Sehen Sie hier die Rede von Sergej Pulinez (Rußland) dem Forschungsleiter des Weltraumforschungsinstituts der Russische Akademie der Wissenschaften im Rahmen der internationalen Internet-Konferenz „Kriegstreiberei bis zum Armageddon oder ein neues Paradigma souveräner Nationen, geeint durch die gemeinsamen Ziele der Menschheit?“
Meine Damen und Herren!
Es ist eine große Ehre für mich, an einem so repräsentativen Forum teilzunehmen, in dem wir über das Schicksal unserer Zivilisation diskutieren, welche gegenwärtig realen Gefahren ausgesetzt ist, die zur Zerstörung der menschlichen Zivilisation als solcher führen könnten.
Als Raumfahrtwissenschaftler möchte ich mit den kosmischen Faktoren beginnen, die unseren Planeten beeinflussen. Besondere Aufmerksamkeit sollte unserem leuchtenden Himmelskörper geschenkt werden, dessen Verhalten viele Wissenschaftler verblüfft hat. Seine Aktivität während des letzten Sonnenzyklus erwies sich als unerwartet gering; tatsächlich konnten wir den schwächsten Sonnenaktivitätszyklus seit Beginn der instrumentellen Sonnenbeobachtung beobachten. Wenn es im Maximum der vorhergehenden Zyklen 150-200 Sonnenflecken gab, welche die Aktivität der Sonne charakterisieren, dann hat im aktuellen 24. Zyklus die Zahl der Sonnenflecken im Maximum kaum 95 überschritten.
Gewöhnlich sind lange Perioden verminderter Sonnenaktivität mit einer Abkühlung auf unserem Planeten verbunden, wie es während des Maunder-Minimums der Fall war, das von etwa 1645 bis 1715 dauerte. Seit November 2019, als nach einer langen Pause wieder die ersten Flecken auf der Sonne erschienen, hat ein neuer, 25. Zyklus begonnen, und das Jahr 2020 wird zeigen, wie sich die Situation weiter entwickelt. Wird sich die Sonne wieder normalisieren, oder müssen wir trotz aller Prognosen und der tatsächlich beobachteten globalen Erwärmung eine Abkühlung abwarten?
Wir beobachten zwar eine allmähliche Zunahme der solaren und geomagnetischen Aktivität, aber die Sonne versetzt uns weiterhin in Erstaunen. Wir befinden uns schon seit drei Wochen, seit dem 17. August, in einem kontinuierlichen magnetischen Sturm. Er ist zwar klein, aber von solcher Dauer habe ich ihn in meiner ganzen recht langen wissenschaftlichen Karriere noch nie gesehen.
Deshalb müssen wir die Aktivitäten in der Sonnenforschung verstärken. In diesem Zusammenhang begrüße ich die Initiative der NASA, ein neues Sonnenforschungsprojekt namens HelioSwarm zu beginnen.
Ich weiß, daß es große Begeisterung gibt für die Astrophysik, für Probleme der Entstehung des Universums, für interplanetare Flüge, die Erforschung des Mondes und der Planeten des Sonnensystems, aber es scheint mir, daß man sich bei der Planung der Weltraumforschung auch besonders um unseren eigenen Planeten kümmern sollte, denn momentan geht es buchstäblich um das Überleben der Menschheit. Ich möchte die wichtigsten Bereiche hervorheben.
1. Stationierung von Waffen im Weltraum
In jüngster Zeit gibt es eine gefährliche Tendenz, daß Länder Vereinbarungen über die friedliche Nutzung des Weltraums ignorieren und damit beginnen, Weltraumkommandos, Weltraumwaffen und -systeme zum Einsatz zu bringen. Dadurch wird die Schwelle zu einem neuen Weltkrieg, der mit den verfügbaren Technologien sehr schnell mit der Zerstörung unserer Zivilisation enden kann, entscheidend gesenkt. Daher sollten nicht nur Politiker, sondern die gesamte Menschheit, einschließlich der Teilnehmer dieses Forums, alle Anstrengungen unternehmen, um die Entwicklung einer Situation zu verhindern, in der die Stationierung von Waffen im Weltraum tatsächlich möglich würde.
