Sehen Sie hier die Rede von Dr. Edward Lozansky (USA), Amerikanische Universität in Moskau; Staatliche Universität Moskau während der internationalen Internet-Konferenz „Kriegstreiberei bis zum Armageddon oder ein neues Paradigma souveräner Nationen, geeint durch die gemeinsamen Ziele der Menschheit?“
Amerika wohin?
Welthegemon oder Partner für eine Win-Win-Kooperation?
Von Edward Lozansky
Dr. Edward Lozansky, Gründer der Amerikanischen Universität in Moskau, hielt bei der Online-Konferenz des Schiller-Instituts am 5, September den folgenden Vortrag.
Vielen Dank, daß Sie mich eingeladen haben, auf einer so wichtigen Veranstaltung zu sprechen. Ich befinde mich jetzt an der Wolga, mitten in Rußland. Für diejenigen, die die russische Geographie nicht kennen, das ist wie der Mississippi in Amerika. Ich bin auf einer Flußkreuzfahrt und genieße sehr die Landschaft.
Aber ich mache mir auch Sorgen, Sorgen darüber, was in den Vereinigten Staaten vor sich geht. Eigentlich warte ich darauf, daß mein Flugzeug abfliegt, weil unser Flug wegen COVID immer wieder abgesagt wird. Mein letzter Flug wurde erst vor ein paar Tagen gestrichen, also warte ich immer noch.
Wie auch immer, das Thema des heutigen Vortrags lautet „Amerika wohin? Welthegemon oder Partner für eine Win-Win-Kooperation?“ Und ich denke, dies ist das Thema der Konferenz. Und wir warten auf die Wahlen, und ich sage „wir“, weil ich heute US-Bürger bin. Ich war früher Sowjetbürger, aber ich kam vor langer Zeit in die Vereinigten Staaten, 1977, also vor 40 Jahren. Ich denke, ich habe immer noch meinen Akzent, aber ich bin Amerikaner, und ich habe vor, zu wählen. Und ich weiß, für wen, auch wenn ich nicht gerade mit allen Kandidaten glücklich bin, und ich werde versuchen, Ihnen zu erklären, warum.
Das Problem bei diesen Wahlen ist, daß diese Entscheidungen nicht nur Amerika, sondern das Leben unzähliger Menschen auf der ganzen Welt betreffen werden, weil Amerika so mächtig ist. Es ist wirklich die mächtigste Nation der Erde. Was auch immer also in unserem Land geschieht, wird sich auf viele andere Menschen auswirken. Und etliche Experten sind überzeugt, daß es bei dieser Wahl nicht nur um amerikanische Politik geht, sondern daß wir vielleicht über eine neue internationale Weltordnung sprechen, oder, wie manche sagen, sogar über existentielle Fragen von Krieg und Frieden, die entschieden werden.
Kaum Unterschiede zwischen den Parteien
Wir hören jetzt in den Medien, wie viele solche Experten versuchen, ihre Meinung an den Mann zu bringen, in der Hoffnung, das Resultat irgendwie beeinflussen zu können. Aber ehrlich gesagt, wenn es um die Außenpolitik geht, sehe ich keinen allzu großen Unterschied in der Position des Establishments, der Demokraten oder der Republikaner. Ich muß gleich sagen, daß ich Republikaner bin, ich habe jeden republikanischen Kandidaten seit Ronald Reagan gewählt, und natürlich habe ich Trump gewählt. Aber heute sehen wir, daß die meisten Demokraten und Republikaner immer noch wollen, daß Amerika die Führungsrolle einnimmt – erinnern Sie sich, der Titel meines Vortrags lautet „Globale Führung, Hegemon oder Win-Win?“ Ich sehe jedoch, daß es keinen allzu großen Unterschied gibt. Der einzige Unterschied, den ich sehe, ist, daß manchmal vielleicht die Republikaner denken, daß China die größere Bedrohung als Rußland ist, während die Demokraten denken, daß Rußland eine größere Bedrohung ist. Dennoch wollen die meisten eigentlich die Hegemonie der USA behalten – „behalten“, obwohl es einige Zweifel gibt, daß diese Hegemonie immer noch existiert.
Die Demokraten tun so, als seien Trumps Äußerungen von 2016 über die Beendigung der von George W. Bush und Obama begonnenen Kriege ein Zeichen dafür, daß er ein Putin-Agent ist und deshalb keine US-Hegemonie will. Biden hingegen würde den Status quo vor Trump wiederherstellen. Ehrlich gesagt, auch wenn es wahr ist, daß Trump keinen neuen Krieg begonnen hat, hat er auch keinen einzigen beendet, und er versucht auch immer zu beweisen, daß er viel härter gegenüber Rußland ist als Biden, was wahrscheinlich wahr ist – er muß das beweisen, weil man ihm sonst ständig vorwirft, ein russischer Agent zu sein. Aber obwohl es auch wahr ist, daß die meisten antirussischen Sanktionen vom Kongreß vorangetrieben wurden, hat Trump auch seinen Teil dazu beigetragen, und ich denke, er muß zumindest eine gewisse Verantwortung dafür übernehmen.
