er immer öffentliche Wahlkampfgelder erhielt. Lyn war ein legitimer Kandidat und hätte ein Recht auf Delegierte beim Demokratischen Nationalkonvent gehabt, nachdem er 1996 in Louisiana mehr als 15% der Stimmen erhalten hatte. Außerdem nahm das DNC in Arkansas im Jahr 2000 Lyn Delegierte weg, die viele Bürger vertraten, die für LaRouche gestimmt hatten, und gab diese einfach Al Gore, den sie nicht gewählt hatten. Aber bei der Präsidentschaftswahl 2000 verlor Gore den Bundesstaat Arkansas, weil er auch die Unterstützung des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton ablehnte, der aus Arkansas stammte, aber gerade vom Kongreß angeklagt worden war. Indem Gore LaRouche und Clinton verriet, ruinierte er seine Wahl, sie scheiterte an diesem Bundesstaat.
Der frühere amerikanische Justizminister Ramsay Clark, der später, ebenso wie ich, Lyn vertrat, sagte, Lyn sei „mutig und unverwüstlich“. Lyn sei ein sehr integrer und ehrenwerter Mann, daß er Amerika nicht kaputtmachen, sondern verbessern wollte. Clark sagte weiter: „Das DNC unter Fowler handelte hinterhältig, heuchlerisch, verräterisch und heimlich, um Lyn in mehreren Bundesstaaten die Kandidatur zu verweigern.“
1995 nahm ich zusammen mit Ex-Justizminister Clark und mehreren anderen prominenten Personen an zweitägigen, unabhängigen „Anhörungen zur Untersuchung von Fehlverhalten des US-Justizministeriums“ teil.
Bei den Anhörungen standen zwei beispielhafte Fälle im Mittelpunkt. Der erste Fall: Das FBI organisierte eine Operation mit dem deutschen Codenamen „Operation Frühmenschen“, die sich systematisch gegen schwarze und hispanische Volksvertreter richtete, weil diese als „geistig Minderwertige ohne Moral und Charakter“ betrachtet wurden, die keinen Respekt der weißen Mehrheit verdienten. Ich selbst wurde dabei zur Zielscheibe, aber ich durchschaute das FBI. Jedem einzelnen schwarzen Abgeordneten im Bundesstaat Süd-Carolina wurde eine Falle gestellt, und es gab Anklagen gegen 28 meiner Kollegen, wodurch zeitweise die komplette Gruppe schwarzer Landtagsabgeordneter in Süd-Carolina ausradiert wurde. Die LaRouche-Bewegung dokumentierte, daß zum Zeitpunkt der Anhörungen 80% aller schwarzen und hispanischen Volksvertreter in den USA von der Staatsanwaltschaft untersucht wurden, unter Anklage standen oder inhaftiert waren!
Der zweite beispielhafte Fall war der von Lyndon LaRouche; er wurde verfolgt wegen seiner politischen Ansichten und Lösungen für die wirtschaftliche, politische und moralische Krise, nicht nur in den USA, sondern auch international. Wir warnten damals und später, wenn dieses Unrecht gegen mißliebige Personen wie Lyn ignoriert würde, dann könne das die Grundlagen unserer verfassungsmäßigen Regierung gefährden. Heute sehen wir, wie dieses Problem alle Bereiche unseres Justizwesens durchzieht, von oben angefangen.
Lyn, der diesen Weg gegangen ist, scheint „göttlich inspiriert“ gewesen zu sein. Zum Beispiel haben sich seine Vorhersagen zum Gesundheitswesen bewahrheitet, ebenso wie seine Vorhersagen zum Bürgerrechtsgesetz von 1964, das wesentlich den Weg für das Wahlrechtsgesetz von 1965 ebnete, mit dem die Verfassung bekräftigt wurde. Auch Lyns Kampagne gegen die Diskriminierung der Schwarzen im Süden trug Früchte. Dank Lyns Arbeit haben wir heute mehr schwarze Parlamentarier in Amerika als jemals zuvor seit der Ära nach dem Bürgerkrieg.
Helga, die Kampagne für Lyns Rehabilitierung darf nie nachlassen, denn er hat kein Verbrechen begangen, außer, die Wahrheit zu sagen – etwas, was Missetäter weder akzeptieren noch verstehen können. Seine Kritik an der Wall Street wurde von den Habgierigen und Bösartigen nie akzeptiert. Seine Kritik an der Immobilienwirtschaft und der Sozialpolitik wurde sogar von seiner eigenen Demokratischen Partei angegriffen. Lyn sagte auch den Fall der Berliner Mauer und die deutsche Wiedervereinigung voraus.
Abschließend möchte ich sagen: Wir versammeln uns heute hier, um einen wahren Mann zu ehren, dessen Leben darin bestand, seinen Mitmenschen zu helfen, der in sehr schwierigen Zeiten unerwarteten Mut bewiesen hat. Ja, auch heute noch! Lyns Werk ist noch nicht zu Ende. Die Zeit gab ihm Recht und wird dies auch weiter tun, und seine Leute werden irgendwann große Freude daran haben, daß er hier unter uns war!
Hatte Lyndon LaRouche eine historische Bedeutung für die Vereinigten Staaten? Die Antwort lautet Ja, und sie hat sich unzählige Male manifestiert. Die Zeit, die ich heute hier habe, ist zu kurz, um alle seine Erfolge aufzuzählen.
Zu guter Letzt: Wenn wir Lyns großartiges Leben loben, dürfen wir nicht die Frau vergessen, die maßgeblich zu seinem Erfolg beigetragen hat: Helga Zepp-LaRouche, die nicht nur eine amerikanische First Lady, sondern auch Bundeskanzlerin hätte sein sollen.
- Vaterland, Nation und Staat aus der Sicht progressiver Katholiken und aus der Sicht LaRouches
Nino Galloni, ehemaliger Regierungsbeamter, ehemaliger Wirtschaftsprüfer des Istituto Nazionale della Previdenza Sociale (INPS)
In meinem Vortrag möchte ich die Modernität des Beitrags von zwei wichtigen Vertretern des italienischen fortschrittlichen Katholizismus besprechen und hervorheben, Luigi Sturzo und Giuseppe Dossetti, sowie den Beitrag eines christlichen Denkers – Lyndon LaRouche -, dessen Person und Brillanz wir heute feiern.
Ich habe Lyndon selbst und viele seiner Mitarbeiter seit etwa 15 Jahren immer wieder überall in Europa und auf der ganzen Welt getroffen; hingegen habe ich Dossetti nur zweimal getroffen und Sturzo nie. Aber mein Vater – ein Staatsmann, der in der Geschichte der italienischen Republik eine wichtige Rolle spielte, ein Gelehrter auf dem Gebiet der Politik- und Agrarwissenschaft von internationalem Rang sowie ein Bewunderer und Freund LaRouches – war ein Anhänger und Schüler Dossettis, wenn auch mit einigen Kritikpunkten, die wenig bekannt sind.
Nach der Ermordung des Vorsitzenden der DC (Christdemokraten) Aldo Moro 1978 spaltete sich die italienische Politik in zwei Blöcke: einen rechten, der Sturzo nahestand, und einen linken, der auf Dossetti blickte, aber in reduktionistischer Weise. Beide Fraktionen, die sich in den letzten 30 Jahren in der Regierung abgewechselt haben, waren nicht in der Lage, die Bedürfnisse des Landes zu verstehen, und haben für uns eine stetige Verschlechterung der Lage herbeigeführt. Der Unterschied zwischen Sturzo und Dossetti wird sich in den folgenden Ausführungen klar zeigen, aber auflösen läßt er sich nicht ohne das, was ich die „LaRouche-Lösung“ nenne.
Die Unterschiede zwischen Sturzo und Dossetti
Ich werde der Reihe nach vorgehen, um klar verstanden zu werden, was nicht ganz einfach, aber notwendig ist, um festzustellen, ob Katholiken ihre eigene Sicht wirtschaftlicher Probleme voranbringen können, die gegen den freien Markt ist (aber dabei Franziskus nicht mit dem Prinzen von Wales verwechselt) und die christlich-sozial ist.
- Als Benito Mussolini 1922 – dank der Unterstützung der Krone (und nicht nur ihr) – die Macht übernahm, war Sturzo von Anfang an sehr ablehnend, weil er in Benito Mussolinis „Radikalsozialismus“ den Versuch sah, den Staat (der „Große Leviathan“) und die Staatsautorität über alles zu stellen. Die Frage erübrigte sich bald, als der Faschismus durch die Ermordung des sozialistischen Abgeordneten Giacomo Matteotti seine Maske fallen ließ. Luigi Sturzo, Mussolinis Feind Nummer Eins, mußte ins Ausland fliehen.
- Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde mit einer Volksabstimmung die Republik als Staatsform beschlossen. Sturzo stand dem Inhalt des Verfassungsentwurfs, der ein Jahr später verfaßt wurde, sehr kritisch gegenüber, obwohl sich dessen Inhalte, die stark von Dossetti beeinflußt wurden, nicht wesentlich unterschieden von den Inhalten der Sizilianischen Statuten, die Sturzo begrüßt hatte.
Dossettis Arbeit zielte im Dialog mit den anderen politischen Kräften, die eine wesentliche Rolle im antifaschistischen Kampf gespielt hatten, darauf ab, daß die Zentralregierung in mehreren Bereichen (Soziales, Wirtschaft, Antikriegspolitik, Bildung usw.) eine aktive Rolle spielen sollte. Von besonderer Bedeutung ist Art. 3 der Verfassung: „Es ist Aufgabe der Republik, die Hindernisse wirtschaftlicher und sozialer Art zu beseitigen, die durch eine tatsächliche Einschränkung der Freiheit und Gleichheit der Staatsbürger der vollen Entfaltung der menschlichen Person und der wirksamen Teilnahme aller Arbeiter an der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gestaltung des Landes im Wege stehen.“
Sturzo dagegen sah darin in erster Linie ein Vorrecht von Privatpersonen und Familien, erst an zweiter Stelle der lokalen Behörden und nur danach des Staates, basierend auf dem oft in päpstlichen Enzykliken vertretenen Subsidiaritätsprinzip. Dossetti und die Verfassung von 1948 stellten diesen Ansatz auf den Kopf und erkannten, daß vorrangig die Regierung für die Bedürfnisse der Menschen und der Gesellschaft zu sorgen habe.
- Sturzo begründete den Widerstand gegen die Rolle der Zentralregierung auch mit einer angeblichen Kontinuität mit dem Faschismus, der nach der Krise von 1929 private Interessen durch den Staat gerettet und große Teile der Wirtschaft verstaatlicht hatte. Aber staatliche Konzerne und Einrichtungen wie IRI, Eni, Cassa per il Mezzogiorno, Svimez usw. konnten nun im Rahmen eines Denkens eingesetzt werden, das in den dreißiger Jahren mit Franklin Delano Roosevelt etabliert worden war und das den liberalen Ansatz ablehnte, wonach der Markt alle Probleme in der Wirtschaft lösen könne. Roosevelts Lehren wurden in der Nachkriegszeit angewandt, aber einige Jahrzehnte später völlig vergessen – und in den 80er Jahren beschäftigte sich die Marktpolitik mit Problemen, die dadurch verursacht wurden, daß das Wachstum der internationalen Märkte das Wirtschaftswachstum erstickte!
- Somit vertrat Sturzo nach Ende des Zweiten Weltkriegs seine freimarktwirtschaftlichen und autonomen Positionen weiter und kritisierte sogar – wie wir gesehen haben – die Verfassung von 1948, die die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte inspirierte, für die sich vor allem Eleanor Roosevelt einsetzte.
- Mit der Rückkehr der Freihandelspolitik in den Vereinigten Staaten und Europa Ende der 70er Jahre – insbesondere auf dem G7-Gipfel in Tokio 1979, wo die letzten Bollwerke des Bretton-Woods-Abkommens von 1944 fielen, das 35 Jahre lang eine außerordentliche wirtschaftliche und politische Entwicklung ermöglicht hatte – wurde die Spaltung zwischen dem bereits verstorbenen Sturzo und Dossetti (der jetzt nur noch ein Außenseiter war) noch stärker. Die Linke setzte sich, inspiriert von Dossetti, für Sozialprogramme ein, es gelang ihr jedoch nicht, die Mittel zur Finanzierung dieser Programme zu errwirtschaften. Die Rechte mißbrauchte Sturzos liberalen und subsidiären Ansatz, sie baute den Sozialstaat zugunsten der „Residualfürsorge“ (Armenhilfe) ab, verwarf nationale Industriestrategien, die Italien groß gemacht hatten, und schaffte die nützliche Rolle des Staates in Wirtschaft, Forschung und Infrastrukturaufbau ab.
- Dossetti war jedoch dafür, im Namen einer ökumenischen Perspektive den Nationalstaat zu überwinden – ein Vorschlag, der schließlich Teil des Projekts zur Auflösung der Nationalstaaten wurde, das Großkonzerne und Zentren der Finanzmacht vorantrieben.
- So schien man in der italienischen Politik nach der Ermordung Moros aufzuhören, Veränderungen zu verstehen und aktiv zu gestalten, und beugte sich statt dessen der gescheiterten Freimarktpolitik. Und die katholische Welt, die nicht mehr in der Lage war, sich als politische Kraft im Einklang mit den italienischen, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern weniger konservativen Traditionen auszudrücken, wurde immer gespaltener und unwichtiger, weil sie sich zwischen Sturzos antistaatlichen und Dossettis globalistischen Ansichten nicht entscheiden konnte. Einige Enzykliken und einige Päpste verteidigten die Prinzipien der „kirchlichen Soziallehre“, aber die marktwirtschaftlichen Ökonomen hatten in der katholischen Welt das Sagen.