2. Das Problem des Klimawandels und der Weltraumforschung
Wir beobachten eine ständig wachsende Zahl globaler Katastrophen, Brände und Überschwemmungen, die sich ohne Unterbrechung abwechseln, und wir sehen, daß die Menschheit mit diesem Problem nicht fertig wird. Und ein Teil dieses Problems ist die Unfähigkeit der Wissenschaft, diese Phänomene zu erklären und vorherzusagen. Trotz zunehmender Möglichkeiten der Fernerkundung bleibt der Mensch nur ein Beobachter, zwar mit besten Instrumenten ausgestattet, doch das Paradigma der modernen Wissenschaft, das auf einer engen Spezialisierung beruht, macht einige Wissenschaftler zu Blinden, die den Elefanten aus ganz verschiedenen Blickwinkeln wahrnehmen. Das Problem der Wechselwirkung zwischen Geosphären, über das die Akademiker Wernadskij und Lawerow sprachen, bleibt ein Randphänomen, fernab der Mainstream-Forschung. Wenn diese Situation anhält, werden wir nach der nächsten Verheerung wieder mit den Achseln zucken und passiv das Abschmelzen von Eisbedeckung und des Permafrostes beobachten.
3. Das Problem der Erdbebenvorhersage
Ich möchte gesondert auf ein Problem eingehen, das mich persönlich beschäftigt. Es geht um das Problem der Erdbebenvorhersage. Wir haben eine Technologie entwickelt, die eine kurzfristige Vorhersage (innerhalb mehrerer Tage) von zerstörerischen Erdbeben ermöglicht. Ein physikalisches Modell der Bildung von Vorboten wurde entwickelt, es sind eine Reihe von Einzeldarstellungen und Hunderte von Artikeln erschienen, es wurden Vorträge auf allen möglichen internationalen Konferenzen auf höchstem Niveau gehalten, es wurden Patente in den USA und in Rußland erteilt, es wurden Verhandlungen mit dem Notstandsministerium in Rußland, der FEMA in den USA und in Japan geführt. Die Ergebnisse wurden anhand von Daten verschiedener Raumsonden im globalen Maßstab praktisch demonstriert. Aber es scheint, daß die Lösung dieses Problems für die Machthaber nicht von Vorteil ist. Alle unsere Bemühungen versickern im Sand, und immer wieder sterben Menschen, stürzen Gebäude ein, und dann beginnen die Rettungskräfte, die Opfer heldenhaft unter den Trümmern hervorzuziehen. In diesem Fall können wir sagen, daß dies kein Problem der Wissenschaft ist, sondern der Beziehung zwischen Wissenschaft und Politik.
4. Grüne Energie
In letzter Zeit hat sich die Zahl von Phantomerscheinungen in der Welt vervielfacht, worunter auch die sogenannte grüne Energie zu zählen ist. Uns werden Bilder von sauberen Städten gezeigt, in denen Elektroautos fahren. Doch wenden wir uns den Zahlen zu. Einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge wird der globale CO2-Ausstoß nur um 1 Prozent reduziert, selbst wenn der Anteil der Elektrofahrzeuge in der Welt um das 15-fache der heutigen Zahl wächst. Andererseits sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol, daß Elektrofahrzeuge im Jahr 2018 weltweit 40 Millionen Tonnen CO2 eingespart hätten, was einem Rückgang der globalen Temperaturen um nur 0,000018 °C – etwas mehr als ein Hunderttausendstel Grad Celsius – bis zum Ende des Jahrhunderts entspräche.
Aber reduziert der Einsatz von Elektrofahrzeugen tatsächlich CO2? Überlegen wir einmal, woher der Strom kommt, um die Batterien von Elektrofahrzeugen aufzuladen. Der Strom wird in Kraftwerken erzeugt, von denen die meisten thermisch betrieben werden, d.h. sie verbrennen Erdölprodukte und erzeugen dabei eine enorme Menge Kohlendioxid. Wenn wir in Betracht ziehen, daß die Effizienz der gesamten Kette der Energiezufuhr zu einer Autobatterie viel geringer als eins ist, dann wird bei der Erzeugung dieser Energie viel mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt, als wenn dieses Auto einfach einen Verbrennungsmotor verwenden würde.
Aber das ist noch nicht alles. Bei der Herstellung von Batterien werden Metalle wie Lithium und Kobalt verwendet, die auf unserem Planeten nicht so reichlich vorhanden sind und nur in einigen Ländern vorkommen. In Chile zum Beispiel „verbraucht der Lithiumbergbau fast 65% der Wasserressourcen der Region Salar de Atacama, einer der trockensten Wüstenregionen der Welt, um Sole aus gebohrten Brunnen herauszupumpen“, stellten UN-Experten fest, denn für eine Tonne Lithium werden eine Million Liter Wasser benötigt. Dies „trug zur Umweltzerstörung, Landschaftszerstörung, Bodenverschmutzung, Erschöpfung und Verunreinigung des Grundwassers bei“, heißt es in dem UN-Bericht.