Kürzlich erschien in Politico ein Beitrag von mehr als hundert führenden geopolitischen Experten der USA – darunter so großartige Leute, die ich bewundere, wie Reagans Außenminister George Shultz, Pentagon-Chef William Perry, Senator Sam Nunn, wir sprechen also von einer überparteilichen Gruppe; zwei US-Botschafter, die ich persönlich kenne, Tom Pickering und Jon Huntsman –, die warnen, daß wir in eine nukleare Katastrophe schlafwandeln. Das ist also nicht nur irgendein Journalist oder jemand, der die Öffentlichkeit sucht, wir sprechen über sehr ernsthafte Leute. Und Don Trump ist unser Präsident, so daß wir faktisch unter seiner Aufsicht in eine nukleare Katastrophe schlafwandeln.
Auf was läuft die Wiederherstellung des Status quo unter Biden hinaus, auf die viele Menschen drängen, darunter zum Beispiel der Präsident des Council on Foreign Relations, Richard Haas, eine sehr einflußreiche Denkfabrik, sie setzen sich sehr für Biden ein. Was bedeutet das also? Nun, wir wissen, daß die vorangegangenen sogenannten „Status-quo-Regierungen“ von George W. Bush und Obama die Kriege geführt haben, die Trump stoppen wollte, und das Ergebnis dieser Kriege waren Hunderttausende verlorene Menschenleben, Millionen von Flüchtlingen, Billionen von Dollar, die verschwendet wurden – und das alles wirklich im Interesse Amerikas und der Welt?
Es gibt einen anderen Weg
Es gibt einen anderen Weg, und ich denke, dies ist das Thema dieser Konferenz. Dazu möchte ich einen anderen Professor der Brown University zitieren, sein Name ist Samuel Zipp. Er hat einen Artikel in der Zeitschrift Foreign Policy geschrieben, der trägt den Titel „Die Nachkriegsordnung der Welt, die es nie gab“. Er erinnert uns daran, daß Franklin Roosevelt und der damalige republikanische Parteichef Wendell Wilkie vorhatten, das politische und finanzielle Weltsystem mit koordinierten Bemühungen der USA, der UdSSR und Chinas zu reorganisieren. Das war damals, 1944-45. Leider wissen wir, daß Roosevelt nicht lange genug lebte, um diese Ideen umzusetzen. Aber inzwischen wurde die kommunistische Sowjetunion durch das kapitalistische Rußland abgelöst, und ich denke, das macht diese Aufgabe jetzt viel einfacher.
Und nun blicken wir zum Schluß auf die bevorstehende 75. Sitzung der UN-Generalversammlung, und diese Idee – ich glaube, das wurde zuerst von Präsident Putin vorgeschlagen –, ein Treffen der Großmächte, der Atommächte, der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates abzuhalten. Zumindest könnte man mit drei Mitgliedern, den USA und Rußland und China, beginnen, und das dann vielleicht auf eine Art G5 ausdehnen, und über die gleichen Ideen sprechen wie Roosevelt und Wilkie. Und vielleicht ist das etwas, das sehr vorteilhaft wäre, im Gegensatz zu einer Biden-Präsidentschaft, und Trump könnte sich das Verdienst dafür zuschreiben, daß er die Welt vor einem nuklearen Holocaust rettet. Ich kann natürlich nicht für China sprechen, weil das nicht wirklich mein Fachgebiet ist, aber ich kann Ihnen versichern, daß Rußland wirklich bereit für ein ernsthaftes Gespräch ist, eigentlich war es ja Putins Idee.
Aber ich erwähne nur ganz kurz meine persönliche Erfahrung, denn während der Zeit von Gorbatschow und Jelzin benutzten wir das, was wir „Menschen-Diplomatie“ nannten. Ich überbrachte persönlich während der gesamten vier Jahre ihrer Amtszeit im Weißen Haus Botschaften von Gorbatschow und Jelzin direkt an Präsident George Bush und Vizepräsident Quayle. Dies geschah mit der Hilfe von Paul Weyrich – für diejenigen, die es nicht wissen, er war einer der Gründer der Heritage Foundation. Weyrich war sehr einflußreich, er hatte direkten Zugang sowohl zu Bush als auch zu Quayle. Und ich gab Botschaften an Paul weiter, und Paul gab Botschaften an Bush weiter. Und sowohl Gorbatschow als auch Jelzin haben praktisch gebettelt, nicht nur um eine Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten, sie sprachen von einer strategischen Partnerschaft und sogar von einer Allianz. Selbst die kommunistische Sowjetunion wollte unter Gorbatschow Amerikas Verbündeter sein, Sie werden es kaum glauben! Und bei Jelzin, das war schon Rußland, das nicht mehr kommunistisch war, war es das gleiche.