Vor diesem Hintergrund und im Rahmen meiner Beschäftigung mit allgemeinen Strategien wurde ich mit Lyndon LaRouche bekannt gemacht. Es entwickelte sich eine großartige Zusammenarbeit und Freundschaft, an der auch mein Vater und meine ganze Familie teilnahmen.
Die „LaRouche-Lösung“
- Kommen wir also zu der „LaRouche-Lösung“, die darin besteht, wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven zu kombinieren, in denen der Staat eine wichtige und angemessene Rolle spielt, ohne jedoch den aggressiven und rassistischen Nationalismus zu provozieren, der angeblich Schuld an den Weltkriegen war.
Tatsächlich geht Lyndon LaRouches Einstellung auf den Westfälischen Frieden von 1648 zurück: Alle Staaten sind souverän – „superiorem non reconoscentes“ (keine höhere Autorität wird anerkannt) – und, das ist das wichtige, sie respektieren die Souveränität anderer. Mit anderen Worten, sobald jeder Staat seine nationale Souveränität definiert hat, räumt er das gleiche auch seinen Nachbarn ein: Er respektiert sie und hegt keine Absichten, sie aufgrund eines Gefühls der Überlegenheit zu unterwerfen.
Kriege entstehen, wenn übersteigerte Wachstumserwartungen und eine Kultur der Überlegenheit einer Nation gegenüber einer anderen zusammenkommen – wenn die Wirtschaftspolitik nicht zielorientiert ist und die Politik allgemein von einer gewissen Überlegenheit ausgeht, dann werden die Erwartungen auf den Nachbarn abgeladen, auch auf militärische Weise.
Deshalb haben die Vereinigten Staaten nach dem Ersten Weltkrieg einen Fehler gemacht, als sie Deutschland die Schuldenzahlungen auferlegten und so die Dynamik frustrierter Potentiale und Rachegefühle freisetzten, die den Nazismus hervorbrachten (oder in Italien den sog. „verstümmelten Sieg“ – la vittoria mutilata – der eine der Grundlagen des Faschismus war). Daß die Vereinigten Staaten sich nach dem Zweiten Weltkrieg gegenüber Deutschland, Japan und Italien anders verhielten, war daher die Grundlage für die heutige Pax Europea – aber in der Europäischen Union hat sich letztlich der nördliche Rassismus gegenüber dem Süden durchgesetzt, was eine unzureichende Entwicklung des südlichen Potentials sowie Ungleichgewichte innerhalb der EU zur Folge hat.
LaRouches Verteidigung der Institution des Nationalstaates basiert nicht auf ideologischen Prämissen, sondern auf der wissenschaftlichen Einschätzung, daß der Nationalstaat die beste Organisationsform der menschlichen Gesellschaft ist. Der Nationalstaat entsteht LaRouche zufolge nicht aus ethnischen, geographischen oder politischen Faktoren, sondern aus einem kulturellen Faktor. Wie er oft am Beispiel von Dante Alighieri bemerkte, basiert ein Nationalstaat auf einer hochentwickelten Sprache, die in der Lage ist, tiefe und leidenschaftliche Gedanken in Kunst und Wissenschaft zu vermitteln. Ein solches unverzichtbares Instrument der sozialen Beziehungen definiert eine Gemeinschaft, ein Volk, eine Nation. Da die eigentliche Quelle der Produktivität in der Wirtschaft die menschliche Kreativität ist – im Sinne der Fähigkeit zur wissenschaftlichen Entdeckung und deren Umsetzung in Form von Technologie -, ist die Förderung und Verteidigung der Kultur, wie sie in einer hochentwickelten Sprache zum Ausdruck kommt, der Schlüssel zum menschlichen Fortschritt. Regierung und politische Repräsentation außerhalb oder gegen diese Sichtweise sind nicht vorstellbar.
Daher war LaRouche in der Wirtschaftswissenschaft bestrebt zu untersuchen, wie die Produktivität, verstanden als die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Entdeckung und Entwicklung – und Nutzung – von Technik, am besten und am stärksten in einer nationalen Gemeinschaft, wie sie durch eine hochentwickelte Form der Sprache definiert ist, gefördert werden kann. Daher liegt sein Schwerpunkt auf der Bildung auf der Grundlage klassischer Autoren und auf dem Nacherleben wissenschaftlicher Erkenntnisse anhand von Originaltexten – zum Beispiel Kepler.
Von diesem Standpunkt aus lehnte LaRouche reduktionistische Formen von Wissenschaft und Wirtschaftslehre ab, er stellte die moderne statistische Ökonomie bloß und prognostizierte einen langfristigen Zusammenbruch des gegenwärtigen globalen Finanzsystems viele Jahre – sogar Jahrzehnte – im voraus.
Ich habe Dante Alighieri bereits erwähnt, aber LaRouche kannte sich mit dem Werk der größten Humanisten, Wissenschaftler und Künstler aller Nationen aus. Was Italien betrifft, das er sehr gut kannte und oft besuchte, hatte er einen einzigartigen Einblick in die Riesen der Renaissance wie Filippo Brunelleschi und Leonardo da Vinci. In Bezug auf Brunelleschi betonte LaRouche immer dessen revolutionäre Methode, die in der Architektur mit der Verwendung nichtlinearer Geometrien wie der Kettenlinie (Katenoide), die auf dem Prinzip der kleinsten Wirkung basiert, beim Bau der berühmten Kuppel von Santa Maria del Fiore in Florenz eingeführt wurde.
Das Werk Brunelleschis in der Wissenschaft/Architektur und das Verdis in der Kunst/Musik waren für LaRouche ein Referenzpunkt, um die moralische Überlebensfähigkeit der italienischen Bevölkerung wiederherzustellen.
LaRouche entwarf mehrere konkrete wirtschaftliche Vorschläge für Italien, beginnend mit „Eine gaullistische Lösung für Italiens monetäre Krise“ im Jahr 1976. Die Grundprinzipien dieses Vorschlags sind auch heute noch gültig, auch wenn sich die Umstände verschlechtert haben.
Im Jahr 2001 wurde LaRouche bei einem seiner Besuche in Italien nach der gerade eingeführten europäischen Einheitswährung gefragt. „Das ist wie eine Prachtstraße, die mit den Leichen der Nationen auf dem Weg gepflastert ist“, antwortete er seinen fassungslosen Gesprächspartnern. Angesichts des Scheiterns der europäischen Währungsunion erweist sich seine Prognose leider wieder einmal als richtig.
Die „LaRouche-Lösung“ ermöglicht es also, sich den Plänen globalistischer multinationaler Konzerne und Finanzmächte zu widersetzen, ohne Nationalismen und Konflikte zu forcieren; im Gegenteil, der gesunde Austausch zwischen Souveränen, die sich gegenseitig respektieren, bildet die Grundlage für internationale Abkommen in wichtigen Fragen wie Energie, internationale und interkontinentale Infrastrukturen, wissenschaftliche und technische Forschung.
Indem man die demokratische Stärke von Nationen mit patriotischen Gefühlen, dem Respekt vor anderen Nationen und (gegenüber der Natur) verantwortlichem Wachstum sowie dem Ausdruck des Potentials jedes Landes miteinander verbindet, wird der Frieden nicht nur zu einem Ziel, sondern vor allem zu einem Instrument der internationalen Beziehungen, das auf gegenseitigem Respekt und angemessener Entwicklung für alle basiert.
Es ist das Win-Win-Modell, das sich gegen das veraltete „mors tua vita mea“ (dein Tod ist mein Leben) durchzusetzen beginnt und die letzte Periode von Lyndon LaRouches irdischem Leben erhellt hat.
- Grußbotschaft aus dem Jemen (Video)
Fouad Al-Ghaffari vom Jemenitischen BRICS-Netzwerk für Entwicklung
Liebe Freunde – nein, liebe Schwestern und Brüder im Schiller-Institut,
Vielen Dank, daß Sie mich, Fouad Al-Ghaffari in Sanaa, eingeladen haben, mit Ihnen an dieser Veranstaltung zum Gedenken an den großen humanistischen Denker Lyndon LaRouche teilzunehmen.
Sie waren an unserer Seite, als wir am 26. März 2015 die erste Erklärung zur Anklage gegen den Aggressionskrieg gegen unser Land abgaben, in der wir sagten, daß der Krieg eine Bedrohung für die BRICS darstellt.
Sie waren an unserer Seite, als wir der Welt die Rede des Märtyrerpräsidenten Saleh Al-Sammad übermittelten, als er am 21. September 2017 auf dem Sabeen-Paradeplatz die BRICS-Staaten begrüßte.
Wir haben schon oft von Ihnen Einladungen zur Teilnahme an Ihren Konferenzen erhalten, aber die Schließung des Internationalen Flughafens Sanaa hat uns daran gehindert, zu Ihnen zu kommen. Er ist nun das vierte Jahr geschlossen. Meine Reisen sind keine Priorität, aber die von Tausenden und Abertausenden von Kranken sind es. Sie müßten zur Behandlung ins Ausland reisen, und Tausende sind bereits gestorben. Hunderttausende warten auf die Öffnung des Flughafens.
Aber trotz all des Leidens gab Sanaa am 26. März 2018 das Motto aus: „Eine Hand zur Verteidigung des Landes und eine Hand zum Aufbau.“
Trotz all des Leidens erlebt Sanaa heute einen beispiellosen Zustand der inneren Sicherheit, was möglicherweise die erste Voraussetzung der Kreditwürdigkeit ist.
Von Sanaa aus präsentierten wir, die Jugendregierung und das Jemenitische BRICS-Netzwerk für Entwicklung, in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Schiller-Institut die Vision für den Wiederaufbau des Jemen „Operation Felix“, um den Jemen neu erstehen zulassen und an die Neue Seidenstraße und „Gürtel und Straße“ anzubinden. Ein schönes und wichtiges Bild des verstorbenen Lyndon LaRouche schmückt diesen Bericht. LaRouches „Metriken des Fortschritts“ der BRICS-Staaten werden in Schulen und Universitäten in Sanaa von denen diskutiert, die ihn lieben und bewundern.
Die Koordination mit den BRICS-Ländern wurde in die jemenitische „Nationale Vision 2030 für den Aufbau der modernen jemenitischen Nation“ aufgenommen, die dank der Bemühungen des Außenministers Hisham Sharaf und des langjährigen Unabhängigkeitskämpfers Dr. Saleh Sayil, Vorsitzender des Politischen Komitees und der Internationalen Beziehungen des Shura-Konsultativrats, und des Ingenieurs Khaled Sharafuddin, dem stellvertretenden Direktor der jemenitischen Allgemeinen Investitionsbehörde, von der Regierung herausgegeben wurde.
Diese Fragen wurden auch bei unserem Treffen mit Herrn Mohammed Saleh Al-Nuaimi vom Obersten Politischen Rat Anfang September 2019 aufgegriffen. Am 16. Oktober informierte Sanaas Verhandlungsführer für den jemenitischen Friedensprozeß, Herr Mohammed Abdul-Salam, den chinesischen Botschafter in unserem Land, Herrn Kang Yong, über die historische und strategische Präsenz unseres Landes an der Seidenstraße und heute an der Belt & Road-Initiative.
Damit wurde das Versprechen von Frau Helga Zepp-LaRouche, der Vorsitzenden des Schiller-Instituts, vom Juni 2016 erfüllt, den Jemen zu einer „Perle in der Kette der Neuen Seidenstraße“ zu machen.
Was ich hier sage, ist nicht nur Rhetorik, sondern ein Geist des Widerstands, ein Geist des Optimismus. Ein freier Geist, der auf seiner eigenen Freiheit und seiner eigenen Währung bestehen will. Das ist es, wovon Lyndon LaRouche in seinen letzten 60 Jahren gesprochen hat: daß jede Nation ihre eigene souveräne Währung haben muß. Aber dann können sich alle Nationen um einen Währungskorb herum unter einem neuen Bretton-Woods-System für den Aufbau der Weltlandbrücke versammeln.
Wir grüßen Ihre Versammlung zum Gedenken an die Seele von Herrn Lyndon LaRouche, der, auch wenn er persönlich abwesend ist, mit den Gedanken eines jeden verbunden ist, der seine Werke gelesen hat. Obwohl er nicht persönlich unter uns ist, hat er der Nachwelt ein großartiges Team hinterlassen. Auch wenn wir seine Aussagen vermissen, wie er sie früher getan hat, daß „dies heute das größte Ereignis der Welt ist“, sind wir sicher, daß es auch nach seinem Tod vielen zukünftigen großen Ereignissen der Welt ins Gesicht geschrieben stehen wird: „LaRouche war hier!“
- Die Bedeutung von Lyndon LaRouches Ideen für die Arabische Welt
Hussein Askary, Südwestasien-Koordinator des internationalen Schiller-Instituts
Der Prophet des Islam, Mohammed (Gottes Segen sei mit ihm), dessen Geburtstag letzte Woche in der ganzen muslimischen Welt gefeiert wurde, sagt: „Wenn der Sohn Adams stirbt, enden alle seine guten Taten, außer Dreien: eine fortdauernde Stiftung, nützliches Wissen oder Wissenschaft und eine rechtschaffene Nachkommenschaft, die für ihn Bittgebete spricht.”
Lyndon LaRouches Seele genießt all diese drei Verbindungen zu dieser materiellen Welt und an die Unsterblichkeit. Wie das?
Erstens durch seine internationale Organisation, die Menschen auf der ganzen Welt hilft, eine bessere Zukunft zu schaffen; das ist die Stiftung.
Zweitens durch seine wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und philosophischen Ideen, die der Welt eine neue Seidenstraße gegeben haben, die sich gerade jetzt zu einer weltweiten Landbrücke entwickelt;
Und drittens durch all die jungen Menschen in vielen Ländern der Welt, die Lyndon als seine Kinder adoptiert hat und die er zu seiner Nachkommenschaft gemacht hat, die jetzt an ihn denken und für ihn beten.