Neben Lithium ist Kobalt eine weitere Schlüsselkomponente in Batterien für Elektrofahrzeuge, und zwei Drittel des gesamten Kobalts werden in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) abgebaut, so die UNO. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) berichtet, daß etwa 20 Prozent des aus der Demokratischen Republik Kongo gelieferten Kobalts aus Minen stammt, „in denen die Menschenrechte ständig mißachtet werden und 40.000 Kinder unter extrem gefährlichen Bedingungen für magere Löhne arbeiten“.
Aber das ist noch nicht alles. Sie alle wissen, daß die Batterien, die Sie in Ihren Geräten verwenden, nicht mit dem normalen Abfall entsorgt werden dürfen, sondern zum Recycling in speziellen Behältern gesammelt werden müssen. Das sind Milliarden kleiner Batterien. Gleichzeitig schätzen UNCTAD-Experten, daß der Absatz von Elektrofahrzeugen im nächsten Jahrzehnt auf 23 Millionen Einheiten ansteigen wird, so daß der Batteriemarkt in nur vier Jahren um mehr als 700 Prozent auf 58 Mrd. Dollar im Jahr 2024 wachsen dürfte. Und Batterien halten nicht ewig.
Stellen Sie sich nun die Industrie für das Recycling dieser Batterien vor. Wieviel Energie wird dafür benötigt? Und wieviel Kohlendioxid wird zur gleichen Zeit freigesetzt?
Elektroautos sind also eine Fata Morgana für normale Menschen und Liebhaber schöner Bilder. Wahrscheinlich sollten wir unsere Anstrengungen auf die Produktion von Autos mit Wasserstoffantrieb richten, die zwar existieren, aber aus irgendeinem Grund nicht im Massenmaßstab produziert werden.
Man kann mir sagen, daß nicht nur Elektroautos grüne Energie sind, es gibt auch Windgeneratoren und Sonnenkollektoren. Ich werde hier nicht ins Detail gehen. Ich will nur sagen, daß beide Energiequellen von äußeren Wetterbedingungen abhängen und nicht vom Menschen kontrolliert werden. Niemand kann Ihnen garantieren, daß das Wetter nicht über einen längeren Zeitraum ruhig ist oder daß ein Staubsturm die Zellen der Solarpaneele nicht mit Sand bedeckt.
Wir brauchen eine zuverlässige Versorgung und nicht Krisensituationen wie in Kalifornien, wo es in diesem Jahr zu Stromausfällen durch extreme Hitze und Brände gekommen ist. Selbst mit so einfachen Dingen kommt das System nicht zurecht, daß tagsüber ein Maximum an Solarstrom erzeugt wird und die Menschen abends nach Hause kommen und es einen Verbrauchsanstieg gibt.
Es gibt viele weitere Argumente, aber lassen Sie uns zu den Schlußfolgerungen kommen. Niemand bestreitet, daß grüne Energie zur Erhaltung der Umwelt beiträgt, aber sie bietet nicht die Hauptbedingungen: Zuverlässigkeit, Sicherheit und Stetigkeit der Stromproduktion. Sie kann in kleinen Bauernhöfen, auf Dächern in abgelegenen Orten eingesetzt werden, wo es nicht rentabel ist, Stromleitungen zu legen. Aber sie kann und sollte nicht für die Stromversorgung von Krankenhäusern, Schulen, kritischen Infrastrukturen und Militäreinrichtungen verwendet werden.
Dem Konferenzprogramm zufolge ist es klar, daß auf dieser Konferenz der thermonuklearen Energie große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es herrschte Begeisterung beim Baubeginn des ITER-Reaktors in Frankreich, aber die Aussichten sind noch mindestens ein Jahrzehnt. Wenn wir das Problem jetzt lösen wollen, dann ist der einzig mögliche Ausweg meiner Meinung nach der umfangreiche Bau von Reaktoren mit schnellen Neutronen. Sie sind bereits vorhanden, sie sind sicher, und sie hinterlassen keinen Atommüll. Sie werden viele Probleme lösen, auch in Ländern mit unterentwickelten Volkswirtschaften, sie können für den Betrieb von Entsalzungsanlagen in Regionen mit Frischwassermangel eingesetzt werden, und vor allem für eine stabile und ununterbrochene Stromversorgung.
Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Konferenz findet zu einer Zeit statt, in der die Menschheit an einem Wendepunkt ihrer Entwicklung steht, in der die Turbulenzen in fast allen Ländern einen kritischen Punkt erreicht haben. Das Wichtigste unter solchen Umständen ist es, richtige und ausgewogene Entscheidungen zu treffen. Es reicht nicht aus, sie zu akzeptieren, sie müssen den Menschen noch vermittelt werden, und eine der Hauptaufgaben besteht darin, diese Informationen möglichst vielen Bewohnern unseres Planeten zu vermitteln, denn nur dann können sie auch umgesetzt werden. Ich wünsche uns allen das Beste, um dieses edle Ziel zu erreichen.