Nun, ich habe keine Botschaften für Putin überbracht, aber das war auch nicht nötig, denn Putin selbst sagte Bush, daß er Rußland als amerikanischen Verbündeten haben wolle, und er bewies das nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Wir wissen, daß Rußland unter Putin in den 2000er Jahren mehr für die amerikanischen Operationen in Afghanistan getan hat als alle anderen NATO-Mitglieder zusammen. Und ich erinnere mich daran, daß wir bis vor kurzem jedes Jahr auf dem Capitol Hill eine Veranstaltung hatten, das „Welt-Rußland-Forum“, wo alle Mitglieder des Kongresses, Senatoren und Kongreßabgeordnete, Putin lobten und sagten: „Endlich haben wir unseren Mann. Wenn wir also über eine strategische Partnerschaft sprechen, dann ist so eine Allianz natürlich großartig.“ Und das war unser Traum, daß Rußland – das nichtkommunistische Rußland – und die Vereinigten Staaten Verbündete sind.
Nun, George W. Bush hat sich für diese Hilfe nicht sehr dankbar erwiesen. Was war seine Antwort? Seine Antwort war, daß er den ABM-Vertrag kündigte, in den Irak einmarschierte; er förderte Farben-Revolutionen im postsowjetischen Raum; und der schrecklichste Fehler war die NATO-Osterweiterung, worin er praktisch Bill Clinton folgte, der das gleiche getan hatte. Aber Bush wollte zusätzlich noch die Ukraine und Georgien in die NATO hineinholen, und das war eine rote Linie, deren Überschreiten Moskau nicht zulassen durfte.
Mit Obama gab es dann eine kontinuierliche NATO-Erweiterung, Libyen wurde verwüstet, und, was für Rußland schrecklich ist, die Vereinigten Staaten unter Obama förderten den Putsch in der Ukraine.
Das Ergebnis ist, daß wir heute am Rande des Dritten Weltkriegs stehen, und das ist nicht nur meine Meinung: Es ist die Meinung von wirklich hochrangigen Amerikanern – dieser Brief in Politico wurde von Leuten unterzeichnet, die mehr sind als Experten, wirklich hochrangige Experten. Ich habe bereits einige Namen genannt. Sie können diesen Artikel leicht auf der Website von Politico finden und alle diese hundert Namen sehen.1
Trumps Chance
Trump hat eine Chance. Er hat eine Chance, wenn er sich die Reden auf dieser Konferenz anhört und tut, was kluge Leute, die hier versammelt sind, ihm raten. Und er könnte weitere vier Jahre bekommen, denn ich glaube, die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung ist auch nicht sehr glücklich darüber, daß wir in eine nukleare Katastrophe schlafwandeln. Deshalb werden sie vielleicht die Meinungsunterschiede in einigen politischen Dingen vergessen, und wollen wahrscheinlich dafür sorgen, daß wir sicher sind, daß die Sicherheit der Vereinigten Staaten gewahrt bleibt. So hat er vielleicht die Chance, einen Friedensnobelpreis zu bekommen, Wahlen zu gewinnen, und vor allem wird er Amerika und die Menschheit vor dem Armageddon retten.
Zum Schluß möchte ich noch etwas Erfreulicheres zeigen. Es sind ein paar Bilder, die belegen, daß Rußland Amerika wirklich mag. Wer in Moskau ist, der kann diese Statuen sehen. Ich bitte einfach darum, einige Bilder berühmter Amerikaner zu zeigen, deren Statuen in der Moskauer Innenstadt stehen. Betrachten wir ein Bild nach dem anderen.
(Lozansky zeigte dann Bilder des Elbe-Denkmals zur Erinnerung an das Treffen sowjetischer und amerikanischer Truppen in Torgau, den „Freundschaftsbaum der Völker Rußlands und der Vereinigten Staaten“, eine Statue des amerikanischen Dichters Walt Whitman, ein Denkmal von Präsident Lincoln neben dem russischen Zaren Alexander II, und eines von Ronald Reagan und Gorbatschow.)
Es gibt noch viel mehr davon, aber ich dachte einfach, ich beende meinen kurzen Vortrag mit den Symbolen dafür, daß die Menschen in Rußland mit Amerika vielleicht nicht gute Freunde, aber Partner und Verbündete sein wollen. Und das liegt jetzt bei Amerika. Und ich hoffe, daß es Präsident Trump sein wird, der unsere Hoffnungen irgendwie umsetzen wird. Ich danke Ihnen.
Anmerkung
1. Siehe https://www.politico.com/news/magazine/2020/08/05/open-letter-russia-policy-391434