Ich arbeite seit 1995 mit Lyn zusammen. Mein erstes Treffen mit ihm fand in jenem Jahr statt, als ich an der ersten Konferenz des Schiller-Instituts hier in Deutschland teilnahm. Es war für einen jungen, arabisch-muslimischen Mann eine höchst schockierende Begegnung. In einer der Pausen auf der Konferenz nahm Poul Rasmussen, eines unserer Mitglieder in Dänemark, mich bei der Hand und zog mich buchstäblich dorthin, wo Lyndon stand und mit einigen Leuten sprach. Er sagte ihm: „Das ist Hussein aus dem Irak. Er weiß viel über die islamische Philosophie.“ (Was übrigens nicht stimmte.) Wie auch immer, Lyns Blick erhellte sich und er fing an, mit mir zu reden. Plötzlich sagte er: „Der Islam ist eine synthetische Religion“ (was bedeutet, vielleicht nicht einzigartig), und dann kam er näher und sagte mir ins Gesicht: „und Gott spricht nicht Arabisch!“ (Was bedeutet, daß der Koran, die heiligste Schrift der Muslime, nicht das wörtliche Wort Gottes / Allahs sein kann.) Dann drehte ich mich um, um zu sehen, ob der muslimische Mann aus Eritrea, der bei mir war, damit einverstanden war. Er war plötzlich verschwunden. Vielleicht dachte er, daß Allah einen Blitzschlag direkt durch das Dach des Konferenzsaals schicken und LaRouche und alle um ihn herum erschlagen würde.
Das ist nicht geschehen, denn zum Glück ist Allah nicht Zeus, und er schießt nicht mit Blitzen. Allah ist Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.
Hat Lyndon gesagt, daß er mehr über den Islam weiß als ich oder jemand anderes? Nein! Er benutzte seinen rationalen Verstand und natürlich die Lektionen, die er aus dem Umgang mit christlichen Fundamentalisten gelernt hatte.
Was den ersten Punkt betrifft, der nicht schwer zu beweisen ist, hatte Lyn Recht, denn der Prophet Mohammed behauptete nie, daß er mit etwas Neuem oder Originellem gekommen sei. Er sagte: Ich setze das Werk von Abraham, Mose, Jesus Christus und allen Heiligen fort. Der Islam war eine Synthese aller bisherigen monotheistischen Religionen. Und das ist keine schlechte Sache!
Was den zweiten Punkt betrifft, so mußte ich hingehen und viele Hausaufgaben machen, viel islamische Philosophie studieren. Ich entdeckte, daß der Koran als „das Wort Gottes“ während der islamischen Renaissancezeit unter muslimischen Gelehrten heftig umstritten war. Philosophen wie Ibn Sina und andere hatten diesen Standpunkt: Gott spricht nicht durch unsere Ohren zu uns, sondern durch unseren kreativen Verstand. „Offenbarung“ [Al-wahi], was auf Arabisch auch „Inspiration“ bedeutet, ist der Versuch des menschlichen kreativen philosophischen Verstandes, die Sterne im Himmel zu erreichen und das göttliche Wissen zu erfassen und zurückzuholen – also nicht passiv durch den Erzengel Gabriel empfangen, wie mir von den Geistlichen gesagt wurde.
Alle meine nachfolgenden Arbeiten, ob beim Schreiben oder Organisieren anderer Menschen, basierten auf der wissenschaftlichen Methode, herauszufinden, ob man das, woran man glaubt, es sei wahr oder nicht, beweisen kann.
Lyns Fähigkeit, strategische und wirtschaftliche Entwicklungen vorherzusagen, basierte darauf und auf einem tiefen Verständnis sowohl der menschlichen Natur als auch der historischen Entwicklungen.
Die andere wichtige Sache, die wir von Lyn gelernt haben, ist, wie man eingreift, um Dinge zu verändern. Wenn man sich auf frühere Erfahrungen oder die aktuelle Situation verläßt, sieht die Welt hoffnungslos aus. Du mußt etwas aus der Zukunft zurückholen, um bestimmen zu können, in welche Richtung du selbst – oder dein Land – gehen mußt. Die Zukunft bzw. unsere Vision von der Zukunft sollte unser heutiges Handeln bestimmen. So ist sein und unser Verstand stets in der Zukunft, mit Blick auf die Gegenwart und die Vergangenheit.
Und deshalb liegt meine weitere Beziehung zu Lyndon in der Zukunft – alles, was ich jetzt tue, ist Teil seiner Zukunft. In diesem Sinne ist er in der Gleichzeitigkeit der Ewigkeit. Alles, was wir mit seinen Ideen machen, ist eine Verlängerung seines Lebens in die Zukunft, in die Unsterblichkeit.
Wir haben viele große Momente und schreckliche Krisen erlebt. LaRouche warnte davor, daß der israelisch-palästinensische Friedensprozeß zusammenbrechen würde, wenn nicht eine großangelegte wirtschaftliche Entwicklung Priorität hätte. Aber die schlimmste dieser Krisen ist aus meiner Sicht die Invasion und Zerstörung meines Heimatlandes Irak durch die Kombination der amerikanischen und britischen Streitkräfte. Wir haben uns gegen die Invasion gestellt, bevor sie stattfand, und nachher haben wir weiterhin Lösungen vorgeschlagen. Wir haben das irakische Volk nie aufgegeben. Die LaRouche-Doktrin im Jahr 2004 war ein Versuch, das Beste aus der Situation zu machen und die Dinge nicht in eine totale Katastrophe abgleiten zu lassen. Die schlimmste Katastrophe kam 2006, als Dick Cheney die kommenden religiösen Konflikte ausrief.
Dann kamen die Invasion Libyens und der Angriff auf Syrien. Aber selbst in den dunkelsten Momenten dieser Situation haben wir die „Operation Phoenix“ für den Wiederaufbau Syriens und die Verbindung mit der Neuen Seidenstraße vorgeschlagen. Mein Kollege Ulf Sandmark ging ein persönliches Risiko ein, indem er mitten im Krieg nach Syrien reiste und unseren Vorschlag den höchsten Ebenen der syrischen Regierung vorlegte.
Im vergangenen Jahr habe ich an der Erstellung des jemenitischen Wiederaufbauplans „Operation Felix“ mitgewirkt, der nun von der jemenitischen Obersten Investitionsbehörde verabschiedet wurde und von den Jemeniten von allen Seiten umfassend unterstützt wird. Während alle nur darüber sprachen, daß die jemenitische Krise die schlimmste humanitäre Katastrophe auf dem Planeten ist – was sie auch ist -, haben meine Freunde und ich im Jemen den Weg zum Frieden geplant. Denn ohne eine Vision von der schönen Zukunft, die die Jemeniten und ihre Kinder haben können, ist es schwierig, sie zu motivieren, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Jetzt ist China an der Jemen-Frage interessiert, weil es direkt mit der Belt and Road Initiative verbunden ist, die das Schlüsselelement in unserem jemenitischen Plan ist.
Im Moment demonstrieren junge Menschen auf den Straßen des Libanon und des Irak, sie fordern Gerechtigkeit, ein menschenwürdiges Leben und eine Zukunft. Vielleicht können wir ihnen sagen, was sie tun sollen, oder ihnen einen zehnseitigen Vorschlag schicken. Aber das reicht nicht mehr.
Online-Schule für physikalische Ökonomie
Und hier kommt der aufregendste Teil meiner Zusammenarbeit mit Lyndon LaRouche, der noch kommen wird. Deshalb möchte ich eine Ankündigung machen.
Ab nächstem Monat nehme ich die Herausforderung an, die LaRouche-Onlineschule für physische Ökonomie für Araber zu starten. Es wird ein Abonnentendienst sein, der regelmäßige Online-Kurse und -Diskussionen anbietet. Wir können es auch auf die Zusammenarbeit mit Universitäten in den arabischen Ländern ausdehnen, wenn sie damit einverstanden sind. Wir haben bereits LaRouches Buch Was Sie schon immer über Wirtschaft wissen wollten ins Arabische übersetzt und auch das Mega-Buch Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke. Wir haben auch anderes Videomaterial von LaRouche und seinen Mitarbeitern, das übersetzt und in Unterrichtsform erklärt wird. Außerdem werde ich dem arabischsprachigen Publikum regelmäßig und kostenlos strategische und strategische Analysen über globale Entwicklungen geben, um es für den Eintritt in unsere Schule zu motivieren.
Aber all das wird auf der Arbeit und den Gedanken von Lyndon LaRouche basieren.
Wie ich einem Freund über die Demonstrationen im Irak und im Libanon gegen die Korruption erzählt habe: Was werdet ihr als nächstes tun, wenn ihr die korrupten Menschen wegschafft? Wo sind die Menschen mit den wissenschaftlichen Ideen, die diese Länder aufbauen werden? Es wird ein neues Vakuum geben, das von unwissenden oder korrupten Menschen gefüllt würde. Oder jemand könnte auf die geniale Idee kommen, Ökonomen aus der bankrotten EU oder den USA hereinzuholen, um die Dinge zu leiten – sogenannte „Technokraten“.
Deshalb müssen wir die Menschen, insbesondere (soweit es mich betrifft) junge Menschen in der arabischen Welt, über die physische Ökonomie aufklären. Wir können und sollten nicht mehr versuchen, anderen Völkern vorzuschreiben, wie sie ihre eigenen Angelegenheiten regeln sollen. Aber wir können sie mit Wissen und einer Leidenschaft für das Wohl der Menschheit inspirieren.
Und ehrlich gesagt, denke ich, daß LaRouches Werk Teil der Universitätslehrpläne auf der ganzen Welt werden sollte.
Abschließend möchte ich sagen, daß wir immer denen danken sollten, die vor uns gekommen sind und ihr Leben schönen und großartigen Ideen gewidmet haben. Wie bezahlen wir ihnen unsere Schuld? Wie Friedrich Schiller betonte, erhält jede Generation Geschenke von den Vorgängern, und diese Geschenke sollten wir bereichern und an die nächsten Generationen weitergeben. Auf diese Weise erhält unser Leben eine Bedeutung, einen dauerhaften Sinn. Und wir können mit einem Lächeln auf dem Gesicht sterben, wie Lyn immer sagte. Es gibt nur wenige Menschen, die ihr Leben der Sache unserer Organisation und der Menschheit gewidmet haben. Aber sie sind es, die meine Person und Arbeit tief geprägt haben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und bitte sagen Sie allen Ihren arabischsprachigen Freunden und deren Angehörigen, daß sie unsere neue LaRouche-Schule im Netz aufrufen sollten!
- LaRouche, ein „florentinischer“ Geist
Claudio Giudici, Vorsitzender, Uritaxi (Nationaler Taxifahrer-Verband), Florenz, Italien
Ich hätte diese Rede gerne Lyndon LaRouche zu Ehren auf Englisch gehalten, aber angesichts der Menschen, die ich in Italien vertrete, und der ohnehin ungewöhnlichen Gedanken glaube ich, daß ich mehr bewirken kann, wenn ich in meiner Muttersprache rede.
Ich bin auf Lyndon LaRouche während der Finanzkrise 2000 aufmerksam geworden, kurz vor seiner berühmten Prognose vom Januar 2001, als er die Hypothese aufstellte, daß wir in den Vereinigten Staaten unter der Führung der Neokonservativen mit einem „neuen Reichstagsbrand“ rechnen müßten. Als dann am folgenden 11. September das World Trade Center zerstört wurde, waren diejenigen, die wie ich diese Warnung kannten, darauf vorbereitet, den Prozeß zu verstehen, der damit begann.
Von diesem Tag an begann nämlich ein Prozeß der radikalen Kolonisierung des Nahen Ostens – und hier im Westen ein Prozeß radikaler Gehirnwäsche im Namen eines ständigen Terrorismusalarms. Es begann die Zeit der Präventivkriege, der „humanitären“ Kriege, mit dem paradoxen Widerspruch, daß die Staaten, die anderen angeblich den Humanismus bringen wollten, selbst immer inhumaner wurden. Tatsächlich haben diese Leute in der Zwischenzeit den Sozialstaat und die Arbeitnehmerrechte abgebaut und bewegten sich mit marktwirtschaftlichen Rezepten schnell in Richtung der „kontrollierten Auflösung der Wirtschaft“, die der Council on Foreign Relations seit langem anstrebt.
2003 hatte ich in Mailand endlich die Gelegenheit, LaRouche persönlich kennenzulernen. Am selben Wochenende war ich zu einem Mittagessen mit Romano Prodi eingeladen, aber ich zog es vor, persönlich an einem Treffen mit diesem revolutionären Menschen teilzunehmen.
Wo wir von Revolution sprechen: LaRouche war, wie alle echten Revolutionäre, radikal in seinen Ideen, aber moderat in den Methoden, obwohl kreativ dank der klassischen Kultur. Und was die Kreativität betrifft, haben wir kürzlich ein Beispiel für LaRouches Methode gesehen, als eine junge Aktivistin vor Alexandra Ocasio-Cortez mit Schauspielerei und Paradoxie ein Paradestück auf die Beine stellte, auf das ein Rabelais stolz gewesen wäre, um den Wahnsinn der menschenfeindlichen Positionen zu entlarven, wie der malthusianischen Dekarbonisierung, die den Menschen als Feind der Erde sieht, anstatt als ihren höchsten Ausdruck in Traditionen, Philosophien und jahrtausendealten Lehren, die immer noch den Weg einer Welt weisen, die sich in ihrer Gesamtheit auf dem Weg zum Fortschritt befindet: der Mensch als die höchste Stufe des evolutionären und antientropischen Prozesses der Schöpfung. (Vgl. „Ein Streich in der Tradition von Jonathan Swift“, Neue Solidarität 42/2019.)
Damit sind wir bereits bei den Prinzipien von LaRouches Philosophie angelangt, wenn man bedenkt, daß er in unserer Zeit der größte Vertreter der jüdisch-christlichen Tradition ist, der platonischen Tradition, über den Humanismus, Kepler, Leibniz und das Amerikanische System der Volkswirtschaft bis zu Franklin Roosevelt.
Als Politiker und Ökonom könnte man meinen, über LaRouche zu reden, hieße über diese beiden Zweige der Geisteswissenschaften zu reden, aber damit würde man dem Irrtum unserer Zeit aufsitzen, den Menschen in utilitaristischen Begriffen zu betrachten, als Spezialisten in irgendeinem Bereich… als würde das in irgendeinem Bereich ausreichen! Und wenn mir ein Witz erlaubt ist, vielleicht funktionieren die technokratischen Regierungen gerade deshalb nicht und haben ihre Sache so schlecht gemacht.
LaRouche dagegen war ein universeller Denker; und wer wie ich aus Florenz kommt, der kann sich leicht vorstellen, wie man Männern wie Leon Battista Alberti, Leonardo Da Vinci oder Lorenzo dem Prächtigen – brillanten Vertretern der von LaRouche oft zitierten Florentinischen Renaissance – erklären würde, was für ein Mensch er war. Und wenn er so war, dann war es diese Eminenz, die seine philosophische, politische und wirtschaftliche Vision als ewige Mission für die Menschheit verlangte, in die Fähigkeit eines jeden Menschen zur kognitiv-kreativen Vernunft zu investieren – für die „integrale Entwicklung eines jeden Menschen, des ganzen Menschen“ (um eine treffende Formulierung von Benedikt XVI. zu verwenden).
Darauf möchte ich etwas näher eingehen: die ganzheitliche Entwicklung des Menschen im Gegensatz zur „nachhaltigen Entwicklung“. Im ersten Fall ist der Mensch, wie Platon lehrt, ein Helfer Gottes bei der Entwicklung der Schöpfung, im zweiten Fall ist der Mensch fast nur ein Unfall der Natur; nicht ihr fortschrittlichstes Geschöpf, das die Biosphäre auf die edelste Ebene der Noosphäre erhebt! Sondern etwas, das eingedämmt werden muß, in Schach gehalten wie ein ungehöriger Hund.
Und letzteres ist in der Tat die grundlegende Vision, die die neue Lehre durchdringt, die ausgehend von der Manipulation eines unschuldigen Mädchens wie Greta Thunberg ihre scheinbar edle Formel in der Vorstellung des „neuen Humanismus“ findet, was in Italien Ministerpräsident Conte und Papst Franziskus aufgegriffen haben. Den Ausdruck hat Edgar Morin geprägt, es ist im Grunde aber nichts anderes als die alte Sarpische Version: Gebt den Menschen etwas Entwicklung, ein bißchen Wissenschaft und Technik, aber bloß nicht zu viel!
Und hier kann LaRouche, dessen Rehabilitierung von seiner politischen Bewegung und dem Schiller-Institut gefordert wird, möglicherweise die von den Eliten vorbereiteten Spiele durchbrechen.
Es gibt einen kulturellen und wissenschaftlichen Pessimismus, der im gegenwärtigen Kulturmodell vorherrscht, und wenn wir uns den kurzen Zyklus der Geschichte (z.B. die letzten 50 Jahre) vor allem im Westen ansehen, so gibt es nichts, worüber man glücklich sein müßte. Aber wenn wir den langen Zyklus betrachten, dann müssen wir optimistisch sein und berücksichtigen, wie stark die Menschheit in Bezug auf Zivilisation, Moral, auf ihr wirtschaftliches, demokratisches und soziales Potential gewachsen ist. Und wenn wir aus diesem kurzen Geschichtszyklus herauskommen wollen, dann müssen wir an den großen Perioden anknüpfen, die uns aus einem dunklen Zeitalter herausgeführt haben. Dann müssen wir uns die Florentinische Renaissance ansehen, die mit ihrer Wiederentdeckung des Platonismus den Grundstein legte, und in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg den moralischen Impuls für das Christentum.
Beide Perioden waren Zeiten des Wiederaufbaus. Und wie wurde wiederaufgebaut? Ausgehend von der Priorität, die LaRouche als eine Säule seiner politischen und wirtschaftlichen Vision aufstellte: das Imago Viva Dei, d.h. ein Anthropozentrismus, der mit den universellen physikalischen Prinzipien verbunden ist, die Ausdruck eines bereits existierenden Prinzips der Wahrheit, eines Gottes sind. Und so ist der Mensch nicht der Feind dieser Zeit, der ewige Verschmutzer, wie ihn der heute vorherrschende kulturelle Komplex beschreibt, sondern die Lösung, wenn er unter Beachtung dieser Gesetze, der Wahrheit handelt. Und da dies nicht nur schöne Worte sind, müssen wir in den Menschen investieren, in jeden Menschen, in den ganzen Menschen.
Deshalb ist es wichtig, daß wir vom finanziellen Paradigma des Geldes zum neuen Paradigma der physischen Wirtschaft als Maß für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übergehen. In diesem neuen Licht wird sich nicht alles um Staatsschulden drehen, sondern um den Erfolg des Bildungs- und Gesundheitssystems, des Infrastruktursystems und des Produktionssystems.
Das war die Vision großer Humanisten wie Thomas Morus und Leibniz, die sich für eine Welt der Künste und Wissenschaften einsetzten. Und um diesen Weg wieder zu finden, hat uns LaRouche auch gesagt, wie man es in der politischen Ökonomie macht: weg vom Geldsystem, hin zum Kreditsystem, das sich durch den ständigen wissenschaftlich-technischen Fortschritt der physischen Ökonomie selbst bezahlt macht.
- Grußbotschaft „Ein Gigant unter den Menschen“ (Video)
Jack Stockwell, Radiomoderator
Guten Tag. Hier und da, ab und zu, macht Gott einen Giganten unter den Menschen.
Mein Name ist Jack Stockwell, und es war mir ein besonderes Privileg, Lyndon LaRouche Ende der 90er Jahre kennenzulernen und in persönlichem Kontakt mit ihm zu stehen. Ich habe in Konferenzen vor ihm gestanden, ich habe ihn mehrmals im Radio interviewt, mehr als einmal mit ihm und Helga beim Abendessen gesessen – und kann ehrlich sagen, ich brauche keinen Finger einer Hand, um einen souveräneren und beeindruckenderen Charakter in meinem Leben aufzuzählen.
Meine erste Reaktion auf Lyn in meinem ersten Radiointerview mit ihm – vor mehr als 20 Jahren – war, ein Oxford-Wörterbuch zu besorgen! In allen meinen Erfahrungen als Radiomoderator hatte ich noch nie jemanden interviewt, bei dem ich dermaßen das Gefühl hatte, kein Wort aus seinem Mund verpassen zu dürfen. Ich hatte noch nie ein so prägnantes, klares und schlüssiges Verständnis nicht nur des Weltgeschehens, sondern der Weltgeschichte gehört, denn er gab mir die Mittel an die Hand, um den Morast, die Desinformation, die völligen Lügen der modernen Medien zu durchbrechen. Er lieferte mir einen Wegweiser, einen Faden, um die große Dichotomie zwischen den niedrigsten Übeln und den höchsten Tugenden der Menschheit zu verstehen.
Für mich lief das einfach hinaus auf ein grundlegendes Verständnis der Wirtschaft und der Quelle des Kredits sowie der Absichten eines Menschen gegenüber den anderen.
Wie viele von Ihnen wissen, hatte ich Lyn gebeten, am 11. September 2001 wieder zu Gast in meiner Sendung zu sein. Und wir begannen die Sendung wie immer, indem ich verzweifelt versuchte, ihm ebenbürtig zu klingen. Und wieder einmal ließ Lyn das Komplizierte so einfach erscheinen!
Ich hatte keinen Fernseher im Studio, aber mehrere Telefonleitungen begannen zu blinken, als ein Anrufer nach dem anderen aufgeregt sagte: „Schalt den Fernseher ein! Schalt den Fernseher ein!“ Und ich sagte Lyn, er solle dranbleiben, während ich zu einem Internet-Newsfeed ging – und dort, vor meinen Augen, wurden die Twin Towers (das World Trade Center) angegriffen. Ich fiel auf meinem Stuhl zurück, einfach nur sprachlos, als ich versuchte, Lyn in Worten zu beschreiben, was ich da sah. Und er reagierte einfach mit seinem grundlegenden Verständnis von allem, wie ich es kenne, als „Business as usual“ – nur diesmal leider in unserem eigenen Land.
Und dann sagte er etwas Schockierendes zu mir, gleich danach, er sagte: „Sie werden die Schuld“ – das war innerhalb von Minuten, nachdem er wußte, was passierte -, „sie werden die Schuld daran Bin Laden zuschieben“. Ohne jeglichen Beweis würde man Bin Laden verantwortlich machen. Und er sagte sinngemäß, dies werde ein Vorspiel sein, ein Vorwand für einen Invasionskrieg im Nahen Osten, und dabei gehe es um die Kontrolle über das Öl. Und er sagte noch etwas dazu: Er sagte, Terroristen aus dem Nahen Osten hätten nicht die Möglichkeiten, so etwas ganz allein durchzuziehen. Sie brauchten Hilfe von Insidern.
Und vieles davon hat sich nach meiner Überzeugung bewahrheitet.
Nun, was ich gesagt habe, beschreibt meine persönliche Geschichte mit Lyn – aber was ist jetzt? Ist der Einfluß des Gipfels an Größe, den er ausübte, noch immer vorhanden? War er nur eine vorübergehende Faszination von mir, die mit der Zeit schwindet?
Nein! Überhaupt nicht. Indem er mir und meinen Zuhörern etwas Höheres gibt, nach dem man streben soll, statt bloß reflexartige Schlüsse oder Optionen, die von jedem Wind der veröffentlichten Meinung hin- und hergeworfen werden, konzentriert sich meine Weltanschauung nun auf das Beste in uns, auf die höheren Ausdrucksformen der Menschheit in der Kunst, in der Musik und in sozialen Beziehungen. Er gab mir ein Weltparadigma, das über diese Welt hinausreicht, über den Mond, über den Mars, über die Vorstellungskraft hinaus.
Seine Konzepte des amerikanischen Kreditsystems, von der Präambel der US-Verfassung, waren regelmäßige Themen in meiner Sendung. Und als ich dieses tägliche Programm verließ, hatte ich das Gefühl, daß ich eine Ausbildung auf Hochschulniveau über die treibenden Kräfte hinter dem Weltgeschehen erhalten hatte – und noch mehr, eine Lösung dafür, was es bedeutet, Mensch zu sein.
In zukünftigen Anthologien zur amerikanischen Politik-, Sozial- und Finanzgeschichte wird sein Name prominent unter den noch zu schreibenden Bänden stehen – als der Name, der am unfairsten angegriffen, unterdrückt oder anderweitig diffamiert wurde, als Stimme, die der Kriminalität, dem Wucher, dem regelrechten Betrug hinter den derzeitigen Regierungs- und Finanzsystemen ausgesetzt ist.
Er stand für ein Verständnis, das alle Amerikaner und alle, die die Freiheit lieben, schnell in ihr Leben bringen sollten, solange es noch Leben zu sehen gibt.
Wann immer ich den Namen „LaRouche“ höre, halte ich einen Moment inne und äußere still meine Dankbarkeit für zwei Dinge: Erstens, er erhob mein Verständnis und steigerte meine Aufmerksamkeit für die Welt und das Potential der Menschheit auf eine höhere Ebene, als ich es je erwartet oder mir vorgestellt hatte. Und zum zweiten: Er war mein Freund.
Ich danke Ihnen allen, daß Sie mir erlaubt haben, einen seltenen Moment der Wertschätzung für einen wahren Giganten unter den Menschen mit Ihnen zu teilen.
- Wohin geht Amerika? LaRouches Lösung als Ausweg aus dem Chaos
Harley Schlanger, ehem. nationaler Sprecher für Lyndon LaRouche und Vorstandsmitglied des Schiller Institute
Ein guter Ausgangspunkt, um die Frage „Wohin geht Amerika?“ zu beantworten, ist, sich anzusehen, was Roger Stone sagte, als er gebeten wurde, den Tod von Lyndon LaRouche zu kommentieren. Stone, ein langjähriger Freund von Präsident Donald Trump, steht derzeit als letzter der Angeklagten der betrügerischen Russiagate-Strafverfahren des juristischen Auftragstäters Robert Mueller vor Gericht. Er wurde vor allem aufgrund seiner Rolle als Schlüsselstratege für Trumps Wahlkampf ins Visier genommen.
Stone war LaRouche erstmals 1980 in New Hampshire begegnet, als er in Neuengland Koordinator für Ronald Reagans Präsidentschaftswahlkampf war. Auf die Frage nach seiner Beziehung zu LaRouche sagte Stone, er sei mit LaRouches „außergewöhnlichem und prophetischem Denken sehr vertraut“, und er fügte hinzu, LaRouches Ideen hätten bei Donald Trumps Wahlsieg „hinter den Kulissen eine wichtige Rolle gespielt“.
Viele, die LaRouche über die Jahre verfolgt hatten, äußerten sich überrascht darüber, daß er und seine Bewegung Trump seit seiner Wahl gegen den Regimewechsel-Putsch verteidigen, den der britische Geheimdienst in Verbindung mit Obamas Geheimdienst-Team betreibt, um ihn zu stürzen. Trumps öffentliche Persönlichkeit als grober, ignoranter, egomanischer Tyrann, wie sie von den feindlichen Medien dargestellt wird, scheint Lichtjahre entfernt von dem nachdenklich machenden, philosophischen Ansatz LaRouches. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß der laufende Putschversuch vom gleichen Netzwerk und sogar einigen derselben Personen durchgeführt wird wie damals, wie Robert Mueller, der den Schauprozeß führte, der Lyndon LaRouche 1989 ins Gefängnis brachte.
In einem Interview im Februar 2017, in dem er über Trumps Wahlsieg sprach, nannte LaRouche den Grund für seine Unterstützung. Er erinnerte an Trumps Wahlversprechen, zum Amerikanischen System der Ökonomie zurückzukehren – damit könne man möglicherweise „die Voraussetzungen für eine Wiederbelebung der amerikanischen Wirtschaft schaffen“. Die Stimmen für Trump, so LaRouche weiter, „sind eine der vielen Ausdrucksformen davon, daß die Bevölkerung es satt hat, Opfer der… Globalisierung zu werden, die die Armen ärmer macht und die Mittelschicht kaputtmacht. Trump gab diesem Gefühl Ausdruck.“
Damit die USA die turbulente Zeit überleben können, in der sich Menschen auf der ganzen Welt erheben und angesichts der Implosion des neoliberalen Wirtschafts- und Finanzsystems die traditionellen politischen Parteien zerfallen – wie hier in Deutschland -, ist es dringend erforderlich, daß Trump dieses Versprechen aufgreift, das Amerikanische System zu erneuern und es als Politik seiner Regierung umzusetzen.
Das bedeutet, daß immer mehr amerikanische Bürger die Geschichte des einzigartigen Charakters Amerikas kennenlernen müssen, der es in seinen besten Momenten auszeichnete und der sich am deutlichsten im Lebenswerk eines seiner größten Denker, Lyndon LaRouche, widerspiegelt. Und das ist die lange Geschichte des Kampfes eines klassischen, republikanischen, humanistischen Menschenbildes gegen eine imperiale, oligarchische Sichtweise.
LaRouche bemerkte oft, seine konkurrenzlose Leistung als Prognostiker sei auf seine Zurückweisung der Axiome des Neoliberalismus zurückzuführen und auf seine Weigerung, die Tyrannei der „öffentlichen Meinung“ zu akzeptieren.
(Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine kurze Anmerkung zu seiner beispiellosen Fähigkeit zur Prognose. Wenige Tage vor der Wahl im Jahr 2000 zwischen dem verrückten Grünen Al Gore und dem zukünftigen Kriegsverbrecher George W. Bush wurde Lyn während einer Jugendkaderschule gefragt, was seiner Meinung nach das Ergebnis der Wahl am nächsten Dienstag sein würde. Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern sagte er: „Wir werden es nicht sofort wissen, vielleicht bekommen wir das Ergebnis sogar erst in einigen Wochen oder Monaten.“ Dabei beließ er es. Der Raum reagierte mit verblüffter Stille. Später, nachdem er gegangen war, wurde ich als sein Sprecher gefragt, was er meinte. Ich suchte nach einer Antwort, doch dann mußte ich zugeben: „Ich habe keine Ahnung.“ Aber bemerkenswerterweise stellte sich heraus, daß er Recht hatte!)
In seinen Wirtschaftsprognosen ging er immer von oben nach unten vor. Vergeßt die Statistiken, sagte er, die Systemanalyse und die Quanten-Algorithmen. Man muß damit beginnen, zu erkennen, daß der Neoliberalismus keine Wirtschaftstheorie ist, sondern eine Krankheit, die ihren neuzeitlichen Ursprung im imperialen Venedig hat.
Die Venezianer orientierten sich insgesamt am barbarischen Weltbild des Römischen Reichs, sie sahen sich jedoch mit einem neuen Feind konfrontiert: mit der Entstehung des modernen Nationalstaates, einem Produkt der Goldenen Renaissance, einer Bewegung, die das von Kardinal Nikolaus von Kues entwickelte wissenschaftlich-philosophische Menschenbild mit der wissenschaftlich-künstlerischen Brillanz Leonardo da Vincis verband.
Die politische Form des Nationalstaates, die aus dieser Kombination hervorging, war die Idee, daß die Regierung „moralisch dafür verantwortlich sein muß, das allgemeine Wohl aller Menschen und ihrer Nachkommenschaft, ihre kulturellen Entwicklung, ihr Wohlergehen, die Verbesserung des Landes zu fördern“. Dieses Konzept, das zur Grundlage der Idee der nationalen wirtschaftlichen Souveränität wurde, bildete die Grundlage für die Fortschritte in der Staatskunst, die mit der Herrschaft von König Ludwig XI. von Frankreich in der Mitte des 15. Jahrhunderts und Heinrich VII. von England am Ende dieses Jahrhunderts verbunden waren. Und diese Tradition beseelte drei Jahrhunderte später die Gründerväter der USA und ist in deren Gründungsdokumente, die Unabhängigkeitserklärung und die Verfassung, eingebettet.
Die Venezianer erkannten sofort die Bedrohung, die diese sich ausbildenden souveränen Staaten für ihr imperiales System darstellten, das auf Sklavenarbeit und Freihandel basierte. Als es unmöglich wurde, ein globales Imperium von Venedig aus zu führen, zog das venezianische System nach Norden und wurde als anglo-niederländischer Liberalismus erneuert, der 1688 durch die Machtübernahme in England gefestigt wurde. Nach 1763 wurde die Britische Ostindien-Gesellschaft zur wirtschaftlichen Basis dieses Reiches, das bald zu einem globalen Empire wurde.
Einer der Hauptsprecher dieses Imperiums war John Locke, der oft fälschlicherweise als der wichtigste philosophische Einfluß auf die amerikanischen Gründerväter bezeichnet wird. Schändlicherweise wird dies heute an amerikanischen Universitäten als Evangelium gelehrt und von den meisten Ökonomen und Politikwissenschaftlern akzeptiert. In Wirklichkeit war Locke ein führender Apologet des Imperiums. Er war Investor der Königlichen Afrika-Gesellschaft, die im Zentrum des Sklavenhandels stand. Seine „Grundlegenden Verfassungen von Carolina“, verfaßt im Rahmen seiner Tätigkeit als Sekretär des erz-imperialistischen Earl of Shaftesbury, ist eine Verteidigung der Regierung durch eine feudale Aristokratie. Er war maßgeblich an der Gründung der Bank von England 1694 beteiligt, die laut ihrer offiziellen Geschichte als „Privatbank gegründet wurde, um als Bankier der Regierung zu fungieren“. 1696 wurde Locke vom König in den Handelsrat berufen, den ursprünglichen Vollstrecker des britischen Freihandelsdogmas, ähnlich wie dies heute der Weltwährungsfonds, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und die Welthandelsorganisation als Vollstreckungsorgane privater Finanzinstitute verkörpern.
Britisches contra Amerikanisches System
In einem Internetforum am 12. Oktober 2005 mit dem Titel „Die Wahrheit in wirtschaftlichen Prognosen“ stellte LaRouche den Unterschied zwischen Lockes System – dem britischen System, das bis heute existiert – und dem Amerikanischen System heraus. Der Hauptunterschied ist die Herrschaft des Geldes privater Interessen und die Unterordnung der Realwirtschaft unter die Geldinteressen. Im britischen System wird ein Wert anhand monetärer Größen gemessen, die manipuliert werden können, so wie man es beim Ende des Bretton-Woods-Systems nach 1971 und in der Zeit vor dem Crash 2008 sah und auch heute wieder sieht; unhaltbare Schulden in den Büchern von Banken und Finanzinstituten werden zum Nennwert geschützt durch unbegrenzte Geldschöpfung und betrügerische Stützungsaktionen wie „Quantitative Lockerung“, negative Zinssätze und Tagesgelder, die in die sog. Repo-Märkte gepumpt werden.
In dem Internetforum sagte LaRouche, daß im Gegensatz dazu in einer Republik „die Leistung des Geldes an der Realwirtschaft gemessen wird. Wie betreiben wir ein Geldsystem zur Förderung von Handel und Investitionen, zur Steigerung der Produktivität und damit zur Erhöhung der Entwicklungsmöglichkeiten?“
Auf dieses Thema kam er am 2. März 2006 in einer Rede in Berlin über „Die Dringlichkeit des Amerikanischen Systems heute“ zurück. Er sagte darin, daß Regierungen, die derzeit wie in den USA und in Europa unter der Europäischen Union auf monetären Systemen basieren, egal ob einem angeblich linken „Keynesianischen“ oder einem neoliberalen „Friedmanschen“ System, „Untergebene einer Zentralbank sind. Die Zentralbank ist weitgehend eine von privaten finanziellen Interessen beherrschte Schöpfung… Wenn die Regierung nicht sehr mächtig ist und viel Unterstützung hat, wird die Regierung von ihr beherrscht.“ Er fuhr fort, das britische System verbinde heute diese private Kontrolle über die Geldpolitik mit der sog.„Globalisierung“, die die Politik der Regierungen im transatlantischen Raum bestimmt.
„Das bedeutet, daß wir in Bezug auf die Wirtschaft zu einer eurasischen Orientierung für Europa kommen müssen. Es darf keine Globalisierung geben, Globalisierung ist der Tod. Das ist eine Form des Imperialismus, bei der niemand Souveränität über irgend etwas hat und Gruppen von Bankiers, wie die Lazard Group in Frankreich, die Welt lenken – und die Welt und die Menschen auf ihr verschlingen. Deshalb braucht man unbedingt souveräne Nationalstaaten.“
Lassen wir diese Worte kurz wirken: „Man braucht unbedingt souveräne Nationalstaaten.“ Nur in einem Land, dessen wahre Geschichte bewußt verzerrt und dermaßen umgelogen wurde, daß die führenden Politiker John Locke als Mentor unserer Gründerväter loben, konnte die Idee der nationalen Wirtschaftshoheit als „rassistische“ Doktrin angeprangert werden. Doch genau das behaupten diejenigen, die Präsident Trump angreifen – in den seltenen Fällen, wo sie überhaupt versuchen, eine Debatte zu führen.
Was sie mit ihren verrückten Tiraden gegen Trump in Wirklichkeit angreifen, ist die Vorstellung von Amerika, die LaRouche verteidigte, etwa als er in einem Internetforum im Oktober 2005 sagte: „Die Vereinigten Staaten sind das einzige Land, das einzige nationale System, das mit dem Amerikanischen System der politischen Ökonomie jemals das britische System mit Erfolg in Frage gestellt hat.“
Die Zukunft der Vereinigten Staaten hängt davon ab, daß wir diese Worte in ihrer ganzen Bedeutung verstehen, damit wir uns heute für LaRouches Lösung entscheiden können, um den Kampf gegen das Empire zu gewinnen, an dessen Spitze die privaten finanziellen Machthaber von der City und der Wall Street stehen. Präsident Trump hat diese Kräfte kürzlich in der Formulierung von Präsident Eisenhower als „Militärisch-Industriellen Komplex“ bezeichnet, als er darüber sprach, warum er beschlossen hat, mit der Politik der amerikanischen Beteiligung an „endlosen Kriegen“ in den letzten zwei Jahrzehnten zu brechen, das ist zwar ein Schritt in diese Richtung, geht aber nicht weit genug.
Der Präsident sollte – genauso wie Sie – über die Bedeutung der folgenden Erklärung LaRouches aus einem Internetforum vom 11. November 2009 nachdenken, das er veranstaltete, nachdem klar geworden war, daß die neue Regierung Obama die gescheiterte und katastrophale Politik der Regierung Bush, die zum Crash 2008 geführt hatte, fortsetzen würde. Ich glaube, dieses klare Konzept für die Zukunft ist das, was Roger Stone im Sinn hatte, als er sagte, daß LaRouche eine „wichtige Rolle hinter den Kulissen“ bei Trumps Wahlsieg spielte:
Lyndon LaRouche (Video): „Womit ich mich in letzter Zeit beschäftigt habe, war die Entwicklung einer Lösung. Die Lösung – und es ist die einzige Chance, die Sie haben – ist ein zukünftiges Vier-Mächte-Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten (mit einer anderen Politik als die aktuelle Regierung), Rußland, China, Indien und einigen kleineren Ländern, die bereit wären, sich daran zu beteiligen. Damit wären Regierungen der Welt vertreten, die etwa die Hälfte der Weltbevölkerung oder mehr ausmachen. Wenn also eine Initiative ergriffen wird mit den Vereinigten Staaten, Rußland, China, Indien und anderen Ländern; wenn ein Bündnis dieser vier und anderer Länder zustande kommt, dann hat dieses genügend Macht, um das gegenwärtige Weltsystem umzustürzen und gleichzeitig ein neues einzuführen…
Wenn wir den Mut haben, das System einem Insolvenzverfahren zu unterziehen, kann diese Nation überleben. Sie wird unter der Bedingung überleben, daß wir ein Bündnis schließen, um die Macht des Britischen Empire und der britischen Interessen international zu brechen. Das bedeutet, eine Partnerschaft mit Rußland, China, Indien und anderen Ländern einzugehen, um das gegenwärtige Weltwährungssystem abzuschaffen und zu einem Kreditsystem zu wechseln. Das ist das System, für das sich die Vereinigten Staaten unter Alexander Hamilton entschieden, noch bevor unsere Verfassung entstand, um die Kriegsschulden der Vereinigten Staaten in den frühen 1780er Jahren zu bewältigen; dies wurde dann zu einem späteren Zeitpunkt integraler Bestandteil der Grundlagen unserer Bundesverfassung.
Wenn wir also zu unserem verfassungsmäßigen Standard eines Kreditsystems zurückkehren und uns mit Rußland, China, Indien und anderen Ländern zusammenschließen und auch einen Block eines Kreditsystems bilden, haben wir dann – mit Unterstützung anderer Nationen, die nach einer Lösung suchen – die Macht, das imperiale System, das monetaristische System, das heute den Planeten regiert, zu beseitigen. Das ist unsere einzige Chance.
Wenn wir dazu nicht den Mut haben, dann haben wir für die Folgen niemanden außer uns selbst verantwortlich zu machen. Und genau da stehen wir.“
Schlanger: Heute hängt die Zukunft Amerikas davon ab, daß es sich in Zusammenarbeit mit der Belt & Road-Initiative an dem von LaRouche konzipierten Viermächteabkommen beteiligt. Es ist an der Zeit, daß die USA als Nation ganz zu ihren antiimperialen Wurzeln zurückkehren und auf LaRouches Lösung setzen.
Vielen Dank.
Panel 4
Schönheit und klassische Kunst als Berufung der Menschheit: Die kulturelle Seidenstraße
- Die Notwendigkeit einer klassischen Renaissance für die Jugend
Diane Sare, Leiterin des Chor-Projekts des Schiller-Instituts in Manhattan
Guten Tag. Ich möchte Helga danken, daß sie mir die Möglichkeit gibt, über etwas zu sprechen, das mir sehr am Herzen liegt: die Notwendigkeit einer Renaissance der klassischen Kultur. Das ist für alle Generationen dringend, besonders jetzt, weil wir uns in einem Moment des epochalen Wandels befinden, wie Helga bereits sagte. Meine größte Befürchtung ist, daß wir nicht das volle Potential dieses Moments erkennen, weil es uns an Dichtern fehlt oder weil wir im Namen des „Realistischen“ unseren inneren Dichter unterdrücken. Wir brauchen Künstler und Träumer, die sich das volle Potential für die Menschheit vorstellen können, ohne es vorher erlebt zu haben – wie Alexander Hamilton, die für eine Zuckerplantage in der Karibik die Buchhaltung machte, das schreckliche Leid der Sklaverei sieht, aber eine Vision für eine Regierungsform hat, die die Prinzipien der göttlichen Natur der Menschheit wahrt.
Wir müssen auch unseren Sinn für Ironie und für Humor wiederfinden. Die sogenannten Nachrichtenmedien sind wirklich „Fake News“, und eigentlich ist es noch schlimmer, weil sie jetzt ganz offen von schurkischen Geheimdienstagenten betrieben werden, wie dem ehemaligen CIA-Direktor und Folter-Freund John Brennan, der jetzt ein wichtiger Kommentator bei CNN ist (und dessen Bruder übrigens meinen Ehemann in New York City Prügel angedroht hat). Josh Campbell, Mitarbeiter von James Comey beim FBI, ist jetzt bei MSNBC – und ich bin sicher, daß es noch viel mehr sind.
Ist es also ein Wunder, daß die Presse verrückt spielt, wenn Präsident Trump ankündigt, daß er unsere Truppen aus Syrien und Afghanistan abziehen will? Sie erfinden Argumente, warum wir Syrien für immer besetzen und aufspalten sollten, und erklären der Türkei den Krieg, die zufällig über viele unserer Atomwaffen verfügt. Sie beschuldigen Trump, Krieg zu verursachen, aber es war nicht er, der sich über den qualvollen Mord an Gaddafi freute und der sagte: „Welchen Unterschied macht das?“, als die Amerikaner in Bengasi starben.
Viele Leute mögen denken, daß Präsident Trump nicht wie ein Dichter aussieht oder redet – obwohl ich finde, daß manches, was er sagt und tut, eine poetische Qualität hat – gute, beißende Ironie und Humor. Ich bin mir nicht sicher, ob eine weniger aggressive Persönlichkeit den Ansturm der Hyänen in den Nachrichtenmedien hätte überleben können und in der Lage wäre, Zehntausende verzweifelte Amerikaner zusammenzubringen, damit sie wieder wie Bürger handeln.
Stellen Sie sich vor, wieviel Spaß Shakespeare an einem Charakter wie Präsident Trump hätte, der zusammen mit Putin, Xi und Modi (Staatsmänner, die von den Fake News genauso „geliebt“ werden) Architekt für ein edles, neues Paradigma für die Menschheit und für eine Welt ohne Krieg werden könnte.
Nun, um eine Renaissance zu erleben, denke ich, muß man erst fast tot sein – wie könnte es sonst eine Wiedergeburt geben? Erfüllen wir hier im Westen dieses Kriterium? Letzte Woche las ich eine schreckliche Geschichte über zwei junge Männer von 17 und 19 Jahren, die einen 79jährigen Mann die Straße entlang jagten und sich selbst dabei filmten, wie sie auf ihn einschlugen, bis seine Rippen und sein Bein gebrochen waren und er in kritischem Zustand ins Krankenhaus gebracht wurde. Vor einigen Monaten wurde ein Gymnasiast in Long Island auf dem Bürgersteig vor seiner Schule zu Tode geprügelt, während 50 andere Schüler zusahen und den Vorfall filmten.
Was ist mit uns los?? Unsere Kinder sind zu kaltblütigen Mördern geworden! Wird diese schreckliche Grausamkeit und Gewalt durch Waffen verursacht? Man kann argumentieren, daß Personen, die sich an solchen Verbrechen beteiligen würden, keine Waffen haben sollten, aber man kann nicht argumentieren, daß die Waffen die Ursache sind, der Streit über Waffenbesitz wird daran nichts ändern.
Entmenschlichung des Menschenbildes
Ich möchte Sie an eine Schrift erinnern, die Lyndon LaRouche 1999 nach dem Massaker an der Columbine High School verfaßte. Sie hieß „Star Wars und Littleton“. Darin behauptet er, daß Kinder systematisch zu Terroristen gemacht werden, und identifiziert zwei Faktoren, die entscheidend sind, wenn man einen Mörder produzieren will. Er schreibt:
„Wenn Sie etwa nur einen kleinen Teil der Star-Wars-Serie sehen, fällt das wichtigste epistemologische Thema schon auf den ersten Blick deutlich auf. In diesem Moment muß man sich nur fragen: ,Sehen diese Kreaturen für mich menschlich aus?‘ Wie könnte jemand im Ernst behaupten, die Bedeutung dieser Frage zu übersehen?
Wie kann man unschuldige Kinder so weit verderben, daß sie psychotische Mörder werden? Die schnelle Antwort auf diese Frage lautet: Man entmenschlicht das Menschenbild. Die Einzelheiten, wie dies zur Produktion junger ,Nintendo’-Terroristen führt, sind eine kompliziertere Angelegenheit. Dennoch ist es keine übertriebene Vereinfachung zu sagen, daß sobald dieser erste Schritt der Entmenschlichung des Menschenbildes vollbracht ist, die axiomatische Grundlage dafür geschaffen ist, aus dem Krieg und dem Töten nur noch ein kindisches Spiel zu machen, das nach der Auffassung eines kindlichen Geistes über die Bedeutung der Einhaltung der Regeln gespielt wird.“
Man verwischt also bewußt den Unterschied zwischen Mensch und Tier, und dann erlegt man der Gesellschaft ein willkürliches Regelwerk von Verhaltensregeln auf, bei denen das grundlegendste Prinzip des Universums nicht berücksichtigt wird, nämlich das Prinzip der Veränderung, und vor allem die einzigartige Fähigkeit des Menschen, seine Gattung und sogar seine persönliche Identität zu verändern.
Wir stießen auf dieses Problem im Zusammenhang mit dem „Gesetz zum Schutz von Eigenheimbesitzern und Banken“, das Lyndon LaRouche 2007 entwarf, um einen Bankenzusammenbruch zu stoppen und zu verhindern, daß Millionen Amerikaner ihre Eigenheime verlieren und auf die Straße geworfen werden. Das größte Argument dagegen war immer: „Warum sollten wir die Leute schützen? Sie haben doch die Hypothek unterschrieben!“ Willkürliches Recht sollte gelten – die Tatsache, daß die Banken vorsätzlichen Betrug begangen hatten, um ahnungslose ältere oder arme Menschen abzuzocken, wurde nicht als ausreichender Grund angesehen, um die vertragliche Vereinbarung aufzuheben.
Ich bin überzeugt, daß die systematische Entlassung der psychisch Kranken aus den Kliniken, die ab den 1970er Jahren in den Vereinigten Staaten stattfand, uns dazu bringen sollte, die Armen nicht mehr als vollwertige Menschen zu betrachten. „Die sind verrückt“ – und viele waren es tatsächlich. Wenn man heute das Wort „Obdachlose“ hört, denken viele, das sei gleichbedeutend mit „Verrückte“? Irgendwie soll das rechtfertigen, daß wir diese Menschen auf der Straße sich selbst überlassen, bis sie an Kälte oder Krankheit sterben oder Gewaltverbrechen gegen andere begehen.
Die Gefängnisse in den Vereinigten Staaten sind voll von Menschen, die psychisch krank sind, und viele von ihnen werden nicht behandelt. Auch hier kann man die Rechte der Gefangenen einfach ignorieren, denn es sind ja „böse Menschen“ oder „Verrückte“. Es kann einem egal sein, daß Menschen in den Vereinigten Staaten jahrelang im Gefängnis festgehalten werden können, bevor ihr Prozeß stattfindet, weil sie zu arm sind, um sich die Kaution zu leisten. Im vergangenen Winter während des sogenannten „Arktiseinbruchs“ mit Temperaturen von minus 5 und 10 Grad Celsius hatte das Gefängnis in Brooklyn eine Woche lang keine Heizung!
Von da aus ist es nicht schwer, die gleiche Geringschätzung auch auf Flüchtlinge, Arme, Behinderte usw. auszuweiten.
Der Mensch als kreatives Wesen
Aber was ist die wahre Natur des Menschen? Dies ist der Bereich, in dem LaRouche den Durchbruch in Bezug auf den Zusammenhang zwischen menschlicher Kreativität und physischer Wirtschaft erzielt hat. Und es gibt hier ein Paradox – Einstein hat darüber ein entzückendes kurzes Papier geschrieben -, denn eine bahnbrechende Entdeckung geschieht im Kopf eines einzelnen Individuums. Es handelt sich nicht um einen kollektiven Akt. Aber der einzelne wäre nie in der Lage, diesen Durchbruch zu schaffen, ohne alle die Vorteile, die er davon hat, Teil einer menschlichen Gesellschaft zu sein. Zudem ist die Entdeckung nur so lange von Wert, wie die Gesellschaft fähig ist, sie aufzunehmen. Das war der Durchbruch der Amerikanischen Revolution und unserer Unabhängigkeitserklärung, die das Recht auf „Leben, Freiheit und Streben nach Glück“ bekräftigte. Die Regierung existiert, um die Möglichkeit der individuellen Kreativität zu schützen, die wiederum von der Gesellschaft als ganzes aufgenommen werden kann.
Können wir von den Menschen „verlangen“, daß sie kreativ sind? Nun, hören wir uns LaRouche zu dieser Frage an. Das folgende stammt aus einer Rede, die er kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis im Mai 1994 auf der Gründungskonferenz einer „Bewegung für ein nationales Musikkonservatorium“ gehalten hat.
Lyndon LaRouche (Video): „Wir haben jetzt in diesem Land und auf der ganzen Welt Unterdrückung. Aber die schlimmste Unterdrückung ist die Unterdrückung der Seele. Das ist schlimmer als Mittelmäßigkeit: die Zerstörung des Persönlichkeitsgefühls, die Zerstörung der Konzentrationsfähigkeit, die Zerstörung der Erkenntnis, daß das eigene Selbst nach dem Bilde Gottes geschaffen ist.
Die Unfähigkeit, die eigene Kreativität zu erkennen. Die Unfähigkeit, die Erfahrung der Entdeckung eines großen Entdeckers der Vergangenheit, sei es auch nur des Satzes des Pythagoras oder so etwas, nachzuerleben – wo das Kind, indem es weiß, daß es die Erfahrung der Entdeckung eines großen Entdeckers repliziert hat, nun weiß: ,Auch ich habe diese Kraft der Kreativität in mir.’ Und wenn das Kind das in einer Reihe von Fällen tut, sagt sich das Kind: ,Ich habe diese schöpferische Kraft, die ich mit Gott dem Schöpfer verbinde! Ich bin Ebenbild Gottes! Es ist wahr, Moses hat Recht. Ich bin im Ebenbild Gottes geschaffen – und allen anderen auch.’
Und dann will das Kind das feiern. Und wie könnte man es besser feiern als mit einem Gedicht? Und welches Gedicht wäre besser als eines, das angemessen gesungen wird?
Und wir brauchen Musik. Sie ist ein Teil unseres Geistes. Sie liegt unserer Kreativität ganz nahe.“
Diane Sare: Es gibt eine Legende, die heute allzu weit verbreitet ist, wonach Kreativität unbegreiflich ist, von Launen abhängig, und sich nicht bei Bedarf heraufbeschwören läßt. Bach, Haydn, Einstein, Kepler und alle anderen wahren Genies, auch Lyndon LaRouche, würden natürlich alle vehement gegen eine solche Vorstellung protestieren – ihr unglaublich produktives Leben ist der Beweis. Aber die populäre Meinung ist, daß wir darauf warten müssen, bis wir zu irgendeinem nicht vorhersehbaren Zeitpunkt eine Inspiration haben oder vielleicht eine minimale Dosis einer starken psychotropen Droge nehmen.
Aber was ist dann Kreativität? Ist es „Innovation“? Wie mißt man das? Wie mißt man, ob etwas gut für die Menschheit ist? Dies ist der Bereich, in dem LaRouche die Entdeckungen zum Zusammenhang zwischen Kreativität und physischer Wirtschaft gemacht hat: daß man die potentielle relative Bevölkerungsdichte erhöhen kann, daß mehr Menschen auf einer gegebenen Landfläche länger und glücklicher leben können, und daß dieses Wachstum über die zu Generationen anhält.
Denken Sie an Präsident Kennedys Apollo-Mission. Das war nicht nur ein Wettbewerb, auch wenn der Sputnik-Schock der erste Anstoß gewesen sein mag. „Erfolgreich auf dem Mond zu landen und sicher zur Erde zurückzukehren“, erforderte vom amerikanischen Volk eine umfassende Mobilisierung von vielen Tausenden und den Einsatz der besten Köpfe für diese Mission. Als die Amerikaner sich der Herausforderung stellten, war der Effekt ansteckend – das ist Optimismus immer. Ziele im Dienst der Menschheit zu erreichen, die wenige Jahrzehnte zuvor unmöglich schienen, weckt den Wunsch nach immer mehr. Es ist kein Zufall, daß zu der Zeit, als wir dieses kühne Unternehmen wagten, die Bürgerrechtsbewegung an Stärke gewann, daß afrikanische Nationen beschlossen, daß sie ihre Souveränität und Unabhängigkeit sichern konnten, und daß das Peace Corps gegründet wurde – wir waren überzeugt, daß Armut überwunden werden kann. Die Liebe zur Menschheit, wie Martin Luther King als Schüler von Mahatma Gandhi und Christus zeigt, galt nicht als etwas für naive, unverbesserliche Optimisten, sondern als eine Kraft des Naturrechts.
Dieses hochinspirierte Menschenbild war zuviel für die Zeusse dieser Welt – das Britische Empire -, und es begann ein gewaltiger Ansturm, um die amerikanische Kultur vom Optimismus in Verzweiflung umzukehren.
Das war keine Kleinigkeit: die Kubakrise, die Morde an den Kennedys, King und Malcom X, der Vietnamkrieg, MK-Ultra mit Drogen an den Hochschulen, die Einführung des ökologische „Tags der Erde“, die Finanzierung der Beatles – 1972, als das letzte Mal ein Mensch auf dem Mond war, ein Jahr, nachdem Nixon den Dollar vom Gold abgekoppelt hatte, war Amerika nur noch ein buntes Chaos von erwachsenen Blumenkindern und Gruppenzwängen, wo jeder bereit war, für sich selbst alles zu tun: Vergnügen suchen und Schmerz vermeiden. Die Menschen waren bereit, ihre eigenen Eltern und Kinder zu verkaufen, nur um voranzukommen.
Doch da es glücklicherweise in der Natur des Menschen liegt, das Gute und das Schöne zu lieben, konnte Lyndon LaRouche trotz all der Häßlichkeit und Zerstörung eine kleine, aber einflußreiche Organisation aufbauen und rekrutieren – von der Sie bei diesem Treffen hier einen Teil sehen. Und Sie sehen, wie sie in den Vereinigten Staaten wieder wächst. Präsident Trump ist ein Optimist, weil er ein Kämpfer ist, und das inspiriert auch eine gewisse Qualität des Kampfes im amerikanischen Volk, aber es gibt noch mehr. Hören Sie, was LaRouche an seinem 75. Geburtstag sagte:
Lyndon LaRouche: „Wir sind an dem Punkt, an dem die Menschen wissen wollen, was sie tun sollen. Aber es ist sehr schwer, in Form von linearen Anweisungen zu erklären, was zu tun ist. Natürlich wissen Sie, daß Lyndon und Helga Zepp-LaRouche Programme für jeden Winkel der Erde entworfen haben, bis hin zur ersten Kolonie auf dem Mars. Aber wenn die Menschen nicht kreativ denken können, wird nichts davon funktionieren. Wir sind keine Maschinen.“
Das Chorprojekt in New York
Diane Sare: Die Musik ist dafür entscheidend. Als er Anfang dieses Jahrtausends seine zweite Jugendbewegung rekrutierte, setzte sich LaRouche dafür ein, Chöre zu gründen, und entwickelte im Gespräch mit John Sigerson eine Pädagogik mit Bachs Motette Jesu meine Freude im Mittelpunkt.
Meine beiden Kolleginnen dieser Runde haben wesentliche Beiträge zu diesem Prozeß geleistet, und ich denke, sie werden Ihnen gleich darüber berichten. Antonella Banaudi hat ihr Wissen über den italienischen Belcanto in unsere Bostoner Musikgruppe eingebracht, die besonders an Bach arbeitete, und Elvira Green brachte uns zusammen mit unserer hochverehrten, verstorbenen Sylvia Lee das Wissen und die Geschichte der Spirituals – und vieles mehr, aber die Spirituals sind enorm wichtig, um jeden zu erheben, der Unterdrückung erlitten hat.
Schließlich haben wir im Rahmen von LaRouches Initiative, 2014 nach Manhattan – dem Zentrum der Vereinigten Staaten in der Tradition Alexander Hamiltons und der Verfassung – zurückzukehren, einen Chor gegründet, der für das Organisieren des gesamten Umfelds entscheidend geworden ist. Er hat Ableger in New Jersey, Brooklyn, Queens und Manhattan, und wenn wir uns treffen, sind wir zwischen 80 und 140 Sängern – und noch mehr, wenn unsere Chöre aus Virginia und Boston mitmachen.
LaRouche schlug vor, wir sollten 1500 Sänger versammeln, daran arbeiten wir immer noch. Ich denke, jeder, der Lyn kannte, wurde zumindest gelegentlich durch seine Zukunftsvisionen stark herausgefordert!
Er erklärte dazu, der Zweck dieses Chores sei nicht nur der Einfluß auf das sogenannte Publikum – und manchmal sind jetzt mehr als ein Drittel unseres Publikums Menschen, die irgendwann im Chor gesungen haben, faktisch ist es also wie ein erweiterter Chor von Hunderten -, aber er sprach auch oft über die „Platzierung der Stimme“, was er sowohl wörtlich als auch metaphorisch meinte. Natürlich singen und spielen wir immer in der Verdi-Stimmung von a’ = ca. 430 Hz, und wir streben und kämpfen darum, den Belcanto-Stimmsitz zu erreichen, um schön und natürlich singen zu können. Aber noch wichtiger ist die Platzierung als eine Frage des Geistes – die Vorstellung, daß wir alle am Wahren und Schönen teilhaben können. Und Lyn wußte das. Er sprach darüber, wie der Chor funktionieren würde, indem die kompetenten, ausgebildeten Sänger die Führung übernehmen, und in den neuen Sängern Vertrauen entwickeln, die in einer Gruppe mit den Stärkeren singen. Unsere Amateursänger sind nach einem Konzert stets ganz erstaunt und überwältigt, weil sie in ihrem Inneren spüren, daß sie ein Teil einer universeller Schönheit waren, die sie alleine nicht hätten produzieren können, worin aber ihre scheinbar kleine Rolle, ihre kleine – aber gut platzierte – Stimme unerläßlich war.
Daher möchte ich mit einem kurzen Video mit Schlaglichtern unseres Fortschritts schließen: vom ersten öffentlichen Singen – als eine Jury einen Polizisten nicht anklagte, der einen Schwarzen erschlagen hatte, weil der Zigaretten verkaufte, und als am Tag unseres Konzerts zwei Polizisten erschossen wurden -, bis hin zu unserer Gedenkveranstaltung bei sibirischem Wetter für das russische Alexandrow-Ensemble, das am Weihnachtstag 2016 bei einem Flugzeugabsturz im Schwarzen Meer ums Leben kam, und unseren jüngsten Konzerten in diesem Jahr.1
Sie sehen, wir haben schon viel erreicht, aber wir brauchen immer noch etwa tausend weitere Sänger. Ich danke Ihnen.
Auftritte des New Yorker Chores des Schiller-Instituts
… im September 2016 anläßlich des 15. Jahrestags der Anschläge des 11. September …
… im Januar 2017 am Teardrop-Memorial in Bayonne/New Jersey zum Gedenken an das russische Alexandrow-Ensemble, dessen Mitglieder am Weihnachtstag 2016 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren …
… und im November 2018 anläßlich des Geburtstags des Dichters Friedrich Schiller.
- LaRouche und die Einheit von Kunst und Wissenschaft
Antonella Banaudi, Sopranistin und Gesangslehrerin, arbeitete mit dem Schiller-Institut in verschiedenen Projekten zur Verdi-Stimmung und Opern-Meisterklassen zusammen
Liebe Helga [Zepp-LaRouche], liebe Freunde des Schiller-Instituts und des LaRouche PAC, vielen Dank für diese kostbare Zeit, in der ich versuchen werde, einen Eindruck von der Bedeutung von Lyndons Handeln für das Wohl und den Fortschritt der Menschheit zu vermitteln.
Lassen Sie mich gleich anfangen.
1737 gründete Lorenz Mizler, ein Schüler von J.S. Bach, in Leipzig einen halbgeheimen Verein der Musikwissenschaften. Um zugelassen zu werden, mußte man seine eigene musikalische Komposition mathematischer Natur und ein Porträt von sich selbst präsentieren. Mizlers Ziel war es, den Zusammenhang zwischen Musik und Mathematik aufzuzeigen. Tatsächlich lautete das Motto der Gesellschaft: „Musik ist der Klang der Mathematik“, ähnlich wie wenn man sagt, das Wort ist der Klang der Poesie oder Mathematik ist die Sprache der Physik und der Wissenschaft.
Das Ziel der Gesellschaft war es, die Musik zu ihrem pythagoräischen Ursprung zurückzuführen, deshalb nahm auch Georg Friedrich Händel daran teil. Bach trat 1747 offiziell in den Verein ein, seine Kunst der Fuge und seine Goldberg-Variationen sind ein brillanter Ausdruck von Musik nach den Prinzipien der geometrischen und arithmetischen Symmetrie, ebenso wie Kompositionen von Mozart, Beethoven, Schubert bis Strawinsky.
Diese Symmetrien ähneln denen des Goldenen Schnitts, dessen höchster Ausdruck der Kanon ist. Eine andere Art von Kanon ist der von Vitruv, den Leonardo in seiner Zeichnung „Der vitruvianische Mensch“, einem Kondensat mathematischer und harmonischer Erkenntnisse über den menschlichen Körper, brillant illustrierte. Leonardo untersuchte auch die Phyllotaxis, die nach den Prinzipien der Goldenen Proportion verläuft, welche durch die irrationale Zahl 0,618 ausgedrückt wird, die immer als Verkörperung des universellen Gesetzes der Harmonie galt. Das Verhältnis des Goldenen Schnitts oder der Goldenen Proportion wird in der goldenen Spirale ausgedrückt, die unsere Gehörschnecke formt. Diese sendet dann spiralförmige Signale an unser Gehirn und unseren Geist, indem sie einer natürlichen Struktur folgt und diese wiederum formt, wodurch wir die „goldene Sprache“, die schöne Proportion, unbewußt erkennen, wenn wir ihr in der Kunst begegnen. Das gleiche gilt für das Sehen, denn auch die Zapfen im Auge, die die Lichtsignale sammeln, sind eine goldene Spirale.
Ein enger Verwandter des Goldenen Schnitts ist die Fibonacci-Reihe, die Sequenzen im Pflanzen- und Menschenleben ordnet.
Alle Proteine haben fünf Seiten, die gemäß dem Goldenen Schnitt erzeugt werden; sogar die Helix der DNA folgt dem Goldenen Schnitt, ausgedrückt durch Fibonacci-Zahlen; einige spektakuläre Galaxien haben eindeutig die Form einer goldenen Spirale, der Austritt aus einer planetaren Umlaufbahn wird als goldene Spirale berechnet, ebenso wie der Verlauf des Zusammenbruchs eines Sterns und die harmonischen Verhältnisse der pythagoreischen Skala.
Wann immer wir Musik in der goldenen Proportion hören, steht dies im Einklang mit der Biologie und der harmonischen Wahrnehmung. Lyndon LaRouche hat dieses geometrische Verhältnis in seinem grundlegenden Handbuch der Grundlagen der Stimmung und Register untersucht.
Er tat dies anhand der menschlichen Stimme, die er nicht nur als das grundlegende Musikinstrument, sondern auch als einen wahrhaft goldenen Lebensprozeß definierte. Wir wissen, daß man für gutes Singen ein gebildetes Ohr braucht. Wenn man Gesang studiert, erzieht man die Stimme und das Ohr zusammen, genauso wie wir den Geist zu Proportionen und harmonischer Schönheit erziehen. Eine schöne Stimme ist der Ausdruck eines schönen Ohrs – so wie eine schöne Komposition das Ergebnis eines schönen Geistes ist, und wenn wir ihm zuhören, sind wir tatsächlich mit dem schönen Geist verbunden, der ihn geschaffen hat.
LaRouche und das Schiller-Institut haben klar postuliert, wie sehr die Singstimme und der Verstand über das Ohr, das natürlicherweise auf dem Goldenen Schnitt basiert, ein Ganzes bilden. Also sollte auch Musik, wenn sie wirklich Ausdruck der Musen und der apollinischen Schönheit sein soll, mit goldenen Verhältnissen zwischen den Tonstufen strukturiert sein. Der goldene Schnitt gehört zu dem geheim übermittelten Wissen, weshalb es als „heilig“ definiert wurde, und LaRouche sagt, daß nichts Geheimnisvolles oder Mystisches daran ist, wenn man sieht, warum der Goldene Schnitt ein absoluter Wert der Lebensprozesse ist.
Als weitere Bestätigung der Entdeckungen von Fibonacci und Leonardo veröffentlichte Kepler, inspiriert von Platons Timaios, 1597 das monumentale Mysterium Cosmographicum, welches belegt, daß das Sonnensystem und die Proportionen seiner Planetenbahnen von den fünf platonischen Körpern und dem Goldenen Schnitt herrühren, wie die Winkelgeschwindigkeiten der Planeten in ihren elliptischen Bahnen nach den gleichen Verhältnissen wie die grundlegenden musikalischen Intervalle proportioniert sind.
Mit Bezug auf die astronomischen Werte Keplers definierte LaRouche das c’ bei 256 Schwingungen pro Sekunde als „Keplers Intervall im Sonnensystem“. Im Jahr 1800 führte Carl Friedrich Gauß anstelle der von Kepler vorgeschlagenen reinen Kreisbewegung die konische Spiralwirkung ein. Und LaRouche demonstrierte genau diese konische Spiralbewegung in der Stimme des „Belcanto“, das bedeutet „schönes Singen“.
Wie es scheint, hat der Physiker Joel Sternheimer, ein leidenschaftlicher Musiker, gezeigt, daß die Elementarteilchen in einer Reihe angeordnet sind, die eng mit der musikalischen Skala auf der Grundlage von c’=256 Hz zusammenhängt. Die Frequenz des Protons beträgt 2,26876 x 1023, dieser Wert entspricht ziemlich genau dem G der 69. Oktave oberhalb von c’=256 Hz. In der Forschung zur biophysikalischen Optik wurde gezeigt, daß die maximale Absorption der elektromagnetischen Strahlung von DNA einem präzisen Wert entspricht, der bei 256,54 in der 42. Oktave über dem mittleren c liegt.
Dies sind nur einige Beispiele für jüngere Entdeckungen, die bestätigen, wieviel die „unorthodoxen“ Physiker über die wissenschaftliche Stimmung von a’=432 Hz wußten, die Stimmung, die der brillante Maestro Verdi wünschte, dessen ästhetischer Geschmack und Wissen auf der Idee der schönen Stimme und Musik beruhten.
Es gibt eine aufschlußreiche Definition der Stimme von LaRouche, eine Definition, von der ich schon immer ausging, was zeigt, daß man manchmal etwas weiß, ohne zu wissen, daß man es weiß. Ich fasse sie zusammen: „Die menschliche Stimme ist für den Schall, was der Laser für das Licht ist, sie ist ein akustischer Laser, der durch die Wirkung als ,Einheit’ die maximale Dichte elektromagnetischer Singularitäten erzeugt.“
Nun frage ich mich: Ist das der Grund, daß wir, wenn wir eine schöne Stimme hören, das Gefühl haben, wir hätten in unserem Geist die Projektion einer Welt der Farben und Formen, die keiner anderen Rechtfertigung bedarf als der Schönheit?
Mit dem bisher Gesagten habe ich nur ein wenig dazu beigetragen, an Lyndons wissenschaftliches und künstlerisches Engagement zu erinnern, von dem wir alle lernen. Für mich ist er ein Meister, ein Maestro im klassischen sokratischen Sinne. Ein Maestro ist jemand, der durch sein Vorbild das, was in anderen verborgen ist, hervorruft und erleuchtet. Ein Maestro ist jemand, der aus seinem Leben ein Kunstwerk macht.
Sein Handeln ist sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch, um Wissen zu suchen und zu vermitteln – Wissen über den Menschen und über die Gesetze, die die Welt regieren, Gesetze, denen sich der Mensch anpassen muß, um eine harmonische, gerechte und glückliche Gesellschaft aufzubauen. Auf dem Giebel des Tempels von Delphi steht: „Erkenne dich selbst und du wirst das Universum und die Götter kennen“, weil alles den gleichen Gesetzen gehorcht.
Das Wissen wird dann zum Bewußtsein, im Sinne einer ethischen Verpflichtung, die Prinzipien zu verwirklichen, die uns vom Leben von Barbaren unterscheiden, wie Dante uns in der Göttlichen Komödie im Odysseus-Gesang im Inferno drängt: „Ihr wurdet nicht geschaffen, als Barbaren zu leben, sondern Tugend und Wissen zu folgen.“
Sicher hat mir LaRouche viel mehr gegeben, als ich jemals zurückgeben kann. Er entfachte in mir eine Leidenschaft für alle Aspekte der Musik als Wissenschaft, und die sind unzählig und faszinierend – eine Forschung, die mich ständig bereichern und meine Sicht der Welt verändern kann.
Meine Erinnerung an LaRouche ist geprägt von Bewunderung, Wertschätzung und Zuneigung, denn jeder, der weiß, wie man den Funken entzündet, den seine Fackel im Geist der Menschen entfacht, der wird von einer tiefen Liebe zum Guten der Menschheit beseelt, und Lyndon LaRouche hat ihn in jedem von uns entzündet. Deshalb sind wir hier.
- Wahre Freiheit durch wahre Kunst: der einzigartige Beitrag der Negro Spirituals zur klassischen Bildung in Amerika
Elvira Green, Mezzosopran, 30 Jahre Mitglied der Metropolitan Opera, Gründerin der Spiritual Renaissance Singers in Greensboro/North Carolina
Worte von James Weldon Johnson:
O unbekannte, schwarze Barden längst vergangner Zeiten,
Wie kam es, daß eure Lippen das heilige Feuer berührten?
Wie konntet ihr in eurer Finsternis erwerben
Diese Kraft und Schönheit in der Sänger Leier?
Wer hob als erster aus den Fesseln seine Augen?
Wer als erster auf der stillen Wacht, lang und einsam,
Spürte, daß der alte Glaube der Propheten in seiner
Unterdrückten Seele aufstieg und zum Lied sich formt?
Welch’ Sklaven Herz war es, dem entströmte eine Melodie
Wie “Steal away to Jesus”? Zu diesem Klang
Muß nächtlich frei sein Geist entflogen sein,
Auch wenn er noch um seine Hände seine Ketten spürte.
Wer hörte den großen „Jordan rollen“? Wer sah
Den Himmelswagen und sang „Swing Low Sweet Chariot”?
Und wer war es, der so tröstend und melodisch klagte:
„Nobody Knows de Trouble I’ve seen“?
Welch lebend Nichts in der Gefangenschaft
Konnte durch die Finsternis zu Gott aufsteigen
Und fand im abgestumpften Herzen Kraft, zu singen
Diese Lieder voller Trauer, Liebe, Glauben, Hoffnung?
Wie fand er jenen feinen Unterton,
Den Ton in der Musik, den unser Ohr nicht hört?
Wie blies er jenes scheue, seltne Rohr,
Das zu der Seele spricht, ein Herz zu Tränen rührt?
Selbst der große deutsche Meister in seinem Traum
Der Harmonien, die bei der Schöpfung
Zwischen Sternen donnern, hörte niemals eine Weise,
Die edler war als „Go Down, Moses“. Hört
Ihren Schall wie einen mächtigen Posaunenruf,
Der bringt das Blut in Wallung. Zu solchen Klängen
Standen Menschen auf zu tapf’ren Taten; solch’ Töne halfen
Die Geschichte schreiben, als die Zeit noch jung.
Welch ein unendlich’ Wunder schlummert in dem allen,
Daß aus erzwungner Ruh’ und Sklavenlos
Der Feuergeist des Sehers sollte rufen
Diese Kinder nur der Sonne und des Bodens.
O schwarze Sklavensänger, tot, vergessen, nie gerühmt,
Ihr – Ihr allein aus jener endlos langen Reihe
Derer, die sangen ungelehrt und namenlos
Blicktet auf zum Himmel zu dem Göttlichen.
Ihr sanget Taten nicht von Königen und Helden;
Nicht Schlachtgesang des blut’gen Krieges, nicht Jubel
Zum Triumph der Waffen; nein, ihr zupftet
Eure bescheid’nen Saiten in der Harmonie des Himmels.
Ihr sangt viel besser, als ihr ahnt; die Lieder,
Für hungrig’ Herzen eurer Hörer nur gedacht,
Sie leben ewig weiter – doch euch gebührt noch mehr:
Ihr sangt ein Volk von Holz und Stein zu Christus.
„Von wem stammen diese Lieder – diese Lieder, die unter den Volksliedern der Welt unübertroffen sind und unvergleichlich in ihrer rührenden Schönheit? Es wäre eine edle Errungenschaft gewesen, wenn die amerikanischen Siedler mit ihrer gemeinsamen Sprache und ihrem gemeinsamen Erbe, die Freiheit in einem neuen Land suchten und vor der Aufgabe standen, die ungezähmte Natur zu erobern, und die von der Hoffnung angetrieben waren, ein Reich aufzubauen, eine mit den Spirituals vergleichbare Volksmusik geschaffen hätten.
Im Jahre 1619 landete ein niederländisches Schiff mit 20 afrikanischen Ureinwohnern in Jamestown, Virginia. Diejenigen, die die Fahrt überlebt hatten, wurden sogleich in die Sklaverei verkauft. Hier waren sie, abgeschnitten von der Verankerung in der Kultur ihrer Heimat, zerstreut ohne Rücksicht auf ihre alten Stammesbeziehungen, und mußten sich auf eine völlig fremde Zivilisation einstellen, mußten eine fremde Sprache lernen und waren zudem einem immer härteren System der Sklaverei unterworfen; doch gerade aus diesen Menschen entsprang diese Masse edler Musik, die Amerikas einzige Volksmusik ist – der edelste, unverwechselbare künstlerische Beitrag, den Amerika der Welt zu bieten hat.
Die Musik von Go Down Moses, Deep River, Stand Still Jordan, Walk Together Children, Roll Jordan Roll, Ride On King Jesus, um einige Beispiele zu nennen, ist immer edel, und die Stimmung der Spirituals ist immer erhaben. Ihre Gedanken folgen stets nur den höchsten und reinsten Motiven des Herzens. Alle wahren Spirituals besitzen Würde.
Zweifellos haben viele Menschen diese Lieder nur auf Varieté- oder Theaterbühnen gesungen gehört und über sie laut gelacht, weil sie auf humorvolle Weise präsentiert wurden. Sie hielten sie vielleicht für eine neue Art von Ragtime- oder Minstrel-Songs. Deshalb müssen diese Spirituals in ihre primitive Würde gekleidet werden, damit man sie richtig wertschätzen und verstehen kann.
Die Spirituals werden ganz überwiegend dem Neger als seine eigene, originale Schöpfung zugeschrieben, dennoch gibt es Kritiker, die bestreiten, daß sie original sind. Die Meinung dieser Kritiker ist nicht fundiert; sie basiert weder auf wissenschaftlicher oder historischer Forschung, sondern nur auf dem Widerwillen, die Schöpfung so viel reiner Schönheit einem Volk zuzusprechen, das sich, wenn es nach ihrem Wunsch geht, auch heute noch absolut minderwertig fühlen soll.
In seinen Schriften sprach James Weldon Johnson von dem „Wunder“ des Negro Spirituals, das aus der Musik hervorgehe, die der amerikanische Neger seine Herren singen hörte, vor allem religiöse Musik. Die Neger-Spirituals entstanden nicht aus Verbindlichkeit gegenüber ihren weißen Herren. Die Fähigkeit zur Formulierung der poetischen Zeilen, welche die Titel so vieler Spirituals bilden, beweist die Fähigkeit, diese Lieder zu erschaffen.
Als die Fisk Jubilee Singers ihre Tournee durch England, Schottland und Deutschland machten, allein in Deutschland fast acht Monate lang, wurden ihre Konzerte von den musikalisch kultiviertesten und anspruchsvollsten Menschen sowie der breiten Öffentlichkeit besucht. Ihre europäischen Konzerte waren sowohl eine künstlerische Sensation als auch ein finanzieller Erfolg für die Fisk University, und keines von beidem wäre möglich gewesen, wenn ihre Lieder nur Imitationen europäischer Volksmusik oder Adaptionen europäischer Lieder gewesen wären.“
(Aus dem Vorwort zu James Weldon Johnson, “The Books of American Negro Spiritual”)
Die verstorbene Sylvia Olden Lee, die berühmte Repräsentantin der Spirituals und Mitglied des Kulturbeirats des Schiller-Instituts, hat einen umfangreichen Katalog von Spirituals in Arrangements von ihr und ihren Zeitgenossen zusammengestellt. Dazu gehören Hall Johnson, Thomas Kerr, Edward Boatner, Margaret Bonds, Undine Smith Moore, John W. Work, um nur einige zu nennen. Sylvia, mit der ich mehrere Jahre zusammenarbeitete, bereiste die Welt als Coach, Musikhistorikerin, Pianistin und Begleiterin vieler renommierter Künstler, sowohl Sänger als auch Instrumentalisten. Ihre Memoiren, The Memoirs of Sylvia Olden Lee, Premier African-American Classical Vocal Coach, lesen sich wie ein persönliches Gespräch mit Frau Lee.
Einige klassisch ausgebildete Afro-Amerikaner als engagierte Interpreten des Spirituals in unserer Zeit sind, unter anderen: Marian Anderson, William Warfield, Robert McFerrin, George Shirley, Leontyne Price, Kathleen Battle und die kürzlich verstorbene Jessye Noman.
Tatsächlich bietet der einzigartige, höchst relevante Beitrag der Negro Spirituals zur klassischen Bildung in Amerika auch eine immer größere musikalische Chance, weil die heutigen multiethnischen Amerikaner offener dafür sind, sich diese musikalische Erfahrung zunutze zu machen, indem sie diese Lieder in ihr Chor- und Solorepertoire aufnehmen.
In diesem Jahr jährt sich zum 100. Mal die Gründung der National Association of Negro Musicians, einer Organisation, die von James Weldon Johnson gegründet wurde, dem Autor des Gedichts, das ich zur Eröffnung meiner Ausführungen rezitierte. Diese Organisation wurde nur zwei Monate nach Johnsons Rede auf der Nationalen Konferenz gegen Lynchjustiz vom Mai 1919 gegründet. Diese Konferenz fand in der Carnegie Hall statt.
Ich bin stolz, daß im nächsten Monat eine Gruppe von Sängern, die der National Association of Negro Musicians angehören, in derselben Carnegie Hall die Bühne betreten wird, um die „Ode an die Freude“ in Beethovens Neunter Symphonie zu singen. Johnson kannte und lebte die Lehre der Spirituals – die Menschenwürde ist das Geburtsrecht und der Lebensbereich jeder menschlichen Seele. Das war Beethovens Überzeugung, und das werden wir feiern. Dennoch:
„Selbst der große deutsche Meister in seinem Traum
Der Harmonien, die bei der Schöpfung
Zwischen Sternen donnern, hörte niemals eine Weise,
Die edler war als Go Down, Moses.“
Wir haben immer gewußt, daß man nur durch die Schönheit der Seele zur Freiheit geht. Das ist das Freiheitslied im Herzen eines jeden Negro Spirituals: die Schönheit der menschlichen Seele.